Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Marten, Adolf
Auflagennummer (WdK): 6
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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Münster und Osnabrück der westfälische Friede ge-
schlossen. 1648. — (Aufgabe: Beschreib nach deinem Lese-
buche: 1. Gustav Adolf. — 2. Tilly. — 3. Wallenstein. —
4. Die Eroberung von Magdeburg. — 5. Die Schlacht von
Lützen.)
§. 65. c. Folgen. 1. Die Reformation blieb besteben,
und Katholiken und Protestanten erhielten gleiche Rechte; aber
das deutsche Reich lag darnieder, und die Kaiserwürde hatte alle
Bedeutung verloren, der Wohlstand war vernichtet, Sittenlosigkeit
und Roheit allenthalben eingerissen (2/s der Bewohner todt, Städte
und Dörfer verwüstet, Räuber, Hexenprocesse). Deutschland war
ein Bund von 300 sogenannten Reichsständen, denen die that-
sächliche Souveränetät (Landeshoheit) eingeräumt war. Sie konnten
unter sich und sogar mit fremden Mächten Bündnisse schließen
(freilich vorbehaltlich der Rechte des Kaisers, wie nutzlos hinzu-
gefügt war); damit war die letzte Besiegelung der innern Auf-
lösung des Reiches und seiner Dhumacht gegeben. Es wurde ein
Spott fremder Völker und der Deutschen selbst und reifte lang-
sam dem Tode zu, nicht einmal zur Vertheidigung mehr tauglich.
Die Habsburgischen Kaiser konnten nichts mehr ausrichten und
folgerichtig nur an die Stärkung ihrer Hausmacht denken. —
2. Wichtige Grenzländer waren dem Reiche entrissen. Schweden
erhielt Vorpommern, Rügen, einen Theil von Hinterpommern, die
Bisthümer Bremen und Verden; an Frankreich wurden Metz rc.
(§. 62), der Elsaß (außer Straßburg und 10 Reichsstädten), einige
Festungen wie Breisach abgetreten; die Schweiz und die Nieder-
lande wurden aus dem deutschen Reichsverbande entlassen. So
wurde Deutschland abhängig von Schweden und Franzosen. —
3. Das deutsche Volk war also beinahe am Ende seiner Tage
angekommen: doch waren noch zwei Lebenselemente vorhanden:
die zähe Kraft des deutschen Volkes, die durch das in allen Eou-
fessionen neu erwachte religiöse Leben besonders aufgefrischt ward,
und der k u r b r a n d e n b u r g i s ch e Staat, der einst Deutsü)-
lands fester Halt werden sollte. (Als Entschädigung für das ihm
durch Erbrecht zustehende Pommern fvon dem es nur den
größeren Theil H i n t e r p o m m e r n s erhält^ erlangt Branden-
burg Halberstadt, Minden, Ca min, Magdeburg. Zu
welchen Provinzen ist hierdurch der Grundstock gelegt?)
§. 66. Verlauf der Reformation. Allgemeines.
Die Reformation hatte auch in Dänemark Eingang gefunden. — Seit
1397 herrschten die dänischen Könige auch über Norwegen und Schweden
(kalmarische Union). Gustav Wasa befreite S ch w ed e n, wurde 1523 König
und führte die Reformation ein. — In Frankreich führte der Haß
zwischen Reformierten (Hugenotten) und Katholiken zu Kriegen und zu der
sogenannten Bartholomäusnacht oder Pariserbluthochzeit 1572
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Gustav_Wasa Gustav
Extrahierte Ortsnamen: Magdeburg Deutschland Schweden Hinterpommern Frankreich Breisach Deutschland Schweden Pommern Minden Magdeburg Dänemark Norwegen Schweden Frankreich
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Die Ortsarmen erhalten in stark 700 Gemeinden Hausnnterstützungen
durch die Armenräte. Die Verteilung geschieht nach Maßgabe der vor-
handenen Mittel lediglich in Rücksicht ans die Hilfsbedürftigkeit. Arme
Hauskranke werden von den Kantonalärzten kostenfrei behandelt und
erhalten ohne Entgelt die nötigen Heilmittel. Unbemittelte Kranke finden
unentgeltliche Aufnahme und Heilpflegc in den Spitälern. Wie gefährlich
und ekelhaft die Krankheit auch sei, das Krankenhaus hat für alle ein Plätzchen,
eine sorgfältige Wartung und eine sachkundige Pflege. Solche „Stätten der
Barmherzigkeit" weisen unsre meisten Städte, oft sogar Ortschaften des
platten Lands auf. Auch für die infolge hohen Alters, körperlicher Gebrechen
oder geistiger Umnachtung dauernd erwerbsunfähigen Armen ist gesorgt. In
Versorgungsheimen wird alten Leuten ein friedlicher und sorgenloser
Lebensabend zilteil, und körperlich gebrechliche Personen, wie Krüppel, unheil-
bare Kranke u. s. w., finden in eigens für sich eingerichteten Anstalten
angemessene Pflege und den nötigen Lebensunterhalt. In den Irren-
anstalten hatdie christlichebarmherzigkeit den Geisteskranken zweckentsprechende
Heimstätte und Versorgung geschaffen. In Saargemünd befindet sich eine
Heilanstalt für die Irren in Lothringen, in Stephansfeld bei Brumath und
in Rnfach solche für diejenigen des Elsaß.
Für arbeitsscheue, verwilderte Menschen hat man auch eine wohltätige
Einrichtung getroffen. Ins Arbeitshaus in Psalzburg werden Landstreicher
und Stromer aufgenommen, an Arbeit und Ordnung, Sitte und Sittlichkeit
gewöhnt und so wieder zu nutzbaren Gliedern der menschlichen Gesellschaft
geschaffen. Die entlassenen Sträflinge in passende Stellungen zu bringen,
damit der „Kampf ums Dasein" diese Armen nicht rückfällig werden läßt,
hat sich der „Verein zur Fürsorge für entlassene Gefangene" zur
hohen Aufgabe gestellt.
Auch noch andre Veranstaltungen und Einrichtungen zugunsten der
Armen hat die liebevolle Barmherzigkeit erdacht. Volksküchen und Suppen-
anstalten sorgen für gute und billige Speisen, während Volksbibliotheken
durch geeignete Lesestoffe dem Geiste eine gesunde Nahrung liefern. Das
schlimme und weitverbreitete Laster der Trunksucht wird in Wort und Schrift
durch die Mäßigkeitsvereine bekämpft, wobei man gleichzeitig Gasträume
schafft, in denen billige Speisen und kräftige Getränke, aber keine geistigen
verabreicht werden. Im Winter lassen größere Städte Notstandsarbeiten
verrichten, damit die Arbeiter nicht brotlos sind, gleichzeitig sorgen Armen-
lotterien dafür, daß die Hausarmcnpflcge in ausgedehnterem Maße ausgeübt
werden kann. Den Arbeitslosen sucht man durch unentgeltlichen Arbeits-
nachweis zur lohnenden Beschäftigung zu verhelfen.
Nicht vergessen seien auch die mannigfachen Hilfsgenosscnschaften
und Unterstützungskassen, deren segensvollen Wirkungen nicht hoch genug
gewertet werden können. Höchst wichtig ist auch die Einrichtung des Armen-
rechts, welches den Armen von allen Gerichtskosten und -gebühren befreit,
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mannigfachsten Gestalt tritt uns das menschliche Elend entgegen. Aber nicht
kalt und herzlos gehn die von „des Glückes Gunst Bedachten" an ihren
unglücklichen Mitmenschen vorüber, im Gegenteil, man will möglichst viel
Leid stillen und Elend lindern.
In Krippen, d. h. nach der „Krippe zu Bethlehem" benannten
Bcwahranstalten, erhalten die armen Säuglinge großer Städte gegen eine
geringe Entschädigung gedeihliche Pflege, wodurch sie in der Mehrzahl vor
frühem Tod und langem Siechtum bewahrt bleiben. Diesen Veranstaltungen
werktätiger Liebe reihen sich die Kleinkinderschulen an, in welchen besonders
die armen Kinder von 2—6 Jahren während der Arbeitszeit der Eltern au
trauter Stätte die nötige Aufsicht und passende Beschäftigung finden. Die
Kleinkinderschulen, welche im Steintal ihren Anfang genommen haben, sind
in unserm engern Vaterlande sehr verbreitet. Eine ähnliche und sehr zweck-
mäßige Einrichtung sind in den größern reichsländischcn Städten die Schüler-
horte, durch welche die Schüler, die sich selbst überlassen sind, vor den
Gefahren der Straße geschützt und angemessen beschäftigt werden.
Hat aber das Kind Vater und Mutter verloren, so winkt helfend und
rettend die wichtigste Schöpfung der christlichen Liebe: das Waisenhaus.
Hier werden ihm Liebe und Pflege, Erziehung und Vorbereitung fürs Lehen
zuteil. Noch schlimmer als die Waisen find die Kinder von Verbrechern,
Landstreichern u. s. w. daran. Ohne guten Familicneinfluß wachsen sie auf
und verwahrlosen. Ihrer nehmen sich die Fürsorgevereine und Rettungs-
anstalten an, sowohl diejenigen der Privatwohltätigleit als die staatliche
Besserungsanstalt in Hagenau. Schwachbcfähigte Kinder werden in
besondern Klassen unterrichtet und blödsinnige in besondern Häusern, den
Blödsinnigenanstalten, untergebracht. In den Blindenanstalten zu
Jllzach (Oberels.) und Still (Untercls.) werden die des Augenlichts beraubten
Kinder verpflegt und so weit fürs Leben ausgerüstet, daß sie sich später
selbständig ernähren können. Gleiches wird den taubstummen Kindern in
den Taubstummenanstalten zu Metz, Straßburg-Neudorf und Jscn-
heim (Oberels.) zuteil.
Nicht vergessen sei eine andre Wohlfahrtseinrichtung! Manche arme
Stadtkinder wohnen in dumpfen, ungesunden Wohnungen und leiden
häufig an Skrofeln und andern Krankheiten. Sic werden nun in Ferien-
kolonien, Sol-und Seebäder geschickt. Hier fühlen sich die Kinder überaus
glücklich und kehren meist gekräftigt, oft vollständig geheilt zurück.
In gleicher Weise hat die fürsorgliche Barmherzigkeit aber auch für die
armen Erwachsenen gesorgt. In Lehrlingsheimen erhalten die Lehrlinge,
die nicht im Hanse des Meisters wohnen, gesunde Schlafstütten, billige Kost,
gute Unterhaltung und freundlichen Rat. Die Wandergesellen finden im
Gesellenheim nächtliche Unterkunft, wohlseile Beköstigung, gute Bücher,
eine christliche Hansordnnng und Arbeitsnachweis. Auch für ledige Fabrik-
arbeiter und -arbeiterinnen und stellenlose Dienstmädchen ersetzen ähnliche
Herbergen das mangelnde Heim.
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