90
Erste Periode des Mittelalters.
6. Unter den Frauen des griechischen Reiches ist zunächst die schon (§. 9) angeführte Gemahlin des Kaisers Justinian, Theodora, zu nennen. Theobora wirb von ihren Zeitgenossen wohl als klug, aber auch als störrisch, zornig, rachgierig, unversöhnlich und mißtrauisch bezeichnet. Als Amalasuntas Tochter M at ha-suinta nach Konstantinopel kam, fürchtete Theobora, die schone und geistreiche Gotin könne des Kaisers Liebe gewinnen, und ließ die vermeintliche Nebenbuhlerin töten. Viele verbächtige Leute würden aus ihr Geheiß hingerichtet ober eingekerkert. Einen Senator, welcher ihre Freunbin Antonia beleibigt hatte, ließ sie mit einem Strick um den Hals an eine Pserbekrippe binben, wo er 4 Wochen stehen mußte und wahnsinnig würde. Theobora führte das orientalische Zermoniell ein. Jebermann, welcher ihr nahte, mußte sich nieberwerfen und ihr den Fuß küssen. Die Obrigkeiten und Beamten leisteten ihr den Eib der Treue, und in der von Justinian veranstalteten römischen Gesetzsammlung nennt sie der Kaiser die allergottesfürchtigste, ihm von Gott gegebene Gemahlin, beren Rates er sich bei der Anorbnung dieser Gesetze bebient habe. Sie war 22 Jahre Kaiserin und hatte bei Lebzeiten den Ruhm einer gelehrten und frommen Fürstin.
7. Irene (§. 9) war in Athen geboren und muß eine gute Erziehung genossen haben. Sie würde 760 mit Konstantins V. Sohn Leo Iv. (775—780) vermählt. Bei ihrer Vermählung würde sie eiblich angehalten, dem Gebote der Kirchenversammlung und des Kaisers nachzukommen und benbilb er bienst zu verwerfen. Sie schwur. Nach Konstantins Tod bestieg Leo den Thron. Da er streng bei dem Silber-verbote blieb, so fehlte es ihm nicht an Gegnern, und mit biefen war Irene heimlich einverstanben, obwohl sie ganz zurückgezogen im Palaste lebte und sich den Schein gab, als ob sie an dem gottlosen Wanbel ihres Gatten keinen Anteil habe. Das Volk verehrte sie Darum wie eine Heilige. Als Leo die Kaiserin einst beim Bilberbienste überraschte, kerkerte er ihre Freunbe ein und wollte sie selbst verstoßen. Allein wenige Tage nachher war der Kaiser eine Leiche, und Irenens zehnjähriger Sohn Konstantin sollte unter der Vormunbschast seiner Mutter regieren. Sofort würde der Bilberbienst wieber eingeführt. Die Erziehung des jungen Kaisers würde vernachlässigt, weil Irene allein herrschen wollte. Alle Verschwörungen würden unterbrückt, und Konstantin trat seiner Mutter selbst die Regierung ab. Das wollte aber Konstantins Gemahlin Th eobata, welche ebenso herrschsüchtig war wie Irene, nicht länger ertragen, und sie suchte die Schwiegermutter zu stürzen. Allein die unnatürliche Mutter ließ ihren Sohn
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Extrahierte Personennamen: Theodora Theobora Antonia Jebermann Gott Irene Leo_Iv Leo Leo Leo Irene Leo Leo Konstantin Irene Konstantin Irene
Ii. Frankreich als Kaiserreich »bis jur
ijülje seiner Macht».
1804-1812.
Die Gründung der neuen Monarchie.
Nach Unterdrückung der letzten ohnmächtigen Versuche gegen *
seine Alleinherrschaft — Moreaus Exil, Pichegrus Tod im Kerker,
des Herzogs von Enghien widerrechtliche Erschießung — wird
Bonaparte auf Vorschlag der Tribunen durch Senatsbeschluß als
Napoleon erblicher Kaiser der Franzosen. Umgebung dexis. Mai.
jungen Dynastie mit neuem Glanz: Napoleons Geschwister mit
dem Titel Kaiserliche Hoheit'; 18 neue Marschälle; Proelamierung
des Ordens der Ehrenlegion; Salbung des Imperators durch
Papst Pins Vii, seine und seiner Gemahlin Selbstkrönung; —2. Dem.
Napoleons bürgerliches Gesetzbuch vollendet 1804, mit dem Titel
Cod6 Napoleon 1807; schon vorher Herstellung der Kirche und
des Cultus, seit Anfang 1806 auch der christlichen Zeitrechnung.
Verwandlung der eisalpinischen (seit 1802 italienischen)
Republik in ein Königreich Italien 1805, Napoleons
Königskrönung im Dom zu Mailand, sein Stiefsohn Eugene
Beauharnais Vicekönig. Einverleibung Liguriens, Parmas,
Piacenzas und Gnastallas.
Napoleons siegreiche Kämpfe.
I. Gegen Oesterreich und Unluand 1805.
Dem für England trotz seiner Seesiege im ganzen ungünstigen
Frieden von Amiens folgte bald eine abermalige Spannung beider
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Napoleons Napoleon Napoleons Eugene
Beauharnais_Vicekönig Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Moreaus_Exil Pichegrus Napoleons Napoleons Italien Napoleons Mailand Napoleons Oesterreich England Amiens
— 169 —
Wie im Klima, so zeigen sich auch in der Pflanzen- und
Tierwelt Asiens große Gegensätze. Während die öde Tundra im
Norden notdürftig von Moosen und Flechten bedeckt ist, so daß nur
wenige Arten von Pelztieren und Vögeln dort fortzukommen vermögen,
erreicht die Pflanzen- und Tierwelt im Südeu des Erdteiles üppige
Mannigfaltigkeit und riesenhafte Formen. Palmen, Reis, Thee, Zucker-
rohr, Kaffee, Baumwolle, Pfeffer und andere Gewürze, mancherlei
Arznei- und Färbekräuter haben hier zumeist ihre Heimat. Zahlreiche
Tierarten beleben diese tropischen Länder Asiens. In den mächtigen
Wäldern hausen Elefanten, Nashörner, Büffel, Affen und Schlangen;
Papageien und andere farbenreiche Vögel fchaukeln sich auf den
Zweigen der Bäume; im Dickicht des Schilfes lauert der Königstiger;
Sümpfe und Ströme sind von Krokodilen, Salamandern und Schild-
kröten bewohnt; der Indische Ocean birgt die kostbare Perle.
V. Bevölkerung.
a) Zahl. Asien hat 840 Millionen Einwohner, also mehr
als die Hälfte aller Menschen. Auf 1 qkm treffen durchschnittlich
19 Seelen. Die Bevölkerung ist naturgemäß sehr ungleichmäßig verteilt.
In Sibirien rechnet man auf 2 qkm kaum 1 Bewohner; in Britisch-
Jndien hingegen kommen auf 1 qkm 60, in Japan sogar 108 Menschen.
b) Abstammung. Die Bewohner Asiens gehören drei ver-
schiedenen Rassen an: der mongolischen, der kaukasischen und
der malayischen.
1. Die mongolische Rasse — in der Mitte, im Osten und
Norden des Erdteiles •— umfaßt etwa 3/5 der Gesamtbevölkerung.
Die hervorragendsten Völker dieser Rasse sind die Chinesen, Japaner,
Tataren und die sibirischen Völker.
2. Die kaukasische Rasse — im Süden und Westen ■— zählt
nicht ganz 2/5 der Bewohner. Hierher gehören: die Inder, Perser, Ära-
der, Armenier. Europäer sind in Asien verhältnismäßig wenig ansässig.
3. Die malayische Rasse — im Südosten—, ungefähr
30 Millionen, wohnt im südlichen Hinterindien und auf den benach-
barten Inseln. Die Urbewohner von Dekhan und Ceylon gehören
einer eigenen Rasse, den Dravidas, an.
Bumüller-Schuster, Erdkunde. Neue Ausg. 2. Aufl. F
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Extrahierte Ortsnamen: Asiens Asiens Sibirien Britisch-
Jndien Japan Asiens Asien Hinterindien Ceylon
241 —
der wilden Indianer zur
katholischen Religion.
Bolivia ist durch seinen
M i n e r a l r e i ch t u m,
besonders an Silber,
Kupfer und Zinn, be-
kannt. Infolge eines
unverständigen Betrie-
des sowie fortwährender
Kriege und der Herr-
schenden Unsicherheit ist
aber der Bergbau stark
zurückgegangen. Auch
Industrie und H a n-
del sind gering.
Der größte Ort ist
La Paz (40000 E.),
____ unfern des Titicaca-
Bild 89. Indianer von Bolivia. 'ee*- ^ ° 10 f t mit
16 000 E. war einst-
>nals seiner reichen Silberminen wegen weltberühmt. Jetzt sind die
leisten derselben verlassen. — Cochabamba (25 000 E.) ist nun-
mehr die gewerbreichste Stadt.
Die Argentinische Nepublik
hat 2 790 000 qkm und 4 Millionen zumeist katholische Einwohner,
Unter denen fast 1 Million eingewanderte Europäer sind. Der größte
5eil des Gebietes ist eine ungeheure grasreiche Ebene (die
Pampas), auf welcher große Herden halbwilder Pferde (nach der
Zählung von 1895 fast 5 Mill.), Rinder (22 Mill.), Schafe
(75 Mill.) weiden. Die Viehzucht liefert auch für den Handel
b>e wichtigsten Ausfuhrartikel, vor allem Schafwolle, außerdem
fleisch und andere tierische Produkte.
Bumüller-Schuster, Erdkunde. Neue Ausg. 2. Aufl. 11
.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrichs_I. Alfons_Iii Enrico_Dandolo Kamps Heinrich_Vii Heinrich Matteo_Visconti Franz_Sforza Franz Philipp_Ii Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Italien Spanien Portugal Portugal Lissabon Spanien Republik_Venedig Konstantinopel Genua Genua Genua Amerikas Eroberuna_Konstantinopels Mailand Mailand
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Asien. 61
land des Ganges und Brahmaputra finden sich die gesürchteten Dschungeln, d. h. mit
Wald, Schilf und undurchdringlichem Buschwerk bedeckte Inseln, in welchem Tiger,
Elefanten, Nashörner und die giftige Brillenschlange ein sicheres Versteck finden.
Hier ist auch die Heimat der gefürchteten Cholera. Die Wälder Indiens sind
bevölkert vou buntfarbigen Vögeln aller Art, namentlich Papageien, Paradiesvögeln,
Fasanen und Pfauen. Auch an Mineralien ist Indien reich. Man findet Diamanten,
Gold, Eisen und Steinkohlen. /
Die Bewohner Indiens, die Hindu, sind von schwachem Körperbau und sanfter
Gemütsart. Sie leben größtenteils von Ackerbau. In der Herstellung seiner Gewebe
waren die Hindu vou jeher Meister, doch hat England zum Schutze seiner eigenen In-
dustrie die indische Gewerbtätigkeit nicht aufkommen lassen. Ihrer Religion nach sind
die Jndier größtenteils Brahmanen. Die Scheidung in die Kasten: 1. Priester, 2. Krieger,
3. Ackerbauer und Kaufleute und 4. Handwerker, wird strenge durchgeführt. Außerdem
gibt es noch die keiner Kaste ungehörigen, von allen verachteten Parias.
Britisch-Jndien bildet ein Kaiserreich, das von einem Vizekönig regiert wird.
Zum Teil besteht es aber auch aus Schutzstaaten, die von einheimischen, jedoch dem
Vizekönig unterstellten Fürsten verwaltet werden. Die Städte, von denen viele 1li bis 3/±
Mill. Ew. zählen, sind sämtlich Handelsstädte. /Hauptstadt ist Kalkutta' au einem
Mündungsarm des Ganges, 1,1 Mill. Ew.; Madras an der Ostküste; Bombay
(bombe) an der Westküste; Lahore im Pandfchab; Delhi und Benares, die heilige
Stadt der Hindu, liegen am Ganges; Kolombo, die Hauptstadt von Ceylon; Ran-
gun, die Hauptstadt von Birma; der Freihafen Sing apure am Südende von Ma-
lakka ist wichtig durch feine Lage. Westlich von Malakka nnk mit diesem parallel zieht
die Reihe der englischen Inseln der Audamauen und Nikobareu. Aus letzteren eine
englische Verbrecherkolonie.
An der Ostküste Vorderindiens befitzt Frankreich die Stadt Pondicherry; Goa
an der Westküste ist portugiesisch.^
Das Reich Siam am Menam, zum großen Teile -von eingewanderten
Chinesen bewohnt, untersteht englischem Eiufluß. Hauptstadt Bangkok am Menam.
Jndo-China: Kambodscha, Annam, Tonkin und Cochiuchina steht uuter
der Oberhoheit Frankreichs, das seinen Einfluß bis zum Memrm auszudehnen
wußte. Hauptstadt Saigon an der Mündung des "Msmm. \ f, 1 }y
Auf der Halbinsel Malakka — abgesehen von der englischen Besitzung
im Süden — finden sich eine Anzahl selbständiger Sultanate./
4. Das Kaisertum China.
'Dieses ungeheure Reich umfaßt nahezu */* der Oberflüche'asiens und fast
die Hälfte feiner Bewohner (330 Mill.). In China finden sich die meisten
Millionenstädte. Es umfaßt deu größten Teil des Hochlandes von Jnnerasien
und erstreckt sich von dem Alpenland von Turkestau, dem Altai und dem danrischen
Alpenland im W. bis zum Chinesischen Meer im O., vom Kamm des Himalaya
im S. bis zum Amur im N. Die berühmte chinesische Mauer, welche das Laud
vor den Einfällen der Mongolen schützen sollte, ist zerfallen. Durch das Kueu-
lnugebirg wird es in eine mehr ebene Nordhälste und eine gebirgige Südhälfte
geteilt. Das Land hat zwei Hauptströme. Welche? Am fruchtbarsteuuud deshalb
am dichtesten bevölkert ist das Land im O. Selbst auf dem Waffer, auf Schiffen,
Flößen und schwimmenden Inseln wohnen Menschen. Die schwimmenden Inseln
stellt man aus Flößeu von Bambus her, die man mit einer Schicht Erde überdeckt
und auf der man^eine Wohnung errichtet und ein Gärtchen anlegt. China ist
die Heimat des Teestrauchs und der Seidenraupe. Ausfuhrartikel Chinas find
^.ee, Seide, Porzellan und Schnitzereien. Die Hauptuahruug der Chinesen bilden
Fische und Reis, das Hauptgetränk ist der Tee. Ratteubrateu gilt als Leckerbissen.
Wenn der Reis mißrät, entsteht leicht Hungersnot. Durch das Opinmrauchen
zerstören viele ihre Gefundheit.
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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TM Hauptwörter (200): [T20: [Indus Stadt Ganges Gang Hauptstadt Land Siam Indien Fluß Strom], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide]]
Extrahierte Personennamen: Malakka
Extrahierte Ortsnamen: Asien Indiens Indien Indiens England Britisch-Jndien Madras Bombay Lahore Benares Ceylon Birma Ma-
lakka Nikobareu Frankreich Pondicherry Menam Bangkok Menam Jndo-China Kambodscha Frankreichs Saigon China China W. Chinesischen_Meer_im_O. China Chinas
374
Kugel nicht schwer ist. Sie sind so wenig scheu, dasz sie den
Reisenden oftmals dicht .vor den Pferden vorübergehen und selbst
stillstehen; ihr Lauf ist nicht besonders schnell, und mit einem guten
Pferde holt man sie in der Ebene ein. Geht es bergan, so bleibt selbst
der Hund zurück. Sind junge Thiere im Rudel, so laufen diese und die
Weibchen voran, und ihnen wird, wenn sie verfolgt werden, von den
älteren Männchen durch Stoszen mit dem Kopfe nachgeholfen; aber den-
noch werden die jungen Thiere häufig eingefangen und in der Gefangen-
schaft aufgezogen. Die Jagd dieser Thiere ist den Eingeborenen, so wie
dem Reisenden, der hier fast an allem Mangel leidet, was er nicht von der
Küste selbst mitgebracht hat, von groszem Nutzen. Die Eingeborenen
verfolgen sie zu Pferde, suchen sie mit Hülfe der Hunde zu umringen und
wo möglich in eine Bergschlucht zu treiben, aus der sie nicht entfliehen
können, und wo man sie dann todtschlägt oder mit dem Lasso (Schlinge
zum Werfen) einfängt.
Das Lama, die gezähmte Hauptrasse von dem Guanaco, ist dem
Peruaner, was das Rennthier dem Lappen. Es giebt ihm Fleisch, das
er in getrocknetem Zustande auf Reisen mitnimmt und auf längere Zeit
aufbewahren kann. Auf vielen Märkten ist Lamafleisch das einzige,
welches man zu sehen bekommt. Die Milch ist so gut, wie die unserer
Schafe, und aus der Wolle fertigt der Peruaner seine Kleidung. Die
Häute gebraucht man zur Fuszbekleidung, zu verschiedenem Hausrath in
den ärmlichen Wohnungen und zum Verpacken der Erze und sonstigen
Handelswaaren, als Chinarinde u. s. w. Der Düriger wird als Brenn-
material benutzt, denn der Mangel an Holz ist eine der gröszten Plagen,
für die Bewohner der Hochebenen.
Ebenso wichtig ist das Lama als Lastthier; es giebt den Menschen
die Mittel zum gröszten Verkehr zwischen weit von einander gelegenen
Gegenden an die Hand, und gewisz war es das Hauptmittel, wodurch es
den alten Peruanern gelang, sich zu einem so bedeutenden Grade von
Bildung empor zu heben, in einem Lande, wo die Unebenheit des Bodens
den Fortschritten der Entwickelung fast unbezwingliche Hindernisse in
den Weg legt.
Zum Lasttragen benutzt man nur die männlichen Thiere, die Weib-
chen bleiben zu Hause zur Zucht. Ehe die Maulthiere so häufig waren,
wurden allein bei dem Bergbau zu Potosi gegen 30,000 Stück jener
Thiere gebraucht ; jetzt aber wird mehr durch Maulthiere herunter ge-
bracht, weil der Transport durch Lamas viel zu langwierig ist.
Das Bepacken dieser Thiere ist sehr spaszhaft anzusehen. Es wird
zuerst eine Herde von 15 bis 36 Stück zusammen gefangen, und diese
sämmtlich durch sehr lange Stricke mit ihren Hälsen an einander gebunden,
so dasz die Köpfe aller nach dem Mittelpunkt eines Kreises gerichtet
sind. Vermöge des langen Halses kann man sie so fest an einander
schnüren, dasz es dem einzelnen durchaus unmöglich wird, sich in die
Höhe zu richten oder sich nieder zu werfen. Nun beginnt das Bepacken,
während die Thiere unter beständigem Wiederkäuen, Röcheln und Aus-
schlagen jeden Versuch machen, sich niederzuwerfen und die Last abzu-
schütteln. Oftmals wird man mit dem Bepacken erst gegen Mittag fertig,
und da die Thiere nicht gröszer und stärker sind, als ein Hirsch, beträgt
die Last eines jeden nur 60 bis 100 Pfund.
Eigenthümlich ist es, eine beladene Lama-Herde ankommen zu sehen;
stolz, mit empor gehobenem Kopfe und zugespitzten Ohren, geht das
Thier langsamen Schrittes einher, anscheinend die kleine Last verachtend,
die man ihm aufgebürdet hat. Nur durch Güte läszt es sich lenken,
Schläge vermögen nichts; es wirft sich alsdann nieder und steht nicht
wieder auf. Erblicken diese Thiere einen Reisenden, so spitzen sie, oft
410
und jene großartigen Bilder, welche die heilige Schrift von ihren Ver-
wüstungen entwirft, mögen von einer anderen Art gelten, als diejenige ist,
welche das südliche und östliche Europa, zuweilen auch Deutschland heim-
sucht. Alle Arten jedoch gehören zu der Gruppe der Feldheufchrecken,
welche die großen Springschenkel mit unseren Grashüpfern gemein haben,
sich aber von ihnen dadurch unterscheiden, daß sie nicht jene Trommel am
Grunde des Flü-
gels besitzen,
welche erzittert
und das Zirpen
bewirkt, sobald
das Thier den
Hinterfuß an den
Oberflügelnreibt.
Alle Wanderheuschrecken sind Steppenthiere und durchziehen nach ge-
wissen Zeiträumen in unzählbaren Heeren die Länder, das Licht des Tages
verfinsternd und jede Spur des Pflanzenlebens vertilgend. Der Reisende
Andersson vergleicht das Geräusch ihres Flügelschlages mit dem Heulen des
Sturmwindes im Takelwerk der Schiffe. Narrow erzählt, daß 1707 eine
Strecke des Kaplandes von fast 400 Quadratmeilen gänzlich kahl gefressen
wurde, und daß, als endlich der Sturm die Thiere in's Meer trieb, sie am
Strande eine 10 Meilen lange, 3 bis 4 Fuß hohe, verwesende Bank bildeten.
Das Weibchen legt ungefähr 150 Eier im Sande, die, mit einem verhär-
teten Schaum umgeben, selbst eine strenge Kälte überdauern. Zu Anfang
Mai schlüpfen die ungeflügelten Larven aus, wachsen schnell und haben schon
nach einem Monat die dreifache Größe und den Ansatz der Flügel. Noch eilen
sie nur hüpfend vorwärts, aber schon das Erscheinen dieser „Fußgänger", wie
der Colonist des Kaplandes sie nennt, verbreitet Schrecken und Verzweiflung.
Sie ziehen über Berg und Thal, selbst über den Strom, indem die er-
trunkenen eine Brücke bilden, selbst durch das Feuer, das sie mit ihrer Masse
auslöschen. Nach drittehalb Monaten sind die Thiere völlig entwickelt, er-
heben sich in schwerfälligem Flug und wandern dahin, wohin der Lusi-
strom des Windes sie trägt. Wie Johannes der Täufer in der Wüste, so
leben noch heute in den Steppenländern Tausende von Menschen Monate
lang bloß von Heuschrecken, die auf verschiedene Weise zubereitet werden.
114. Die Honigbiene.
Dreierlei Bienen beherbergt ein jeglicher Stock, eine Königin, die
das einzige Weibchen unter allen ist; Hunderte von großen männlichen Bienen
oder Drohnen, ohne Stachel, mit fast zusammensitzenden Augen; Tausende
von kleineren Arbeitsbienen mit giftigem Stachel und getrennten Augen.
Die Bienen, welche wegen ihrer Erzeugnisse, Honig und Wachs, zu
den wichtigsten Hausthieren gerechnet werden, leben an einigen Orten nock-
wild, und zwar meistens in hohlen Bäumen; gewöhnlich sieht man sie
368
friedigt, hier ist er noch der stolze Krieger voll Wildheit, aber auch voll
Kraft und Seelengröße. ohne angelernte Bedürfnisse, ohne „Feuerwasser"
und ohne die Laster, die ihm mit diesem von den Weißen zugekommen sind.
Hier lebten noch vor wenigen Jahren 300,000 Indianer vom Fleische des
Büffels. Jeder Theil des Fleisches wird in der einen oder der anderen
Form in Speise verwandelt, und davon nähren sie sich ausschließlich. Das
Fell dient ihnen als Mantel, im gegerbten Zustande zur Decke der Hütten
und der Schlafstätten, ungegcrbt verwenden sie es zum Bauen der Canoes,
zu Satteln, Zügeln, Riemenwerk und zu den Schlcuderschlingen oderlassos,
aus den Hörnern machen sie Löffel und Trinkgeschirre, das Gehirn wirb
beim Gerben der Häute benutzt, die Knochen dienen zu Sattelbäumen und
Kriegskeulen oder werden zerbrochen, um das Mark zu gewinnen.
Im Genusse dieses Thieres denken die Indianer nicht des Schicksals,
das ihrer wartet. Dies unglückliche Volk mit seinen Jagden, seinen Wild-
nissen, seinen merkwürdigen Sitten und der ganzen Zahl seiner Büffel,
könnte nur fortdauern, wenn man den Verkehr mit den Weißen ihnen ab-
schneiden könnte. Aber dies ist nicht mehr möglich: des Büffels Schicksal
ist besiegelt und mit seiner Vertilgung müssen auch die rothen Männer
untergehen, deren Väter die angestammten Herren dieser weiten Ebenen
waren. Es muß so sein, denn dem wilden Jägeb nimmt Gott das Land
und giebt es dem Ackerbauer, der auf dem hundertsten Theile des Landes
sein Brot findet.
86. Das Reniitliier.
Das Rennthier ist unter den Hirschen, welche durch ihren Wuchs und
' die Geweihkrönung als die schönsten Zweihufer erscheinen, eine der
wenigst schönen Arten; der Kopf ist grosz, der Hals kurz, mit einer
Wamme an der Kehle, niederhängend und mit einer unschönen Mähne
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