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1. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 91

1906 - München : Oldenbourg
22. Kloster Ettal und der Pfaffenwinkel. 91 Schroffen des Wettersteines hinabsank, sind wir noch den Saumpfad herauf- gezogen, der sich fo steil den Ettaler Berg entlang windet, und noch zittert in uns jeue wundersam wohlige Stimmung nach, welche den Städter überkommt, wenn die bergfrische Einsamkeit ihm entgegengrüßt, wenn er neben sich den schäumenden Gießbach in seinem felsigen Gelände rauschen hört und zum ersten Male wieder nach langer Zeit würziger, moosdurchfeuchteter Waldgeruch die Brust schwellt. In der überfüllten Stube geht's gar lustig her; es ist ja heute Samstag und der Bauer, der die Woche über schweigend seiner einförmigen Arbeit nachgeht, liebt es am Feierabende der Rede freien, lauten Lauf zu lassen. Jetzt gerade hat der eifrige Disput seinen Höhepunkt erreicht, und wer von draußen den Lärm hört, der durch die niederen Fenster in die Dämmerung hallt, könnte wohl glauben, daß ein heller Streit im Anzuge sei. Da läutet man in der Klosterkirche drüben zum Abendsegen. Alsbald verstummt das Johleu, andächtig falten die Männer ihre wetterharten Hände und.das Flüstern der betenden Lippen zieht allein noch durch die regungslose Stille. Leise verklingen die letzten Glockentöne, die Anwesenden machen das Zeichen des Krenzes und mit einem behäbigen „Guten Abend" nimmt der Wirt die unterbrochene Unterhaltung wieder auf. In solchen Augenblicken erfährt es der Fremde, daß noch die uralten Gepflogenheiten streng kirchlicher Frömmigkeit im Volke sich erhalten haben. Auch die Straße, die er gegangen ist, hat ihn darüber belehren können. Am blühenden Rain und unter den weitschattenden Bäumen stehen die rohgezimmerten Wegkreuze mit dem Bilde des Erlösers; die sogenannten Marterln haben ihn mit schlichten Worten aufgefordert ein Vaterunser für jene zu beten, welche jählings hier aus dem Leben geschieden sind, und tritt er von der Straße ins Wirtshaus, so leuchteu ihm an der Türe die Anfangsbuchstaben der Namen der heiligen drei Könige, mit Kreide angeschrieben, entgegen, denen die Macht innewohnt die bösen Geister von der Schwelle zu bannen, während in der Stube zuerst sein Blick auf den geschnitzten Herrgott mit dem geweihten Palmzweiglein fällt, der zwischen den Fenstern seinen Platz gefunden hat. Denn mag auch die Zeit sich gewandelt haben, mag modernes Leben und städtische Anschauungsweise übermächtig in diese weltverlorenen Hochlandsdörfer gedrungen sein, etwas vom ehemaligen Klosteruntertanen steckt noch in jedem Bewohner des Ammergaues. Und geistliches Gebiet ist ja der Gau gewesen seit nrvordenklichen Zeiten. Das langgestreckte, von der grünen Ammer durchflossene Gebirgstal, das sich vom einsamen Plansee an Ettal vorüber bis zum Passiousdorse Oberammergau hinzieht, bildete einst einen Teil des Pfaffenwinkels, wie der Volksmund jene weitgedehnten Gebiete nannte, welche eine festgefügte Kette stattlicher Klöster gegen die Hochebene hin abschloß, und von denen es hieß, daß man vierzehn Tage darin herumreisen und alle Mittage und Abende auf

2. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 96

1906 - München : Oldenbourg
96 22. Kloster Ettal und der Pfaffenwinkel. schießen, Birschen, Beizen und Jagen üben durften, so waren sie nicht minder-geistlicher Zucht unterworfen. Jeglicher hatte die Pflicht bei der Frühmette und bei allen Tageszeiten des Chores in der Kirche zu erscheinen und fünfmal im Jahre „unsers Herrn Leichnamen" zu empfangen. Kein Glücksspiel war erlaubt, „weder Wurfzabel uoch kheiu ander Spiel umb Gelt". Trunkenheit und wüstes Leben waren höchlich verpönt, bei Tische herrschte lautlose Stille, die nur des Vorlesers Stimme unterbrach, der in deutscher Sprache etwas berichten mußte „daz gütlich sei". Die Kinder, welche auf der Hofstatt geboren wurden, durften nur 3 Jahre bei ihren Eltern weilen, „nit länger", dann mußten sie auswärts in Pflege kommen. Die Ritter verpflichteten sich in ihrer Kleidung keine anderen Farben zu tragen denn blau und grau, die Frauen nur blan. Also war des Stiftes Leben geordnet bis zum kleinsten herab. Welchen Idealen wollte der Kaiser in dieser eigenartigen Stiftung feste Gestaltung verleihen? War es wirklich seine Absicht in der einsamen Bergeswildnis einen Gralstempel erstehen zu lassen? Sicherlich lebte noch in Ludwigs Brust die Erinnerung fort an den „Parzival" des Dichters Wolfram von Eschenbach, der ja selbst ein Ritter aus Bayerland gewesen, wohl mag auch er, gleich seinen Zeitgenossen, dieses hohe Lied des Rittertums wertgehalten haben, dessen bestrickender mystischer Zauber uns modernen Menschen durch die Werke des tongewaltigen Meisters von Bayreuth, durch „Lohengrin" und „Parsival" wieder so nahe gerückt worden ist und dessen geistigen Mittelpunkt der Gral und der Berg der Erlösung Murtsalväsche1) bilden. Der Gral, jene wuudersame Schüssel, welche Christi Hand beim Abendmahle berührte, in der Joseph von Arimathüa das Blut des Erlösers aufgefangen und zu der alljährlich vom Himmel eine Taube herniederstieg um ihre Wunderkraft neu zu stärken, die hochragende Heilsburg Munsalväsche mit ihrem weithinleuchtenden Tempel, wo die Templeisen des heiligen Hortes warten, ein auserwählter Kreis von geistlichen Rittern, welche aller weltlichen Minne entsagt haben und denen in keuscher Gemeinschaft eine Schar von edlen Jungfrauen und von Priestern zugesellt ist. Unwillkürlich schweifen unsere Gedanken in *) „Man darf mit Sicherheit annehmen, daß der Gedanke ein ,Monsalwcitsch* zu gründen schon in der Jugendzeit des hochgemuten Kaisers entstand, als ihn die Kenntnisnahme von Parzival und der Gralsage begeistert hatte, daß aber die poetische Idee erst auf seinem Römerzuge zur Reife gedieh, als er unter vielen anderen Baptisterialbauten namentlich die glänzenden Bauschöpfungen der Ghibellinenstadt Pisa kennen lernte. Die näheren Umstände der Gründung sind legendarisch, geradezu rührend aber ist die Sage, wonach der gebannte Kaiser das marmorne Weihebild, wohl ein piionisches Werk, auf dem Sattelbogen durch Oberitalien und Tirol herausbrachte und auf dem langen Wege den Plan der zwölfeckigen Rotunde ersann. Er scheint sich demnach, wie fünf Jahrhunderte später Kronprinz Ludwig in Tilsit, auch in schwerbedrängter Zeit mit Fragen der Kunst beschäftigt zu haben." Franz V. Reber, „Die Anfänge der Kunstpflege des Wittelsbachischeu Hauses." 1901.

3. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 230

1906 - München : Oldenbourg
230 42. Charakterbild des Kurfürsten Maximilian I. Für seine Familie und Untertanen hatte er ein warmes Herz, doch war sein Gemütsleben entschieden weniger entwickelt als sein Verstand und weit öfter als Liebesbeweise bekommen die Untertanen seine Strenge und die drückenden Folgen seiner Politik zu spüren. Wo ein religiöser Grund wirksam war, konnte die Strenge sogar in grausame Härte ausarten. Als ein Jngolstädter Bürger von dem ordentlichen Gericht wegen Gotteslästerung zur Stadtverweisung verurteilt wurde, setzte er an Stelle dieser Strafe den Tod. Seine Religiosität hatte eine so ausgeprägt konfessionelle Färbung wie nur möglich. Darum hatten es Konvertiten, wie man an Wallenstein, Pappenheim n. a. gewahrt, immer leicht seine Gunst zu erwerben. Er verordnete, daß jeder seiner Untertanen einen Rosenkranz besitzen müsse; er hielt seine Beamten bei Geldstrafe zur Teilnahme an den wöchentlichen Prozessionen an; er selbst konnte sich in Prozessionen und Wallfahrten kaum genug tun. In seiner Verehrung der heiligen Jungfrau lag ein schwärmerischer Zug, der bei seinem nüchternen Wesen um so auffallender ist. In Altötting ließ er — „Peccatorum Coryphaeus“ — eine mit seinem Blute geschriebene Widmung an sie hinterlegen. Wichtige Aktionen verlegte er, wenn es anging, auf einen Marienfesttag, so den Aufbruch des Heeres gegen Donauwörth 1607 auf Mariä Empfängnis, seine Vereinigung mit Bucquoy 1620, den Einmarsch in die Oberpfalz 1621, seinen Einzug in Regensburg zu Ferdinands Iii. Königswahl aus Mariä Geburt. In der Schlacht auf dem Weißen Berge bestimmte er seinen Trnppen den Namen der heiligen Jungfrau als Feldgeschrei. Und während er den Bischöfen von Freising und Regensburg wegen der großen Zahl der bestehenden Feiertage die Einführung des Korbinians- und Wolfgangstages als Feiertage abschlug, bewog er 1638 den Episkopat seines Landes zu den zahlreichen Frauenfesttagen zwei weitere festzusetzen: Mariens Besuch und ihre Darbringung im Tempel. Täglich, sagt der Stifter der Mariensäule in der Instruktion für die Erziehung seines Erstgebornen, erfahre ich, daß nach Gott die Mutter des Erlösers unsere größte Beschützerin und Patronin ist. Er machte es seinem Sohne zur Pflicht außer einem Sonn- oder Feiertage jedes Monats auch an allen Marienfesttagen zur Beichte zu gehen. Er gab diesem Sohne, was gegen alle Gewohnheit war, neben dem Namen seines mütterlichen Großvaters auch den Namen Maria und bürgerte damit in Bayern die Sitte ein, daß dieser Vorname auch von Männern an zweiter Stelle geführt wird. In den Jesuiten bewunderte und verehrte er die Männer, die nach seiner Überzeugung dem Reiche Gottes auf Erden die besten Dienste leisteten, und ihre Mitwirkung bei den Aufgaben eines gottesfürchtigen Fürsten schien ihm unerläßlich. Darum scheute er keilte Opfer für sie, empfahl auch dem Nachfolger in seinem Testament sie gegen männiglich zu schützen, zu lieben, zu ehren und in besonderer Affektion zu halten, legte ihm ihre Kollegien zu München, Ingolstadt, Regensburg, Landsberg, ihre Niederlassung in Altötting

4. Geschichts-Cursus für die mittleren Klassen der Gymnasien und Realschulen - S. 90

1865 - Eisleben : Reichardt
90 Kaaba, nimmt sich seiner an. Handelsreisen. Wittwe Kadidscha. Neue Religion Islam, d. i. gläubige Erge- bung; die Anhänger Moslemin, d. i. Gläubige. „Es gibt nur Einen Gott, und Muhamed ist sein Prophetbo) Am 15. Juli 622 Flucht von Mecka nach Medina (Hedschra, mohamedanische Zeitrechnung«. 66lj Erobe- rung von Mecka, 63! Angriff gegen das byzantini- sche Reich, 632 Tod Muhameds, sein Grab in Medina. Der Koran, d. i. Schrift. Sekten der Schiiten (Aliten) und Snuiten. Die ersten Kalifen (d. i. Statthalter) waren A-bu Be kr (Schwiegervater des Propheten) und Omar. Die- ser eroberte Palästina, Syrien und Persien, wäh- rend sein Feldherr A m r u A e g y p t e n unterwarf, ä) Bald wurde auch Afrika's Nordküste erobert. 711 Tarik setzt nach Spanien über,,wo ein maurisches Reich gegründet wird. Gibraltar — Gebet al Tarik, d. i. Fels des Tarik. Der Westgothenkönig Roderich verliert die «L-chlacht bei Lerez de la Frontera, Mnsa vollendet die Erobe- rung Spaniens. Nur in den astliri scheu Gebirgen be- hauptet sich ein kleines westgothisches Reich. Lon hier ans kämpften die Christen fortwährend gegen die Mauren und entrissen ihnen eine Provinz nach der andern e); aber erst 1492 ging die letzte maurische Besitzung, Granada, an Ferdinand den Katholischen verloren. 732 Karl Martell schlägt die Araber bei Poitierö. Dagobert 1. beherrschte eine Zeit lang das ganze fränkische Reich, überließ aber die Regierung (622) dem Major dornus Pipin von Landen. Nach ihm theilte sich wieder das Reich in Austrasien, Neustrien und Burgund. Sein Enkel Pi Pin von Heristal ward (687) durch den Sieg bei Testri Major dornus über das ganze Reich. Dessen Sohn Karl Martell (d. i. Hammer) befestigte und erweiterte diese Herrschaft, nannte sich dux et prin- ceps Francorum und kämpfte glücklich gegen Friesen, Ale- inannen und Baiern. Als die Araber unter Abderrahman mit 400000 Mann von Spanien aus in Frankreich einsielen, schlug er sie iw c Moses und Jesus betrachtete M. als seine Vorgänger. d) Die angeblich auf Omars Befehl erfolgte Verbrennung der großen Bibliothek zu Alexandria beruht wahrscheinlich auf Sage. e) In diesen Kämpfen zeichnete sich im 11. Jahrhundert Don Rodrigo von Vivar (genannt der Cid) aus.

5. Lehrbuch der Alten Geschichte - S. 143

1897 - München : Oldenbourg
63. Das Syrische Reich unter den Seleuciden bis 63 v. Chr. 143 (vgl. 90, 2). Unter seinem zweiten Nachfolger Antiochus Iv. fiel auch Palstina wieder ab (167). Areiyeitskampf der Juden (167142). Unter der gyptischen und syrischen Herrschaft hatte die Hellenisimmg der Juden groe Fortschritte gemacht. Wie im brigen Orient, war in Palstina die griechische Sprache zur bevorzugten Schrift- und Verkehrssprache geworden. Selbst die Heiligen Bcher waren durch siebzig jdische Schriftgelehrte zu Alexandria ins Griechische bersetzt worden, so da zu ihrem Verstndnis die genauere Kenntnis des Hebrischen entbehrlich schien. Das alles hatte aber unter den Strengglubigen Besorgnis und Unwillen hervorgerufen. Als vollends Antiochus Iv. die Mische Religion ganz ausrotten wollte, emprten sich die Juden. Unter der .tapferen Fhrung des Judas Makkabus und seiner Briiber begannen sie gegen ihre Unterdrcker einen fnsundzwanzigjhrigen Freiheitskampf, durch welchen sie sich ihre Unabhngigkeit zurckeroberten. Seit 141 fhrten die Makkaber (nach ihrem Ahnherrn auch Asmoner geheien) in ihrem Lande die weltliche und oberpriesterliche Gewalt (bis 63). 3. Werfall und Untergang des Weiches (16763). Unter inneren und ueren Wirren aller Art bestand das Seleueidenreich, das seitdem auf das eigentliche Syrien beschrankt war, noch ein weiteres Jahrhundert. Zuletzt wurde es, wie die anderen Kleinstaaten Vorderasiens, eine Beute der obsiegenden Rmer unter Pompejus (vgl. 99,5). Auch Palstina kam damals unter rmische Oberherrschaft. Mmerherrschaft itt Zkatstina (seit 63). Wie eben vorher in Syrien, so veranlagten auch in Palstina innere Parteizwiste und Thronstreitigkeiten die Einmischung der Rmer. Pompejus, um seine Entscheidung angerufen, kam von Syrien aus nach Jerusalem und machte das Land tributpflichtig. Man lie zwar den Juden noch einen Schein von Selbstndigkeit unter eigenen Knigen, doch wurden diese gewhnlich von Rom aus ernannt oder gehalten. Der verrufenste derselben ist Herodes I., auch der Groe geheien, ein grausamer und rachschtiger* Fürst, in dessen letzte Regierungsjahre die Geburt Christi fllt. Die folgenden Könige wurden rmischen Prokuratoren (oder Landpflegern) untergeordnet, welche als Unterbeamte der Statthalter von Syrien im Namen des Kaisers die hchsten Befugnisse ausbten. 64. Das gyptische Keich unter den ptolemiiern 32330 v. Chr. 1. Die drei ersten ^totemex (323221). Pwlemus I., Sohn des Sagos und einer der Feldherren Alexanders, regierte seit 323 als Statthalter und> seit 306 als König von gypten. Fast unangefochten hatte er seine durch natrliche Grenzen geschtzte Satrapie behauptet und vererbte nach vierzigjhriger Regierung das 'Knigreich als unbestrittenes Besitztum auf seine Nachkommen. Er sowohl wie auch seine zwei nchsten Thronfolger, Pwlemus Ii. und Ptolemns Iii., fhrten eine glanzvolle und glckliche Regierung. Durch Begnstigung der geistigen und knstlerischen Bestrebungen machten sie ihre Hauptstadt Alexandria zum neuen Vorort des Griechentums

6. Lesebuch für die 5., 6. und 7. Klasse der Volksschule - S. 223

1895 - München : Oldenbourg
156. August Hermann Francke. 223 ganzen verderbten Umgebung hinwegnchmen und ihr junges Leben in eine strenge und thätige Ordnung bringen. Aber wie sollte man dazu die Mittel sinden? „Bei Gott ist kein Ding unmöglich." — Schon stand der Gedanke fest in Franckes Seele, zur Errettung dieser verlassenen Kinder ein großes Waisenhaus zu erbauen. Silber und Gold hatte er nicht, aber er hatte, was mehr ist, einen un- erschütterlichen Glauben an den, der auch der Witwen und Waisen Vater sein will. Vor einem Thore in Halle steht jetzt ein hohes Ge- bäude, das über seinem Eingänge die Inschrift trägt: „Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft re." Dieser Eingang führt durch das Vordergebäude in einen sehr langen Hof, in eine wahre Straße, auf deren beiden Seiten hohe Häuser stehen. Hier erblickt man ein Waisenhaus für arme Kinder, eine Erziehungsanstalt für Kinder aus höheren Ständen, eine lateinische und eine Realschule, Bürgerschulen, eine Buchdruckerei, eine große Buchhandlung, eine Apotheke, viele Wirtschaftsgebäude und Gärten. Und am Ende der Straße steht Franckes Standbild; in Priesterkleidung segnet er zwei Waisenkinder. Ja, das alles ist entstanden aus Franckes gesegneter Arbeit. In seiner Wohnung hing eine Armenbüchse. Einst legte eine fromme Frau 7 Gulden (12 Mark) auf einmal hinein. „Das ist ein ehrlich Kapital," sprach Francke, „davon muß man was Rechtes stiften; ich will eine Armenschule damit ansangen." Und diese Armen- schule war der Grundstein zu den großen Franckeschen Stiftungen in Halle. Wie war aber solch großes Werk dem armen Pfarrer möglich? Nun, der Herr half ja mit- bauen, indem er die Herzen seiner Gläubigen rührte, daß sie reiche Gaben zum frommen Werke spendeten. Francke sagt selbst: „Zum Baue des Waisenhauses mußte ich von Woche zu Woche von der guten Hand Gottes erwarten, was sie darreichen würde." Einmal war äußerster Geld- mangel. „Da ich bei schönem Wetter ausgegangen war,"

7. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 21

1914 - München : Oldenbourg
— 2\ — So verlangt es die Klosterregel. Am Kloftereingang ziehen wir die Schelle. Bruder Pförtner öffnet uns. In der Küche nebenan herrscht größte Einfachheit. Zwei Mönche bereiten fiabermus. In Körben liegen Brotlaibe und Apfel. An Festtagen gibt es gebackene Fische. Kranke erhalten auch Fleisch. In der S ch u l e sitzen an den Werktagen vor zwei großen Tischen Jünglinge und Knaben. Letztere ritzen auf Wachstafelchen mit einem spitzen (Eisengriffel Buchstaben ein. Bessere Schüler schreiben auf Pergament. Den Zöglingen erklärt der lehrende Mönch fremde Sprachen. Man rechnet, liest und fingt. Die dhoralmessen werden auswendig gelernt, denn Bücher fehlen. Nur der Lehrer hat ein Buch; dieses ist geschrieben. Die Zucht ist sehr streng. Die Schule bildet die einzige Bildungsanstalt der Gegend. Der Lehrer nimmt im Kloster den dritten Hang ein (Abt, Prior, Lehrer). In den Werksälen arbeiten die handwerkskundigen Mönche. Da sehen wir den Schreiner, der zugleich Wagner ist, den Schuhmacher, der auch Gerber- und Sattlerarbeiten fertigt, den Weber, der Flachs und wolle selber spinnt. Nebenan finden wir den Maler, den Bildschnitzer und den Goldarbeiter tätig. Dem Abte stehen drei Zimmer zur Verfügung: (Empfangs-, Studier-und Schlafzimmer. Im Kapitelsaal versammeln sich täglich einmal alle Mönche. Sie sitzen auf den Bänken, die ringsum an den wänden angebracht sind. Jetzt tritt der Abt ein. Die Brüder erheben sich und verneigen sich tief vor ihrem Oberhaupte. Der Abt beginnt ein Gebet, in das die Mönche einfallen. Dann wird ein Abschnitt aus der Ordensregel des Hl. Benedikt vorgelesen und erklärt. hierauf folgen Angelegenheiten des täglichen Klosterlebens. Abt: „Pater prior, haben von gestern bis heute alle Brüder die Ordnung und Hegeln des hl. Benedikt befolgt?" Prior: „Ja, mit Gottes £?ilfe." Abt: „Bruder Kämmerer, sind alle Kleider im Kloster in Ordnung?" Kämmerer: „Das Ordenskleid des Bruders Anton ist zu alt geworden, wir brauchen 50 (Ellen wollenes Tuch von dem, das unsere Brüder in Mainz herstellen." Abt: „Bruder Iutilo, du kennst den weg dorthin; nimm mit die Brüder Justus und Gallus zum Schutze. In Hothenbuch weilst du ^ Tage und bist dort Diener des ßerrn. In Mainz erbittest du dir Tuch und gibst eine Urkunde ab. Morgen um die neunte Stunde erscheine im Wandelgange und erbitte dir den Benediktussegen für die gefährliche Heise!" Nun fragt der Abt den pater Kellermeister nach den weinen, den Scholastikus nach den Schülern. Jeder erhält einen Hatschlag. Jetzt fragt der Abt: „wer hat sich einer Sünde anzuklagen?" Bruder Sturmus, der Steinhauer, tritt heran, wirft sich auf die Knie und

8. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 40

1914 - München : Oldenbourg
— 40 — 3. Raubritter. V 3n der zweiten Hälfte des *3. Jahrhunderts herrschten im Deutschen Reiche Willkür und rohe Gewalt. Die lange kaiserlose Zeit war schuld daran. Der verwilderte Adel schaltete und waltete mit den wehrlosen Bürgern und Kaufleuten nach Belieben; aber auch die reichen Klöster hatten viel unter den Gewalttätigkeiten ihrer sogenannten „Schutzherren" zu leiden. Graf Ludwig von Rieneck saß auf Schloß Rothenfels am Main. Er hatte es besonders auf die benachbarte Abtei Neustadt abgesehen. „Als er zwei Pferde haben wollte, die man ihm wegen verschiedener Klosterarbeiten nicht ablassen konnte, fiel er über das Kloster her mit seinen bewaffneten Reisigen und Knappen. Lr sprengte alle Schlösser am Lhor und an der Sakristei der Kirche und beraubte das Heiligtum des Kirchen* ornates, der Kirchenbücher und der Kaiserprivilegien; er ließ das alles auf seine Zwingburg schaffen. Dann drang er in die Werkstätten des Klosters; aus dem Keller raubte er allen weinvorrat, aus dem Speicher alles Getreide. Seine Leute mißhandelten die Herren und Brüder des Klosters, daß Blut floß, warfen sie wie Diebe und Räuber aus dem Münster und nahmen das ganze Kloster mit allen Zellen und Räumlichkeiten für ihr Raubgesindel in Besitz. Den Kustos und den Diakon des Klosters schlugen sie blutrünstig. Aus dem Münster- und Klosterbau nahmen sie die Kelche, aus den Ställen Pferde und großes und kleines Vieh. Aus der Kammer des Abtes raubten sie die Bücher, Betten, Kleider, Tischgefäße und Tischtücher, aus erbrochenen Kisten acht pfund Heller. Alle Rechte der Höfe, alle klösterlichen Fischweiden und Gerichte nahmen sie an sich und bedrückten die Klosterleute mit neuen Abqaben. Die Jagd nahmen sie für sich in Anspruch. Im Herbst sind sie mit bewaffneter Hand in die Klosterweinberge mit Bauern und Reisigen eingefallen und haben die Weinstöcke mit den Trauben von der Wurzel herausgerissen; gegen zehn Fuder wein gingen dadurch verloren. Auf dem Hofe zu Steinfeld raubten sie dem Kloster sechs pferde. Den Landfrieden haben sie gegen die Abtei nie gehalten. Den ganzen, durch die Grafen von Rieneck, ihre Reisigen und Knappen dem Kloster zugefügten Schaden veranschlagen die Geschworenen auf ^oo Mark Silber." — So hausten die Grafen von Rieneck, die man keineswegs zu den Strauchrittern der schlimmsten Art zählen darf. 2. Das Stift wiirzburg war von den Besitzern des Schlosses poppert-hausen bisher vielfältig beschädigt worden und die Feinde des Stiftes hatten daselbst einen sichern Hinterhalt, aus welchem sie von Zeit zu Zeit

9. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 20

1914 - München : Oldenbourg
— 20 — An das Kirchlein bauten die Mönche hölzerne Zellen, worin sie armselig wohnten. Kirchlein und wohnplatz umfriedeten sie mit einem starken Zaune aus Pfählen. hieraus entwässerten sie den sumpfigen Loden, rodeten wald-bämrte und Hecken aus und schufen sich so Ackerland, das sie mit dem schon seither um das Jagdschloß gelegenen Bauerngut vereinigten. Sie bauten Getreide, hielten Dieh, Schweine und Hühner, auch Schafe. Am Main legten die fleißigen Mönche Gruben an für die Fischzucht. 3hr Garten trug Gemüse, Rettiche und Blumen, Neben wilden Obst-bäumen besaß man schon veredelte. Die umwohnenden Leute kamen herbei, halfen mit, bekamen Lohn und lernten etwas. Burkardus wurde Bischof zu Würzburg. Sein Nachfolger zu Rorlach war Megingaud, der dem Hl. Burkard auch auf dem bischöflichen Stuhle nachfolgte. Die fleißigen Mönche wurden unter feiner Leitung sehr geschickt im Bauen und begannen ein steinernes Gotteshaus kunstvoll aufzurichten. Diese schöne Kirche wurde 78^ in Gegenwart Karls des Großen und der Bischöfe Willibald von (Eichstätt und Lullus von Mainz feierlich eingeweiht Zwei Jahre später machte König Karl dem Kloster eine große Schenkung zur (Ernährung der Armen und zum Unterhalt der Mönche, indem er ihm einen (Teil des Spessartwaldes in einer Länge von gut drei und einer Breite von zwei Stunden verlieh. In diesem Gebiete lagen das Königsgut Michelrieth, das Dorf Altfeld, wiesen, weiden, tierreiche Waldungen; es wurde durchflossen von fischreichen Bächen (Hafenlohr, Haslochsbach). Don da an wurde das Kloster Neustadt geheißen. 3 n der Abtei ums 3 a f?r looo. Man feiert heute, am 2\. März, das Hauptfest des Ordens: den Tag des hl. Benedikt. Mit Frühlingsblumen und Kränzen ist das Gotteshaus geschmückt. Auf den Altarstufen liegen schwere Teppiche, gewebt und geschenkt von den frommen Klosterfrauen zu Aschaffenburg. Der Bruder Heiligenmeister hat viele Kerzen angezündet, die er aus Bienenwachs herstellte. Die Glocken läuten. (Ein Zug Mönche schreitet ernst den Gang des Mittelschiffes herauf zum Hochaltar, wo sie sich nach tiefer Kniebeugung rechts und links in Reihen aufstellen. Der Abt mit dem Abtsstabe in der Hand bleibt in der Mitte vor dem Altare stehen und stimmt einen Hymnus an. Die Mönche fingen weiter. Dann predigt ein Pater von den Verdiensten des Drdens-ftifters. während des Hochamtes singen die Mönche im Wechsel lateinische Lieder. Nach dem Gottesdienste erhalten die Leute aus der Umgegend im Kloster gutes Essen und einige Kannen wein oder Bier. wir besuchen jetzt das eigentliche Kloster. Frauenleute dürfen es nicht betreten, nicht einmal die nächsten weiblichen Verwandten der Mönche.

10. Bilder aus Frankens Vergangenheit - S. 22

1914 - München : Oldenbourg
— 22 — bekennt laut: „Beim Beben eines Steines tat ich mir wehe, und ich wurde zornig. Ich bitte um Buße." Darauf spricht der Abt: „Um der Sanftmut Jesu willen stehst du zur Abbüßung deiner Sünde nach reumütiger Beichte q. Tage während des Gottesdienstes vor der Kirchentür." Sturmus: „Deo gratias." Per Abt erhebt sich, durchschreitet die Reihe der sich verneigenden Mönche und entfernt sich. Still folgen die Mönche. Der Saal ist leer. — 3m zweiten Stockwerke des Klosters befinden sich die Zellen. Darin liegt auf einer hölzernen Unterlage ein Strohsack mit Strohpolster, kein Bett. (Ein Stuhl, ein Kreuz und ein Weihwassergefäß vollenden die armselige (Einrichtung. Abends geht der Prior von Zelle zu Zelle und überzeugt sich von der Anwesenheit der Mönche. Der Speisesaal ist schön ausgemalt. Bell gelegen ist die Schreibstube. An massigen Pulten sitzen die Schreiber über ihrer mühevollen Arbeit. Im Büchersaale stehen kostbare Handschriften. Zu der Bibliothek hat der hochgebildete erste Abt den Grundstock geleat. Nachdem wir die Klosterräume durchwandert haben, führt uns der Prior zu den äußeren Klostergebäuden. Da steht zuerst das Herrenhaus für fremde Besucher, in dem schon hohe Gäste, Fürsten, Bischöfe, Abte, (Einkehr hielten. Dann kommen wir an den weitläufigen ©fonomiehof; rückwärts finden wir Bräuhaus, Mühle und Bäckerei. Nicht weit von der Kirche erhebt sich das Armen- spital. Htngs um das Kloster breiten sich die Acker aus, auf denen Mönche und Klosterbauern rüstig die Feldarbeiten verrichten. Arme Leute der Umgegend schaffen hier für Lohn, gutes Essen und zum Dank für Hilfe in allen Nöten. Befriedigt verlassen wir die Kulturstätte Neustadt, die ein Segen ist für die ganze Gegend. 5, Karl der Große im Jtankenlanbc. Der größte Herrscher des Frankenreiches weilte wiederholt auf feiner königlichen Pfalz an der Saale. Die Heise wurde zu Schiffe ausgeführt. 3m weiten Salzforste mag dann Karl der Große dem edlen Weidwerk gehuldigt haben, um sich zu erholen von den Mühen und Beschwerden der Reichsgeschäfte. §u Pferde geht’s hinaus, unter Hussaruf und Hundegebell über Stock und Stein, dem aufgescheuchten Eber auf der Fährte. Endlich kehrt sich das gehetzte Tier gegen die verfolgenden Hunde, die erschrocken zurückweichen. Der 3agdspieß des Königs fällt das schwarzborstige wild. Hat man der Lust und Beute genug, dann kehrt man zurück zum Königshofe. Dort wartet der 3ägcr ein gastliches Mahl.
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