Schmalkaldischer Krieg. 96
Parteien die Unvereinbarkeit der Ansprüche beider Confessionen
dargethan. Nachdem aber Karl mit Frankreich Frieden, und mit
den Türken einen Waffenstillstand geschloffen hatte, suchte er auch
die Einigung in Deutschland herzustellen. Das allgemeine Con-
cilium, worauf man so oft hingewiesen hatte, war endlich kurz vor
Luther's Tode (ff 1546) zu Trient eröffnet worden. Allein da die
Protestanten im Voraus einsahen, daß die Majorität des Conciliums
aus Gegnern der neuen Lehre bestehen würde, so weigerten sie sich,
nach Luther's Rath, dasselbe zu besuchen und verlangten ein Conci-
lium deutscher Nation. Als der Kaiser nun aller Hoffnung entsagte,
den Religionsstreit in friedlichem Wege zu Ende zu bringen und des-
halb mit Krieg drohte, traten mehrere protestantische Fürsten vom
Schmalkaldischen Bunde zurück; aber die Häupter desselben, der Kur-
fürst (Johann Friedrich) von Sachsen und der Landgraf Philipp von
Hessen, rüsteten sich zur Gegenwehr, versäumten jedoch durch Unent-
schlossenheit und Uneinigkeit den günstigen Zeitpunkt, als Karl noch
wenig gerüstet war, so daß dieser sich ungehindert (aus Italien, Un-
garn und den Niederlanden) verstärken konnte. Karl, der den Her-
zog Moritz von Sachsen durch Zusicherung der Stifter Magdeburg
und Halberstadt und der sächsischen Kurwürde gewonnen hatte, er-
klärte, als er hinlänglich gerüstet war, die beiden Häupter des
Schmalkaldischen Bundes in die Acht und begann den Schmalkal-
dischen Krieg 1546 mit der Unterwerfung der Bundesglieder in
Süddeutschland und am Rhein, während zugleich der Herzog Moritz
von Sachsen tit die Länder des Kurfürsten von Sachsen einfiel.
Zwar eroberte der Kurfürst sein Land wieder, wurde aber von: Kai-
ser selbst bei Mühlberg (24. April) 1547 angegriffen, gefangen
und zur Abtretung der Kurwürde sammt den meisten Kurländern an
den Herzog Moritz gezwungen. So ging die Kurwürde für immer aus
der Ernestinischen Linie in die Albertinische *) über. Aus dem Reste
des Kurlandes, den Moritz den Kindern des gefangenen Kurfürsten lassen
mußte, siud nachher die jetzigen sächsischen Herzogthümer entstanden.
Auch der Landgraf unterwarf sich dem Kaiser, that zu Halle fuß-
*) Friedrich Ii. Kurf. 1428—1464.
Ernst, Kurf, t I486. Albert f 1510.
Friedrich d. Weise Johann Georg. Heinrich.
Kurs, i 1525. Kurf. 4 1532. ----—~
Moritz
Johann Friedrich Kurf. 1547—1553.
Kurf. b. 1547.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Johann_Friedrich) Johann Friedrich Philipp_von
Hessen Philipp Karl Karl Karl Karl Moritz_von_Sachsen Moritz
von_Sachsen Moritz Moritz Friedrich_Ii Friedrich Ernst Friedrich_d Friedrich Johann_Georg Johann Heinrich Heinrich Moritz
Johann_Friedrich_Kurf Johann Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Sachsen Italien Magdeburg Halberstadt Rhein Sachsen Mühlberg
102
Dänischer Krieg. Wallenstein.
Die Reichsacht ward von der Liga vollzogen, indem Maxi-
milian's Feldherr Tilly in Verbindung mit spanischen Truppen die
pfälzischen Länder des flüchtigen Kurfürsten an der Donau und am
Rhein eroberte, Maximilian erhielt die erledigte Kurwürde (und
somit der Katholicismus das llebergewicht im Rathe der Kurfürsten),
der Kurfürst von Sachsen die Lausitz. Die kostbare, von den pfälzi-
schen Kurfürsten gesammelte Heidelberger Bibliothek schenkte Maximi-
lian dem Papste.
B. Dänischer Krieg 1625 — 1629.
Der Krieg brach von Neuem aus, als Christian Iv., König
von Dänemark, den die Stände des von Tilly bedrohten niedersäch-
sischen Kreises zu ihrem Kreisobersten gewählt hatten, für seinen
Schwager Friedrich V. und für die Sache der Protestanten auftrat.
Inzwischen beschloß der Kaiser, um nicht mehr immer von der Liga
und Maximilian abhängig zu sein, ein eigenes Heer aufzustellen.
Dieses verschaffte ihm Albrecht von Waldstein oder Wallenstein,
Fürst, später Herzog von Friedland (in Böhmen), welcher mit einem
auf eigene Kosten schnell geworbenen Heere zur Unterstützung Tilly's
in Niedersachsen einrückte, den Grafen Mansfeld (bei der Dessauer
Brücke) schlug und (jedoch mit großem eigenen Verluste) durch
Schlesien bis nach Ungarn verfolgte (wo Mansfeld sich mit dem
Fürsten Bethlen Gabor von Siebenbürgen zu einem gemeinsamen
Angriffe auf Oesterreich vereinigen wollte). Eben so glücklich waren
die Waffen der Liga unter Tilly, welcher das dänische und nieder-
sächsische Heer unter Christian Iv. bei Lutter am Barenberge im
Braunschweigischen besiegte 1626 und sich mit dem aus Ungarn
zurückgekommenen Wallenstein zu einem gemeinschaftlichen Angriffe
auf die Länder des Königs von Dänemark vereinigte. Beide er-
oberten Holstein, und Wallenstein allein Schleswig und Jütland.
Eben so wurden die beiden Herzöge von Mecklenburg, weil sie den
Dänen einige Unterstützung gewährt hatten, aus ihren Ländern ver-
trieben und der Herzog von Pommern gezwungen, sein bisher fried-
liches Land den Wallensteinschen Schaaren preiszugeben, nur die
stark befestigte Hansestadt Stralsund., widersetzte sich der Aufnahme
einer kaiserlichen Besatzung und hielt, von Dänemark und Schweden
unterstützt, eine heftige Belagerung und die wiederholten Stürme
der Gegner glücklich aus. Um jedoch eine Vereinigung Schwedens
und Dänemarks zu hindern, wurde dem Könige Christian Iv. ein
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Extrahierte Personennamen: Tilly Maximilian Maximilian Christian_Iv. Tilly Friedrich_V. Friedrich_V. Maximilian Maximilian Albrecht_von_Waldstein Albrecht Gabor_von_Siebenbürgen Tilly Christian_Iv Dänemark Christian_Iv
Ferdinand Iii. Westphölischer Friede.
107
Ferdinand Hi. 1637—1657.
Als der neue Kaiser darauf auch den Gallas vom Rheine ab-
rief und gegen Bauer sandte, konnte Bernhard von Weimar wieder
über den Rhein gehen; aber bei seinem (schon 1639 plötzlich erfol-
genden) Tode bemächtigten sich die Franzosen (durch Bestechung der
Anführer) seiner Eroberungen und seiner Armee. Auf dem nörd-
lichen Schauplatze übernahm nach Baner's Tode der kranke aber
kühne Torsten so n den Oberbefehl, welcher 1612 in Schlesien und
Mähren einstel, und seinen Untcrfeldherrn Wränget sogar bis in die
Nähe von Wien Vordringen ließ, dann aber, um Verstärkungen an
sich zu ziehen, zurückkehrte und die ihm folgenden Kaiserlichen (unter
Piccolomini) bei Leipzig schlug, worauf er abermals Wien bedrohte.
Zwar ward er beim Ausbruche eines Krieges zwischen Schweden und
Dänemark auf kurze Zeit aus Deutschland abberufen, aber bald
kehrte er zum dritten Male in die kaiserlichen Erblande zurück, siegte
(bei Jankau) in Böhmen (1645), mußte jedoch wegen Krankheit den
Oberbefehl niederlegen, den nun Wrangel erhielt. Dieser vereinigte
sich mit den Franzosen zweimal zu einem Angriffe auf Baiern, sie
drangen zwar das zweite Mal bis zur Isar vor, mußten sich aber
auch wieder nach dem Lech zurückziehen. Der schwedische General
Königsmark trennte sich von dem Hauptheere, zog nach Böhmen und
hatte schon die sog. kleine Seite von Prag genommen, als nach fünf-
jährigen Unterhandlungen der durch die immer gesteigerten Forderun-
gen der Fremden verzögerte
E. westphä lische Friede,
abgeschlossen zu Münster (zwischen Deutschland und Frankreich) und
Osnabrück (zwischen den Schweden und Protestanten einerseits, dem
Kaiser und den Katholiken andererseits) 1648 (24. October) dem
Kriege ein Ende machte.
Friedensbedingungen:
a) Kirchliche Gegenstände. Der Passauer Vertrag und
der Augsburger Religionsfriede wurden bestätigt und auch auf die
Calvinisten oder „Reformirten" ausgedehnt; als Normaljahr für
die Beibehaltung der eingezogenen geistlichen Güter (so wie für das
ju8 reformandi der Landesherren in Deutschland) wurde das Jahr
1624 angenommen: in allen Reichsverhältnissen sollten beide Reli-
gionstheile einander gleich stehen.
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Westphölischer Ferdinand_Hi Ferdinand Bernhard_von_Weimar General
Königsmark
Extrahierte Ortsnamen: Rheine Rhein Schlesien Wien Leipzig Wien Schweden Deutschland Baiern Prag Deutschland Frankreich Schweden Deutschland
Vereinigung Brandenburgs mit Preußen. Der große Kurfürst. t6k
Spaltung zwischen den, eifrig lutherischen Volke und der reformirten
Regierung beunruhigt war, zu behaupten. Er wurde bald ganz ab-
hängig von seinem Minister, dem katholischen Grafen Adam von
Schwarzenberg, dessen Einfluß die Politik Brandenburgs beherrschte.
Dieses blieb nämlich so lange neutral, bis Gustav Adolf durch sein
Erscheinen vor Berlin den Kurfürsten zu einem Bündnisse zur Ver-
theidigung der gemeinsamen (protestantischen) Sache zwang (1631),
doch nahm er nur einen sehr unbedeutenden Antheil au dem Kriege,
und als Sachsen mit dem Kaiser den Prager Frieden schloß, setzte
Schwarzenberg es durch, daß Brandenburg diesen: Frieden beitrat
(1635). Zwei Jahre spater trat der.kurfürst sogar in enge Ver-
bindung mit dem Kaiser gegen die Schweden, weil diese Pornmern,
worauf er bei dem jetzt erfolgten Ausfterben der ponmierschen Her-
zoge (1637), gemäß eines frühern Erbvertrages, Ansprüche hatte,
nicht räumen wollten. Die erfolglosen Versuche Pornmern den
Schweden zu entreißen rächten diese durch die fürchterlichste Verhee-
rung der Mark. Sein Sohn
2. Friedrich W:lhelm, der große Kurfürst, 1640—88 schloß
mit Schweden Waffenstillstand und suchte durch Neutralität die Gei-
ßel des Krieges von seinem Lande abzuhalten. In dem westphä-
lischen Frieden 1648 mußte er Vorpommern nebst Rügen und
einen Theil Hinterponunerns den Schweder: lasser: und sich mit dem
Reste von Hinterpommern, den: Erzbisthun: Magdebrirg und den
Bisthümern Halberstadt, Minden, Kamin (in Pommern) begnügen.
Die Zeit des Friedens benutzte er zur Reorganisation des zer-
rütteten Staates: er legte den ersten Grund zum stehender: Heere,
dessen stets steigende Zahl und Vervollkommr:ur:g in jeder Waffen-
gattung seinem Staate eine höhere Bedeutung verschaffte, er machte
sich frei von dem Steuerbewilligungsrechte der Stände, suchte eine
feste Ordnung in die gesammte Verwaltung, bauptsächlich aber ir: die
der Finanzen zu bringen, die schweren Auflagen auf angemessene
Weise zu vertheilen und erträglich zu machen, das verwüstete Land
durch Colonisten (Aufnahme der aus Frankreich geflüchteten Huge-
notten) anzubauen, der: Ertrag der Domaiuen durch verbesserte Wirth-
schaft zu erhöhen, Gewerbe und Handel, Künste und Wissenschaften
zu beleben und allenthalben neue Erwerbsquellen (sogar durch Nie-
derlassungen an der Küste von Guinea) zu eröffnen. — Durch die
Einmischung in die politischen Verhältnisse des Ostens und zwar
durch Theilnahme an einem Kriege zwischen Schweden
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Extrahierte Personennamen: Adam_von
Schwarzenberg Gustav_Adolf Gustav Adolf Schwarzenberg Friedrich_W:lhelm Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburgs Brandenburgs Berlin Sachsen Brandenburg Schweden Schweden Schweden Hinterpommern Minden Pommern Frankreich Guinea
96
Moritz von Sachsen. Passauer Vertrag.
fällig Abbitte und rettete seine Länder, mußte aber, eben so wie der
Kurfürst, dem Kaiser als Gefangener folgen.
Eine unerwartete Wendung der Dinge bewirkte der Uebertritt
des Herzogs Moritz (der nun den Zweck seines Bündnisses mit dem
Kaiser erreicht hatte) zu der Partei seiner Religionsgenossen, wozu
ihm die vom Kaiser verweigerte Freilassung seines Schwiegervaters,
des Landgrafen von Hessen, den Vorwand gab. Er vereinigte sich
mit mehrerer: deutschen Fürsten und trat, um Geld zu erhalten, mit
Heinrich Ii. von Frankreich in Bündniß, der die zum Reiche (aber
der französischen Zunge) gehörigen Städte Metz, Toul und Verdun
besetzte. Die Verbündeter: beschuldigten den Kaiser, der sich in
Jnspruck befand, vielfacher Verletzung seiner Wahlcapitulation und
der Unterdrückung der Reichsfreiheit, und Moritz wollte ihn gefangen ,
nehmen. Kann: gewann der Kaiser Zeit, in der Nacht nach Villach
in Kärnthen zu entfliehen. Sein Bruder Ferdinand, der die Hoff-
nung auf Vereinigung beider Religionsparteien durch ein Concil auf-
gegeben hatte, vermittelte mit den Kurfürsten und andern deutschen
Fürsten den Passauer Vertrag 1552, wornach den Anhängern
der Augsburgischen Confessio:: freie Religionsübnng bis zu einen:
allgemeinen Reichstage bewilligt wurde, und der noch gefangene
Landgraf seine Freiheit erhielt; auch der Kurfürst, den der Kaiser
schon bei seiner Abreise vvn Jnnspruck aus der Haft entlassen hatte,
ward der Reichsacht entbunden und wieder als Herzog von Sachsen,
Landgraf in Thüringen und zu Meißen eingesetzt. — Der Versuch
des Kaisers Metz wiederzugewinnen blieb erfolglos und der (bis
1556 fortgesetzte) Krieg endete mit einen: Waffenstillstände, der den
ersten Schritt zur Schmälerung Deutschlands enthielt, indem er die
Franzosen im Besitze ihres durch Bethörung deutscher Fürsten gelun-
genen Raubes ließ. Diese Bahn hat die französische Eroberungslust
fast drei Jahrhuuderte hindurch verfolgt.
Der Markgraf Albert vvn Brandenburg, welcher den Passauer Vertrag nicht
anerkennen wollte, wurde vvn Mvritz (bei Sievershausen 1553) geschlagen,
Mvritz aber tödtlich verwundet.
Der versprochene Reichstag ward 1555 ebenfalls dnrch Karl's
V. Bruder, den römischen König Ferdinand, in Augsburg eröffnet
und durch den Augsburger Religionsfrieden der katholischen
und Augsburger Confession völlig gleiche Freiheit eingeräumt, nur
über den sog. geistlichen Vorbehalt (resorvalum ecclesiasticum),
oder die Forderung der Katholiken, daß geistliche Reichsstände, wenn
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Extrahierte Personennamen: Moritz_von_Sachsen Moritz Heinrich_Ii Heinrich Moritz Ferdinand Albert_vvn_Brandenburg Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Hessen Frankreich Villach Sachsen Deutschlands Sievershausen
Rudolf Ii.
99
ausgeschlossen waren und somit nicht nur an den Katholiken, sondern
auch an den Lutheranern Gegner fanden. Noch höher stieg unter
seinem gelehrten, aber unthätigen und trübsinnigen Sohne,
Rudolf Ii. 1576 — 1612,
die Spannung zwischen Katholiken und Protestanten, die sich auch
schon in der Weigerung der Leitern, die von Gregor Xiil vorge-
nommene Verbesserung des Kalenders anzunehmen, aussprach. Ein-
zelne Fälle trugen nämlich dazu bei, diese gegenseitige Abneigung
zu erhöhen.
a) Ju Aachen hatten sich die Protestanten, um die ihnen verweigerte Aus-
übung ihrer Religion durchzusktzen, des Stabtregimcnts bemächtigt, doch durch
einen kaiserlichen Achtspruch wurde Alles wieder auf den vorigen Standpunkt
zurückgeführt. — b) Der Erzbiscbof Gebhard von Köln heirathcte die Gräfin
Agnes von Mansfeld und trat zur calvinischen L>hre über, ohne dem geistlichen
Vorbehalte gemäß die erzbischösiiche Würde niederzulegen, wurde aber von dem
Papste abgesetzt und von dem baierischen Prinzen Ernst, den die Mehrzahl des
Domkapitels an seine Stelle gewählt hatte, rertriebeu. — c) Drei ebenfalls vom
Papste abgesetzte Kölner Domherren kamen nach Straß bürg und veranlaßtcn
dort die Wahl eines protestantischen Bischofs, der sich jedoch nicht behaupten
konnte. — d) Die protestantische Stadt Dvnauwerth ward wegen zweimali-
ger Störung einer katholischen Prozession in die Acht erklärt und in Folge der
Eroberung durch den Herzog von Baiern ihrer Reichsunmittelbarkeit beraubt.
Da die Protestanten bei allen diesen Gelegenheiten das Ueber-
gewicht der Katholiken empfunden hatten, so verbanden sich auf An-
rathen des calvinischen Kurfürsten von der Pfalz die meisten prote-
stantischen Fürsten in einer Union (1608) zur gemeinschaftlichen
Vertheidigung und Betreibung ihrer Beschwerdell. Dieser Union
stellten die katholischen Stände unter Leitirng des Herzogs Maximi-
lian von Baiern eine Liga entgegen (1609). So standen sich also
die beiden Linien des Hauses Wittelsbach, die jüngere von Baiern
und die ältere von Kurpsalz, als Führer der beiden Religionspar-
teien gegenüber. Da Rudolf in seinem Trübsinne die Verwaltung
des Reiches unduldsamen Günstlingen überließ, so entwarf sein älte-
ster Bruder Matthias den Plan, ihn vom Throne zu verdrängen.
Diesem überließ er daher Ungarn, Mähren und Oesterreich, und
damit er nicht auch Böhmen verliere, bewilligte er durch den Maje-
stätsbrief den drei Ständen der Herren, Ritter und der königlichen
Städte mit ihren Unterthanen völlig freie Religionsübung. — Als
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Extrahierte Personennamen: Rudolf_Ii Rudolf Rudolf_Ii Rudolf Gregor_Xiil Gregor Gebhard_von_Köln Agnes_von_Mansfeld Ernst Rudolf Rudolf Matthias
Friedrich von der Pfalz, König von Böhmen. 101
Die letztere ward auf Ferdinand's Befehl geschlossen, die erstere nie-
dergerissen und desfallsige Beschwerden entschieden abgewiesen. Die
Erbitterung stieg, als Matthias die Verwaltung von Böhmen 10
Statthaltern übertrug, von denen 7 katholisch waren, und als sich
das Gerücht verbreitete, der kaiserliche Befehl sei von den Statthal-
tern verfälscht. Diese wurden von einer Deputation der utraquisti-
schen Stände unter Anführung des Grafen Matthias von Thurn,
zu Rede gestellt, und zwei derselben (Martini; und Slavata) nebst
einem Geheimschreiber (Fabricius) aus den Fenstern der kaiserlichen
Burg zu Prag geworfen, ohne jedoch umzukommen. Die Aufrührer
bemächtigten sich der Regierungsgewalt, die sie 30 Direktoren über-
trugen , und erhielten Unterstützung von der Union, die den Grafen
Ernst von Mansfeld nach Böhmen sandte. Beide schlugen die kai-
serlichen Truppen zurück, Graf Thurn rückte sogar vor Wien und
bedrohte den König Ferdinand in seiner Burg, zog sich aber auf die
Nachricht von einer gänzlichen Niederlage, welche Graf Mansfeld
(bei Budweis) erlitten hatte, nach Böhmen zurück. Inzwischen war
Matthias gestorben und ihm folgte sein Vetter
Ferdinand Ii. 1619 — 1637.
Aber in denselben Tagen, in welchen er in Frankfurt zum Kai-
ser gewählt wurde, erklärten ihn die in Prag vereinigten Stände
von Böhmen, Mähren, Schlesien und der Lausitz des böhmischen
Thrones verlustig und erhoben auf denselben den Kurfürsten Friedrich
V. von der Pfalz, das Haupt der Union und des deutschen Calvi-
nismus. Dagegen verband sich der Kurfürst von Sachsen, die Aus-
breitung des Calviuismus in Böhmen mißbilligend, mit dem Kaiser
und unterwarf ihm Schlesien und die Lausitz wieder, während Maxi-
milian von Baiern, als Feldherr der Liga (zunächst die protestanti-
schen Stände von Ober- und Niederösterreich zum Gehorsam zurück-
brachte, dann) sich nach Böhmen wandte und Friedrich's (durch einen
Nachtmarsch ermüdetes) Heer auf dem weißen Berge bei Prag
(8. Nov.) 1620 in einer Stunde gänzlich schlug. Friedrich entfloh
nach Holland, ward mit seinen Anhängern in die Reichsacht und
aller Würden und Länder verlustig erklärt, Böhmen unterworfen, der
Majestätsbrief vernichtet, die Protestanten aller bürgerlichen Rechte
beraubt und die protestantischen Prediger aus dem Lande verwiesen.
Die Union löste sich ebenfalls auf, um aller Verbindlichkeit gegen
den geächteten Kurfürsten überhoben zu sein.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_der_Pfalz Friedrich Matthias Matthias_von_Thurn Martini Ernst_von_Mansfeld Ernst Graf Ferdinand Matthias Ferdinand_Ii Ferdinand Friedrich
V. Friedrich
V. Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Wien Mansfeld Budweis Frankfurt Prag Sachsen Baiern Niederösterreich Prag Holland
Nkstitutioiiskdict.
103
sehr glimpflicher Friede zu Lübeck 1629 bewilligt, indem er alle seine
verlornen Länder zurückerhielt und nur jeder Verbindung wider den
Kaiser entsagen mußte. Für die aufgewandten Kriegskosten hatte der
Kurfürst von Baiern die Oberpfalz und die Aemter der Unterpfalz
auf dem rechten Rheinufer und Wallenstein das Herzogthum Mecklen-
burg erhalten.
Den vollkommenen Sieg über die Protestanten wollte der Kaiser
benutzen, um das Uebergewicht des Katholicismus im Reiche herzu-
stellen und zu sichern, wie ihm dies in seinen Erblanden bereits
nach der Schlacht an: weißen Berge gelungen war. Zwar hielt er
sich an die Verträge seiner Vorfahren über Religionsfreiheit gebun-
den, betrachtete aber Alles als unrechtmäßig, was die Protestanten
sich gegen jene Verträge zugeeignet hatten. Daher forderte er durch
das Restitutionsedict 1629 alle seit dem Passauer Vertrage
von den Protestanten Ungezogenen geistlichen Güter (dazu gehörten
2 Erzbisthümer: Magdeburg und Bremer:, 12 Bisthümer und fast
alle norddeutschen Stifter und Klöster) zurück und bestimmte zugleich,
daß die Vortheile jenes Religionsfriedens nur für die Bekenner der
Augsburgischen Confession gelten, andere Secten aber nicht geduldet
werden sollten. Dieses Edict ward nun von Wallenstein im Verein
mit den ligistischen Truppen, bei gänzlichen: Mangel an militärischer
Disciplin, mit großer Härte vollstreckt. Daher erhoben auf dem
Reichstage zu Regensburg, der: der Kaiser versammelt hatte, um
seinen ältesten Sohn Ferdinand zum römischen Könige wählen zu
lassen, katholische und protestantische Stände und namentlich Maxi-
milian so laute Klagen über den wegen seiner raschen Erhebung
und seiner unumschränkten Gewalt allgemein verhaßten Wallenstein
und über die Zuchtlosigkeit seiner Heere, daß der Kaiser sich genöthigt
sah, seinen Feldherrn sammt dem Heere zu eutlassen.
(l. Schwedischer Krieg 1630 — 1635.
Die Uneiuigkeit innerhalb der katholischen Partei und die Rach-
giebigkeit des Kaisers, der auch die Vollstreckung des Restitutions-
edictes suspendirte, machte den Protestanten neuen Muth, um so
mehr als jetzt Gustav Adolf, König von Schweden, mit dem sie
schon früher in Unterhandlung gestanden hatten, theils aus Eifer
für die lutherische Religion, theils durch äußere Gründe, wie: die
Vertreibung der ihm verwandten Herzoge von Mecklenburg, die
Zurückweisung seiner Vermittelung beim Lübecker Frieden, sich be?
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Gustav_Adolf Gustav Adolf
106 Wallenstein's Ermordung. Schwedischer und französischer Krieg.
Hofe, ihn dem Kaiser zu verdächtigen und feine Absetzung zu bewir-
ken. Er selbst zog mit seinen treuen Anhängern von Pilsen nach
Eger, um durch Verbindung mit den Schweden und Sachsen sich zu
behaupten, aber der Oberst Buttler ließ auf die Nachricht, daß die
Schweden im Anzuge seien, Wallenstein und seine Vertrauten ermor-
den (25. Februar) 1634.*)
An seine Stelle trat des Kaisers ältester Sohn, Ferdinand,
König von Ungarn und Böhmen, dem Gallas zur Seite stand. Die-
ser vertrieb die Schweden aus Baiern und schlug in Verbindung mit
dem bayerischen Heere unter Johann von Werth bei Nördlingen
die beiden uneinigen schwedischen Feldherren, Bernhard entfloh nach
dem Rheine, Horn ward gefangen, Schwaben, Franken, die Pfalz
von den Kaiserlichen besetzt. So war Schwedens drohende Ueber-
macht in Deutschland gebrochen und die Protestanten des süd-
westlichen Deutschlands gezwungen, sich Frankreich anzuschließen.
Dagegen erkannte der Kurfürst von Sachsen zuerst von den prote-
stantischen Fürsten ihre schmachvolle Abhängigkeit vom Auslande und
knüpfte mit echt vaterländischer Politik Unterhandlungen an, die den
Prager Frieden (1635) herbeiführten, wonach die Wirkung des
Restitutionsedicts mtf 40 Jahre hinausgeschoben wurde. Diesem Frie-
den traten alle protestantischen Stände des Mittlern und nördlichen
Deutschlands (mit Ausnahme des Landgrafen von Hessen-Kassel) all-
mälig bei und der religiöse Charakter des Krieges hörte nun vollends
auf, der fernere Zweck desselben war für Schweden ein deutsches
Land als Ersatz der Kriegskosten, für Frankreich Elsaß, für Bern-
hard von Weimar ein Herzogthum.
L>. Schwedischer und französischer Krieg 1635—48.
Der Krieg dauerte durch Frankreichs offene Theilnahme an dem-
selben auf zwei Hauptplätzen: am Rhein und im nördlichen Deutsch-
land fort und artete bei dem Mangel eines großartigen Planes im-
mer mehr in zweckloses Morden und Verwüsten aus. Während
Bernhard von Weimar förmlich in französische Dienste trat, und
die Kaiserlichen im Elsaß beschäftigte, stellte Ban er durch eineu
Sieg über die jetzt vereinigte sächsisch-kaiserliche Armee (bei Wittstock
1636) das Uebergewicht Schwedens in Norddeutschland wieder her.
*) S. mein deutsches Lesebuch für mittlere Klassen, S. 159 (2. Aufl.)
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Johann_von_Werth Johann Bernhard Bernhard_von_Weimar
Extrahierte Ortsnamen: Eger Schweden Sachsen Schweden Ungarn Baiern Rheine Schwaben Schwedens Deutschland Deutschlands Frankreich Sachsen Deutschlands Hessen-Kassel Schweden Frankreich_Elsaß Weimar Frankreichs Rhein Wittstock Schwedens Norddeutschland
Der zweite Krieg mit Frankreich.
tlo
Der zweite Krieg mit Frankreich 1688—97.
Als die kaiserlichen Feldherren die Türken aus Ungarn
vertrieben hatten, brach Ludwig Xiv. unter den nichtigsten Vor-
wänden den Waffenstillstand, überfiel ohne vorherige Kriegser-
klärung das, im Vertrauen auf den Stillstand unvorbereitete, Reich
und besetzte ohne Widerstand die Residenzen der ihm halb befreun-
deten drei geistlichen Kurfürsten (Mainz, Trier, Bonn). Bald folgte
eine schreckliche Verwüstung der Pfalz, welche, nachdem die Einwoh-
ner Monate lang die übermüthigsten Forderungen der Franzosen be-
friedigt hatten, zur völligen Wüste umgeschaffen wurde, indeni Mann-
heim, Speier, Worms und alle Orte bis zur elsassischen Grenze in
Asche sanken; die Einwohner wurden mit kaltblütiger Unmenschlich-
keit ausgeplündert und mißhandelt, und nicht einmal die Flucht war
gestattet außer auf französisches Gebiet. Der Hauptschauplatz des
weitern Krieges wurden die Niederlande, wo der französische Marschall
von Luxemburg widerholte Siege erfocht. Die Aufgabe des „Neichs-
krieges" beschränkte sich meist darauf, den Rhein zu bewachen und
die Hauptmacht war gegen die Türken beschäftigt. Die Erschöpfung
der französischen Finanzen und die Entwürfe Ludwig's Xiv. auf
Spanien bei dem nahen Tode des kinderlosen Königs Karl Ii. einer-
seits, das Mißtrauen unter den Verbündeten andererseits beschleunig-
ten den Frieden zu Ryswick, (beim Haag) 1697, worin Deutsch-
land Straßburg und alles auf ähnliche Weise im Elsaß Reu-
nirte verlor.
Standeserhöhungen deutscher Fürsten.
Zur Belohnung für die im Kriege gegen Frankreich geleistete
Hülfe und in der Absicht zu ferneren Diensten im bevorstehenden
spanischen Erbfolgekriege zu verpflichten, verlieh der Kaiser dem
Herzoge von Hannover die neunte Kurwürde (1692)
und gestattete dem Kurfürsten von Brandenburg Friedrich Hi.
die Annahme des Titels eines Königes in Preußen 1701.
Der Kurfürst von Sachsen August Ii. wurde nach Johann
Sobiesky's Tode zum Könige von Polen gewählt (1697) und
trat deshalb zur katholischen Kirche über.
8- 23.
Der spanische Erbfolgekrieg 1701—1714.
Da Karl Ii., König von Spanien, Sohn Philipp's Iv. und
Pütz deutsche Gcsch. 5. Aufl. g
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Karl_Ii Karl Friedrich_Hi Friedrich August Johann
Sobiesky's Johann Karl_Ii Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Ungarn Mainz Trier Bonn Worms Niederlande Luxemburg Rhein Spanien Elsaß_Reu- Frankreich Hannover Brandenburg Sachsen Polen Spanien