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setzten ihre Batterieen weit dahinter, und zwar meist auf die Kammspitze
der Hügel. Soweit reichte das Feuer der Belagerten nicht, oder wenn
sie ihre paar gezogenen Geschütze dorthin richteten, so gingen die Kugeln
vor dem Hügelkamm nieder oder darüber weg. Die Piemontesen lernten
dagegen allmählich ganz sicher zielen: blitzte in der Festung ein Mörser
aus, schlug sofort eine feindliche Granate darauf oder daneben. Die
Artilleristen in der Festung und ihre Stücke litten daher zum Erbarmen.
Nun wäre es dennoch den Belagerern schwer geworden, aus gewöhn-
lichem Wege sich Zugang zur Festung zu eröffnen. Man richtet gerad-
liniges Feuer gegen die Werke, nicht gegen die Stadt, und sucht Bresche
zu schießen. Krummliniges Feuer wird gebraucht, wenn die Werke der
Belagerten nicht anders zu zerstören sind. Das wäre die regelmäßige
und humane Art gewesen, eine Festung anzugreifen. Cialdini bedachte
sich keinen Augenblick, anders zu verfahren. Von seinem sichern Stand-
punkte aus bewarf er ruhig Tag für Tag die Stadt mit Bomben und
Geschossen aller Art, unbekümmert, ob sie die Bürger in ihren Häusern
zerschmetterten. Seine Infanterie dagegen ließ er thatlos zuschauen. Am
1. Dezember fingen seine Batterieen zu spielen an, am 13. Februar zog
die Besatzung aus: dazwischen lagen 75 Tage, 50 davon wurde Gaeta
unaufhörlich bombardiert. Namentlich im Februar wütete das feindliche
Feuer so sehr, daß selbst den tapfersten Offizieren das fürchterliche rast-
lose Krachen und Platzen der Bomben an die Nerven griff. In der
ganzen Stadt war zuletzt kein Haus, das uicht mehr oder minder zer-
stört, an mehreren Stellen war alles in Grund und Boden geschossen,
Hunderte von Bürgern lagen tot oder verwundet. Priester waren am
Altare, Frauen und Kinder in ihren Häusern von den Kugeln zerrissen.
Seit die Nüssen im siebenjährigen Kriege Küstrin beschossen, hatte die
Kriegsgeschichte ein ähnliches Beispiel nicht wieder aufgestellt.
Bresche schossen die Belagerer nur einmal, und auch diese ließ sich
leicht wieder absperren. Was aber Geschosse nicht vermochten, das thaten
die Explosionen am 4., 5. und 13. Februar. Schon die erste riß in
die Werke, welche die Stadt von der Landenge abschlössen, eine breite
Lücke. Cialdini hätte nun stürmen lassen können; er aber ließ lustig
seine Batterieen fortarbeiten, die Stadt bedeckend mit zahllosen Bomben,
ohne andern Zweck, als Zerstörung und Entsetzen zu verbreiten. Seine
Rechnung war richtig, und er sparte seine Leute. Schon tags darauf
folgte die zweite Explosion; neunhundert Centner Pulver und fünftausend
geladene Granaten gingen in die Luft. Es geschah an der innern Golf-
seite nahe der Landenge; dort war statt der Häuser auf einmal ein un-
geheures leeres Dreieck entstanden, als hätte es der Geometer abgemessen.
Ein paarhundert Soldaten waren verschüttet, alles eilte, zu retten, aber
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welche diese an Geschichte und Altertümern reiche Stadt zur Hauptfestung
machten. Seitdem ließ jeder König an den Werken bessern und erweitern:
eine Schuppe nach der andern setzte sich an den Festungspanzer. Unab-
lässig wurde daran gearbeitet in den letzten zwölf Jahren Ferdinands Ii.
Gaeta sollte das unüberwindliche Bollwerk des Reiches werden.
Denn längst hatte die Stadt und Festung Gaeta einen stolzen
Namen in der Kriegsgeschichte. Noch im Jahre 1806 hatte der Prinz
von Hessen-Philippsthal glorreich sie verteidigt. Die Franzosen hatten
ganz Unteritalien erobert, nur Gaeta widerstand: sechs Monate bombar-
dierte und stürmte Massena vor ihren Wällen; die Festung ergab sich erst,
als eine Granate den deutschen Helden zu Boden gerissen. Ein halbes
Jahrhundert später war wiederum Gaetas Name monatelang in aller
Munde, und wieder war es vorzugsweise deutscher Heldensinn, der stolz
auf dieser Felsenburg das königliche Banner von Neapel flattern ließ.
Diesmal umfaßte es die zarte Hand einer jungen Königin. Wie oft war
ich der anmutigen feinen Gestalt in München begegnet — ein paar
Jahre später, und sie hatte den fünf großen Berühmtheiten, welche das
neue Italien zählt, die sechste und schönste hinzugefügt. Mit lebhaftem
Interesse hörte ich daher Verschiedene, welche an den Ereignissen in Gaeta
hervorragend teilgenommen, davon erzählen, und so möge hier noch eine
kurze Skizze der merkwürdigen Belagerung Platz finden.
Gaeta wurde im Jahre 1860 die Zuflucht der königlichen Familie.
Die Gesandten von Bayern, Spanien, Österreich, Sachsen und Toskana
verließen sie nicht. Die letzten elftansend treuen Soldaten hatten sich
hineingeworfen. Außer der Citadelle von Messina war das ganze Reich
verloren: von Gaeta aus schien aber noch Wiedereroberung möglich.
Die Ereignisse waren so plötzlich und betäubend gekommen, daß man
auf ihr Umschlagen rechnen durfte. Es kam daher alles darauf an, diese
Festung siegreich zu behaupten. Allein schon in den ersten November-
tagen, als die Belagerung anfing, stand der Kampf ungleich. Die
Festungswerke waren noch nicht vollendet; die Munition zu gering, in
Eile gemacht, und besonders das Pulver schlecht; Lebensrnittel knapp und
keineswegs von besonderer Güte. Der größte Nachteil jedoch bestand in
der Ungleichheit der Geschütze. Gaeta war nicht auf gezogene Kanonen
gebaut: es war die erste Festung, welche mit so weit und sicher treffen-
den Geschossen angegriffen wurde. Die Anzahl der Geschütze war hüben
und drüben ziemlich dieselbe, allein die Piemontesen besaßen 75 gezogene,
die Belagerten deren nur neun; außerdem hatten jene großes, diese nur
ganz kleines Kaliber. Nun war der ganze Verteidigungsplan, auf welche
man einst die Werke berechnet hatte, auf einmal verdorben. Diese soll-
ten ihr Feuer auf die schmale Landenge vereinigen, die Piemontesen aber
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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6. Der deutsche Handel u. d. Reichtum d. deutschen Städte z. Zeit d. Hansa. 59
wurden in der Regel von der Stadt bewaffnete Schiffe, Orlogschiffe oder
Friedenskoggen genannt, zum Schutze beigegeben.
Die meisten Geschäfte nach dem Auslande betrieb Danzig in Ver-
bindung mit Lübeckern oder wenigstens unter Mitwirkung von Lübeck,
dessen Handelsblüte vornehmlich auf seinem lange Zeit hindurch fast aus-
schließlichen Handel über Riga, Reval, Dorpat, Nowgorod und andere
Niederlassungen der Russen beruhte. Unter Lübecks Vermittlung wurden
die russischen Rohprodukte, vereint mit den Erzeugnissen der polnischen
und litauischen Ebenen, Holz, Asche, Teer, feinere und gröbere Pelz-
waren, Felle und Leder, Wachs und Honig, Fettwaren und Fleisch, Ge-
treide, Flachs und anderes in den Westen vertrieben, und dagegen die
Natur- und Kunsterzeugnisse Deutschlands, Flanderns und Englands
zurückgebracht. Das berühmte lübische Bier wurde durch den ganzen
Norden verschickt. Der Fremden- und Geschäftsverkehr in Lübeck belebte
sich immer mehr, weil Lübeck unter allen baltischen Plätzen der Haupt-
hafen war für die großen Züge von Kaufleuten, Handwerkern, Rittern
und anderen Reisenden, welche bis ins 16. Jahrhundert hinein jährlich
nach Livland gingen oder von dort zurückkehrten. Lübeck allein, rühmte
Äneas Sylvius im Jahre 1458, sei „an Reichtum und Macht so gewaltig,
daß die Königreiche Dänemark, Schweden und Norwegen gewohnt wären,
auf seinen Wink Könige anzunehmen und abzusetzen".
Sehr bedeutend war z. B. auch der Handel von Breslau. Durch
seine Handelslinien auf Wien und Preßburg übernahm Breslau die Ver-
mittlung zwischen der Ostsee und der Donau, knüpfte zugleich durch
Böhmen und Sachsen über Prag und Dresden bis nach Leipzig das Ober-
elbgebiet und mit diesem die aus Oberdeutschland herabziehenden Linien
an die Oder, und gewann mit Stettin für den gesamten Handel des
Odergebietes eine hervorragende Stellung.
Nicht minder großartig war die Stellung der sächsischen, rheinischen,
oberalemannischen und süddeutschen Handelsstädte. „Köln ist durch seinen
ausgebreiteten Handel und seine unermeßlichen Reichtümer", schreibt Wim-
pheling, „die Königin des Rheins. Was soll ich von Nürnberg sagen,
welches fast mit allen Ländern Europas Handelsverbindungen unter-
hält und seine kostbaren Arbeiten in Gold und Silber, Kupfer und
Bronze, Stein und Holz massenhaft in allen Ländern absetzt? Es
strömt dort ein Reichtum zusammen, von dem man sich kaum eine rechte
Vorstellung machen kann. Ein Gleiches gilt von Augsburg. Das viel
kleinere Ulm nimmt jährlich, sagt man, mehr als eine halbe Million
Gulden an Handelsgefällen ein. Auch die elsässischen Städte treiben
einen äußerst gewinnreichen Handel, und insbesondere ist Straßburg un-
gemein reich."
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