438 Die neue Zeit.
Soliman stellte den Seeräubern seine Flotte zur Verfügung', um der Christenheit desto empfindlicher schaden zu können. Mulei Hassau wandte sich an den Kaiser um Hilfe. Dieser landete vor Tunis, eroberte die Stadt und befreite 22 000 Christeu-1538. sklaveu aus der Gefangenschaft. Mulei Hassau erhielt Tunis zurück, aber als spanischer Vasall. Der Menschenraub wurde ihm untersagt. Aber ein zweiter Zng, den Karl neun Jahre später gegen Hayreddin Barbarossa nach Algier unter* 1541. nahm, lief sehr unglücklich ab, da ein Sturm die Flotte zertrümmerte und nur ein kleiner Teil des Heeres gerettet wurde.
443) Das Unglück Karls in Algier bot Franz I. eine zu günstige Gelegenheit dar, um seinem Verlangen nach Rache widerstehen zu können. Er verband sich mit Schweden, Dänemark und den Türken, um Karl an fünf verschiedenen Punkten auf einmal anzugreifen. Doch Karl faud an Genua und England wieder die alten Bundesgenossen. Die Genuesen unter dem Dogeu (Dodschen) Andreas Doria blieben Meister zur See, Heinrich landete in Calais und drang von da aus gegen Paris vor; Karl aber zog durch die Champagne und trieb das Heer des Dauphin (Dofäng) vor sich her. 1544.Franz mußte sich zum Frieden von Crespy (Kräpi) herbeilassen, durch welchen der italienische Zwist dauerud beseitigt wurde.
Anmerkungen.
1. Sultau Solimau Ii. der Große oder der Prächtige belagerte 1522 Rhodus sechs Monate lang. Endlich fiel es durch Berrat, worauf Karl V. den Rhodiser-Rittern die Insel Malta znm Aufenthalte anwies. Mit 100 000 Mann und 300 Kanonen brach der Sultan 1526 in Ungarn ein. Der König von Ungarn Lndwig Ii. ging ihm entgegen, wurde aber vou dem Fürsten von Siebenbürgen Johann Zapolya, der mit seinen Truppen zu ihm stoßen sollte, im Stiche gelassen und fiel in der Schlacht von Moha cs (Mohatsch) nebst vielen Adeligen, Bischöfen und dem größern Teile des Heeres, worauf Pest und Ofen den Türken ihre Thore öffneten (29. Ang. 1526). Lndwig hinterließ keinen Sohn. Nach „den Verträgen sollte jetzt Ungarn an den Erzherzog Ferdinand von Österreich, den Bruder Karls V., fallen. Allein Zapolya ließ sich auf einer Reichsversammlung zu Stuhl-weißeuburg zum König von Ungarn wählen, während Ferdinand zu Preßburg gewählt wurde. Als Zapolya bei Tokay geschlagen wurde, rief er selbst Soliman Ii. zu Hilfe und lieferte ihm sogar die heilige Krone und die Reichsinsignien Ungarns aus. Dafür unterstützte ihn Soliman und nannte ihn Freund, Bruder und Lehensmann. Die Türken erfochten einen großen Sieg bei Essek gegen Ferdinand, welcher nicht in den Besitz Ungarns zu gelangen vermochte und zu Großwar de in (1538) einen Frieden eingehen mußte, wonach er Ungarn bis an die Theiß dem Zapolya überließ. Auch behielt dieser Siebenbürgen und den Titel König von Ungarn. Nach dessen Tode je-
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Extrahierte Personennamen: Mulei_Hassau Mulei_Hassau Karl Karl Barbarossa Barbarossa Karls Franz_I. Franz_I. Karl Karl Karl Andreas_Doria Heinrich Heinrich Karl Crespy Karl_V. Karl_V. Johann_Zapolya Johann Ferdinand_von_Österreich Ferdinand Karls_V. Karls_V. Ferdinand Soliman_Ii Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Tunis Algier Karls Algier Genua England Paris Malta Ungarn Ungarn Ungarns Ungarn Ungarn
§ 227. Österreich. 633
Emmanuel ebenfalls Frieden geschlossen hatte und ein paar« Tage nachher Venedig, welches am längsten Widerstand leistete, kapitulierte, so war in Österreich die Ruhe wieder zurückgekehrt.:
Anmerkungen.
1. Die Studenten Wiens bildeten unter sich eine akademische Legion, von deren Hauptquartier iu der Aula die Befehle ausgingen. Als die Regierung diese Legion aufheben und mit der Nationalgarde verschmelzen wollte, entstanb ein Aufruhr, so daß das Ministerium diese Anordnung zurücknehmen mußte. Bei der Belagerung Wiens befehligte bei- Reichstagsabgeorbnete Robert Blum von Leipzig eine Kompanie und würde deshalb nach der Einnahme der Stadt stanbrechtlich erschossen. Der Pole Bem leitete die Verteibigung der Stadt. Den Aufruhr schürten ganz besonbers ungarische Agenten, welche von Kossuth bezahlt würden. Diesem lag baran, daß Wien die Truppen des Kaisers beschäftige, bamit er selbst in Ungarn sich freier bewegen konnte. Der Ban Jella-chich verließ auch wirklich seine Stellung bei Preßburg, wo er eine Schlacht annehmen wollte, und zog auf Wien zu, als er Nachricht von den Vorfällen in der Stadt erhalten hatte (7. Okt. 1848).
2. In Prag war das Volk vor das Haus des Fürsten Winbisch-grätz gezogen. Zum Schutze besselben hatte sich Militär aufgestellt. Da fiel aus einem gegenüberstehenben Hause eiu Schuß, der die Fürstin Winbischgrätz, die am Fenster stand, tötete. Das Militär schritt nun ein und es entwickelte sich ein Straßenkampf, der das Bombardement zur Folge hatte. In Wien wurde der Kriegsminister Latour von einem Pöbelhaufen an einen Laternenpfahl gehenkt, in Pest der General Graf La mb erg auf der Brücke getötet und durch die Stadt geschleift.
3. Zugleich mit dem Kaiser Ferdinand I. verzichtete dessen Bruder, der Erzherzog Franz Karl, auf die Thronfolge und es gelangte nun nach dem Erbfolgerecht Franz Joseph, der Sohn bieses Erzherzogs und der Prinzessin Sophie von Bayern, an die Regierung. Derselbe ist geboren am 18. August 1830 und mußte vor der Abdankung Ferdinands erst für volljährig erklärt werden.
4. Joseph Freiherr von Jellachich war beim Ausbruche der ungarischen Revolution nur Oberst, wurde aber auf ausdrückliches Verlangen bet Kroaten, die beshalb eine Deputation an den Kaiser schickten, zum Banus des vereinigten Königreichs Kroatien, Dalmatien und Slavonien, zum geheimen Rat und Felbmarfchallleutnant und zum Inhaber zweier Regimenter ernannt. Als der Banus gegen Ungarn marschierte, zwang der ungarische Kriegsminister dem Kaiser zwar ein Manifest ab, in welchem Jellachich aller seiner Ämter und Würden entsetzt wurde, aber dieser gehorchte nicht, behielt das Kommando und half so das Kaiserreich retten.
5. Ludwig Kofsuth war bereits 1830 Advokat und Agitator für bte Sache der Polen. Als solcher staub er einmal wegen Veruntreuung anvertrauten Gutes in Untersuchung. Seine Bewerbung um ein Staatsamt hatte feinen Erfolg und ba er das Vertrauen als Abvokat verloren hatte, so verfaßte er politische Schriften, die ihm eine vierjährige Haft zuzogen. Nach feiner Entlassung würde er Rebafteur. Er griinbete den Schutzverein, der sich verpflichtete, nur ungarische Erzeugnisse zu gebrauchen.
Rolfus, Weltgeschichte. 3. Aufl. 27
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Extrahierte Personennamen: Emmanuel Robert_Blum Latour Ferdinand_I. Franz_Karl Franz Karl Franz_Joseph Franz Sophie_von_Bayern August Ferdinands Joseph_Freiherr_von_Jellachich Ludwig_Kofsuth Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Wiens Wiens Leipzig Wien Ungarn Wien Prag Wien Ferdinands Kroatien Dalmatien Ungarn Polen
Europa.
und Siebenbürgen; die Schweinezucht in Ungarn, die Geflügel-
zu cht in Böhmen und Ungarn. — Die Wälder haben große Ausdeh-
nnng (3300 □ Meilen), sind zum Teil noch urwaldartig und nicht rationell
genug bewirtschaftet. Die Nadelhölzer herrschen in den nördlichen Gebieten
und in den Gebirgsgegenden vor, die Eichenwälder in Ungarn und Slavonien,
die Buchenwälder in den Karpaten, in der Bukowina und in Siebenbürgen,
die Birkenwälder in Galizien. Die Wälder bergen zahlreiches Wild, darunter
Wölfe und Bären. Die Flüsse und Seen sind voll schmackhafter Fische (ua-
mentlich die Theiß).
Die Industrie findet in dem Reichtum an Naturprodukten eine reiche
Anregung und hat sich daher auch auf der westlichen Reichshälste mächtig
gehoben, dennoch steht sie noch nicht aus ihrem Höhepuukte; Ungarn kommt
sür dieselbe wenig in Betracht. Am gewerbfleißigsten sind Böhmen, Mähren,
Niederösterreich, Schlesien und Vorarlberg; der Hauptfih der Industrie
ist jedoch Wien. Man erzeugt namentlich Leinen-, Baumwollen- (1 560 000
Spindeln), Wollen-, Seiden-, Leder-, Gold-, Silber-, Eisen-, Stahl-, Glas-
und Thonwaren, außerdem Chemikalien, Maschinen, musikalische Jnstru-
meute, Holzwaren, Bier, Branntwein, Zucker. Für Stahlwaren ist beson-
ders Steier in Oesterreich zu ueunen; die Textilindustrie blüht in Nord-
böhmen (Reichenberg), in Mähren (Brünn) und West galizien (Bielitz-
Biala); die Glas- und Porzellanindustrie iu Böhmen (namentlich im Pilsener
Bezirk und in der Gegend von Karlsbad).
Oesterreich-Ungarn treibt lebhaften Handel im Lande selbst und mit
dem Auslande. In Industrie Produkten ist die Ausfuhr bereits zu gleicher
Höhe mit der Einfuhr gestieaen; in Naturprodukten hat die Ausfuhr die
Einfuhr fast durchweg überflügelt. Zur Ausfuhr gelangen besonders Me-
tallwaren (namentlich steierische Eisenwaren), Wollen- und Baumwollen-Er-
zeuguisse; Leinwand, Glas, Holzarbeiten; Getreide, Wein, Obst, Vieh, Felle,
Flachs, Hanf, Wolle, Tabak, Metalle, Salz, Brenn - und Werkholz. Die
wichtigsten Handelsplätze im Laude sind Wien, Pest, Brünn, Prag, Brody,
Bozen, Kronstadt, Debreezin; an der See Trieft und Finme (Freihäfen).
Der österreichische Handel kann sich wegen der kontinentalen Lage des
Staates weniger leicht am Weltverkehr beteiligen, als der deutsche; ganz
außerordentlich wichtig sür denselben sind die Küstengebiete am adriati-
schen Meere, deren Verlust kaum zu verschmerzen wäre. Der Handel nimmt
seine Richtung von hier aus nach der Levante; außerdem folgt er Haupt-
sächlich der Donau abwärts nach dem fchwarzen Meere und dem Laufe der
Elbe nach Sachsen und Preußen. — Die Handelsflotte des Staates beträgt
den dritten Teil der deutschen; doch ist der „Oesterreichische Lloyd" zu
Triest mit e. 80 großen Schissen im Welthandel von hoher Bedeutung. Auch
die Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft nimmt mit c. 700 Schiffen
(worunter c. 150 Dampfer) eine bedeutende Stellung ein. — 1879 befaß der
Staat über 14 000 km Eisenbahnen. Die Gesamteinfuhr betrug 1876 551^2
Million Gulden; die Gesamtausfuhr 540 Million Gulden.
Die österreichisch-ungarische Monarchie enthält mehrere einander wider-
strebende Nationalitäten, unter denen sich noch besondere Stämme uuterfchei-
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Extrahierte Personennamen: Brody
Extrahierte Ortsnamen: Europa Ungarn Ungarn Ungarn Bukowina Siebenbürgen Galizien Ungarn Niederösterreich Vorarlberg Wien Oesterreich Reichenberg Karlsbad Oesterreich-Ungarn Wien Prag Bozen Kronstadt Donau Sachsen
292
Europa.
O Multnzz'jfosp ital
Kons ta n tinopcl
uruj Ijrrtye y ctbtt
stadt Gallipoli, mit 2 Häfen (Seidenhandel), 20 000 Einw. — An der Maritza-
mündung Enos, Getreidehafen. Im Sw. der Halbinsel Gallipoli die Inseln
Limnos, Samothraki, Thasos.
2) Macedonien> westlich vom vorigen. Saloniki, am gleichnamigen Golf,
80 000 Einw., wichtige Handelsstadt (Getreide, Wolle, Baumwolle, Seide, Ta-
bak :c.); auch Industrie (Teppiche, Seidenwaren). Im No. liegt an dem Struma
Scrcs, 30 000 Einw., lebhafter Handel mit Baumwolle, die in der Nähe viel
gebaut wird. — Oestlich davon das Dorf Filibe, welches an das alte Philippi
erinnert (Schlacht 42 v. Chr.). Auf der südöstlichen Halbinsel der Chalcidice der
Hagion Oros (Monte Santo) mit vielen griechisch-katholischen Klöstern (22)
und Kirchen, bewohnt von c. 6000 Mönchen. Oestlich vom Golf von Orfani
die früher wegen ihres Goldreichtums berühmte Insel Thasos. — Ganz im W.
von Macedonien Bitolia, 16 000 Einw., am gleichnamigen Passe, der nach
Albanien führt; lebhafter Binnenhandel. — Am oberen Wardar Skoplje (Uesküb),
nahe dem zum Amselfelde führenden Paffe, wichtiger Durchgangspnnkt für
den Handel zwischen Belgrad und Saloniki.
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294 Europa.
Tripoli und (nur dem Namen nach) die Regentschaft Tunis (im ganzen
60 000 □ Meil. und über 20 Mill. Einw.).
Früher waren der Türkei tributpflichtig, sind aber seit dem russisch-türkischen
Kriege von 1877/78 völlig unabhängig: die Fürstentümer Rumänien, Serbien
und Montenegro. — Ueber Bosnien und die Herzegowina vergl. § 65,
Seite 231.
I. Das Fürstentum Rumänien.
(2300 □ Meil., 51/3 Mill. Einw.)
Die Fürstentümer Moldau und Walachei entstanden im 13. Jahrhundert,
kamen zu Anfange des 16. Jahrhunderts unter türkische Oberhoheit und 1802
unter russischen Einfluß. Später erhielten die Fürstentümer das Recht, ihre
Fürsten selbst zu wählen, kamen zwar auf einige Zeit wieder mehr unter
türkische Oberhoheit (feit 1858), erhielten aber endlich unter dem Prinzen
Karl von Ho henzollern-Sigmaringen durch den letzten russisch-tür-
kischen Krieg (1877/78) ihre volle Unabhängigkeit. Der zu ihnen gehörige
Teil von Bessarabien (am linken Ufer des Pruth) mußte gegen die Dobrndscha
an Rußland abgetreten werden, welche die Russen den Türken abgewonnen
hatten.
Die Walachei, am linken Donauufer, ist größtenteils ein fruchtbares,
aber auch von Sumpfstrecken erfülltes Tiefland, an das sich im N. und W. ein
ebenfalls fruchtbares Hügelland anschließt, durch welches der liebergang zu den
transsylvanischen Alpen gebildet wird. Dieses Hügelland ist ebenso mit Wein-
bergen und Obstgärten, wie mit prachtvollen Laubwäldern besetzt. Die Be-
Wässerung ist ausgezeichnet. Bei der vorherrschenden Fruchtbarkeit könnte weit
mehr Getreide erzeugt werden, wenn der Ackerbau sich etwas höbe. Trotzdem
hat das Land Cerealien zum Export übrig und erzeugt auch Wein und Tabak
in ziemlicher Menge. Die Moldau, welche sich zwischen den transsylva-
nischen Alpen und dem Pruth befindet, ist größtenteils fruchtbares Hügelland,
das aber gleichfalls noch sehr wenig kultiviert ist. Die Viehzucht ist nicht
unerheblich, namentlich wird die Schafzucht in bedeutender Weise betrieben. —
Der Bergbau erstreckt sich besonders aus Steinsalz, doch besitzt der Boden
auch Schätze von Erzen und Steinkohlen, die der Hebung entgegen sehen. —
Das Klima ist kontinental, daher sind die Winter kalt, die Sommer heiß
und ziemlich trocken. — Die Industrie ist nicht der Erwähnung wert. —
Der Handel wird im Jnlande durch die schlechten Wege (keine Chausseen)
sehr erschwert, doch durch die große Wasserstraße der Donau, sowie neuer-
dings durch zwei bedeutende Eisenbahnen erheblich gefördert. Die Haupthäfen
sind Galacz und Bra'ila, wozu neuerdings der Seehafen Küstendsche
in der Dobrudscha kommt. Hauptausfuhrartikel sind Landespro-
dukte (Getreide, Tiere, tierische Abfälle, Salz und Petroleum), im Werte
von 136 Mill. Fr. (1874); Haupteinfuhrartikel sind Kolonial- und
Industriewaren, im Werte von 92 Mill. Fr. (1874).
Der größte Teil der Bevölkerung besteht aus Rumänen, einem be-
gabten, gutmütigen, aber durch die traurigen Verhältnisse der früheren Zeit
herabgekommenen Volke. Der Adel (die Bojaren) ist reich begütert, einfluß-
reich und einem üppigen Leben ergeben; der Bürger- und Bauernstand ist
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Extrahierte Personennamen: Karl_von_Ho Karl Küstendsche
Extrahierte Ortsnamen: Europa Tripoli Tunis Serbien Montenegro Bosnien Bessarabien Donau Dobrudscha
146 Europa.
(Bären, Zobeln. Hermelinen, Füchsen, Bibern ze.) einen solchen Ueberflnß,
wie kein anderes Land von Europa.
Kein Staat Europas hat endlich solche Schätze im Gebiete des Mi-
neralreichs aufzuweisen, wie der russische. Dieselben finden sich besonders
im Ural auf einer Strecke von nahezu 140 Meilen. Es wurden 1871
2400 Pud *) Gold und 125 Pud Platin; 808 Pud Silber; 311786
Pud Kupfer; über 22 Million Pud Gußeisen; fast 15 ^2 Million Pud
anderes Eisen; 28^4 Mill. Pud Salz und über 24^2 Mill. Pud Stein-
und Brannkohlen prodnciert. — Großer Kohlenreichtum findet sich
namentlich an der obersch lesischen Grenze (Steinkohlen), in der Umgegend
von Moskau (Braunkohlen); am West ab hange des Ural (Steinkohlen)
und am Donetz (Steinkohlen). Die Kohlen finden sich ost in großer Mäch-
tigkeit und treten mehrfach zu Tage.
Hat sich auch die Industrie und der Handel im europäischen Rußland
in den letzten hnudert Jahren um ein bedeutendes gehoben, so steht doch
namentlich erstere, ungeachtet hoher Einfuhrzölle, noch der anderer europäischen
Länder bedeutend nach. Besondere Erwähnung verdient die Bereitung des
Leders in Rußland (Juchten, Saffian); dasselbe bildet nebst Holz, Metallen,
Getreide, Hanf, Flachs, Talg, Borsten, Wolle, Tierknochen, Häuten, Vieh und
Pelz einen bedeutenden Handelsartikel Rußlands. Nicht unerheblich ist die
Fabrikation von Wollen-, Baumwollen-, Leinen- und Seidenwaren, nament-
lich für den Export nach Asien. (1877 gab es für Tuchfabriken c. 14 000
Webstühle; für Baumwollenindustrie e. 23/4 Mill. Spindeln und 54 570 Web-
stühle.) — Das Eisenbahnuetz betrug 1878 über 23 000 km Länge.
Geschichtliches: Die Slaven wanderten verhältnismäßig spät in die ost-
europäische Tiefebene ein. Angeblich gründete Rnrik vom normannischen
Fürstenhause Ruß, von Slavenstämmen gerufen, zu Nowgorod amjlmen-See
862 n. Chr. das russische Reich; Hauptstädte waren Nowgorod und Kiew.
Nachdem das Christentum von Constantinopel her Eingang gefunden hatte
(durch Wladimir den Großen, Gemahl der Prinzessin Anna, einer
Schwester der deutschen Kaiserin Theophano, 988 n. Chr.), wurde in der
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts das Land unter das Joch der Mongolen
gebeugt. Iwan Iii. Wassiljewitsch, Großfürst von Moskau, wurde um 1480
der Wiederhersteller des russischen Reiches. Als 1598 die Ruriks aus-
starben, folgte eine Zeit der Verwirrung (der „falsche Demetrius") und 1613
das den Ruriks verwandte Haus der Romanows. Unter ihm stieg Ruß-
land allmählich zu seiner heutigen Größe. Peter der Große gewann (im
Kampfe mit Karl Xii.) die schwedischen Ostseeprovinzen Livland, Esth-
land, Jngermanland und einen Teil von Karelien (1721), außerdem
von Polen Kiew. Mit Peter Ii. folgte (1761) das Hans Holstein-
Gottorp. Seine Gemahlin, Katharina Ii. (ans dem Hause Anhalt-
Zerbst) gewann durch die drei Teilungen Polens (1774, 1793 und ^795)
Lithanen, die Ukräne, Volhynien, Podolien, sowie von der Türkei
bedeutende Gebiete am schwarzen Meere. Unter Alexander I. kam Finnland
von Schweden, außerdem Kongreßpolen und Bessarabien, sowie kaukasische
*) Ein $ub = 32,76 Zollpfund.
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Extrahierte Personennamen: Anna Theophano Wassiljewitsch Karl_Xii Karl Peter_Ii Hans_Holstein-
Gottorp Katharina_Ii Alexander_I.
Extrahierte Ortsnamen: Europa Europa Europas Moskau Donetz Saffian Asien Kiew Constantinopel Moskau Livland Karelien Polen_Kiew Zerbst Polens Podolien Finnland Schweden Bessarabien
148 Europa.
wohner.) — Im S. das kaiserliche Lustschloß Zarskoje - Selo. Zum Schutze
der Hauptstadt dienen im W. die starke Seefestung Kronstadt (Station der Kriegs-
flotte, 50 000 Einw.) und im O. Schlüsiclburg (am Austritt der Newa aus
dem Ladoga-See). — Narwa, an der Narowamündnng (Sieg Karls Xii. 1700).
b. Esthland: Reval, Festung am finnischen Meerbusen (30 000 Einw.).
c. Jivland: Riga, nahe der Dünamündung, bedeutende Handelsstadt, dent-
sches Gepräge; befestigte Hafenstadt Dünamünde (100 000 Einw.). — Universität
Dorpat an der Embach (20 000 Einw.), Sternwarte.
d. Kurland: Mitau an der Aa (22 000 Einw.).
2) Finnland.
Abo am bosnischen Meerbusen, Seehandelsstadt (20 000 Einw.). Helsing-
forß am finnischen Meerbusen, Hauptstadt von Finnland, Universität (32 000 Einw.);
beschützt durch die starke Seefestung Sweaborg. Tornca am Torne-Elf, Grenz-
städtchen (Haparanda gegenüber).
3) Großrußland.
Moskau an der Moskwa, im Mittelpunkt des Staates, 5*/2 □ Meile be-
deckend; die Häuser mir zu V3 aus Holz gebaut. Den Mittelpunkt nimmt die
Festung Kreml ein (ein ganzer Stadtteil, Napoleon I. 1812); außerdem noch
drei Hanptstadtteile, deren wichtigste die „Chinesenstadt" (als Sitz des Handels)
ist, und 32 Vorstädte, welche viele Felder, Gärten und Gehölze einschließen. Be-
deutende Industrie in Baumwolle, Wolle, Seide; ausgedehnter Handel; Univer-
sität. Zahllose Kirchen und Klöster. (600 000 Einw.)
Nowgorod am Jlmen-See, Wiege des Reichs (18 000 Einw.).
Nischnij-Nowgorod, bedeutender Meßort an der Mündung der Okaj; Handel
in getrockneten Früchten, Baumwolle, Seide, Thee, Pelzwerk, Shawls, Teppichen,
Kolonial- und Manufakturwaren (5000 Magazine, 45 000 Einw.). — Kaluga
an der Oka (Leder- und Segeltuchfabrikation, 38 000 Einw.). — Tula in der
Nähe des Iwanow-Kanals, mit großen Steinkohlengruben und Gewehrfabriken
(58 000 Einw.). — Smolensk am Dnjepr, alte, den Russen heilige Stadt
(24 000 Einw., Schlacht 1812). — Borodino an der Moskwa (Schlacht 1812). —
Woronesch in der Nähe des Don und Orel an der oberen Oka, Handelsplätze
(45 000 Einw.). — Archangel an dem Dwinadelta (19 000 Einw.) und Kola
im N. der gleichnamigen Halbinsel, beide wichtig als Ausgangspunkte des Wal-
fisch-, Robben- und Häringsfanges. — Die Doppelinsel Nowa-Scmlja (4500 Lim.)
ist nur im Winter Aufenthalt zahlreicher Jäger und Fischer. Dieselben fangen
Eisbären, wilde Renntiere, weiße Füchse, Robben, Wallrosse, und kehren im
Sommer wieder heim. Spitzbergen, hoch im N. Der längste Tag, welcher in
Archangel bereits 213/<t Stunden dauert, währt hier 4 bis 5 Monate. Nur
im Sommer wird Spitzbergen des Fischsangs wegen zahlreich besucht; der Hafenort
Smeerenburg gleicht um diese Zeit einem besuchten Meßplatze. Den Mangel
an Holz ersetzt das Treibholz.
4) Kleinrußland.
Kiew am Dnjepr. Altkiew und die Festung liegen sich gegenüber; die
letztere enthält das berühmte Höhlenkloster (mit drei Kirchen und vielen Heiligen-
leichen). Sitz eines Patriarchen, Fabrik- und Handelsstadt, Universität (128 000
Einw.). — Poltawa im O. des Dnjepr (Peter d. Gr. besiegt Karl Xii. von
Schweden, 1709; 34 000 Einw.) — Charkow, weiter östlich in der Ukräne,
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Extrahierte Personennamen: Schlüsiclburg Karls Esthland Jivland Napoleon_I. Fischer Altkiew Peter_d Karl_Xii Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Kronstadt Narwa Karls Riga Embach Kurland Finnland Finnland Sweaborg Torne-Elf Moskau Moskwa Jlmen-See Nischnij-Nowgorod Kaluga Tula Smolensk Moskwa Spitzbergen Archangel Spitzbergen Smeerenburg Kiew Poltawa Schweden Charkow
182 Europa.
(1525) zu einem weltlichen Herzogtum und der große Kurfürst gab ihm
(1660) die Unabhängigkeit. Westpreußen wurde größtenteils von Friedrich
dem Großen (durch die erste Teilung Polens) erworben. — Der baltische
Landrücken bildet in den beiden preußischen Provinzen die „preußische
Seenplatte"; die bedeutendsten Seen sind der Spirding-See (über
2 (□Metten), der Mauer- und Johannisburger See. Die Industrie ist
verhältnismäßig gering, ebenso der Bergbau, bedeutend dagegen Ackerbau und
Viehzucht. Flüsse: Memel, Pregel, Passarge (vergl. §46).
1) Regierungsbezirk Königsberg. Hauptstadt Königsberg, am Pregel,
Festung, lebhafter Handel, namentlich mit Rußland (Getreide, Flachs, Hanf, Holz,
Vieh, Kolonial- und Manufakturwaren, Bernstein), große Speicher; Universität (Kant),
123 000 Einw. Königsbergs Vorhafen ist die kleine Festung Pillau (am Pillauer
Tief). Von Pillau bis zu dem Vorsprung Brüster Ort liegt die Bernstein-
küste. Seebad Kranz, im N. von Königsberg (am Fuße der kurischen Nehrung).
Im katholischen Ermeland, an der Passarge, Braunsberg; 11 000 Einw. In
der Nähe am frischen Haff Frauenburg, mit schönem Dome (Grab des Kopernikus).
Ganz im N. (am Eingange des kurischen Haffs) die Handelsstadt Memcl, Festung,
Holzhandel und Rhederei; 21 000 Einw. Der nördlichste Punkt Preußens und
Deutschlands ist das Dorf Nimmersatt an der russischen Grenze. Historische
Orte: Wehlau, am Pregel (Souveräuetätsvertrag 1657); Mohrungen (Herder-
geboren); Labian, an der Deime (Souveräuetätsvertrag 1656); Tannenberg,
Dorf im S. von Mohrungen (Schlacht 1410); Preußisch-Eylau und Friedland
im So. von Königsberg (Schlachten 1807).
2) Regierungsbezirk Gumbinnen, zu Vs Wald und Seen, sehr fruchtbar,
besonders in der entwässerten Memelniederung. Hauptstadt Gnmbinnen, an der
Vereinigung von Rominte und Pissa; 9000 Einw. Im O. das berühmte
Gestüt Trakehnen. Jnsterburg, an der Mündung der Jnster in den Pregel,
Industrie in Wolle und Leinwand, Handel mit landwirtschaftlichen Produkten
(Friede 1807); 17 000 Einw. — Tilsit, am linken Ufer der Memel, Zucker-,
Oel- und Lederfabrikation, lebhafter Handel in Getreide, Vieh (Pferden), Flachs
und Holz; über 20 000 Einw. — In den Wäldern des Memeldeltas noch Elche.
Im S. des Mauer-Sees Lotzen mit dem Fort Boyen.
Viii. Provinz Westpreutzen.
Das untere Weichselgebiet, doch auch westwärts in das Gebiet der Netze
(Küddow) reichend; fruchtbar, namentlich in der Weichfelniedernng(Danziger
und Marienburger Werder).
1) Regierungsbezirk Danzig. Hauptstadt Danzig, an der Weichsel,
Motlan und Radaune. Bedeutende Seehandelsstadt (besonders Getreide und
Holz, außerdem Pottasche, Pech, Leder, Talg, Flachs, Häuf); auch Industrie
(Destillation, Zuckerraffinerie, Pottaschesiederei ?c.); starke Festung (20 Forts);
Station der Marine; mit vielen schönen, altertümlichen Bauten (Marienkirche,
Rathausje.); 100 000 Einw. Am Ausflusse der Weichsel liegt der Hafen Neu-
fahrwafser und das Fort Weichselmünde. Im Nw. das ehemalige Cistereien-
ser-Kloster Oliva (Friede 1660) und ganz nahe an der Danziger Bucht das Seebad
Zoppot. Der Eisenbahnknotenpunkt Dirschan, an der Weichsel, im S. von Danzig,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Bernstein Seebad_Kranz Dirschan
Europa.
Lande sehr rauh, daher der Ackerbau nicht so bedeutend sein kann, wie in der
Marchebene, trotzdem fehlt es nicht an Getreide- und Flachsbau, auch werden hin
und wieder Zuckerrüben gebaut. Der an der polnischen Grenze vorhandene Kohlen-
reichtum hat eine lebhafte Industrie (Leinwand, Wollenwaren, Zucker) erzeugt. Von
der Bevölkerung ist die Mehrzahl in den Städten deutsch, auf dem Lande slavisch.
Hauptstadt ist Troppau, an der Oppa, mit 20 000 Einw.; lebhafte In-
dustrie (Leinen- und Wollenwaren). — Jägerndorf, Industriestadt. Bäder
Karlsbrunn und Gräfenberg. Der Fürst von Liechtenstein besitzt hier viele
Ländereien und führt darum auch den Titel Herzog von Troppau und Jägern-
dorf. Im östlichen Teile liegen die Industriestädte Tcschen, 10 000 Einw.
(Friedensschluß 1779) und Bielitz, 11 000 Einw., gegenüber dem galizischen
Biala.
12. Galizien.
Galizieu ist das große Gebiet, welches sich nordwärts an die Karpaten an-
schließt und durch dieselben fast überall von Ungarn getrennt wird. Ausläufer
dieses Gebirges verlaufen nordwärts; an sie schließt sich Tiefland. Im W. be-
rührt das Gebiet an der Weichsel die preußische Provinz Schlesien, im N. und
O. das russische Reich. Die Weichsel fließt hauptsächlich an der Nordwestgrenze,
doch nehmen mehrere bedeutende Nebenflüsse derselben ihren Weg mitten durch
das Land (Donajec, San). Der Hauptfluß des Ostens ist der Dnjestr, welcher
von beiden Seiten viele wasserreichen Zuflüsse empfängt. Das Klima ist ziemlich
rauh, doch das Land trotzdem ergiebig. Unter den Produkten des Ackerbaus treten
namentlich Gerste, Roggen und Hafer, Flachs und Hanf, Tabak und Zuckerrüben
hervor. Der Waldstand ist ausgedehnt. Die Viehzucht erzeugt Rinder, Pferde
und Schafe; der Bergbau fördert Steinkohlen, Eisen- und Zinkerze, sowie Salz
(Bochnia, Wieliczka) in Westgalizien, Braunkohlen und Salz in mehreren Orten
von Ostgalizien. Die Industrie ist noch im Entstehen; erzeugt werden Leinwand,
Glas, Zucker. Der Handel vertauscht die mannigfachen Naturprodukte gegen In-
dustrieerzengnisse des Auslandes. — Die Bevölkerung ist bis auf einen kleinen
Bruchteil polnisch, im O. ruthenisch; stärker als die Deutscheu sind die Juden
(c. 9 pct.); im W. herrscht die römisch-katholische, im O. die griechisch-katholische
Kirche.
Hauptstadt ist Lemberg, 87 000 Einw. Israeliten), in einem Thale;
wenig Industrie, dagegen ausgedehnter Handel (Naturprodukte); Sitz eines römischen,
griechischen und armenischen Erzbifchofs und eines Protestantischen General-Snper-
intendenten; technische Hochschule, Universität. Im No. Brody, unweit der
russischen Grenze, 23 000 Einw. (J/s Juden), lebhafte Handelsstadt (Messen). —
Krakau, 50 000 Einw., an der schiffbaren Weichsel; Universität. Die Stadt
ist in der polnischen Geschichte berühmt; im Dom ruhen der heil. Stanislaus,
Polens Schutzpatron, und viele Könige, außer ihnen Kosciusko, welcher 1794 die
Selbständigkeit Polens vergeblich zu retten versuchte. Lebhafter Handel, etwas
Eifenindustrie. — Tarnopol, an einem linken Nebenflusse des Dujestr, 22 000 E.
(Pferdehandel.) — Im W., in der Nähe des Donajec, Tarnow, 22 000 Einw.
und Biala (Bielitz gegenüber), lebhafte Industrie- und Handelsstädte (Tuche,
Landesprodnkte). Weltberühmt sind die großartigen Steinsalzwerke von Bochnia
und Wieliczka.
Cassian, Geographie. 6. Aufl- 15
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Europa. 291
sächlich nur Adrianopel; der Seehandel ist belebter, doch keineswegs
im Verhältnis zu der äußerst günstigen Meereslage; auch ist derselbe Haupt-
sächlich in der Hand von Ausländern. Die Hauptplätze des Seehandels sind
Constantinopel und Saloniki, neben diesen sind Enos und Galli-
poli zu nennen. Die Ausfuhrprodukte sind Rohseide und Wolle, Wein,
Südfrüchte, Tabak, Leder u. dgl.; die Einfuhr liefert besonders Westeuro-
päifche Jndustrieprodukte. Die Handelsflotte besitzt 335 Schiffe.
Das türkische Kaisertum ist eine absolute Erbmonarchie. Das Staats-
oberhaupt ist der Sultan oder Padischah (Großherr), welcher eigentlich auch
als das höchste geistliche Oberhaupt gilt.
Der Divan, d. i. das Staatsministerium (Vorsitzender der Großvezier),
und die Ulemas oder die Rechtskundigen stehen dem Oberhaupte ratend zur
Seite.
Die Regierung wird nach dem Palaste des Großveziers die „hohe Pforte"
genannt.
Die Generäle und höchsten Civilbeamten haben den Titel „Pafcha".
Das Land zerfällt in Vilajets oder Generalgouvernements; wir be-
trachten es nach den historischen Bestandteilen:
1) Güdthracien, zu beiden Seiten der unteren Maritza. Hauptstadt Con-
stantinopcl, am Südeingange des Bosporus (der Straße von Constantinopel),
nahe dem Marmara-Meere und zu beiden Seiten des goldenen Horns, eines
Meerbusens von einer Meile Länge; derselbe bildet einen ausgezeichneten Natur-
Hasen; 600 000 Einw. Die Lage der Stadt am Scheidepunkte.europas und
Asiens, an der Verbindung zwischen dem schwarzen und ägäischen Meere, ist eine
äußerst günstige. Der Hauptteil der Stadt liegt auf der dreieckigen Halbinsel
im S. des goldenen Horns, und zwar auf der gegen O. vorspringenden Spitze
der Serail (Palast des Sultans) und an dem Eingange zu demselben die bereits
erwähnte „hohe Pforte". Im Sw. des Serail liegt die Aja Sophia (Sophien-
kirche, erbaut von Justinian, jetzt Moschee); ganz im Sw. der eigentlichen Stadt
liegt das „Schloß der sieben Türme". Im N. der eigentlichen Stadt,
am goldenen Horn, liegt der Fanar, der Sitz der reichen und vornehmen Griechen.
Drei Brücken verbinden die eigentliche Stadt mit dem jenseits des goldenen Horns
gelegenen Galata, dem Sitz des Seeverkehrs und der Kaufleute. Im N., aus
Hügeln, liegt Pera, der Sitz der Europäer („Franken") und Gesandten. Rings
herum auf europäischer und asiatischer Seite liegen zahlreiche Landsitze und Gärten.
Auf asiatischer Seite liegt Skutari mit den türkischen Begräbnisplätzen. Die
eigentliche Stadt ist ungepflastert und schmutzig, doch ungemein verkehrreich;
große Plätze fehlen, doch finden sich glänzende Bazars (Verkaufshallen). Lebhafter
Dampfschiffverkehr (nach Trieft, Messina, Marseille, Odessa, Trapeznnt, Alexandria);
der Import besteht hauptsächlich in Jndustrieerzeugnissen des westlichen Europas,
der Export aus Getreide, Wolle, Seide, Fellen, Tabak, Rosenöl ?c. Außer den
500 Moscheen, welche für das religiöse Bedürfnis der Muhamedaner forgen,
finden sich 37 christliche Kirchen und fast ebensoviel Synagogen. — Westlich,
an der Mündung der Tundscha in die Maritza, liegt Adrianopel, 60 000 Einw.,
(türkisch Edirneh) mit lebhafter Industrie (Teppiche, Seidenwaren, Rosenöl). —
Auf der gleichnamigen Halbinsel an der Dardanellen-Straße die lebhafte Seehandels-
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Constantinopel Saloniki Constantinopel Asiens Galata Messina Marseille Odessa Alexandria Europas Maritza Rosenöl