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die Kämpfe zwischen Welsen und Staufen wieder, bis 1235 auf dem
Reichstage zu Mainz eine Einigung zu stände kam. Mit großer Pracht
erschien hier der Welfe vor Friedrich Ii., beugte feine Knie vor dem
Kaiser und übergab diefem feine sämtlichen Erblande. Der Kaiser
überreichte ihm eine Reichsfahne und überwies ihm feierlichst die Eigen-
besitznngen als Reichslehen und neues Herzogtum. In diesem Herzog-
tum „ Braun schweig-Lüneburg ", welches das Land zwischen
Deister und Leine, Göttingen, - Grnbenhagen, den Harz, Braunschweig,
Celle und Lüneburg umfaßte, liegt der Kern der heutigen Provinz
Hannover und des Herzogtums Brauufchweig eingeschlossen.
Noch unter Otto wuchs das Herzogtum und begann aufzublühen.
Aber man folgte dem Brauche vieler Fürsteu damaliger Zeit; man
teilte das Land und machte es durch Zersplitterung ohnmächtig.
Schon die beiden Söhne Ottos begannen 1269 diese Teilungen. Albrecht
erhielt den südlichen Teil unter dem Namen eines Herzogs von Brmm-
schweig; Johann nahm den nördlichen Teil unter dem Titel eiues
Herzogs von Lüneburg. Noch zwölsmal ist dieser Landbesitz geteilt
worden, und eine Reihe von Ländchen bildete sich, in denen einmal
sogar gleichzeitig 7 Herzöge regierten. Doch das Schicksal führte
diese Herzogsländchen, in deffen Bewohnern wie Fürsten das Gefühl
der Zusammengehörigkeit zum Glück erhalten blieb, immer wieder
zusammen. Durch die Teilung von 1635 wurde dann der Grnnd gelegt
zu den beiden Ländern Hannover und Braun schweig.
Wir beschränken uns nun darauf, das Wachstum des Landes
Hannover zu verfolgen. Diesem Hause Lüneburg (Hannover) gehörten
die Herzogtümer Lüneburg, Celle, Calenberg, Göttingen, Grnbenhagen
und die Grafschaften Hoya (1582), Diepholz (1585) und Stücke von
Schaumburg und Lauenburg. Durch Teilung entstanden 1641 die beiden
Linien Lüueburg-Celle und Lüneburg-Hannover, die 1705 wieder vereinigt
wurden. Inzwischen hatte der Hannoversche Zweig unter Ernst August
(1679—98) im Jahre 1692 die Kurwürde erhalten. Als Kurfür st eu-
tum Hannover war es unteilbar und darum iu Zukunft vor Zer-
fplitternng geschützt. Georg, der Sohn Ernst Augusts, der durch Heirat
mit der Erbtochter vou Lüneburg - Celle (Prinzessin von Ahlden) auch
diese Läuder erhielt, vergrößerte im Jahre 1715 das Land durch Ankauf
der Herzogtümer Bremen und Verden von den Schweden, und fein
Sohn Georg Ii. erwarb 1731 das Land Hadeln.
Kurfürst Georg wurde dann im Jahre 1714 als nächster Ver-
wandter der Königin Anna König von England; Hannover wurde
Nebenland und hat bis zum Jahre 1837 (bis zu diesem Jahre war es
mit England verbunden) von dieser Verbindung manchen Nachteil _ er-
fahren. Nicht nur haben während des 7 jährigen Krieges Frankreichs
Heere es im Kampfe gegen England ausgeplündert und haben hunderte
von braven Hannoveranern für England in Amerika bluten müssen,
auch Napoleon I. hat seinen Haß gegen England an dem Nebenlande
Hannover ausgelassen und hat in der Zeit von 1863—1805 aus dem
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich Otto Ottos Albrecht Johann Ernst August Georg Ernst_Augusts Ernst Augusts Georg_Ii Georg Anna_König Napoleon_I.
Extrahierte Ortsnamen: Staufen Mainz Göttingen Braunschweig Celle Lüneburg Ottos Lüneburg Hannover Celle Calenberg Diepholz Schaumburg Lauenburg Lüneburg Bremen Schweden England England Frankreichs England England Amerika England Hannover
A. Europa.
27
1648 Friede zwischen Frankreich und dem Kaiser (west-
fälischer Friede). — Westlich
Stadtlohn. 1623 Sieg Tillys über Christian von Braun-
schweig.
Regierungsbezirk Minden.
Minden an der Weser. 1759 1. August Sieg Ferdinands
von Braunschweig über die Franzosen unter Contades.
l) Hannover.
Landdrostei Osnabrück.
Osnabrück an der Hase. In der Nähe 783 Sieg Karls
d. Gr. über die Sachsen. — 1648 Friede zwischen Schwe-
den und dem Kaiser (westfälischer Friede).
Landdrostei Hannover.
Hastenbeck unweit Hameln. 1757 Sieg der Franzosen
über die Engländer unter dem Herzog von Cumberland.
Landdrostei Lüneburg.
Sievershausen nordwestlich von Peine. 1553 Sieg des
Kurfürsten Moritz von Sachsen und des Herzogs Heinrich
von Braunschweig über Albrecht von Brandenburg-Kulmbach.
Moritz f.
Landdrostei Stade.
Verden an der Aller. 782 Blutgericht Karls d. Gr. über
4500 gefangene Sachsen. — Nördlich
Kloster Zeven. 1757 Konvention zwischen dem Herzog
von Cumbeiiand und dem Herzog von Richelieu über die
Räumung von Hannover durch die Engländer.
m) Schleswig-Holstein.
Holstein.
Bornhöved östlich von Neumünster. 1227 Sieg der Nieder-
sachsen über König Waldemar H. von Dänemark. — Bei
Segeberg Schloss
Travendahl. 1700 Friede Karls Xh. mit Dänemark. —
Im Westen (bei Heide)
Hemmingstedt. 1500 Sieg der Dithmarschen über die
dänische und holsteinische Ritterschaft.
Schleswig.
Auf der Halbinsel Sundewitt (Ostküste)
Düppel. 1864 18. April Erstürmung der dänischen Schan-
zen durch die Preussen. — Östlich die Insel
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Extrahierte Personennamen: Christian_von_Braun- August Ferdinands Karls Hastenbeck Cumberland Moritz_von_Sachsen Heinrich
von_Braunschweig Heinrich Albrecht_von_Brandenburg-Kulmbach Albrecht Moritz_f Karls Richelieu Waldemar_H._von_Dänemark Karls
Extrahierte Ortsnamen: Europa Frankreich Tillys Hannover Karls Sachsen Schwe- Hannover Lüneburg Peine Stade Karls Sachsen Zeven Cumbeiiand Hannover Schleswig-Holstein Holstein Nieder- Karls Heide Dithmarschen Schleswig Preussen
Autor: Marten, Adolf, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F.
Hrsg.: ,
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
114
Großen; Reichsverordnungen oder Kapitularien. Die alten Herzog-
tümer mit ihren Volksherzögen an der Spitze, die zu sehr au
die Selbständigkeit der einzelnen Stämme erinnerten, waren
aufgelöst. Dafür traten die Gaugrafen als kaiserliche Ver-
walter, Richter und Heerführer auf. Zn den Grenzländern waren
Markgrafen, in den Pfalzen Pfalzgrafen, auf Domänen
Kammerboten. Die Sendgrafen revidierten. —
Alle Freien mußten dem Kriegsaufgebote folgen; sie bildeten den
Heerbann. Karl sorgte für das Wohl seines Reiches. Um den Handel
zu fördern, wollte er schon den Rhein-Donau-Kanal anlegen. Er verbesserte
den Acker- und Obstbau, richtete gute Schulen ein (Klosterschulen, Hof-
schulen), berief tüchtige Lehrer, ließ gute Bücher abschreiben und eine deutsche
Grammatik verfassen, sammelte deutsche Lieder und gab den Monaten
deutsche Namen. Er stiftete eine Reihe von Bistümern: Münster, Minden,
Osnabrück, Verden, Bremen, Paderborn, Halberstadt und Elze, welches
später nach Hildesheim verlegt ist. Er sorgte für Ansehen und Unterhalt
der Geistlichen, hielt aber auch strenge auf Pflichterfüllung. Die Zahl der
Kirchen wuchs. In ihrer Nähe siedelten sich Kaufleute an. Auch nahmen
die Jahrmärkte ihren Anfang.
3. Karls Persönlichkeit. Karl war groß (7 seiner
eigenen Fußlängen) und kräftig. Zn seiner Lebensweise war er
schlicht. Gewöhnlich trug er nur Kleidung von Leinen und Tuch;
bei feierlichen Gelegenheiten erschien er jedoch in vollem Kaiser-
schmucke. Das Schwert hatte er stets an der Seite. Er war
der beste Fechter, Schwimmer und Reiter unter den Franken.
Sein Auge leuchtete den Dürftigen mild, den Schuldigen furchtbar.
Er war den ganzen Tag thätig, schlief wenig, lernte im Alter
noch schreiben und ging täglich zweimal zur Kirche. Eine feste
Residenz hatte er nicht, sondern zog im Lande umher und wohnte
auf seinen Pfalzen. Am liebsten weilte er jedoch in Aachen.
Hier starb er auch 814 im Alter von 72 Jahren und fand im
Dome seine Ruhestätte.
§ 33. Karls Nachfolger. Karls Sohn Ludwig (814
bis 840) erhielt den Beinamen „der Fromme", weil er der Kirche besonders
zugethan (nochmalige Salbung, mönchisches Leben am Hofe, Mission nach
Norden von Corvey und Hamburg aus, Ansgarius rc.), und weil er schwach
und gutmütig war (schwache Reichsleitung, Weggeben von Zollfreiheiten
und freien Gerichtsbarkeiten, übertriebene Nachsicht gegen die Lehensträger,
die ihre Lehen bereits als erblich ansahen, mehrmalige Teilung des Reichs
unter seine Söhne, deren Empörungen rc.) — Nach seinem Tode kriegten die
Söhne um die Erbschaft und teilten sie im Vertrage zu Verdun 843.
l. Lothar erhielt als Kaiser Italien, Lothringen, Burgund und Fries-
land; 2. Ludwig der Deutsche Deutschland bis an den Rhein und
jenseit noch Mainz, Speyer, Worms; 3. Karl der Kahle das jetzige
Frankreich und Spanien bis zum Ebro. — Es ist nun folgendes zu
merken: 1. Frankreich und Deutschland waren von nun an
geschieden. Diejenigen Franken, welche sich in Gallien festgesetzt hatten,
vermischten sich mit den Galliern oder Kelten, deren Nationalität die
deutsche verdrängte. Aus der fränkischen, keltischen und lateinischen Sprache
bildete sich die französische. — 2. Die Kaiserkrone war zuerst in
Italien (Lothar), dann in Frankreich (Karl der Kahle), daraus kam sie
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Extrahierte Personennamen: Karl Karls_Persönlichkeit Karls Karl Karls Karls Ludwig_( Ludwig Lothar Ludwig_der Ludwig Karl_der_Kahle Karl Lothar) Karl_der_Kahle Karl
Extrahierte Ortsnamen: Rhein-Donau-Kanal Minden Bremen Paderborn Halberstadt Hildesheim Aachen Karls Karls Corvey Hamburg Italien Lothringen Burgund Deutsche_Deutschland Rhein Mainz Speyer Worms Frankreich Spanien Frankreich Deutschland Gallien Italien Frankreich
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Geschlecht (WdK): Jungen
71
Bischof Remigius. Die katholische Geistlichkeil schließt sich an Chlodwig an.
500 Chlodwigs erfolglose Kämpfe gegen das durch Thronstreitigkeiten zerrüttete Burgundenreich. König Gun-dobad wird in der Schlacht bei Dijon von Chlodwig geschlagen, gewinnt aber nach Chlodwigs Abzug feilt Reich wieder.
507 Chlodwig besiegt die Manischen Westgoten unter ihrem König Alarich Ii. bei Vonllon (bei Poitiers) und erobert ihr Land bis zur Garouue.
Durch List und Gewalt besiegt Chlodwig die Teilkönige und herrscht über alle salischen und ripnarischen Franken. Er stirbt zu Paris 511.
511 Teilung des fränkischen Reichs unter Chlodwigs vier Söhne:
Theoderich erhält Anstrasien (Hauptstadt Metz), die östlichen, vorwiegend germanischen Landschaften; Chlodomer, Childe-bert und Chlotar I. erhalten Neustrien (Hauptstädte Orleans, Paris, Soissons), den vorwiegend romanischen Westen.
b) Weitere Ausdehnung des Frankenreichs unter den Söhnen Chlodwigs.
531 Eroberung des Thüringerreiches. Feindschaft des Thüringerkönigs Hermanfried mit seinen Brüdern Baderich und Bertha r. Er tötet Berthar und besiegt im Bunde mit dem Frankenkönig Theoderich seinen Bruder Baderich. Als er nun das ganze Thüringerreich in Besitz nimmt und dasselbe nicht, wie er gelobt, mit Theoderich teilt, zieht dieser mit seinem Bruder Chlotar gegen Hermanfried. Hermanfried wird geschlagen bei Rnnibergnm (Ronnenberg) am Deister, im Gau Märstem, dann an der Ocker bei der Villa Arhen (Ohrum?) und endlich in seiner Burg Scheidungen an der Unstrut belagert. Theoderich, zu schwach, um allein den Kamps fortsetzen zu können, erwirbt zu seinen Bundesgenossen die Sachsen; diese erstürmen die Burg, Hermanfried wird besiegt und sein Land eroberr. Der nördliche Teil Thüringens, von dem Zusammenfluß der Werra und Fulda bis an die Elbe, fällt an die Sachsen als Siegeslohn, Süd-thüringen wird fränkisch. Nur in dem Lande zwischen Unstrut und Thüringerwald, welches später einem Herzog unter fränkischer Oberhoheit unterstellt -wird, bleibt der Name Thüringen.
532—534 Eroberung und Einverleibung des burgnndischen Reiches durch die drei Neustrier.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Mittelschule, Volksschule
Regionen (OPAC): Hannover
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
11
wiegend zur lutherischen Kirche. Die Grafschaften Hoya und Diep-
holz sind aus der Zeit ihrer Fürsten her lutherisch. In den Herzoge
tümern Bremen und Verden ist das Luthertum gegen den Willen der
Bischöfe eingeführt und hat an der darauf folgenden fchwedifchen Herr-
schaft eine starke Stütze gefunden. Das Fürstentum Hildes he im ist
zwischen Lutheranern und Katholiken geteilt, jedoch so, daß die ersteren
in der Mehrzahl sind. Im Fürstentum Osnabrück ist die Bevölkerung
gemischt, indem die Bischöfe es nicht verhindern konnten, daß die Städte,
zahlreiche Adelsfamilien und damit auch deren zugehörige Dörfer über-
traten. In der Grafschaft L in gen ist die Bevölkerung ebenfalls gemifcht.
Das Fürstentum Aremberg-Meppen als ein Bestandteil des ehe-
maligen Bistums Münster ist überwiegend katholisch. Die Grafschaft
Bentheim, dem Bekenntnis ihrer Fürsten und dem Beispiele der
benachbarten Niederlande folgend, ist vorwiegend reformiert. In Ost-
sriesland herrscht im östlichen Teile das Luthertum vor, während
Emden und die umliegenden Bezirke sich zur reformierten Kirche bekennen.
Iii. Neuere Geschichte.
7. Die Erhebung Hannovers zum Knrfürstentume und seine
Verbindung mit England.
1. Im Laufe der Zeit waren verschiedene Linien des braunschweig-
lüneburgischen Hauses ausgestorben, und alle Länder der ausgestorbenen
Linien fielen an die Söhne Ernst des Bekenners: Heinrich und
Wilhelm. Wilhelm ist der Ahnherr der neuen braunschweig-
lüneburgischen Linie, welche bis 1866 über Hannover herrschte.
Der Sohn Herzog Wilhelms war Georg von Celle; er verlegte (1636)
die Residenz von Celle nach Hannover. Sein Sohn, Ernst August
(1679—1698), machte seinen und seines Landes Namen bekannt durch
den andauernden und tapfern Beistand, den er dem deutschen Kaiser in
seinen Kämpfen gegen die Franzosen und Türken leistete. Zum Lohne
dafür ward ihm 1692 vom Kaiser trotz der anfänglichen Protestation
der übrigen Kurfürsten und des fortgesetzten heftigen Widerspruchs der
Wolfenbüttler Linie die neunte Kurwürde beigelegt. Da die Länder
der Kurfürsten laut der goldeuen Bulle vom Jahre 1356 nicht durch
Familienteilungen zerstückelt werden durften, fo ist es klar, daß mit der
Erhebung unseres Landes zum Kurfürstentum ein neuer, wichtiger Abschnitt
seiner Geschichte beginnt.
2. Aber der Glanz des Hauses sollte noch höher steigen. Als
1698 Ernst August starb, solgte ihm sein Sohn Georg Ludwig.
Die Mutter Georgs, Sophie, war eine Enkelin des englischen Königs
Jakob I. Als nun 1714 die Königin Anna von England, eine
andere Enkelin Jakobs I., ohne Erben starb, wurde Kurfürst Georg von
Hannover, der nächste protestantische Verwandte des erloschenen Hauses,
als Georg I. (1714—1727) auf den Thron diefes mächtigen Reiches
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Hannover
Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Emden Hannovers England Celle Hannover Georgs
B. Bilder aus der heimatlichen Geschichte. 77
Steuerwald, Marienburg eingenommen, und der am 14. Mai 1523
zu Quedlinburg geschlossene Friede entriß dem Bischöfe zwei Dritteile
seines Fürstentums und ließ den übrig bleibenden geistlichen Staat in
grenzenloser Erschlaffung und Ohnmacht zurück.
Konnten die Bürger den schweren Fall nicht abwenden, so erreichte
doch der Adel auch die Vorteile nicht, welche er durch seinen Verrat
zu erringen gehofft hatte. Die Einlösung der Pfandschaften durchzu-
führen, würden die Bischöfe schwerlich vermocht haben. Unter der
braunschweigischen Hoheit wurden die Pfandgläubiger gar bald
von den Burgen entfernt, und diese kamen, als der eroberte Landesteil
nach 120 Jahren an die Kirche wiederum abgetreten wurde, von den
lästigen Inhabern befreit zurück. Was durch Treulosigkeit errungen
werden sollte, ging gerade durch sie verloren. So mögen alle Verräter
an Treue und Glauben auch vor der Welt gezüchtigt werden.
„De Vorrederie is so grot,
fe sleit beide Lif und Seele dot;
kein böser Dank is under der Sunnen."
H. v. Lüntzel.
34. Die Schlacht bei Lutter am Barenberge.
(17. August 1626.)
Dolche blinken dort im Mondenscheine,
ico das Erntefeld des Todes war;
durcheinander lagen die Gebeine
der Erschlagnen um den Blutaltar.
Ruhig liegt wie an der Brust des Freundes
dort ein Haupt, an Feindes Brust gelehnt,
hier ein Arm vertraut am Arm des Feindes;
nur das Leben hasst, der Tod versöhnt.
Tiedge.
1. Wenn der Wanderer von Salzgitter aus die Höhe des
Dorfes Gitter am Berge überschritten, das Jnnerstethal durchwandert
und d den. Kamm des Gebirges, welcher vom Harze her nach Norden sich
hinzieht und an dessen Fuß Dorf und Gut Alt-Wallmoden sich an-
lehnt, erstiegen, oder wenn er, auf der Eisenbahn fahrend, von Salz-
gitter über Ringelheim die Haltestelle bei Lutter erreicht hat, so
erblickt sein Auge nach Süden und Westen einen von mehreren Quellen
und Büchen durchrieselten, durch die hineinragenden Berge bald verengten,
bald erweiterten Thalgrund, der sich mit verschiedenen Unterbrechungen
bis zum braunschweigischen Städtchen Seesen hinzieht. Das ist ein
merkwürdiges Stückchen Land des braunschweigischen, ja, des deutschen
Bodens. Denn hier trugen sich Ereignisse zu, die entscheidend auf
Deutschlands Geschicke einwirkten. Hier war es, wo Christian Iv. von
Dänemark mit dem Feldherrn der Liga, dem im Kriege ergrauten
Tilly, in heißem Kampfe sich maß und ihm Schlachtfeld und Sieg
lassen mußte. Noch jetzt lebt die Erinnerung an das blutige Drama,
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Extrahierte Personennamen: August Christian_Iv Tilly
Bilder aus der heimatlichen Geographie und Geschichte.
welches sich im schrecklichen dreißigjährigen Kriege am Barenberge bei
dem Amthause und Dorfe Lutter abspielte, in der Bevölkerung der
Gegend fort, und noch heute lauschen an langen Winterabenden die
Enkel dem erzählenden Großvater, wenn dieser von den „Dänenschanzen",
der „Apothekerwiese" und anderen Spuren jenes Kampfes, z. B. von
der „Tillywiese", dem „Schwedenbleeke" und der „Molkenkammer" bei
Othfresen, berichtet, der soviel Elend über die stillen und fried-
lichen Thäler des Vorharzes gebracht hat.
2. Über die Schlacht berichtet die Geschichte etwa folgendes: In
der Mitte März 1626 hatte sich der König Christian Iv. nach ver-
schiedenen Hin- und Herzügen in dem größten Teile von Niedersachsen,
Osnabrück und Münster wiederum unserer Gegend genähert, war in
das Stift Hildesheim gerückt, hatte die Orte Steuerwald und Peine
genommen und war auch vor Hildesheim erschienen. Von Tillys
Scharen jedoch verfolgt und vor seinen Bundesgenossen nicht sicher,
wandte er sich zurück nach dem sehr festen Wolfenbüttel, wo er schon
früher Rast gehalten hatte. Hier ernannte er Philipp, den Sohn des
Landgrafen von Hessen, zum Obersten der Kavallerie über drei Regi-
menter, die auch dessen Namen bekamen, ebenso auch den Grafen
Hermann v. Solms zum Obersten über ein Regiment und zog seine
Truppen immer mehr und mehr zusammen, um von hier ans dem
bedrängten Göttingen Entsatz zu bringen. Tilly, welcher zwischen der
Weser und der Leine stand, Münden mit Sturm genommen und
Göttingen unterworfen hatte, erhielt von dem Aufbruche des Königs
aus Wolfenbüttel Kunde, und ehe er seinen Einzug in Göttingen hielt,
gab er den Befehl, daß Kavallerie, denen sofort Infanterie folgen solle,
nach Northeim rücke, um diesen Platz vor der Ankunft des Königs
noch zu erobern. Er selbst blieb in der Nähe von Göttingen krank
zurück. Hier erhielt er die Nachricht, der König ziehe ihm mit seiner
ganzen Armee entgegen und belagere bereits das feste Amthaus in
Lutter am Barenberge. Nun ließ er seine sämtlichen Truppen auf-
brechen und bezog am 5. August Quartier zu Hammstedt. Dorthin kam
die Meldung, daß die Dänen Lutter am 2. August eingenommen hätten
und bereits auf dem Anmarsche nach Seesen seien. Sofort schob er
seine Vorhut auf der Straße nach Northeim vor, folgte selbst am
andern Tage mit dem Hauptheere nach und traf schon am Nachmittage
vor Northeim ein.
Die Reiterei Tillys zog sich beim Erscheinen der Dänen rasch zu-
sammen und die Infanterie, welche auf dem Anger bei dem Zusammen-
fluß der Ruhme und Leine lagerte, stellte sich sofort in Schlachtordnung
auf. Ein Teil der dänischen Kavallerie hatte von Seesen den Weg
durch die Landwehr gemacht, ein anderer war weiter links durch die
Waldwege marschiert, und als beide Teile sich in der Nähe Northeims
wieder vereinigt hatten, stellten sie sich dem Feinde gegenüber auf der
Anhöhe auf. die man von Einbeck nach Northeim zu passiert. Von
hier aus ließ der König auch noch gegen Abend einen Angriff auf den
Teil der feindlichen Kavallerie machen, welcher mit der Infanterie dies-
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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Extrahierte Personennamen: Christian_Iv Tillys Philipp Philipp Hermann_v Tilly August August
B. Bilder aus der heimatlichen Geschichte.
79
seits des Flusses stand. Dieser wartete jedoch denselben nicht ab,
sondern zog sich auf die Infanterie zurück, und da diese auch Artillerie
ausführte, verhinderte sie so das weitere Vordringen der Dänen. Unter-
des war es Abend geworden, und da die dänische Kavallerie wie die
noch im Anzuge befindliche Infanterie durch den Marsch und die Hitze
des Tages sehr ermüdet war, stand der König von weiterm Unter-
nehmen ab.
Nach eingetretener Dunkelheit fanden die Tillyschen es doch ge-
ratener, sich aus dem Staube zu machen. Da sie ihr Gepäck schon
beim ersten Erscheinen der Dänen nach Göttingen zurückgesandt hatten,
zogen sie hinter der Northeimschen Landwehr um einen Berg, setzten
den andern Tag über Nörten und Hardenberg ihren Rückzug fort und
verlegten das Hauptquartier nach Angerstein. Hierhin begab sich auch
Tilly am 12. August.
Northeim öffnete dem König die Thore, und dieser hielt hier eine
dreitägige Rast. Er hatte den Plan, durch das Eichsfeld und Thüringen
den Krieg in Feindes Land zu spielen. Am Abend des 9. August
inspizierte er nochmals die zur Vorhut bestimmten Truppenteile und
hieß sie dann, sofort aufzubrechen und langsam vorzuschreiten. Er
selbst zog am andern Morgen über Wulften, Ebergötzen ans Duderstadt
zu, wo er am 12. August anlangte und das Hauptquartier nahm.
Unterdes hatte Tilly von Wallenslein Verstärkung erhalten. Als er
erfuhr, wohin sich der König gewendet, marschierte er im Eilmärsche,
selbst noch krank, während eines furchtbaren Regengusses bis nach
Wollmershansen, damit ihm der König nicht entwische.
Durch die erhaltenen Verstärkungen war Tilly dem König gewachsen,
auch hate er ihm durch den eiligen Flankenmarsch den Vorsprung
abgewonnen. Jetzt galt es, Kampf oder Rückzug. Der König wählte
zu seinem Verderben das Letztere. Zwar ließ er das Heer in Schlacht-
ordnung aufstellen; aber er verbrachte den ganzen Tag in Unthätigkeit,
so daß Tilly hinlänglich Zeit gewann, sich auf alle „Eventualitäten"
gehörig vorzubereiten. Tilly hatte auf den andern Tag sicher einen
Angriff erwartet, allein der König ließ die Armee in der Nacht vom
14. auf den 15. August in der Stille aufbrechen, marschierte bei Biels-
hausen über die Ruhme, dann über Lindau und Katlenburg, verbrannte
hier, um den Feind in der Verfolgung aufzuhalten, die Brücken, wandte
sich dann auf Gittelde und Seesen zu, um von hier über Lutter
am Barenberge auf demselben Wege, den er vor einigen Tagen ge-
kommen, nach der Festung Wolfenbüttel zurückzugelangen. Tilly ließ
sofort seine Armee nachrücken und folgte dem Könige auf dem Fuße.
Zwar hielten die zerstörten Brücken auf einige Stunden die Verfolgung
ans; sie waren aber schon bis Nachmittag so weit hergestellt, daß ein
Teil seiner Truppen dieselben passieren konnte.
Die Vorhut des Königs, geführt von dem Rheingrafen Ludwig
Dtto, war den ersten Tag bis Gittelde gekommen, das Hauptkorps,
geführt vom Könige selbst, stand in Dorste, und die Nachhut unter
General Fuchs befand sich teils bei Albrechtshansen teils bei
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Extrahierte Personennamen: Hardenberg Tilly August August August Tilly Tilly Tilly Tilly August Tilly Ludwig
Dtto Ludwig
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Bilder aus der heimatlichen Geographie und Geschichte.
Wulften. Man blieb auch die Nacht in dieser Stellung. Am
anderen Morgen beim ersten Lichtstrahle setzte man den Rückzug über
Gittelde nach Seesen fort. Um Tilly im raschen Nachdringen
aufzuhalten, wurden an einigen schmalen Stellen der Straße Hinder-
nisse, umgehauene Bäume, Gesträuche und Felsstücke über den Weg
gelegt, auch einige Ortschaften, z. B. Albrechtshausen, Dorste, Nienstedt
in Brand gesteckt und der Engpaß bei der Staufenburg mit 400 Mann
Infanterie, 200 Mann Kavallerie und zwei Feldstücken besetzt. Bis zu
diesem Passe drang die Tillysche Vorhut ungehindert vor, hier aber
stellte sich die kleine zurückgelassene Schar gleich den Griechen beim
Passe Thermopylä mutig dem Feinde entgegen, und erst, nachdem fast
alle niedergehauen und der tapfere Führer, Hauptmann v. Hodiova,
selbst in Gefangenschaft geraten war, zog Dufour, der die Vorhut
Tillys führte, durch den Engpaß.
3. Der König hatte sich vor Seesen am Hassel oder Galgenberge
festgesetzt und Schlachtordnung „formieret", während die Bagage sofort
nach Wolfenbüttel zu weiter ging. Als jedoch Tilly näher rückte, gab
der König diese Stellung auf und bezog eine andere Anhöhe bei der
Stadt; die verlassene Position nahm Tilly ein. Man fuhr nun beider-
seits die Kanonen auf, beschoß sich in gegenseitiger Stellung, that sich
jedoch wenig Schaden, da es bereits zu dunkeln begann. Die in Seesen
zurückgebliebenen Einwohner zitterten vor dem Schicksale, welches ihrem
Städtchen bevorstand; allein sie kamen diesmal mit dem Schrecken davon.
Denn gleich nach Mitternacht brachen die Dänen von dort auf und
marschierten auf Hahausen zu. Die Vorhut Tillys folgte ihnen
sofort, und in beständigem Gefechte erreichte sie das Dorf. Hier mußte
sie Halt machen. Denn die Nachhut der Dänen unter General Fuchs
setzte sich hier fest.
Aus dem Benehmen des Königs hatte Tilly die Überzeugung ge-
wonnen, daß der König eine Schlacht auf jeden Fall vermeiden und
ihn unter die schützenden Festungswerke Wolfenbüttels locken wolle.
Er wollte deshalb den König nicht weiter rücken lassen; hier sollten
die Waffen entscheiden. Sofort rückten deshalb seine Truppen über
einen Bach, das sogenannte Middelbeek (Mittelbach), welcher die alte
Heerstraße durchschnitt und aus dem Wilhelmsborn, dem Holder, dem
Klinkerbrunnen und der Steinklappe zusammenfließend, sich nach Nauen
zu in die Neile ergießt. Er besetzte die Brücke, die jetzt nicht mehr
vorhanden ist, deren früheres Dasein aber der noch gebliebene Name
des Ortes „in der Brügge" andeutet. Daraus wurden 12 Stück
schwere Geschütze vor der Brücke aufgefahren, mit Schanzen und Ver-
hauen umgeben, mit den nötigen „Konstablers" versehen, welchen zum
Schutz eine sehr starke Bedeckung beigegeben wurde; auch stellte er noch
hinter den Schanzen das würzburgsche Leibregiment auf. Nachdem
Tilly so alles geordnet, auch die Zugänge im Walde, besonders nach
Lutter zu, genau hatte auskundschaften und besetzen lassen, nahm er
sein Hauptquartier in Hahausen.
Der König war nach Neu-Wallmoden hinunter geritten, weil
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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