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1. Weltkunde - S. 114

1886 - Hannover : Helwing
114 Großen; Reichsverordnungen oder Kapitularien. Die alten Herzog- tümer mit ihren Volksherzögen an der Spitze, die zu sehr au die Selbständigkeit der einzelnen Stämme erinnerten, waren aufgelöst. Dafür traten die Gaugrafen als kaiserliche Ver- walter, Richter und Heerführer auf. Zn den Grenzländern waren Markgrafen, in den Pfalzen Pfalzgrafen, auf Domänen Kammerboten. Die Sendgrafen revidierten. — Alle Freien mußten dem Kriegsaufgebote folgen; sie bildeten den Heerbann. Karl sorgte für das Wohl seines Reiches. Um den Handel zu fördern, wollte er schon den Rhein-Donau-Kanal anlegen. Er verbesserte den Acker- und Obstbau, richtete gute Schulen ein (Klosterschulen, Hof- schulen), berief tüchtige Lehrer, ließ gute Bücher abschreiben und eine deutsche Grammatik verfassen, sammelte deutsche Lieder und gab den Monaten deutsche Namen. Er stiftete eine Reihe von Bistümern: Münster, Minden, Osnabrück, Verden, Bremen, Paderborn, Halberstadt und Elze, welches später nach Hildesheim verlegt ist. Er sorgte für Ansehen und Unterhalt der Geistlichen, hielt aber auch strenge auf Pflichterfüllung. Die Zahl der Kirchen wuchs. In ihrer Nähe siedelten sich Kaufleute an. Auch nahmen die Jahrmärkte ihren Anfang. 3. Karls Persönlichkeit. Karl war groß (7 seiner eigenen Fußlängen) und kräftig. Zn seiner Lebensweise war er schlicht. Gewöhnlich trug er nur Kleidung von Leinen und Tuch; bei feierlichen Gelegenheiten erschien er jedoch in vollem Kaiser- schmucke. Das Schwert hatte er stets an der Seite. Er war der beste Fechter, Schwimmer und Reiter unter den Franken. Sein Auge leuchtete den Dürftigen mild, den Schuldigen furchtbar. Er war den ganzen Tag thätig, schlief wenig, lernte im Alter noch schreiben und ging täglich zweimal zur Kirche. Eine feste Residenz hatte er nicht, sondern zog im Lande umher und wohnte auf seinen Pfalzen. Am liebsten weilte er jedoch in Aachen. Hier starb er auch 814 im Alter von 72 Jahren und fand im Dome seine Ruhestätte. § 33. Karls Nachfolger. Karls Sohn Ludwig (814 bis 840) erhielt den Beinamen „der Fromme", weil er der Kirche besonders zugethan (nochmalige Salbung, mönchisches Leben am Hofe, Mission nach Norden von Corvey und Hamburg aus, Ansgarius rc.), und weil er schwach und gutmütig war (schwache Reichsleitung, Weggeben von Zollfreiheiten und freien Gerichtsbarkeiten, übertriebene Nachsicht gegen die Lehensträger, die ihre Lehen bereits als erblich ansahen, mehrmalige Teilung des Reichs unter seine Söhne, deren Empörungen rc.) — Nach seinem Tode kriegten die Söhne um die Erbschaft und teilten sie im Vertrage zu Verdun 843. l. Lothar erhielt als Kaiser Italien, Lothringen, Burgund und Fries- land; 2. Ludwig der Deutsche Deutschland bis an den Rhein und jenseit noch Mainz, Speyer, Worms; 3. Karl der Kahle das jetzige Frankreich und Spanien bis zum Ebro. — Es ist nun folgendes zu merken: 1. Frankreich und Deutschland waren von nun an geschieden. Diejenigen Franken, welche sich in Gallien festgesetzt hatten, vermischten sich mit den Galliern oder Kelten, deren Nationalität die deutsche verdrängte. Aus der fränkischen, keltischen und lateinischen Sprache bildete sich die französische. — 2. Die Kaiserkrone war zuerst in Italien (Lothar), dann in Frankreich (Karl der Kahle), daraus kam sie

2. Weltkunde - S. 140

1874 - Hannover : Helwing
140 Kirche zuerst aus? — 9. Beschreibe den Verlauf der Reformation in Deutschland! — 10. Gieb das Wichtigste über die Reformation außer- halb Deutschlands an! — 11. Welche Kämpfe hatte die Reformation zu bestehen? — 12. Gliedere den dreißigjährigen Krieg! — 13. Wann verloren wir Metz, wann den Elsaß? — 14. Welche Gebietsver- änderungen erfolgten im westfälischen Frieden? — 15. Wodurch ist der Nürnberger Neligionsfrieden und der westfälische Frieden für die Pro- testanten wichtig? — 16. Was geschah genau 100 Jahre vor Gustav Adolfs Landung? — 17. Was ist erzählt: a) von Frankreich, b) von Schweden, c) von England, d) von den Niederlanden, e) von Irland? — 18. Welche Erfindungen und Entdeckungen fallen in diese Zeit? — 19. Beschreibe Gustav Adolf's Zug durch Deutschland! — 20. Welches war die Ursache: a) des Bauernkrieges, b) des dreißigjährigen Krieges überhaupt und insbesondere des böhmisch-pfälzischen und des nieder- sächsisch-dänischen Krieges? — 21. Was ist das Nestitutionsedikt? — 22. Welches ist der Zweck des Jesuitenordens? — 23. Weshalb mischte sich Gustav Adolf in den dreißigjährigen Krieg? Und weshalb thaten dies die Franzosen? — 24. Was sind Landsknechte? — 25. Wodurch ist Luther der Gründer einer gemeinschaftlichen Sprache für alle deutschen Stämme geworden? Welche seiner Schriften sind dir bekannt? — 26. Weshalb blieb das deutsche Volk nach dem 30jährigen Kriege noch lebensfähig? 5. Naümülgeschichte. a) S inken der Habsburgischen Monarchie, Preußens Emporwachsen. 1648 — 1740. Z. 68. Das sog. Jahrhundert Ludwigs Xiv. Unter Ludwig Xiii. (Kardinal Richelieu) und Ludwig Xiv. (1643 — 1715) gewann Frankreich das Uebergewicht über die andern Staaten in Europa. Der letztere (schlau, herrschsüchtig und prachtliebend) besiegte die trotzigen großen Vasallen, die nun Hof- leute und Officiere wurden; er unterdrückte die Hugenotten (Auf- hebung des Edikts von Nantes) und begründete die unumschränkte Königsmacht („Der Staat bin Ich"). Handel, Gewerbe, Künste und Wissenschaften nahmen während seiner glanzvollen Negierung einen hohen Aufschwung, obwohl das Land verarmte. Französische Sprache, Bildung, Mode und Leichtfertigkeit in Sitte und Religion wurde in ganz Europa (auch leider durch das Beispiel der Fürsten in Deutschland) herrschend. Die einzelnen Regenten suchten Ludwigs Negierungsweise nachzumachen, wodurch die Unterthanen gedrückt und belastet wurden. In Deutschland nahm Einheit und Einig- keit immer mehr ab; die kaiserliche Macht galt nichts mehr, denn nicht nur waren die Kaiser (Ferdinand Iii. 1637 — 57, Leopold I. 1657 — 1705, Joseph I. 1705 — 11) schwach, sondern sie waren auch bei allen wichtigen Angelegenheiten an die einhellige Zu-

3. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 68

1884 - Hannover : Helwing
68 Das Mittelalter. errichtete er auf seinen Gtern Musterwirtschaften, in denen die strengste Ordnung herrschen mute. Er selber war ein tchtiger Landwirt und gab die genauesten Anweisungen der die Pflege der Haustiere und Bienen, der die Wein- und Bierbereitung, der die Aufbewahrung der Wintervorrte, der Feld- und Gartenbau. Die Gutsverwalter muten ein genaues Verzeichnis der alle auf dem Gute vorhandenen Gegenstnde einreichen; Karl prfte die Rechnungen, in die auch die kleinsten verkauften Gegenstnde, z. B. jedes verkaufte Ei, eingetragen werden mute. Alle greren Verbesserungen ordnete er selbst an. d. Karls Lebensweise und sein Tod. Karl war von groem, starkem Krperbau. Seine Kraft war so gewaltig, da er einst einen Mauren mit einem Hiebe spaltete und Hufeisen zerbrechen konnte. Er ritt und jagte gern und oft; im Schwimmen bertraf ihn keiner. In Speise und Trank war er sehr mig. Am liebsten a er Braten, den seine Jger am Spiee braten und auftragen muten. Whrend der Mahlzeit lie er sich gern aus der heiligen Schrift oder der die Thaten alter Helden vorlesen. Seinen Nachtschlaf unterbrach er hufig vier-oder fnfmal durch Aufstehen. Stets hatte der Kaiser sein Schwert an der Seite. Fr gewhnlich unterschied sich seine Kleidung von der eines seiner Unterthanen nicht; auslndische Kleidung hate er. Karls Wohlthtigkeit erstreckte sich nicht blo auf seine Unterthanen, sondern weit bers Meer pflegte er Geld zu schicken, nach Syrien und Jerusalem, nach Alexandria und Karthago, wenn er hrte, da Christen dort in Drftigkeit lebten. Der Ruhm seines Namens war weit verbreitet; selbst der Kalif von Bagdad am Tigris sandte ihm Geschenke. Vor allem edlen Wissen hatte Karl groe Achtung; aber er selber hatte einen mangelhaften Unterricht genossen. Er lernte die Rechenkunst noch im hheren Mannesalter; die Schreibkunst aber vermochte er sich nicht mehr anzueignen. Er gab sich groe Mhe, fhrte sein Tfelchen immer bei sich und legte es bei Nacht unter sein Kopfkissen, um das Schreiben zu den, wenn er nicht schlafen konnte; doch die des Schwertes ge-wohnte Hand vermochte den leichten Federkiel nicht zu regieren. Die letzten Lebensjahre wurden dem alten Kaiser durch Krankheit und den Verlust seiner beiden ltesten Shne getrbt. Als er sein Ende nahen fhlte, machte er sein Testament. In demselben waren die Armen reichlich bedacht; den Geistlichen seines Reiches vermachte er ein Drittel seines Vermgens an Geld, Hausrat und Kostbarkeiten. Dann berief er seinen Sohn Ludwig und die Groen seines Reiches nach Aachen und stellte seinen Sohn als Nachfolger in der Kaiserwrde vor. Hierauf begab er sich in die Marienkirche, wohin ihm die ganze Versammlung folgte; dort knieete er vor dem Hauptaltare zu inbrnstigem Gebete

4. Die Geschichte in tabellarischer Übersicht - S. 145

1887 - Hannover : Helwing
145 fj a £ L mit Rügen und Stettin, die mecklenburgische Stadt Wismar und die Bistümer Bremen und Verden. b) Deutschland betreffend. Staatliche Angelegenheiten: 1) Die Unabhängigkeit der Schweiz und der Niederlande wird anerkannt. 2) Die Rheinpfalz mit der neu geschaffenen achten Kurwürde wird an Friedrichs V. Sohn, den Pfalzgrafen Karl Ludwig, zurückgegeben. Bayern bleibt im Besitz der Oberpfalz. 3) Brandenburg erwirbt den größeren Teil von Hinterpommern und als Entschädigung für das ihm nach Erbrecht zustehende ungeteilte Pommern die Anwartschaft auf das Herzogtum (bisher Erzbistum) Magdeburg und die Bistümer Halberstadt, Minden und Kammin (als weltliche Herzogtümer). Magdeburg fällt 1680 nach dem Tode des Administrators August von Sachsen an Brandenburg. 4) Sachsen erhält die Lausitz. 5) Mecklenburg erhält die säkularisierten Bistümer Schwerin und Ratzeburg. 6) Braunschweig-Lünebnrg erhält die Klöster Walkenried 1 - . und Gröningen und das Recht, abwechselnd mit einem katholischen Bischof im Bistum Osnabrück zu succediereu. 7) Hessen-Kassel erhält die Abtei Hersfeld und sechshundert- V.v tausend Thaler. Den Reichs ständen wird die volle Landeshoheit zugestanden, das jus pacis et armorum, das Recht der Bundesschließung auch mit dem Ausland außer gegen Kaiser und Reich. — Vernichtung der kaiserliche« Gewalt. Kirchliche Angelegenheiten: 1) Bestätigung des Passaner Vertrages und Augsburger Religionsfriedens; auch die Reformierten erhalten Religionsfreiheit. 2) Aufhebung des Restitutionsedikts durch Festsetzung des Normaljahres 1624: Katholiken und Evangelische bleiben im Besitz der geistlichen Stifter und Güter, die sie am 1. Jauuar 1624 inne gehabt. Das jus reformandi, das ist die Befugnis, den Unterthanen, die durch das Normaljahr keine freie Religionsübung zugesichert erhalten haben, die Religion vorzuschreiben, bleibt den Landesherren. Frankreich und Schweden sind Garanten des westfälischen Friedens. Folgen des dreißigjährigen Krieges: Durch die entsetzlichen Verwüstungen des Krieges ist der Wohlstand Deutschlands vernichtet, mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist untergegangen, die Sitten sind verwildert, der Aberglaube herrscht Heinze, Geschichte. 10

5. Realienbuch für Taubstummen-Anstalten - S. 1

1908 - Schleswig : Bergas
Anhang. 1. Die Taubstummen in ihrer Verlassenheit. In früheren Zeiten glaubte man, es sei unmöglich, Taubstumme zu unterrichten und zu erziehen. Die taubstummen Kinder wuchsen darum ohne Unterricht und ohne Erziehung auf. Sie lernten weder lesen, noch schreiben, noch rechnen; sie erfuhren nichts von unsrem schönen Vaterland und seinen Fürsten, nichts von Gott und seinem Sohne Jesus Christus. Ihr Geist blieb mit Finsternis umhüllt und ihr Körper meist schwach und ungeschickt. Infolgedessen konnten die Taubstummen häufig kein Handwerk erlernen und sich oft nicht selbst ernähren; bis zu ihrem Tode waren sie meist auf das Mitleid ihrer hörenden Mitmenschen angewiesen. Das war höchst betrlibend, und manche Mutter weinte bittere Tränen über ihr verlassenes taubstummes Kind. Im achtzehnten Jahrhundert lebten jedoch zwei Männer, die der Welt zeigten, daß es möglich sei, die Taubstummen zu unterrichten und sie zu nützlichen Gliedern der menschlichen Gesellschaft und zu Himmelsbürgern heranzubilden. Diese Männer waren der Franzose Abbé de l’Epée und der Deutsche Samuel Heinicke. Sie sind die größten Wohltäter der Tanbstummen geworden. 2. Abbé de l’Epée, der Gründer der ersten Taubstummen-Anstalt. (1770) 1. Oe l'epée wurde im Jahre 1712 zu Versailles geboren. Seine Eltern waren begüterte Leute. Weil er ein frommes Herz hatte, wurde er ein katholischer Priester oder ein Abbé. Später legte er sein Amt nieder und lebte in Paris von den Zinsen seines Vermögens. Daselbst kam er einmal zufällig in das Haus einer Frau, die zwei taubstumme Töchter hatte. Die Mutter klagte de l'epée, daß ihren Kindern niemand helfen könne. Als dieser darüber nachdachte, wie traurig es sei, ohne Religion leben und sterben zu müssen, wurde sein mitleidiges Herz aufs tiefste bewegt. Er entschloß sich deshalb, sein Leben den verlassenen Taub- stummen zu widmen. Mit Hilfe der Gebärde versuchte er, die beiden taubstummen Mädchen zu unterrichten, und siehe da, der Unterricht gelang! Die Kinder lernten nicht nur schreiben, lesen und rechnen, sondern auch Gottes Wort. Über diesen Erfolg war der edle Mann hoch erfreut. 2. Abbé de l’Epée wünschte aber, daß nicht nur einzelnen, sondern möglichst vielen Taubstummen geholfen werde. Deshalb gründete er im Jahre 17 70 eine Anstalt für Taubstumme zu Paris. Da eine solche vorher nirgends bestand, war dies die allererste Taubstummen-Anstalt. De l'epée unterhielt sie anfangs fast ganz auf seine eigenen Kosten; erst später bekam er vom König von Frankreich eine Unterstützung. 3. Abbé de l'epée hing mit großer Liebe an seinen taubstummen Zöglingen und sorgte wie ein Vater für sie. Unermüdlich unterrichtete er Geschichte.

6. Realienbuch für Taubstummen-Anstalten - S. 3

1908 - Schleswig : Bergas
3 Wenn et auf dem Felde war, nahm er oftmals ein Buch aus der Tasche und las eifrig darin. Darüber ärgerte sich sein Vater und schalt ihn tüchtig aus. Deshalb entfloh Heinicke in seinem 21.Lebensjahre nach Dresden und wurde Soldat. In seinen Freistunden bildete er sich im Schreiben und Rechnen weiter aus; auch erlernte er die französische und lateinische Sprache. Um seine geringe Einnahme zu erhöhen, erteilte er Privatstuudeu. In diese wurde ihm ein taubstummer Knabe gebracht, den er zuerst nur im Schreiben unter- wies. Später versuchte er, ihn auch im Sprechen zu unterrichten, und siehe da, der Versuch gelang! Als bald darauf der siebenjährige Krieg ausbrach, mußte Heinicke seine unterrichtliche Tätigkeit aufgeben und mit ins Feld ziehen. Bei Pirna wurde er von den Preußen gefangen genommen. Es gelang ihm jedoch, nach Hamburg zu entfliehen. Hier wurde er Vorleser bei einer Gräsin und später Lehrer in dem benachbarten Eppendorf. 3. In Eppendorf bei Hamburg unterrichtete Heinicke neben seinen hörenden Schülern auch einige taubstumme. Er wiederholte den Ver- such, letztere sprechen und absehen zu lehren, und er gelang zu Heiuickes Freude zum zweitenmal. Der Pastor zu Eppendorf aber war hierüber sehr erzürnt; er verkündigte von der Kanzel herab, man dürfe Taubstumme nicht im Sprechen unterrichten, Gott selbst wünsche es, daß sie stumm blieben. Heinicke ließ sich jedoch dadurch nicht beirren, sondern arbeitete ruhig weiter. Als daun mit einem seiner taubstummen Zöglinge eine Prüfung abgehalten wurde, siel diese so gut aus, daß der Eppeudorfer Pastor von nun an Heinicke in Ruhe ließ, ja sich bereit erklärte, den Taubstummen zu konfirmieren. Dies erregte in den Nachbarstädten Hamburg und Altona großes Aufsehen. Auch der Kurfürst von Sachsen hörte von Heiuickes gesegneter Wirksamkeit und berief ihn in seine Heimat zurück. Heinicke folgte dem Rufe und gründete im Jahre 1778 zu Leipzig eine Anstalt mit neun taubstummen Schülern. Diese Taubstummen-Austalt war die erste in Deutschland. 4. Heinicke war seinen Schülern von Herzen zugetan und unterrichtete sie mit großem Fleiße. Er wünschte vor allem, daß sie leicht und rasch mit ihren hörenden Mitmenschen verkehren lernten. Deshab war er eifrig bemüht, den Taubstummen die Lautsprache zu geben und sie gut absehen zu lehren. Seine Arbeit wurde weit und breit bewundert; denn jahrtausendelang hatte der Mund der Taubstummen geschwiegen; nun aber redete er. 5; Heinicke starb im Jahre 1790 zu Leipzig. Seinem Vorbild folgten allmählich immer mehr Taubstummenlehrer nach. Gegenwärtig werden nicht nur die Taubstummen Deutschlands, sondern auch die meisten Frankreichs und andrer Länder in der Lautsprache unterrichtet. Es bestehen zurzeit in Deutschland etwa 100, auf der ganzen Erde etwa 400 Taubstummen-Anstalten. Dankbare Taubstumme haben dem Gründer der ersten deutschen Taubstummen- Austalt nicht nur in Leipzig, sondern auch in Eppendorf ein schönes Denkmal setzen lassen.

7. Realienbuch für Taubstummen-Anstalten - S. 45

1908 - Schleswig : Bergas
45 Mitte. War eines krank, so pflegte er es, und groß war seine Freude, wenn es wieder gesund war. Er betete mit ihnen und lehrte sie auch »och im Bette, wenn sie es wünschten. Alles, was den Kindern an Leib und Seele Gutes geschah, kam von Pestalozzi; er war ihnen Vater und Mutter, Anf- seher und Krankenwärter, Lehrer und Erzieher. 3. Pestalozzis Bemühungen hatten guten Erfolg. Nach einigen Monaten kannte man die Kinder kaum wieder; ihre Gesichtsfarbe war blühend geworden und fröhliche Lebenslust strahlte aus ihren Augen. Im Unterricht lernten sie so eifrig, daß Pestalozzi selbst sich wundern mußte. Die Kinder hingen mit großer Liebe an ihrem Pflegevater; alles, was sie ihm von den Augen absehen konnten, taten sie mit Freuden. Sie liebten einander aber auch wie Geschwister und halfen sich gegenseitig, wo sie nur konnten: von Zank und Streit war nichts zu hören. Als einmal in der Nähe von Stanz ein ganzes Dorf abbrannte, sagte Pestalozzi zu seinen Pflegekindern: „Wie wäre es, wenn wir 20 der armen, obdachlos gewordenen Kinder zu uns nähmen? Ihr müßtet dann allerdings euer Brot mit ihnen teilen." Da riefen alle: „Laß sie kommen!" und jubelten vor Freude. Sie hatten in Pestalozzis Schule gelernt, daß Geben seliger ist als Nehmen. 4. Doch es fehlte Pestalozzi auch nicht an Enttäuschungen. Unter seinen Zöglingen gab es auch solche, die nicht gehorchen wollten und die wegliefen, wenn sie bestraft wurden, Auch nicht alle Eltern waren ihm dankbar. Einige scheuten sich nicht, von Pestalozzi Vergütung zu fordern; sie sagten: „Wir haben viel Schaden, wenn wir unsere Kinder beim Betteln nicht bei uns haben." Andre warteten ab, bis ihre Kinder mit neuen Kleidern aus- gestattet waren; dann aber nahmen sie sie ohne weiteres aus der Anstalt weg und hielten sie wieder zum Betteln an. 5. Leider wurde das ehemalige Kloster, in dem Pestalozzis Armen- anstalt war, schon nach fünf Monaten zu einem Lazarett eingerichtet. Da kein andres Gebäude zur Verfügung stand, war Vater Pestalozzi gezwungen, seine Anstalt aufzulösen. Mit schwerem Herzen und Tränen in den Angen nahm er im Jahre 1799 Abschied von den Kindern, die er so lieb gewonnen hatte, und die er nun wieder verlassen mußte. Schon vor seiner Wirksamkeit in Stanz hatte er durch seine Fürsorge für Bettelkinder sein ganzes Vermögen verloren; er war selbst bettelarm geworden und hatte oft weder Brot noch Holz gehabt, um sich vor Hunger und Kälte zu schützen. Nun hatte ihn von neuem ein schwerer Schicksalsschlag getroffen. Doch nichts konnte ihm seine unerschöpfliche Liebe rauben. Mit unermüdlichem Eifer gründete Pestalozzi später noch mehrere Anstalten in der Schweiz und widmete sein ganzes Leben der Erziehung der Jugend. Eine der Anstalten war zu Averdon, wo jetzt (wie unser Bild zeigt) ein schönes Pestalozzi- Denkmal steht. 6. Der große Kinderfrennd wurde von vielen seiner Zeitgenossen hoch geehrt. Die Königin Luise schrieb in ihr Tagebuch: „Wäre ich mein eigner Herr, so setzte ich mich in einen Wagen und rollte zu Pestalozzi in die Schweiz, um dem edlen Manne mit Tränen in den Angen und mit einem Händedruck zu danken. Wie gut meint er es mit der Menschheit! Ja, in der Menschheit Namen danke ich ihm."

8. Realienbuch für Taubstummen-Anstalten - S. 1

1899 - Schleswig : Bergas
Anhcrng 1. Die Taubstummen in ihrer Verlassenheit. In früheren Zeiten glaubte man, es sei unmöglich, Taubstumme zu unterrichten und zu erziehen. Die taubstummen Kinder wuchsen darum ohne Unterricht und ohne Erziehung auf. Sie lernten weder lesen, noch schreiben, noch rechnen; sie erfuhren nichts von unserem schönen Vaterlande und seinen Fürsten, nichts von Gott und seinem Sohne Jesus Christus. Ihr Geist blieb mit Finsternis umhüllet und ihr Körper meist schwach und ungeschickt. Infolgedessen konnten die Taubstummen häufig kein Handwerk erlernen und sich oft nicht selbst ernähren; bis zu ihrem Tode waren sie meist auf das Mitleid ihrer hörenden Mitmenschen angewiesen. Das war höchst betrübend, und manche Mutter weinte bittere Thränen über ihr verlassenes taubstummes Kind. Im vorigen Jahrhunderte lebten jedoch zwei Männer, welche der Welt zeigten, daß es möglich sei, die Taubstummen zu unterrichten und sie zu nützlichen Gliedern der menschlichen Gesellschaft und zu Himmelsbürgern heranzubilden. Diese Männer waren der Franzose Abbé de l’Epée und der Deutsche Samuel Heinicke. Sie sind die größten Wohlthäter der Taubstummen geworden. 2. Abbé de l’Epée, der Gründer der ersten Taubstummen-Anstalt. (1770) 1. De l’Epée wurde im Jahre 1712 zu Versailles geboren. Seine Eltern waren begüterte Leute. Weil er ein frommes Herz hatte, wurde er ein katholischer Priester oder ein Abbé. Später legte er sein Amt nieder und lebte in Paris von den Zinsen seines Vermögens. Daselbst kam er einmal zufällig in das Haus einer Frau, welche zwei taubstumme Töchter hatte. Die Mutter klagte de l’Epée, daß ihren Kindern niemand helfen könne. Als dieser darüber nachdachte, wie traurig es sei, ohne Religion leben und sterben zu müssen, wurde sein mitleidiges Herz aufs tiefste bewegt. Er entschloß sich deshalb, sein Leben den verlassenen Taub- stummen zu widmen. Mit Hülfe der Gebärde versuchte er, die beiden taubstummen Mädchen zu unterrichten, und siehe da, der Unterricht gelang! Die Kinder lernten nicht nur schreiben, lesen und rechnen, sondern auch Gottes Wort verstehen. Über diesen Erfolg war der edle Mann hoch erfreut. 2. Abbé de l’Epée wünschte aber, daß nicht nur einzelnen, sondern möglichst vielen Taubstummen geholfen werde. Deshalb gründete er im Jahre 17 70 eine Anstalt für Taubstumme zu Paris. Da eine solche vorher nirgends bestand, war dies die allererste Taubstummen-Anstalt. De l’Epée unterhielt diese anfangs fast ganz auf seine eigenen Kosten; erst später bekam er vom Könige von Frankreich eine Unterstützung. 3. Abbé de l’Epée hing mit großer Liebe an seinen taubstummen Zöglingen und sorgte wie ein Vater für sie. Unermüdlich unterrichtete er Geschichte. *r' ! ' V-tut Si". re-'.iar.sla Ga. A Aaocbuno i; ;'ß'jr;3cbv.i£'.ij -Scliuiluchblidiothek -

9. Realienbuch für Taubstummen-Anstalten - S. 3

1899 - Schleswig : Bergas
3 Wenn er auf dem Felde war, nahm er oftmals ein Buch aus der Tasche und las eifrig darin. Darüber ärgerte sich sein Vater und schalt ihn tüchtig aus. Deshalb entfloh Heinicke in seinem 21. Lebensjahre nach Dresden und wurde Soldat. In seinen Freistunden bildete er sich im Schreiben und Rechnen weiter aus; auch erlernte er die französische und lateinische Sprache. Um seine geringe Einnahme zu erhöhen, erteilte er Privatstunden. In diese wurde ihm ein taubstummer Knabe gebracht, welchen er zuerst nur im Schreiben unterwies. Spater versuchte er, ihn auch im Sprechen zu unterrichten, und siehe da, der Versuch gelang! Als bald darauf der siebenjährige Krieg ausbrach, mußte Heinicke seine unterrichtliche Thätigkeit aufgeben und mit ins Feld ziehen. Bei Pirna wurde er von den Preußen gefangen genommen. Es gelang ihm jedoch, nach Hamburg zu entfliehen. Hier wurde er Vorleser bei einer Gräfin und später Lehrer in dem benachbarten Eppendorf. 3. In Eppendorf bei Hamburg unterrichtete Heinicke neben seinen hörenden Schülern auch einige taubstumme. Er wiederholte den Ver- such, letztere sprechen und absehen zu lehren, und derselbe gelang zu Heinickes Freude zum zweitenmale. Der Pastor zu Eppendorf aber war hierüber sehr erzürnt; er verkündigte von der Kanzel herab, man dürfe Taubstumme nicht im Sprechen unterrichten, Gott selbst wünsche es, daß sie stumm blieben. Heinicke ließ sich jedoch dadurch nicht beirren, sondern arbeitete ruhig weiter. Als dann mit einem seiner taubstummen Zöglinge eine Prüfung abgehalten wurde, siel diese so gut aus, daß der Eppendorfer Pastor von nun an Heinicke in Ruhe ließ, ja sich bereit erklärte, den Taubstummen zu konfirmieren. Dies erregte in den Nachbarstädten Hamburg und Altona großes Aufsehen. Auch der Kurfürst von Sachsen hörte von Heinickes gesegneter Wirksamkeit und berief ihn deshalb in seine Heimat zurück. Heinicke folgte dem Rufe und gründete im Jahre 1 7 78 zu Leipzig eine Anstalt mit neun taubstummen Schülern. Diese Tanbstnmmen-Anstalt war die erste in Deutschland. 4. Heinicke war seinen Schülern von Herzen zugethan und unterrichtete sie mit großem Fleiße. Er wünschte vor allem, daß sie leicht und rasch mit ihren hörenden Mitmenschen verkehren lernten. Deshalb war er eifrig bemüht, den Taubstummen die Lautsprache zu geben und sie gut absehen zu lehren. Seine Arbeit wurde weit und breit bewundert. Denn Jahrtausende lang hatte der Mund der Taubstummen geschwiegen; nun aber redete derselbe. 5. Heinicke starb im Jahre 1790 zu Leipzig. Seinem Vorbilde folgten allmählich immer mehr Taubstummenlehrer nach. Gegenwärtig werden nicht nur die Taubstummen Deutschlands, sondern auch die meisten Frankreichs und anderer Länder in der Lautsprache unterrichtet. Es bestehen zur Zeit iu Deutschland etwa 100, auf der ganzen Erde etwa 400 Taubstummen-Anstalten. Dankbare Taubstumme haben dem Gründer der ersten deutschen Taubstummen- Anstalt nicht nur in Leipzig, sondern auch in Eppendorf ein schönes Denkmal setzen lassen.
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