230
42. Charakterbild des Kurfürsten Maximilian I.
Für seine Familie und Untertanen hatte er ein warmes Herz, doch war sein Gemütsleben entschieden weniger entwickelt als sein Verstand und weit öfter als Liebesbeweise bekommen die Untertanen seine Strenge und die drückenden Folgen seiner Politik zu spüren. Wo ein religiöser Grund wirksam war, konnte die Strenge sogar in grausame Härte ausarten. Als ein Jngolstädter Bürger von dem ordentlichen Gericht wegen Gotteslästerung zur Stadtverweisung verurteilt wurde, setzte er an Stelle dieser Strafe den Tod.
Seine Religiosität hatte eine so ausgeprägt konfessionelle Färbung wie nur möglich. Darum hatten es Konvertiten, wie man an Wallenstein, Pappenheim n. a. gewahrt, immer leicht seine Gunst zu erwerben. Er verordnete, daß jeder seiner Untertanen einen Rosenkranz besitzen müsse; er hielt seine Beamten bei Geldstrafe zur Teilnahme an den wöchentlichen Prozessionen an; er selbst konnte sich in Prozessionen und Wallfahrten kaum genug tun. In seiner Verehrung der heiligen Jungfrau lag ein schwärmerischer Zug, der bei seinem nüchternen Wesen um so auffallender ist. In Altötting ließ er — „Peccatorum Coryphaeus“ — eine mit seinem Blute geschriebene Widmung an sie hinterlegen. Wichtige Aktionen verlegte er, wenn es anging, auf einen Marienfesttag, so den Aufbruch des Heeres gegen Donauwörth 1607 auf Mariä Empfängnis, seine Vereinigung mit Bucquoy 1620, den Einmarsch in die Oberpfalz 1621, seinen Einzug in Regensburg zu Ferdinands Iii. Königswahl aus Mariä Geburt. In der Schlacht auf dem Weißen Berge bestimmte er seinen Trnppen den Namen der heiligen Jungfrau als Feldgeschrei. Und während er den Bischöfen von Freising und Regensburg wegen der großen Zahl der bestehenden Feiertage die Einführung des Korbinians- und Wolfgangstages als Feiertage abschlug, bewog er 1638 den Episkopat seines Landes zu den zahlreichen Frauenfesttagen zwei weitere festzusetzen: Mariens Besuch und ihre Darbringung im Tempel. Täglich, sagt der Stifter der Mariensäule in der Instruktion für die Erziehung seines Erstgebornen, erfahre ich, daß nach Gott die Mutter des Erlösers unsere größte Beschützerin und Patronin ist. Er machte es seinem Sohne zur Pflicht außer einem Sonn- oder Feiertage jedes Monats auch an allen Marienfesttagen zur Beichte zu gehen. Er gab diesem Sohne, was gegen alle Gewohnheit war, neben dem Namen seines mütterlichen Großvaters auch den Namen Maria und bürgerte damit in Bayern die Sitte ein, daß dieser Vorname auch von Männern an zweiter Stelle geführt wird.
In den Jesuiten bewunderte und verehrte er die Männer, die nach seiner Überzeugung dem Reiche Gottes auf Erden die besten Dienste leisteten, und ihre Mitwirkung bei den Aufgaben eines gottesfürchtigen Fürsten schien ihm unerläßlich. Darum scheute er keilte Opfer für sie, empfahl auch dem Nachfolger in seinem Testament sie gegen männiglich zu schützen, zu lieben, zu ehren und in besonderer Affektion zu halten, legte ihm ihre Kollegien zu München, Ingolstadt, Regensburg, Landsberg, ihre Niederlassung in Altötting
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_I. Mariä_Empfängnis Bucquoy Ferdinands Maria Maria
90
Kaaba, nimmt sich seiner an. Handelsreisen. Wittwe
Kadidscha. Neue Religion Islam, d. i. gläubige Erge-
bung; die Anhänger Moslemin, d. i. Gläubige. „Es
gibt nur Einen Gott, und Muhamed ist sein Prophetbo)
Am 15. Juli 622 Flucht von Mecka nach Medina
(Hedschra, mohamedanische Zeitrechnung«. 66lj Erobe-
rung von Mecka, 63! Angriff gegen das byzantini-
sche Reich, 632 Tod Muhameds, sein Grab in Medina.
Der Koran, d. i. Schrift. Sekten der Schiiten (Aliten)
und Snuiten.
Die ersten Kalifen (d. i. Statthalter) waren A-bu
Be kr (Schwiegervater des Propheten) und Omar. Die-
ser eroberte Palästina, Syrien und Persien, wäh-
rend sein Feldherr A m r u A e g y p t e n unterwarf, ä)
Bald wurde auch Afrika's Nordküste erobert.
711 Tarik setzt nach Spanien über,,wo ein maurisches
Reich gegründet wird.
Gibraltar — Gebet al Tarik, d. i. Fels des Tarik. Der
Westgothenkönig Roderich verliert die «L-chlacht bei
Lerez de la Frontera, Mnsa vollendet die Erobe-
rung Spaniens. Nur in den astliri scheu Gebirgen be-
hauptet sich ein kleines westgothisches Reich. Lon hier ans
kämpften die Christen fortwährend gegen die Mauren und
entrissen ihnen eine Provinz nach der andern e); aber erst
1492 ging die letzte maurische Besitzung, Granada, an
Ferdinand den Katholischen verloren.
732 Karl Martell schlägt die Araber bei Poitierö.
Dagobert 1. beherrschte eine Zeit lang das ganze fränkische
Reich, überließ aber die Regierung (622) dem Major
dornus Pipin von Landen. Nach ihm theilte sich
wieder das Reich in Austrasien, Neustrien und Burgund.
Sein Enkel Pi Pin von Heristal ward (687) durch
den Sieg bei Testri Major dornus über das ganze Reich.
Dessen Sohn Karl Martell (d. i. Hammer) befestigte
und erweiterte diese Herrschaft, nannte sich dux et prin-
ceps Francorum und kämpfte glücklich gegen Friesen, Ale-
inannen und Baiern.
Als die Araber unter Abderrahman mit 400000 Mann
von Spanien aus in Frankreich einsielen, schlug er sie iw
c Moses und Jesus betrachtete M. als seine Vorgänger.
d) Die angeblich auf Omars Befehl erfolgte Verbrennung der großen
Bibliothek zu Alexandria beruht wahrscheinlich auf Sage.
e) In diesen Kämpfen zeichnete sich im 11. Jahrhundert Don Rodrigo
von Vivar (genannt der Cid) aus.
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Extrahierte Personennamen: Kadidscha Mecka Mecka Palästina Gibraltar Roderich Mnsa Ferdinand Karl_Martell Karl Karl_Martell Karl Jesus M. Rodrigo
von_Vivar
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): Jungen
94
Afrika.
meinem Erstaunen, daß ganz freiwillig sich die Nachbarn rechts und links mit
hilfreicher Hand am Einschlagen der Pflöcke und am Festzerren der Zeltleinen
beteiligen. Was hätten dazu meine fchwarzseherischen Freunde vom Soco Ehico
in Tanger gesagt? Und als alles fertig war und der Dolmetscher sich daran machte,
mir das Abendessen zu kochen, da bildete sich nach und nach ein ganzer Kreis von
teilnehmenden Neugierigen, die nicht müde wurden, immer neue Fragen an meine
Leute zu richten und in mein Zelt hineinzuschielen, dessen Eingang sie mehr als
alles andere in der Nsala zu interessieren schien. Unter diesen gaffenden und
leise fragenden Bewunderern waren nicht nur ärmliche Maultiertreiber,
die aus Gott weiß welcher ungebildeten Bergeinsamkeit stammen mochten,
sondern auch mancher, dessen helle Farbe und scharfgeschnittene feinere Züge
oerrieten, daß hier ein Maure besserer Abkunft in den schönen bunten Klei-
dern stak. —-
Wie Ausstrahlungen aufgespeicherter, geheimnisvoller Kraft ziehen sich
lange Reihen von geweihten Stätten von Serhnn hinunter ins flachere Land,
die ganze Gegend zwischen dem scharf abgegrenzten Bergstock und der Haupt-
stadt mit Gräbern und Schreinen bedeckend. Ich zählte an der Nordseite, an
der ich auf halber Höhe entlang gezogen war, nicht weniger als elf tief-
eingeschnittene, kurz verlaufende Täler, von denen jedes einzelne seine be-
sondere geweihte Bedeutung zu haben schien. Kurz ehe ich nach meinem
Aufbruch aus der Nsala Mkeß die große von Meknaß (Mekines) nach Fes
führende Straße erreichte, kam ich am Austritt eines vom Serhnn stammenden
Bachs an die Kubba der heiligen Frau Aifcha, deren Andenken heute noch
in Ehren steht als das einer wundermilden frommen Frau. Zwar hat sie
den Ruf der Heiligkeit erlangt durch einen Lebenswandel, der nicht immer
und überall zum Heiligenschein verhilft: jedem Reisenden, der ihres Weges
f'am und an ihrer Hütte vorbeizog nach Fes, bot sie ihre Liebe und erwarb
sich damit in den Augen der Schriftgelehrten zunächst den Ruf einer Still
verrückten, der in mohammedanischen Ländern schon die sicherste Vorstufe zur
Heiligsprechung ist. Heute aber geht kein Gläubiger auf feiner Pilgerfahrt am
Grabe der Lalla Aischa vorüber, ohne nicht einen Stein vom Wege auszu-
heben und zu ihrem Gedächtnis vor ihrem Schrein niederzulegen. An vielen
Dutzenden solcher Stätten mohammedanisch verbrämter Fetischverehrung
führte uns unser Weg vorbei. Es waren die einzigen Merkzeichen der Straße,
die immer breiter und öder wurde, je mehr wir uns Fez näherten.
Mit den blumenbedeckten Halden, die unsern Weg durch die Landschaften
Gharb und Dschebala^) wie einen Siegeszug durch das Reich des Frühlings
gestaltet hatten, mit den Wäldern von Ölbäumen und Feigen, den Hainen
von Orangen und den von rauher Opuntienhecke eingefaßten Weingärten, die
den Serhnn zu einem so hübschen Eckpfeiler des maurischen Kernlandes
i) Landschaften im äußersten Nordwesten Marokkos. — D. H.
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Extrahierte Personennamen: Bachs Aifcha
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Tanger Nsala_Mkeß Marokkos
63. Das Syrische Reich unter den Seleuciden bis 63 v. Chr.
143
(vgl. 90, 2). Unter seinem zweiten Nachfolger Antiochus Iv. fiel auch Palstina wieder ab (167).
Areiyeitskampf der Juden (167142). Unter der gyptischen und syrischen Herrschaft hatte die Hellenisimmg der Juden groe Fortschritte gemacht. Wie im brigen Orient, war in Palstina die griechische Sprache zur bevorzugten Schrift- und Verkehrssprache geworden. Selbst die Heiligen Bcher waren durch siebzig jdische Schriftgelehrte zu Alexandria ins Griechische bersetzt worden, so da zu ihrem Verstndnis die genauere Kenntnis des Hebrischen entbehrlich schien. Das alles hatte aber unter den Strengglubigen Besorgnis und Unwillen hervorgerufen. Als vollends Antiochus Iv. die Mische Religion ganz ausrotten wollte, emprten sich die Juden. Unter der .tapferen Fhrung des Judas Makkabus und seiner Briiber begannen sie gegen ihre Unterdrcker einen fnsundzwanzigjhrigen Freiheitskampf, durch welchen sie sich ihre Unabhngigkeit zurckeroberten. Seit 141 fhrten die Makkaber (nach ihrem Ahnherrn auch Asmoner geheien) in ihrem Lande die weltliche und oberpriesterliche Gewalt (bis 63).
3. Werfall und Untergang des Weiches (16763). Unter inneren und ueren Wirren aller Art bestand das Seleueidenreich, das seitdem auf das eigentliche Syrien beschrankt war, noch ein weiteres Jahrhundert. Zuletzt wurde es, wie die anderen Kleinstaaten Vorderasiens, eine Beute der obsiegenden Rmer unter Pompejus (vgl. 99,5). Auch Palstina kam damals unter rmische Oberherrschaft.
Mmerherrschaft itt Zkatstina (seit 63). Wie eben vorher in Syrien, so veranlagten auch in Palstina innere Parteizwiste und Thronstreitigkeiten die Einmischung der Rmer. Pompejus, um seine Entscheidung angerufen, kam von Syrien aus nach Jerusalem und machte das Land tributpflichtig. Man lie zwar den Juden noch einen Schein von Selbstndigkeit unter eigenen Knigen, doch wurden diese gewhnlich von Rom aus ernannt oder gehalten. Der verrufenste derselben ist Herodes I., auch der Groe geheien, ein grausamer und rachschtiger* Fürst, in dessen letzte Regierungsjahre die Geburt Christi fllt. Die folgenden Könige wurden rmischen Prokuratoren (oder Landpflegern) untergeordnet, welche als Unterbeamte der Statthalter von Syrien im Namen des Kaisers die hchsten Befugnisse ausbten.
64.
Das gyptische Keich unter den ptolemiiern 32330 v. Chr.
1. Die drei ersten ^totemex (323221). Pwlemus I., Sohn des Sagos und einer der Feldherren Alexanders, regierte seit 323 als Statthalter und> seit 306 als König von gypten. Fast unangefochten hatte er seine durch natrliche Grenzen geschtzte Satrapie behauptet und vererbte nach vierzigjhriger Regierung das 'Knigreich als unbestrittenes Besitztum auf seine Nachkommen. Er sowohl wie auch seine zwei nchsten Thronfolger, Pwlemus Ii. und Ptolemns Iii., fhrten eine glanzvolle und glckliche Regierung. Durch Begnstigung der geistigen und knstlerischen Bestrebungen machten sie ihre Hauptstadt Alexandria zum neuen Vorort des Griechentums
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178
130. Lebenserinnerungen.
einfachen, biblischen Erzählungen gewann ich Gott, den
Vater im Himmel, lieb und empfand kindliche Ehrfurcht
vor ihm. Ich wurde, wie ich mich noch wohl erinnere,
ganz in das Paradies der ersten Eltern, in die Hütten der
Patriarchen, in die Wüste, wo Moses die Schafe hütete,
auf die Felder, wo die fromme Ruth Ähren las, in die
arme Wohnung des gottesfürchtigen Tobias eingeführt.
Der Sonntag war dem Vater immer ein heiliger
Tag. Da mussten alle Amtsgeschäfte ruhen, nur die
dringendsten, unaufschiebbaren ausgenommen. Durch
kein Geschäft liess er sich abhalten, den Gottesdienst
zu besuchen. Wir Knaben mussten auch zuhause
jedesmal das sonn- oder festtägliche Evangelium lesen;
der Vater wiederholte bei Tische, was darüber in der
Predigt gesagt worden war, und fügte eigene, uns
Kindern angemessene Bemerkungen bei.
Das Weihnachtsfest machten die Eltern, nach
uralter Sitte, zu einem grossen Freudenfeste für uns
Kinder. Noch immer erinnere ich mich jener seligen
Augenblicke. Wir Kinder warteten, in eine dunkle
Kammer gewiesen. 0, welche Freude, welches Ent-
zücken, wenn wir im Glanze der vielen Lichter die
Weihnachtsgeschenke, auserlesenes Obst, Spielzeug,
Kleidungsstücke und schön gebundene, einige sogar
mit Gold verzierte Bücher erblickten! Auf ähnliche
Art wurden wir am Osterfeste mit Ostereiern und Kuchen
beschenkt. Auch am Pfingstfeste gab es Waffeln und
Kuchen. Der Vater unterliefs aber nie, uns zu sagen,
warum diese Feste so grosse Freudenfeste für uns seien.
Er erzählte uns von der Geburt Jesu, von seiner Auf-
erstehung und von der Sendung des heiligen Geistes.
Dadurch bekam unsere Freude eine höhere Richtung.
Während der Fastenzeit erzählte uns der Vater an
jedem Abende eine Begebenheit aus dem Leben Jesu.
Wir Kinder wurden dann oft bis zu Thränen gerührt.
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498
74. Jerusalem.
liche Kirche des heiligen Grabes. Zwei Säulengänge, der
eine über dem andern, laufen längs ihrer runden Wände.
Über ihnen wölbt sich eine majestätische Kuppel, durch deren
große Öffnung das Tageslicht prächtig hereinströmt. Senk-
recht darunter stehet, wie eine kleine Kirche in einer großen,
das heilige Grab, von weißem Marmor aufgeführt. Im
Innern enthält es zwei in den Kreidefelsen gehauene, aber
gleichfalls mit Marmor überkleidete Gemächer. Durch die
Eingangspforte, vor welcher vier hohe silberne Leuchter mit
armdicken brennenden Wachskerzen stehen, gelangt man zuerst
in ein kleines Gemach, die Engelskapelle. Aus dieser tritt
man tief gebückt durch ein enges Pförtchen in die eigentliche
Grabkammer, deren größere Hälfte der Altar einnimmt,
welcher den Felsensarg des Herrn bedeckt. Viele kleine Nischen
umgeben den Altar, geschmückt mit goldenen und silbernen
Leuchtern und Gefäßen. Viele Lampen — Geschenke von
Päpsten, Kaisern und Königen — erleuchten die Grotte
Tag und Nacht. Die Luft ist erfüllt vom Duft des Weih-
rauchs, der hier reichlich angezündet wird. Alles ist still.
Niemand wagt ein lautes Wort zu sprechen. Unsere Seele
versinkt in unaussprechliche Gedanken bei der Vorstellung
des einzigen Grabes der Erde, welchem der jüngste Tag
keinen Toten abzufordern hat.
Wir durchschritten das nach dem Blutzeugen Stephanus
benannte Thor, und vor uns lag das tiefgeschluchtete Thal
Josaphat und gegenüber der Ölberg. Wir gingen den
steilen Fußpfad hinab und über die Brücke des im Sommer
wasserleeren Kidron. Jenseits stehen wir an einem um-
mauerten Gartenraum. Wir klopfen an die kleine Pforte,
ein Wächter öffnet uns, und wir sind in Gethsemane.
Es ist ein viereckiger Platz, mit vielen Blumenbeeten und
acht uralten Olivenbäumen geschmückt. Eine feierliche Stille
umgab uns. Kein Geräusch der Stadt drang zu unsern
Ohren. Unwillkürlich schwebte das Bild de§ Erlösers vor
die Seele, wie er hier trauerte und zagte.
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Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Stephanus Gethsemane
500
75. Der See Genezareth.
und des Indigo, und bei grösserer Betriebsamkeit der
Menschen würde der tiefe Bergkessel dieses Sees ein
natürliches Treibhaus sein, in welchem die edlen Ge-
wächse Ägyptens und selbst Arabiens gedeihen könnten.
Dichter Baumwuchs und Buschwerk, mit Saatfeldern
wechselnd, umkränzt das nordwestliche Ufer; wie „ein
Morgenrot der Tiefe“ ergiefst sich das rosenfarbige
Blütenmeer der Oleanderbäume über Hügel und Thal;
aus den Gebüschen ertönt das Lied der Blaudrossel und
der Nachtigall, und aus den Felsenhöhlen von Magdala
die Stimme der wilden Taube, die hier in Scharen zu
Hunderten umherfliegt.
In diesem gesegneten Seethale drängte sich sonst
eine unermessliche Volksmenge im rührigsten Verkehre.
Blühende Städte und gewerbreiche Flecken: Kapernaum,
Chorazim, Bethsaida, Magdala und Tiberias samt ihren
reizvollen Gärten, Feldern und Obsthainen, welche zu
jeder Zeit des Jahres reife Früchte lieferten, umgürteten
im lieblichsten Wechsel den See wie die kostbare Ein-
fassung einen köstlichen Juwel. Gegen zwölfhundert
Fischer fanden hier ihre Nahrung; dritthalbhundert
Fahrzeuge: Fischerkähne, Reisebarken, lustfahrende
Gondeln und Lastschiffe durchkreuzten den Wasserspiegel
nach allen Richtungen und machten ihn zum gemein-
samen Tummelplatz aller umliegenden Städte und Dörfer.
Hier war der heitre, gesegnete Schauplatz „des ange-
nehmen Jahres des Herr n“. In Kapernaum hatte Jesus
seine Wohnung. Hier erlas er sich mit jenem durch-
dringenden Blicke und Geiste, der wohl wusste, was im
Menschen war, aus der geschäftigen Menge die tüchtig-
sten seiner Apostel; hier und im ganzen Umkreis dieser
Gestade warf der erhabene Menschenfischer unermüdet
das Netz seiner herzgewinnenden Rede und seines hold-
seligsten Wesens aus in den Schulen und Häusern, auf
den blühenden Uferhügeln und vom Borde des Schiffs,
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74. Jerusalem.
497
74. Jerusalem, f
Von kahlen Bergen und dürren Thälern umgeben, streckt
sich Jerusalem einsam über eine hügelige Hochfläche. Wie
in eine trostlose Gebirgswüste ist die Tochter Zion dahin-
geworfen. Keine Herde wandelt auf dem Rücken dieser
Berge, kein Wald noch Gebüsch begrünt diese Abhänge, kein
Wasser durchrieselt die durstigen Thäler. Und doch ist das
Gemüt beim Anblick dieser Stadt und Gegend von Rührung,
Dank und Anbetung im tiefsten ergriffen.
Die Kuppeln der Kirchen und Klöster, die Minarets
der Moscheen ragen empor über das Gewirre der gleich-
förmigen und unansehnlichen Häuser mit teils gewölbten,
teils platten Dächern. Aus dem Hügel Akra fallen die
Kuppeln der Kirche des heiligen Grabes in die Augen, weiter
zur Linken der lang gestreckte Rücken des Berges Zion.
In scharfen Umrissen zeichnet sich die Burg Davids am
Himmel ab und nahe dabei leuchtet eine kleine, anmutige
evangelische Kirche. Aus dem Thal Josaphat erhebt sich
der berühmte Hügel Moriah, auf dem einst Salamos
Tempel prangte, jetzt aber die Omars-Moschee mit ihrer
mächtigen Kuppel steht.
Unser erster Gang war durch die sogenannte Pilger-
straße nach der Kirche des heiligen Grabes, einem weit-
läufigen, vielfach zusammengesetzten Gebäude. Beim Eintritt
durch das schöne Doppelportal sieht man in der Vorhalle
auf einer kleinen Erhöhung die türkische Wache behaglich
auf Polstern sitzen, Kaffee trinken und aus langen Pfeifen
rauchen. Gradeaus füllt der Blick auf eine weiße, marmorne
Fußplatte, welche den Ort bezeichnen soll, wo der Leichnam
Christi gesalbet ward. Zur Rechten dieser Vorhalle erheben
sich die Kapellen, welche den Felsen von Golgatha um-
schließen. Der mittlere Teil der Kirche, das sogenannte
Chor der Griechen, ist der ansehnlichste und zugleich prächtigste
Raum. Drei Gitterthüren führen von da in die eigeut-
Lesebuch für die 5., 6. u. 7. Klasse der Volksschule I. p 32
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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576
115. Muhammed.
hebt er sich auf stolzem Roß, und man sah ihn herrlich
ragen vor den Edlen, vor dem Troß. Beide Arme, beide
Hände hält er hoch empor zum Schwur, ruft mit seiner
Eisenstimme, daß es durch die Reihen fuhr: „Gott der
Christen, Gott am Kreuze, Gott, den mein Gemahl
verehrt, so du bist ein Gott der Schlachten, der im Schrecken
niederfährt, hilf mir dieses Volk bezwingen, gib den Sieg
in meine Hand, daß der Franken Macht erkennen muß des
Rheins, des Neckars Strand! Sieh', so will ich an dich
glauben, Kirchen und Kapellen bau'n und die edlen Franken
lehren, keinem Gott als dir vertrau'n." — Sprach es, und
aus Wolken leuchtend brach der Sonne voller Strahl. Frischer
Mut belebt die Herzen, füllt des schwachen Häufleins Zahl.
Chlodwig selbst ergriff das Banner, trug es in der Feinde
Reih n, und die Franken, siegesmutig, stürzten jauchzend
hinterdrein. Schreck ergriff der Feinde Rotten. Feige wenden
sie und flieh'n. All ihr Kriegsruhm ist erloschen, ihre Macht
und Freiheit hin. König Chlodwig ließ sich taufen und sein
edles Volk zugleich, und ob allen deutschen Stämmen mächtig
ward der Franken Reich. — Wenn sie einst den Gott ver-
lassen, der bei Zülpich Sieg verlieh, ist den Alemannen
wieder Macht gegeben über sie. — (Simrock.)
115. Muhammed, f
Etwa 600 Jahre, nachdem Christus die Erde verlassen
hatte, trat im Morgenlande ein Mann aus, der sich für
einen Propheten Gottes ausgab und eine neue Religion
stiftete, zu der sich jetzt noch Millionen von Menschen be-
kennen. Muhammed ist sein Name. Er wurde in Arabien
geboren, einer Halbinsel im südwestlichen Asien. Seine Eltern
starben früh, und er wurde deshalb von seinem Oheime in
der Stadt Mekka erzogen. Schon von seinem dreizehnten
Jahre an machte er mit diesem in Kaufmannsgeschäften weite
Reisen, wobei er sich viele Kenntnisse erwarb und namentlich
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Extrahierte Personennamen: Muhammed Chlodwig Chlodwig Chlodwig Simrock Muhammed Christus Muhammed
103. Die Phönizier.
553
Schiffahrt und Seehandel zu Wohlstand und Reichtum,
während die Bewohner nnwirtbarer Meeresküsten als
Höhlenbewohner (Troglod yten) und Fischesser
ein armseliges Leben führten. Anfangs tauschte man nur
Ware gegen Ware (Tauschhandel), bis man später
ans den Gedanken kam, den edlen Metallen einen gewissen
Wert beizulegen und ausgeprägte Münzen zu einem künst-
lichen, bequemern Tauschmittel umzuschaffen. So sinden
wir denn schon nicht sehr lange nach der ersten Wanderung
der Völker die größten Verschiedenheiten der Beschäftigung
und der Sitte, von der Wildheit der Höhlenbewohner bis
zur Bildung zivilisierter Völker, welche unter verschiedenen
Versassnngsformen Staaten und Reiche gegründet haben.
(F. A. Nitzelnadel.)
103. Die Phönizier, f
Das älteste und berühmteste Handelsvolk im Alter-
tume waren die Phönizier. In dem ältesten uns erhal-
tenen Buche, dem ersten Buche Mosis, heisst Sidon, die
Hauptstadt der Phönizier, der erstgeborene Sohn Ka-
naans. „Kanaan“ nannten die Juden die ganze Küste
des Mittelmeers von Kleinasien bis Ägypten, und dies
hebräische Wort bedeutet „Land der Kaufleute“.
Das Ländchen war ein schmaler Küstenstrich, vom
Mittelmeer bespült; seine Breite betrug kaum 5 Meilen,
seine Länge 25 Meilen. Von dem übrigen Asien war
es durch das hohe Gebirge des Libanon und Antilibanon
geschieden. Der Boden war felsig und unfruchtbar und
gestattete weder Viehzucht noch Ackerbau. So sahen
sich die Phönizier hinausgedrängt auf das Meer, das ihre
eigentliche Heimat und nährende Mutter wurde und
ihnen vorläufig seinen .Reichtum an Fischen darbot.
Der Fischfang machte die Leute mit dem Meere
und dessen Gefahren bekannt. Da ihnen gegenüber die
grosse Insel Cypern lag, so zimmerten sie Schiffe und
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Extrahierte Personennamen: Sidon
Extrahierte Ortsnamen: Alter- Mosis Kleinasien Asien Cypern