Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
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machte er den Versuch, nach Metz zu entfliehen; aber er wurde unter-
wegs erkannt und nach seiner Hauptstadt zurückgebracht (1791). Im
folgenden Jahre rückten die Preußen und Österreicher in Frankreich ein,
um den König zu befreien und Paris zu strafen. Da erhob sich in
dieser Stadt eine ungeheure Aufregung. In einer Augustnacht stürmten
Volksmassen in das Königsschloß, um den König in ihre Gewalt zu
bringen. Er flüchtete in die Nationalversammlung; diese setzte ihn ab und
ließ ihn samt seiner Familie ins Gefängnis werfen. Im September 1792
wurden nun zunächst die Freunde und Anhänger des Königs gemordet;
dann rissen die blutdürstigen Revolutionsmänner (Danton, Marat, Robes-
pierre) die Herrschaft an sich in dem Nationalkonvent. Nun wurde
Frankreich für eine Republik erklärt und der Tod des Königs verlangt.
Der Nationalkonvent stellte Ludwig Xvi. vor Gericht, verurteilte ihn zum
Tode und ließ ihn am 21. Januar 1793 hinrichten. Im Herbste des-
selben Jahres mordete man auch die Königin Marie Antoinette, die
Tochter Maria Theresias von Österreich. Dann wurde Gott für abgesetzt
erklärt, das Christentum abgeschafft, die Woche in 10 Tage eingeteilt und
eine neue Zeitrechnung eingeführt. Bald aber wurden die Führer der
Revolution unter sich uneins, und der mächtigere ließ seine Gegner aufs
Schaffot schleppen und hinrichten. Ein namenloser Schrecken beherrschte
ganz Frankreich (die Schreckensherrschaft). Als endlich auch der schreckliche
Robespierre hingerichtet war, kamen gemäßigtere Männer wieder ans Ruder
(1794). Sie bildeten das Direktorium, und dieses regierte Frank-
reich bis 1799. In diesem Jahre trat Napoleon Bonaparte als erster
Konsul an die Spitze der französischen Republik. Als solcher hat er bis
1s04 die Regierung geführt, dann ließ er sich zum Kaiser der Franzosen
wählen. Damit war aus der Republik wieder eine Monarchie geworden.
§ 01. Die Nevolutionskrieqe. Nach dem Beginne der
Revolution in Paris waren viele Anhänger des Königs aus Frankreich geflohen.
Sie hielten sich meist in den deutschen Rhcinlanden auf und baten den Kaiser
Franz Ii. und den König Friedrich Wilhelm Ii. von Preußen, ihrem Könige
Hülse zu bringen. Jene beiden Fürsten schlossen zu Pillnitz in Sachsen einen
Bund und ließen ihre Heere 1702 in Frankreich einrücken. Die Österreicher
kamen aus den Niederlanden (Belgiens, die Preußen vom Rheine her. Aber
sie konnten das Leben des Königs nicht retten, sondern mußten sich vor den
Franzosen zurückziehen. In den nächsten Jahren eroberten die Heere der
Franzosen Belgien und die Rheinlande, und Preußen schloß 1795 zu Basel
Frieden mit Frankreich. Inzwischen aber hatten sich England, Rußland und
andere Mächte Europas mit Österreich verbündet (1. Koalition) und führten
den Krieg fort. Das Glück wandte sich den Waffen der Verbündeten zu. Sie
warfen die Franzosen über den Rhein zurück und brachten das französijche
Heer in Italien in die schlimmste Lage. Diesem Heere schickte nun die Regie-
rung in Paris den General Napoleon Bonaparte als Anführer.
Napoleon war der Sohn eines Advokaten auf der Insel
Korsika. In der Kriegsschule zu Brienne wurde er zum Offizier
ausgebildet. In weniger als zehn Jahren hatte er sich vom
Artillerie-Leutnant zum General emporgeschwungen. Napoleon
hatte einen scharfen Verstand. Sein Wille war eisern, sein Herz
stolz und erbarmungslos, seine Seele glühte von unstillbarem
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Extrahierte Personennamen: Danton Ludwig_Xvi Ludwig Marie_Antoinette Maria_Theresias_von_Österreich Maria Theresias Napoleon_Bonaparte Napoleon Franz_Ii Franz Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon_Bonaparte Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Paris Frankreich Frankreich französischen_Republik Paris Frankreich Pillnitz Sachsen Frankreich Niederlanden Belgiens Rheine Belgien Rheinlande Basel Frankreich England Europas Rhein Italien Paris Korsika
Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
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Geschlecht (WdK): koedukativ
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Deutsche Reforimitioiisgcschichte.
a) Reformation der Kirche.
§ 68. Wir wissen, daß die Kirchenversammlung zu Konstanz (§ 62)
die Kirche an Haupt und Gliedern reformieren wollte. Leider war diese ichwere
Arbeit mißlungen. Anstatt besser, war es in der christlichen Kirche nur schlimmer
geworden. Die Lehre der Kirche ruhte nicht mehr auf dem Evan-
gelium allein Sie war verunreinigt durch Menschensatzungen, und feie)e
Menschensatzungen für den Glauben und für das Leben der Christen wurden
vielfach eindringlicher und eifriger gepredigt, als das Evangelium selbst. Vor
allen Dingen mußte der Christ glauben, daß der Papst der Stellvertreter
Christi aus Erden sei; er mußte glauben, daß der Priesterstand ein hübercr
und besserer sei, als jeder andere Christenstand; daß die Seele nach dem Tode
ins Fegfeuer komme, daß nur dem Priester auch der Kelch beim h. Abend-
mahle gcbübre u. dgl. m. Christi Verdienst war nicht mehr der
alleinige Grund der Seligkeit. Der Christ müsse und könne sich —
so lehrte die Kirche — durch gute Werke (Fasten, Wallfahrten, Büßungen,
Rosenkranzbeten, Anrufung und Verehrung Marias und der Heiligen) ein
Verdienst vor Gott erwerben. — Das Leben der Christenheit wurde
durch Laster und Verbrechen aller Art entheiligt. Die Quelle des
Verderbens war der päpstliche Hos in Rom, wo maßlose Geldgier, Völlcrei und
Unzucht im Schwange gingen. Bei der Geistlichkeit sah es vielfach ebenso
scblimm aus. Sehr viele Geistliche kümmerten sich wenig um Predigt und
Seelsorge; Pferde, Hunde und Jagdfalken interessierten sie mehr. In prunkenden
Gastmählern verpraßten manche das Gut frommer Stiftungen. In den
Klöstern waren Zucht und Sitte verloren gegangen, und die Mönche waren
wegen ihrer Unwissenheit, Roheit und Lasterhaftigkeit tief verachtet. Der ein-
fältige Christenmcnsch aber ärgerte sich an dem schamlosen Treiben, und nicht
wenige ahmten ungescheut das böse Beispiel ihrer Priester nach. -In dieser
Zeit tiefster Verderbnis erweckte Gott den Mann, welcher die Kirche reformieren
sollte: Dr. Martin Luther.
§ 69 Lutbers Leben. 1. Luthers Jugendzeit. Luther
wurde am 10. November 1483 in Eisleben am Unterbarze ge-
boren. Sein Vater, Hans Luther, war ein armer Bergmann,
ernst, streng und fromm. Er stammte aus Möhra in Thüringen.
Hans Luther erzog seine Kinder sehr streng. Arbeit und pünkt-
lichen Gehorsam gegen Gott und die Eltern mußten sie von früh
auf lernen. In Mansfeld am Harze, wohin Luthers Eltern ge-
zogen waren, besuchte Martin die Schule. Hier herrschte eine
ebenfo harte Zucht, als im Elternhause. Spater kam er in die
lateinische Schule zu Magdeburg und dann nach Eisenach, wo er
Verwandte hatte. In Eisenach sang er mit anderen armen
Schülern vor den Thüren reicher Leute ums Brot, bis ihn die
Frau Cotta in ihr Haus aufnahm. Nun brauchte er wenigstens
nicht mehr für das tägliche Brot zu sorgen, sondern konnte un-
gestört lernen. Luthers Vater war inzwischen wohlhabender ge-
worden. Er wollte, daß sein Sohn ein Nechtsgelehrter werden
sollte. Deshalb zog Martin Luther 1501 nach Erfurt, um da
auf der Universität die Rechte zu studieren. Hier hat er nach dem
Spruche gearbeitet: „Fleißig gebetet ist über die Hälfte studiert."
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Extrahierte Ortsnamen: Christi Marias Rom Eisleben Möhra Thüringen Mansfeld Luthers Magdeburg Eisenach Eisenach Erfurt
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Besonders eifrig lernte er hier auch lateinisch und griechisch. Eines
Tages fand er in dem Büchersaale der Universität 'eine Bibel. Das
war der beste Fund seines Lebens. Mit Eifer und Ernst las er
und las sich immer tiefer hinein. Je mehr er las, desto mehr
erkaltete in ihm die Lust, ein Rechtsgelehrter zu werden. Dazu
wurde er todeskrank. Die Krankheit stimmte ihn sehr ernst. Er
gedachte an seine Sünde und fragte sich, ob er vor Gott, dem
strengen Richter der Sünder, bestehen und selig werden könne.
Dieser Gedanke machte ihn sehr unruhig. Als er genesen war,
reiste er zu seinen Eltern. Auf der Heimkehr überraschte ihn nahe
bei Erfurt ein heftiges Gewitter. Ein vor ihm einschlagender
Blitzstrahl schmetterte ihn zu Bodem Voll Entsetzens rief er aus:
„Hilf, liebe St. Anna, ich will ein Mönch werden!"
2. Luthers Klosterleben. Ohne seine Eltern zu fragen, ging
Luther 1505 in das Augustinerkloster zu Erfurt und wurde ein
Mönch. Zunächst mußte er die niedrigsten Dienste verrichten im
Kloster, dann mit dem Bettelsack auf dem Rücken Gaben für das
Kloster sammeln. Dazu quälte er sich ab mit Beten, Fasten,
Wachen, daß er sich fast zu Tode marterte. Er konnte später mit
Recht sagen: „Wahr ist's, ein frommer Mönch bin ich gewesen.
Ist je ein Mönch in den Himmel kommen mit Möncherei, so
wollte ich auch hineingekommen sein." Seine einzige Freude war,
daß er im Kloster auch die Bibel lesen und lernen konnte. Aber
je mehr er sich abquälte, je mehr er in der Bibel studierte, desto
unruhiger wurde er in seinem Gemüte. Er konnte keinen Frieden
für seine Seele finden in aller Möncherei, bis ein alter Kloster-
bruder ihm das Wort in die Seele rief: „Ich glaube an eine
Vergebung der Sünden". Dazu wies ihn der Vorsteher
der Äugustinerklöster in Deutschland, Dr. Staupitz, auf das Wort
der Römerbriefes: „Wer nicht mit Werken umgehet,
g l a u b e t a b e r a n d e n, der d i e G o t t l o s e n gerecht macht,
dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit."
Da wurde es allmählich Licht in Luthers geängstigter Seele. Er
hatte endlich den Weg gefunden, der zum Frieden führt: daß der
Sünder gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch
den Glauben.
3. Luther als Professor und Prediger in Wittenberg. —
Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen hatte in Wittenberg
eine Universität gegründet und suchte noch einen tüchtigen Lehrer
für diese hohe Schule. Da schlug Dr. Staupitz ihm Martin
Luther vor. Der Kurfürst berief nun den Augustiner-
mönch Luther als Professor an die Universität
Wittenberg. Hier hat er gelehrt, daß die Menschen sich nicht mit
ihren Werken' Vergebung der Sünden verdienen können, sondern
zu dem Sohne Gottes kommen müssen, welcher als das Lamm
Gottes der Welt Sünde getragen hat. — Auf Staupitzens Befehl
mußte Luther auch predigen. Seine Predigten waren so gewaltig,
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Extrahierte Personennamen: Ernst Anna Luthers Friedrich Friedrich Martin
Luther
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Berlin und weiter nach dem Osten. Dreizehn Tage nach der
Schlacht bei Jena zog Napoleon in Berlin ein. Eine preußische
Festung nach der anderen ergab sich; nur Kolberg (Nettelbeck) und
Graudenz (Courbiere) verteidigten sich heldenmütig. Jetzt verbot
Napoleon den besiegten Völkern, etwas von England zu kaufen;
alle englischen Waren sollten vernichtet werden. Das nannte man
die „Kontinentalsperre", d. h. die Absperrung Europas gegen Eng-
lands Handel. In dieser Zeit trat auch der König von Sachsen
dem Rheinbünde bei.
Nun zog Napoleon nach dem Osten, um das preußische Heer
dort aufzusuchen. Inzwischen hatten sich die Russen mit den
Preußen vereinigt. Beide rangen in blutiger Schlacht bei
Preußisch-Ey lau mit Napoleon, der den Verbündeten das
Schlachtfeld überlassen mußte (8. Febr. 1807). Im Frühlinge
kam Kaiser Alexander von Rußland selbst zum Könige Friedrich
Wilhelm nach Preußen, und beide erneuerten den Freundschafts-
bund, welchen sie 1805 am Grabe Friedrichs d. Gr. in Potsdam
geschlossen hatten. Im Sommer kam es dann zur entscheidenden
Schlacht bei Fried land, wo Napoleon den Sieg gewann. Im
Frieden zu Tilsit mußte Friedrich Wilhelm sein halbes Reich
an Napoleon abtreten; die andere Halste (die Lande östlich der
Elbe) ließ dieser ihm nur „aus Achtung vor dem Kaiser aller
Russen", mit dem er inzwischen Freundschaft geschlossen hatte.
Dazu sollte Preußen 150 Millionen Franken Kriegskosten bezahlen
und durfte nur ein Heer von 42 000 Mann halten. Die edle
Königin Luise von Preußen hatte zwar persönlich versucht, die
harten Friedensbedingungen zu mildern, aber es war ihr nicht
gelungen, des Siegers sühlloses Herz zu erweichen. — Aus den
Gebieten, welche Napoleon Preußen entrissen hatte, zusammen mit
Braunschweig und Kurhessen bildete er das Königreich West-
falen, welches er seinem Bruder Jerome gab. Dieser hielt seinen
Hof in Kassel.
§ 94. Preußens Erneuerung. „Es wird mir immer
klarer, daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Wir sind ein-
geschlasen aus den Lorbeeren Friedrichs des Großen, welcher eine
neue Zeit schuf. Wir sind mit derselben nicht fortgeschritten, des-
halb überflügelt sie uns. Das sieht niemand klarer ein, als der König. I ch
glaube fest an Gott, deshalb bin ich der Hoffnung, daß auf
die jetzige Zeit eine bessere folgen wird. Ich finde Trost, Kraft
Mut und Heiterkeit in dieser Hoffnung, die tief in meiner Seele liegt.
Sorgen wir nur, daß >vir mit jedem Tage reifer und besser
werden." In diesen Worten sprach Preußens edle Königin Luise in der
Zeit tiefster Schmach und unsäglichen Elendes das aus, was Millionen ihres
Volkes erkannten und fühlten. Die grausamen Schläge von der Hand des
Franzosenkaisers hatten Preußens Völker aus ihrem stolzen Sicherhcitstraume
aufgeschreckt. „Wir müssen reifer und besser werden!" dieser Weckruf aus dem
Munde der geliebten Königin wurde die Losung für König und Volk.
Der König entließ seine unfähigen Ratgeber und berief Männer um
leinen Thron, deren Herzen in glühender Liebe für Freiheit und Vaterland
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Nettelbeck Napoleon Napoleon Napoleon Alexander_von_Rußland Alexander Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrichs Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Luise_von_Preußen Napoleon Friedrichs Luise
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Jena Berlin Kolberg England Europas Sachsen Rheinbünde Friedrichs Potsdam Fried Tilsit Kurhessen Kassel Friedrichs
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159
Nun hatte Kaiser Karl einen Reichstag nach Worms aus-
geschrieben. Er befahl Luther, dahin zu kommen und gab ihm
sicheres Geleit. Luther gehorchte und reiste nach Worms (1521).
Als seine Freunde ihn warnten, dahin zu ziehen, sprach er: „Und
wenn so viele Teufel in Worms waren, wie Ziegel auf den
Dächern, so wollte ich doch hinein, Christum bekennen und ihn
walten lassen." Am Tage nach seiner Ankunft wurde er in die
Reichsversammlung vor den Kaiser geführt. Als er gefragt
wurde, ob er widerrufen wolle, was er in seinen Büchern ge-
schrieben habe, bat er um einen Tag Bedenkzeit. Am andern
Tage aber sprach er frei und furchtlos: „Es sei denn, daß ich
durch Zeugnis der h. Schrift oder mit klaren und hellen Gründen
überwunden werde, sonst kann und mag ich nicht widerrufen, weil
es weder sicher noch geraten ist, etwas wider das Gewissen zu
thun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders; Gott helfe mir!
Amen!" — Bald daraus that der Kaiser ihn in die Neichsacht.
Jetzt stand Luther in Gefahr des Todes. Aber sein Kurfürst
sorgte für ihn. Als Luther auf der Heimreise nach Wittenberg
durch den Thüringer Wald fuhr, sprengten plötzlich einige Ritter
daher, rissen ihn aus dem Wagen und brachten ihn auf die
Wartburg bei Eisenach. Hier lebte Luther als Junker Georg
und fing an, die Bibel in die d e u t s ch e S P r a ch e zu über-
setzen. Als er fast ein Jahr in der Stille gelebt hatte, hörte er
zu seinem tiefsten Schmerze, daß in Wittenberg einige seiner An-
hänger in Eifer und Unbesonnenheit die alte kirchliche Ordnung
störten. Zu ihnen gesellten sich schwärmerische Menschen aus
Zwickau, die vorgaben, sie hätten besondere Offenbarungen von
Gott empfangen und wären Propheten Gottes. Der schlimmste
von ihnen hieß Thomas Münzer. Philipp Melanchthon,
Luthers Freund und gleich ihm Professor an der Universität, war
den „Bilderstürmern" gegenüber zu milde. Da erschien plötzlich
Dr. Luther. Mit gewaltigen Predigten strafte er die Schwarm-
geister. welche nun ganz still wurden oder die Stadt verließen.
Jetzt blieb Luther trotz der Reichsacht unbehelligt in Wittenberg
und lehrte und predigte eifriger, denn je. Die'zahl seiner An-
hänger wuchs von Tag zu Tag. Fürsten und Völker, Städte
und Länder nahmen den evangelischen Glauben an.
§ 71. Aufstand der Ritter und Bauern. Die
Ritter nahmen einst im Reiche eine wichtige und ehrenvolle Stellung ein.
Aber bald nach dem Ende der Krcuzzüge sank der Ritlerstand, viele seiner
Glieder führten ein rohes und wildes Leben in Raub, Kampf und Fehde.
Nach Anwendung der Schußwaffen im Kriege verloren sie auch ihre Bedeutung
nn Heere. Dazu sah der Ritter mit Neid und Zorn auf den freien, streitbaren
und wohlhabenden Bürger, der fetzt die Hauptrolle im Leben des deutschen
Volkes spielte. In der großen Bewegung, welche die durch Luther angefangene
Reformation in aller Welt hervorbrachte, beschlossen angesehene Ritter, mit
Waffengewalt sich den Platz wieder zu erkämpfen, welchen sie einst im Reiche
eingenommen hatten. Franz von Sickingen und Ulrich von Hutten waren
die Führer der Ritterschaft. Aber ihr Versuch mißlang. Die deutschen Fürsten
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Luther Georg Thomas_Münzer Philipp_Melanchthon Philipp Franz_von_Sickingen Franz Ulrich_von_Hutten
Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
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tausend Jahren, kam dir solch ein Frühling kaum! Was die hohen Väter
waren, heißet nimmermehr ein Traum!"
Inzwischen war in Preußen alles, was die Waffen tragen konnte,
zu den Fahnen geeilt: der Adelige, der Bürger, der Bauer, Professor,
Student und Schüler. Die Regimenter waren gebildet und zu einem
stattlichen Heere vereinigt. Zu den 40000 Preußen stießen 50o00
Russen. Dieses verbündete Heer stand nicht weit von Leipzig. Alexander
und Friedrich Wilhelm begleiteten ihre Krieger.
§ 98. Die Befreiungskriege. Kaiser Napoleon hatte
nach seiner Rückkehr aus Rußland schnell ein neues Heer gerüstet.
Es bestand besonders aus Franzosen und Rheinbündlern. Mit
gewohnter Schnelligkeit warf er seine Truppen über den Rhein
m das Herz Deutschlands. Bei Lützen und Großgörschen
(2. Mai 1813) gewann er das Schlachtfeld. Die Verbündeten
wichen bis nach Bautzen zurück. Nach heißer zweitägiger Schlacht
(2o. und 21. Mai) blieb Napoleon auch hier nichts, als die blut-
getränkte Wahlstatt. Er bot Alexander einen Waffenstillstand an,
um neue Kräfte zu sammeln. Die Verbündeten bewilligten die
Waffenruhe. Napoleon sowohl als die verbündeten Herrscher
suchten jetzt Österreich für sich zu gewinnen. Nach langem Unter-
handeln schloß Kaiser Franz mit den Verbündeten ein Bündnis
(5. Koalition) gegen Napoleon. England und Schweden standen
bereits im Bunde mit Preußen und Rußland. Nun wurden aus
den Truppen der Verbündeten 3 Heere gebildet. Die Nordarmee
bestand aus Preußen unter dem Oberbefehle des Kronprinzen
Bernadotte von Schweden. B ü l o w und T a u e n z i e n
befehligten unter ihm. Dieses Heer sollte Berlin schützen. Die
schlesische Armee bildeten Russen und Preußen (unter Pork). Der
alte Blücher war ihr Oberfeldherr. Die Hauptarmee stand in
Böhmen unter dem Fürsten von Schwarzenberg; Österreicher,
Preußen und Russen waren hier vereinigt. In ihrer Mitte be-
fanden sich die Kaiser von Österreich und Rußland und der König
von Preußen. So bildeten Berlin, Breslau und Prag die drei
Mittelpunkte der Heeresaufstellung der Verbündeten. Napoleon
dagegen stand mit seiner Hauptmacht in Sachsen, und Dresden
war das Zentrum seiner Stellung.
Napoleon sandte zunächst ein Heer gegen Berlin. Preußens
tapfere Feldherren Bülow und Tauenzien warfen es nach glän-
zendem Siege bei Groß beeren (14 km südl. v. Berlin) zurück
(23. August 1813). Gegen Blücher in Schlesien wollte Napoleon
selber den Schlag führen. Als aber die Hauptarmee von Böhmen
her auf Dresden vorrückte, ging er hierher zurück und sandte den
General Macdonald gegen die schlesische Armee vor. Blücher
schlug ihn in blutiger Schlacht an der Katzbach (26. August)
und drang nordwestlich vor, um sich mit der von Berlin heran-
ziehenden Nordarmee zu vereinigen. Am 26. August hatte Pie
Hauptarmee den Kaiser Napoleon bei Dresden angegriffen.
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch]]
TM Hauptwörter (200): [T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T198: [Friedrich Schlacht Heer Schlesien Sachsen Armee Sieg General Mann Feind], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Napoleon Alexander Alexander Napoleon Franz Franz Napoleon Bernadotte Schwarzenberg Napoleon Napoleon August Napoleon Macdonald Blücher August August Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Rheinbündlern Rhein Deutschlands Bautzen England Schweden Schweden Berlin Berlin Breslau Prag Sachsen Dresden Berlin Berlin Dresden Berlin Dresden
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208
alle deutschen Stämme von der Nord- und Ostsee bis zu den
Alpen. Sie wollten zeigen, daß die Söhne ihrer Väter aus den
Freiheitskriegen würdig seien. König Wilhelm erklärte: „Wir
werden nach dem Beispiele unserer Vater für unsere Freiheit und
unser Recht kämpfen, und in diesem Kampfe wird Gott mit uns
sein, wie er mit unseren Vätern war". Während die Männer
sich zum Kampfe rüsteten, stifteten die deutschen Frauen Vereine
zur Pflege der Krieger, besonders der kranken und verwundeten.
Alle aber vereinigten sich in den Gotteshäusern an einem Buß-
oder Bettage, um Gottes Beistand für Deutschlands Waffen zu
erflehen. Binnen 10 Tagen sammelten sich die Krieger All-
deutschlands bei ihren Regimentern und wurden dort ausgerüstet,
und fast eine halbe Million Streiter stand marschbereit oder war
bereits an die französische Grenze gerückt. Die deutsche Streit-
macht war in 3 Heere eingeteilt. Der Mittelpunkt ihrer Aufstellung
war Mainz. Dort stand die Ii. Armee (das Zentrum) unter
Prinz Friedrich Karl. Nach Nordwesten hin zwischen Kob-
lenz und Trier schloß sich die I. Armee (rechter Flügel) an, welche
der General Stein m etz befehligte, Nach Süden hin, den Pässen
des Wasgenwaldes gegenüber, stand der Kronprinz Friedrich
Wilhelm von Preußen mit der Iii. Armee (linker Flügel), welche
meist aus süddeutschen Truppen gebildet war. König Wilhelm
führte den Oberbefehl über das gesamte Heer. Ihm zur Seite
standen der Mann, welcher den Kriegsplan erdacht hatte: Gene-
ral von Moltke, und der Mann', welcher ihn bisher so wohl
beraten hatte: Graf Bismarck.
Die Kämpfe am Rheine und an der Mosel. Die
Franzosen schlossen sich allmählich zu zwei Heeren zusammen.
Das eine Heer stand in der Gegend von Straßburg, das andere
um Metz herum. Das erstere' befehligte der berühmteste aller
französischen Feldherren: der Marschall Mac Mahon; das
andere Heer stand unter dem General Bazaine. Bei diesem
waren Napoleon und kein Sohn. Die vordersten Abteilungen
dieses Heeres waren bis Saarbrücken vorgeschoben und hier er-
focht ein französisches Armeekorps (30 000 Mann) einen „großen
Sieg" über die kleine Besatzung jener Stadt, die noch nicht ein
Regiment stark war. — Am 3. August rückten die deutschen
Truppen vor und schon am folgenden Tage stieß das Heer des
Kronprinzen mit den Franzosen'bei Weißenburg zusammen.
Bayern, Württemberger und Badenser erfochten den ersten Sieg
über die Franzosen, die noch kurz vorher geträumt hatten, jene
deutschen Stämme würden mit ihnen gegen Preußen marschieren.
Nun nahm Mac Mahon eine sehr feste Stellung bei der Stadt
Wörth an der Sauer ein. Aber^ am 6. August wurde er nach
mörderischem Kampfe von den Siegern von Weißenburg völlig
geschlagen. Ein Teil der französischen Armee stürzte in wilder
Flucht in die Festung Straßburg, der Rest „konzentrierte sich
rückwärts" auf die Mosel zu. — An demselben Tage hatte die
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Friedrich Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm Moltke Graf_Bismarck Napoleon August August
Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
213
nehmen die kaiserliche Würde an in der Hoffnung, daß dem
deutschen Volke vergönnt sein wird, den Lohn seiner heißen Kämpfe
in dauerndem Frieden zu genießen. Uns aber und Unsern Nach-
folgern an der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allzeit Mehrer
des Deutschenreiches zu sein, nicht an kriegerischen
Eroberungen, sondern an Gütern und Gaben des
Friedens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt. Freiheit und
Gesittung." — Dann erhob der Großherzog von Baden seine
Stimme und rief: „Se. Majestät, Kaiser Wilhelm, lebe hoch!"
und unter den Klängen des: „Heil dir im Siegerkranz" stimmte
die ganze Versammlung dreimal in freudiger Begeisterung ein. —
Zum Heile des deutschen Volkes war es dem ersten Kaiser
des neuen Deutschen Reiches vergönnt, noch eine lange Reihe von
Jahren dessen Geschicke zu leiten. Er hat in dieser Zeit bewiesen,
daß es ihm heiliger Ernst war mit dem Gelöbnis, „allzeit
Mehrer des Deutschen Reiches zu seiu an Gütern
und Gaben des Friedens." Zunächst galt es, den goldenen
Frieden selber sicher ju stellen. Zu diesem Zwecke schloß er mit
den Herrschern von Österreich und Rußland das „Dreikaiser-
bündnis". Als dieses infolge des Berliner Kongresses (1878h
welcher Rußland nicht gestatten wollte, allein nach seinem Willen
auf der Balkanhalbinsel zu schalten und zu walten, sich auflöste,
schlossen sich Deutschland und Österreich enger zusammen. Diesem
Friedensbunde trat später auch Italien bei. Und bis heute haben
die Feinde des „Dreibundes" im Westen und Osten nicht
gewagt, den Frieden Europas zu brechen. — Unter den Fittichen
des Friedensengels konnten nun Deutschlands Fürsten und Völker
drangehen, das auf dem Schlachtfelde angefangene Werk der
Einigung durchzuführen. Das ist u. a. dadurch'geschehen, daß
durch das ganze Reich gleiche Münzen, Maße und Gewichte, gleiche
Rechtspflege u. s. w. eingeführt wurden; daß großartige' Ein-
richtungen zur Förderung der Erwerbsquellen der deutschen Nation
getroffen wurden, wir nennen nur die Gründung des Weltpost-
vereins, den Bau des Nordostseekanals, die Stellung der deutschen
Kolonieen in Afrika und in der Südsee unter den Schutz des
Reiches. Vor allen Dingen aber wurde das wichtige Werk in
Angriff genommen, für die deutschen Arbeiter zu sorgen, um die
Unzufriedenheit weiter Kreise unseres Volkes zu beseitigen.
Die Unzufriedenheit der Arbeiter, welche mit der Hand ihr tägliches Brat
verdienen müssen, hatte verschiedene Ursachen. Zunächst war es das riesige
Anwachsen der gewerblichen Ünternehmungen im großen (die sogen. Groß-
industrie). welches Tausende von Handwerkern, die sonst selbständig gewesen
waren, zu Lohnarbeitern machte. Die reich gewordenen Besitzer solch großer
Fabriken u. s. w. lebten vielfach herrlich und in Freuden, während ihre Arbeiter an
dem reichen Gewinne, den sie mit hatten erwerben helfen, keinen Anteil hatten.
In guten Zeiten konnten sie sich durchschlagen, in arbeitslosen Zeiten litten
Tausende Hunger und Kummer. So lange ihre Kraft frisch und leistungs-
fähig war. halfen sie sich, aber wenn sie krank, schwach und alt geworden
waren, kümmerte man sich nicht mehr um ihr Schicksal. Es war nicht mehr
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Baden Deutschland Italien Europas Deutschlands Afrika Südsee
Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
215
Um die Bildung des Volkes zu heben, verordnete der König, daß
in Preußen neue Volksschulen eingerichtet und die Schüler in
mehr Fächern, als bisher, unterrichtet werden sollten. In Berlin
wurde ein „Seminar für orientalische Sprachen" eröffnet, um
Gelehrten, Beamten und Kaufleuten, welche für ihren Beruf
morgenländische Sprachen verstehen müssen, Gelegenheit zu geben,
dieselben zu erlernen. Ein äußerst reges Leben und Schaffen
entwickelte sich auf dem Gebiete der schönen Künste, besonders
der sog. bildenden Kunst, indem eine unübersehbare Zahl von
Denkmälern zur Erinnerung an die Kämpfe und Siege der
Deutschen in ältester und neuester Zeit erbaut wurde. Wir nennen
nur das schöne „Hermannsdenkmal" auf der Grotenburg
bei Detmold und das großartige „Niederwalddenkmal" hoch
oben über den Rebenhügeln von Rüdesheim. Für das Theater hat
Richard Wagner mit seinen riesigen Singspielen, deren Stoffe der
deutschen Götterlehre und Heldensage entnommen sind, ganz neue
Wege gewiesen. Tausende aus allen Weltteilen eilen alljährlich zu
den „Bayreuther Festspielen".
Inmitten seiner rastlosen Arbeit für das Wohl seines Volkes
trafen den alternden Kaiser schmerzliche Schläge. Tiefes Weh
bereiteten ihm die Angriffe ruchloser Frevlerhände' auf sein greises
Haupt. Aber bitterer noch war der Schmerz, daß er seinen
einzigen Sohn, der einst nach ihm des Reiches Krone tragen sollte,
der der Stolz und Liebling des deutschen Volkes war, an unheil-
barer Krankheit elend dahin siechen sehen mußte. Solch bitteres
Herzweh mochte ihm die heiße Liebe und unbegrenzte Verehrung
seines Volkes und die Hochachtung aller Welt lindern, wie sie
sich besonders bei der Feier seiner' goldenen Hochzeit (1879) und
an seinem 90. Geburtstage <1887) kund thaten. Schon rüstete
sich Deutschland zur Feier des 91. Geburtstages seines Kaisers,
als die schmerzliche, wahrhaft niederschmetternde Kunde die Welt
durchzitterte: „Unter den Gebeten des Oberhofpredigers und den
Thränen der um sein Sterbelager Versammelten ist Se. Majestät
der Kaiser und König Wilhelm um 8 Uhr 30 Minuten am Vor-
mittage des 9. Märzes sanft und ohne Kampf zum ewigen
Frieden eingegangen". — Alldeutschland weinte um seinen dahin-
geschiedenen Kaiser; und wahrlich, dieser Kaiser war Alldeutsch-
iands Thränen wert!
Kaum war dem in Italien weilenden Thronfolger Friedrich
Wilhelm das Ableben seines Vaters bekannt gegeben, so schickte
der heldenmütige Dulder sich auch schon an,' unbekümmert um
sein tätliches Leiden, in die Mitte seines Volkes zu eilen, um die
Wichten des Herrschers zu üben. Als Friedrich Iii. bestieg
Preußens neuer König den deutschen Kaiserthron. Was er wollte,
konnte er seinem Volke noch kund geben; aber zum Handeln
gönnte ihm der unerbittliche Todesengel nicht die Zeit. Am
99. Tage seiner Regierung streckte er diesen vielgeliebten. einst so
schönen, hochbewunderten Fürsten in den Sarg. Am 15. Juni 1888
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Extrahierte Personennamen: Richard_Wagner Wilhelm Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Iii Friedrich
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Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
306
ebenso häufig wie die Fuchsin; denn sie bringt auch farbenprächtige Blüten
hervor, deren 5 Blütenblätter bald scharlach- oder rosenrot, bald weiß,
gelb oder bunt gestreift sind. Oft sind auch die Blüten gefüllt. Auch
die runden Laubblätter mit dunkelbrauner, bandartiger Zeichnung sehen
hübsch aus. Sie ist die anspruchsloseste Zimmerpflanze, die sogar Dürre
und Kälte ziemlich lange erträgt. — Von den vielen anderen Zimmer-
pflanzen wollen wir nur noch einige der verbreitetsten nennen: das Alpen-
veilchen, die Myrte, die Kalla. Auch viele unserer Garten- und
Walvpflanzen zieht man in Töpfen, wie Veilchen, Reseda, Maiglöckchen,
Tulpen, Hyacinthen u. s. w. — Sollen Zimmerpflanzen gedeihen, so ist
Folgendes zu beobachten: a) Die Pflanzen müssen vor einem Fenster
stehen, das Sonnenlicht erhält, b) Die Erde muß stets feucht erhalten
werden. Zu vieles Begießen schadet. Im Sommer und während der
Blüte gebraucht die Pflanze mehr Wasser als zu anderer Zeit. c) Von
Zeit zu Zeit müsien die Pflanzen in frische, ihnen zusagende Erde gebracht
werden. 6) Würmer, Blattläuse und anderes Ungeziefer ist fern zu halten.
1. Nenne Zimmerpflanzen, die man wegen ihrer schönen Blätter zieht!
— 2. Warum dürfen Blumentöpfe nicht vor dem offenen Fenster stehen? —
3. Wie schützt man die Zimmerpflanzen bei starker Kälte? — 4. Sammle
Samen von Zimmerpflanzen und lege ihn in Töpfe mit frischer Erde!
§ I Ls. Stubengenossen. 1. Der Ranarienvogel.
Die Sänger unserer Gärten und Wälder sollte man nicht gefangen halten,
denn sie werden sich stets nach der Freiheit sehnen. Etwas anderes ist es
aber beim Kanarienvogel. Er ist von den warmen kanarischen Inseln zu
uns gebracht und würde in unserem Klima den Winter nicht überdauern.
Mau hält den Kanarienvogel hauptsächlich wegen seines Gesanges; aber
auch sein munteres, lebhaftes Wesen, sein schlanker Körperbau, seine klugen
Äuglein und sein goldgelbes Gefieder bereiten uns Freude. Durch lang-
jährige Zucht ist der Kanarienvogel merklich verändert. Sein ursprünglich
grünliches Gefieder mit gelbem Schimmer ist zitronen- und selbst orange-
gelb geworden; sein Flug hat an Kraft und Ausdauer verloren, da er in
geschlossenen Räumen sich nicht genügend üben kann; er singt mit Aus-
nahme der Mauserzeit das ganze Jahr und selbst bei Lampenlicht, wenn
man am Tage seinen Käfig verfinstert; sein Gesang ist durch sorgfältigen
Unterricht schöner und edler geworden. — Wer Kanarienvögel
hält, hat die Verpflichtung, sie zweckmäßig und liebevoll
zu pflegen.
1. Wie sind Schnabel und Zehen des Kanarienvogels beschaffen? —
2. Was ist ein „Roller"? — 3. Wo werden viele Kanarienvögel gezüchtet?
— 4. Zu welchen Kunststücken läßt er sich abrichten?
2. Der Goldfisch. Er ist zu beständigem Aufent-
halte im Wasser eingerichtet. Damit er im Wasser
atmen kann, besitzt er Kiemen. Diese liegen hinter dem
Kopse und bestehen aus zarten Hautblättchen, welche an den knor-
peligen Kiemenbogen befestigt sind. Unaufhörlich sehen wir den
Goldfisch das Maul öfinen mit) schließen. Dadurch nimmt er
jedesmal einen Schluck Wasser und läßt ihn durch zwei Spalten