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1. Theil 2 - S. 100

1867 - Breslau : Max
98 Mittlere Geschichte. 2. Periode. England. jungen Herzog der Normandie, Wilhelm, zu seinem Nachfolger ein.*) Dieser Wilhelm war ein Sohn Roberts, der wegen der Wildheit, mit welcher er die Länder seiner Nachbarn verwüstete, unter dem Beinamen des Teufels besannt ist und aus einer Pil- gerreise nach Jerusalem gestorben war.**) Eduard hatte vor sei- ner Thronbesteigung am herzoglichen Hofe in Ronen gelebt, kannte den Herzog Wilhelm persönlich und hatte eine große Vorliebe für ihn und alle Normannen. Als Eduard 1066 starb, bemächtigte sich Harold, Herzog von Mercia und Kent, der reichste und mächtigste der englischen Großen, des Thrones und wurde allgemein anerkannt. Wilhelm fuhr zornig auf und verlangte Abtretung des Thrones, und da Harold die Forderung abschlug, so rüstete er sich. Die Normän- ner waren die tapfersten Krieger jener Zeit; außerdem boten die kriegslustigen Ritter anderer Länder dem Herzoge ihre Dienste an. Auf einer zahlreichen Flotte setzte dieser nach der Südküste Englands über und landete glücklich. Als er ans Ufer sprang, fiel er. „Ein übles Vorzeichen!" murrten die Umstehenden. Aber er faßte sich schnell und rief, als wenn er absichtlich sich hinge- worfen hätte: „So nehme ich von diesem Lande Besitz!" *) Ein tapferer Normannenführer, Rollo, hatte unter den schwachen karo- lingischen Königen von Frankreich (911) die Normandie als Lehen erhalten und dort ein normannisches Fürstenhaus gegründet. **) Besonders arg trieb er es in seiner Jugend, wo er unaufhörlich Fehden suchte, Dörfer, Städte und Schlösser zerstörte und Alle, die sich ihni widersetz- ten , ermordete. Sein eigener Vater zog gegen ihn zu Felde, konnte aber den Sohn nicht bändigen, und starb endlich vor Gram, indem er über ihn den Fluch aussprach. Robert aber setzte sein wüstes Leben fort. Die Sage erzählt: Einst drang er mit seiner Rotte in ein Schloß ein, das seine Bewohner bis auf die Burgfrau und einige Diener aus Furcht verlassen halten. Er verlangte Wein und befahl, als Alle berauscht waren, daß die Burgfrau vor ihnen erscheinen sollte. Sie trat verschleiert in den Saal. Robert gebot ihr herrisch, den Schleier zu heben, und als sie es that, erblickte er — seine Mutter vor sich steheu. Mit Thränen hielt sic dem entsetzten Sohne sein schlechtes Leben vor, verkündigte ihm den Fluch des sterbenden Vaters und forderte ihn auf, nun auch die Mut- ter zu morden, wie er den Vater in die Grube gebracht habe. Außer sich sank er auf die Kniee nieder und flehte sie an, ihren und des Vaters Fluch von ihm zu nehmen. „Ich selbst", antwortete sie, „will dir nicht flucheit; aber den Fluch deines Vaters kann nur die Kirche aufheben; an diese wende dich, aber erst bessere dein Leben und versöhne dich durch Reue und Buße mit dem Himmel." Robert entsagte sogleich allen Fehden, ließ seine Bande auseinandergehen, legte ein härenes Gewand an und pilgerte nach Jerusalem, um seiner Sünden quitt zu werden.

2. Theil 2 - S. 134

1867 - Breslau : Max
132 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. nua und Pisa, Schiffe zum Ueberfahren, und schifften sich in Marseille und Genua ein. Aber — Engländer und Franzosen haben sich ttie vertragen können, und das zeigte sich auch hier bald. Wo sie schon unterwegs zusammenkamen, entstanden Streitigkeiten, und als sie endlich an der Küste von Palästina ans Land stiegen und die Seestadt Acre (jetzt St. Jean d'acre) dort belagerten, fing der Unfriede erst recht an. Denn Richard ver- richtete so tapfere Thaten, daß er den Namen Löwenherz erhielt. Darüber aber ärgerten sich Philipp August und seine Franzosen so, daß sie ihm alle nur mögliche Schwierigkeiten in den Weg legten. Endlich wurde zwar Acre erobert, aber Philipp August, der Mühseligkeiten müde, schiffte nach Frankreich zurück, und während der edle Richard für die Eroberung des heiligen Grabes sich abmühte, verband sich jener mit dem schlechtdenkenden Bru- der Richards, Johann ohne Land, der seinen Bruder vom Throne stoßen wollte. Das zwang den Richard auch wieder nach Eu- ropa zurückzugehen, nachdem er noch unglaubliche Thaten ver- richtet hatte*); aber es war ihm hier eine harte Prüfung auf- bewahrt. Bei der Eroberung jener Seestadt nämlich hatte er sich mit dem Herzoge Leopold von Oestreich sehr erzürnt. Dieser hatte seine Fahne aus einem Thurme, den er erobert, auf- gepflanzt; Richard aber wollte es nicht dulden, weil Leopold ihm nicht ebenbürtig war, und ließ, unbesonnen genug, die Fahne herunterreißen und in den Graben werfen. Da schwur Leopold Rache und verließ augenblicklich das Heer. Richard mußte für seinen Stolz schwer büßen. Als er auf dem mittelläudlischen Meere fuhr, erhob sich ein Sturm und trieb ihn ins adriatische Meer hinein, wo sein Schiff scheiterte, und er sich genöthigt sah, *) In einer Reiterschlacht hieb er einem Emir, der ihn zum Kampfe for- derte, auf einen Hieb den Kopf, die rechte Schulter und den rechten Arm ab, und erregte solchen Schrecken unter den Feinden, daß sich ihre Haare auf der Stirne sträubten. Mehrere seiner Gefährten waren in das dicke Gedränge der Feinde gerathen; er aber arbeitete sich bis zu ihnen hindurch, warf die Feinde auseinander und befreite sie. Endlich stürzte er sich ganz allein in das feind- liche Gewühl, und die Seinigen gaben ihn schon verloren, da sie nichts mehr von ihm sahen, und schon glaubten sie ihn todt; da kehrte er plötzlich mit blu- tigem Schwerte zurück, und sein Roß war mit Staub und Blut bedeckt, sein Panzer aber starrte von Pfeilen, wie ein mit Nadeln bestecktes Kissen. Einer der Emire selbst sagte von ihm zu Saladin: „Niemand kann die Streiche ab- halten, die er führt; sein Ungestüm ist schrecklich, das Zusammentreffen mit. ihm tödtlich und seine Thaten übersteigen die menschliche Natur." t

3. Theil 2 - S. 135

1867 - Breslau : Max
Letzte Kreuzzüge. 133 zu Lande weiter zu reisen. Er mußte gerade durch das Land seines Todfeindes, durch Oestreich; doch hoffte er, daß ihn Kei- ner erkennen werde. Er warf seine Rüstung ab und hüllte sich in ein armseliges Pilgerkleid. So kam er nach Wien, wo er sich nur ein paar Tage ausruhen wollte. Aber auch hier war er unbesonnen. Er ließ nämlich viel Geld sehen und wendete so viel auf, daß die Leute stutzig wurden, daß ein armer Pilger so viel auszugeben hätte. Das erfuhr Leopold und ließ ihn be- obachten. Als Richard das merkte, wurde ihm bange, und um nicht erkannt zu werden, flüchtete er sich in ein anderes Wirths- haus, und als man ihm auch dahin folgte, stellte er sich an den Bratspieß in der Küche. Aber unklugerweise behielt er an der Hand, mit welcher er den Spieß drehte, einen kostbaren Ring stecken, und um sein Unglück voll zu machen, trat eben ein Die- ner des Herzogs ein, der ihn in Palästina gesehen hatte und sogleich wieder erkannte. Nun half kein Leugnen; man brachte ihn zu Leopold. Dieser ließ ihn sogleich in den Kerker werfen, und Niemand wußte, wo Richard geblieben war. Als die Nach- richt nach England kam, daß er gefangen wäre, entschloß sich ein Edelmann aus Artois, Namens Blondel, seinen Gebieter auf- zusuchen und so lange alle Länder zu durchziehen, bis er ihn gesunden hätte. Endlich kam er zufällig auf eine Burg im Oestreichischen, und als er da übernachtet hatte, fragte er: „Schöne Wirthin, sind Gefangene dort im Thurme?" — „Ach ja!" war die Antwort, „seit einiger Zeit sitzt dort ein Gefan- gener." — Blondel dachte gleich: „Das könnte wohl mein guter Herr sein!" und bat um die Erlaubniß, einige Zeit da bleiben zu dürfen. Der Kastellan erlaubte es ihm; aber vergebens be- mühte sich Blondel, den Gefangenen zu Gesicht zu bekommen, so oft er auch unter dem Fenster des Thurms auf seiner Cither spielte. Endlich sah ihn der gefangene König und glaubte seinen treuen Diener zu erkennen. Um ihm ein Zeichen zu geben, sang er ein Lied, das sie beide einst in glücklichern Tagen gedichtet hatten. Kaum hatte er die erste Strophe geendigt, so griff Blondel in die Saiten und sang die zweite Strophe. Der Ge- suchte war also gesunden. Schnell reiste Blondel nach England zurück und verkündete hier und überall, wo Richard eingesperrt sei. Leopold, dadurch erschreckt, wagte nicht, ihn länger zu be- halten, und da zufällig auch der deutsche Kaiser, Heinrich Vi., Richards Feind war, so kaufte dieser den vornehmen Gefangenen

4. Theil 2 - S. 164

1867 - Breslau : Max
162 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland. sich hatte wollen zum Könige ausrufen lassen, befahl er auf einen eisernen glühenden Stuhl zu setzen und ihin eine glühende Krone aus den Kopf zu nageln, und Vielen wurden die Augen ausgestochen. .Solches Betragen empörte das ganze Land; Alle verabscheuten den Tyrannen und erhoben sich gegen ihn. Ehe er noch den Aufruhr dämpfen konnte, starb er 1197 in Messina ; man glaubt an Gift. Dieser Heinrich Vi. ist derselbe, dem Herzog Leopold von Oestreich den gefangenen Richard Löwen - h erz auslieferte und der ihn, um ein hohes Lösegeld zu erpressen, in das feste Schloß Dürrenstein einsperrte. 67. Philipp von Schwaben, 1197 — 1208. — Otto Iv. von Braunschweig, 1197 — 1218. Heinrich Vi. hatte ein dreijähriges Söhnchen, Friedrich, hinterlassen. Ihn erkannten zwar die Neapolitaner und Sici- lianer als ihren König an, aber alle Deutsche mußten das Land verlassen. In Deutschland tobten die beiden Parteien der Ghi- bellinen und Guelfen gegeneinander; jede wollte einen Kaiser aus ihrer Mitte gewählt haben, und da sie sich nicht vereinigen konnten, so wählten jene einen Hohenstaufen, Philipp von Schwaben, einen Bruder Heinrichs Vi. (1197 — 1208); die Welfischgesinnten dagegen erklärten diese Wahl für ungültig und ernannten Otto Iv. von Braun schweig, einen Sohn, Heinrichs des Löwen, zum deutschen Könige. Das unglückliche Deutschland! War schon bisher wenig auf Ordnung gesehen, so rissen nun die Unordnungen erst recht ein und Jeder that, was ihm beliebte. Dazu kam noch der Krieg, den beide Könige miteinander führten, und nicht nur Deutschland, sondern auch Italien theilte sich in zwei Parteien. Philipp und Otto bewarben sich um die Gunst des Papstes, damals Jnn ocenz Iii., eines stolzen, kräftigen und herrschsüchtigen Mannes, welcher das Werk Gregors Vii. vollendete. Er legte den Grund zum Kir- chenstaat. Dieser nahm ganz die Miene eines Richters an und schrieb an sie: sie würden doch wohl wissen, daß ihm, dem Papste, allein die Entscheidung, so wie überhaupt die Besetzung des Kaiserthrons zukomme, und wenn die Fürsten sich nicht bald einigen könnten, so würde er den Otto bestätigen. Das that er bald darauf auch wirklich: er nähme ihn, so schrieb er, als König an, mit dem Befehle, daß ihm überall Gehorsam geleistet werde. Aber bald änderte sich die Sache. Philipp war glücklicher im

5. Theil 2 - S. 177

1867 - Breslau : Max
Karl von Anjou. Konradino. 175 gewissenhaften Bruders, war er ein stolzer, herrschsüchtiger, eigen- nütziger Mensch. Schon sein Aeußeres war abschreckend. Seine olivenfarbige Haut, sein kalter, strenger Blick, seine finstere Stirn gaben ihm ein düsteres Aussehen. Nie sah man den Ausdruck der Milde, des Frohsinns oder der Menschenliebe in seinen star- ren Zügen. Er machte sich mit einem schönen Heere nach Ita- lien auf den Weg und eroberte das Land, nachdem er bei Be- ne v ent o (1266) Manfred besiegt hatte; denn vor der Schlacht gingen viele Neapolitaner, die von Anjou bestochen waren, zu diesem über, während dem Manfred nur die Deutschen und Mu- hamedaner, die bei ihm dienten, treu blieben. Manfred sah das mit Entsetzen; da fiel der silberne Adler, der als Kleinod seinen Helm zierte, auf den Sattel herab. — „Das ist ein Zeichen von Gott!" rief er, stürzte sich in das Feindesgewühl und fiel an der Brücke von Benevento, wo die Feinde aus seine Leiche einen Haufen Steine zum Denkmale auswarfen. Karl unterdrückte durch Grausamkeit die Stimme Derer, die dem Hause Hohen- staufen zugethan waren. Die Neapolitaner und Sicilianer seufzten in der Stille über ihr Geschick, dachten an die schönen Zeiten, wo Friedrich Ii. sie väterlich beherrschte, und sahen sich um nach seinem Enkel Konradino, dem letzten Sprößlinge des Hauses der Hohenstaufen. Dieser war in aller Stille und Ar- muth unter den pflegenden Händen seiner Mutter Elisabeth am bairischen Hose aufgewachsen; denn von allen den reichen Ländern seines Großvaters hatte er nichts mehr übrig als einige armselige Güter. Jetzt war er 16 Jahre alt, als Gesandte aus Neapel zu ihm kamen, ihn einzuladen, sich an die Spitze aller Un- zufriedenen zu stellen und dem Papste und dem Karl von Anjou den Krieg zu erklären. Sie brachten ihm Geld mit, um Truppen zu werben, und versicherten, daß jenseit der Alpen viele Tau- sende nur aus ihn warteten; denn die Anmaßung der Fran- zosen, ihre schnöde Verachtung aller Sittlichkeit und ihre Raub- sucht habe Aller Herzeu empört. Konradino's Augen funkelten bei diesen Anträgen von Muth und Kampfbegier. Er verglich seine gegenwärtige Lage mit der Königskrone, die ihm angetragen wurde, und so sehr auch die zärtliche Mutter ihm vorstellte, er sei noch zu jung, um so weit solchen Gefahren entgegen zu gehen, so viel sie auch weinte und ihn bei ihrer Liebe beschwor, noch zu bleiben, so war doch Alles vergebens. Schnell wurden die letzten Güter verpfändet. Konradino rüstete sich und die Sei-

6. Theil 2 - S. 180

1867 - Breslau : Max
178 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Italien. bitter zu machen. Das Urtheil wurde ihnen hier nochmals vor- gelesen, und — so war es sonst bei Verbrechern iiblich — der Stab über ihnen gebrochen. Eine ungeheuere Menge von Men- schen war versammelt, Kops an Kops, alle Fenster dicht besetzt, die Dächer selbst mit Zuschauern bedeckt. Unter Allen war eine feierliche Stille, Alle starrten mit beklommenen Herzen nach den unglücklichen Jünglingen; mir König Karl von Anjou freute sich; er sah selbst von einem Balcon dem Morden zu. Zuerst trat Konradino vor. Er legte sein Oberkleid ab und streckte seine weißen Arme gen Himmel. „Ach! meine Mutter! meine Mutter!" rief er, „welch eine schreckliche Nachricht wirst du von mir hören!" Dann zog er seinen Handschuh ab und warf ihn mitten unter das umstehende Volk. Ein Ritter nahm ihn auf und brachte ihn nachmals dem Könige von Aragonien, einem weitläufigen Verwandten Konradino's. Nun hielt Konradin feinen Nacken dem Schwerte hin. Friedrich von Baden schrie laut auf, als er den Kopf seines Freundes fallen sah und rief Gott zum Zeugen seiner Unschuld aus. Danll kam die Reihe an ihn. Eben so starben mehrere andere Häupter der Hohenstausen- schen Partei. Konradino war der Letzte seines Hauses; denn mit ihm starb das erlauchte Hans der Hohenstaufen aus (1268). Karl von Anjou wüthete nun gegen Alle, die diesem unglück- lichen Hause angehangen hatten. Vielen ließ er die Füße ab- hauen, und da Alle über diese Grausamkeit murrten, ließ er die Verstümmelten in ein hölzernes Hans sperren und verbrannte sie. Auch in Sicilien verübten seine Söldlinge die unerhörtesten Grausamkeiten, und alle Gemüther brannten vor Unmuth über die abscheulichen Franzosen. ,Lange unterdrückte Karl durch Härte jede Aeußerung der Unzufriedenheit; da brach plötzlich, 14 Jahre nach Konradino's Hinrichtung, im Jahre 1282, der lang verhaltene Groll in Sicilien los. Man nennt diese Em- pörung die sicilianische Vesper. Es war am zweiten Osterfeiertage, als sich die Einwohner von Palermo, der Hauptstadt von Sicilien, aufmachten, um nach einer eine Stunde weit gelegenen Kirche, dem Gebrauche gemäß, zu wallfahrten und dort die Vesper (Abendgottesdienst) zu feiern. Die ganze dorthin führende Wiese war mit fröhlichen Menschen bedeckt, die hier Blumen pflückten, dort spazieren gingen, oder mit frohem Gesänge den Frühling begrüßten. Unter ihnen ging eine junge Dame, durch Geburt und Schönheit ausgezeichnet, von

7. Theil 2 - S. 181

1867 - Breslau : Max
Siciliamsche Vesper. Die heilige Hedwig. 179 ihren Aeltern und Verwandten begleitet, auch nach der Kirche. Ein Franzose, Namens Drouet, trat zu ihr heran und belei- digte sie höhnisch, so daß sie ohnmächtig ihrem Vater in die Arme sank. Sogleich erhob sich rings umher das Geschrei: „Nieder mit den Franzosen!" Rasch sah man hundert Dolche blinken. Drouet wurde zuerst niedergestochen, nach ihm alle Franzosen, die gegenwärtig waren, gerade als eben die Glocke zur Vesper läutete. Dann strömten Alle nach der Stadt zurück. Auch hier hieß es: „Nieder mit den Franzosen!" und das Mor- den fing von neuem an, bis auch nicht einer mehr am Leben war. Schnell durchflog die Nachricht von dem Geschehenen die ganze Insel. Auch in den andern Städten fielen die Franzosen unter den Dolchen der ausgebrachten Einwohner, und um die Freniden leicht von den Eingeborenen zu unterscheiden, ließ man jeden das Wort Ciceri (Erbsen) aussprechen, was kein Franzose wie die Italiener aussprechen kann. Nur ein einziger Franzose wurde am Leben erhalten, weil er sich immer besonders gütig und ge- recht gezeigt hatte. Dem Karl von Anjou sagte aber die ganze Insel den Gehorsam auf. „O mein Gott!" rief er, als er die Nachricht davon bekam, „es hat dir gefallen, mir Mißgeschick zu senden; laß nur wenigstens meinen Stern langsam untergehen!" — Der Wunsch wurde ihm gewährt; denn er blieb in Neapel König bis an seinen Tod (1285). Sicilien bekam er aber nie wieder; der König von Aragonien wurde von dieser Insel als Herr anerkannt. 69. Die heilige Hedwig (ch 1243) und die heilige Elisabeth (f 1231). Die heilige Hedwig. — Sie war eine Tochter Bertholds, Grafen von Meran und Tirol, und von der frühesten Jugend an von der innigsten Religiosität erfüllt, die aber freilich das Ge- präge ihrer Zeit trug, wo man glaubte, durch Abtödtung der sinnlichen Neigungen, durch Versagung selbst unschuldiger Freu- den und durch freiwillig übernommene Entbehrungen und Qualen Gott am besten zu dienen. Theils dieser Geist ihrer Zeit, theils ihre Erziehung in einem Kloster erweckten und nährten diese Neigung zu Ausübung strenger Religionsübungen. Von Kind- heit an war es ihr strenges Gesetz, Alles ihrer Pflicht auf- zuopfern und jeden Wink ihrer Aeltern pünktlich zu erfüllen. Das bewies sie selbst bei der Wahl ihres Gatten.

8. Theil 2 - S. 260

1867 - Breslau : Max
258 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Frankreich. ches zum Erstaunen aller Engländer und Franzosen festgesetzt wurde: der König von England solle eine französische Prinzessin heirathen, Regent von Frankreich und künftig einmal, wenn der verrückte Karl Vi. stürbe, auch König von Frankreich werden, so daß England und Frankreich unter Einem Könige ständen; der Dauphin aber solle von dem Throne ganz ausgeschlossen sein. Das war der berüchtigte Vertrag von Troyes. Aber der König von England, Heinrich V., starb schon zwei Jahre darauf (1422) und bald nachher auch Karl Vi. Der König von England hatte einen erst neun.monat alten Sohn hinterlassen, der in England unter dem Namen Heinrich Vi. den Thron bestieg, und dieser wurde von Jsabeau und von Bur- gund auch zum Könige von Frankreich ernannt. Laut schrie der Dauphin Kart über Ungerechtigkeit. Er nannte sich nun König Karl Vii. (1422—61); aber was half es ihm, da ihn nur seine wenigen Anhänger als solchen anerkannten? Die Engländer, die Burgunder und die ihm abgeneigten Franzosen drängten ihn immer mehr zurück, nahmen ihm eine Stadt nach der andern und endlich mußte er über die Loire zurückweichen. An diesem Flusse liegt die Stadt Orleans. Diese wollteik die Engländer erst noch einnehmen; dann hofften sie, ihn auch jenseit des Flusses verfol- gen zu können. Karl verlor jetzt alle Hoffnung; Orleans gab er ganz verloren und war schon willens, sich bis in die südlich- sten Provinzen Frankreichs zurückzuziehen. Da zeigte es sich wie- der recht, wie nützlich dem Manne die treue Hausfrau werden kann, wenn sie ihm, wie sie soll, als verständige Freundin zur Seite steht. Maria von Anjon hieß seine Gemahlin, eine gar sehr verständige, herzhafte Frau. Sie tadelte mit sanften Worten seine Verzagtheit. „Nie muß der Mensch", sagte, sie, „an der Zukunft verzweifeln; jeder neue Tag kann dir eine unerwartete Rettung bringen. Gehst du nach dem Süden, so werden alle deine Anhänger den Muth verlieren, deine Sache für verloren halten und zu den Engländern über- gehen." — Agnes Sorel, die gemeinschaftliche Freundin des Königs und der Königin, eine höchst liebenswürdige Dame, un- terstützte die Vorstellungen der Königin, und so brachten diese beiben Frauen es endlich dahin, daß er noch zu bleiben und je- den Fußbreit Landes zu vertheidigen beschloß. Wie Recht hat nicht die kluge Maria gehabt, daß man nie verzweifeln müsse!

9. Theil 2 - S. 293

1867 - Breslau : Max
Krieg der rothen und weißen Rose. 291 79. Richard >u von England, 1483. — Maximilian I, 1493. — Maria von Burgund, 1477. Es ist betrübend, in der Geschichte noch öfter Beispiele von schlechter Gesinnung als von Seelengröße erzählen zu müssen, nicht als ob diese nicht eben so häufig, ja vielleicht noch häufiger vorkämen als jene, sondern weil das Gute mehr im Verborgenen geschieht, das Laster aber, wegen seiner Folgen, mehr ans Licht tritt. So darf auch hier eine höchst tragische Begebenheit nicht übergangen werden, die sich im Jahre 1483 in England zutrug, weil sie lehrt, bis zu welchem Grade von Bosheit und Unmensch- lichkeit der Mensch kommen kann, wenn er einer heftigen Leiden- schaft sich ganz hingiebt. Bei Gelegenheit der Geschichte der Jungfrau von Orleans ist oben erzählt worden, daß die Engländer damals große Län- dereien in Frankreich besaßen, um die sie mit den Franzosen lange und blutige Kriege führten; ferner, daß ein kleiner Knabe von neun Monaten, Heinrich Vi., damals König von England ge- worden sei (1422—71). Dies Kind war recht zu seinem Unglücke aus den Thron gekommen. In seiner Kindheit wurde er von seinen Oheimen regiert; als er selbst regieren konnte, zeigte er wenig Verstand und benahm sich so wenig umsichtig, daß er sich überall lächerlich machte. Zum Glück hatte er eine sehr kluge und wohldenkende Frau, Margaretha von Anjou, die für ihn dachte und handelte; aber dennoch war man unzufrieden, weil die Engländer einen Mann und keine Frau zuni Könige haben wollten. Dazu kam, daß der Krieg mit den Franzosen für die Engländer sehr unglücklich geführt wurde, daß diese eine Be- sitzung nach der andern verloren und ihnen zuletzt in Frankreich fast nichts als die Stadt Calais übrigblieb. Aber das größte Unglück traf Heinrich im Alter. Es trat nämlich ein Seitenver- wandter, der Herzog von Aork, auf, und erklärte, seine Familie habe ein näheres Recht auf den Thron. Allerdings hatte die Sache etwas für sich. Darüber entstand nun zwischen dem Hause Lancaster (sprich Länkster), dem der König angehörte, und dem Hause Jork ein Krieg, den man auch den Krieg der rothen und weißen Rose nennt, weil jenes Haus eine rothe, dieses eine weiße Rose im Wappen führte. Dieser Krieg dauerte 18 Jahre. Die kluge Margaretha bot zwar Alles auf, um ihren elenden Mann aus dem Throne zu behaupten; dennoch wurde er 19*

10. Theil 2 - S. 294

1867 - Breslau : Max
292 Mittlere Geschichte. 3. Periode. England. mehrmals von der Jork'schen Partei herabgestürzt und sogar vier Mal gefangen gesetzt; denn bald hatte die eine, bald die andere Partei die Oberhand, und jedes Mal mißbrauchte der Sieger sein Uebergewicht dazu, die Häupter der unterdrückten Partei auszurotten, so daß in diesem blutigen Bürgerkriege 60 Personen der königlichen Familie und mehr als die Hälfte des englischen Adels ihren Tod fanden. Zuletzt behauptete sich die Pork'sche Partei. Eduard Iv. blieb König (1471—83) und ließ seinen Gegner, Heinrich Vi., im Gefängnisse ermorden. Diese ungerechte Handlung mochte auch Ursache sein, daß auf seiner Regierung und seiner ganzen Familie kein Segen ruhte. Als Eduard 1483 starb, hinterließ er zwei Söhnchen, Eduard V., der nun König wurde, und Richard von Jork. Jener war erst 13, dieser gar erst 6 Jahre alt, ein paar liebe, unschuldige Knaben. Fer- ner hatte er noch einen Bruder, den Herzog Richard vonglo- cester (sprich Glofter), einen Menschen von noch schwärzerer Seele als häßlichem Körper; denn er war stolz, ehrsiichtig, hin- terlistig und zu jeder Schandthat fähig, wenn er dabei nur einen Vortheil vor Angen sah; dabei buckelig und mit einem lahmen Arme. Dieser Glocester hatte jene Kinder schon immer mit nei- dischen, gehässigen Augen angesehen, weil sie ihm im Wege stan- den, selbst König zu werden, und da dies sein höchster Wunsch war, so faßte er den entsetzlichen Entschluß, sie aus dem Wege zu räumen. Aber sie befanden sich damals aus einem entfern- ten Schlosse bei ihrer Mutter Elisabeth, die den schlechten Charakter ihres Schwagers kannte; daher bediente sich dieser böse Mensch der ausgesuchtesten Verstellung, um sich der Kinder zu bemächtigen. Zuerst lockte er den jungen König nach London und ließ den Bruder der Elisabeth (den Grafen Rivers), den er nicht leiden konnte, ins Gefängniß werfen. Elisabeth erschrak; sie erkannte nun deutlich seine bösen Absichten und flüchtete sich schnell m die Westminsterkirche in London, wo sie wegen der Hei- ligkeit des Ortes sicher war. Gleich stellte sich Glocester recht freundlich und ließ sie um den kleinen Jork bitten, weil der bei der Krönung seines Bruders doch zugegen sein müßte. Da aber die treue Mutter ihr liebes Kind durchaus nicht lassen wollte, schickte er zwei vornehme Geistliche an sie ab, die ihr so lange zuredeten, bis sie ihnen den Knaben übergab. Aber es war, als wenn es ihr ahnete, daß sie ihn nicht wiedersehen würde. Sie benetzte ihn mit ihren Thränen, nahm auf ewig von ihm Ab-
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