Die Reiche der Völkerwanderung.
57
„Frankreichs"; er trat zum Christenthum über, d. H. er ließ sich taufen (wie Constantin der Große), aber blieb voller Laster und scheute kein Verbrechen. Als er starb (511), ward das Reich unter seine Söhne getheilt: der Osten hieß „Austrasien", der Westen „Neustrien", ein dritter Theil war das fränkisch gewordene Burgund. Wiedervereinigungen des ganzen Reiches wechselten mit wiederholten Theilungen ab. Aber die Merovinger wurden immer erbärmlicher, so daß eigentlich ihre Großhofmeister (oder Hausmeier, Major domus) sür sie regierten. Zwischen diesen Hausmeiern kam es bald zu Uneinigkeiten und gegenseitigen Befehdungen, bis es endlich i. I. 687 dem Majordomus Pijnn von Hcriftal durch den Sieg bei Testri gelang, sich in allen drei fränkischen Reichen (Austrasien, Neustrien, Burgund) die alleinige Hausmeierwürde zu erkämpfen: so daß seine Macht der königlichen gleichkam.
Die Oftgothen drangen von der Donau her i. I. 488 nach Italien. Rom, welches seit schon lange nicht mehr die Residenz der weströmischen Kaiser gewesen, war i. I. 455 von dem wilden Vandalenkönig Geiserich noch einmal geplündert worden. Vom Jahre 476 an gab es keine weströmischen Kaiser mehr, sondern Ldoaker (ein deutscher Heerführer) regierte Italien wie ein König (von 476—489). Als Theoderich, der König der Ostgothen, ihn in den Jahren 489 und 490 in mehreren Schlachten besiegt hatte, schloß er ihn in Pavia ein. Nach mehrjähriger Belagerung mußte sich diese Stadt ergeben, und ^heodorich»tödtete darauf bei einem Gastmahle den Odoaker mit eigener Hand. Hieraus beherrschte Theuderich ganz Italien (bis 526) kräftig, und weise. Mit feinem Tode aber schon erlosch die Blüthe des Ostgothenreiches. Denn seine eble Tochter Amalaswintha (ober Amala-sunta) enbigte unglücklich, und um ihren (gewaltsamen) Tod zu rüdjen, überzog der oströmische Kaiser Justinian der Große das Ostgothenreich mit Krieg. Nad) langen Kämpfen würden die (Oströmer) Byzantiner Herr über Italien, durch die Feldherren Belisar und Narses. Erst in den Jahren 553 und 555 enbigte der Ostgothen-Krieg; schrecklich war der Zustand des schönen Italiens in dieser Zeit; es erhielt Wunden, von denen es sich nie wieder erholte: die Denkmale und Erinnerungen ehemaliger Größe waren in Schutt und Trümmer gesunken.
Narses ward byzantinischer Statthalter von Italien; vom byzan-tinijchen Hose beleidigt, ries er aus Rache die $?mtgo6ßrbctt (ein deutsches Volk) herbei, welche ihr Reich im heutigen Ungarn hatten. Diese kamen freudig herbei (568) unter ihrem wilden König Alboin und nahmen vom größten Theile Italiens Besitz: die Hauptstadt des Longobardcn reich es in Italien war Pavia. Dieses Reich,
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Extrahierte Ortsnamen: Colmar Italien Deutschland Frankreich Deutschland Frankreich Deutschland Deutschland Deutschland Italien Frankreich Frankreich Deutschland Frankreich Deutschland Italien
Wenzel. Ruprecht von der Pfalz.
75
für Ludwig Partei nahmen, so zog Leopold von Oestreich gegen sie, erlitt aber durch sie (die Eidgenossen) bei Morgarten eine schwere Niederlage (1315). In Deutschland kam es endlich zwischen beiden Gegnern zur entscheidenden Schlacht bei Ampstng (oder Mühldorf) 1322, in welcher Ludwig siegte und Friedrich gefangen wurde. Um ton Kampf überhaupt zu beenden, gab nun Ludwig den gefangenen Friedrich frei unter einer Bedingung. Da diese Friedrich nicht erfüllen konnte, stellte er sich wieder in der Haft ein; später entsagte er der Krone und starb (1330). Ludwig machte aber einen Römerzug (1327—1329), auf dem er die lombardische und die römische Krone empfing. Da alle Versuche des Kaisers sich mit dem päpstlichen Stuhle*) auszusöhnen vergeblich waren, so forderte er die deutschen Kurfürsten auf, ihr deutsches Wahlrecht gegen die Anmaßung des Papstes zu wahren. Hierauf faßte der s. g. Kurvereiu zu Rense (1338) den Beschluß, daß forthin der von den deutschen Kurfürsten erwählte deutsche König die Macht eines römischen Kaisers auch ohne
die vom Papste erhaltene Bestätigung solle ausüben können. Im Jahre
1346 erhielt Ludwig durch den Papst einen Gegeukönig an Carl Iv. von Luxemburg, der aber erst aufkommen konnte, als Ludwig starb.
Aber nun erhielt Earl Iv. (1347—1378) einen Gegenkönig an dem Grafen Günther von Schwarzburg, der aber bald starb. Carl erwarb die Mark Brandenburg (die eine Zeitlang dem bairischen Hause zugehörte) sür sich. Sehr viel that er für Böhmen, wo er auch Carlsbad gründete. Auch nach Italien zog er; in Mailand und Rom ließ er sich krönen. Er erließ die f. g. Goldene Bulle, in welcher er die s- g- (Kaiser-)Wahl - und Krönungsordnung für die Kurfürsten festsetzte, wornach sie zu verfahren hätten. Er that noch einen Römer-zug, gab seinem Sohne Wenzel Böhmen, dem andern Sohne Sigmund Brandenburg und ]tarb mit dem Ruhme, sehr Biel sür Böhmen, aber
sehr wenig für das deutsche Reich gethan zu haben.
§ 60.
Weiyel. Ruprecht von der Mal;.
Wenzel (1378—1400 als Kaiser; als König von Böhmen noch bis 1419, regierte anfangs gutmüthig, später schlimmer, dann sogar grausam und tyrannisch: so daß in Deutschland große Unordnung
*) zu Avignon in Südfrankreich (wo die Päpste von 1309—1377 re-fxbirten).
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Luxemburg Brandenburg Carlsbad Italien Mailand Rom Brandenburg Deutschland Avignon Südfrankreich
Die Reformation in den skandinavischen Reichen.
99
Moritz von Oranien indessen war minder groß als sein Vater und ließ den edlen alten Ll-en-Barneveldt, der seinem Ehrgeiz widerstrebte, enthaupten (1619). Moritz starb im Jahre 1625; sein Nachfolger war sein Bruder Heinrich Friedrich. Während der fortgesetzten Kämpfe mit Spanien machte die holländische Republik wichtige auswärtige Erwerbungen. Auch die Holländer gründeten eine ostindische Compagnie (1602). Sie gründeten danach Batavia auf Java und machten es zum Mittelpunkte des niederländisch-ostindischen Handels. Ten Portugiesen — welche von 1580 bis 1640 unter spanischer Herrschaft standen — entrissen sie große ostindische Besitzungen und wurden im Verlaufe der Zeiten nach dem dreißigjährigen Kriege das erste Handelsvolk Enropa's.
§ 73.
Die Reformation in den skandinavischen Reichen.
Auch in den skandinavischen Reichen setzte sich die Reformation in Folge politischer Veränderungen fest. Tie Calmarische Union, durch welche die große Margaretha (von Norwegen) die drei Reiche Dänemark, Norwegen und Schweden vereinigt hatte (1397), bestand bis 1523. Die nächste Ursache zu ihrer Auflösung gab der König Christian Ii. von Dänemark durch das f. g. Stockholmer Blutbad (1520), durch welches er sie zu befestigen trachtete. Die Schweden hatten immer der Calmarischen Union widerstrebt und mit Recht, denn sie waren die dadurch Benachteiligten. Gustav Wasa (der tapfere Sprößling eines alten Königsgeschlechts) stellte sich nun (1520) an die Spitze der Schweden, ward 1521 Reichsverweser und 1523 König. Im folgenden Jahre (1524) ward die Calmarische Union im Frieden von Malmö für immer aufgelöst.
Gustav Wasa förderte die lutherische Lehre in seinem Lande, welche 1540—1544 in ganz Schweden durchgeführt wurde. Unter Gustav Wasa's Söhnen hatte Schweden keine gute Zeit. Der zweite Sohn wollte die römisch-katholische Religion sogar wieder zurückführen; dessen Sohn war zugleich König von Polen (durch Heirath) und mußte
— da er den Protestantismus in Schweden auszurotten trachtete _________________
der schwedischen Krone entsagen. Das Haus Wasa aber regierte in Schweden fort (von 1523) bis 1818 (— in Polen herrschte es von 1587—1672).
In demselben Jahr 1523, in welchem Gustav Wasa auf den schwedischen Thron erhoben wurde, ward jener Christian Ii. (dessen
7 *
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Der dreißigjährige Krieg.
101
b. Von 1648—1789.
§ 75.
Der dreißigjährige Krieg.
Auf Kaiser Maximilian Ii. folgte in Deutschland Rudolf Ii. (1576—1612), unter welchem die feindselige Spannung der Katholiken und Protestanten immer höher stieg. Die Gewaltschritte der Ersteren drängten die Letzteren zur s. g. evangelischen Union (1608). Gegen diese schlossen dann wieder die Katholiken die s. g. Liga (1609). Schon im Jahre 1610 kam es zu Streitigkeiten, die aber wieder beigelegt wurden. Den schwachen Kaiser Rudolf, der zum Regieren ganz untüchtig war, zwang sein Bruder Matthias (der nachherige Kaiser),' ihm Ungarn und andere Länder abzutreten; um sich wenigstens Böhmen zu erhalten, gab er den Protestanten daselbst den s. g. Majestütsbrief, worin er ihnen freie Religionsübung gestattete. Schließlich zwangen die deutschen Kurfürsten den Kaiser Rudolf Ii. abzudanken, und Matthias erhielt die Kaiserwurde (1612—1619). Tie Spannung Zwischen Katholiken und Protestanten stieg durch verschiedene Anlässe immer höher: endlich brachte ein verhältnismäßig geringer Umstand (die Schließung zweier protestantischer Kirchen) den Kampf zum Ausbruch. Die böhmischen Protestanten in Prag warfen einige von den katholischen Statthaltern im Statthaltereigebäude zum Fenster hinaus, rissen die Regierung an sich, verjagten die Jesuiten: und es begann der unsäglich traurige dreißigjährige Krieg (1618—1648). Die von kaiserlichen Heeren bedrängten Böhmen riefen nun die protestantische Union zu Hilfe, deren Haupt der junge Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz war; während der schon im Gange befindlichen Feindseligkeiten war Kaiser Matthias gestorben (1619), und die Böhmen erklärten nun seinen Rstchjolger Ferdinand Ii. (1619—1637), den Jesuitenzögling und Erbfeind des evangelischen Glaubens, des böhmischen Thrones verlustig und gaben dem Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz die böhmische Krone, welches verhängnißvolle Anerbieten derselbe (von seiner ehrgeizigen Gemahlin, König Jacob's I. von England Tochter, angetrieben) annahm. Während Friedrich V. durch fein unkluges Benehmen die Herzen der Böhmen entfremdete, gewann Kaiser Ferdinand Ii. den einflußreichen Herzog Maximilian von Baiern (das Haupt der katholischen Liga) für sich, llnverweilt rückte dieser nach Böhmen und fchlug den leichtsinnigen Friedrich V. in der Schlacht am weiften Berge (1620) bei i'rcig so, daß dieser von dieser Zeit an als Flüchtling umherirrte (bis er ltio2 starb). Die protestantische Union löste sich nun auf; nur
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92 Der Passauer Berlrag und der Augsburger Religionsfriede.
Geburtsorte) starb, brach (1546) der Lchmalkaldische Krieg aus. Sogleich erklärte der Kaiser die schmalkaldischen Bundesgenossen in die Reichsacht, und diese — uneinig und zu keinem raschen Entschlüsse kommend — gingen auseinander. Der Kurfürst von Sachsen zog in sein Land, dasselbe wieder gegen Moritz von Sachsen einzunehmen; er ward aber darnach (von Carl V. und Moritz) in der Schlacht -ei Mühlberg (1547) geschlagen, gefangen und seiues Kurfürstenthums beraubt, welches nun an Moritz verliehen wurde. Von Diesem stammt das jetzt im Königreich Sachsen regierende Fürstenhaus (s. g. Albertiuische Linie); in den übrigen sächsischen Landen aber herrscht jetzt die s. g. Ernestinische Linie (von dem bei Mühlberg geschlagenen und gesangenen Kurfürsten von Sachsen abstammend).
Im folgenden Jahre (1548) gab der Kaiser den Protestanten das s. g. Augsburger Interim, worin er ihnen verschiedene Zugeständnisse machte. Doch erreichte er damit nur theilweise seinen Zweck, dieselben mit sich auszusöhnen; und er mußte es noch gar erleben, daß derselbe Moritz von Sachsen, dem er die Kurwürde gegeben als Lohn für feinen Abfall von der protestantischen Sache, wieder von ihm absiel und ihn (Carl V.) beinahe in Innsbruck gefangen nahm. Hierauf kam es zu dem s. g. Passauer Vertrag (1552), worin den Protestanten schon sehr Vieles und Wichtiges bewilligt wurde. Nachdem sich der Kaiser so mit den Protestanten ausgesöhnt, konnte er den (fünften) Krieg gegen Frankreich (Heinrich Ii.) unternehmen (1552); allein es gelang ihm nicht, Metz wieder zu Deutschland zurückzubringen.
Im Jahre 1555 kam denn endlich der Augsburger Religio usfriede zu Stande, welcher die Wünsche der Protestanten
ersuüte. Aber der Kaiser Carl V. legte aus Mißmuth im folgenden
Jahre (1556) die Regierung nieder und zog sich in das spanische Kloster St. Just zurück, wo er (1558) starb. Sein Nachsolger in Deutschland wurde sein Bruder Ferdinand I. (1556 bis 1564); in Spanien (mit den Niederlanden, Mailand und Neapel-Sicilien) folgte ihm sein Sohn Philipp Ii. (1556—1598). Kaiser Ferdinand I. und sein Sohn und Nachfolger Maximilian Ii. (1564 bis 1576) waren gegen die Protestanten von gemüßigter, Letzterer sogar von fast wohlwollender Gesinnnng. Das Concilium von Trient wurde i. I. 1563 geschlossen; in demselben Jahre kam der s. g. Heidelberger Katechismus zu Stande, das Religionsbnch der Reformisten. Im Jahre 1540 bestätigte der Papst den von dem Spanier Ignatius von Loyola gestifteten Jesuitenorden, welcher mit allen
Mitteln sich nicht nur der Verbreitung des Protestantismus entgegen-
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Der dreißigjährige Krieg.
103
siegreiche Schwedenkönig zog nun über Würzburg nach Mainz, dann über Nürnberg an den Sech, erzwang den Uebergang über diesen Fluß (wobei Tilly tödtlich verwundet wurde), ging über Augsburg nach München: überall sahen sich die noch kurz zuvor unterdrückten Protestanten siegreich, die katholische Sache gerieth in den äußersten Nachtheil und der Kaiser war für seine seitherige Stellung in Deutschland besorgt.
Da berief Ferdinand Ii. wieder den Wallenstein, der unterdessen von den zusammengepreßten Millionen fürstlich gelebt hatte, wieder zur Bildung eines neuen kaiserlichen Heeres. Bald standen sich Gustav Adolf und Wallenstein bei Nürnberg gegenüber. Vergebens bestürmte der Schwedenkönig Wallenstein's festes Lager, er mußte davon ablassen. Nicht lange daraus kam es in Sachsen zur Schlacht bei Lützen, in welcher zwar Gustav Adolf siel, aber seine zur Rache entstammten Krieger unter der Rührung Bernhards von Weimar den Sieg über Wallenstein davontrugen (1632). Gustav Adolfs Tod fetzte das ganze protestantische Deutschland in Trauer und Bestürzung; die Leitung der schwedisch-deutschen Angelegenheiten bekam nun der schwedische Kanzler Axel Oxenstierna, welcher dem Herzog Bernhard von Weimar (1633 bis 1639) den Oberbefehl über das Heer ließ. Wallenstein aber — da er merkte, daß man es am kaiserlichen Hofe bereute, ihm so große Macht eingeräumt zu haben — knüpfte mit Frankreich und Schweden verrätherifche Verbindungen an, welche aber entdeckt wurden und feine Ermordung zu Eger (1634) zur Folge hatten.
Nachdem Bernhard von Weimar in der Schlacht bei Nördlingen (1634) eine völlige Niederlage erlitten, schloß Sachsen mit dem Kaiser den s. g. Prager Separatfrieden, dem noch andere protestantische Fürsten beitraten. Jetzt schien sich in Deutschland Alles zur längstersehnten Ruhe anzulassen; doch Frankreich, das von Anfang an die Schweden nur heimlich begünstigt hatte (1630—1635), verbündete sich jetzt offen mit ihnen gegen den Kaiser und es folgt nun die letzte Periode des dreißigjährigen Krieges, der s. g. schwedisch - französischdeutsche Krieg (1635 —1648). Frankreich beabsichtigte mit dieser Einmischung nichts Anderes als Habsburgs (des Hauses Oestreich) Macht zu verringern und deutsche Länder am Rhein an sich zu reißen. Dadurch verwandelte sich der Religionskrieg vollends in einen ganz, weltlichen politischen Partei- und Bürgerkrieg. Der schwedische Feldmarschall Bandr stellte in der Schlacht bei Wittstock (1636) die Ehre der schwedischen Waffen wieder her; überall waren die Kaiserlichen im Rückzüge: Ferdinand Ii. starb unter Kriegssorgen (1637). Sein Nachfolger war Ferdinand Iii. (1637—1657).
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104 Die Stuarts in England. Die englische Revolution.
£i$ Franzosen besetzten den Elsaß und da sie immer weiter gehen wollten, zerfiel Bernhard von Weimar mit ihnen: plötzlich aber wurde er krank und starb (1639). Die Franzosen aber bewiesen da-
durch, daß sie auf der Stelle Elsaß in Besitz nahmen, ihre selbstsüchtigen Absichten.
Viele Jahre noch bauerte der verheerende Krieg, während welcher Zeit das unglückliche Deutschland nach allen Richtungen hin von brandschatzenden und plündernden Heeren aus das entsetzlichste verwüstet wurde. Banör's Nachfolger war Torstenson, welcher mehrere Siege
über die Kaiserlichen erfocht und bis gegen Wien vordrang. Inzwischen kam es zu Friedensverhandlungen *); aber jede Partei setzte den Krieg fort, weil sie durch den Sieg — bessere Bedingungen zu erhalten hoffte. Enblich kam es zum ersehnten westfälischen Frieden (1648), welcher dem langen Jammer ein Ende machte. Frankreich und Schweden erhielten reichliche Entschädigungen; die Protestanten waren nun den
Katholiken völlig gleichgestellt. Aber der langjährige Krieg hatte
Deutschlands Wohlstaub vernichtet und den Fremden die Einmischung in die deutschen Angelegenheiten verschafft.
§ 7«.
Die Stuarts in England. Die englische Revolution.
Während Deutschland durch den dreißigjährigen Krieg zerfleischt wurde, hatte auch England schwere Bürgerkriege und gewaltsame Umwälzungen erfahren. Auf Elisabeths Nachfolger Jacob I. (1603 bis 1625) war sein Sohn Carl I. (1625—1649) gefolgt. Dieser ge-rieth mit dem anmaßenden englischen Parlamente in Streit, und es brach zwischen dem Heere des Parlaments und dem Heere des Königs i. I. 1642 ein Bürgerkrieg (die englische Rebellion) ans, welcher bis 1646 währte. Der Führer des Parlamentsheeres, Lliver Crvmwell, erfocht mehrere Siege über die Königlichen; Carl I. floh zu den schotten, die er früher beleidigt hatte und die ihn jetzt (um Geld) an das englische Parlament auslieferten, welches ihn in Haft hielt (1647). So schien der Bürgerkrieg beendigt und das Weitere Sache der Verständigung zwischen dem Parlament und dem Könige. Es kam aber zwischen Cromwell, „welcher das Parlament in der Tasche hatte", und Carl I. zu feiner Verständigung, und der unglückliche englische König ward im Januar 1649 in London enthauptet. Er endete mit Festigkeit und Würde.
*) zu Münster und Osnabrück.
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Peter der Große und Carl Xii. Der nordische Krieg. 109
Der Herzog von Marlborough, bisher der mächtigste Mann in England, fiel durch den Uebermuth seiner Gemahlin bei der Königin Anna (1702 —1714) in Ungnade und verlor den Oberbefehl des gegen Ludwig Xiv. fechtenden englischen Heeres. Auch starb Kaiser Joseph I. (1705—1711) und der östreichische Kronprätendent für Spanien — der Erzherzog Carl — verließ jetzt Spanien, um von den deutschen Kurfürsten als Carl Vi. (1711—1740) die Kaiserkrone zu empfangen. Nun knüpfte England, welches nicht wünschte, daß ein östreichischer Kaiser von Deutschland zugleich noch dazu die große spanische Monarchie erhielte, mit Frankreich Verbindungen an, und so kam es zu dem für Ludwig Xiv. günstigen Frieden von Utrecht (1713), in welchem sein Enkel Philipp V. als König von Spanien anerkannt wurde. So ging die spanische Monarchie aus der Hand der Habsburger in die Hand der Bourbons über. Zwischen Carl Vi. und Ludwig Xiv. kam es zum Frieden zu Rastatt (1714), in welchem der deutsche Kaiser die spanischen Niederlande (das heutige Belgien) und Mailand und das Königreich Neapel erhielt. (Derselbe Friede wurde zu Baden in der Schweiz auch aus das Deutsche Reich ausgedehnt: deßwegen heißt der Friede der „zu Rastatt und Baden".)
Ludwig Xiv., dessen lnxnsreicher glanzvoller Hof zu Versailles die französische Modeherrschaft über die europäischen Lande brachte, starb i. I. 1715. Bei seinem Tode athmete Frankreich aber wie von einer großen Last auf: die Leiche des großen Königs mußte wegen der Schmähungen und Verwünschungen des Volks aus einem Nebenwege nach der Fürstengruft gebracht werden.
§ 79.
Mer der Csroftc und Carl Xii. Der nordische Krieg: Schwedens Sinken und Rußlands Steigen.
Wahrend dieser Bewegungen und Veränderungen im Westen Enropa's war auch der Norden und Osten in Erschütterung: denn hier war Schweden mit Dänemark, Polen und Rußland im Kampfe. Schweden war durch den westfälischen Frieden die erste Macht im Norden geworden ; die Tochter Gustav Adolfs — Christina (1632—1654) — regierte seit 1644 selbständig, dankte aber ab, trat in Innsbruck öffentlich zum Katholicismus über und lebte dann aus Reisen. Unter (Söll X. (1654 —1660) — einem Prinzen von Pfalz-Zweibrücken , Gustav Aböls s kriegslustigem Schwestersohne, hatte sich Schweden in einem Kriege gegen Polen gefürchtet gemacht und ebenso
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Extrahierte Ortsnamen: England Spanien Spanien England Deutschland Frankreich Utrecht Spanien Rastatt Mailand Neapel Frankreich Schwedens Westen_Enropa's Polen
Peter der Große und Carl Xii. Der nordische Krieg. 111
köpfige Adel gewann die Macht über das Königthum und Polen ward immer schwächer. Der erste Wahlkönig war Heinrich von Anjon (1573), der aber bald Polen verließt um als Heinrich Iii. den französischen Thron (1574) zu besteigen. In Polen aber folgten sich zwischen 1587 und 1672 drei Könige aus dem schwedischen Haufe Wasa. Nach Johann Sobiesky's Tode warb der Kurfürst Friedrich August I. der Starke von Sachsen in Polen König als August Ii. (1697 bis 1733); um der polnischen Krone willen war er katholisch geworden. Dieser nahm nun den Antrag Peter's des Großen zu einem Bündnisse gegen Schweden mit Vergnügen an; diesem Bündnisse gesellte sich auch Dänemark bei und so begann benn der große nordische Krieg (1700—1721 ( Der mit so großer Uebermacht angegriffene junge (erst 18jährige) Schwebenkönig Carl Xii. wenbete sich rasch und kühn gegen Dänemark und zwang besten König zum Frieden von Travendal (1700). Hierauf kehrte er sich entschlossen gegen die Russen, schlug die fünffach größere Zahl in der Schlacht bei Nartva (1700) und drang durch Sitthauen in Polen ein; eroberte Warschau, ganz Polen und erzwang die Wahl Stanislaus Lesczcynski's zum König von Polen gegen August Ii., den er in Sachsen selbst einfallend zum Frieden von Altranstädt (1706) zwang.
Jetzt erst kehrte sich der junge Schwedenkönig wieder gegen die Russen: denn Peter der Große war unterdessen wieder in den Ostsee-provinzen vorgeschritten und hatte Petersburg gegründet (1703). Carl Xii. ging über die Beresina und den Dnjepet: nun hatte er die Wahl, ob er nach Moskau in das Herz des russischen Reiches vordringen oder dem Kosakenhetman Mazeppa folgen wollte, der ihm vorschlug, nach der Ukraine zu ziehen. Unglückseliger Weise ließ sich Carl zu dem Letzteren bereden. Dort aber gerieth er in Mangel und wurde bei Pultatoa (1709) von Peter dem Großen bis zur Vernichtung geschlagen. Als Flüchtling erreichte der tollkühne Schwebenkönig die Türkei, beffen Sultan er zum Kriege gegen Rnßlanb trieb. Aber der am Pruth von den Türken eingeschlossene Peter würde durch die List seiner (zweiten) Gemahlin Katharina gerettet. Vergebens trieb nun Carl Xii. die Türken zu neuem Kriege gegen die Russen; der Sultan aber hatte unterdessen die Schwäche Schwebens in Erfahrung gebracht (— benn der Czar ^>eter hatte die ^stseeprovinzen erobert, August Ii. hatte den polnischen Thron wieber eingenommen und auch Dänemark war vorgeschritten —) und forberte den fchwebifchen König zur Abreise auf. Dieser aber, starrköpfig und hartnäckig, wich nicht und mußte mit Gewalt nach Adria# nopel gebracht werden. Endlich wich er verkleidet und jagte zu Pferd
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Extrahierte Personennamen: Carl_Xii Heinrich_von_Anjon Heinrich Heinrich_Iii Heinrich Johann_Sobiesky's Johann Friedrich August_I. August Carl_Xii Stanislaus_Lesczcynski's August Peter_der_Große Carl_Xii Mazeppa Carl Peter Peter Katharina Carl_Xii August