1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
40
p.
die höchste menschliche Wohnung in der alten Welt, das Kloster
des heiligen Bernhard. Hier wohnen zehn bis zwölf fromme
Mönche, deren einziges Geschäft es ist, die Reisenden unentgelt-
lich zu bewirthen und ihnen alle Hülfe angedeihen zu lassen. In
den acht oder neun Monaten des Jahres, wo Schnee, Nebel, Un-
gewitter und Schneelawinen den Weg sehr gefährlich machen,
streifen diese Geistlichen oder ihre Diener täglich umher, um
Verirrte aufzusuchen, oder Versunkene zu retten. Schon viele
Jahre her bedienen sie sich zur Rettung der Verunglückten auch
besonders abgerichteter grosser Hunde. Diese gehen entweder
allein aus, oder werden von den Mönchen mitgenommen. Sobald
der Hund einen Verunglückten ausgewittert hat, kehrt er in pfeil-
schnellem Laufe zu seinem Herrn zurück und giebt durch Bellen,
Wedeln und unruhige Sprünge seine gemachte Entdeckung kund.
Dann wendet er um, immer zurücksehend, ob man ihm auch nach-
folge, und führt seinen Herrn nach der Stelle hin, wo der Ver-
unglückte liegt. Oft hängt man diesen Hunden ein Fläschchen
mit Branntwein oder andern stärkenden Getränken und ein Körb-
chen mit Brot um den Hals, um es einem ermüdeten Wanderer
zur Erquickung darzubieten. Ein solcher Hund war Barry. Zwölf
Jahre war er uuermüdet thätig und treu im Dienste der Mensch-
heit, und er allein hat in seinem Leben mehr als vierzig Menschen
das Leben gerettet. Der Eifer, den er hierbei bewies, war ausser-
ordentlich. Nie liess er sich an seinen Dienst mahnen. Sobald
der Himmel sich bedeckte, Nebel sich einstellten, oder die gefähr-
lichen Schneegestöber sich von Weitem zeigten, so hielt ihn nichts
mehr im Kloster zurück. Nun strich er rastlos und bellend umher
und ermüdete nicht, immer und immer wieder nach den gefähr-
lichen Stellen zurückzukehren und zu sehen, ob er nicht einen
Sinkenden halten, oder einen Vergrabenen hervorscharren könnte,
und konnte er nicht helfen, so setzte er in ungeheuren Sprüngen
nach dem Kloster hin und holte Hülfe herbei. Als er kraftlos-
and alt war, sandte ihn der würdige Prior nach Bern, wo er starb
und in dem Museum aufgestellt wurde. 0. Lenz.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern]]
TM Hauptwörter (200): [T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat]]
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
164
strafen werde. Hat es nicht das Ansehen, als ob diese Leute mich
geradezu zu ihrem Abgotte machen?"
2. Gustav Ad olfs Tod. Bei Lützen, nicht weit von Leipzig,
hatte Gustav seine Truppen zusammengezogen; hier lagerte er sich am
15. November dem Wallenstein'schen Heere gegenüber. Die Nacht
brachte er im Gespräch mit dem Herzoge Bernhard von Weimar
in einem Wagen zu. Am Morgen des 16. November lag ein dichter
Nebel auf dem Gesilde. Sobald der Morgen graute, befahl der
König seinem Feldprediger, Gottesdienst zu halten. Die Trompeten
bliesen die Melodie einiger geistlichen Lieder: „Ein' feste Burg ist
unser Gott;" „Es woll' uns Gott gnädig sein;" „Verzage nicht, du
Häuflein klein." Das ganze Heer sang die Strophen andächtig
mit. Endlich gegen 10 Uhr blitzten die ersten Sonnenstrahlen durch
den Nebel. Nach kurzem Gebete schwang sich der König auf sein
Roß, stellte sich an die Spitze des Heeres und rief: „Nun wollen wir
dran, das walt' der liebe Gott! Jesu! Jesu! hilf mir heute streiten
zu deines Namens Ehr'!" Den Brustharnisch wies er zurück mit den
Worten: „Gott ist mein Harnisch!" — Der Sieg neigte sich bald auf
den meisten Punkten auf die Seite der Schweden; aber der linke
Flügel wurde zurückgedrängt. Schnell eilte er an der Spitze seiner
tapfern Reiter nach dem bedrohten Orte, den Bedrängten zu helfen.
Sein kurzes Gesicht brachte ihn aber zu nahe an den Feind. Sein
Pferd bekommt einen Pistolenschuß durch den Hals, ein zweiter zer-
schmettert ihm den linken Arm. Er bittet den Herzog vonlauen-
burg, der hinter ihm reitet, ihn aus dem Getümmel zubringen; aber
in diesem Augenblicke erhält er noch einen Schuß in den Rücken.
Mit dem Ausrufe: „Mein Gott, mein Gott!" sinkt er entseelt vom
Pferde, das ihn noch eine Strecke mit sich fortschleift. Wiehernd
rennt des Königs Roß, mit Blut bedeckt, durch die Reihen der Schweden
und bringt ihnen zuerst die Kunde von dem Tode ihres Führers.
Mit namenloser Erbitterung dringen nun die Schweden abermals in
den Feind. Schon weicht dieser, da erscheint Pappenheim mit neuen
Truppen. Da beginnt eine neue Schlacht, aber die Kaiserlichen werden
geworfen, und Pappenheim selber fällt. Als sich die Kunde von
dem Tode des Königs verbreitete, war Freund und Feind gleich
erschüttert, und der Kaiser selbst soll geweint haben, als ihm das blu-
tige Koller Gustav Adolfs gezeigt wurde.
3. Gustav Adolfs Denkmal. Lange Zeit bezeichnete auf dem
Lützcner Felde ein einfacher Stein den Ort, wo Gustav Adolf fiel.
1838 ist auf der Stelle ein gußeisernes Denkmal errichtet worden.
Ein noch schöneres Denkmal indeß ist dem Vertheidiger des evangelischen
Glaubens dadurch hergestellt worden, daß sich im deutschen Vaterlande
ein Verein gebildet hat, dessen Mitglieder jährlich einen Beitrag an
Geld geben, um den unter den Katholiken zerstreut wohnenden
Glaubensgenossen zu Kirchen und Schulen zu verhelfen. Dieser
Verein nennt sich „Gustav-Adolfs-Verein".
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Gustav_Ad Gustav Gustav Gustav Bernhard_von_Weimar Häuflein Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Gustav_Adolf Gustav Adolf
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
165
Friedrich Wilhelm, der große Kurfürst. (1640—1688.)
33. Friedrich Wilhelm als Landesvater.
1. Zustand des Landes bei seinem Regierungsantritt. Wohl
kein Land hatte während des 3ojährigen Krieges mehr gelitten, als das Kur-
fürstenthum Brandenburg. Fast glich es einer Wüste, als Friedrich
Wilhelm die Regierung dieses Landes antrat. Brandenburg und Pommern
waren von den Schweden besetzt, und in der Rheinprovinz hausten die
Holländer und Spanier. Die Grafschaft Ruppin zählte nur noch 4
Dörfer, 50 waren verheert; Berlin hatte nur noch 300 Bürger. Dazu fand
der junge Kurfürst an der Spitze seines Landes einen Mann, welcher ganz das
Vertrauen seines Vaters, des Kurfürsten Georg Wilhelm, gehabt hatte, aber
heimlich in kaiserlichem Solde stand und ein wahrer Vaterlandsoerräther war:
den Minister Adam von Schwarzenberg. Das Heer des Kurfürsten be-
stand aus 6—7000 Söldlingen, die dem Kaiser früher den Eid der Treue ge-
schworen hatten, und worauf der Kurfürst sich durchaus nicht verlaffen konnte.
Die Generale weigerten sich sogar, ihm den Fahneneid zu leisten, und sagten,
sie hätten schon dem Kaiser Treue geschworen. Mit Recht sagt deshalb des
großen Kurfürsten Urenkel, Friedrich der Große: „Friedrich Wilhelm war,
als er zur Regierung kam, ein Herrscher ohne Land, ein Kurfürst ohne Macht,
ein Erbe ohne Erbtheil."
2. Seine Sorge für Landesverbesserungen. Gewiß war es für
den 2ojährigen Kurfürsten kein leichtes Werk, einem so rein zerknickten Lande
wieder aufzuhelfen, aber im Vertrauen auf Gottes Hülfe bebte er vor den
Schwierigkeiten nicht zurück. Sein erstes war, daß er sich mit Männern umgab,
die es mit dem Lande wohl meinten, und den verrätherischen Schwarzenberg
entließ. Dann suchte er sich ein Heer zu verschaffen, auf deffen Treue er rech-
nen konnte, indem er allen Söldnern, bis auf 2000 der erprobtesten, den Ab-
schied gab. Nach und nach vermehrte er dies kleine Häuflein so, daß es auf
30,000 Mann anwuchs, die alle gut eingeübt waren. Vor allem aber suchte er
seinem schwer gedrückten Lande einige Ruhe von außen her zu verschaffen. Mit
den Schweden schloß er deshalb bald Waffenstillstand, die nun bis auf wenige
Oerter das Land räumten. Obgleich er sich auf die Seite der Evangelischen
stellte, so waren doch alle seine Bemühungen auf Wiederherstellung des so lange
gestörten Friedens gerichtet, denn erst dann war es ihm möglich, die Wunden
zu heilen, die der Krieg dem Lande geschlagen hatte.
Im Jahre 1643 durchreiste der Kurfürst selbst die Mark. Wie erstaunte
er über das grenzenlose Elend, das er überall fand! So schrecklich hatte er sich
doch die Verwüstungen nicht vorgestellt, wie sich dieselben seinen Augen dar-
boten. Mit treuer Sorgfalt suchte er zunächst den Ackerbau wieder zu heben.
Friesländer und Holländer zog er in sein Land; diese bauten sich in den Mar-
ken an. Selbst Schweizer folgten seinem Rufe. Damit er dem Landmanne
wieder aufhelfe, erließ er mehrere Jahre denen die Steuern, welche Wüsteneien
ankauften, um sie zu bebauen. Er gab Befehl, daß jeder Unterthan hinter seinem
Hause einen Garten anlege, und kein junger Bauernsohn sollte getraut werden,
ehe er nicht zuvor sechs Obstbäums gepfropft und sechs Eichbäume gepflanzt
habe. Den Anbau der Kartoffeln, die damals noch spärlich angepflanzt wur-
den, betrieb er mit Eifer. Holländer brachten auch die Tabakspflanze mit. Die
Märker fanden aber anfangs an dem Tabakrauchen keinen sonderlichen Gefallen.
Einst war der Kurfürst auf der Jagd, und in seinem Gefolge befand sich ein
Mohr, der Tabak rauchte und einem Bauersmann eine Pfeife anbot. Der ehr-
liche Landmann war darüber sehr verwundert und bedankte sich mit den Wor-
ten: „Nee, gnädiger Herr Düvel, ick freete keen Füerl" — Damit das Geld im
Lande bliebe, verbot der Kurfürst, daß solche Waaren in's Land gebracht wür-
den, die die Märker selbst verfertigen konnten. Damit ein schnellerer Verkehr
stattfinde, wurden die Landstraßen verbessert, Canäle angelegt und die Posten
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Georg_Wilhelm Wilhelm Adam_von_Schwarzenberg Friedrich_der_Große Friedrich Wilhelm Schwarzenberg Düvel
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Brandenburg Schweden Berlin Gottes Schweden
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
166
eingeführt. Der Kurfürst sorgte dafür, daß die Jugend zur Schule angehalten
wurde, und beförderte Kunst und Wissenschaft. Unter andern stiftete er die
Universität Duisburg. Er sorgte dafür, daß die Kirchen, welche zum großen
Theil in Trümmern lagen, wieder aufgebaut wurden, und seine Hofprediger
mußten im Lande umherreisen, um den traurigen Zustand der Gemeinden zu
untersuchen und Vorschläge zu machen, wie zu bessern wäre. Es konnte nicht
fehlen, daß die Unterthanen noch viele schwere Lasten tragen mußten^ und die
Steuern drückten hart; aber man hörte kein Murren, denn jeder war überzeugt,
daß der Kurfürst alles für das Wohl des Landes verwendete.
34. Friede und neuer Kriegslärm.
Fürsten und Völker waren des vielen Blutvergiessens müde. Endlich
kam 1648 zu Münster und Osnabrück der westfälische Friede zu
Stande, der dem 30jährigen Kriege ein Ende machte. Der Kurfürst
aber erhielt im Frieden Halberstadt, Minden, Magdeburg, Hin-
terpommern und Cammin. Eigentlich hätte er ganz Pommern haben
müssen, da aber die Schweden Vorpommern verlangten, so gab er aus
Liebe zum Frieden nach. Dafür hatte er aber die Freude, dass den
Evangelischen gleiche Rechte mit den Katholiken zuge-
sichert wurden.
Doch bald entbrannte ein Krieg zwischen Schweden und Polen.
Der Kurfürst verband sich mit den Schweden, und das vereinigte schwe-
dische und brandenburgische Heer besiegte 1657 bei Warschau in
einer dreitägigen mörderischen Schlacht das weit stärkere Polenheer.
In dem bald darauf folgenden Frieden entsagte Polen der Oberherrschaft
über das Herzogthum Preussen, und der Kurfürst war nun unabhängi-
ger Herzog von Preussen.
35. Der große Kurfürst bei Fehrbellin. (1675.)
Der gefährlichste Feind Deutschlands zur Zeit des großen Kur-
fürsten war der eroberungssüchtige König von Frankreich, Lud-
wig Xiv. Zu verschiedenen Malen fiel er in die deutschen Länder
am Rheine ein, und seine Schaaren hausten furchtbar, wohin sie
kamen. Den Elsaß nahm er weg, das Triersche und Kölnische
wurden barbarisch verwüstet. Da gab der deutsche Kaiser den Reichs-
fürsten Befehl, mit ihren Heeren an den Rhein zu ziehen. Friedrich
Wilhelm erschien mit 20,000 Brandenburgern, die den Franzosen viel
zu schaffen machten.
Ludwig Xiv. trat mit den Schweden in ein Bündniß und bewog
sie, über die Grenze zu setzen und dem Kurfürsten in's Land zu fallen.
Im Dezember 1674, während dieser mit seinem Heere in Franken lag,
rückten die Schweden unter dem Feldmarschall Wrangel in Pommern
ein und in die Mark Brandenburg und erpreßten die größten Kriegs-
steuern in beiden Provinzen. Ludwig triumphirte; er glaubte nun
das herrlichste Mittel gefunden zu haben, das Reichsheer zu trennen.
Allein er irrte sich. Friedrich Wichelm schrieb seinem Statthalter in
der Mark, die Schweden würden ihn durch ihren Einbruch nicht zur
Untreue gegen seine Bundesgenossen reizen; er bedaure das Schicksal
seiner Unterthanen, indessen möchten sie geduldig ausharren, bis er
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig Friedrich_Wichelm Friedrich
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
167
ihnen mit seiner ganzen Macht zu Hülfe kommen könne. Er reiste hier-
auf mitten im Winter selbst nach dem Haag, um sich mit den Niederlän-
dern zu verständigen, versuchte auch, die Höfe von Wien und Kopen-
hagen zum Kampfe gegen die Schweden zu bewegen; aber beide ver-
sagten ihm ihre Hülfe. Auch auf dem Reichstage zu Regensburg be-
mühte er sich vergebens um einen Bundesgenossen. So mußte er sich
also selber genug sein. Mit seinen in den Winterquartieren wohl
ausgeruhten Brandenburgern brach er zu Anfang des Junius 1675
plötzlich auf, eilte in schnellen Märschen nach Magdeburg, ging bei
Nacht über die Elbe und stand vor Rathenow, da man ihn noch
tief in Franken glaubte. Schrecklich war die Ueberraschung der in
Rathenow befindlichen Schweden, als sie plötzlich von allen Seiten
sich angegriffen sahen. Die meisten wurden niedergehauen, die andern
wollten nach Havelberg flüchten, wo Wrangel's Hauptquartier war.
Auch die in Brandenburg und der Umgegend liegenden Schweden
brachen dahin auf, aber der Kurfürst ließ ihnen durch vorangeschickte
Reiter alle Brücken abbrechen. Der Prinz von Hessen-Homburg sollte
mit 1600 Reitern den 7800 Mann starken Feind zum Stehen brin-
gen, aber nicht eher losschlagen, bis der Kurfürst selber nachgekommen
sei. Bei Fehrbellin machten die Schweden Halt und nahmen eine
gute Stellung ein. Prinz Homburg, von seinem Muthe verleitet,
greift an, wird aber bald gänzlich umzingelt. Der Kurfürst hat sein
Fußvolk dahinten lassen müssen und ist noch eine Meile entfernt.
Nun geht alles in Sturmschritt vor, fast eine Meile im vollen Lauf.
Schnell übersieht der Kurfürst die Stellung, postirt auf einem noch
unbesetzten Hügel sein Geschütz, und dieses donnert in den Feind.
Der Kurfürst macht dem Prinzen Luft, kommt aber unter das Geschütz
seiner eigenen Kanonen. Die feindlichen Kugeln schlagen dicht um ihn
her, man zielt auf ihn und seinen weißen Schimmel. Da bietet ihm
sein Stallmeister Frobenius sein eigenes Pferd an, und wenige Augen-
blicke, nachdem er selbst das fürstliche Pferd bestiegen, sinkt er, von
einer schwedischen Stückkugel getroffen, todt herab. Die Schweden
dringen wüthend gegen den Hügel und das Brandenburger Geschütz.
Schon wanken einige Schaaren, als der Kurfürst herbeieilt und sich selbst
an die Spitze etlicher Schwadronen stellt, die keine Offiziere mehr
haben. „Muth!" ruft er, „ich, euer Fürst, nun euer Hauptmann,
will siegen, oder ritterlich mit euch sterben!" Da warfen die kräftigen
brandenburgischen Arme die Feinde auf allen Seiten, und Wrangel
nimmt seinen Rückzug nach Fehrbellin. Alles Geschütz und Gepäck
wird eine Beute der Sieger.
Es war eine denkwürdige Schlacht; die erste, welche die Branden-
burger allein und über einen Feind gewannen, der seither noch im
Glauben der Unbesiegbarkeit stand. Selbst Montecuculi *) ließ zu
Ehren des Sieges dreimal feuern. Von der Beute gab der Kurfürst
2000 Wagen und unzählig Vieh dem schwer mitgenommenen Landvolks
') Berühmter Feldherr de» deutschen Kaisers.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
151
sein Brot auf den Straßen ersingen. Wie er nun ein gar schönes,
frommes Gemüth hatte, so ward er auch stets durch den Gesang zur
tiefsten Andacht gestimmt. Das bemerkte die Frau eines Mannes,
Namens Conrad Cotta. Sie fühlte sich dadurch so sehr zu dem
Knaben hingezogen, daß sie ihn zu sich nahm und ihm Wohnung und
Unterhalt gab. Jetzt war der kleine Luther aus aller Noth. . Freudig
überließ er sich nun dem Lernen und machte solche Fortschritte, daß
er schon nach 4 Jahren die hohe Schule zu Erfurt besuchen konnte.
Hier fand er einst in der Büchersammlung der Schule eine vollständige
lateinische Bibel. Er hatte noch keine gesehen. Mit hoher Freude
nahm er sie in die Hand, und je länger er darin las, desto höher
stieg seine Ehrfurcht vor dem heiligen Buche. Kaum konnte er sich
davon trennen, und so oft es seine Zeit erlaubte, kehrte er zurück und
las in seiner Bibel. Wie gern hätte er sein ganzes Leben der Er-
forschung dieses Schatzes gewidmet! aber sein Vater wünschte, daß er
ein Rechtsgelehrter werden solle, und er gehorchte. Da geschah es,
daß er einst mit seinem Freunde Alexius spazieren ging. Ein schweres
Gewitter zog herauf; ein Blitzstrahl zuckte herab, und Alexius lag er-
schlagen am Boden. Das machte auf Luther einen solchen Eindruck,
daß er auf seine Kniee sank und gelobte, ein Mönch zu werden. Er
hielt sein Gelübde und trat in das Augustinerkloster zu Erfurt. Da
hatte er einen schweren Stand. Gleich anderen Neueingetretenen mußte
er mit einem Sack auf dem Rücken umhergehen und für das Kloster
betteln. Sein frommer Sinn ließ ihn auch das überstehen. Nachdem
er die Priesterweihe empfangen und sich durch Beten und Fasten und
eifriges Lernen schon ganz siech gemacht hatte, erhielt er endlich vom
Kurfürsten Friedrich dem Weisen von Sachsen einen Ruf nach 4
Wittenberg, um an der dortigen Universität zu lehren. Hier er-
warb er sich die Würde eines Doctors der heiligen Schrift und machte
durch seine Lehren und Predigten, bei denen er immer von der Bibel
ausging, ein solches Aufsehen, daß die Jünglinge von nah und fern
herbeieilten, um den außerordentlichen Mann zu hören.
2. Seine Reise nach Rom. Auf einer Reise, die er in
einer Angelegenheit seines Ordens nach Rom machte, hatte er Gelegen-
heit, die Gebrechen der Kirche an ihren Dienern kennen zu lernen.
Wie erstaunte er über die unglaubliche Unwissenheit der Priester und
Mönche! Selten fand er einen, der die heilige Schrift auch nur dem
Namen nach kannte. Und was für ein sittenloses Leben führten sie!
Und wie sah es in den Kirchen aus! Da war keine Spur von einer
Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit. Die öffentlichen
lateinischen Gebete verstand kaum der Priester; man begnügte sich daher,
den Rosenkranz herzuplappern, und überließ das Uebrige den Heiligen
und dem Ablaß. Viele kamen in die Kirche, um sich zu unterhalten;
ja es schien oft so recht darauf abgesehen zu sein, den Anwesenden
eine Belustigung zu bereiten. So erschien z. B. am Aschermittwoch
gewöhnlich ein schlechter Kerl barfuß und zerlumpt in der Kirche, und
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Conrad_Cotta Alexius Alexius Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Sachsen Wittenberg Rom Rom Gottes
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
297
um den Leib biegen kann. Die Vortresflichkeit der Solinger Artikel
ist aber auch weltbekannt. Nach allen Welttheilen hin werden sie ver-
sandt, ja die englische Regierung ließ vor mehreren Jahren die Schwert-
klingen für ihr Heer zum großen Theil nicht in England, dem in
der Stahlwaarenfabrikation so berühmten Lande, sondern in Solingen
fabriciren. Solingen, obwohl ein nicht sehr großer Ort, ist dadurch
in der ganzen Welt berühmt und in fremden Erdtheilen viel bekann-
ter, als manche große Stadt.
Die Fabrikation dieser Stahlwaaren geschieht auf ganz eigenthüm-
liche Weise. Durch gar viele Hände muß ein solches Messer oder
eine Scheere, oder irgend ein anderer Artikel gehen, bevor er zum Ver-
kauf fertig ist. Vom Fabrikherrn wird z. B. eine Scheere zuerst dem
Schmied zum Schmieden aufgegeben; ein anderer besorgt das Feilen,
ein dritter das Härten, ein vierter das Schleifen und Poliren, ein
fünfter „das Klarmachen der Augen", ein sechster endlich schlägt den
Nagel ein. Weil jeder immer das Eine und nur das Eine besorgt,
so erlangen sie darin eine große Fertigkeit und die Waaren eine Voll-
kommenheit, welche ein einzelner Arbeiter, der alle diese Geschäfte zu
verrichten hätte, nicht erzielen könnte. Wollte man nun glauben, daß
diese Arbeiter in einem großen Fabrikgebäude vereinigt wären, so
würde man sich sehr täuschen. Jeder arbeitet in seiner eigenen Woh-
nung und liefert, wenn er fertig ist, seine Waare dem Fabrikherrn ab.
Wie für die Schneidewaaren Solingen der Hauptfabrikort ist,
so für die aus Stahl verfertigten Handwerkszeuge aller Art Rem-
scheid. Hier werden Hämmer, Meißel, Bohrer, Feilen, Sägen, Sen-
sen, Sicheln, Beile, Aerte, Häckselmesser, Sporen, Steigbügel, Gebisse,
Schlittschuhe, kurz eine zahllose Menge von dergleichen Artikeln ange-
fertigt. Außerdem werden daselbst auch viele Messingwaaren gemacht.
Auch die Rcmscheider Waaren sind weltberühmt, und Remscheider Fabri-
kanten handeln, wie die Solinger, nach allen Ländern.
149. Die Diakonissen-Anstalt in Kaiserswerth.
In den Tagen, in denen die Christen alles gemein hatten und
Ein Herz und Eine Seele waren, und keiner von dem Seinen sagte,
daß es sein sei, pflegten sie die Kranken mit großer Liebe. Die Ge-
meinde berief zu diesem Liebeswerke eigene Diakonen und Diakonissen,
Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen, die ganz diesem Berufe lebten.
Davon lesen wir in den Briefen der Apostel hin und wieder; in der
Epistel an die Römer, im Anfange des 16. Kapitels, wird z. B. der
Diakonissin Phoebe in Kenchrea mit großer Dankbarkeit gedacht.
Viele Jahrhunderte noch wirkten die Diakonissen in Segen, da
auch bereits jene Gütergemeinschaft hatte aufhören müßen. Leider
ging das Amt in: Laufe der Zeit unter; allein das Bedürfniß blieb,
und immer mehr verlangten die Gemeinden wieder nach Dienerinnen
zur Pflege der Kranken und Hülfsbedürftigen in den Gemeinden. Der
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Apostel Phoebe
Extrahierte Ortsnamen: England Solingen Solingen Solingen Kaiserswerth Kenchrea
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
298
Mann, der den zu segnenden Gedanken faßte, die Diakonissen wieder
in's Leben zu rufen, hieß Theodor Fliedner*) und war evange-'
lischer Pfarrer zu Kaiserswerth. Die Diakonissen sollten zunächst für
Rheinland und Westfalen evangelische Krankenpflegerinnen werden,
sie sollten Leidende aller Religionen pflegen, sowohl in den Wohnun-
gen derselben, als auch in den Krankenhäusern, auch in den Dienst
ganzer Gemeinden eintreten, je nach Wunsch und Bedürfniß.
Pfarrer Fliedner kaufte nun 1836 ein großes Haus in Kaisers-
werth an, das 20 hohe, geräumige Zimmer hatte, einen geschlossenen
Hof und die nöthigen Wirthschaftsgebäude nebst 3/4 Morgen Land.
(5s ward eine Krankenanstalt eingerichtet, und 7 Diakonissen traten in
den Dienst ein bei 60 Kranken, womit das Haus eröffnet wurde.
Was den Dienst im Hause betraf, so hatten sich die Diakoniffen
oder Schwestern darin getheilt. Die eine übernahm Küche und Haus-
haltung, eine andere die Wäsche und Leinwand, wieder eine andere
pflegte die kranken Kinder, und noch eine andere die kranken Frauen.
Ueberdies besorgten sie im Sommer auch den Garten. Ein Kranken-
pfleger war übrigens zur Pflege der kranken Männer beigegeben.
Der Arzt, welcher die ärztliche Pflege der Kranken besorgte, unterrich-
tete die Diakoniffen auch getreulich in ihrem schönen, aber schweren^
Berufe. Nicht nur wird den Kranken leiblich geholfen, sondern auch
für ihre Seele wird gesorgt. Es wird ihnen aus Gottes Wort und
andern nützlichen Schriften vorgelesen, und wenn sie auf dem Wege
der Genesung sind, giebt man ihnen leichte Beschäftigungen, wodurch
die Langeweile entfernt und nützlich gewirkt wird.
So sind denn im ersten Jahre des Bestehens 88 Kranke in der
Anstalt verpflegt worden. Außer den 7 Diakoniffen, die gebildet
wurden, leitete Pfarrer Fliedner auch die Ausbildung von 14 Lehrerin-
nen für Kleinkinderschulen, denn auch für die Pflege der kleinen Kin-
der wollte der edle Mann sorgen. Ueberdies bildete er andere Jung-
frauen zu Gefangenwärteri«nen und Armenpflegerinnen aus. Auch
gründete er eine Anstalt, in welcher solche weibliche Gefangene ein
Unterkommen finden können, die im Gefängnisse Hoffnung der Besserung
gaben, die aber nach ihrer Entlastung aus dem Gefängnisse leicht wie-
der auf die breite Bahn des Verderbens gerathen können. Fliedner
nannte diese Anstalt Asyl, d. h. Zufluchtsort.
Alle diese Anstalten kosteten im ersten Jahre ihres Bestehens
6671 Thlr. 28 Sgr. 9 Pf. Woher kam aber das Geld? — Als
Fliedner die Anstalt anfing, hatte er — nichts; aber er glaubte, hoffte,
betete und bat die Menschen — und siehe da, er, deß das Silber und
Gold ist, machte die Herzen vieler Wohlthäter aus allen Gegenden
und Stünden willig, Handreichung zu thun, und am Ende des Jah-
res 1837 war alles bezahlt, bis auf etwa 200 Thaler.
Von Jahr zu Jahr wuchs nun die Anzahl der Kranken und
der Diakonissen. Bald wurden von vielen Orten Diakoniffen verlangt,
*) Er starb 1864.
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
299
an noch mehreren entstanden Kleinkinderschulen, und kaiserswerther
Kleinkinderlehrerinnen wirkten und wirken weit und breit im Segen.
Aber wie die Anstalten wuchsen und die Ausgaben sich vermehrten,
so flössen auch immer reichlicher die Gaben der Liebe, daß das Werk
erhalten und weiter gepflegt werden konnte. In dem bekannten „Christ-
lichen Volkskalender", zum Besten der Anstalt herausgegeben, wird uns
alljährlich erzählt, wie es mit demselben aussieht. Darnach zählte
Ende 1866 das Mutterhaus 500 Schwestern in ihrem Verbände, von
denen 320 eingesegnete Diakonissen* und 180 Proöeschwestern waren.
Außerhalb Kaiserswerth arbeiteten 385 Schwestern in 130 Kranken-,
Armen-, Siechen-, Waisen- und Rettungshäusern, Erziehungs- und
Lehranstalten und Gemeinden. Die Zahl der im Jahre 1866 im
Diakonissen-Krankenhause verpflegten Kranken betrug 820. Längst aber
beschränkt sich das Wirken der Diakonissen nicht mehr auf Rheinland
und Westfalen. Weit über Preußen und Deutschland, sogar über
Europa hinaus bis in Asien, Afrika und Amerika erstreckt es sich in
segensreicher Thätigkeit. Und die ungeheuren Ausgaben des Jahres
1866 mit 78,419 Thalern hat wieder die Liebe bis auf 5582 Thaler
gedeckt. Das ist der Finger Gottes, und wir mögen uns sagen: Gott
ist die Liebe! An seinem Segen ist alles gelegen. Uns aber wollen
wir fragen: Was thust du für die Anstalten in Kaiserswerth, welche
eine so große Wohlthat für unser Land, ja für die ganze evangelische
Kirche sind?*) (Nach der Spinnstube.)
*) 2n Duisburg besteht eine ähnliche Anstalt zur Bildung von Diakonen oder Krankenpflegern.
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Ortsnamen: Kaiserswerth Rheinland Westfalen Deutschland Europa Asien Afrika Amerika Gottes Kaiserswerth Duisburg
1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
Auflagennummer (WdK): 28
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
Geschlecht (WdK): koedukativ
162
Tochter den Eid der Treue hatte schwören lassen, nahm er in so herz-
ergreifender Rede Abschied von den Seinen, daß allen die Thränen in
den Augen standen. Tief gerührt schloß er seine Rede mit den Worten:
„Ich sage euch allen Lebewohl; ich sage es vielleicht auf ewig!"
2. Sein Erscheinen und seine Aufnahme in Deutschland.
Mit einem auserlesenen Heere von 15,000 Mann landete er in Pommern
(1630). Sobald sein Fuß die deutsche Erde betrat, sank er auf die
Kniee und dankte Gott mit lauter Stimme für die glückliche Ueberfahrt
und bat um ferneren Segen. Da wurde das Auge manches alten
Kriegers feucht vor Rührung; aber der König sprach: „Weinet nicht,
meine Freunde, sondern betet! Je mehr Betens, desto mehr Siegens."
In Wien spottete man anfangs des „nordischen Schneekönigs", wie man
ihn nannte, und Ferdinand selbst soll bei der Nachricht von der Landung
spöttelnd zu Tilly gesagt haben: „Wir haben ein kleines Feindelmehr
bekommen." Verständige Männer aber urtheilten anders, und Tilly
meinte, es sei schon ein großer Gewinn, gegen Gustav Adolf das Spiel
nur nicht zu verlieren.
Zuerst vertrieb Gustav in Sturmeseile die Kaiserlichen aus Pom-
mern, Mecklenburg und Brandenburg. Ueberall nahm ihn das
Volk wie einen rettenden Engel auf; aber die evangelischen Fürsten
mißtrauten ihm und fürchteten den Kaiser und wollten sich nicht mit ihn:
verbinden. Ja, sein Schwager, Georg Wilhelm von Brandenburg,
wollte es lieber mit den Kaiserlichen, als mit den glaubensverwandten
Schweden halten. Erst als Gustav Adolf bei einer Zusammenkunft
vor Berlin dem Kurfürsten sagte: „Ihr werdet es einst vor Gott zu
verantworten haben, daß ihr um des Evangeliums willen nichts habt
thun wollen," gab dieser die Festungen Spandau und Küstrin an
die Schweden. Jetzt eilte Gustav, um Magdeburg von Tilly zu
befreien, der diese evangelische Stadt hart belagerte. Dieselbe hatte
Boten an ihn gesandt und ihn flehentlich um Hülfe bitten lasten.
„Drei Wochen haltet euch noch," hatte er ihnen sagen lassen, „dann
hoffe ich euch Hülfe zu bringen." Aber der Kurfürst von Sachsen
verweigerte ihm den Uebergang über die Elbbrücke bei Wittenberg,
und während er noch mit demselben unterhandelte, traf schon die schreck-
liche Nachricht ein, daß Magdeburg von den Kaiserlichen erobert sei.
31. Die Zerstörung Magdeburgs. (i63i.)
Es war am 10. Mai in der Sonntagsfrühe. Tilly hatte am Tage vorher
die Stadt fürchterlich beschossen und dann sich zurückgezogen. Da meinten die
Belagerten, er wolle die Belagerung aufheben. Die Stadt athmete auf aus
schwerer Angst, und die ermüdeten Bürger und Soldaten, die seit Monaten
nicht mehr ausgeschlafen hatten, begaben sich gegen 5 Uhr morgens in ihre
Wohnungen, um auf ein paar Stunden der Ruhe zu pflegen. Um 7 Uhr aber
donnerten plötzlich wieder die Kanonen, und von allen Seiten stürzten die Kai-
serlichen, mit Sturmleitern versehen, auf die Wälle los. Die meisten Soldaten
und Bürger waren noch im Schlaf, die wenigen Wachen wurden schnell über-
rumpelt, und Pappenheim war mit einem Heerhaufen bereits in der Stadt
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff]]
Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Tilly Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav Gustav Georg_Wilhelm_von_Brandenburg Wilhelm Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav Gustav Tilly Tilly
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Pommern Wien Brandenburg Berlin Spandau Schweden Magdeburg Sachsen Wittenberg Magdeburg Magdeburgs Pappenheim