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1. Geschichten aus der Geschichte - S. 102

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 102 — tum außer was ihm der Orden gab, Kleider und drei tüchtige Pferde, und auch diese durste er nur als geliehen ansehn. Er hatte kein besonderes Zimmer, keinen verschließbaren Kasten, denn er sollte nichts besitzen, was vor andern zu verbergen war. Die Briefe an die ©einigen mußten dem Komtur offen übergeben werden, denn der Ritter sollte kein Geheimnis vor den Brüdern haben. Mit andern als Rittern und Priestern kam der Ordensbruder wenig in Berührung. Auf keiner Burg gab es ein weibliches Wesen, alle Geschäfte wurden von den Rittern oder dienenden Brüdern besorgt. Einer war Küchmeister, ein anderer Kellermeister, und so gab es Backmeister, Schmiedemeister, Schuhmeister, Schnitzmeister, Fischmeister, Viehmeister. Auf jeder Burg war ein Spital für arme Kranke, der Vorsteher hieß Spittler. Auch wurde außerdem für die Armen gesorgt. Jedes zehnte Brot, das in der Burg gebacken war, und jedes bei der Mahlzeit nicht aufgebrauchte Brot erhielten sie. Alle Ritter waren ohne Besitz, aber der Orden wurde durch die Steuern der Unterthanen und fromme Geschenke von Deutschland her bald reich und das Geld wurde sorgsam und klug verwaltet. Der Orden betrieb auch einen weit ausgebreiteten Handel mit den Erzeugnissen des Landes. Nach der Eroberung Preußens begannen die Kriege mit den heidnischen Litauern, die im Osten von Preußen wohnten. Es war ein wildes, kriegerisches Volk, daher währten die Kriege mit kurzen Unterbrechungen länger als hundert Jahre; bald machten die Litauer in Preußen, bald der Orden in Litauen feindliche Einfälle. Der Orden pflegte jährlich zwei „Reifen", wie man es nannte, gegen die Litauer zu unternehmen, die eine im Februar, wo die vielen großen Sümpfe in Litauen tief zugefroren waren, die andere im August, wo sie ausgetrocknet waren. Wenn es einen flauen Winter oder einen regnerischen Sommer gab, mußte die Heidenfahrt unterbleiben. Der Orden geriet einmalmit den Polen in Streit über einen Streifen Landes an der Grenze und nach langen vergeblichen Unterhandlungen brach 1410 ein Krieg darüber aus. Der Großfürst Jagello war nicht bloß König von Polen, er herrschte jetzt auch über die Litauer, die er zur Annahme des Christentums bewogen hatte. Als er den Krieg mit der Zerstörung des Städtchens Gilgenburg begonnen hatte, eilte ihm das Ordensheer entgegen und sie trafen bei dem Dorfe Tannenberg zusammen. Vor dem Dorse zieht sich eine weite, unfruchtbare Ebene hin, in der Ferne von Wald be-

2. Geschichten aus der Geschichte - S. 122

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 122 — konnten, in den Weg. Da sah er ein, daß ihm alle Staatsklugheit, die er besaß, zu seinem Ziele nicht verhelfen würde, wenn er ihr nicht durch ein stehendes Heer kräftigen Nachdruck geben könnte. Früher hatten die Fürsten bei Annäherung einer Kriegsgefahr ihre Unterthanen und Söldner zum Schutze des Landes einberufen und sie wieder in ihre Heimat entlassen, wenn der Krieg beendet war. Aber schon waren in einigen Staaten stehende Heere gebildet, d. h. solche, welche auch im Frieden unter den Waffen blieben. Es war freilich sehr teuer, und das Volk murrte, als der Kurfürst zu dieser Einrichtung überging, aber man erkannte bald, daß die Sicherheit des Landes, dessen Truppen auch in der Friedenszeit geübt wurden, um vieles größer war. Anfangs zählte das Heer des Kurfürsten nur 8000 Mann, gegen das Ende seines Lebens war es bis auf 25000 Mann angewachsen. Unter dem Oberbefehl des Kurfürsten standen zunächst die Feldmarschälle von Sparr und Dersfliuger. Der letztere war von niedriger Geburt und soll früher Schneidergeselle gewesen sein. Als einst bei Hose in feiner Gegenwart darauf angespielt wurde, schlug er an seinen Degen und sagte: „Ich führe hier die Elle bei mir, mit der ich schon manchem Vorwitzigen das Maß genommen habe." Der Kurfürst wurde allgemein als einer der größten Feldherrn seiner Zeit anerkannt. Folgende zwei berühmte Feldzüge mögen eine Probe von seiner Kriegsführung geben. Die Schweden galten damals für die erste Kriegsmacht im Norden. Nun fielen sie im Jahre 1675 in die Mark Brandenburg ein und hausten da so, daß sogar ein schwedischer General sagte, so lange er Soldat sei, habe er dergleichen Greuel von Christen nicht gehört. Die Bauern rotteten sich in ihrer Verzweiflung zu kleinen bewaffneten Banden zusammen und thaten den Schweden so viel Schaden wie sie konnten. Grausam rächten sie sich, wo sie über einzelne Haufen der Feinde Meister wurden, und grausam mußten sie büßen, wenn sie einer größeren Schar begegneten. Auf ihren Fahnen stand mit roter Farbe geschrieben: Wir sind Bauern von geringem Gut Und dienen unserm gnädigen Kurfürsten mit unserm Blut. Der Kurfürst war gerade im südlichen Deutschland mit einem andern schwedischen Heere im Kriege, als die Brandenburger ihn flehentlich bitten ließen, sie aus ihrer Not zu befreien. Er brach sofort ans und in Eilmärschen ging es nach Magdeburg. Während

3. Geschichten aus der Geschichte - S. 151

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 151 — aus den Fugen, und wie in einem Gedränge derjenige, welcher die größte Stärke besitzt, in die vorderste Reihe gelangt, so erreichte Napoleon als der Klügste und Stärkste die Herrschaft über Frankreich und leider auch über mehr und mehr Länder, die er eroberte. Napoleon war ein fast unvergleichlicher Feldherr und zugleich so schlau, daß er die meisten Staatsmänner zu überlisten wußte. Schon hatte er durch glänzende Siege sein Reich bedeutend erweitert, da wollte er auch Preußen auf das Schlachtfeld locken und fügte ihm absichtlich mancherlei Beleidigungen zu, so daß der König trotz seiner Friedensliebe zum Schwerte greisen mußte. Er hoffte, daß die preußische Armee, die Schöpfung Friedrich des Großen, ihrer Vorfahren würdig den Sieg erfechten würde. Der Krieg begann 1806 im Oktober. Die Königin begleitete ihren Gemahl bis in die Nähe von Jena, wo die erste Schlacht geliefert wurde. Aber sie erfuhr uur um fo eher die Schreckensbotschaft, daß die Schlacht mit der vollständigsten Niederlage der Preußen geendet hatte. Die meisten Festungen ergaben sich dem Sieger fast ohne Widerstand. Es waren eben nicht mehr die Preußen, an deren Spitze Friedrich der Große gestanden. Napoleon drang immer tiefer in Preußen ein und das königliche Paar mußte sich vor ihm nach Königsberg flüchten. In Schwedt traf die Königin mit ihren Kindern zusammen. „Ihr seht mich in Thränen," rief sie aus, „ich beweine den Untergang der Armee! Sie hat den Erwartungen des Königs nicht entsprochen." Zu den beiden ältesten Söhnen sprach sie: „Ach, meine Söhne, ihr seid schon in dem Alter, wo euer Verstand diese schweren Heimsuchungen faffen kann. Aber begnügt euch nicht mit Thränen. Handelt, entwickelt eure Kräfte. Vielleicht läßt Preußens Schutzgeist sich auf euch nieder. Befreiet dann euer Volk von der Erniedrigung, worin es jetzt schmachtet." In Königsberg erkrankte sie an einem Nervenfieber, und als ihr Zustand sich zu bessern anfing, rückte die französische Armee gegen Königsberg an, und die Königin, so schwach sie auch war, beschloß in Memel, der nördlichsten Stadt Preußens, eine neue Zuflucht zu suchen. Sie sagte: „Ich will lieber in die Hände Gottes als dieser Menschen fallen." An einem trüben, feuchten Wintertage unternahm man es, sie in ihrem Wagen sitzend und in Betten eingehüllt über die öde Sandwüste der kurischeu Nehrung zu schaffen. Unter heftiger Kälte, Sturm und Schneegestöber brachte sie drei Tage und Nächte auf der Reife zu, aber wunderbar! die Krankheit begann nachzulassen und die Königin sah

4. Geschichten aus der Geschichte - S. 158

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 158 — zahllosen Heereshaufen vergleichen, welche der Perserkönig Xerxes vor mehr als 2000 Jahren versammelt hatte. Bon den 650000 Mann der Armee waren über 400000 Franzosen, 200000 Deutsche, davon 20000 Preußen und 30000 Österreicher. Die Preußen und Österreicher nahmen nur sehr widerwillig an dem Kriege teil, aber sie mußten dem Befehle Napoleons gehorchen. Im Frühling 1812 begannen die ungeheuren Truppenmassen sich durch Deutschland nach Rußland zu wülzeu. Das Ziel war Moskau, die große Hauptstadt; dorthin meinte Napoleon nach einigen Siegen zu gelangen und dann den Frieden zu diktieren. Allein es kam nur zu einer größeren Schlacht bei Borodino, wo Napoleon sich den Sieg zuschreiben konnte. Nun führten die Russen den bereits früher gefaßten Plan aus, den Feind hinter sich her in die armen und fast menschenlosen Gegenden zu locken, deren damals sich in Rußland viel mehr befanden als jetzt. Ohne weiteres Hindernis kam die Armee nach Moskau, fand aber die Stadt fast leer, nur etwa der zwanzigste Teil der Einwohner war zurückgeblieben, so daß die Unmassen der Feinde bei weitem keine ausreichende Verpflegung vorfanden. Und in kurzem ging die ganze Stadt in einem Flammenmeer unter, das von den Russen selbst angezündet war und nicht gehemmt werden konnte, weil die allermeisten Häuser aus Holz gebaut waren. Jetzt wünschte Napoleon schnell Frieden zu machen und ließ mit dem russischen Kaiser unterhandeln; dieser lehnte zwar den Vorschlag nicht ab, zog aber absichtlich die Unterhandlung in die Länge, um die Not der Franzosen immer mehr anwachsen zu lassen. Da entschloß sich Napoleon zur Rückkehr ohne Friedensschluß, und es brach für die „große Armee", wie sie von ihm genannt wurde, eine qualvolle Zeit an. Die Vorräte gingen bald auf die Neige, und in dem harten Winter, wo der Frost bis auf 28 Grad stieg, sollten die schon halbverhungerten Soldaten sich durch die Kosaken, die sie beständig umschwärmten, und andere russische Truppen Bahn brechen. Auf diesem Rückzug, sagt man, seien mehr als 400000 Mann dem Hunger und Frost elend erlegen. Napoleon war unterdessen, tief in Pelze gehüllt, auf einem Bauerschlitten durch Deutschland nach Paris gefahren, um eine neue Armee zu bilden. 2. Der Aufschwung Preußens. Der preußische General von Aork wagte einen sehr kühnen Schritt. Ohne bei seinem König anzufragen, besprach er sich mit

5. Geschichten aus der Geschichte - S. 172

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
- 172 — iit den letzten Jahrhunderten die Uneinigkeit der Deutschen benutzt, nicht weniger als zwanzigmal über deutsches Land herzufallen und seine Grenzen auf Kosten desselben zu erweitern. So war allmählich das Elsaß und der benachbarte Teil Lothringens, ein uraltes Eigentum Deutschlands, an Frankreich gekommen. Es fehlte eben an einem mächtigen Oberhaupt, welches das ganze Deutschland zusammengehalten und seine ganze Kraft gegen die Feinde geführt hätte. Nach den Freiheitskriegen stiftete man eine Art von Vereinigung, den sogenannten Bundestag. Die Abgesandten der vielen größeren und kleineren deutschen Gebiete versammelten sich alljährlich für einige Monate in Frankfurt am Main und berieten über das Heil Deutschlands, aber dabei kam wenig heraus, und das Wenige war meistens unzweckmäßig oder verderblich. Die Hauptmächte waren Österreich und Preußen. Das letztere gönnte Österreich den Vorsitz in der Versammlung und fügte sich gewöhnlich auch den Wünschen desselben, aber es erhielt schlechten Dank dafür. Preußen hatte in den Freiheitskriegen das Beste zur Rettung des Vaterlands gethan und sich als den tüchtigsten unter allen deutschen Staaten erwiesen. Doch gerade dies erfüllte die Österreicher, die Mittelstädten Bayern und Württemberg und einige andere mit Furcht und Mißtrauen, und sie waren darauf aus, Preußen niederzudrücken und sogar, wo möglich, zu vernichten. Bismarck war einige Jahre Mitglied des Buudesrats gewesen und hatte das Spiel der Gegner Preußens alsbald durchschaut. Auch sagte er sich, daß ein Bundestag mit zwei Oberhäuptern nimmermehr zum Heile Deutschlands gereichen könne, eines von beiden müsse weichen. Als er nun Ministerpräsident geworden, legte er dem König den kühnen Plan vor, Österreich aus dem Bunde und aus Deutschland auszuschließen, was freilich ohne einen Krieg nicht zu erreichen war. König Wilhelm mochte sich zu diesem gewagten Schritte nicht entscheiden. Er sagte: „Ich bin ein alter Mann und bald 70 Jahre, wie soll ich jetzt noch an Krieg denken? Ich will nichts mehr als meinem Volke den Frieden hinterlassen, wenn ich sterbe." Auch hatte sein Vater, Friedrich Wilhelm Iii., seinen Nachfolgern in der Regierung ans Herz gelegt, die Bundesgenossenschaft mit Rußland und Österreich aufrecht zu erhalten, und nun sollte er, dem das Andenken an seinen Vater so heilig war, mit Österreich Krieg führen. Lange kämpfte er mit sich; erst als ihm Bismarck mit seiner mächtigen Beredsamkeit darlegte, daß der Friede

6. Geschichten aus der Geschichte - S. 66

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 66 — Hannibal betrieb mit seinen Gesinnungsgenossen den Plan, die Einrichtungen in Karthago so zu verändern, daß der Staat mit der Zeit die frühere Macht wiedergewinnen könnte. Als die römische Regierung dies erfuhr, wurde sie besorgt und verlangte die Auslieferung Hannibals, allein es gelang ihm sich durch die Flucht zu retten. Dem Schwure aber, den er einst als Knabe dem Vater geleistet, die Römer immerdar zu hassen, blieb er getreu. Wo immer ein Land gegen Rom Krieg führte, unterstützte er es mit klugem Rate. Doch die Römer blieben stets Sieger und er mußte vou Land zu Land fliehen. Zuletzt suchte er Schutz bei dem König Prnsias in Bithynien, aber auch dahin folgte ihm die Furcht der Römer, und da der König seine Auslieferung nicht zu versagen wagte, tötete sich Hannibal durch Gift. Der dritte punische Krieg. Zwischen dem zweiten und dritten finnischen Kriege liegen zweiundfünfzig Jahre. Karthago war unterdessen an Volkszahl wieder so erstarkt, daß es fast auf derselben Höhe stand, wo es vor dem zweiten Kriege gewesen, obwohl die Römer alles, was sie vermochten, thaten, um dies zu verhindern. Denn sie sahen das ge-demütigte Karthago wie eine Brandstätte an, aus welcher zwar nicht mehr Flammen auflodern, die Kohlen aber unter einer dünnen Schicht von Asche fortglimmen; ein Windzug kann sie wieder beleben. Der Nachbar der Karthager war Mafinissa, König von Nnmidien; er nahm ihnen einen fruchtbaren Strich Landes nach dem andern weg, und wenn sie sich beim römischen Senate darüber beschwerten, erhielt Masiuissa immer Recht. Als einmal der greise Mareus Cato, einer der einflußreichsten Senatoren, in Karthago war und dort die gewaltigen Waffenvorräte in den Zeughäusern, das reiche Flottenmaterial und den blühenden Zustand des Landes sah, war er überzeugt, daß Rom sich erst sicher fühlen könne, wenn Karthago vom Erdboden verschwunden sei. Heimgekehrt warnte er den Senat vor dem alten Feinde. Am Ende seiner Rede zeigte er einige Feigen vor, die er aus Afrika mitgebracht, und da man ihr frisches Aussehn rühmte, sagte er: „Sie sind vor drei Tagen in Karthago gepflückt; so gering ist der Zwischenraum, der uns von unserem bittersten Feinde trennt." Auch soll er seitdem jede Rede, wovon sie auch handeln mochte, mit den Worten geschlossen haben: „Und nun sage ich noch: Karthago muß zerstört werden!"

7. Geschichten aus der Geschichte - S. 114

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 114 — wurde Martin zur Schule gebracht, und wenn das Wetter übel war, trug ihn der Vater auf seinen Armen dahin. Doch wurde das Knäbchen sehr streng gehalten und für jedes kleine Versehen hart gestraft. Als er 14 Jahre alt war, schickte ihn der Vater nach Magdeburg in die lateinische Schule, später nach Eisenach, wo die Mutter Verwandte hatte. Da er nur kümmerlich genährt wurde, sang er vor den Häusern für ein Stückchen Brot, bis eine gutmütige Frau sich des Knaben erbarmte und ihn in ihr Haus nahm. Nun konnte er ohne Sorgen studieren. Mit 18 Jahren bezog er die Universität Erfurt, erlangte nach vier Jahren durch seinen eifrigen Fleiß die Würde eines Doktors und wurde aus einem Schüler ein Lehrer an der Universität. Der Vater wollte, daß er ein Rechtsgelehrter würde, aber als er aus einer kleinen Reise von einem heftigen Gewitter überfallen wurde und dicht neben ihm ein Blitz in die Erde fuhr, der ihm die Besinnung raubte, sah er in seiner wunderbaren Rettung ein Zeichen der Vorsehung, daß er sein Leben und seine Wissenschaft ganz Gott weihen solle. Eines Abends versammelte er noch einmal seine Freunde um sich und war froh mit ihnen, doch als sie fortgingen, begab er sich an das Augustinerkloster und bat um Einlaß, denn er wollte Mönch werden. Von hier aus meldete er seinen Eltern und Freunden, welchen Beruf er gewählt. Der Vater war darüber sehr unwillig und zürnte ihm eine Zeit lang. Als Neuling mußte Luther viele niedrige Dienste thun, die Kirche auf- und zuschließen, die Klosteruhr stellen, mit dem Bettelsack durch die Stadt laufen und von den Bürgern Brot, Eier, Fische, Fleisch erbetteln; er, der gelehrte Mann, der sich an der Universität bereits einen ehrenvollen Namen erworben hatte. Nach zweijähriger Probezeit erhielt er die Priesterweihe. Aber nun kam eine schwere Zeit für ihn, ihn quälten Zweifel, er wurde an seinem frommen Glauben irre, und je mehr er um die Lösung der Zweifel bemüht war, desto mehr verwirrte sich fein Denken. Einmal schloß er sich für mehrere Tage in seine Zelle ein, ohne Speise und Trank zu sich zu nehmen, und er würde dort gestorben sein, wenn nicht ein treuer Freund die Thüre mit Gewalt geöffnet und ihn durch Musik, die er sehr liebte, aus seiner Ohnmacht erweckt hätte. Endlich gelang cs einem schlichten alten Mönch, ihn durch wenige Worte aus allen seinen qualvollen Zweifeln zu reißen. Die Worte fielen wie ein plötzlicher Lichtstrahl in feine Seele und gaben ihm feine Zuversicht wieder.

8. Geschichten aus der Geschichte - S. 157

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 157 — zweites und drittes Mal versuchten die Tiroler den Kamps um ihre Freiheit, aber die Übermacht Napoleons war auch für den beharrlichsten Mut unüberwindlich, selbst die Österreicher rieten den Tirolern zur Unterwerfung. Die meisten Anführer des Aufstands retteten sich durch Flucht ins Ausland. Hofer verbarg sich mit seiner Familie in einer ver-lassenep Sennhütte auf einem Berge, der jetzt — es war Winter — unter Schnee und Eis lag. Doch nach zwei Monaten wurde sein Schlupfwinkel verraten. Ein Priester, der im Freiheitskrieg mitgewirkt hatte, nun aber es mit den Franzosen hielt, verriet den Mann, der von Zeit zu Zeit Speise auf die Alm brachte, und fo wurde dieser gezwungen, den Franzosen den Weg zu Hofers Hütte zu zeigen. In tiefer Nacht gelangten sie dahin. Auf das erste Anklopfen trat er hervor und bat nur seines Weibes und seiner Kinder zu schonen. Man behandelte ihn mit viehischer Roheit, ließ ihn barfuß über Schnee und Eis gehn, zerzauste ihm den Bart, daß das Blut herabfloß; doch in seinen frommen Gedanken an die Leiden Christi ertrug er alles mit Geduld. Einige Zeit nachher wurde er nach Mantua (in Italien) geführt und dort zum Tode verurteilt. Mit größter Fassung ging er seinen letzten Gang. Er segnete seine gefangenen Landsleute, die sich wehklagend vor ihm zur Erde warfen, und tröstete sie mit der Versicherung, daß ihr Vaterland wieder unter Österreich kommen würde, was auch einige Jahre später eintraf. Auf der Todesstätte angekommen, ließ er sich nicht die Augen verbinden und nach einem kurzen Gebet gab er selbst den Grenadieren das Zeichen znm Schießen. Der Wiener Hof hat sich nachmals der Witwe und Familie Hofers in löblicher Weise angenommen und in der Kirche zu Innsbruck ist ihm ein Standbild errichtet worden. Das Andenken an den braven Patrioten lebt auch in so manchem schönen Liede und wird sicherlich durch die Jahrhunderte fortgetragen werden. Die Freiheitskriege. 1. Napoleon in Rußland. Die Kaiser von Frankreich und Rußland hatten ein Bündnis miteinander geschlossen, doch als der russische Kaiser es müde wurde, allen Forderungen des Bundesgenossen nachzukommen, beschloß Napoleon Krieg gegen ihn. Noch nie zuvor hotte er eine so große Armee aufgeboten als für diesen Krieg, man konnte sie mit den

9. Geschichten aus der Geschichte - S. 159

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 159 — einem der russischen Führer und erklärte, daß er auf seine Gefahr Napoleon verlassen und sein Corps zu den Russen überführen werde. Darauf schrieb er an den König: „Ew. Majestät lege ich willig meinen Kops zu Füßen, wenn ich gefehlt habe. Ich schwöre Ew. Majestät, daß ich auf dem Sandhaufen ebenso ruhig wie auf dem Schlachtfelde, auf dem ich grau geworden bin, die Kugel erwarten werde." Mit dem Freiherrn von Stein, der nun wieder nach Preußen kam, begab er sich nach Königsberg, Stein lud die angesehensten Männer Ostpreußens zu eiuer Besprechung ein, und Jork forderte sie aus, mit ihrem Beispiel den andern Provinzen vorauszugehn. Die Ostpreußen hatten besonders viel von der Willkür und Raubsucht der Franzosen zu leiden gehabt und ersehnten längst die Gelegenheit das französische Joch abzuschütteln, daher wurde Aorks Rede mit Begeisterung aufgenommen. Man ging auch sofort ans Werk und beschloß alle Kräfte der Provinz zum Kampfe bereit zu machen, das ganze Volk unter die Waffen zu rufen, einen Landsturm und eine Landwehr zu bilden, auch auf eigene Kosten ein Kavallerieregiment auszurüsten und dies alles in die Hand Aorks zu legen. Der König war in einer schlimmen Lage. Er war in Potsdam und dort von Franzosen umgeben, die ihn aus Napoleons Befehl überwachen sollten. Hätte er also öffentlich Yorks und Steins Pläne gebilligt, so stand er in Gefahr als Gefangener fortgeführt zu werden, er mußte also seinen Unwillen über das Geschehene kund geben. Erst als er Potsdam verlassen und sich nach Breslau begeben hatte, wo keine Franzosen waren, fühlte er sich in seinen Entschlüssen frei. Am 17. März 1813 erließ er den Aufruf „An mein Volk". Darin heißt es: „So wenig für mein treues Volk als für Deutsche bedarf es einer Rechenschaft über die Ursachen des Krieges, welcher jetzt beginnt. Ihr wißt, was ihr seit sieben Jahren erduldet habt. Es ist der letzte entscheidende Kampf, den wir bestehn für unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand. Keinen andern Ausweg giebt es als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang." Am 10. März, dem Geburtstag der verewigten Königin Luise stiftete er den Orden des Eisernen Kreuzes für die Tapferen des Krieges. Nun ging ein Sturm der Begeisterung durch das ganze Land; der Funke, der zuerst Ostpreußen entzündete, wurde zu einer hochlodernden, unauslöschlichen Flamme. Alle Stände griffen zu den Waffen; Professoren, Beamte, Geistliche, f

10. Geschichten aus der Geschichte - S. 176

1890 - Königsberg i. Pr. : Koch
— 176 — zu vermeiden fei, Ems verließ und sich nach Berlin begab, glich seine Reise einem Triumphzug; überall wurden dem greisen König Beweise der innigsten Verehrung dargebracht. Graf Bismarck und die Generale Moltke und Roon fuhren ihm entgegen, um sofort die nötigen Maßregeln zu berateu. Als abends der König mit dem Kronprinzen durch die Straßen feiner Hauptstadt fuhr, begleitete ihn beständig der begeisterte Jubel seines treuen Volkes. Die ganze Armee wurde mobil gemacht, und diesmal, zum erstenmal seit Jahrhunderten, war das ganze Deutschland zur Abwehr der Franzosen verbunden. Bald nach dem Kriege mit Österreich waren mit den Fürsten, welche nicht zum norddeutschen Bunde gehörten, Verträge geschlossen, wonach sie im Falle eines Krieges mit Frankreich verpflichtet waren, auch ihre Truppen dazu zu stellen. Doch die Bayern, Württemberger, Hessen kamen nicht bloß ihrer Pflicht gemäß dem Vertrage nach, mit ganzem Herzen und in freudigem Mute schloffen sie sich ihren norddeutschen Brüdern an. Am Tage, als der König mit feinem Gefolge Berlin verließ, erschien ein Aufruf au fein Volk, der mit den Worten schloß: „Mein Volk weiß mit Mir, daß Friedensbruch und Feindschaft wahrhaftig nicht auf unserer Seite war. Aber herausgefordert find wir entschlossen, gleich unsern Vätern und in fester Zuversicht auf Gott den Kampf zu bestehn zur Errettung des Vater- lands!" Napoleon, der wohl nicht gleiche Zuversicht auf den glücklichen Ausgang des Krieges hegte, fragte feinen Kriegsminister, ob die Rüstungen schon ganz vollendet seien. Er antwortete: „Frankreich ist vollkommen bereit/' Dies war aber eine Unwahrheit, die Armeeen befanden sich erst im Zustand der allmählichen Organisation. Das erste Zusammentreffen Napoleons mit einer deutschen Truppe war ein ganz unbedeutendes Gefecht. Drei Compagnien der Deutschen standen in der offenen Stadtsaarbrücken, gegen diese zog der Kaiser mit drei Divisionen, und als jene in vollständiger Ordnung aus die nahen Höhen rückten, wurde aus sie geschossen. Napoleon hatte feinen 14jährigen Sohn bei sich und ließ ihn eine Mitrailleufe (ein Geschütz, das bei jedem Schuß eine große Anzahl von Kugeln ausspeit) eigenhändig abfeuern. Dies wurde denn als der erste Sieg nach Paris telegraphiert und die Zeitungen verkündeten: großer Sieg bei Saarbrücken, drei preußische Divisionen niederkartätscht! Ganz Paris war außer sich vor Freude und Jubel. Doch es sollte
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