Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Auswahl erdkundlicher Charakterbilder - S. 161

1907 - Münster i.W. : Aschendorff
Konstantinopel. 161 die dunkeln Blutkammern und Turmverließe erzählen noch von den zahlreichen Morden, welche diese Wände mit Blut bespritzten, von den unglücklichen abgesetzten Sultanen, in Ungnade gefallenen Paschas und Vezieren, brutal eingekerkerten Gesandten fremder Mächte, welche hier schmachteten. Aber noch hält der finstere Bau die Verbindung aufrecht zwischen der Seemauer und Land- mauer oder vielmehr den Trümmern beider. Von hier läuft die Befestigungslinie quer über den Rücken der Halbinsel hinüber nach dem Goldenen Horn. Nur durch Risse und Breschen unterbrochen, zieht die Ruinenpro- Zession weiter über Höhen und Täler hinüber; 6670 111 lang war der Lauf der zwei parallelen Mauern; über 100 Türme verstärkten die äußere und ebensoviel die innere Mauer. 30 Tore vermittelten den Verkehr zwi- schen Stadt und Land; ein jetzt zugeschütteter Wasser- grabeu wehrte die Annäherung von der Landseite her. Erdbeben und entsetzliche Belagerungen haben diesem Riesenwerk der Befestigungskunst hart zugesetzt. Efeu überrankt jetzt mitleidig die kolossalen Trümmer, dunkle Zypressen scheinen mit ihnen zu trauern, starke Platanen sie schützen zu wollen; allerlei Bettelvolk hat sich in ihrem Gemäuer eingenistet. Nicht bloß an der Peripherie, auch im Innern Stambuls ragen noch vereinzelte Ruinen auf wie Glie- derstümpfe, wie Mumienarme eines Riesenleichnams, namentlich auf dem Atmeidan, dem Platze des alten Hippodroms (Rennbahn), in der Nähe der Sophienkirche. Es sind im ganzen sehr elende Quartiere, welche von diesen Ruinen garniert und durchwoben werden. Eine Bevölkerung von 400 000 Menschen ist in Stambul zu- sammengepfercht, meist in jämmerlichen Steinhäusern und Holzbaracken, welche fortwährend vom Brand heim- gesucht werden, durch welcke mit Mühe schnmtzüberzogene Gassen und halsbrecherisch gepflasterte Straßen sich durch- winden. Man weiß nicht, ob man den türkischen Quar- tieren oder den armenischen oder dem jüdischen Viertel Lennarz, Erdkundliche Charakterbilder.

2. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 382

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
382 schöner Gestalt war er freundlich, doch würdevoll, und seine ganze Haltung zeigte den Herrscher. Die Geschichte nennt ihn von seinem rötlichen Barte Friedrich Barbarossa, d. i. Rotbart. Er ließ sich im Jahre 1156 in Pavia zum König der Lombardei und in Rom zum Kaiser krönen. Zwei Jahre später zog er abermals nach Italien, um das stolze Mailand zu züchtigen, wo man im Übermute ein kaiser- liches Schreiben mit Füßen getreten hatte. Als diese Stadt sich bald nachher von neuem empörte, eroberte er sie nach verzweifelter Gegenwehr, ließ sie von Grund ans zerstören und Salz ans die Trümmer streuen. Indessen wurden die italienischen Städte durch seine Statthalter hart gedrückt, und er selbst wollte im Herrscherübermnt den rechtmäßigen Papst Alexander Iii. nicht anerkennen. Dies führte zu einem großen Bündnis gegen ihn, infolge dessen er, un- geachtet der heldenmiitigsten Tapferkeit, aufs Haupt geschla- gen wurde und sich mit dem Papste aussöhnte. Rach Deutsch- land zurückgekehrt, ließ er den ungehorsamen Heinrich den Löwen, Herzog von Baiern und Sachsen, seine schwere Hand fühlen und machte seinen Namen bei allen Basallen geachtet und gefürchtet. Indessen war es im Jahre 1187 dem Sultan Saladin durch die Uneinigkeit der Christen gelungen, Jerusalem wie- der zu erobern. Als die Rachricht zu Friedrichs Ohren drang, beschloß er, obwohl bereits zum 67. Lebensjahre vorgerückt, seine großen Thaten durch einen heiligen Kreuz- zug zu krönen, und brach mit einem Heere von 150 000 Streitern durch Ungarn und das griechische Kaiserreich nach dem Morgenlande ans. Die treulosen Griechen verderbten die Wege, verrammelten die Pässe, vergifteten Mehl und Wein: ja der griechische Patriarch predigte laut den Tod der Kreuzfahrer. Aber Kaiser Friedrich stürmte die Pässe und drang gegen Konstantinepel vor. Da fügten sich die Griechen und lieferten Schiffe und Lebensmittel. Sieben Tage lang dauerte das Überschiffen des kaiserlichen Heeres nach Kleinasien rifun ging der Zug rasch vorwärts. Bald aber kamen sie in wüste, wasserlose Gegenden; es brach ein solcher Mangel ein, daß man sogar Pferdefleisch aß und

3. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 385

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
385 Der Held bedacht' sich nicht zu lang: „Die Streiche sind bei uns iin Schwang, Sie sind bekannt im ganzen Reiche; Man nennt sie halt nur Schwabenstreiche." 14 Die Krenzzüge. Schon seit den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche wallfahrteten viele Christen in das gelobte Land, um an der Stätte, wo der Heiland gelebt und gelitten hatte, ihre Andacht zu verrichten oder für begangene Sünden Buße zu thun. Die Muhamedaner, welche die heiligen Orte inne hatten, behan- delten die christlichen Bewohner sehr grausam, p agten die frommen Pilger und forderten schwere Abgaben von ihnen. Ein Einsiedler, Peter von Amiens, sah auf seiner Wallfahrt 1093 die schrecklichen Bedrückungen der Christen und hörte mit Rlihrung die wehmütigen Klagen des frommen Pa- triarchen Simeon von Jerusalem. ..Ich sende dich," sprach dieser zuletzt zu ihm, „als Abgesandten des Kirchensprengels von Jerusalenl an die Christen im Abendlande, daß du von ihnen Erbarmen und Hülfe für ihre unglücklichen Brüder im Morgenlande erflehen mögest." Peter übernahm gern diesen Auftrag und hatte, da er in der Auserstehungskirche für das Gelingen seines Vorhabens inbrünstig flehete, eine himmlische Erscheinung; er vernahm aus dem Munde des Erlösers den Ruf zur Rettung der Christen. Peter eilte nun nach Rom, setzte den Papst Urban von allem in Kenntnis, und dieser gebot ihm, überall umher zu reisen und zu predigen von den Leiden, welchen die Christen im Morgenlande ausgesetzt waren. Der Papst selbst hielt zu Clermont im Jahre 1095 eine Kirchen- versammlung, bei welcher sich auch weltliche Fürsten und Herren in großer Anzahl einfanden; hier forderte er in einer fo begeisterten Rede die Abendländer zu einem Kreuzzuge gegen die Muhamedaner auf, daß alle Anwesenden einstimmig ausriefen: „Gott will esl" Sie erbaten sich sogleich den Segen des heiligen Vaters zu ihrem frommen und helden- mütigen Unternehmen und hefteten zum Zeichen ihres Ent- schlusses ein rotes Kreuz auf die rechte Schulter. Die von Clermont Zurückkehrenden forderten nun überall ihre Freunde und Bekannten auf, teil zu nehmen an dem Zuge gegen die Ungläubigen; fo entstand eine ungeheure Bewegung im Volke. Teils aus Andacht und Liebe zum Heilande, teils aus Neu- gierde und Gewinnsucht, teils aus Kampfbegierde und Ver- änderungslust eilten ohne Unterschied des Standes, Alters und Geschlechtes ganze Scharen aus Frankreich, Italien und Lesebuch für Ober-Klassen. 25

4. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 388

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
388 thränen an der ehrwürdigen Stätte, beichteten reumütig und gelobten Besserung. Nach einigen Tagen wühlten die Fürsten den edlen Gottfried von Bouillon einstimmig zum Könige von Jerusalem; er weigerte sich aber, sich mit einer goldenen Krone schmücken zu lassen an dem Orte, wo der Herr des Hinunels und der Erde eine Dornenkrone getragen hatte, und nannte sich nie anders, als Herzog Gottfried. Das neue Königreich wurde durch einen großen Sieg bei Askalon be- festigt, unter Balduin I. und Ii. noch vergrößert, aber gar bald von allen Seiten durch die übermächtigen Muhamedancr bedroht. Zur Erhaltung des eroberten Staates wurde durch den deutschen Kaiser Konrad und durch Ludwig Vii., König von Frankreich, ein zweiter, durch Kaiser Friedrich 1., König Philipp von Frankreich und den heldenmütigen Richard Löwen- herz von England ein dritter, durch Deutsche, Franzosen, Niederländer und Venetianer ein vierter, durch den deutschen Kaiser Friedrich Ii. ein fünfter, durch Ludwig den Heiligen von Frankreich ein sechster und siebenter Hauptkreuzzug unter- nommen, der kleineren Unternehmungen nicht zu gedenken, die fast erfolglos waren. So rotteten sich im Jahre 1212 über 30 000 Kinder aus Frankreich und Deutschland zusammen, um das heilige Grab zu beschützen; sie kamen aber größtenteils uur bis an die Küsten des mittelländischen Bteeres, wo sie zerstreut wurden. Viele derjenigen, welche sich einschifften, starben bei einem Schiffbruche auf dem Meere, und die übrigen wurden nach Afrika in die Sklaverei verkauft. Ungeachtet dieser wiederholten Züge, die zusammen einer Völkerwanderung aus Europa nach Asien glichen, vermochte das Königreich Jerusalem der Übermacht der seldschuckischen Türken nicht zu widerstehen, und der Sultan Saladin eroberte 1187 Jerusalenr wieder. Zwar behaupteten sich die Christen noch in einzelnen Gegenden des Landes, doch als 1291 auch die Stadt Ptolomais in die Hände der Sarazenen fiel, ver- ließ der Überrest der Europäer völlig das Land. Nicht ge- rade der Eifer, aber die ursprüngliche heilige Begeisterung er- losch, und mit ihr die Eintracht unter den christlichen Völkern. Später wurde es bei überhand nehmenden Unruhen in Europa den Päpsten nicht mehr möglich, auch nur einen fürstlichen Arm für die Befreiung Jerusalems zu bewaffnen. Auch wurden die Abendländer in ihren Unternehmungen gar sehr von den mißtrauischen Griechen aufgehalten, die nicht nur keinen kräftigen Beistand leisteten, sondern sogar gegen ihre christlichen Brüder mit den Muhamedanern Bündnisse schlossen, was sich freilich ungefähr zweihundert Jahre später in der Eroberung Konstantinopels blutig gerächt hat.

5. Aus allen Erdteilen - S. 420

1887 - Münster i.W. : Schöningh
420 Asien. 19. Die Beduinen Palästinas. R. Rainpendahl. Die Beduinen sind unter allen Mohammedanern am wenigsten von den Übeln Vorschriften und Gesetzen ihres Propheten beeinflußt worden, haben aber dagegen die Lichtseiten der Gesetzgebung Mohammeds am besten bewahrt, und ihnen werden die schönsten Züge der Dankbarkeit, der Gastfreuudschast und der Offenheit nachgewiesen. Übrigens habe ich in dem äußeren Religionsverhalten und in ihrer Glaubensweise wenig Abweichungen von denen der andern Moslemiten gefunden. Sie verrichten zu den verschiedenen Tageszeiten mit nack Mekka') gerichtetem Antlitz ihr Gebet, wobei ihnen ihr dichter, ans Ka- melhaar gewebter Mantel den vorgeschriebenen Teppich ersetzt, und seiern den Ramadan und das Beiramsfest nachts mit übermäßigem Essen und Trinken und tags mit Fasten. Abends, während des Festmonats, sowie das letzte Stück des leuchtenden Sonnenrandes verschwunden ist, schlürft der Beduine aus dem schon bereitstehenden Kruge einiges Wasser, spült den Mund aus und trinkt. Dann probiert er den unvermeidlichen Tschi- buk (Tabakspfeife) und begiebt sich bald darauf zum Mahle, um nun, ab- wechselnd mit Essen und Schlafen, Kräfte zu sammeln für den andern Fastentag. Allgemein verbreitet ist der Glaube, daß Seelen Hingeschiedener in Tieren, vorzugsweise Huuden, wohnen müßten. Sie füttern daher Hunde ab und zu, hauptsächlich kranke, und gewähren ihnen selbst oberflächliche Pflege, daher findet man auch immer den unschönen arabischen Hund in Beduinenlagern. Bor allem, was an den Tod erinnert, haben sie große Scheu und meiden viele Plätze im Lande ganz, an welche sich Geschichten von über- irdischen schlechten Wesen knüpfen. Stirbt einer von ihnen, so wird der Tote, der in ein weißes Tuch gehüllt worden, unter dem Absingen einiger Gebete und dein rhythmischen Hersagen einer und derselben Forinel zu Grabe getragen. Oft ist das Grab keine zwanzig Schritte vom Sterbe- platze entfernt. In der Grube sind drei Steine so aufgerichtet, daß der Kopf des Verstorbenen unter denselben liegen kann und die hinabge- worsene Erde das Gesicht frei läßt. Das Grab wird mit großen Steinen gefüllt und die Erde festgestampft, um Hyänen und Schakale am Aus- scharren der Leiche zu hindern. 1) Die religiöse Hauptstadt dermohammedaner, in der arabischen Landschaft Hedschas. 2) Der 9 Monat des mohammedanischen Mondjahres, 29tägige Fasten. (Vergl. den Aufsatz S. 14b.) Gleich danach wird der große Beiram und 70 Tage später der kleine Beiram gefeiert.

6. Aus allen Erdteilen - S. 433

1887 - Münster i.W. : Schöningh
Schweiger-Lerchenfeld: Smyrna. 433 die Scharen christlicher, zumal griechischer Pilger hierher, im heiligen Flusse zu baden. Geweiht ist er ja wahrlich durch die Erinnerung an Johannes den Täufer und an den Erlöser, der sich hier von ihm taufen ließ, und so sehr die eigentümliche Natur rings umher und die unge- wohnliche romantische Art des Reisens in diesen Gegenden zerstreut, so sammelt man geru immer wieder seine Gedaukeu um das Andenken dessen, der dies ganze Land aller Welt wert gemacht hat. Den Griechen ist das Bad im Jordan ein Akt religiöser Bedeutung, ohne dessen Vollzug eine Pilgerfahrt nach dem heiligen Lande ihres rechten Abschlusses eut- behreu würde. Verschwunden sind die Marmorquais, die im sechsten Jahrhundert die Badestätte der christlichen Wallfahrer auszeichneten; nicht mehr ragt das große Kreuz mitten im Strome auf. Aber auch jetzt fegneu die Priester das Wasser ein, ziehen die Pilger in weißen Gewän- dern, die sie dann als zukünftige Sterbekleider aufheben, scharenweife in den Fluß hinein und lassen sich von den Popen (griechischen Geistlichen) dreimal untertanchen. Mit den griechischen Christen gemeinsam machen diese Wallfahrt zum Jordan katholische Armenier aus Kleinafien, Kopten aus dem Nillande, auch Marouiten vom Libanon und andere Mitglieder der römischen Kirche aus allen Weltgegenden. Viele füllen sich Krüge mit dem Wasser des Flusses, um es in ihre ferne Heimat mitzunehmen. In langem Zuge geht's dann unter frommen Gefangen wieder nach Jerusalem zurück. Zur Seite der Pilgerschar führen die zu ihrem Schutze mitgesandten Bedninen allerlei Reiterstücke und Kampffpiele auf, froh des großen Gewinnes, den ihnen diese Wallfahrt einbringt. In früheren Zeiten spielten ihre Vorfahren den Pilgern oft übel mit; mehr wie Ge- fangene denn wie Schützlinge trieben sie die Schar zum Jordan hin und wieder zurück und erpreßten mit List und Gewalt immer neue Zugaben zu dem hohen Tribut, der ihnen schon bezahlt worden war. Der Rückweg zu unserem Lager führte uns geradeaus westlich. Sil- berne Strahlen sandte der Vollmond, der hoch über dem Toten Meere stand, auf die grüne Oase von Jericho herab, als wir durch sie hindurch unseru Zelten zueilten. Hinter uns kläfften die Hunde des elenden Dorfes. Von der Elifaquelle aber leuchtete uus ein freundliches Feuer entgegen, und bald saßen wir guter Dinge im traulichen Zelte beim Mahle. 21. S m \) x n a. A. Freiherr von Schweiger-Lerchenfeld. Unter den levantinischen Küstenstädten hat Smyrna, einst die „Perle Jouiens", noch lange nicht die Würdigung gesunden, die das „östliche Neapel" zweifellos verdient. Und dennoch hat diese Stadt ihre land- Aus allen Erdteilen. 28

7. Aus allen Erdteilen - S. 564

1887 - Münster i.W. : Schöningh
564 Europa. und Schönes zu bewundern; freilich mußten wir oft genug lange sitzen und allerlei unbedeutende und schlechte Dinge betrachten, ehe die Kauf- lente sich entschlossen, ihre wirklich guten Waren zum Vorschein zu bringen; dann aber, nachdem die Thür sorgfältig verrammelt und der- schlössen war, kamen wahre Schätze ans Tageslicht. Wundervolle Sticke- reien, vier- fünf- und achthundert Jahre alt, Gebetteppiche mit Seiden-, Gold- und Perlenstickerei, kostbare persische Emaillen und reich verzierte Pfeifen, prachtvolle kupferne Lampen, deren zarte durchbrochene Arbeit, von Türkifen eingefaßt, die sonderbarsten Menschen- und Tiergestalten schmückten, vergoldete und versilberte Kaffeeservice, mit Korallen und den herrlichsten Steinen besetzte Schnallen, wertvolle Pistolen, Gewehre, Messer und Dolche, seltenes orientalisches Porzellan, kurz, die schönsten und merkwürdigsten Dinge wurden uns vorgelegt. Dann nahmen wir die unter einer Kuppel, inmitten eines Gartens gelegene Grabstätte der Sultane in Augenschein. In der Mitte des mit prachtvollen Teppichen belegten Raumes erhebt sich das vou einem Wim- dervollen Gitter aus Perlmutter umschlossene Grab des letztverstorbenen Sultans, und rings um dasselbe befinden sich die Ruhestätten seiner Angehörigen. Kostbare Brokatstoffe und Shawls bedecken die Gräber, neben welchen, auf reich eingelegten Betpulten, prächtig ausgestattete Exemplare des Korans aufgeschlagen liegen. Dicht dabei sind die Neffen des verstorbenen Sultans, die Söhne seiner Schwester, begraben. Unter den Moscheeen nimmt die ehemalige St. Sophienkirche den ersten Rang ein, doch ist das Gebäude vou außen lange nicht so schön, wie von innen. Eine ungeheure Kuppel, die größte der Welt, ruht auf wundervoll ausgeführten Bogen; Reihen großer Hängelampen umgeben den, den Mittelpunkt bildenden freien Raum und laffen die nnbeschreib- lich großartigen Verhältnisse desselben deutlich erkennen. Wohin das Auge blickt, gewahrt mau die herrlichsten Mosaiken und die prachtvollsten farbigen Ziegel. Die Säulen der Bogen sind wunderbar schön, einige derselben, aus grünem Jaspis, stammen aus dem Tempel der Diana von Ephesns, andere aus Porphyr wurden aus dem Sonnentempel zu Baalbek hierher gebracht. Die Sophienmoschee ist diejenige, welche der Sultan gewöhnlich, die Moschee von Achmedjeh diejenige, welche er bei besonderen Gelegenheiten, so z. B. am Beiramseste, besucht. Diese Moschee ist ein sehr schönes Gebäude, die Kuppel ähnlich der der erstgenannten, aber weniger reich an Verzierungen; die Kanzel ist eine genaue Nachbildung der in Mekka befindlichen. Die Zahl der Minarets bei den einzelnen Moscheeen ist sehr verschieden, die Moschee von Achmedjeh hat deren sechs, die Sophienkirche vier und die Moschee in Mekka sieben. Einen merkwür- digen Anblick gewährt die Taubenmoschee, so genannt, weil Tausende dieser heiligen Vögel die Höfe bevölkern und die Dächer bedecken. Während

8. Aus allen Erdteilen - S. 566

1887 - Münster i.W. : Schöningh
566 Europa. spät, die Gläubigen fingen an, sich in dem Gotteshaus einzufinden, und wir zogen uns zurück, da man uns darauf aufmerksam gemacht hatte, daß es während des Ramadan nicht rätlich sei, zur Zeit des Gebetes in der Moschee zu bleiben. Die frommen Moslems meinen, ihrem Pro- pheten in besonders wohlgefälliger Weise zu dienen, wenn sie jede Ge- legenheit wahrnehmen, einen Gianr (Nicht-Mohammedaner) zu beleidigen. Während wir uns noch in der Moschee aufhielten, wurde uns die Erlaubnis zur Besichtigung der Schatzkammer überbracht, und fo fuhren wir dorthin. Das Gebäude befindet sich in dem Hofe des alten Serails, das vor einigen Jahren niederbrannte, bei welcher Gelegenheit der reiche Schatz nur mit vieler Mühe gerettet wurde. Das erste, was wir beim Eintritt erblickten, war ein prachtvoller Thron aus Email, mit Rubinen, Perlen und Brillanten besetzt. Rings an den Wänden des Gemaches standen Kisten voll von fammeten, mit Gold gestickten und mit edlen Steinen bedeckten Gebetteppichen. Auch Gewehre, Dolche und Schwerter mit Edelsteinen von unschätzbarem Wert, mit Saphiren von der Größe eines Hühnereies und Rubinen von der Größe eines Taubeneies besetzt, sahen wir hier in reicher Anzahl, ebenso ungeheure Schalen, angefüllt mit ungefaßten Türkisen, Korallen, Achaten, Aquamarins, Topasen und Bernsteinperlen von der allerreinsten Sorte. Ein Behälter enthielt die herrlichsten Achat-, Krystall- und Jadevasen, und in den oberen Räumen waren die kostbarsten, reich mit Gold, Korallen und edlen Steinen ver- zierten Sattelgeräte aufgestapelt. Das größte Wunderwerk war jedoch eiu mit Diamanten und Rubinen besetzter Toilettentisch. Ungemein große Brillanten schmückten die den Spiegel stützenden Säulen, der Rahmen des Spiegels selbst war eine einzige Masse von Brillanten und Rubinen, und die deu Tisch umgebende, drei bis vier Zoll lange Franse bestand aus dichten Reihen von Brillanten. Man erzählt sich, daß die Kaiserin von Frankreich während ihres hiesigen Aufenthalts Geschenke im Wert von mehr denn 2,000,000 Mark erhielt, und daß der Sultan ihr alles schenkte, was ihr gefiel, selbst dann, wenn sie gar nicht den Wunsch aus- gesprochen hatte, den betreffenden Gegenstand zu besitzen. Bon dem alten Serail ist wenig mehr zu sehen; bei der fürchterlichen Fenersbrnnft wurde das Gebäude fast bis auf den Grund zerstört. Schön sind einzelne der außerhalb der Stadt gelegenen Kioske des Sultans, die er jedoch nur äußerst selten, vielleicht ein- oder zweimal im Jahre, benutzt. Von einem nahe der Stadt sich erhebenden Hügel hat man einen wundervollen Blick. Zu Füßen der Anhöhe dehnen sich die drei Städte Pera, Stambul und Skutari mit ihren Vorstädten Galata und Tophaneh, und schimmernd leuchten dazwischen das Goldene Horn und der Bosporus. Die aus drei verschiedenen Landspitzen liegenden Städte werden nur durch zwei Brückeu miteinander verbunden; die Gondeln sind

9. Aus allen Erdteilen - S. 123

1887 - Münster i.W. : Schöningh
Rohlfs: Wanderung durch Neu-Tripolis. 123 wird dort von der lustigen, schwarzen, freigewordenen Bevölkerung ge- sungen, gespielt, getanzt und eine nicht geringe Quantität von Lakbi (Palmwein) und Schnaps konsumiert. Sieht man diese runden, aus Palmblättern und Stroh angefertigten Hütten vor sich, so sollte man meinen, in Centralasrika zu sein. Und hört man dann jene schwarzen Gestalten, hier den einen Haussa, dort den anderen Kanuri, den dritten Bagirmi oder eine andere Negersprache reden, so wird die Täuschung nur um so stärker. Aber schnell weiter eilend, denn es dnstet in und um den Hütten- ort gar fürchterlich, betritt man nun das eigentliche Schnapsviertel. Meistens sind es Malteser, die hier ihre Geschäftskenntnis entwickeln. Viele dieser Häuser, unter denen sich aber auch einige befinden, wo man Lebensmittel und Kramwaren erhalten kann, haben aber auch Einge- borene als Besitzer. Man glaubt es kaum, wie geneigt die Eingebore- nen sind, die Gesetze Mohammeds hinsichtlich verbotener Getränke zu umgehen. Und da der Verdienst in Tripolis durch die Halfa-Ausfuhr seit 1870 ein sehr großer geworden ist, so herrschen dort jetzt Verhält- nisse, welche oft an europäische Zustände erinnern. Es kommt vor, daß Eingeborene bis drei Mark täglich verdienen können, wenn gerade viel Halsa am Platz und Dampfer vorhanden find, um die Ladungen einzu- nehmen. Dann kommen aber auch wieder Zeiten, in denen es nichts zu verdienen giebt. Von Sparen ist natürlich bei diesen Leuten keine Rede; das meiste Geld wird den Schnapskneipen zugetragen, welche in einer für Tripolis unglaublichen Zahl existieren. So sieht Neu-Tripolis aus, welches sich jetzt schon bis zu deu Palmbäumen der Mschia erstreckt, während dieser von der Natur so ge- segnete Garten früher durch eine breite Sandebene von der eigentlichen Stadt getrennt war. 35. Der Orden der Znusft. G. Rohlfs. Der Orden der Snussi ist verhältnismäßig neu, und wir werden wohl nicht weit von der Wahrheit abgehen, wenn wir die Stiftung desselben ins Jahr 1849 oder 1850 verlegen. Si Mohammed Snussi oder Sidi el Hadsch Mohammed es Snussi ist im Anfange dieses Jahrhunderts oder vielleicht am Ende des vorigen geboren und starb Mitte der sechziger Jahre in Djarabub,

10. Aus allen Erdteilen - S. 124

1887 - Münster i.W. : Schöningh
124 Afrika. woselbst er auch beerdigt liegt. Früh von Algerien auswandernd, vielleicht schon che die Franzosen die Regentschaft eroberten, bekam er seine Erziehung in Fes und besuchte dort namentlich die berühmte Karuin- Universität. Sein Haß gegen die Christen erhielt Nahrung in Marokko, wo man mehr als in irgend einem anderen mohammedanischen Lande die Andersgläubigen verabscheut, außerdem aber dadurch, daß er den Schmerz erleben mußte, seine Heimat in den Händen der Franzosen zu sehen. Und in jenem Lande saßte er auch wohl zuerst den Plan, einen reli- giösen Orden zu stiften, an dessen Spitze er sich selbst stellen wollte. Marokko ist ja das Heim der religiösen Genossenschaften, und die in Westafrika verbreitetste, die von Muley Thaib, herrschte bis nach Tripolita- nien mit unumschränkter Gewalt. Nor allem mußte er erst Hadsch werden und zwar durch eine Pilgerreise nach Mekka, die er auch ausführte, und wenn er, was nicht sicher erwiesen ist, nicht wirklich Scherls (d. h. Abkömmling Mohammeds) war, so machte er sich doch dazu, indem er sich von nun an „Mulei" oder „Sidi", d. h. gnädiger Herr, nennen ließ. Er reiste sodann nach Konstantinopel, wo er durch sein frommes Ge- baren so zu imponieren verstand, daß man seinen Plan, im Osten von Afrika einen religiösen Orden zu gründen, für vorzüglich fand, und der Sultan ihn mit einem Ferman ausrüstete, wodurch er ermächtigt wurde, sich irgend ein beliebiges Stück Land zur Gründung einer Sanya (Ordens) auszusuchen. Der Scheich Snnssi wählte Djarabnb (in der libyschen Wüste), das nun der Hauptort und Mittelpunkt einer der mächtigsten religiösen Genossenschaften wurde. Vielleicht ließ er sich bei der Wahl durch ge- schichtliche Erinnerungen leiten. Denn die Oase des Jupiter Ammon ist seit Jahrtausenden religiöser Mittelpunkt gewesen. Hierher soll Her- kules gepilgert sein, hierher kam wirklich Alexander der Große und selbst Kato richtete Fragen an den Gott in der libyschen Wüste. Bald gelangte Djarabnb durch die rasche Verbreitung der Lehren der Snnssi weit über die Grenzen der libyschen Wüste hinaus zur höchsten Berühmtheit. Es giebt im Westen schon Anhänger dieses Ordens, und in den nordeentralasrikauischen Ländern schwört alles auf Sidi Suuffi, so daß dieser große Heilige dort viel mehr verehrt wird, als der Prophet selbst, und wenn die Tebu in Knsra z. B. eiuen Eid ablegen, so gebrauchen sie als stärkste Bekräftigung: „el Hak Sidi Snussi", d. h. „bei der Wahr- heit Sidi Suussis". Es kamen während unseres Aufenthalts in Kufra so- gar Pilger aus dem französischen Senegambien, deren Ziel nicht etwa Mekka war, sondern Djarabnb. Eine solche weite Reise, die sie für ver- dienstvoller zu halten scheinen, als eine Reise nach Mekka, erhob sie in den Augen derjenigen Bewohner, deren Länder sie durchzogen, zu ver- dienstvollen und heiligen Männern. Es ist das der beste Beweis sür das außerordentliche Ansehen, in welchem Djarabub steht.
   bis 10 von 16 weiter»  »»
16 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 16 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 1
4 0
5 6
6 0
7 2
8 0
9 3
10 2
11 7
12 0
13 0
14 0
15 1
16 0
17 0
18 0
19 1
20 0
21 0
22 2
23 0
24 0
25 0
26 0
27 3
28 0
29 0
30 0
31 1
32 0
33 0
34 0
35 0
36 2
37 10
38 0
39 1
40 0
41 0
42 1
43 0
44 0
45 2
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 2
2 0
3 0
4 0
5 0
6 1
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 0
13 1
14 0
15 0
16 0
17 5
18 0
19 1
20 0
21 0
22 0
23 3
24 0
25 0
26 6
27 0
28 1
29 0
30 0
31 0
32 1
33 0
34 0
35 0
36 0
37 0
38 0
39 0
40 0
41 0
42 2
43 0
44 0
45 0
46 0
47 2
48 0
49 0
50 0
51 0
52 1
53 0
54 0
55 0
56 1
57 0
58 0
59 0
60 0
61 1
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 3
68 0
69 2
70 0
71 0
72 0
73 0
74 0
75 2
76 6
77 2
78 0
79 1
80 0
81 0
82 1
83 0
84 0
85 0
86 0
87 5
88 0
89 1
90 1
91 2
92 12
93 0
94 3
95 1
96 0
97 7
98 0
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 176
1 12
2 54
3 31
4 3
5 17
6 262
7 10
8 4
9 12
10 2
11 33
12 160
13 90
14 30
15 11
16 1
17 16
18 0
19 15
20 13
21 5
22 15
23 4
24 105
25 122
26 11
27 3
28 99
29 43
30 6
31 1
32 115
33 109
34 152
35 4
36 20
37 7
38 44
39 26
40 10
41 7
42 82
43 124
44 1
45 10
46 40
47 67
48 16
49 2
50 100
51 214
52 47
53 0
54 56
55 1
56 13
57 3
58 11
59 143
60 19
61 9
62 56
63 6
64 6
65 26
66 24
67 4
68 3
69 2
70 6
71 12
72 14
73 2
74 49
75 30
76 32
77 10
78 20
79 2
80 2
81 447
82 36
83 33
84 45
85 1
86 21
87 4
88 6
89 78
90 21
91 36
92 2
93 3
94 8
95 80
96 8
97 13
98 5
99 14
100 152
101 13
102 119
103 1
104 76
105 41
106 22
107 26
108 10
109 33
110 78
111 31
112 27
113 21
114 49
115 147
116 32
117 4
118 0
119 73
120 67
121 70
122 28
123 87
124 73
125 83
126 19
127 51
128 8
129 105
130 5
131 242
132 2
133 44
134 9
135 9
136 189
137 20
138 18
139 25
140 17
141 10
142 107
143 72
144 15
145 15
146 4
147 7
148 1
149 14
150 1
151 13
152 138
153 10
154 24
155 12
156 16
157 3
158 8
159 27
160 17
161 2
162 18
163 6
164 27
165 12
166 29
167 48
168 62
169 29
170 1
171 5
172 50
173 105
174 16
175 207
176 9
177 55
178 32
179 48
180 22
181 22
182 25
183 185
184 20
185 15
186 13
187 12
188 35
189 3
190 35
191 3
192 0
193 49
194 14
195 69
196 137
197 4
198 1
199 30