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1. Theil 2 - S. 285

1867 - Breslau : Max
Der sächsische Prinzenraub. 283 treue Anhänger ihres fürstlichen Hauses gewesen; auch dieser Köhler war keiner der schlechtesten. Schnell war sein Entschluß gefaßt. Während sein Hund sich mit den Begleitern herumbiß, machte sich Schmidt über Kunzen her und drohte, ihm den Schädel zu zerschmettern, wenn er sich von der Erde rührte Es währte nicht lange, so hörte man durch den einsamen Wald das Dröhnen der Axt auf Baumstämmen. Des Köhlers Frau nämlich, die auch in der Nähe war, hatte das Hundegebell und das Drohen ihres Mannes gehört und machte jenes Nothzeichen, um alle Köhler des Waldes herbeizurufen, die auch gleich bei der Hand waren, über die Räuber herfielen und sie nach einem benachbarten Kloster führten, nachdem sie den hungernden Klei- nen mit Brod und Milch erquickt hatten. Die Räuber wurden dem Gerichte in Zwickau überliefert; am andern Tage aber hiel- ten die ehrlichen Köhler, mit ihren Schürbüumen bewaffnet und von vielen Klosterknechten begleitet, mit dem Prinzen Albrecht ihren Einzug in Altenburg. Die ganze Bevölkerung bewillkommte den theuern Prinzen, und die Kurfürstin empfing ihn mit Freudenthränen. Auch Mosen und Schönfels waren indessen nicht weit gekommen. Das Sturmgeläute auf allen Seiten hatte sie so erschreckt, daß sie sich in eine schauerliche Felsenhöhle bei Schneeberg — noch heute die Teufels- oder Prinzenhöhle ge- nannt — retteten. Hier brachten sie drei Tage und drei Nächte in großer Angst zu, sich nur von Waldbeeren ernährend. End- lich trieb sie der Hunger heraus, und da sie zu ihrem Schrecken von Holzbanern erfuhren, Kunz sei gefangen genommen, so schrieben sie zurück, sie wären bereit, den Prinzen zurückzu- bringen, wenn man ihnen Erhaltung des Lebens, der Ehre und des Eigenthums zusichern wollte. Dies geschah, und so wurde auch Ernst den Seinigen wiedergegeben. Kunz wurde zur Ent- hauptung verurtheilt und erlitt seine Strafe in Freiberg schon drei Tage nach seiner That. Der gute Kurfürst hatte ihn be- gnadigen wollen; aber der Bote der Gnade kam zu spät; das Thor der Stadt — so war es bei Hinrichtungen, die sonst aus dem Markte vorgenommen wurden, gewöhnlich — war bereits geschlossen. Mosen und Schönfels wurden nur verwiesen, aber Hans Schwalbe mit glühenden Zangen gekniffen und geviertheilt. Der brave Schmidt war nun noch zu belohnen. Auf die Frage, tvas er wünsche, antwortete der bescheidene Mann, er wünsche nichts, als lebenslang frei Kohlen brennen zu dürfen. Das

2. Theil 2 - S. 163

1867 - Breslau : Max
Heinrich Vi. 161 über. Als dieser sich in Erfurt befand, erschien hier der gebän- digte Löwe, warf sich ihm zu Füßen und unterwarf sich ganz feiner Gnade. Friedrich war gerührt, als er den einst so niäch- tigen Fürsten auf den Knieen liegend erblickte; er. hob ihn auf, schloß ihn in seine Arme und die Thränen traten ihm in die Augen. „Dennoch bist du das eigene Werkzeug deines Unglücks," sprach er gerührt; aber einsetzen konnte er ihn nicht wieder; dazu war es zu spät. Heinrich erhielt nur seine braunschweigischen Erblande zurück und wurde auf drei Jahre aus Deutschland verbannt. Er begab sich zu seinem Schwiegervater, dem Könige von England, Heinrich Ii., und ist der Stammvater sowohl des braunschweigischen Hauses als des hannoverschen geworden, wel- ches jetzt auf den Thronen von England und Hannover sitzt. Als einst ein Bischof für Heinrich eine Fürbitte einlegte, antwor- tete ihm der Kaiser recht schön: „Wisse, daß unser Neffe von einem Andern als von uns erniedrigt worden ist; denn der Sturz eines so mächtigen Mannes ist nicht das Werk menschlicher Kraft, sondern kann nur durch Zulassung des allmächtigen Got- tes geschehen." Daß Friedrich Rothbart in seinem hohen Alter einen Kreuz- zug zur Wiedererobernng von Jerusalem unternahm, aber nur bis nach Klein-Asien kam, wo er 1190 seinen Tod fand, ist schon oben erzählt worden. Heinrich Vi., Friedrichs 1. ältester Sohn (1190 — 97), war schon vor des Vaters Kreuzzug zum Verweser ernannt worden und übernahm die Regierung. Ihn hatte, wie gesagt, Friedrich mit Constantia, der Erbin des damals regierenden Königs von Neapel und Sicilien, Wilhelm Ii., vermählt, damit er durch diese blühenden Länder die Besitzungen seines so schon mächtigen Hauses vermehre. Jetzt starb Wilhelm, und Heinrich mußte nun nach Italien gehen, die ihm zugefallenen Länder einzunehmen. Wieder ein Unglück für Deutschland! denn die Neapolitaner wollten den deutschen König nicht, und nun mußten wieder deutsche Heere nach Italien ziehen, um ihr Blut für eine Er- oberung zu vergießen, die ihnen keinen Vortheil brachte; auch lag dem Heinrich mehr an den neuen Ländern, als an Deutsch- land, welches er sich selbst überließ. In Neapel und Sicilien verfuhr er mit unerhörter Grausamkeit. Einen der Unzufriedenen ließ er an den Schweif eines Pferdes binden, durch die Straßen schleifen und dann an den Füßen aufhängen; einen Andern, der Weltgeschichte kür Töchter, n. 14 Auch \ H

3. Theil 4 - S. 329

1862 - Breslau : Max
Alexandra Feodorowna. 329 nenb, beglückend bis zu seinem Tode durchs Leben gehen sollte.*) Gleich einer Maienblüthe zog sie in Petersburg ein und theilte acht Jahre lang das stille häusliche Glück des Großfürsten Niko- laus; als aber die Schrecken des 14. Dec. 1825 in dem einfachen Brigadier Nikolaus Paulowitsch einen Helden zeigten und Kraft und Bewußtsein ihn zum Kaiser machten, das Anitschkoff-Palais mit dem Kaiserlichen vertauscht worden war, da strahlten ihre schönen weiblichen Eigenschaften dem ganzen Reiche und Rußland sah in seinem Herrscherpaare Tugenden vereint, wie sie die *) Ueber die Art und Weise ihrer innigeren Bekanntschaft hat sich folgende gemüthliche Erzählung erhalten: Die Verewigte hatte als preußische Prinzessin eine Schweizerin zur Gouvernante, Madame Wildermatt, die einst in ihre Hei- math reisen mußte, um eine ihr zugefallene Erbschaft in Besitz zu nehmen. Als sie wieder in Berlin angekommen war, zeigte sie ihrer erhabenen und schönen Ge- bieterin mehrere Schmucksachen, die sie durch jene Erbschaft erhalten. „Das ist ein sehr alter Ring," sagte die Prinzessin Charlotte, indem sie einen ganz kleinen alterthümlichen goldenen Ring an ihren Finger steckte. „Er hat etwas Selt- sames an sich. Vielleicht ist es gar ein alter Talisman." Sie wollte nun den Ring an Madame Wildcrmatt zurückgeben, konnte ihn aber nicht wieder von dem Finger ziehen. „Ich möchte ihn wohl behalten," setzte sie hinzu. Und sie behielt den geheimnißvollen Ring. Es verging einige Zeit. Einst wollte die Prinzessin jenen alten Ring genauer betrachten, und es gelang ihr, denselben von ihrem Finger abzuziehen. Ans der inneren Fläche waren einige Worte ein- geschnitten, die, obwohl ziemlich verwischt, doch noch zu lesen waren. Sie lei- teten: „Kaiserin von Rußland " Es vergingen viele Tage. Es war von einer Verheirathung zwischen ihr und dem Großfürsten Nikolaus von Rußland die Rede. Dieser Bruder Alexanders, der damals nicht nächster Thronerbe war, machte eine Reise nach Berlin, sah da die schöne Tochter des Königs von Preu- ßen, und sein Entschluß stand fest. Bei Tafel saß er neben ihr und sprach von seiner nahen Abreise. „Es würde nur von Ihnen abhängen, daß ich hier bliebe," sagte der Großfürst. — „Was müßte ich dann thun?" antwortete lächelnd die künftige Kaiserin von Rußland. — „Sie müßten meine Huldigungen nicht zurückweisen." — „Weiter nichts?" — „Mich in meinem Bestreben ermuthigen, Ihnen zu gefallen." — „Das ist schon schwieriger. Der Augenblick ist nicht gut gewählt." — „Es brauchte nicht gesprochen zu werden, es genügte, wenn Sie mir ein Pfand gäben. Sie haben da einen kleinen Ring, dessen Besitz mich glücklich machen würde. Wenn Sie mir denselben geben wollten!" — „Hier? Vor allen Leuten?" — „Es kann geschehen, ohne daß es Jemand bemerkt. Drücken Sie den Ring in ein Stückchen Brod, lassen Sie dies neben sich liegen, ich werde den Talisman an mich nehmen." — „Es ist wirklich ein Talisman. Ich ahnte es wohl." — Der Ring ging in die Hand des Großfürsten über, und die Ehe wurde bekanntlich geschlossen. Den geheimnißvollen Ring hat, wie man erzählt, der Erbe Alexanders nie abgelegt; da er ihn aber nicht an den Finger stecken konnte, so trug er ihn an einer Kette am Halse.

4. Theil 4 - S. 42

1862 - Breslau : Max
42 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich. trennte. Die Beamten drohten und schimpften; eine Stande war darüber vergangen. Jetzt erklärten sie, sie müßten das Kind todt oder lebendig haben. Das schlag an. Elisabeth and die jnnge Prinzessin kleideten ihn an, weil es der Königin dazu an Kraft gebrach. Dann führte sie ihn selbst den Beamten zu, nach- dem sie ihn in einem Strome von Thränen gebadet hatte; denn sie sah voraus, daß sie ihn nie wiedersehen würde. Von nun an wnrde ihr and den Prinzessinnen anch alle Bedienung ent zogen; sie maßten ihr Gefängniß selbst ansfegen and selbst die Betten machen. Am 2. Angust wurden sie unvermnthet des Mor- gens um 2 Uhr geweckt. Es waren Beamte, welche der Königin den Beschluß vorlasen, sie nach der Conciergerie zu bringen, einem finstern und für schwere und gemeine Verbrecher bestimmten Ge- fängnisse. Ohne die Farbe zu verändern, hörte sie das Urtheil an, während die Prinzessinnen laut ihren Schmerz äußerten. Man durchsuchte ihre Taschen und nahm, bis ans ein Schnupf- tuch, Alles, was sie hatte. Dann ermahnte sie ihre Tochter zur Standhaftigkeit, wies sie an, ihrer Base als ihrer zweiten Mut- ter zu folgen, und verließ schnell das Gefängniß. Bei ihrem Hinausgehen stieß sie sich an das Gitter, weil sie vergessen hatte, den Kopf zu neigen; als man sie aber fragte: ob sie sich weh' gethan? — erwiederte sie: „Nein, nein! Gegenwärtig giebt es nichts mehr, was mir noch wehe thun könnte!" In der Con- ciergerie erhielt sie das schmuzigste, feuchteste und ungesundeste Loch; man untersagte ihr alle Arbeit, selbst das Stricken, unter dem Vorwände, daß sie sich mit den Stricknadeln das Leben neh- men könnte. Am 13. October wurde sie vor das Revolutions- gericht gestellt. Ihr Verhör wurde, um sie zu ermatten, den Tag hindurch bis in die Nacht hinein fortgesetzt; man reichte ihr keine Nahrung und Stärkung, und vergebens bat sie dreimal um ein Glas Wasser. Aber sie antwortete besonnen und bestimmt. Am 16. October führte man sie zum Tode. Da saß sie, die Tochter Maria Theresia's und vor wenig Zeit noch mächtige Königin, auf dem Karren, der alle Verurtheilte hinausführte, im ärmlichen, ja gerissenen Nachtkamisol und, obwohl erst 37 Jahre alt, zur Greisin gealtert durch Gram und Seelenleid. Rasch stieg sie die Stufen des Schaffots hinan und endigte mit standhaftem Muthe ihre langen Leiden.*) *) Die Kammer, welche der Königin zum Gefängniß diente, ist jetzt zu einer Kapelle eingerichtet. Man sieht hier eine Grabsäule von weißem Marmor.

5. Theil 4 - S. 82

1862 - Breslau : Max
82 Neueste Geschichte. 2. Periode. Frankreich. wollte, bisher zurückgehalten, durch ihr sanftes Wesen seine Wild- heit gezügelt und genoß daher die allgemeinste Liebe und Achtung. Aber theils wünschte er Kinder zu haben, die er von ihr nicht hatte; theils hoffte er durch eine Heirath mit der Prinzessin eines alten Hauses mehr Ansehen zu erhalten; kurz, er erklärte, „er müsse die süßesten Gefühle seines Herzens aufopfern, nur aus das Heil Frankreichs hören und darum seine Ehe trennen". Mit gebrochenem Herzeil gehorchte Josephine und zog sich nun nach Malmaison zurück, wo sie 3ya Jahr darauf starb. Napoleon trug seine Hand Marien Luisen, einer Tochter des Kaisers Franz, an. Dieser mußte wohl darein willigen, hoffte auch viel- leicht durch diese Verbindung bei Abzahlung der Kriegscontri- bntion Erleichterung, zll erhalten. Aber vergebens. Napoleon erließ keinen Thaler. Am 2. April 1810 wurde die Ehe voll- zogen und ein Jahr darauf ihm ein Söhnchen geboren, welches schon in der Wiege den Titel eines Königs von Rom erhielt und von allen Seiten mit vielen Schmeicheleien bewillkommnet wurde. In Schweden ereignete sich im Jahre 1809 eine gewalt- same Thronveränderung. Der von Ankarström ermordete Gu- stav 111. hatte einen Sohn hinterlassen, Gustav Iv. Adolph, einen sonderbaren Mann. Was er einmal beschlossen hatte, das wollte er auch durchsetzen, berechnete aber nie, ob die Umstände und seine Kräfte es auch zuließen. So fing er (1808) mit seinem Schwager, dem Kaiser Alexander, einen Krieg an, und opferte dabei viele Menschen auf. Damit noch nicht zufrieden, bekriegte er auch den König von Dänemark. Alle Vorstellungen, die man ihm darüber machte, dienten nur dazu, ihn noch hartnäckiger zu machen. Vergebens stellte man ihm vor, daß das Geld zur Fortsetzung des Krieges nicht aufzubringen sei. — Die Unzu- friedenheit wurde immer größer, besonders nachdem er drei Garderegimenter kassirt hatte, weil er glaubte, sie hätten nicht genug ihre Schuldigkeit gethan. Jetzt entstand eine Verschwörung. Das gegen die Dänen stehende Heer brach gegen Stockholm auf. Als der König die Empörung erfuhr, wollte er mit einigen Re- gimentern den Rebellen entgegengehen. Da begaben sich am 13. März 1809 Feldmarschall Klingspor und General Adler- kreuz zu ihm und nahmen ihn gefangen. Sein Oheim, der Herzog Karl von Südermanland, übernahm die Regierung und wurde bald darauf als Karl Xiii. zum König ernannt; der un-

6. Theil 4 - S. 137

1862 - Breslau : Max
Georg Iv. Wilhelm Iv. Sklavenemancipation. 137 und auch die innere Verfassung des Landes, welche neben den größten bürgerlichen Freiheiten eine große Festigkeit des Throns verbürgte, war der Gegenstand allgemeiner Bewunderung. Frei- lich aber war auch in England Manches, was den Blick in die Zukunft mit Besorgniß erfüllen mußte; besonders ist in dieser Beziehung die traurige Lage Irlands zu erwähnen. Die dortige rohe und dem Katholicismus eifrig ergebene Bevölkerung nährt seit alter Zeit einen unaustilgbaren Haß gegen die Engländer, welche sie fast alles Grund und Bodens beraubt haben und deren protestantische Kirche in Irland reiches Besitzthum hat, während die katholische Kirche sich in bitterer Armuth befindet. Vergeblich versuchten die Engländer, den Haß des unterworfenen Volks, welches von den Franzosen bei jeder Gelegenheit noch heimlich aufgereizt wurde, zu versöhnen; nur in geringem Grade gelang dies durch die sogenannte Emancipationsacte, durch welche den Irländern, wie allen Katholiken, der bis dahin verweigerte Zutritt zum englischen Parlament gestattet wurde. Nicht geringe Besorgnisse erregte bei den englischen Staatsmännern auch die immer zunehmende Verarmung eines Theils des englischen Volks. Trotz der großen Handelsvortheile, welche England über alle Nationen errang, und durch welche sich die Kaufmannswelt und die großen Fabrikanten auf beispiellose Weise bereicherten, sank der Mittelstand und der Handwerkerstand durch die Vermehrung der Maschinenthätigkeit in immer größeres Elend, und schon im Jahre 1819 mußte die Regierung Aufstände, welche die armen Arbeiter (Proletarier) erregten, mit Gewalt unterdrücken. Die- selben wiederholten sich jedoch auch später. Der König Georg Iv. erfreute sich nicht eben großer Gunst bei dem englischen Volk; die Achtung vor ihm sank besonders durch einen scandalösen Ehescheidungsproceß gegen seine Gattin Karoline von Braun- schweig, welche zwar durch ihre leichtfertigen Sitten viel Anstoß erregt hatte, aber doch eine gewisse Theilnahme beim Volke genoß. Georg lebte zuletzt in großer Zurückgezogenheit und war ganz menschenscheu geworden. Seine einzige Tochter, die liebens- würdige, geistreiche und allgemein verehrte Prinzeß Charlotte war an den Herzog Leopold von Coburg (den jetzigen König der Belgier) verheirathet; da sie aber jung und ohne Kinder starb, so folgte dem Georg sein Bruder Wilhelm Iv. (1830). Der wichtigste Act seiner Regierung ist der Beschluß der Sklaven - emancipation, an welche der fromme Wilberforce sein ganzes

7. Theil 4 - S. 330

1862 - Breslau : Max
330 Neueste Geschichte. 5. Periode. Geschichte nur selten gesehen hat. Das Herz der Kaiserin schlug allen Unglücklichen, Verlassenen und Verfolgten. Selbst in der langen Zeit, die sie in den letzten zwanzig Jahren ans Kranken- lager geheftet war, blieb ihr Herz allen Bitten offen, wenn die andern Kräfte gelähmt waren. Weniger bekannt als ihre Herzens- gute waren die Vorzüge ihres Geistes und ihrer seltenen Bil- dung. Ein empfänglicher Sinn für Natur, Kunst und Literatur ist ihr durchs ganze Leben hindurch geblieben. Ihr Cabinet schmückten die größten Meisterwerke der frühern und spätern Kunst und sie nahm den innigsten Antheil an allen Erzeugnissen des In- lutb Auslandes. Das letzte Drittheil ihres Lebens war eine nur bisweilen unterbrochene Folge von Krankheit und Schwäche, die indeß weder ihrem Geiste noch ihrem Herzen Eintrag that. Die nothwendigen Reisen in ferne Länder haben jedenfalls ihr Leben verlängert, aber sie für den Aufenthalt an der Newa nicht stärker gemacht. Seit dem 26. September 1860 hat sie das Zimmer nicht wieder verlassen und am l. November des Mor- gens kurz vor 9 Uhr ist sie sanft und ruhig verschieden, nach- dem ihr Sohn aus dem eben zu Warschau zusammengetretenen Congreß durch den Telegraphen an das Sterbebett der Mutter beschieden worden war. Die „russische Verwandtschaft" war der preußischen Politik in früherer Zeit oft zum Vorwurf gemacht worden, indem man der letztern eine zu große Unterordnung unter die Pläne jener nachweisen zu können glaubte; jedenfalls war seit dem Tode des Kaisers Nikolaus das Verhältniß ein anderes geworden, ohne daß darunter die Innigkeit der Familienbeziehungen litt. Preußen und Deutschland. Wir haben oben'die Geschichte Preußens bis zur Abtretung Neuenbürgs fortgeführt. Bald dar- aus traf das königliche Herrscherhaus eine schwere Prüfung, in- dem der König, von Marienbad in Böhmen heimkehrend, plötz- lich am 8. October 1857 Congestionen nach dem Gehirn bekam, welche ihn an Geist und Körper dermaßen schwächten, daß er die Sorgen der Regierung auf seinen Bruder, den Prinzen Wil Helm von Preußen, übertragen mußte (2-1. October). Die Vollmacht war anfänglich auf drei Monate ausgestellt und wurde in der gleichen Weise nochmals wiederholt, bis dem Prinzen am 8. October 1858 die Rechte eines unumschränkten Regenten übertragen wurden. — In der Zwischenzeit hatte sich der Sohn desselben, Friedrich Wilhelm von Preußen, mit

8. Theil 4 - S. 336

1862 - Breslau : Max
336 Neueste Geschichte. 5. Periode. Noch am 2. Januar Vormittags 11 Uhr empfing S. M. der König Wilhelm in Gegenwart S. K. H. des Kronprinzen das Mensch nicht lebt vom Brod allein, sondern von jeglichem Worte Gottes, das aus seinem Munde gegangen. Und wenn das trauernde Königspaar so da saß unter Thränen, wie dort die Gefangenen an den Wassern Babels, und nach Hülfe und Errettung aussah, wenn der König in gebrochenen Lauten seinem Seufzen und Gebete Ausdruck gab, so war das freilich ein Anblick zum Weinen — aber ein Anblick über den Freund war im Himmel. Anfangs war der Glaube, die Hoffnung und das Gebet des Königs auf Genesung, auf völlige Genesung gerichtet. Auf Stunden der Erhebung, des Glaubens im frohen Ge- fühl, folgten dann wieder Stunden der Klage und der Thränen .... Ich komme nun auf die letzte dunkelste Zeit seines schweren Leidens, wo ein Theil seiner Glieder gelähmt wurde und die Sprache mehr und mehr zu versiegen schien. Für den nur äußerlich Vorübergehenden schienen in dieser Zeit die Zeichen geistigen Lebens kaum noch bemerkbar. Aber für den Näherstehenden war sein gei- stiges Leben im Glauben, Hoffnung und Liebe unverkennbar. Wer den stillen sonn- täglichen Gottesdiensten in Sanssouci beigewohnt hat, der wurde ergriffen von der regen Theilnahme des Königs und wie er, so lange das Wort und die freie Bewe- gung der Glieder ihm noch einigermaßen zu Gebote stand, jeden einzelnen Theil des Gottesdienstes mit eigenthümlicher Bezeugung seines Verständnisses und seiner Zustimmung begleitete. Bei der Fürbitte für die Königin, für sein Hans, sein Volk hob er die beiden Hände empor und weinte und stammelte seine Bicte. Was aber am hellsten glänzte auf dem dünkten Grunde seiner Krankheit, das war seine Liebe. Inniger und wahrer kann das Verhältniß nicht aus- gesprochen werden, als es der König selbst in seinem bekannt gewordenen Testa- ment (S. dasselbe weiter unten) ausgesprochen hat. Wenn der König traurig war in seiner Krankheit — die Königin wußte ihn am gewissesten aufzuheitern. Wenn die Königin noch ferne war und Niemand ihre Nähe erkannte, hatte das Ohr des Königs sie schon erkannt und vernahm schon im dritten Zimmer das Rauschen ihres Kleides und horchte, bis sie kam. Wenn Eine ein Wort ans seinem Munde hervorlocken konnte, so war sie es. „„Du hast den ganzen Mor- gen noch kein Wort gesprochen,"" sagte sie einmal zu ihm, „„bist Du müde? traurig?"" — „„Nein, stille bin ich,"" sagte er deutlich und vernehmlich. Seine Seele war stille zu Gott, der ihm hals, und der Eindruck, den er in den letzten Monaten fast immer machte, war der der innern Stille, des Friedens. — Doch noch ein Zug, worin die Liebe des Königs zur Königin aufs Ergrei- fendste sich kund that. Der König hatte schon lange kein Wort mehr gesprochen; es war in der letzten Zeit, die Zunge war wie gebunden. Da, auf einer der letzten Ausfahrten nach dem Bairischen Hause; der König hatte mehrere Stunden fast theilnahmlos da gesessen, und die Königin war im Begriff, vorauszufahren. Noch einmal ging sie zum Könige, um von ihm Abschied zu nehmen. „„Hast Du denn kein Wort, kein Zeichen für mich?"" fragte sie ihn bewegt. Er ant- wortet nicht, wiewohl er eben so bewegt scheint. Auf wiederholte Frage keine Antwort. Schon will die Königin betrübt sich wegwenden. Da war es, als ob er alle seine Kräfte noch einmal zusammennahm, die Muskeln seines Gesichts bewegten sich, er erhob sich vom Stuhle und rief laut und voll und deutlich:

9. Theil 4 - S. 337

1862 - Breslau : Max
Leichenbegängniß. Proclamation. 337 Staatsministerium und nahm die Huldigung und Verpflichtung desselben entgegen. Am 7. fand das Leichenbegängniß des Hochseligen Königs statt, welcher Seinem Wunsche gemäß in der Friedenskirche bei Sanssouci beigesetzt ward.*) Am selben Tage erließ König Wilhelm nachstehende Proclamation: „An mein Volk! König Friedrich Wilhelm Iv. ruht in Gott. Er ist erlöst von den schweren Leiden, die Er mit from- mer Ergebung trug. Unsere Thränen, die in gerechter Trauer fließen, wolle der Herr in Gnaden trocknen, des Entschlafenen gesegnetes Andenken wird in Meinem, in Euren Herzen nicht erlöschen. Niemals hat eines Königs Herz treuer für seines Volkes Wohl geschlagen. Der Geist, in welchem Unsers Hochseligen Va- „„Meine theure, heißgeliebte Frau!"" Es war fast sein letztes, deutlich und voll ausgesprochenes Wort. . . . ." *) Der letzte Wille lautete, wie folgt: „Wie ich bestattet sein will. Wenn Gott der Herr es giebt, daß ich meine irdische Laufbahn in der Heimath endige und wenn, um was ich ihn auf Knien und mit Inbrunst anflehe, die Kö- nigin, meine heiß und innig geliebte Elise, mich überlebt, so soll ihr dieses Blatt, gleich nach meinem Ableben übergeben werden. Was sie irgend daran ändert, soll befolgt werden, als stände es hier geschrieben. Ihr Befehl soll mein Befehl sein. Doch will ich einst an ihrer Seite ruhen, tut selben Grabe, so nahe als möglich. Sobald mein Tod durch die Aerzte bescheinigt ist, will ich, daß man meinen Leib wasche und öffne. Mein Herz soll in ein Verhältniß mäßig großes Herz aus märkischem Granit gelegt und am Eingang der Gruft im Mausoleum zu Char- lottenburg (folglich zu den Füßen meiner königlichen Eltern) in den Fußboden eingemauert und mit ihm bedeckt werden. Meine Ruhestätte soll die Friedens- kirche sein und zwar vor den Stufen, die zum h. Tische führen, zwischen dem Marmorpult und dem Anfang der Sitzplätze, zur Linken (vom Altar zur Rech- ten) der Mittellinie des Kirch-Schiffs, so, daß einst die Königin zu meiner Rech- ten ruht. Der bezeichnete Raum in ganzer Breite von unserm Kirchstuhl bis zum gegenüber gelegenen, so wie der Streifen von da an, zwischen den Sitz- plätzen der Gemeine bis an die Säulen des Orgelchors soll (aus meinen hinter- lassenen Mitteln) einfach, aber harmouirend mit dem h. Tisch und mit Marmor — neu gepflastert werden. Grade über meiner Ruhestätte, flach, ohne Erhöhung über das Pflaster der Kirche, soll ein Obtongum in weißem Marmor (ähnlich den beiden Platten im Mausoleum zu Charlottenburg) angebracht werden, auf welchem in Metall, oben das Monogramm Christi (A P Sl), dann die In- schrift stehen soll: Hier ruhet in Gott, seinem Heilande, in Hoffnung einer seligen Auferstehung und eines gnädigen Gerichtes, allein begründet auf das Verdienst Jesu Christi unsers Allerheiligsten Erlösers und Einigen Lebens: weyland u. s. w." Weltgeschichte für Töchter. Iv. 13. Äufl. 22

10. Theil 4 - S. 35

1862 - Breslau : Max
Aufstand der Vendée. 35 Die Nachricht von der Ermordung des Königs machte nir- gends in Frankreich stärkern Eindruck als in der Vendee, einem elle-même, précédés d’une notice par le Mis de Pastoret. Paris, 1852). Dieselbe schildert den Abschied der königlichen Familie folgendermaßen: Die Familie erfuhr Sonntags den 20. Abends durch die Colporteurs, welche die Nachricht unter deren Fenster ausriefen, wie das Urtheil ausgefallen war, und ein Decret des Convents gestattete den Prinzessinnen, sich zum Könige zu begeben. Sie fanden ihn sehr verändert; er weinte vor Schmerz um sie, nicht aus Furcht vor dem Tode. Er erzählte der Königin den Verlauf des Processes und entschuldigte die Abscheulichen, welche auf seinen Tod drangen. Darauf gab er seinem Sohne fromme Lehren und befahl ihm vornehmlich, seinen Mördern zu verzeihen; worauf er ihm und seiner Tochter seinen Segen ertheilte. Die Königin wünschte sehnlich, daß die gesammte Familie die Nacht über bei Ludwig Xvi. bliebe: er lehnte es aber ab, weil er der Ruhe bedürfe. Darauf bat sie um die Gunst, mindestens am andern Morgen wiederkommen zu dürfen, was er zugestand. Aber als die königliche Familie sich entfernt hatte, ersuchte er die Wachen, dieselbe nicht mehr zu ihm zu lassen, weil dies sein Leiden zu sehr vermehre. Darauf blieb er mit seinem Beichtvater zusammen und ging um Mitternacht zu Bett. Um 5 Uhr Morgens ward er durch Trommelwirbel geweckt. Um 6 Uhr las der Abbé Edgeworth die Messe, während welcher der König das heilige Abendmahl genoß. Um 9 Uhr brach er auf. Während er die Treppe hinabstieg, übergab er einem Mnnicipalbeamten sein Testament, sowie eine Summe Geldes, welche ihm Malesberbes gebracht hatte, mit der Bitte, es ihm zurückzuerstatten, was indeß nicht geschah. Dem Schließer, welchen er am Abend vorher etwas barsch angelassen hatte, sagte er: ,Mathieu, es thut mir leid, Sie beleidigt zu haben." Am Morgen dieses schrecklichen Tages standen die Prinzessinnen um 6 Uhr auf. Die Königin hatte am Abend vorher kaum die Kraft gehabt, ihren Sohn zu entkleiden und zu Bett 'zu bringen. Sie selbst warf sich angekleidet aufs Bett, wo sie vor Schmerz und Kälte zitterte. Um 6'/» Uhr öffnete man die Thüre, um ein Buch für die Messe des Königs zu holen. Die Prinzessinnen hofften, man würde sie hinablassen, bis das Frendengeschrei des entarteten Pöbels sie belehrte, daß das Verbrechen vollendet sei. Nachmittags verlangte die Kö- nigin nach Clery, welcher bis zum letzten Athemzuge des Königs in dessen Nähe geblieben war und vielleicht Aufträge für sie hatte. Die beiden andern Prin- zessinnen wünschten ihr diese Erschütterung, um sie von der Erstarrung zu er- lösen, in welcher sie sich befand. Die Wächter sagten, daß Clery sich in einem entsetzlichen Zustande befinde, und in Verzweiflung darüber wäre, weil man ihin verweigere, die Prinzessinnen zu besuchen. Die Königin verlangte hierauf von den Commissaren, ihre Bitte dem Generalrath vorzutragen und ihr auch Trauerkleider zu gewähren. Die Gefangenen wurden jetzt minder streng gehalten und die Wächter glaub- ten, man werde sie in Freiheit setzen. Aber urchts konnte die Seetenpein der Königin beruhigen, kein Hoffnungsstrahl drang in ihr Herz; das Leben war ihr gleichgültig und der Tod hatte feine Schrecken für sie. Sie betrachtete 3*
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