147
Netzdistrict. s) Oestreich erhielt Ostgalizien,
Rußland den östlichen Theil von Litthauen.
1778—79 Der Bairische Erbfolgekrieg.
Beim Aussterben der wittelsbachischen Linie in
Bai er n besetzte Joseph dasselbe. Die Ansprüche, welche
Karl Theodor von der Pfalz (ältere wittelsb. Linie)
darauf hatte, wurden von Friedrich unterstützt, der im
Spätsommer 1778t) ein Heer nach Böhmen schickt,
welches zwar wegen Krankheiten bald wieder zurückging,
doch trat 1779 im Frieden zu Teschen der Kaiser
Joseph Baiern mit Ausnahme des Jnnviertels u) an Karl
Theodor ab.
1786 Friedrich der Große stirbt in Potsdam.,
17. Ang. Die Friedensjahre seiner Regierung widmete der große
König der inneren Wohlfahrt des Landes, besonders der
Gerechtigkeitspflege.v) Ausarbeitung des preußischen
.Landrechtes. (Carmer und Suarez.)
Friedrich starb an der Wassersucht auf dem Lieblings-
schlosse Sanssouci. Sein Grab in der Potsdamer
Garnisonkirche. Da er kinderlos war, folgte sein Reffe
1787—1797 Friedrich Wilhelm Ii.
Nicht ohne gute Eigenschaften aber von schwachem Eha-
rakter und genußsüchtig.
Im Kriege gegen die französische Republik (s. u.) un--
glücklich, verliert im Basler Frieden das linke Rhein-
ufer. Doch hatte er 1792 durch Aussterben der hohen-
zollernschen Markgrafen von Ansbach und Baireuth
diese Länder, erworben, w i Ferner erhielt Preußen bedeu-
tenden Zuwachs durch
1793 n. 95 Die zweite und die dritte Theilnng Polens.
Ende des Polenreiches.
Die Polen hatten 1781 ihren Staat durch eine neue Ver-
fassung x) zu kräftigen gesucht. Katharina ll. war dage-
gen und Friedrich Wilhelm schloß sich ihr an. Ver-
geblicher Widerstand der polnischen Patrioten unter K o s-
ciusko. Bei der zweiten Theilnng Polens 1793
nahm Rußland halb Litthauen, Preußen erhielt
s) Seitdem König „v o n " Preußen.
t) Daher von F. selbst scherzweise der Kartoffetkrieg genannt,
n) Das Gebiet zwischen Inn, Donau und Salza/
v) Beispiel seines gerechten Sinnes: Der.müller von Sanssouci.
w) A. ging 1805, B. nach der unglücklichen Schlacht bei Jena 1806
für Preußen wieder verloren, ebenso Neu Ostpreußen.
x) Polen sollte aushören, ein Wahlkönigthum zu sein und erbliche Kö-
nige ans dem sächsischen Knrhause erhalten.
10*
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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TM Hauptwörter (200): [T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser]]
Extrahierte Personennamen: Oestreich Joseph Karl_Theodor Karl Friedrich Friedrich Joseph_Baiern Karl
Theodor Karl Friedrich_der_Große Friedrich Carmer Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Katharina_ll Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
463
Solche Traumgesichte befestigten immer mehr in ihm den Entschluß,
als Prediger des Evangeliums zu den Heiden zu gehen. Um sich nun die
zu diesem Berufe nöthigen Kenntnisse zu erwerben, widmete er sich mit
dem größten Eifer den Wissenschaften, sodaß er im Alter von 20 Jahren
schon zum Vorsteher der Klosterschule ausersehen ward. Zwei Jahre lang
hatte er so mit Lust und Liebe für das Wohl seiner Schüler gesorgt, als
er mit anderen Mönchen nach dem Kloster Neu-Corvey in Westfalen ver-
setzt wurde, welches der Kaiser Ludwig der Fromme zu einer Missionsstätte
unter den Sachsen bestimmt hatte. Hier verweilte er drei Jahre lang als
Rector der Schule und Volksprediger unter mancherlei Müben und
Prüfungen, bis sein innigster Wunsch sich unerwartet erfüllen sollte. Es
kam ihm die Kunde, daß Harald, der König von Südjütland, mit großem
Gefolge am Hofe Ludwig's zu Ingelheim bei Mainz erschienen sei, um
Hülse gegen seine Feinde zu suchen, und den christlichen Glauben ange-
nommen babe, daß der Kaiser ihn ausersehen habe, den neubekehrten
König auf seiner Rückkehr in sein Reich zu begleiten, ihn im Erlauben zu
stärken und unter seinem Schutze den heidnischen Dänen das Evangelium
zu verkündigen. Mit hoher Freude vernahm Ansgar seine Wahl, und
alle Bemühungen seiner furchtsamen Freunde, ihn in seinem Entschlüsse
wankend zu macken, waren vergebens. Nur ein Klosterbruder, Autbert mit
Namen, war entschlossen, sich mit ihm dem heiligen Werke zu weihen.
Getrosten Muthes traten sie mit Harald und seinem Gefolge die Reise
an, fuhren den Rhein hinab in die Nordsee und errichten im Spälherbste
des Jahres 826 bei Hollingsted an der Treene die dänische Küste. Nördlich von
dem Danevirk, dem Grenzwall der Dänen, zu Hethaby (Hafenstadt) oder
Sliasvic (Ort an der Schlei) schlugen sie ihre Wohnsitze aus. Es war
ein vielbesuchter Hafenplatz, wo Kaufleute aus allen umliegenden Ländern
zusammenströmten und alle Waaren, welche von der Nordsee nach der Ostsee
geschafft werden sollten, aufgespeichert wurden. Sogleich begannen die
Glaubensboten ihre Predigt, allein sie wurden mit Mißtrauen und
finsteren Blicken empfangen. Das Volk glaubte, daß ihr Gott Thor,
der Herr des Donners, bald die Verkündiger des neuen Glaubens mit
seinem Hammer zerschmettern würde, und mieden die Nähe derselben. Trotz-
dem war die Arbeit Ansgar's und Autbert's nicht vergebens. Sie fragten
und suchten eifrig nach gefangenen Knaben, um dieselben zu kaufen und
zum Dienste des Herrn zu erziehen, und gründeten in Hethaby die erste
christliche Schule; selbst der König Harald übergab willig mehrere aus
seinem Gefolge ihrem Unterrichte. — Aber schon im folgenden Jahre (827)
mußte er wieder vor seinen Feinden weichen, und auch Ansgar und Autbert
folgten ihm über die Eider nach einem Gute, welches der Kaiser Ludwig
ihm geschenkt hatte. Von hier aus verkündigten sie bald unter den Heid-
Ästchen Dänen, bald unter den christlichen Sachsen das Evangelium, und
durch Beispiel und Lehre wurden viele zum Glauben bekehrt und täglich
wuchs die Zahl der Gläubigen. Nachdem sie so zwei Jahre lang in unserem
Lande gewirkt hatten, wurde Autbert durch Kränklichkeit gezwungen, in das
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Harald Ansgar Harald Harald Ansgar Ludwig Ludwig
123
Karl V. ist überhaupt in die Geschichte dieses Liedes vielfach verwickelt.
1547 vertrieb er drei Glaubenszeugcn, darunter auch den berühmten
Melanchthon, aus Wittenberg. Als die drei Männer auf ihrer Flucht in
Weimar einzogen, hörten sie ein Mägdlein singen: „Ein'feste Burg ist
unser Gott", und wurden dadurch sehr getröstet. Melanchthon aber sprach:
„Singe, liebes Töchterlein, singe; du weißt nicht, was für große Leute du
jetzt tröstest." 1548 vertrieb derselbe Kaiser die evangelischen Prediger in
Augsburg. Bevor sie die Stadt verließen, kamen sie noch zu dem Kurfürsten
Johann Friedrich von Sachsen, der damals dort vom Kaiser gefangen ge-
halten wurde. Sie sagten zum Kurfürsten: „Kaiserliche Majestät hat
uns das römische Reich verboten." Auf dies fing derselbe an zu weinen,
daß ihm die Thränen über die Backen zur Erde flössen, stand auf, ging an's
Fenster, wandte sich aber bald wieder zu ihnen und sagte: „Hat euch denn
der Kaiser das ganze römische Reich verboten?" — „Ja!" — Darauf
fragte er weiter: „Hat euch denn der Kaiser auch den Himmel verboten?"
— „Nein!" — „Ei!" fuhr er fort, „so hat es noch keine Noth, das
Reich und der Himmel muß uns doch bleib e n (V. 4), so wird Gott
auch ein Land finden, daß ihr sein Wort könnt predigen." Gerade so
dachten auch einige Jahre später die sogenannten Hugenotten, d. h. die
evangelischen Christen in Frankreich. Zwischen den Jahren 1560—1572
wurden diese Leute zu Tausenden von den Katholiken ermordet oder ver-
trieben, aber mit dem Gesang: „Ein' feste Burg ist unser Gott" gingen
sie freudig in den Tod und in die Verbannung. Dasselbe geschah im
Jahre 1731, aber nicht wieder in Frankreich, sondern nun in Deutschland.
Da wurden die Evangelischen in Salzburg von Haus und Hof vertrieben,
aus der Heimat und dem Vaterlande. Sie wandten sich nordwärts,
größtentheils nach Preußen. Und was sangen sie auf ihren Wanderungen
durch Städte und Dörfer? „Ein' feste Burg ist unser Gott." Das Lied
war auch ihr Wanderpaß, also daß ihm ein frommer Alter wohl mit Recht
die Ueberschrift gegeben hat: „Aller frommen verfolgten Christen Trotz
und Trost." Nicht minder ist es aber auch für gar viele eine starke Wehr
und Waffe geworden. Das sehen wir unter andern an dem Schweden-
könige Gustav Adolf. Am 17. September 1631 stand er bei Leipzig mit
seinem Heere dem katholischen Feldherrn Tilly gegenüber. Da gab's
natürlich eine Schlacht. Aber ehe sie begann, ließ der König sein ganzes
Heer das Lied anstimmen: „Ein' feste Burg ist unser Gott." Als der
Sieg gewonnen war, warf er sich mitten unter den Todten und Verwun-
deten auf seine Kniee, dankte Gott und ries: „Das Feld muß er behalten"
(V. 2). Das sehen wir vorher an den Vierhundert von Pforzheim. Um
ihren geliebten Landesherrn, den Markgrafen Friedrich von Baden, vor
Tod oder Gefangenschaft zu retten, als ihn Tilly 1622 bei Wimpfen ge-
schlagen hatte, stellten sie sich an der Brücke des reißenden Bellinger Baches,
dem einzigen Uebergangspunkte, auf. Während die Kaiserlichen unter
Trommelwirbel und Trompetcnktang heranrücken, knieet die Schar nieder.
Ueber den Leichen ihrer Brüder und über den Leichen ihrer Feinde steigt
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Melanchthon Melanchthon Johann_Friedrich_von_Sachsen Johann Friedrich Gustav_Adolf Gustav Adolf Gott Friedrich_von_Baden Friedrich Bellinger_Baches
Extrahierte Ortsnamen: Wittenberg Weimar Augsburg Frankreich Frankreich Deutschland Salzburg Leipzig Pforzheim
66
Zweiter Zeitraum.
Darauf wechselten Grauelscenen in der königlichen Familie.
Die drei Brüder vertrugen sich nicht, und der Einzelne hielt cs
bald mit dem einen, bald mit dem andern. Chlodomer's Söhne
wurden von den Oheimen, Childebert und Chlotar, eigenhändig
erstochen und auch Theuderich starb nicht ohne Verbrechen
(I. 534). Theudebert, sein Sohn, folgte ihm. In Italien
wüthete aber der grausige Krieg schrecklich und verheerend und
Theudebert mochte schon nicht ohne Mißtrauen nach diesem
Lande Hinblicken, als er von den Gothen und Griechen zugleich
um Hülfe angegangen wurde. Er aber drohete, feindlich nach
Italien zu kommen, und die Gothen mußten zur Abwendung
der Gefahr das ganze allemannischc Rhatien den Franken zum
Opfer bringen. Seitdem hatten sie Hülfe von burgundischen
Scharen. Aber nicht lange, da ließen sich die Franken von
Justinian, dem griechischen Kaiser, verlocken, daß- sie gegen die
Gothen auszogen. Theudebert war an ihrer Spitze, und wir
haben gesehen, wie seine Scharen jämmerlich zu Grunde gin-
gen, weil er treulos gegen die Griechen sowohl, als gegen die
Gothen sein Schwert wendete. Er selbst kam wohlbehalten in
die Heimat zurück und arbeitete fortan mit gutem Erfolge an
der Erweiterung seines Gebietes, vorzüglich auf Kosten der
italienischen Machthaber, und starb darauf in der Blüte seiner
Jahre (I 547). Jener zweite Zug von Franken und Alleman-
nen, die nach Totila's Besiegung in Italien anlangten, geschah
unter seines Sohnes, Theudebald's, Regierung, aber nicht auf
dessen Veranlassung; denn allemannische Herzoge, Butelin
und Leutharis, waren die nicht glücklichen Unternehmer.
In demselben-Jahre (I. 554) starb Theudebald ohne Er-
den, und auch Childebert, der Bruder feines Großvaters, folgte
ihm bald in das Grab. Da dieser nun gleichfalls keine Erben hin-
terließ, so brachte der Zufall das ganze fränkische Reich wieder un-
getheilt an Chlotar, den jüngsten von Chlodwigs Söhnen (I. 558).
Das ganze Gebiet erstreckte sich gegenwärtig von dem Harz-
gcbirgc und von der Lippe bis an die Alpen, dann von den
böhmischen Wäldern und weiter hinauf von der Ems über
den Rhein bis an die Pyrenäen und die Meeresküste. Mächtig
entwickelte sich stets mehr ein geregeltes Staatsleben, eigen-
thümlich in seiner Art, aber nicht mehr in dem Sklavcnsinue
der römischen Vorzeit. Leider gingen Jahrhunderte lang aus
dem Wachsthume des großen Gebäudes blutige Früchte hervor;
allein von einer andern Seite erwuchs auch großes Heil für
die verbrüderten Völker, und selbst jammervolle Erfahrun-
gen gewährten, wenn auch spät, den Vortheil, ihre Quellen
zu verstopfen.
Ganz anders waren die Verhältnisse einstweilen noch im
südöstlichen Lande, wo das wilde Treiben fortbestand, theils
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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72
Zweiter Zeitraum.
und geraubt, bis nur noch ein Schatten von denselben übrig
war, den aber die Majordomen zur Sicherheit ihrer Höhe be-
stehen ließen, weil die Zeit noch nicht reif war zu einem gänz-
lichen Umstürze der Dinge. Unter solchen Umständen kam
Pippin von Heristal, jenes Pippin von Landen Tochter-Mann,
zu der Würde eines Haus-Aeltesten über beide fränkische König-
reiche (I, 687), während Theuderich 3. König war. Mit
ihm begann ein kräftigerer Geist das Ganze wiederum zu
durchleben.
8. 17.
Pippin von Heristal. Karl Märtel. Pippin der Kleine.
Pippin war ein Mann von Einsicht und reger Thatkraft.
Auch Rechtschaffenheit und Treue, seltene Tugenden eines Fran-
ken, werden an ihm gerühmt. Ihm, dem Uebermächtigen ne-
den dem Throne, möchte es schon nicht schwer geworden seyn,
sich selbst die Krone aufzusetzen; aber er that es nicht und
gewann dadurch an Vertrauen bei dem Volke; noch mehr ge-
wann er indcß durch die Wiederherstellung der jährlichen Volks-
versammlungen — so viel möglich — nach früherer Weise,
indem diese schon lange nur noch aus den Großen und Vor-
nehmen des Landes bestanden hatten. Die dadurch wohlbe-
gründete öffentliche Schätzung aber befestigte und hob ihn ge-
waltig an Einfluß und Macht. Zwar konnte Pippin die
neidische Stimmung, wie den Unwillen der neustrischen Könige,
nicht durchaus überbieten; allein jeder Versuch, ihn feiner
Macht und Würde zu berauben, mißlang, und er blieb bis zu
seines Lebens Ende der eigentliche Gebieter, vorzüglich in
Austrasien, während nach dem Tode Theudcrich's Chlodwig 3.
(I. 691 — 695), Childebert 3. (I. 695 — 711) und Dago-
bert nach einander den Thron von Neustrien bestiegen. Den
letzten überlebte Pippin nicht, da er im Jahre 714 eines ruhi-
gen Todes starb.
Die Australier erhoben seinen natürlichen Sohn Karl
Märtel nicht ohne blutige Fehden zu feinem Nachfolger (I. 715),
und Karl war der rechte Mann, nicht allein in die Fußstapfen
seines Vaters zu treten, sondern gewissermaßen noch mehr als
dieser des Reiches kräftige Stütze zu werden. In Neustrien
war, noch durch den Einfluß Pippins, dessen Enkel Theudebald
zum Haus-Aeltesten ernannt. Er hatte sich aber nicht hal-
ten können, und ein anderer, Neginfrid, war an dessen
Stelle getreten. Dieser versuchte neuerdings, sich und seinen
König des austrasischen Einflusses zu erwehren, und trat mit
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Extrahierte Personennamen: Pippin_von_Heristal Pippin Pippin Pippin Karl_Märtel Karl Pippin Pippin Pippin Chlodwig Pippin Karl
Märtel Karl Karl Karl Pippins
86
Zweiter Zeitraum.
Schule hervorgingen, wurden die früheren theils planlosen,
theils wohl mit frommem Eifer, aber ohne Umsicht und Nach-
druck unternommenen Bekehrungsversuche zur Einheit gebracht.
Waren auch seine vielen Stiftungen nur erst die Anfänge einer
werdenden teutschen Christenheit, so waren es doch Anpflan-
zungen, die wie gut genährte Saaten zu einem kräftigen Ge-
deihen emporwuchsen, ohne fernerhin sich selbst überlassen oder
in Gefahr zu seyn, an eigennütziger Willkühr zu verderben;
denn die Unternehmungen des h. Bonifaz geschahen im Namen
der Kirche und die neuen Stiftungen erhielten dadurch sogleich
eine bleibende Verfassung in dem gesummten kirchlichen Ver-
bände. Die nahen fränkischen Herrscher beförderten derartige
Unternehmungen zugleich aus Staatsklugheit, »indem mehrjäh-
rige Erfahrungen gelehrt hatten, daß die Einführung des
Christenthums den Eroberungsplanen gerade am kräftigsten zu
Hülfe gekommen war.
8- 20.
Karl der Große. Damalige Lage der Länder.
So erheblich die erwähnten Verhältnisse an und für sich
sind, so bedeutsamer wurden sie unter den nachmaligen Um-
ständen, wie sie unter Karls des Großen merkwürdiger Regie-
rung ins Leben traten. Als König Pippin fein Ende nahe
glaubte, befchied er die Großen des Reiches nach St. Denis,
um mit ihrer Zustimmung für feine Söhne Karl und Karl-
mann die Theilung des fränkischen Gebietes zu ordnen. Dem-
gemäß erhielt Karl die nördliche und Karlmann die südliche
Hälfte desselben. Beide Könige aber gcriethen bald in feind-
selige Spannung, welche mit Karlmanns Weigerung, seinem
Bruder gegen den aufrührigen Herzog von Aquitanien, Hunald,
beizustehen, ihren Anfang nahm. Karl besiegte und vernichtete
den Herzog auch ohne fremde Hülfe (I. 769); allein er kehrte
nicht ohne heftigen Unwillen auf den Bruder zurück. Dazu
kamen unangenehme Verhältnisse im päpstlichen Gebiete, wo
die Langobarden allerlei Störungen veranlaßten, das Exarchat
eroberten und gewaltsamer Weise den päpstlichen Stuhl besetz-
ten, bis Stephan 3. durch rechtmäßige Wahl auf denselben
gelangte. Dieser wendete sich um Hülfe an die Franken und
zwar an Karl, weil Karlmann des langobardischen Königs
Desiderius Freund war, sich außerdem auch mit Tassilo, dem
Herzoge von Baiern und des Desiderius Schwiegersohn, ver-
bündet hatte. Dieses Verhältniß vermehrte bte feindselige
Stimmung unter den Brüdern und veranlaßte sie zu einer
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Extrahierte Personennamen: Bonifaz Karl Karls Pippin Denis Karl Karl Karl Karl Karlmann Karlmann Karlmanns Karlmanns Karl Karl Stephan Karl Karl Karlmann Königs
Desiderius Tassilo Tassilo
Dritter Zeitraum.
Bon Ludwig dem Tcutschen bis auf den
Kaiser Lothar. Jahr 843 bis 1125.
8- 24.
Ludwig der Teutsche. Ludwig 2. Kaiser Karl der Dicke.
Äudwig der Teutsche war ein kräftiger Mann in seiner äu-
ßeren Erscheinung sowohl, als durch glückliche Anlagen des
Griftes und Herzens. Und seine Stellung als Herrscher und
Beschützer eines großen Volkes war nicht neu, sondern schon
seit mehren Jahren in einer, freilich bloß stellvertretenden Wal-
tung zu durchgreifender Regelmäßigkeit gediehen, nur daß er
jetzt für sein Eigenthum und für die Seinigen stand, wo die
frühere Unsicherheit der Dinge manche trübe Sorge hervorge-
rufen haben mochte. Jndeß war auch jetzt noch in dem Innern
Teutschlands an keine genügende Ordnung zu denken. Schwan-
kende Verhältnisse nach Innen durch aufstrebende Selbstsucht,
Ehrgeiz, Partheihaß von der einen, durch Unmuth, Aerger
und Ringen nach Freiheit von der andern Seite: bei Allen
schwierige Stimmung gegen die Königsmacht. Schwankende
Verhältnisse auch nach Außen gegen die Avaren, Slaven und
Normannen, wie endlich gegen die eignen Brüder. Aber Lud-
wig blieb mild und gerecht, wie er begonnen, und die Ruhe
wurde einstweilen nicht gefährdet, wenn wir sonst auch von
den inneren Begebenheiten der ersten Zeit seiner Regierung
nicht viel wissen. Die Verhältnisse gestalteten sich in vieler
Hinsicht zum Guten und Besseren, wahrend die beiden andern
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_dem_Tcutschen Ludwig Lothar Ludwig Ludwig_2._Kaiser_Karl_der_Dicke Ludwig Karl
Ludwig's 1. Thätigkeit.
111
Herrscher in Italien und Frankreich fortwährend ihre grosse
Noth hatten, sich gegen den bösen Geist der Zeit zu behaupten.
Alle drei waren indess mehr Brüder dem Namen, als der Jbal
nach. Darum hatte auch ein Bündniß, welches sie im folgen-
den Jahre (I. 844) zu Diedenhofen mit einander schlossen,
keine weitere Folgen, als dass sie sich selbst in feindschaftlichem
Hader nicht aufricben. Zu gegenseitiger Hülfeleistung hatte
Niemand Lust, jedoch auch keine Zeit.
Die nächste Verwirrung kam von den Normannen, welche
unter Ludwigs des Frommen Regierung an den Küsten so oft
ungestraft geraubt hatten und nunmehr von den daselbst er-
oberten und befestigten Eilanden aus ihre Naubzüge in Frank-
reich um so leichter und verwegener vollbringen konnten. Also
fuhren sic mit hundert und zwanzig Fahrzeugen die Seine hin»
auf, plünderten und raubten an beiden Ufern und mußten
endlich in Paris, das sie überwältigt hal'cn, mit großen Sum-
men abgckauft werden (I. 845). Andere Haufen hauseten an
der Garonne, und ein dritter Schwarm hatte gleichzeitig Han^
bürg überfallen und zerstört. Karl der Kahle war durch jenen
Raubzug an sein unglückliches Daseyn im Reiche schmerzlich
erinnert. Jammer und Elend hatten die wilden Krieger hinter
sich zurückgelassen. Zudem entstand eine Theuerung im ganzen
Lande, welche die Noth aufs Höchste steigerte. Mit den Bre^
joncn bestand ein verjährter Kampf. Und mit Pippin, seinem
Wetter, war der alte Streit um den Besitz Aquitaniens nicht
beendigt. Dass Karl sich gegen diesen einen Augenblick nach-
giebig bewies und ihm den väterlichen Erbtheil als ein König-
reich zugestand, um sich desto, erfolgreicher auf die Brctonen zu
werfen, war eine nothgedrungene Maßregel, und der Krieg be-
gann von Nettem, als auch über die letzteren nur erst ein
sehr ungenügender Sieg errungen war.
Fast noch schlimmer sah es in Italien aus, da Kaiser
Lothar gegen die übermächtigen Herzoge fast unaufhörlich das
Schwert führen musste, und ihm inzwischen die auswärtigen
Feinde noch eben so viel zu schaffen machten; denn die Nor-
mannen wagten auch hier ihren Frevel zu üben (I. 846), und
von Sicilien aus drängten wiederholt dib Saracenen, welche
sich daselbst seit dem Jahre 827 eine Herrschaft gegründet
hatten.
Ludwig der deutsche hatte gleichfalls nicht die Freude,
seine Völker im Frieden zu regieren; denn jenen Einfass der
Normannen, wodurch sie Hamburg zerstört hatten, mußte er
stillschweigend verschmerzen, und anhaltende Kriege mit den
Slaven und Böhmen, vorzüglich mit letzteren, verbitterten ihm
die Früchte, welche er von seinem heilsamen Wirken daheim
nicht spärlich aufkeimen sah; doch blieb er Sieger, wenn auch
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Karl_der_Kahle Karl Pippin Karl Karl Lothar Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Italien Frankreich Frank- Paris Italien Sicilien Hamburg
112
Dritter Zeitraum.
nach blutigenanstrengungen und herben Verlusten. Ueberhaupt
kann man im Ganzen über Ludwig nur Rühmliches sagen.
Er war es auch, der gegen alle böse Einflüsterungen ein festes
Beharren in sich zu bewahren, wie auch durch weise Vorstellun-
gen in Lothars Seele den alten, sich stets wieder regenden
Haß gegen Karl von Frankreich niederzuschlagen wußte und
endlich (I. 851) zu Mersen an der Maas völlige Aussöhnung
und ein neues dreifaches Verbündniß zu Stande brachte. Fer-
nerhin sorgte Ludwig, einen neuen Krieg mit den Sorben
(I. 851) abgerechnet, durch friedliches Wirken für das Wohl
seiner Unterthanen, ließ Reichstage halten, und reifete selbst im
Lande umher zur Abstellung der Beschwerden und um heilsame
Vorkehrungen zu treffen, je nach den Bedürfnissen und billigen
Wünschen. Dabei ließen die Normannen, welche fernerhin
Italien und mehr noch das unglückliche Frankreich hcimsuchten,
Teutschland einstweilen unberührt.
Unterdcß brachen aber wieder schwierige Stimmungen
zwischen den königlichen Brüdern aus, wobei Ludwig, von Hoff-
nungen auf den Besitz Aquitaniens angelockt, nicht ohne Schuld
blieb. Doch waren noch keine Folgen von Belange daraus
hervorgegangen, da wurde Lothar der mißlichen Handel müde,
entsagte der Welt und ging in das Kloster Prüm, wo er nach
wenigen Tagen aus dem Leben schied (I. 855). In Italien
war schon früher Ludwig, sein Sohn, zum Kaiser gekrönt, und
das rheinische Gebiet hatte Lothar damals den andern Söhnen,
Lothar und Karl, diesem das Land zwischen den Alpen und
dem Rhodan, jenem das Uebrige zugetheilt. Nach Lothars
Tode gingen die einzelnen Herrscher noch rücksichtsloser, als
früher geschehen, ihrer Selbstsucht nach, daß sogar Ludwig auf
die Klagen der Franzosen über die Noth des Reiches und Karls
Fahrlässigkeit mit einem Heere, welches er eben zu einer Un-
ternehmung gegen die Slaven in Bereitschaft hatte, in seines
Bruders Reich zog, dessen Unterthanen verlockte, ihn ohne
Schwertschlag zur Flucht nöthigte und eine Weile eben so ge-
bieterisch als rücksichtslos in dem Lande herumwirthschaftete
(I. 858), bis er von Karl überfallen, von den vermeintlichen
treuen Franzosen verlassen und schmählich in die Heimath zu-
rückgejagt wurde (I. 859). Ludwig der Teutsche kam dadurch
in eine unangenehme Lage. Daheim fand er nur in vielfacher
Weise verstimmte und auf ihn ungehaltene Gemüther. Karl
der Kahle aber war erbittert und verband sich mit Lothar, dem
König von Lothringen. Doch rettete sich Ludwig mit Klugheit
aus der Schlinge. Er gewann den Papst Nicolaus zu seinem
Freunde, knüpfte auch mit Ludwig 2. von Italien ein innigeres
Verhältniß an und demüthigte sich gewissermaßen vor dem
Neffen Lothars, wie vor Karl dem Kahlen, daß sie in seine
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_nur_Rühmliches Ludwig Karl_von_Frankreich Karl Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Lothar Ludwig Ludwig Lothar Lothar Karl Karl Ludwig Ludwig Karls Karl Karl Ludwig Karl Lothar Ludwig Ludwig Nicolaus Ludwig_2._von_Italien Ludwig Lothars Karl_dem_Kahlen Karl
Extrahierte Ortsnamen: Italien Frankreich Italien Rhodan Karls Lothringen
Niederlage der Ungarn. Heinrichs Lov. Otto 1. J23
Nun waren es auch die Normannen, insbesondere die Dä-
nen, welche durch ihre Stellung sowohl, als durch ihre unaus-
gesetzten Einfälle die Ruhe des Reiches gefährdeten. Heinrich
beschloß also, sie in ihrem eignen Lande anzugreifen. Es ge-
lang ihm, bei Schleswig eine große Schlacht zu gewinnen
und das Land bis an die Schlei — die Markgraftchaft Schles-
wig __ zu gewinnen. Darauf wurden Glaubensboten unter
dieses heidnische Geschlecht gesendet, und bald bekannten sich
Viele zu dem christlichen Namen, welches der Anfang geregelte-
rer Verhältnisse mit diesem Volke war.
So batte Heinrich den Frieden des Reiches im Innern
wie nach Außen gegründet, und er selbst war geachtet, geehrt
und geliebt Von den Seinigen. Aber er war seinem Ende
nahe. Ihm selbst konnte das nicht entgehen. Deshalb ver-
sammelte er die Fürsten des Reiches in Erfurt und ließ seinem
Sohne Otto die Nachfolge im Reiche versichern. Von einer
Theilung desselben war keine Rede mehr, obgleich der König
noch zwei andere Söhne hatte. Darauf verschied er im fcchs-
zigsten Jahre seines Lebens zu Memleben an der Unstrut und
wurde in dem von ihm gegründeten Quedlinburg zur Gruft
bestartet (I. 936). Er hinterließ das Reich im Wohlstände
und mit wohlthätiger Anregung zu einer besseren Gestaltung
in allen Verhältnissen. Seinem Sohne war trefflich vorgear-
arbeitet und daß dieser an den Planen des Vaters weiter zu
bauen verstand, ist unserm Vaterlande zum großen Heile ge-
wesen.
8- 26.
Otto 1. Seine schwierige Stellung, Thätigkeit und Glück.
Nach Heinrichs Tode kamen sammtliche Fürsten des Rei-
ches geistlichen und weltlichen Standes zu einer Versammlung
nach Aachen und wählten nicht ohne dankbare Gefühle Otto
zu ihrem Könige. Darauf ertheilte ihm der Erzbischof Hilde-
bert von Mainz die Salbung. Nach derselben bewirtheten die
Anwesenden ihren königlichen Gast mit einem feierlichen Male.
Die Herzoge thaten den Dienst: Giselbert von Lothringen als
Kämmerer, Eberhard von Franken als Truchseß, Hermann von
Schwaben als Oberschenk und Arnulf von Baiern als Mar-
schall. Dies ist zugleich die erste ausdrückliche Nachricht von
den Erzämtern des Reiches.
Die Handlung war feierlich, die Begeisterung für den
jungen Fürsten groß und aufrichtig. Dennoch aber dauerten
solche Eindrücke nicht lange. Heinrich hatte Liebe eingeflößt.
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Schwaben Heinrich Heinrich