45
Es wächst und blühet lieblich
zart
Nach eigner, wundersamer Art
Am häuslich-stillen, frommen
Heerd,
Wo Gott und Tugend wird geehrt.
Ein Englein pfleget und be-
wahrt
Das schöne Röslein eigner Art
Mit Treue und mit Heiterkeit
Im Frühling unsrer Erdenzeit.
Laßt nicht das Englein von
euch flieh'n,
Das Röslein nicht so schnell ver-
blühn.
Kein Kleinod schmücket euch so schön.
Als dieses Röslein, Röslein schön!
Und diese beiden, schön und hold.
Viel schöner, als der Erde Gold,
Und alle ihre Herrlichkeit,
Sind Unschuld und Schamhaf-
tigkeit.
55 Silbenräthfel.
Durch dunkle Nacht drängt sich das erste Silbenpaar,
Auf zartem Weiß stellt sich das zweit' am schönsten dar.
Mög' oft das Ganze dein erwachend Aug' erfreuen
Und ungetrübt die Lust des Lebens dir erneuen.
58. Der Mutter Lehren.
(Aus der Chronik des Johannes Laurenburger von Clemens
Brentano.)
Ich bin geboren am 20. Mai 1318 zu Polsnich an der
Lahn, das ist ein Hof, der gehört zum Kloster Arnstein, darin
ich getauft wurde Johannes. Meine Mutter selig wohnte
in einem kleinen Häuschen vor dem Hof. Meinen Vater habe
'ch sehr frühe verloren.
Das Erste, dessen ich mich aus frühster Jugend von meiner
Mutter recht deutlich erinnere, ist, daß sie mich lehrte, mich
mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes zu bezeichnen, und die
Hände zu falten und das Vater unser und den englischen Gruß
zu beten. Sie sagte mir die Gebete vor, ich schaute nach ihren
Lippen und sprach ihr nach, und ich erinnere mich noch sehr
deutlich meiner großen Freude, als ich zum ersten Male Abends
neben ihr an ihrem Betschemel kniete, und diese heiligen Ge-
bete mit ihr fertig und ohne Fehl sprach. Jetzt noch, wenn
ich bete , ist es mir oft, als schaute ich nach ihren Lippen und
spräche ihr nach. Sie war arm, fromm und arbeitsam, und
wenn ich sie gleich später in mancherlei Geschäft gesehen, schwebt
mir ihr Bild doch meistens betend, singend oder spinnend vor
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Extrahierte Personennamen: Johannes_Laurenburger Clemens
Brentano Johannes
328
tius, Bischof von Antiochia, ein Jünger der Apostel, sehnte
sich mit so heißem Verlangen nach der Marter, daß er die
Christen zu Nom flehentlich bat, ihn nicht etwa vom Tode be-
freien zu wollen. Er wurde, wie er wünschte, den wilden
Thieren vorgeworfen. (I. 107.) Als der heil. Polykarp,
Bischof zu Smyrna, aufgefordert wurde, Christum zu lästern,
erwiederte er lebhaft: „Sechs und achtzig Jahre diene ich
ihm; wie könnte ich lästern meinen König, der mich erlöset
hat." Er sollte lebendig verbrannt werden; das Feuer be-
schädigte ihn nicht; endlich wurde er mit dem Schwerte durchs
bohrt. Zwei edle Frauen, die heil. Symphorosa und die heil.
Felicitas, jede mit sieben Söhnen, die durch sie zum stände
haften Bekenntnisse waren ermuntert worden, starben zu Nom,
ähnlich der frühern Machabäerin, eines glorreichen Todes.
Ebenda verherrlichte der Philosoph Justinus, welcher das Chri-
stenthum durch zwei gelehrte Schutzschriften vertheidigt hatte,
Christum den Herrn mit dem Opfer seines Lebens. (I. 167.)
Zu Lyon in Frankreich, wo das Christenblut in Strömen ver-
gossen wurde, glänzten die Bischöfe Pothinus und Jrenäus,
die Jünglinge Epipodius und Alexander und die Sklavin Blan-
dina durch unerschütterlichen Heldenmuth in den Qualen. Be-
kannt ist die ruhmwürdige Marter des heil. Laurentius zu
Rom und des großen Bischofes zu Carthago, Cyprian, von
denen der erstere auf einem glühenden Roste gebraten, der
andere nach vielen Leiden enthauptet worden. (I. 258.) Von
jeher wurden in der Kirche gefeiert die erst vierzehnjährige
Agnes, die heil. Agatha, Lucia, Katharina und unzählige an-
dere christliche Heldinnen, welche für ihren Glauben und theils
auch für die Erhaltung ihrer Keuschheit gekämpft und über Qual
und Tod gesiegt haben. Das glorreiche Marterthum der heil.
Ursula und ihrer Gefährtinnen fällt in die Zeit des Kaisers
Mariminus, des Thraziers. (I. 235 — 238.)
3 Zerstörung Jerusalems.
Die Synagoge des alten Bundes war nur eine Vorbereitungs-
anstalt für die Kirche Jesu; sie konnte und mußte deshalb, da
die Kirche gegründet war, aufhören, so-wie man ein Gerüst
abbricht, wenn.das Gebäude vollendet ist. Die Mitglieder der
Synagoge sollten nach Jesu Willen auch die ersten Mitglieder
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Extrahierte Personennamen: Apostel Felicitas Alexander Alexander Cyprian Agnes Agatha Katharina Ursula
Extrahierte Ortsnamen: Antiochia Smyrna Christum Christum Frankreich Epipodius Rom Lucia Jerusalems Jesu
381
einige Zeit die Abgaben. Handel und Gewerbe, so wie auch
der Ackerbau blühten unter seiner weisen Negierung wieder
auf. Schon nach dem zweiten schlesischen Kriege beförderte er
Handel und Schifffahrt mit großem Eifer. Er erbaute das
schöne Schloß Sanssouci, beförderte den Seidenbau, legte
Zuckersiedereieu an, so wie Kanäle zur Erleichterung des Ver-
kehrs im Lande. Die durch den Krieg zerstörten Städte ließ
er wieder aufbauen.
Im Jahre 1778 mußte Friedrich noch einmal die Hand
an's Schwert legen. Der Kurfürst von Baiern war gestor-
den , ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen; Karl Theo-
dor , Kurfürst von der Pfalz, war der rechtmäßige Erbe. Da
fiel Oesterreich in Baiern ein, um jenem einen Vertrag auf-
zudringen. Friedrich wurde um Hülfe angesprochen; er sagte
diese zu. Große Heere zogen gegen einander, doch verhinderte
ein baldiger Friede die Entscheidung des Schwertes. Einige
Jahre nachher kam Oesterreich mit einem neuen Plane her-
an , nämlich mit der Eintauschung Baierns für sich gegen
Abtretung der österreichischen Niederlande (Belgien) an Baiern.
Das veranlaßte Friedrich's letztes großes Werk, nämlich die
Gründung des deutschen Fürstenbundes, welchem ge-
mäß sich Preußen und die deutschen Fürsten vereinigten zur
Erhaltung der deutschen Neichsverfassung.
Friedrich der Große starb 1786 den 17. August im 75.
Jahre seines Alters. Er hinterließ seinem Nachfolger ein Land
von 3600 O.-M. mit mehr als 6 Millionen Einwohnern
und ein großes krieggeübtes Heer.
Friedrich Wilhelm Ii., seines Bruders Sohn, bestieg
nun Preußens Thron und zwar in einer sehr bewegten, stür-
mischen Zeit. Er starb nach einer eilfjährigen Negierung im
Jahre 1797 den 16. November an der Brustwasscrsucht. Un-
ter seiner Negierung wurde das Brandenburger Thor zu Ber-
lin aufgeführt.
2 5. Züge aus dein Leben Friedrichs des Grasten.
Friedrich der Große wußte durch Herablassung und
Freundlichkeit die Herzen Aller, die ihn sahen, zu gewinnen.
Als er einst von Schlesien nach Berlin reiste, drängte sich eine
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Karl_Theo- Karl Friedrich Friedrich August Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrichs Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Baiern Oesterreich Baiern Oesterreich Belgien Baiern Berlin
355
Ungeachtet dieser wiederholten Züge, die zusammen einer
Völkerwanderung aus Europa nach Asien glichen, vermochte
das Königreich Jerusalem der Uebermacht der seldschuckischen
Türken nicht zu widerstehen, und der Sultan Saladin eroberte
1187 Jerusalem wieder. Zwar behaupteten sich die Christen
noch in einzelnen Gegenden des Landes, doch als 1291 auch
die Stadt Ptolemais in die Hände der Sarazenen fiel, verließ
der Ueberrest der Europäer völlig das Land. Nicht gerade der
Eifer, aber die ursprüngliche heilige Begeisterung erlosch, und
mit ihr die Eintracht unter den christlichen Völkern. Spä-
ter wurde es bei überhand nehmenden Unruhen in Europa den
Päpsten nicht mehr möglich, auch nur einen fürstlichen Arm
für die Befreiung Jerusalems zu bewaffnen. Auch wurden die
Abendländer in ihren Unternehmungen gar sehr von den miß-
trauischen Griechen aufgehalten, die nicht nur keinen kräftigen
Beistand leisteten, sondern sogar gegen ihre christlichen Bruder
mit den Muhamedanern Bündnisse schlossen, was sich freilich
ungefähr zweihundert Jahre später in der Eroberung Konstan-
tinopels durch die Türken blutig gerächt hat.
Wenn die Kreuzzüge von einer Seite manche traurige Fol-
gen hatten, wenn sie unzähligen Menschen das Leben kosteten
und viele angesehene Familien in Armuth stürzten, so hatten
sie von der andern Seite auch höchst wohlthätige Folgen. Au-
ßerdem, daß sie dem Islamismus einen Damm entgegensetzten,
gaben sie auch dem frommen Sinne Nahrung, erweckten Theil-
nahme an den kirchlichen Angelegenheiten und regten gewaltig
die schlummernden Kräfte des menschlichen Geistes auf; sie be-
förderten das Emporkommen des Bürgerstandes, die Macht der
Städte und die Blüthe des Handels; sie vermehrten durch ei-
nen Reichthum von Erfahrungen in der Natur-'und Erdkunde
die gemeinnützigen Kenntnisse, und veranlaßten, daß viele
bisher noch unbekannte Arten von Obstbäumen und Gemüsen
ins Abendland kamen. Zu dem Schönsten aber, was die Kreuz-
züge förderten, gehört das Ritterthum, das zwar schon lange
zuvor sich gestaltet hatte, damals aber erst seine Ausbildung er-
hielt. Es machte nun den Adeligen Tapferkeit, Treue, sanftes
Gefühl und Frömmigkeit zur angelegentlichen Pflicht. Die Ein-
weihung zum Nitterthume hieß der'ritterschlag.
15 Die Ritterorden.
Schon im Jahre 1038, vor dem ersten Kreuzzuge, hat-
ten Kaufleute aus Amalfi zur Verpflegung armer Pilger bei
der Kirche des h. Grabes ein Hospital mit einer Kapelle des
heiligen Johannes gegründet; die im Hospital die Kranken
23 *
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Extrahierte Personennamen: Saladin Johannes
Extrahierte Ortsnamen: Europa Asien Europa Jerusalems Amalfi
— 357 —
Aufopferungen unsere Anerkennung nicht versagen, wenn wir
nicht ungerecht sein wollen.
16 Rudolph von Habsburg.
Rudolph von Habsburg war, ehe er zum Kaiser von
Deutschland gewählt wurde (1273), nur ein Graf, dessen Güter
im Elsaß und der Schweiz lagen, aber wegen seiner Biederkeit
und Frömmigkeit allgemein geachtet. Einst, als er auf der Jagd
war, begegnete ihm ein Priester, der mit der h. Wegzehrung zu
einem Kranken eilte. Wegen des angeschwollenen Waldwassers
war der Weg schlüpfrig und unsicher geworden. Da sprang Ru-
dolph von seinem Rosse, ließ den Priester aufsteigen und führte
demuthsvoll selbst das Thier am Zügel bis vor das Haus des
Kranken. Hier wartete er, bis die heilige Handlung vollbracht
war und geleitete dann den Priester zurück. Das Pferd aber
widmete er von nun an dem Dienste der Kirche; denn er hielt
sich für unwürdig, je wieder das Thier zu besteigen, das seinen
Schöpfer getragen hatte. — Erzbischof Werner von Mainz
reiste einst nach Rom, und da ihm der Weg durch das Gebiet
des Grafen Rudolph nicht ganz sicher dünkte, so bat er sich
von demselben ein sicheres Geleite aus. Der, ritterliche Graf
begleitete den Erzbischof selbst und zeigte auf der ganzen Reise
so viel Einsicht und Verstand, so viel Rechtschaffenheit und
Muth, daß Werner, hoch erfreut, einen solchen Mann näher
kennen gelernt zu haben, ihm bei'm Abschiede herzlich die Hand
drückte und sagte: „Nehmt meinen Dank, Herr Graf, und
seid versichert, daß ich stets mit Achtung und Liebe Eurer
gedenken werde."
Als nun die deutschen Fürsten einsahen, daß die Zeit des
Faustrechtes nicht fortdauern dürfe, wenn nicht alle Achtung
vor Gesetz und Ordnung in dem Volke ertödtet werden sollte,
versammelten sie sich zu Frankfurt am Main, um einen Kaiser
zu wählen, der weise und tapfer zugleich sei, um das kai-
serliche Ansehen wieder herzustellen. Da trat Werner von
Mainz auf und schilderte den Grafen von Habsburg mit allem
Feuer der Beredsamkeit als einen frommen, klugen und tapfern
Mann, daß wirklich der schlichte, einfache Graf auf den
Kaiserthron erhoben wurde.
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376
24. Der dreißigjährige Krieg.
Der erste große Krieg, welcher des Religionswechsels we-
gen geführt wurde, hatte in Holland seinen unseligen Ursprung.
Die Holländer nahmen die reformirte Religion an, und sag-
ten sich 1579 von ihrem Landesherrn, dem Könige von Spa-
nien , förmlich los. Darüber entspann sich ein Krieg, der an
60 Jahre währte, und das Münsterland, sogar das Herzog-
thum Westfalen und das Fürstenthum Paderborn oft und hart
mitnahm. Auf einem ihrer verheerenden Züge kamen die Hol-
länder nach Stromberg, und raubten aus der Mitte der Pro-
zession das dortige Kreuz, welches erst in Ostbevern von den
sie verfolgenden Spaniern zurückgenommen wurde. So war
unser Vaterland oft der Schauplatz des zerstörenden Krieges.
Städte, Dörfer und Flecken waren der Plünderung und den
Flammen, die Menschen mancherlei Grausamkeiten preisgegeben.
Der fürchterlichste aber, der 30jährige Krieg brach
1618 in Böhmen aus. Die Protestanten empörten sich
wider den Kaiser, ihren rechtmäßigen König, setzten eine pro-
testantische Negierung ein, und wählten das Haupt des pro-
testantischen Fürstenbundes, Friedrich V. von der Pfalz, zu
ihrem Könige. Dieser Friedrich wurde zwar bald von den ka- J
tholischen Fürsten besiegt und abgesetzt, aber nun drang der
Krieg ins Innere Deutschlands. Das Kriegsglück blieb dem
Kaiser treu, seine tapfern Feldherren schlugen die Feinde, auch
den dänischen König, der den Protestanten Hülfe leistete, aus
dem Felde. Als aber der siegreiche Kaiser den Protestanten
befahl, alle Kirchengüter, unter welchen 2 Erzbisthümer und
12 Bisthümer waren, zurückzugeben, da rafften sie alle Kräfte
zusammen. Der Schwedenkönig Gustav Adolph kam mit einem
starken Heere, und selbst die Franzosen sandten reiche Hülfe.
In den Heeren war allerlei Gesindel, unnütze Menschen, Land-
streicher und Räuber. Wer am besten bezahlte und am mei-
sten plündern ließ, hatte die meisten Soldaten. Jetzt wurde
gegenseitig mit verdoppelter Erbitterung gefochten. Auch unser
Westfalen erlitt die blutigsten und grausenvollsten Auftritte.
In Paderborn plünderte der Herzog Christian von Braun-
schweig, der Tolle genannt, den Dom, nahm den silbernen
Sarg des h. Liborius und viele andere Kostbarkeiten, und
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Extrahierte Personennamen: Stromberg Friedrich_V. Friedrich_V. Friedrich Friedrich Gustav_Adolph Gustav Christian_von_Braun-
Extrahierte Ortsnamen: Holland Westfalen Deutschlands Westfalen Paderborn
377
ließ Geld daraus prägen. So war an keinem Orte selbst das
Heiligthum gesichert vor der Wuth der Feinde. Auch Münster,
Coesfeld, Haltern, Ahaus, Warendorf und mehrere andere Städte
und Dörfer mit ihren Umgebungen wurden bei den Hin- und Her-
zügen der rohen Horden des Herzogs Christian, des Ernst
von Mansfeld, des Herzogs Georg von Lüneburg und anderer
Heerführer gewaltsam beraubt und verwüstet. Gefechte aller
Art und Belagerungen fielen vor und selbst Schlachten wur-
den geschlagen. Bei Ahaus, Stadtlohn und Wüllen schlug
Tilly das Heer Christians von Braunschweig, welches
30,000 Mann stark war, sprengte cs völlig auseinander und
machte 5000 Gefangene. Viele Städte und Dörfer wurden
in dieser grauenvollen Zeit auch von Brandunglück heimgesucht.
Lange fühlte das Land die schrecklichen Folgen des Krieges:
Verwüstung, Elend und Hungersnoth. Um das Maß aller
Uebel zu füllen, trat die Pest ein und hielt unglaubliche Ver-
heerung. unter Menschen und Vieh. Mit den gegenseitigen Auf-
reibungen verstrich beinahe ein Menschenalter; da wünschten
die beiden Parteien erschöpft den Frieden. In Münster waren
die katholischen und in Osnabrück die protestantischen Bevoll-
mächtigten versammelt, die nach vielen Zänkereien endlich 1648
den sogenannten westfälischen Frieden zu Stande brach-
ten.^) Es wurde beschlossen, daß Katholiken, Lutheranerund
Reformirte gleiche bürgerliche Rechte haben, jedoch allen später
aufkommenden Secten diese verweigert werden sollten. Alle
Kirchengüter, die jede Partei vor dem Jahre 1624 in Besitz
gehabt, sollte sie auch ferner behalten. So sind viele Erzbis-
thümer, Bisthümer, Stifter, Klöster und Kirchen an Prote-
stanten gekommen.
25 Preußens frühere Geschichte. *
Preußen war schon in den ältesten Zeiten den Phöniziern
wegen seines Bernsteins bekannt. Im 13. Jahrhundert wurden
die Preußen von den Rittern des deutschen Ordens nach einem
fünfzigjährigen Kampfe überwunden, und zur Annahme des
Christenthums gebracht. Run ließen sich Deutsche in dem verwüste-
ten Lande nieder, baueten es an, und deutsche Sitten und deutsche
*) Siehe unten die Beschreibung der Stadt Münster.
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Extrahierte Personennamen: Christian Ernst
von_Mansfeld Ernst Georg_von_Lüneburg Tilly Christians_von_Braunschweig
483
tat für Pilger, worin noch im Jahre 1825 — 263,000 Fremde
verpflegt wurden. Dann kommen noch die Hospitäler für ver-
schiedene Nationen, die Anstalten zur Verpflegung der Kran-
ken in ihrer Wohnung, zur Unterstützung der Dürftigen und
zur Aussteurung armer Mädchen.
Von den Festlichkeiten, welche die Fremden nach Nom zie-
hen , sind die glänzendsten die G i r o n d o l a und die K r e u z-
beleuchtung in der Peterskirche. Jene Girondola flammt
zu Ostern und am Tage Peier und Paul auf; sie besteht aus
einem doppelten, mit 4500 Raketen versehenen Feuerrade und
aus einer Menge anderer Feuerwerks-Vorrichtungen, und wird
auf der Plattform der Engelsburg, hoch oben, wo der kolossale,
vergoldete Engel steht, abgebrannt. Was die andere Festlich-
keit anlangt, so wird aus der höchsten Wölbung der Kuppel,
gerade über dem Hochaltare ein 40 Fuß langes messingenes
Kreuz herabgelassen, das mit 1000 Lampen bedeckt ist. Die
Menschen, die daran herumklettern, sehen wie unbedeutende
Zwerge aus; ihre Entfernung, die Weite des Raumes, in
welchem sie hängen, und die Niesengröße aller umgebenden
Gegenstände verkleinern sie mit jedem Augenblicke mehr, indem
diese mit dem Entbrennen der Lampen wachsend hervortreten.
Wie die Lampen sich entzündet haben, verschwinden die Befe-
stigungen, an denen das Kreuz hängt, vor dem Glanze, und
daßelbe scheint nun frei in dem hockgcwölbten Raume zu schwe-
den. Dieser Moment ist einzig in seiner Art; der Zauber des
Lichtes, das allmählig in alle vier Arme des Kreuzes der Kirche
strömt und alle Hallen, alle Seitengänge des ungeheuern Ge-
bäudes erhellt, ist unvergleichbar. Obwohl nun ganze Schaa-
ren von Betenden und von Neugierigen sich durch die Kirche
hinbewegen und natürlich den in der Mitte unter der Kuppel
stehenden Hochaltar umlagern, so entsteht doch kein eigentliches
Gedränge, ein solches wird in diesem ungeheuern Raume nicht
möglich.
42 Das heilige Land.
Das Land, wo Christus unser Erlöser, lebte, wird in der
heiligen Schrift mit verschiedenen Namen genannt. Es hieß
das Land Canaan von dem vierten Sohne Chams; das Land
Israels von Jakob, der auch den Namen Israel hatte;
das Land der Hebräer oder das jüdische Land, Judäa;
Palästina oder Philistina von den Philistern, die einen
Theil dieses Landes bewohnten; Jehovas Land oder Jehovas
Eigenthum; das gelobte Land, oder das Land der Verhei-
ßung. Wir Christen nennen es das heilige Land, weil
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Extrahierte Personennamen: Christus Jakob Palästina
Extrahierte Ortsnamen: Peterskirche Engelsburg Israels Israel
53
Wenn tiefe Wurzeln sie im Boden schlug.
Dann spottet sie des Schweißes und der Müh';
Darum versäume nicht die rechte Zeit,
Und reiß' sofort das Sündenbäumchen aus!"
63. Der Ordensmann.
In einem Kloster lebte ein Mönch, der des Abends
immer eine grosse Mattigkeit und Abspannung verrieth.
Der Abt fragte ihn einst nach der Ursache derselben.
„Ach!“ antwortete der Mönch, „ich habe jeden Tag so
Vieles zu thun, dass meine Kräfte nicht hinreichen wür-
den, wenn die Gnade Gottes mich nicht stärkte. Ich
habe zwei Falken zu zähmen, zwei Hasen aufzuhalten,
zwei Sperber abzurichten, einen Lindwurm zu bezwin-
gen, einen Löwen zu bändigen und einen Kranken zu
pflegen.“ — „Ei,“ sagte der Abt, „das sind thörichte
Klagen; solche Geschäfte werden keipem Menschen zu
gleicher Zeit aufgegeben, und in meinem Kloster habe
ich nie etwas von solchen Pflichten der Brüder gehört!“
„Und doch, ehrwürdiger Herr,“ versetzte der Mönch,
„habe ich keine Unwahrheit geredet. Die zwei Falken
sind meine Augen, die muss ich mit grosser Sorgfalt
bewahren, damit ihnen nicht etwas gefalle, was meiner
Seligkeit schaden könnte. Die zwei Hasen sind meine
Füsse, die muss ich beständig zurückhalten, dass sie
nicht nach schädlichen Vergnügungen laufen und auf dem
Wege der Sünde wandeln. Die beiden Sperber sind
meine Hände, die muss ich zur Arbeit abrichten und an-
treiben-, damit ich mich selbst und meinen nothleidenden
Mitbruder speisen und laben kann. Der Lindwurm ist
meine Zunge, die muss ich beständig im Zaume halten,
dass sie nichts Ungebührliches rede oder unnütze Worte
spreche. Der Löwe ist mein Herz, mit dem muss ich
fortwährend im Kampfe liegen, damit nicht Eitelkeit und
Eigenliebe dasselbe erfülle, sondern Gottes Geist in ihm
wohne und wirke. Der Kranke ist mein eigner Leib,
der eigensinnig bald Dieses bald Jenes verlangt und nicht
fragt, ob das Verlangte auch heilsam sei für die wahre
Gesundheit und das ewige Leben. Das Alles mattet
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92
Fremdling, setze dich bei mir.
Und der süßen Ruhe pflege;
Weilte doch schon Mancher hier.
Bei dem alten Kreuz am Wege.
Nur getrost das müde Haupt
Dort in meinen Schatten lege,
Süße ruhten, die geglaubt.
Bei dem alten Kreuz am Wege.
Ob dir Noth und Lebenspein
Stürmisch sich im Herzen rege;
Manche lernten sich schon freu'n
Bei dem alten Kreuz am Wege,
Zogen neu gestarket fort
Auf der Wildniß ödem Stege,
Kamen zu der Heimath Ort
Von dem alten Kreuz am Wege.
V8. Und dann?
Zu dem heiligen Philippus Neri kam einst ein Jüngling
und erzählte ihm mit großer Freude, daß seine Eltern ihm auf
vieles Bitten endlich erlaubt hätten, die Nechtsgelehrsamkeit zu
studiren, und daß er keine Mühe scheuen wolle, die Studien
recht bald und gut zu vollenden. Der heilige Philippus machte
nicht gern viel Geschwätz, und was man mit drei Worten sa-
gen kann, das sagte er lieber mit anderthalb. Er hörte dem
Jüngling ganz gelassen zu, und fragte zuletzt nur: Und dann? —
Dann werde ich Advokat, erwiederte der fröhliche Student.
Und dann? fragte der Heilige weiter. Dann, sagte der Jüng-
ling, dann werde ich viele verwickelte Rechtshändel zu Ende
führen und mir durch meine Kenntnisse und meinen Eifer schon
Ruf und Ansehen zu verschaffen wissen; die Leute werden mir
stark zulaufen, um mir ihre Prozesse zu übertragen. Und
dann? fragte der Heilige wieder. Dann, fuhr der junge
Mensch fort, dann werde ich ein hübsches Geld mir verdienen,
ein schönes Haus an der Hauptstraße kaufen, Pferde und Kut-
sche anschaffen und ein vergnügtes, herrliches Leben führen.
Frohen Muthes kann man unter solchen Umständen dem Alter
entgegen gehen, und ich werde meine letzten Tage in Ehren
und in Ruhe genießen, weil dann ja alle meine Wünsche erfüllt
sind. Ganz ruhig fragte der alte Patriarch wieder: Und dann?
Dann, sagte der Jüngling langsam, dann — dann — ja
dann werde ich sterben. Der heilige Philippus aber erhob die
Stimme und fragte noch einmal: Und dann? Der Jüngling
antwortete hierauf nicht; er bedachte sich, und es stiegen ernste,
dunkle Wolken auf in seiner Seele, Gedanken an Tod und
Sarg und Grab, und an das große stille Meer hinter dem Grabe,
an die Ewigkeit. So kann in der Frühe ein schönes Morgen-
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