— 162 —
oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens
zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten
Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham".
— Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel.
— Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge-
legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig.
2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.)
ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow
(175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und
Wolle. Universität.
3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen
Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak-
baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.),
ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel-
Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew
(92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im
Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien.
4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste
Stadt Litauens.
5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der
Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des
Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor-
orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie.
6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa-
Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen
gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels-
platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt
(60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat,
rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. —
Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen
Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten
283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee,
wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf
und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural]]
Gebiet der Donau.
265
eigene Kosten, jedoch nur unter Zustimmung des Landtags zu vertheidigen. Durch
Stephl.ii deu Heiligen dem Katholicismns zugeführt, wandte sich im Reformationszeit-
alter das Volk dem Protestautismus zu; doch wußte die österr. Regierung der kathol.
Lehre besonders unter den Magnaten neue Ausbreitung zu verschaffen.
Ortschaften. — 1) An der Donau: Bemerkenswerth ist, daß an der mitt-
leren und unteren Donau die größeren Städte sich paarweise gegenüber liegen: Ofen-
Pest, Peterwardein-Neusatz, Belgrad-Semlin, Widdin-Kalasat, Rustschuk-Schiurschewo,
Matschin-Braila:e>. und daß die Städte der (höheren) rechten Seite durch geschicht-
liche Erinnerungen ausgezeichnet, aber von dem früheren Glänze herabgekommen, die
der (niedrigeren) linken durch Handel und Betriebsamkeit im Aufblühen begriffen sind;
in all diesen Donaustädten ist das deutsche Element besonders stark vertreten und es bil-
dete von jeher das anregende und belebende Princip, den Ursprung aller Gesittung, wie
ja überhaupt die Kultur dem Lauf der Ströme zu folgen pflegt. Presburg zwischen
hohen Bergen und weiter Ebene, eine zeitlang königliche Krönnugsstadt, mit 46,5(10 E.
ist nur zum vierten Theil magyarisch. Unterhalb theilt sich der Strom in 2 Arme, welche,
die große fruchtbare Jusel Schütt bildend, sich erst nach 11 M. bei der starken Festuug
Komorn (12,200 E.) wieder vereinen. Gran mit großartiger Domkirche; der dor-
tige Erzbischos ist höchster Geistlicher oder Primas von Ungarn. Unterhalb Gran biegt
der Strom südwärts nach der (durch eine Kettenbrücke verbundenen) Doppelhauptstadt
des Landes, in den verschiedenen Epochen der wechselvollen Geschichte der politische Mit-
telpunkt desselben, an der Stelle, wo zum letzteumale steile Höhen au den Strom heran-
treten, an deren Fuß heiße Quellen hervorsprudeln. Oseu oder Buda mit
54,000 E. (zu mehr deuu 3/4 deutsch), alte Hauptstadt Ungarns, am rechten Ufer in
schöner, weinreicher, in deutscher Weise mit Dörfern besäter Gegend, an Stelle des
römischen Aquincum und des hunnischen Etelvar (Etzelsburg); Sitz der Regiernngs-
behörden. Zuoberst in der Festuug, die sich 1849 siebzehn Tage lang gegen Görgeys
Heer vertheidigte, ist dem General Hentzi und den mit ihm gefallenen Leuten ein Mo-
numeut errichtet. Von der Türkenherrschaft her noch eine kleine Moschee anf dem
Grabe eines muhamedanischen heiligen Mönchs, die lant dem Karlowitzer Frieden von
4699 erhalten wird. Pest, die größte Stadt Ungarns, Centralpunkt des Handels
und der Jndnstriethätigkeit. 200,000 E. Hier das Magyarenthum überwiegend, daher
Sitz der Nationalinstitute: Universität, Akademie, Nationaltheater, Nationalmuseum.
Die große Synagoge hat ein Fundament aus rothem einheimischen Marmor und ist
nach dem Plane von E. Förster im maurischen Stile geschmackvoll ausgeführt. Vor der
Stadt auf der Ebene Rakos (Pußte) wurden ehemals die ungarischen Reichstage gehal-
ten , jetzt Pferderennen. — Weiter südlich berührt die Donan kleinere Orte, z. B.
Mohacs, wo 1526 die Türken, 1687 aber die Christen siegreich gewesen (jenes An-
sang, dieses Ende der Türkenherrschaft im Lande). Erst Nensatz ist wieder eine größere,
rasch ausblühende Handelstadt, wo deutsche Sprache herrscht (19,100 E ). Gegen-
über die nach Komorn stärkste Donaufestung Peter ward ein auf einem von 3 Seiten
durch die Donau umflossenen Vorgebirge (daher das „ungarische Gibraltar"). Prinz
Eugen und die Türken 1716. Karlowitz am Ostende des weinreichen Fruska Gora
(hl. Gebirg, auch Vrdnik) in Syrmien (18 Mln. lange, 3 Mln. breite, schöne, frncht-
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer]]
TM Hauptwörter (200): [T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende]]
Extrahierte Personennamen: Hentzi Rakos B.
Mohacs Peter Eugen Eugen Karlowitz
666
Europa
— die Türkei.
der türkischen Miswirthschaft noch immer die schönste Insel des Mittelmeeres und reich
an Produkten; ein Gebirg durchzieht sie, woraus der Ida sich bis auf 2457 m. er-
hebt. Hauptort: Megalokastron (Candia) mit 12000 E. (Die Inseln bei
Kleinasien s. S. 510.)
Die Schutzstaaten
waren ehemals Provinzen der Türkei, sind aber jetzt so gut wie unabhängig.
a) Serbien 791 Q.m. und 1,319000 E. (S. S. 268). Dieses Fürstcnthum,
dessen Bevölkerung seit dem Jahre 1801 zuerst unter Kara Georg, dann unter Milosch
Obrenowitsch um seine Freiheit gekämpft hat, wurde 1817 vou dem letzteren, dem Be-
freier Serbiens, gegründet und 1830 auch von der Pforte als erbliches Fürstenthum
und als selbständig anerkannt; nur ein unbedeutender Tribut ist an den Sultzn zu
entrichten. Türken dürfen vertragsmäßig nicht im Lande wohnen. Seit 1867 haben
sie auch die Festung Belgrad, deren Besatzungsrecht ihnen bis dorthin noch zustand, ge-
räumt. Die Regierungsgewalt des Fürstenhauses, dessen Erblichkeit nun auch vou den
europäischen Mächten anerkannt ist, ist durch eine Skupschtiua oder Nationalversammlung
beschränkt. Serbien hatte Verfafsuugskämpse durchzumachen, wie vielleicht kein anderes
Land in Europa, scheint nun aber allmählich zur Ruhe zu kommen. Die nach Er-
mordung des Fürsten Michael (1868) eingesetzte Regentschaft hat dem jetzigen Fürsten
Milan Obrenowitsch Iv. (1872) „einen fester als je stehenden Thron und ein Politisch
resormirtes, militärisch gestärktes und finanziell wohlbestelltes Land" übergeben. Die
Regierung leistet Anerkennenswertes für Besserung der rechtlichen, ökonomischen und
kommerziellen Verhältnisse des Landes, für wissenschaftliche Bestrebungen und für Volks-
Unterricht. Ohne Zweifel sind die Serben der begabteste Zweig der Südslaven, und
obwohl griechische Christen, stehen sie doch nicht uuter dem Patriarchen von Konstant!«
nopel; wenn aber exaltirte serbische Patrioten von der Errichtung eines großserbischen
Reichesträumen, damit, „wenn der türkische Halbmond in Konstantiuopel fällt, der ser-
bische Falke am Bosporus kreise"; wenn das kleine Fürstenthum nicht ohne Komik die
Protektormiene gegenüber den benachbarten „bedrängten Bruderstämmen" übernimmt,
obgleich uach dem eigeuen Geständnis der Serben z. B. die österreichischen Südslaven
ihnen in Entwicklung konstitutionellen Lebens und abendländischer Bildung weit voran-
stehen; weun ganz offen die Losreißnng von der Türkei gepredigt, die Großmannssucht
im Volke augeregt und ihm anf der Balkänhalbinsel die Rolle ausgelogen wird, welche
die Piemontesen in Italien spielten: so ist dahinter die russische (panslavistische) Agitation
zu vermutheu, die sicher ist, daß, wenn nur erst die bis jetzt regierende Nation des
osmanischen Reiches aus der Halbinsel verdrängt ist, die emanzipirten slavischen Völker-
brocken der Anziehungskraft des mächtigen Zarenreiches, das — wie der Jehovah der
alten Juden — keine anderen Götter neben sich duldet, zu folgen sich gezwungen sehen
werden — eine Aussicht, die Oesterreich-Ungarn, wie das Deutsche Reich in gleicher
Weise auffordern muß, frei von christianisirender Sentimentalität und Romantik, in der
sog. „orientalischen Frage" anf dem Boden einer gesunden, das eigene Interesse voran-
stellenden Realpolitik Stellung zu nehmen. —- Bezüglich der Vermehrung der Bevölke«
rung gehört Serbien zu den ersten Ländern Europas; denn von 1320—55 ist die Be-
völkerung um 20 o/o, und von 1856—66 um 14% jährlich angewachsen. Belgrad
mit 25000 E., die jetzige Hauptstadt des Landes, anf einem langgestreckten Hügelzuge
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
TM Hauptwörter (100): [T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Georg Milosch
Obrenowitsch Michael_(
Extrahierte Ortsnamen: Europa Candia Kleinasien Serbien Serbiens Serbien Europa Bosporus Italien Deutsche_Reich Serbien Europas Belgrad
Europa —
Österreich-Ungarn.
871
der Bildung, des Handels, des Völkerverkehrs. Noch jetzt sprechen und schreiben
in Ungarn viel mehr Menschen deutsch, als magyarisch; das Deutsche
wird überall in Ungarn verstanden, nicht aber das Magyarische.
Denn was Heroen wie Ludwig und Matthias in der Kraftzeit des selbständigen Un-
garns versäumt hatten, war später nicht nachzuholen. Nach Corviuus Tode sank Un-
garns Macht und Bedeutung. Schon längst (seit dem Aussterben der Arpaden 1301)
war das Reich unter dem Einflüsse einer übermächtigen Aristokratie ein Wahlreich ge-
worden; es gab schwache Regenten, Zerwürfnisse im Reich, Niederlagen im Krieg mit
den Türken, namentlich die bei Mohacs 1526 (Tod Ludwig Ii.); ferner eine zwie-
spältige Königswahl, wodurch die Krone an Oesterreich, Siebenbürgeu aber abhanden
kam*): widrige Kircheuzwiste zwischen Katholiken und Protestanten, deun auch die Je-
suiten fanden sich ein; und außerdem große Läuderverluste. In Oseu schlug auf 160
Jahre ein türkischer Beglerbeg seine Residenz auf, und nur ein Rest Ungarns verblieb
dem neueu Königshause Habsburg, unter dessen Prinzen die Magyaren, eingegangener
Verbindlichkeit gemäß, von nun an ihren König zu wählen hatten. Endlich, im letzten
Drittel des 17. Jahrhunderts, als der türkische Halbmond zu erblassen begann, führte
das Glück dem Kaiserhause nacheinander einige tüchtige Generale zu: den Montecuculi
aus Italien, der 1664 bei St. Gotthard wieder bewies, daß mau Türken schlagen
könne; ven Herzog Karl von Lothringen, der 1683 Wien retten half, 1686 Buda im
Sturm nahm und 1687 bei Mohacs die frühere Niederlage daselbst rächte; endlich den
edeln Prinz Eugen von Savoyen, der im glorreichen Kampfe bei Zentha 1697 die
Befreiung Ungarns vollendete, und später bei Peterwardein und um Belgrad eben so
ruhmreich focht. So wurde durch österreichische und deutsche Heere Ungarn den Türken
wieder abgerungen und gleichzeitig der Aufstand einer den Türken verbündeten Adels-
Partei niedergeschlagen.
Siege tragen ihre Frucht. Kaiser Leopold durfte (1687) es wagen, durch den
ungarischen Reichstag, der dnrch eine blutige Verfolgung der Protestanten (Blutgericht
zu Eperies!) erschreckt war, die Erblichkeit der Krone wiederherstellen und das wichtige
Recht, verfassungswidrigen Verordnungen sich widersetzen zu dürfen, aufheben zu lassen.
Uebrigens galt Ungarn bloß durch Personalunion mit Oesterreich verbunden und wurde
unter Mitwirkung eines Reichstages regiert, in welchem die Prälaten, die Magnaten,
der niedere Adel und die sogen, königlichen Freistädte vertreten waren. Das Band
zwischen Ungarn und Oesterreich ward sichtbar fester, und in welcher freundlichen Weise
sich die Verhältnisse gestalteten, sah man sowohl an der Pracht, womit die ungarischen
Maguaten das kaiserliche Hoflager zu Wien zierten, als auch an dem treuen Eifer, wo-
mit sie für „ihren König" Maria Theresia sich waffneren und in der That die
österreichische Monarchie retteten. Weiter gingen sie indes in der Untertänigkeit nicht,
ihre Staatsrechte wußten sie zu bewahren, und bei jedem Thronwechsel mußten die-
selben vom Herrscher beschworen werden. Alle iunern Verhältnisse des Landes blieben
aber dabei rein mittelalterlicher Art, und Ungarn blieb in seiner materiellen und geistigen
*) Dem von der einen Partei gewählten tapfern Woiwoden von Siebenbürgen,
Johann Zapolya, stellte die andre Partei den Ferdinand von Oesterreich
- Brnder Kaiser Karls V., entgegen.
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Matthias Ludwig_Ii Ludwig Gotthard Karl_von_Lothringen Karl Eugen_von_Savoyen Eugen Leopold Leopold Maria_Theresia Maria Theresia Johann_Zapolya Johann Ferdinand_von_Oesterreich Ferdinand Karls_V. Karls_V.
Extrahierte Ortsnamen: Europa Ungarn Ungarn Oesterreich Oseu Habsburg Italien Wien Zentha Belgrad Ungarn Oesterreich Ungarn Oesterreich Wien Ungarn
Europa —
Nußland.
983
man jährlich an 500000 Ctr. Auch der lebhafte Bergbau und Hütteubetrieb im Ural
gehört diesem mittleren Landgürtel an. — Im Junern sind Moskau und Nischnej
Nowgorod (wohin die ehemalige Makariew-Messe verlegt ist), Kasan, Oreuburg und
Charkow die bedeutendsten Handelsplätze; an der See: Petersburg und R'.ga,
Odessa, Astrachan, Archangel. Die meiste Ausfuhr besteht in Flachs und Flachs-
sameu, Häuf und Hanfsamen, Getreide, Nutzholz, Wolle, Talg,
Häuten, Pelzwerk, Schlachtvieh, Pferden, Graphit u. a. Rohprodukten,
ferner (besonders nach Asien hin) in Metall-, Webe- und S eilerw a aren,
Seifen und Kerzen, sowie Leder, letzteres vorzüglich als Saffian und als Insten,
das seinen Geruch durch Gerbung mit Birkentheer erhält. Der Handel zur See ist
übrigeus noch zum großen Theil in den Händen der Ausländer; die Haudelsstotte zählt
ca. 2600 Schiffe (hievon 750 Seeschiffe, 114 Dampfer) mit 230000 Tonnen (ä 1000
Kilogramm) Tragfähigkeit. Die Gesammtansfnhr von Rußland und Polen hat einen
Werth von 410, die Einfuhr von 384 Mill. vr. Thalern; dazu kommt noch Finnland
mit einer Ausfuhr von 10 und einer Einfuhr von 11 Mill. Thlr. Der innere
Verkehr hebt sich, da man die Flußsysteme durch Kanäle, besonders die Wolga mit
der Newa und Dwina, den Dnjepr mit Riemen und Düna in Verbindung gesetzt hat,
und gegenwärtig Schienenwege baut. Die kleine Eisenbahn von Petersburg nach
den nahen kaiserlichen Schlössern war der Anfang, worauf die von Libau zum Riemen
folgte; in den Jahren von 1867 bis 1872 hat sich das russische Eisenbahnuetz um
1255 Mln. verlängert, und der größte Theil dieser Linien entfällt auf die Verbindung
mit Südrußland. Deutlich bekundet Rußland durch diese Bahubanten das Streben,
durch die Verbindung des Westens und Nordens mit dem Süden seine politische und
wirtschaftliche Entwicklung immer mehr gegen das schwarze Meer hin zu verlegen und
anf diesem Wege die orientalische Frage in Europa, die kaukasische in Asien einer Lösung
entgegenzuführen. Durch diese Bahubauteu steht einerseits Petersburg mit Königsberg
und (über Warschau) mit Krakau in Verbindung, anderseits führt eine Hauptlinie von
Libau und Riga nach Odessa, eine andere von Finnland und Petersburg uach Moskau
und von da nach Odessa, nach Sewastopol und auch zur Wolga und nach Astrachan.
(Selbst jenseit des Kaukasus wird zur Verbindung von Poli und Baku, also des
schwarzen und des kaspischeu Meeres eiue Bahu gebaut und ist durch dieselbe bereits
Tiflis mit dem Pontus verbunden). Die Länge der russischen Bahnen betrug schon
1872 ca. 1900 Mln. — Obwohl die Zahl der Schulen sich vergrößert, ist der Volks-
Unterricht (mit Ausnahme der Ostseeproviuzeu und Finnlands) doch noch sehr Mangel-
Haft, da vonseiten der griechischen Kirche gar nichts für Hebung desselben geschieht.
Kaum Vio der Bevölkerung des Reiches genießt Elementarunterricht; i. I. 1869 konnten
von der Gesammtzahl der eingestellten Rekruten 30^o °/o weder lesen noch schreiben. Es
gibt unter den Grundbesitzern und Kanflenten Millionäre, die nicht lesen und nicht
schreiben können. Gymnasien sind zwar jetzt in jedem Gouvernement; doch werden
nurv gewisse Stände zum höhern Unterricht zugelassen, und es herrscht (wie auch an
andern Mittelschulen und an den Universitäten) an den meisten großer Lehrermangel.
Universitäten hat das Reich 8: zu Moskau, Petersburg, Dorpat, Kiew, Kasan, Char-
kow, Odessa, Helsingfors. Sehr hart war es, daß Kaiser Nikolaus die 1816 gestiftete
Warschauer Universität 1832 wieder aufhob und den Polen nur die medicinifch-chirur-
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Nikolaus Nikolaus
Extrahierte Ortsnamen: Europa Moskau Kasan Oreuburg Charkow Petersburg Odessa Astrachan Asien Webe- Polen Finnland Petersburg Libau Europa Asien Petersburg Königsberg Warschau Krakau Libau Riga Odessa Finnland Petersburg Moskau Odessa Sewastopol Astrachan Baku Tiflis Ostseeproviuzeu Finnlands Moskau Petersburg Dorpat Kiew Kasan Odessa Helsingfors
Europa —
Öst er reich-Ungarn.
873
Solyman, ein Kroat gewesen! Und als ihnen früher einmal gegen ihre Zustimmung
etwas aufgenöthigt werden sollte, protestirte der Banus Erdödy mit dem stolzen Worte:
regnum regno noxi dat leges. Der Gebrauch des Lateins war allerdings den Kroaten
lästig wie den Magyaren, allein sie sahen sich dabei gleich gestellt. Nun trat eine starke
Ungleichheit ein. Und der Verdruß stieg, als die Magyaren Verlegung des Reichs-
tags von Presburg nach Pest*), also nach der alten Residenz magyarischer Könige,
begehrten.
Die Verlegenheit, in welche der plötzliche Ausbruch des achtnndvierziger Revo-
lutionssturmes zu Wien, Prag und in der Lombardei das Wiener Kabinet versetzte,
machte die Magyaren kühner, ihre Forderungen steigerten sich und die Reform nahm
den Charakter der Revolution an. Schon wurde, zum großen Schrecken der Sachsen,
die Notwendigkeit erörtert, den Landtag Siebenbürgens — das seit Jahrhundertenein
besonderes Land unter österreichischer Oberhoheit gebildet — mit dem nngarisch-kroatischen
zu vereinigen, damit man ein Centrum für das altungarische Reich habe. Bald forderte
man auch ein eigenes königliches Ministerium, das zu Pest, am Orte des Reichs-
tags, seinen Sitz nehmen sollte. Der kaiserliche Hos, in seiner Bedrängnis, mußte nach-
geben und verlangte nnr, daß Ungarn bei solcher Absonderung wenigstens einen Theil
der kaiserlichen Staatsschuld übernehme. Dies ward verweigert. Ja man ging so
weit, den Rückmarsch der beim Heere in der Lombardei befindlichen ungarischen Regi-
menter zu fordern, da Ungarn ihren Beistand nicht verwilligt habe. Die Leidenschaft
stieg und mit ihr die Erbitterung. Was die Feder nicht vermochte, fiel endlich dem
Degen anheim, und konnte ihm, wenn man wollte, ohne Zaudern anheim fallen, da
eben Prag bezwungen, Oesterreich durch Berufung eines Parlaments vorläufig zufrieden-
gestellt, das Kriegsvolk in Italien durch Radetzkys Siege auf kaiserliche Seite ge-
bracht und Kroatien zu vollem Abfall von den Magyaren bewogen war.
Das letztere war die Folge eines politischen Fehlers, den die Herrn in Pest ge-
macht; sie hatten nämlich in das erlangte eigne Ministerium lauter Magyaren gewählt
und Kroatien dabei vergessen. Der Banus Jellachich trat sofort, erst im stillen, dann
offen aus kaiserliche Seite. Mit ihm im Verein konnte General Windischgrätz die zu
Gunsten der Ungarn plötzlich aufs neue (im Oktober 1848) empörte Stadt Wien be-
zwingen und dann gegen Pest aufbrechen.
So begann der Krieg, der zu Anfang die Magyaren noch wenig gerüstet fand,
jedoch zehn Monate lang mit wachsender Anstrengung von beiden Seite geführt wurde,
bis er — als ein gewaltiges Russenheer dem Kaiser zu Hilfe eilte — zum Verderben
der tapfern Magyaren ausschlug. Mit der Ergebung Görgeys bei Vilkgos
am 13. August 1849 brachen ihre Kräfte zusammen, und die Führer des Aufstandes
und der Armee suchten entweder ihre Rettung in der Flucht oder fielen unter dem
harten Ausspruche des Standrechts. So ist das selbständige Magyarenreich **) schnell
*) Pest hängt mit Buda oder Ofen durch eine Brücke zusammen.
**) Am 2. Dec. 1848 hatte Kaiser Ferdinand die Krone an seinen Neffen Franz
Joseph abgetreten. Der ungarische Reichstag versagte seine Zustimmung und erklärte
sogar', am 14. Apnl 1849. Ungarn für einen selbständigen Staat, von dessen Regierung
das Haus Habsburg-Lothrmgen auf immer ausgeschlossen sein solle.
Schacht, Lehrb. d. Geographie 3. Aufl. 5ß
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde]]
TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Banus_Erdödy Windischgrätz August Buda Ferdinand Franz
Joseph Franz
Extrahierte Ortsnamen: Europa Wien Prag Sachsen Ungarn Oesterreich Italien Kroatien Kroatien Ungarn Wien Haus_Habsburg-Lothrmgen
173
Fig. 27. Der Kreml zu Moskau.
nales Heiligtum der Nüssen. — Charkow (160000 Einwohner)
hat blühenden Handel, besonders mit Pferden und Wolle. Jähr-
lich vier große Messen. Universität.
3. Süd- oder Neurußland, das ehemals türkische Gebiet am
Schwarzen Meere. Kischinew (130000 Einwohner) wichtiger
Getreidemarkt. — Odessa unweit der Mündung des Dnjestr
(217 000 Einwohner) mit einem den größten Seeschiffen zugänglichen
Hafen, ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen
Meere, Stapelplatz und Hauptausfuhrort für Getreide. Universität.
— Sewastopol auf der Halbinsel Krim ist durch die Belage-
rung 1854—1855 bekannt. — Taganrog am Asowschen Meere
(63 000 Einwohner) verliert infolge zunehmender Versandung seines
Hafens immer mehr seine Bedeutung als hervorragender Getreide-
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr]]