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Einleitung.
der Ostsee. Ihr Name heißt Rügen, und noch
wird Germanisch in ihr gesprochen. Ein anderes
Geschlecht und ein anderer Gott haben die alten
verdrängt, aber die unsterbliche Sag» bleibt lebendig.
N Doch zeigt der Eingeborne dem Fremdling den heilt-
gen Hain, wo einst freudige und freie Menschen sich
zum Frühlingsfest der Mutter Erde versammelten,
und der Priester mit dem Wagen den fröhlichen
Umgang hielt. Noch ruht der Herthasee mit seinen
tiefen Wassern, zirkelrund, von moostgen Hügeln
umschlossen, und von dunkeln Buchen beschattet; hei-
lige Schauer wehen um ihn, stille Füße umwandeln
ihn: nur das Geläut der Heerden oder eine Ente
oder ein Taucher, der aus den Binsen aufrauscht,
stören die feierliche Stille. An seinem nördlichen
Ende liegt mit seinen hohen Wällen die Burg mit
dem Eingänge, wo das Bild der Göttin verehrt
ward; auch ste jetzt mit Binsen bewachsen; umge-
stürzte Altäre und Opfersteine erinnern an frühere
Zeiten; tausend Schritte davon das offene Meer,
und die Schiffe, und die herrliche Stubbenkammer,
und der Königsstuhl mit feinen erhabenen Pfeilern."
Seinen Ursprung leitete das Volk gleichfalls von
den Göttern her. Der Gott Teut oder Tuiskon
(welches Stärke bedeutet) hatte einen Sohn, Mau,
der war der Stammvater des Volkes; von ihm be-
nannte dasselbe alle seine männlichen Nachkommen.
Auch auf Weissagungen und Vorbedeutungen
hielten ste viel, wie schon des Wieherns der heiligen
Sonnenpferde gedacht ist. Wenn ste einen Krieg
hatten, so nahmen sie oft von dem feindlichen Volke
einen Gefangenen und ließen ihn mit einem von
ihren Landsleuten, jeden mit seinen vaterländischen
Waffen, einen Zweikampf halten; der Sieg des eine»
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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Einleitung.
\i.
Die alten Teutschen verehrten, gleich den Persern,
Sonne und Feuer; als obersten Gott aber den
Wodan (Guodan, den Goden, Guten, Gott). Sie
nannten ihn auch mit einem schönen Namen Allva-
ter. — Der Sonne hielten sie in den heiligen Hai-
nen weiße Pferde, welche, vor den geweihten Wa.
gen gespannt, von dem Priester oder dem Fürsten,
geführt wurden. Diese achteten sorgfältig auf ihr
Wiehern, denn das galt ihnen, wie gleichfalls den
Persern, als eine Vorbedeutung der Zukunft.
Als die wohlthatrgste Göttin verehrten sie die
Mutter Erde; sie nannten sie Hertha, und von
ihrer Verehrung wird uns Folgendes erzählt: „Es
war auf einer Insel im Meere ein heiliger Hain,
und in demselben ein geweihter, mit Teppichen be-
deckter Wagen. Bisweilen, (das merkten die Prie-
ster), stieg dre Göttin von den heiligen Wohnungen
herab; dann fuhr der Wagen, mit geweihten Kühen
bespannt, vom Priester in tiefster Ehrfurcht begleitet.
Dann waren die Tage fröhlich, die Orte festlich, die
sie ihrer Gegenwart würdigte; dann zogen sie in kei-
nen Krieg, ergriffen keine Waffen, verschlossen ruhte
alles Eisen; man kannte nur Friede und Ruhe, und
liebte sie allein, bis der Priester die, des Umgangs
der Sterblichen gesättigte, Göttin in den Tempel
zurückführte. Darauf wurde der Magen unl> Teppich,
und, wenn man cs glauben will, die Göttin selbst in
einem geheimnißvollen See gebadet; Sklaven verrich-
teten den Dienst, die sogleich derselbe See verschlang.
Daher ein geheimes Grauen und eine heilige Un-
wissenheit, was das seyn möge, das nur, die sterben
mußten, erblickten."
„Jene Insel des heiligen Haines steht noch im
Meere, (erzählt ein Jetziger), das lieblichste Eiland
Kohlr. T- G- ir T b- 2te Aull. (2)
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58 Ein! e i t r« n g.
W Wy Yyy. V Y.: Y W Wiw Ivuulvulhlili W Vuvu lllhl't \ \ Yy.-V
Von den lygischen Völkerschaften nennt Tacitns die Arier, Hel-
veconen, Manimer, Elysier und Naharvalen; auch seine Bari er,
die er nicht zum lygischen Vereine rechnet, gehörten wahrscheinlich
dazu. Sie wohnten an den Oder- und Weichsel-Quellen. Die
Arier schildert Tacitns als die mächtigsten, aber wildesten der
Lygier. Sie färbten ihre Schilde schwarz, bemahlten den Leib und
wählten dunkle Nächte zu ihren Schlachten, und erregten durch
den furchtbaren, gleichsam höllischen Anblick des leichenhaften Hee-
res Schrecken bei den Feinden.
Bei den Naharvalen war ein heiliger Hain, in welchem
ein jugendliches Zwillingspaar, mit Castor und Polux zu verglei-
chen, unter dem Namen Alcis verehrt und von einem Priester in
weiblicher Kleidung bedient wurde. Name und Gottesdienst erin-
nern an slavischen Ursprung.
Durch das Gebiet der Elysier, die wahrscheinlich in Schlesien
gewohnt und dem Fürstenthum Oels den Namen gegeben haben,
ging gewiß eine römische Handelsstraße, was die vielen römischen
Münzen beweisen, die man daselbst in der Erde gefunden hat und
noch findet.
In dem großen lygischen Gebiete giebt Ptolemaus viele Städte-
Namen an, unter andern: Budorgis, wahrscheinlich Ratibor, Ly-
gidunum, Liegnitz, Calisia, Kalisch, u. a.
10. Die Gothen. Tacitns, der nur Sueven und Nicht-
Sueven unter den deutschen Völkern kennt, rechnet auch dieses Volk,
welches er Gothonen nennt, zu den Sueven; Plinius dagegen, der
eine fünffache Stamm-Eintheilung macht, zu dem Stamme der
Windiler, das ist der wandalische Stamm. Daß die Völker dieses
Stammes sämmtlich im äußersten Osten des alten Germaniens
wohnten, darin stimmen diese, wie die übrigen Schriftsteller, welche
die Namen derselben nennen, überein. Die spätere Geschichte findet
mehrere dieser Völker ebenfalls in Vereinigung, oder doch in gleichen
Richtungen und Bestrebungen; sie sind es, welche dem Koloß des
römischen Reiches den Hauptstoß versetzen. Wenn daher auch über
so dunkle Verhältnisse, für deren Beleuchtung das Licht der Ge-
schichte fehlt, nichts Bestimmtes ausgesagt werden kann, so wird
es doch auch nicht verwerflich, vielmehr zur leichtern Uebersicht des
bunten Gemisches förderlich seyn, wenn wir diese Völker, als
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40 (Sin leitun g,
‘t\i\\v\v\’\\v\va\V'vvv\vv\v\\\vimv\ii\t\v\vviv\n\\\vv\vv\vi\vv\\t\v
Die alten Deutschen verehrten gleich den Persern, Sonne,
und Feuer; als obersten Gott aber den Wodan (Guodan den
Goden, Guten, Gott). Sie nannten ihn auch mit einem schönen
Namen Allvater. — Der Sonne hielten sie in den heiligen Hai-
nen weiße Pferde, welche vor den geweihten Wagen gespannt, von
dem Priester oder dem Fürsten geführt wurden. Diese achteten
sorgfältig auf ihr Wiehern, denn das galt ihnen, wie gleichfalls
den Persern, #) als eine Vorbedeutung der Ankunft und als ein
Zeichen des Willens der Gottheit.
Als die wohltätigste Göttin verehrten sie die Mutter Erde;
sie nannten sie Hertha, '^) und von ihrer Verehrung wird nns
folgendes erzählt: „Es war auf einer Insel im Meere ein heili-
ger Hain, und in demselben ein geweihter mit Teppichen bedeckter
Wagen. Bisweilen, (das merkten die Priester), stieg die Göttin
von den heiligen Wohnungen herab, dann fuhr der Wagen mit ge-
weihten Kühen bespannt, vom Priester in tiefster Ehrfurcht beglei-
tet. Dann waren die Tage fröhlich, die Orte festlich, die sie ihrer
Gegenwart würdigte, dann zogen sie Ln keinen Krieg, ergriffen keine
Waffen, verschlossen ruhte alles Eisen; man kannte nur Friede und
Ruhe, und liebte sie allein, bis der Priester die, des Umgangs der
Sterblichen gesättigte, Göttin in den Tempel zurückführte. Dar-
auf wurde der Wagen und Teppich, und, wenn man es glauben
will, die Göttin selbst in einem geheimnißvollen See gebadet;
Sklaven verrichteten den Dienst, die sogleich derselbe See verschlang.
Daher ein geheimes Grauen und eine heilige Unwissenheit, was
das sein möge, das nur, die sterben mußten, erblickten."
„Jene Insel des heiligen Haines steht noch im Meere, (erzählt
ein Jetziger), das lieblichste Eiland der Ostsee. Ihr Name heißt
Rügen, und noch wird Germanisch in ihr gesprochen. Ein an-
deres Geschlecht und ein anderer Gott haben die alten verdrängt,
aber die unsterbliche Sage bleibt lebendig. Noch zeigt der Einge-
*) Man denke an die Wahl des Darkus Hysstaspis.
**) Tacit, Germ Xl. Die Lesart Hertha ist zwar nur eine Con-
jcctur, und Herthus oder gar Nerthus die ursprüngliche; allein die
Beschreibung der Gottheit und ihres Dienstes weiset deutlich auf die ge-
nannte Göttin hin.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
Einleitung. 41
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borne dem Fremdling den heiligen Hain, wo einst freudige und
freie Menfchen sich zum Frühlingsfeste der Mutter Erde versam-
melten, und der Priester mit dem Wagen den fröhlichen Umgang
hielt. Noch ruht der Herthasee mit seinen tiefen Wassern, zirkel-
rund, von moosigen Hügeln umschlossen, und von dunkeln Buchen
beschattet; heilige Schauer wehen um ihn, stille Füße umwandlen
ihn: nur das Geläut der Heerden oder eine Ente oder ein Taucher,
der aus den Binsen aufrauscht, stören die feierliche Stille. An
seinem nördlichen Ende liegt mit ihren hohen Wallen die Burg
mit dem Eingänge, wo das Bild der Göttin verehrt ward, auch sie
ist jetzt mit Binsen bewachsen; umgestürzte Altäre und Opfersteine
erinnern an frühere Zeiten: tausend Schritte davon das offene Meer,
und die Schiffe, und die herrliche Stubbenkammer, und der Kö-
nigsstuhl mit seinen erhabenen Pfeilern." —
Auf Weissagungen und Vorbedeutungen hielten dle Deutschen
viel, wie schon des Wieherns der heiligen Sonnen-Pferde gedacht
ist. Wenn sie einen Krieg hatten, so nahmen sie oft von dem
feindlichen Volke einen Gefangenen und ließen ihn mit einem von
ihren Landsleuten, jeden mit seinen vaterländischen Waffen einen
Zweikampf halten; der Sieg des einen oder des andern wurde
als eine Vorbedeutung oder als ein Gottesgericht angenommen. —
Der Rabe und die Eule waren ihnen unglückbriugende Vögel; der
Kukuk verkündete die Lebensdauer. Auch mit Stäben, aus dem
Zweige eines Fruchtbaums geschnitten, deuteten sie die Zukunft,
indem besondere Zeichen, (Runen) auf jedes Stäbchen geschnitten
und diese dann auf ein weißes Gewand gestreut wurden. Daun
betete, bei öffentlichen Angelegenheiten der Priester, bei Privat-
sachen der Hausvater, zur Gottheit und nahm, mit aufgehobenen
Augen, dreimal einzelne Stäbe, aus deren Zeichen die Deutung
geschah.
Sehr hoch wurden heilige Seherinnen geehrt, deren einige die
Geschichte nennt, welchen der Glaube der Völker einen großen Ein-
fluß auf die öffentlichen Beschlüsse einräumte. Tacitus nennt eine
Aurinia, (vielleicht Alruna, mit dem Geheimniß der Runenzei-
chen vertraut), dann die berühmte Weleda, welche an den Ufern
der Lippe von einem Thurme die Völker des Nieder-Rheins leite-
te; endlich eine Ganna zu den Zeiten Domitians. Auch bei dem
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
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