Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
168 —
rüchtigten „Raubkriege". In dem ersten Raubkriege hoffte er, das reiche
(spanische) Brabanter Land an sich zu reißen. Da trat ihm der Dreibund
(Holland, England und Schweden) entgegen, und er bekam nur einen kleinen
Teil von Flandern (1668). Das verdroß den stolzen König sehr, und er be-
schloß, zunächst an Holland Rache zu nehmen. So brach der zweite Krieg
aus, in welchem der tapscre Statthalter Wilhelm Iii. von Oranien nebst den
berühmten Seeheldcn de Ruyter und Tromp die Niederlande siegreich ver-
teidigten. In diesem Kriege stand auch der Große Kurfürst von Brandenburg
auf Hollands Seite. Als Frankreichs Heere die Niederlande räumen mußten,
stürzten sie sich auf das Rheinland und verwüsteten unter Tärenne und Condee
die Pfalz zweimal auf barbarische Weise. Endlich mußte Ludwig Frieden
schließen. Er bekam die Frauchecomte, mehrere feste Plätze in den Nieder-
landen, Freiburg im Brcisgau und 10 elsässische Städte (1679). Nun setzte
Ludwig die sog. Rcunionskammcrn ein, d. h. er beauftragte eine Anzahl
gelehrter Männer, zu untersuchen, welche Gebiete einst zu irgend einem der
Lande oder zu einer der Städte, die er in dem Frieden an Frankreich gebracht
hatte, gehörten. Diese Gebiete nahm er dann einfach in Besitz. Deutschlands
Kaiser und Fürsten ließen cs ohne Schwertstreich geschehen. Endlich setzte
Ludwig seinen Räubereien die Krone auf, indem er mitten im Frieden die
freie deutsche Reichsstadt Straßburg wegnahm (1681). Ohnmächtig sahen
Kaiser und Reich auch diesem frechen Raube zu. — Wenige Jahre später
machte Ludwig Ansprüche auf die Rheinpfalz, deren Kurfürst gestorben war.
Er ließ seine Truppen schleunigst in die Pfalz einmarschieren. Die Generäle
hatten den Befehl, sämtliche Städte und Dörfer in Brand zu stecken, ehe die
deutschen Heere und ihre Verbündeten herankämen. So sanken Mannheim,
Speyer, Worms, Heidelberg und viele andere Städte in Schutt und Asche.
Das prachtvolle Heidelberger Schloß wurde gesprengt. Die Pfalz wurde durch
diese Mordbrcunereien gänzlich verwüstet, ihre Bewohner dem Hunger und der
Winterkältc erbarmungslos preisgegeben. Dieser dritte (pfälzische) Raubkrieg
dauerte 10 Jahre. Im Frieden von Ryswick in Holland behielt Ludwig das
Elsaß und Straßburg (1697).
b) Die Entwickelung des brandenburgisch - preußischen
Staates zu einer Großmacht Europas.
§ 80. Brandenburgs Anfänge. Der Schauplatz der
brandenburgisch-preußischcn Geschichte ist im ganzen das Gebiet zwischen
Elbe und Weichsel. Hier wohnten ursprünglich deutsche Stämme (vergl.
§ 29). Sie hatten in der großen Völkerwanderung diese Sitze verlaffen,
und slavische Völkerschaften waren dort eingerückt und bis über die
Elbe nach Westen vorgedrungen. Diese waren noch Heiden und erbitterte
Feinde der Deutschen. Karl d. Gr. hat bereits Krieg mit slavischen
Stämmen geführt. Heinrich I. eroberte Brennaburg, die feste Stadt der
Heveller (928), und bildete aus den eroberten slavischen Landen diesseit
und jenseit der mittleren Elbe die Nordmark (Mark Brandenburg. S. §43).
Sein Sohn Otto d. Gr. gründete Bistümer im Slavenlande, um die
Slaven zum Christentume zu bekehren. Unter Heinrich Iv. aber gingen
das Christentum und die deutsche Herrschaft jenseit der Elbe wieder zu
Grunde. Erst Kaiser Lothar nahm den Plan wieder auf, die an die
Slaven verloren gegangenen Lande zurück zu erobern und deutsches, christ-
liches Wesen dort einzuführen. Er setzte seinen treuen Freund und Waffen-
bruder Albrecht den Bären aus dem Hause der Askanier zum Mark-
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Elsaß Ludwig Karl_d Karl Heinrich_I. Otto Heinrich_Iv Heinrich Lothar Albrecht Albrecht
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Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
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172
Brandenburg, den Polenkönig zu bewegen, ihm die Mitbelehnung in
Preußen zu gewähren. Seine Bemühungen glückten, und Joachim empfing
1569 die Mitbelehnung in Preußen. Wenn also früher oder später Albrechts
Haus dort ousstarb, so erhielten die Kurfürsten von Brandenburg Preußen
als Leben von Polen. Das ereignete sich bereits unter der Regierung des
Kurfürsten Johann Siegismund (1608—1619). Dieser hatte die älteste
Tochter Herzog Albrechts Ii. von Preußen geheiratet. Sein Schwiegervater
starb 1618 und nun wurde Johann Siegismund Herzog von Preußen. Seine
Gemahlin aber war zugleich die Erbin der Herzogtümer Kleve, Jülich, Berg
nebst Mark und Ravensberg im Rheinlande und Westfalen. Diese reiche Erb-
schaft freilich bekam Johann Siegismund nicht ganz, sondern nur das Herzog-
tum Kleve und die gewerbreichen Grafschaften Mark und Ravensberg.
Der Gedanke, die zahlreiche reformierte Bevölkerung der neuen Länder
leichter für sich zu gewinnen, veranlaßte vielleicht den Kurfürsten Johann
Siegismund mit, zur reformierten Kirche überzutreten. Dadurch ver-
scherzte er sich freilich die Liebe seiner lutherischen Unterthanen. Er starb, als
eben der 30jährige Krieg ausgebrochen war. — Sein Sohn und Nachfolger
Georg Wilhelm (1619—1640) war zum Unheil für seine Länder nicht der
Mann. welcher klug und kräftig genug gewesen wäre, um den Stürmen des
schrecklichen Krieges die Stirn zu bieten. Er wollte anfangs neutral bleiben.
Die Folge davon war, daß protestantische wie katholische Söldnerscharen die
Marken plünderten. Nun stellte er sich aus die Seite des Kaisers, dennoch
traf das Restitutionsedikt (s. § 76) auch ihn mit ganzer Wucht. Als jetzt
Gustav Adolf, welcher sein Schwager war. gegen den Kaiser austrat, weigerte
sich Georg Wilhelm hartnäckig, mit jenem ein Bündnis zu schließen.
Endlich zwang der Schwedenkönig ihn mit Gewalt dazu. Doch kaum war
Gustav Adolf gefallen, da schloß der Kurfürst seinen (Prager) Frieden mit
dem Kaiser. Von da an wüteten bald die siegenden Schweden, bald die vor-
dringenden Kaiserlichen mit Raub und Brand in den Marken. Kein anderes
deutsches Land vielleicht hat in jener Zeit so schreckliche Verwüstungen erlitten,
als Brandenburg. Endlich verließ Georg Wilhelm sein grausam zertretenes
Brandenburg und ging nach Preußen. Dort ist er 1640 gestorben.
§ Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst wurde
1620 in Berlin geboren. Seine Mutter erzog ihn vortrefflich
und prägte ihm frühzeitig in die Seele, „Gott vor allem und
seine Unterthanen zu lieben, das Laster zu hassen; dann werde
Gott seinen Stuhl bestätigen." Dazu mußte er fremde Sprachen
und andere Wissenschaften eifrig lernen und sich im Gebrauche der
Waffen üben. Als Friedrich Wilhelm 14 Jahre alt war. schickten
die Eltern ihn mit seinem tüchtigen Erzieher nach Holland. Dort
sollte er auf der Universität Leyden noch weiter studieren und
dazu bei den berühmten holländischen Feldherren lernen, wie man
Krieg führen müsse. Beides hat er mit gleichem Eifer gethan.
Aber Holland bot dem wißbegierigen Prinzen noch viel mehr.
Bald stand er auf der Werft und schaute zu, wie Schiffe gebaut
wurden, dann am Hafen und staunte die gewaltigen Lastschiffe an,
welche Güter und Schätze aus aller Welt heimbrachten; bald eilte
er dorthin, wo man einen Kanal baute, dann wieder besuchte er
Rittergüter und Bauernhöfe, um zu lernen, wie man den Ackerbau
und die Viehwirtschaft betreiben müsse. Daneben gewann er noch
immer Zeit, um mit jungen Fürsten und Adligen im Haag zu
verkehren. Als diese aber einst versuchten, ihn zu einem leicht-
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Siegismund Johann Georg_Wilhelm Wilhelm Gustav_Adolf Gustav Adolf Georg_Wilhelm Wilhelm Gustav_Adolf Gustav Adolf Georg_Wilhelm Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
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174
Wir wissen bereits (s. § 79), daß König Ludwig Xiv. seine gierige
Hand nach den reichen Niederlanden und dem linken Rhei'n-
ufer ausstreckte. ^Darüber kam es zum Kriege zwischen Frankreich
und Holland. Friedrich Wilhelm schloß nun ein Bündnis mit
Holland und zog mit seinem Heere an den Rhein. Da verband
sich der Franzosenkönig mit Schweden. Bon Pommern aus fielen nun
schwedische Truppen in Brandenburg ein und hausten dort entsetzlich.
Die unglücklichen Märker Bauern schlossen sich zusammen, um sich
gegen die Schweden zu verteidigen. Die Inschrift ihrer Fahne
lautete: „Wir sind Bauern von geringem Gut und dienen unserm
gnädigsten Kurfürsten mit Leib und Blut." Endlich eilte Friedrich
Wilhelm herbei, hieb in Rathenow ein schwedisches Reiterregiment
in Stücke und besiegte das schwedische Heer in der ruhmreichen
Schlacht bei Fehrbellin (1675). Der wackere General
Derfflinger trug nicht wenig zu diesem Siege bei. Die
Schweden wurden nicht nur aus der Mark, sondern auch aus
Pommern und Preußen hinausgeworfen. Inzwischen aber hatte
der Kaiser mit Frankreich Frieden gemacht und ließ nun den
Kurfürsten im Stiche. Deshalb mußte dieser in dem Frieden
zu St. Germain Vorpommern wieder an Schweden herausgeben.
Voll Ingrimm rief er aus: „Aus meinen Gebeinen wird ein
Rächer erstehen!"
Die Friedensarbeit des Kurfürsten brachte reichen Segen über
seine Lande. Er zog (besonders holländische) Ansiedler in die Marken, welche
verstanden, Sümpfe und Moore zu entwästern und sie in sruchrbare Äcker und
Wiesen umzuwandeln. Er legte Musterwirtschaften an, an welchen seine Bauern
lernen konnten, wie man den Acker- und Gartenbau treiben müsse. Auch
verdankt die Mark ihm die Einführung der Kartoffel. Des Kurfürsten treffliche
Gattin, Luise Henriette von Oranien, ging ihm dabei mit Rat und That
zur Seite. Gewerbfleiß und Handel suchte er aufs eifrigste zu fördern durch
Anlegung von Fabriken, durch den Bau des Friedrich-Wilhelmskanals bei
Müllrose, auf welchem die Schiffe unter Benutzung der Havel und Spree aus
der Elbe in die Oder segeln konnten. Er erwarb sogar ein Stück Landes an
der Goldküste Afrikas und gründete dort die Kolonie Groß-Friedrichsburg. Sie
ging später wieder verloren. — Friedrich Wilhelm war ein gottessurcktiger
Fürst. Er konnte König von Polen werden, wenn er nur katholisch hätte
werden wollen. Das aber lehnte er entschieden ab mit den Worten: „Meine
Religion, darin ich meirrer Seligkeit versichert bin, unr einer
Krone willen zu verlassen, werde ich in Ewigkeit nicht thun."
Mit Schmerz sah er, daß die Geistlichen der lutherischen und reformierten Kirche
sich heftig zankten. Er erließ ein strenges Verbot gegen alle Lehrzänkereien auf
der Kanzel. Die Geistlichen sollten sich schriftlich verpflichten, dem Befehle zu
gehorchen. Alle, die sich weigerten, wurden abgesetzt. Unter diesen war auch
der fromme Liederdichter Paul Gerhardt. — Im Jahre 1688 schied Friedrich
Wilhelm aus diesem Leben. Er hat den Grund zu Brandenburgs späterer Größe
und Macht gelegt.
§ 84. Friedrich Iii. (1688—1713) hatte zwar nicht die
Kraft und den Heldenmut des Vaters geerbt, wohl aber den hoch-
strebenden Geist desselben. Er liebte und führte eine üppige und
glänzende Hofhaltung und war unablässig darauf bedacht, das
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Wilhelm Friedrich Wilhelm Derfflinger Germain Luise_Henriette_von_Oranien Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Paul_Gerhardt Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Iii Friedrich
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155
Deutsche Reforimitioiisgcschichte.
a) Reformation der Kirche.
§ 68. Wir wissen, daß die Kirchenversammlung zu Konstanz (§ 62)
die Kirche an Haupt und Gliedern reformieren wollte. Leider war diese ichwere
Arbeit mißlungen. Anstatt besser, war es in der christlichen Kirche nur schlimmer
geworden. Die Lehre der Kirche ruhte nicht mehr auf dem Evan-
gelium allein Sie war verunreinigt durch Menschensatzungen, und feie)e
Menschensatzungen für den Glauben und für das Leben der Christen wurden
vielfach eindringlicher und eifriger gepredigt, als das Evangelium selbst. Vor
allen Dingen mußte der Christ glauben, daß der Papst der Stellvertreter
Christi aus Erden sei; er mußte glauben, daß der Priesterstand ein hübercr
und besserer sei, als jeder andere Christenstand; daß die Seele nach dem Tode
ins Fegfeuer komme, daß nur dem Priester auch der Kelch beim h. Abend-
mahle gcbübre u. dgl. m. Christi Verdienst war nicht mehr der
alleinige Grund der Seligkeit. Der Christ müsse und könne sich —
so lehrte die Kirche — durch gute Werke (Fasten, Wallfahrten, Büßungen,
Rosenkranzbeten, Anrufung und Verehrung Marias und der Heiligen) ein
Verdienst vor Gott erwerben. — Das Leben der Christenheit wurde
durch Laster und Verbrechen aller Art entheiligt. Die Quelle des
Verderbens war der päpstliche Hos in Rom, wo maßlose Geldgier, Völlcrei und
Unzucht im Schwange gingen. Bei der Geistlichkeit sah es vielfach ebenso
scblimm aus. Sehr viele Geistliche kümmerten sich wenig um Predigt und
Seelsorge; Pferde, Hunde und Jagdfalken interessierten sie mehr. In prunkenden
Gastmählern verpraßten manche das Gut frommer Stiftungen. In den
Klöstern waren Zucht und Sitte verloren gegangen, und die Mönche waren
wegen ihrer Unwissenheit, Roheit und Lasterhaftigkeit tief verachtet. Der ein-
fältige Christenmcnsch aber ärgerte sich an dem schamlosen Treiben, und nicht
wenige ahmten ungescheut das böse Beispiel ihrer Priester nach. -In dieser
Zeit tiefster Verderbnis erweckte Gott den Mann, welcher die Kirche reformieren
sollte: Dr. Martin Luther.
§ 69 Lutbers Leben. 1. Luthers Jugendzeit. Luther
wurde am 10. November 1483 in Eisleben am Unterbarze ge-
boren. Sein Vater, Hans Luther, war ein armer Bergmann,
ernst, streng und fromm. Er stammte aus Möhra in Thüringen.
Hans Luther erzog seine Kinder sehr streng. Arbeit und pünkt-
lichen Gehorsam gegen Gott und die Eltern mußten sie von früh
auf lernen. In Mansfeld am Harze, wohin Luthers Eltern ge-
zogen waren, besuchte Martin die Schule. Hier herrschte eine
ebenfo harte Zucht, als im Elternhause. Spater kam er in die
lateinische Schule zu Magdeburg und dann nach Eisenach, wo er
Verwandte hatte. In Eisenach sang er mit anderen armen
Schülern vor den Thüren reicher Leute ums Brot, bis ihn die
Frau Cotta in ihr Haus aufnahm. Nun brauchte er wenigstens
nicht mehr für das tägliche Brot zu sorgen, sondern konnte un-
gestört lernen. Luthers Vater war inzwischen wohlhabender ge-
worden. Er wollte, daß sein Sohn ein Nechtsgelehrter werden
sollte. Deshalb zog Martin Luther 1501 nach Erfurt, um da
auf der Universität die Rechte zu studieren. Hier hat er nach dem
Spruche gearbeitet: „Fleißig gebetet ist über die Hälfte studiert."
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Extrahierte Ortsnamen: Christi Marias Rom Eisleben Möhra Thüringen Mansfeld Luthers Magdeburg Eisenach Eisenach Erfurt
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156
Besonders eifrig lernte er hier auch lateinisch und griechisch. Eines
Tages fand er in dem Büchersaale der Universität 'eine Bibel. Das
war der beste Fund seines Lebens. Mit Eifer und Ernst las er
und las sich immer tiefer hinein. Je mehr er las, desto mehr
erkaltete in ihm die Lust, ein Rechtsgelehrter zu werden. Dazu
wurde er todeskrank. Die Krankheit stimmte ihn sehr ernst. Er
gedachte an seine Sünde und fragte sich, ob er vor Gott, dem
strengen Richter der Sünder, bestehen und selig werden könne.
Dieser Gedanke machte ihn sehr unruhig. Als er genesen war,
reiste er zu seinen Eltern. Auf der Heimkehr überraschte ihn nahe
bei Erfurt ein heftiges Gewitter. Ein vor ihm einschlagender
Blitzstrahl schmetterte ihn zu Bodem Voll Entsetzens rief er aus:
„Hilf, liebe St. Anna, ich will ein Mönch werden!"
2. Luthers Klosterleben. Ohne seine Eltern zu fragen, ging
Luther 1505 in das Augustinerkloster zu Erfurt und wurde ein
Mönch. Zunächst mußte er die niedrigsten Dienste verrichten im
Kloster, dann mit dem Bettelsack auf dem Rücken Gaben für das
Kloster sammeln. Dazu quälte er sich ab mit Beten, Fasten,
Wachen, daß er sich fast zu Tode marterte. Er konnte später mit
Recht sagen: „Wahr ist's, ein frommer Mönch bin ich gewesen.
Ist je ein Mönch in den Himmel kommen mit Möncherei, so
wollte ich auch hineingekommen sein." Seine einzige Freude war,
daß er im Kloster auch die Bibel lesen und lernen konnte. Aber
je mehr er sich abquälte, je mehr er in der Bibel studierte, desto
unruhiger wurde er in seinem Gemüte. Er konnte keinen Frieden
für seine Seele finden in aller Möncherei, bis ein alter Kloster-
bruder ihm das Wort in die Seele rief: „Ich glaube an eine
Vergebung der Sünden". Dazu wies ihn der Vorsteher
der Äugustinerklöster in Deutschland, Dr. Staupitz, auf das Wort
der Römerbriefes: „Wer nicht mit Werken umgehet,
g l a u b e t a b e r a n d e n, der d i e G o t t l o s e n gerecht macht,
dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit."
Da wurde es allmählich Licht in Luthers geängstigter Seele. Er
hatte endlich den Weg gefunden, der zum Frieden führt: daß der
Sünder gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch
den Glauben.
3. Luther als Professor und Prediger in Wittenberg. —
Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen hatte in Wittenberg
eine Universität gegründet und suchte noch einen tüchtigen Lehrer
für diese hohe Schule. Da schlug Dr. Staupitz ihm Martin
Luther vor. Der Kurfürst berief nun den Augustiner-
mönch Luther als Professor an die Universität
Wittenberg. Hier hat er gelehrt, daß die Menschen sich nicht mit
ihren Werken' Vergebung der Sünden verdienen können, sondern
zu dem Sohne Gottes kommen müssen, welcher als das Lamm
Gottes der Welt Sünde getragen hat. — Auf Staupitzens Befehl
mußte Luther auch predigen. Seine Predigten waren so gewaltig,
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Luther
Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
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202
ein. Er starb kinderlos; darum folgte ihm sein Bruder Wilhelm als
König von Preußen.
§ 103. Umschau in Europa Die Februarrevolution des
Jabres 1848 hatte den französischen Königsthron umgestürzt und den „Bürger-
könig" Louis Philipp gezwungen, abzudanken. Frankreich wurde Republik
0°, § 101). Bum Präsidenten der Republik wurde Prinz Louis Napoleon
gewählt, ein Neffe Kaiser Napoleons I. Am 2. Dezember 18^2 ließ Louis
Napoleon sich durch eine allgemeine Volksabstimmung zum Kaiser der
Franzosen wählen. Er dürstete darnach, sein Haupt mit Siegeslorbeeren
zu schmücken und eine ähnliche Rolle in Europa zu spielen, wie sein Oheim.
Ein unglücklicher Krieg gegen Rußland war der Anfang zum Sturze des ersten
Napoleons geworden: ein siegreicher Krieg gegen Rußland sollte die erste
Stufe der Vorherrschaft des dritten Napoleons werden. Rußland wollte festen
Fuß auf der Balkanhalbinsel fassen, indem es vorgab, die dortigen Christen
gegen die Türken beschützen zu müssen. Das wollten die übrigen Großmächte
Europas nicht leiden Frankreich und England (später auch Österreich) führten
gemeinschaftlich den Kampf gegen Kaiser Nikolaus von Rußland (1853 bis
1856). Der Schauplatz desselben war besonders die Halbinsel Krim, darum
heißt der Krieg der „Krimkrieg". Die verbündeten Mächte siegten und
nötigten Rußland zum Frieden. — Bald nachher sollte Österreich gedemütigt
werden, wie Rußland. In Italien gab es eine große Bohl von Männern,
welche die Einigung aller Italiener zu einem Reiche erstrebten. Der
König Viktor Eman uel von Sardinien stellte sich die Aufgabe, ein einiges
Königreich Italien herzustellen. Nun aber besaß Österreich die Lombardei und
Vcnetien. Diese Länder mußten ihm mit Gewalt entrissen werden. Na-
poleon Iii. unterstützte die Pläne Viktor Emanuels. Seine Heere besiegten die
Österreicher bei Magenta und Solferino (1859). Im Frieden von Bürich
mußte Kaiser Fran'z Joseph die Lombardei an Italien abtreten. Napoleon
aber erhielt für seine Hülfe Savoyen und Nizza von Italien. Seit der Beit
war der Franrosenkaiser der erste und angesehenste aller Herrscher Europas, aus
dessen Wort Fürsten und Völker lauschten.
§ 1041. Könia Wilhelm I. (1861 — 1888). a) Prinz
Wilhelm von Preußen war der Sohn König Friedrich Wil-
helms Iii. und der Königin Luise. Er wurde am 22. März 1797
geboren und wuchs unter der sorgsamsten Pflege seiner Mutter
heran. „Unser Sohn Wilhelm wird, wenn mich nickt alles
trügt, wie sein Vater, einfach, bieder und verständig",
so schrieb die Königin Luise an ihren Vater, den Herzog Karl
Ludwig von Mecklenburg-Strelitz. Als Prinz Wilhelm im zarten
Knabenalter stand, brach das Unglück über Preußen herein.
Nach der Schlacht bei Jena mußte die königliche Familie fliehen
bis an die ferne Ostqrenze Preußens. Prinz Wilhelm sab den
Schmerz des Vaters, die heißen Thränen der Mutter. Er kostete
früh den harten Ernst des Lebens, und der Mahnruf der Mutter:
„Werdet Männer und geizet nach dem Ruhme großer Feldherren
und Helden!" grub sich tief in seine Seele. Nach dem Friedens-
schlüsse von Tilsit ging Prinz Wilhelm wieder an das Lernen.
Dann brach der Sturm der Begeisterung in Preußen los; aber
Prinz Wilhelm durfte vorerst nicht mit ins Feld ziehen, weil er
eine sehr zarte Gesundheit hatte. Endlich nach der Schlacht bei
Leipzig (wurde er zum Hauptmann ernannt, und nun nahm ihn
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Louis_Philipp Philipp Louis_Napoleon Napoleon Napoleons_I. Louis
Napoleon Napoleon Napoleons Napoleons Nikolaus Viktor_Eman Viktor Viktor_Emanuels Viktor Joseph Napoleon Wilhelm_I. Wilhelm Friedrich_Wil- Friedrich Wilhelm Karl
Ludwig_von_Mecklenburg-Strelitz Karl Ludwig Wilhelm Wilhelm Ernst Wilhelm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Europa Frankreich Europa Napoleons Napoleons Europas Frankreich England Italien Sardinien Italien Magenta Italien Nizza Italien Europas Jena Tilsit Leipzig