Das burgundische Erbe.
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32,000 Mann stark, nahmen eine durch Gehölz gedeckte Stellung auf
einer Anhöhe, und nun beriethen ihre Hauptleute nicht wie sie den Feind
schlagen, sondern wie sie ihn vernichten könnten. Den einen Flügel
führte der Edle von Hallwyl, ein Berner Bürger, das Mitteltreffen
der Bürgermeister Hans Waldmann von Zürich, den anderen Flügel
der greise Hertenstein aus Luzern. Es regnete am Morgen des 22.
Juni mehrere Stunden lang; die Burgunder standen unterdessen auf der
Ebene in Schlachtordnung, während die Schweizer auf der Anhöhe den
Angriff vorbereiteten. Da kam der rechte Augenblick; die Sonne blickte
aus den Wolken, Hallwyl schwang sein Schwert und rief: „Auf,
Freunde, Gott will uns zum Siege leuchten!" Wohl schlug das Ge-
schütz der Burgunder einige Hundert nieder, als die Schweizer aus dem
Walde vordrangen, die andern liefen nur um so schneller auf dasselbe,
nahmen es, drückten mit Macht auf den feindlichen Flügel und trieben
ihn mit Stich und Hieb vor sich her. Unterdessen griff auch Wald-
mann an, warf das Mitteltreffen, und das feindliche Heer würde nun
gern sein Heil in der Flucht gesucht haben, wenn ihm Hertenstein die
Straße nach Wisiisburg, den einzigen Weg nach Burgund, nicht ver-
legt hätte. Der Herzog hatte vergebens die Ordnung herzustellen ge-
sucht, sich vergebens mit der Reiterei auf den Feind geworfen, er mußte
entfliehen und entkam mit wenigen Reitern. Ueber 20,000 Burgunder
wurden erschlagen, 4000 schwere Reiter in den See gesprengt, in wel-
chem Roß und Mann versanken. Später wurden die verblichenen Knochen
in ein Beinhaus gesammelt und darauf die Inschrift gesetzt: „Das Heer
des berühmten Herzogs Karl von Burgund hat von den Schweizern ver-
nichtet dieses Denkmal hier von sich zurückgelassen." Dieses Beinhaus
wurde 1798 von einer französischen Halbbrigade niedergebrannt.
Karl verlor ob dieser neuen Niederlage fast den Verstand; Herzog
Renat von Lothringen eroberte sein Erbe wieder, und da Karl über den
„Buben" von Lothringen besonders erzürnt war, so raffte er ein neues
Heer zusammen und belagerte im strengen Winter die Stadt Nancy.
Herzog Renat war in die Schweiz entwichen und bat flehentlich um
Hilfe, worauf 15,000 Schweizer unter Hans Waldmann nach Nancy
zogen. Mit einem kaum so starken Heere, das durch Hunger und Kälte
litt, wagte Karl dennoch die Schlacht^ er verlor sie und wurde auf der
Flucht getödtet (7. Januar '1477). V, Y
- tu ' . '-Zülr' sah) a.hä] .n mnd
Das burgundische Erbe.
Ssiibf,
Niemanden erfreute der Tod des Herzogs mehr, als dessen Vetter,
den König von Frankreich, der sich nun daran machte, ganz Burgund
an sich zu reißen. In dieser Sache hatten die Schweizer ein entschei-
19*
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Extrahierte Personennamen: Hans_Waldmann_von_Zürich Karl_von_Burgund Karl Karl Karl Karl_über Karl Hans_Waldmann Nancy Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Luzern Wisiisburg Burgund Lothringen Lothringen Nancy Frankreich Burgund
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Das Geschütz und die stehenden Heere.
aber die Kaufleute wiesen es zurück, die Soldaten nahmen es noch we-
niger und außerhalb des fürstlichen Territoriums galt es nicht.
Es mußte demnach ein anderes Mittel, die außerordentliche Besteue-
rung, eingeführt werden; dabei war es hauptsächlich auf die Geistlichkeit
und die Städte, als die reichsten Stände, abgesehen. Nun erlaubte aber
der Papst keine willkürliche Besteuerung der Geistlichkeit, die Städte be-
zahlten nur, wenn sie mußten und verweigerten jede außerordentliche
Steuer, wenn sie die Verhältnisse für ihren Trotz günstig fanden; daher
blieb den Fürsten keine Wahl, sie mußten zuerst die Einwilligung der
Stände haben, bevor sie eine außerordentliche Steuer erheben konnten.
Dies führte zu Landtagen oder Ständeversammlungen; Adel, Geistlich-
keit und Bürger hüteten sich wohl eine Steuer anders als auf eine be-
stimmte Zeit zu bewilligen, und dies machte die Wiederberufung der
Stände nothwendig, weil das Bedürfniß des Fürsten fortdauerte. So
entstand das ständische Recht der Steuerbewiüigung, und die landstän-
dischen Versammlungen gaben Gelegenheit die fürstliche Macht in andern
Sachen zu beschränken. Die Stände knüpften an die Bewilligung der
Steuern (es sind immer die außerordentlichen gemeint, die von alters
her geleisteten bedurften keiner Bewilligung) verschiedene Bedingungen,
durch welche ihre Rechte nicht allein gesichert, sondern auch ausgedehnt
wurden. Sie verlangten z. B. die Entfernung einer mißliebigen Person
aus der Umgebung des Fürsten, indem sie dieselbe als Urheber eines
Uebelstandes oder einer verhaßten Maßregel ansahen; sie schrieben diese
oder jene Abänderung in dem Staatshaushalte und dem fürstlichen Hof-
halte vor, wehrten den Verkauf oder die Verpfändung von Landschaften
und Orten, verweigerten zum Voraus jede Steuer, wenn ohne ihren
Willen ein Krieg angefangen würde u. s. w. Am weitesten wurden die
ständischen Rechte (die Bauern waren selten vertreten, da es nur sehr
wenige freie Bauern gab) in Deutschland und Spanien ausgedehnt,
während die Königsmacht in Frankreich und England sich der unbe-
schränkten näherte. In Italien war die Fürstenmacht schon deßwegen
unbeschränkt, weil sie meistens auf vernichtete demokratische Republiken
gegründet wurde. Wie man sieht, traten besonders der Adel und die
Geistlichkeit der Fürstenmacht im Ständesaale entgegen, denn die Städte
waren nicht so zahlreich vertreten, daß der Ausschlag von ihnen abhing;
aber wenn es zur Widersetzlichkeit gegen den Fürsten kam, eröffneten sie
den Reigen und gaben meistens durch ihre Volksmassen und feste Mauern
die Entscheidung.
Das Geschütz und die stehenden Heere.
Die Macht des Adels erlitt durch die Feuerwaffe den Todesstoß;
hatte er früher fast ausschließlich die Kriege geführt und sich zu einer
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Spanien Frankreich England Italien
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Die Zeit von 1815 bis 1857.
einer liberaleren Wendung der Politik des französischen Bürgerkönigs
und schaarte sich um den Fürsten Czartoryski, der von einer Seiten-
linie der Jagellonen stammt, und designierte ihn zum König; der größere
Theil aber schloß sich den republikanischen Parteien an, indem er von
der Mattherzigkeit der französischen Liberalen so wenig als von den eng-
lischen Whigs hoffte und zu der Ueberzeugung gekommen war, daß nur
durch die gewaltsamste Erschütterung des europäischen Staatengebäudes
die Wiederherstellung eines polnischen Reiches möglich werde. Diese
Partei unterhielt von Paris aus einen lebhaften Verkehr mit den Un-
zufriedenen in Russisch-, Preußisch- und Oesterreichisch-Polen; in Paris,
als dem Hauptquartier der europäischen Revolution, wurden die großen
Operationen entworfen, Krakau aber war für Polen, was Paris für-
ganz Europa und überdies zum Stützpunkt der nächsten polnischen Re-
volution bestimmt. Diese kleine Republik, welche 1815 durch eine Laune
der Großmächte als selbstständiger Staat zwischen Schlesien, Galizien
und Russisch-Polen hingestellt war und als ehemalige Krönungsstadt der
polnischen Könige die Hoffnungen auf eine Krönung lebendig erhalten
mußte, war von 1815 —1830 von Beamten geleitet worden, die dem
russischen Einflüsse fast unbedingt gehorchten; die Warschauer Revolution
hatte aber eine Bewegung in Krakau zur Folge, durch welche die bis-
herigen Beamten entfernt und mit polnisch Gesinnten vertauscht wurden.
Krakau unterstützte den polnischen Krieg von 1831 durch Geldopfer und
Freiwillige, nahm auch viele Flüchtlinge auf, wurde darum nach dem
Falle Warschaus von dem russischen General Rüdiger besetzt, von den
Flüchtlingen gesäubert, jedoch bald wieder geräumt. Schon damals
sollen sich die drei Schutzmächte über die allenfalls nöthige Aufhebung
des Freistaates verständigt haben und sie warnten die Regierung in den
folgenden Jahren zu wiederholtenmalen, als Krakau abermals der Sam-
melplatz vieler Flüchtlinge und der Brennpunkt der revolutionären Ent-
würfe wurde. Die Regierung entschuldigte sich jedoch damit, sie könne
der Volksstimmung gegenüber den Weisungen der Schutzmächte nicht ent-
sprechend Nachkommen, die Propaganda schaltete ungestört weiter und
wagte es 1835 einen gewissen Pawlowski, der ein geheimer Agent der
russischen Polizei sein sollte, durch Meuchelmord aus dem Wege zu
schaffen, ohne daß der Thäter entdeckt worden wäre. Die Schutzmächte
verlangten darauf im Februar 1836 die Entfernung der Flüchtlinge,
und als diese dennoch blieben, weil sie niemand zum Fortgehen zwang,
so rückten am 17. Februar österreichische, am 20. russische und am 22.
preußische Truppen ein, über welche insgesammt der österreichische Gene-
ral Kaufmann den Oberbefehl erhielt. Als Krakau von Flüchtlingen
frei und die Regierungsgewalt durch eine Verfassungsänderung gestärkt
war, zogen die russischen, preußischen und die meisten österreichischen
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welche diese an Geschichte und Altertümern reiche Stadt zur Hauptfestung
machten. Seitdem ließ jeder König an den Werken bessern und erweitern:
eine Schuppe nach der andern setzte sich an den Festungspanzer. Unab-
lässig wurde daran gearbeitet in den letzten zwölf Jahren Ferdinands Ii.
Gaeta sollte das unüberwindliche Bollwerk des Reiches werden.
Denn längst hatte die Stadt und Festung Gaeta einen stolzen
Namen in der Kriegsgeschichte. Noch im Jahre 1806 hatte der Prinz
von Hessen-Philippsthal glorreich sie verteidigt. Die Franzosen hatten
ganz Unteritalien erobert, nur Gaeta widerstand: sechs Monate bombar-
dierte und stürmte Massena vor ihren Wällen; die Festung ergab sich erst,
als eine Granate den deutschen Helden zu Boden gerissen. Ein halbes
Jahrhundert später war wiederum Gaetas Name monatelang in aller
Munde, und wieder war es vorzugsweise deutscher Heldensinn, der stolz
auf dieser Felsenburg das königliche Banner von Neapel flattern ließ.
Diesmal umfaßte es die zarte Hand einer jungen Königin. Wie oft war
ich der anmutigen feinen Gestalt in München begegnet — ein paar
Jahre später, und sie hatte den fünf großen Berühmtheiten, welche das
neue Italien zählt, die sechste und schönste hinzugefügt. Mit lebhaftem
Interesse hörte ich daher Verschiedene, welche an den Ereignissen in Gaeta
hervorragend teilgenommen, davon erzählen, und so möge hier noch eine
kurze Skizze der merkwürdigen Belagerung Platz finden.
Gaeta wurde im Jahre 1860 die Zuflucht der königlichen Familie.
Die Gesandten von Bayern, Spanien, Österreich, Sachsen und Toskana
verließen sie nicht. Die letzten elftansend treuen Soldaten hatten sich
hineingeworfen. Außer der Citadelle von Messina war das ganze Reich
verloren: von Gaeta aus schien aber noch Wiedereroberung möglich.
Die Ereignisse waren so plötzlich und betäubend gekommen, daß man
auf ihr Umschlagen rechnen durfte. Es kam daher alles darauf an, diese
Festung siegreich zu behaupten. Allein schon in den ersten November-
tagen, als die Belagerung anfing, stand der Kampf ungleich. Die
Festungswerke waren noch nicht vollendet; die Munition zu gering, in
Eile gemacht, und besonders das Pulver schlecht; Lebensrnittel knapp und
keineswegs von besonderer Güte. Der größte Nachteil jedoch bestand in
der Ungleichheit der Geschütze. Gaeta war nicht auf gezogene Kanonen
gebaut: es war die erste Festung, welche mit so weit und sicher treffen-
den Geschossen angegriffen wurde. Die Anzahl der Geschütze war hüben
und drüben ziemlich dieselbe, allein die Piemontesen besaßen 75 gezogene,
die Belagerten deren nur neun; außerdem hatten jene großes, diese nur
ganz kleines Kaliber. Nun war der ganze Verteidigungsplan, auf welche
man einst die Werke berechnet hatte, auf einmal verdorben. Diese soll-
ten ihr Feuer auf die schmale Landenge vereinigen, die Piemontesen aber
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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