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1. Leitfaden zum methodischen Unterricht in der Geographie - S. 30

1836 - Eisleben : Reichardt
30 Erstes Kapitel. verarbeitende und handelnde Gewerbsklasse. Die erste begreift alle diejenigen Menschen in sich, die sich mit der Gewinnung der Naturprodukte beschäftigen; die zweite diejenigen, welche aus den Naturprodukten Kun st, Produkte machen, d. h. solche Erzeugnisse, welche die Hand des Menschen vermittelst der Verarbeitung der roden Naturprodukte hervorbringt. Anstalten, worin dies, unter der Leitung eines Unternehmers, ins Große ge- schieht, und wo die einzeln Arbeiter einander in die Hände arbeiten, heißen Fabriken oder Manufak- turen, und die dadurch hervorgebrachten Gegenstände Fabrikate, und Städte, deren Einwohner sich vor- züglich damit beschäftigen , heißen Fabrikstädte. Die handelnde Gewerbsklasse endlich nährt sich vom Kauf und Verkaufe derjenigen Erzeugnisse, welche Gegen- stände des Handels oder Waaren sind. Verschiedenheit der Menschen in der Religion und Regierungeverfassung. §. 49. Zn Rücksicht der Religion (Vereh- rung eines höchsten Wesens) theilen sich die Menschen in Verehrer Eines Gottes, wozu die Christen, Ju- den und Múdame dan er gehören, und in Anbeter von mehrern Göttern, Heiden, davon ein Theil Men- schen, ein Theil Kunst- und Naturprodukte, ein Theil die Gestirne oder das Feuer als Gottheiten anbetet. Die Christen theilen sich wieder in Katholiken, Evangelische oder Protestanten, wozu die Lutheraner und Neformir- ten gehören, und in Griechische Christen. Zn Hinsicht der Regierungs-Verfassung findet wie, der eine große Verschiedenheit unter den Menschen Statt, indem sie entweder in gewissen Gesellschaften ohne Ge- setze und ohne eine bestimmte Regierungs - Verfassung, wobei bloß die Familienväter die Oberhäupter derselben bilden — oder in einer bestimmten Regierungs »Verfas- sung leben, die entweder despotisch, wo Einer über Alle herscht und nach Willkühr, ohne an Gesetze ge- bunden zu seyn, über das Leben, Eigenthum und Frei- heit der Menschen verfügt — oder monar chisch, wo zwar auch Einer über Alle, jedoch nach gewissen Ge- setzen regiert — oder republikanisch ist, wo die

2. Leitfaden zum methodischen Unterricht in der Geographie - S. 206

1836 - Eisleben : Reichardt
206 Iii. Westasien. Arabien. Produkte sind vorzüglich: die edelsten Pferde, fett, schwänzige Schafe, Kameele (das unentbehrlichste Haus, thier), viele Raublhrere (worunter Hyänen, Löwen, Panther), Fische, deren Fang für die Küstenbewohner wichtig ist, Zugheuschrecken, die hier gegessen werden, Perlenmuscheln, Kaffee von der besten Sorte, Datteln, ein Hauptnahrungsmittel der Einwohner, da nicht viel Getreide gezogen wird, Manna, Senesblatter, Süd- früchte, Balsam, Baumwolle, Salz. Metalle sind vorhanden, es wird aber wenig darauf gebaut. Die Einwohner, 10 bis 12 Millionen an der Zahl, sind meistens Araber, welche eine eigene in Asien weit verbreitete Sprache reden, und sich in viele Stäm- me theilen. Ein Theil der Araber lebt ansässig, ein Theil nomadisch, jene heißen Fellahs, diese Beduinen. Ackerbau und Industrie sind unbedeutend, wichtiger die Viehzucht und der Kaffeebau. Der Handel ist bedeutend, aber größtentheils in den Händen der Banianen (Indi, schen Kaufleute). Die Einwohner bekennen sich zur Muhamedanischen Religion; doch hat ein Theil sich von derselben getrennt, und erkennt die göttliche Sen- dung Muhameds nicht an, welche Parthei sehr zahl- reich ist und den Namen der Wahabiten oder Wechabi, ren führt. Außer den in patriarchalischer Unabhängig- keit lebenden Nomaden-Stämmen, giebt es verschiedene Staaten, besonders in den Küstenländern, unter eige, neu Fürsten, auch steht jetzt ein Theil Arabiens, vor- züglich die Küste längs des rothen Meeres, unter der Herrschaft des Pascha von Aegypten. Mekka, heilige Stadt der Muhamedaner, südwestlich von Wassora, östlich vom rothen Meere, in einer unfruchtbaren Ge- gend, ist der Geburtsort des Muhamcd und enthalt die heilige Kaaba oder das Gotteshaus, welches von Abraham erbaut seyn soll, daher Mekka von vielen Pilgrimmen besucht wird, indem §eder Muhamedaner verpflichtet ist, wenigstens einmal in seinem Leben hierher zu wallfahrten. — Medina, heilige Stadt der Muhamedaner, nordwestlich von Mekka, mit dem Grabe Muha- rncds, und daher aucb ein besuchter Wallfahrtsort. — Mas tä- te, Hauptstadt des Imam von Maskatc, eines der mächtigsten Arabischen Fürsten, südöstlich von Basra, am Arabischen Meere, ist ein wichtiger Sechandelsplatz und hat einen Hafen. — Die südöstlich von Maskate, unweit des Afrikanischen Vorgebirges Gardafui gelegene und daher richtiger zu Afrika gerechnete In- sel Socotorah, gehört auch dem Imam von Maskate, ist aber jetzt von den Britten besetzt.

3. Geschichts-Cursus für die mittleren Klassen der Gymnasien und Realschulen - S. 17

1865 - Eisleben : Reichardt
17 4. Das jüdische Volk.*)' 2000 Abraham, Stammvater des Volkes. (1625) Moses führt die Kinder Israels aus Aegypten und giebt ihnen am Sinai das göttliche Ge- setz. Vierzigjähriges Hernmziehen in der Wüste. (>585) Die Kinder Israel ziehen in Palästina ein. Josua. (1585—1096) Richter über Israel. Theokratie. Gideon, Jephta, Simson, Samuel. — Kämpfe. 1096—1056 Daul, erster König. 1056 — 1016 David. Hauptstadt Jerusalem. Größte Ausdehnung des Reiches: Vom rothen Meer (Ezeon Geber) bis über Damascns hinaus. Bündniß mit - Hiram, König von Tyrns. 1016—976 Salomo. Tempelbau. Beginnender Verfall. Damascns fällt ab. 976 Theilung des Reiches. Reich Juda unter Rehabeam, Reich Israel unter Je- robeam, Hauptstadt Samaria. 721 Zerstörung des Reiches Israel durch Salmanas- ■ sar. (L. K. Hosea.) 587 Zerstörung des Reiches Juda durch Rebucadne- za r. (L. K. Zedekia.) 538 Cyrus ertheilt den Juden die Erlanbniß zur Rückkehr. Durch Cyrus kamen die Juden statt der babyloni- schen unter persische Herrschaft. Dann gehörten sie zum Reich Alexanders des Großen, kamen hierauf unter ägyptische und dann unter syrische Herrschaft. Religiöser Druck unter Antiochüs Epiphanes. 167 Die Juden befreien sich unter Anführung der Maccabäer von der syrischen Herrschaft. Ueber 100 Jahre blieben sie frei, bis sie in Abhängigkeit von Rom kamen. *) Wir geben hier nur die nothwendigsten Data, da das Speciellere aus der biblischen Geschichte hinreichend bekannt ist. 2

4. Geschichts-Cursus für die mittleren Klassen der Gymnasien und Realschulen - S. 71

1865 - Eisleben : Reichardt
71 -- Der vor Jerusalem von Vespasian zurückgelassene Sohn Titus vollendet 70 Die Eroberung Jerusalems x) In der Stadt selbst wilde Parteiungen und schreckliche Hrmgersnoth. Endlich Erstürmung der Stadt, der Tem- pel verbrannt. Ueber eine Million Juden waren in die-- sem Kriege umgekommen, viele Tausende gefangen, y) Be- ginnende Zerstreuung des jüdischen Volkes über die ganze Erde. 79 81 Titus- Die Liebe und Wonne des Menschengeschlechts. B Doch große Unglücksfälle: Feuersbrunst und Pest in Rom. 79 Herculanum und Pompeji durch einen Ausbruch des Vesuv verschüttet. 171 l fand man beim Graben eines Brunnens die ersten Spuren von Herculanum; jetzt steht der Flecken Por» tici darüber. Die Ausgrabungen von Pompejisehr wichtig für genaue Kenntniß des Alterthums. (Herrliche Wandmalereien.) 81—96 Domitianus Zwar des Titus Bruder, doch von grausamem Charakter. Er schließt einen schimpflichen Frieden mit Decebalus, dem Könige von Dacien, a) triumphirt aber doch. Läßt sich als Gott verehren.b> Zweite große Chri- stenverfolgung; der Apostel Johannes nach Patmos verbannt. Auf Anstiften seiner von ihm bedrohten Gemahlin wird Domitian vom Anführer der Leibwache ermordet. 96—98 Nerva Schon bejahrter Senator, wird durch die Verschworenen Kaiser, regiert mild, adoptirt den Spanier M. Ul Pius Trajanus, stirbt schon nach 16 Monaten. 98—117 Trajanus. Ein guter Kaiser.«) Macht Dacien, Armenien und Mesopotamien zu römischen Provinzen, stirbt nach glücklichem Kriege gegen die Parther in Cilicien. Er er- baute das prächtige forum Trajani. Die Trajanssäule (109 Fuß hoch) noch vorhanden. x) Zum Andenken daran der noch wohlerhaltene Triumphbogen des Titus errichtet. y) Darunter der in einer Höhle gefangene jüdische Geschichtsschreiber Josephus. z) Sein berühmtes „Diem perdidi! "pflegte er wann auszurufen? a) Oestl. Ungarn, Siebenbürgen, Moldau und Wallachei. d) „Unser Herr und Gott befiehlt." c) „Herrsche glücklicher, als Augustus, und besser, als Trajanus."

5. Geschichts-Cursus für die mittleren Klassen der Gymnasien und Realschulen - S. 90

1865 - Eisleben : Reichardt
90 Kaaba, nimmt sich seiner an. Handelsreisen. Wittwe Kadidscha. Neue Religion Islam, d. i. gläubige Erge- bung; die Anhänger Moslemin, d. i. Gläubige. „Es gibt nur Einen Gott, und Muhamed ist sein Prophetbo) Am 15. Juli 622 Flucht von Mecka nach Medina (Hedschra, mohamedanische Zeitrechnung«. 66lj Erobe- rung von Mecka, 63! Angriff gegen das byzantini- sche Reich, 632 Tod Muhameds, sein Grab in Medina. Der Koran, d. i. Schrift. Sekten der Schiiten (Aliten) und Snuiten. Die ersten Kalifen (d. i. Statthalter) waren A-bu Be kr (Schwiegervater des Propheten) und Omar. Die- ser eroberte Palästina, Syrien und Persien, wäh- rend sein Feldherr A m r u A e g y p t e n unterwarf, ä) Bald wurde auch Afrika's Nordküste erobert. 711 Tarik setzt nach Spanien über,,wo ein maurisches Reich gegründet wird. Gibraltar — Gebet al Tarik, d. i. Fels des Tarik. Der Westgothenkönig Roderich verliert die «L-chlacht bei Lerez de la Frontera, Mnsa vollendet die Erobe- rung Spaniens. Nur in den astliri scheu Gebirgen be- hauptet sich ein kleines westgothisches Reich. Lon hier ans kämpften die Christen fortwährend gegen die Mauren und entrissen ihnen eine Provinz nach der andern e); aber erst 1492 ging die letzte maurische Besitzung, Granada, an Ferdinand den Katholischen verloren. 732 Karl Martell schlägt die Araber bei Poitierö. Dagobert 1. beherrschte eine Zeit lang das ganze fränkische Reich, überließ aber die Regierung (622) dem Major dornus Pipin von Landen. Nach ihm theilte sich wieder das Reich in Austrasien, Neustrien und Burgund. Sein Enkel Pi Pin von Heristal ward (687) durch den Sieg bei Testri Major dornus über das ganze Reich. Dessen Sohn Karl Martell (d. i. Hammer) befestigte und erweiterte diese Herrschaft, nannte sich dux et prin- ceps Francorum und kämpfte glücklich gegen Friesen, Ale- inannen und Baiern. Als die Araber unter Abderrahman mit 400000 Mann von Spanien aus in Frankreich einsielen, schlug er sie iw c Moses und Jesus betrachtete M. als seine Vorgänger. d) Die angeblich auf Omars Befehl erfolgte Verbrennung der großen Bibliothek zu Alexandria beruht wahrscheinlich auf Sage. e) In diesen Kämpfen zeichnete sich im 11. Jahrhundert Don Rodrigo von Vivar (genannt der Cid) aus.

6. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 400

1859 - Lübeck : Rohden
400 Xxi. §. 5. Kreuzzug wider die Wenden. senherzögen eingesetzten Markgrafen im Wendenland und die Erz- bischöfe von Magdeburg hatten nun fast hundert Jahre hindurch zu- gesehen, wie alle christlichen Stiftungen im Wenden lande zwischen Elbe und Oder immer auf's Neue wieder von den empörten Heiden vernichtet wurden, also daß auf dem rechten Elbufer nur gar wenig Christen zu finden waren. Als nun Bernhard von Clairvaux im Namen des Papstes Eugen die Deutschen zur Kreuzfahrt nach Jerusalem aufforderte, antworteten mehrere norddeutsche Fürsten ganz verständig: sie hätten Heiden genug in der Nähe zu bekämpfen und brauchten deshalb nicht erst nach Asten zu ziehen. Dem frommen Bernhard war solche Antwort höchst befremdend. Er hatte gar nicht geglaubt, daß an den Grenzen, ja eigentlich im Schooße des deutschen Reichs die Heiden seit Jahrhunderten von den christlichen Fürsten in Ruhe gelassen wurden. Er strafte die Fürsten hart ob solcher Säumigkeit und betrieb jetzt selbst die Unternehmung eines Kreuzzuges gegen die heidnischen Wenden mit größtem Eifer. Die- selben Gnaden und Segnungen wie den Kreuzfahrern gegen Jeru- salem sollten denen zu Theil werden, die das wendische Kreuz näh- men (1147). Es war ihrer eine ziemlich bedeutende Zahl, an der Spitze der Herzog von Sachsen Heinrich der Löwe und dessen Schwiegervater Herzog Konrad von Zähringen (dessen Besitzungen im Elsaß, Baden, Schweiz und Burgund zu suchen sind). An 100,000 Streiter zogen mit ihnen. Sie theilten sich in zwei Haufen. Der eine wandte sich gegen Niclot, den Obotritenfürst, dessen Reich an dem Ufer der Ostsee entlang etwa von Lübeck bis nach Stralsund reichte. Der andere zog von Magdeburg aus gegen die untere Oder. Große Kriegsthaten sind freilich nicht geschehen; aber der Hauptzweck des Zuges wurde erreicht. Der Schrecken über solch ein gewaltiges, von kirchlichem Eifer erfülltes Heer war unter den Wen- den so groß und wirkte so nachhaltig, daß überall das Christenthum ohne Widerstreben zugelassen wurde. Ueberall wurden Kirchen und Klöster, Domstister und Schulen neu gegründet oder wiederhergestellt; Priester und christliche Ansiedler aus Deutschland kamen in's Land; der Herzog von Sachsen und seine Grafen konnten ungestört und mit fester Hand die christliche Herrschaft führen, und wenn auch lang- sam, so ging doch Schritt vor Schritt das bisher so widerspenstige, rohe, abgöttische Volk einer völligen Umwandlung entgegen. Der letzte heidnische Tempel, der umgestürzt wurde, war der Tempel des Svan tev i t auf der Nordspitze Deutschlands, zu Arcona auf Rügen; er wurde 1169 von den Dänen zerstört.

7. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 405

1859 - Lübeck : Rohden
Xxl §. 7. Das Königreich Jerusalem und der dritte Kreuzzug. 403 das Gepränge, nicht die Tapferkeit und Gewalt ist es, welche das Reich Gottes bringt, sondern die Umwandlung des Sinnes. Im Königreich Jerusalem, wie hätte es auch anders sein sollen? war nichts Anderes zu sehen, als die Wiederholung und Fortsetzung ganz desselben sündlichen Lebens und Wesens, was in der abendländischen Christenheit vor Augen lag. Ja, es war dort noch viel schlimmer. Das südliche Klima, die asiatische Weichlichkeit und Genußsucht hatte schnell auf die roheren und kräftigen Söhne des Nordens entnervend und entsittlichend eingewirkt. Das heilige Land war ein Tummel- platz der gemeinsten fleischlichen Lüfte geworden. Auf dem neuerrich- teten stolzen Kirchenthron des Patriarchen von Jerusalem, bald auch auf dem königlichen Stuhle der Hcrrscherfamilie, in Jerusalem wie in Edeffa, Tyrus, Tripolis und Antiochien hatten Lasterhaftigkeit, Lüge, Niederträchtigkeit aller Art ihren weithin sichtbaren Sitz aufge- schlagen. Ueppige Wollust, schlaffe Trägheit, schändlicher Geiz, unbändige Herrschsucht, das sind die Züge, welche die ganze dama- lige Einwohnerschaft des heiligen Landes zur Schau trug. Selbst ein christlicher Zeitgenosse schildert sie als Ungeheuer von Lastern, deren Verworfenheit Niemand in ihrer ganzen Nacktheit für möglich halten würde. Diesem verfaulten Christenstaat gegenüber hatte der Herr eben jetzt einige der edelsten Erscheinungen des natürlichen Menschen gestellt, nämlich ein Paar Mohamedaner, die nicht so sehr von dem antichristischen Gift, alö von dem Rest des Gottcsodems, der auch in dem jämmerlichen Trugwerk des Koran noch zu finden ist, mit erfrischender Kraft berührt und angehaucht waren. Die bei- den gerechten, milden, großherzigen Saracenenfürsten Nureddin und nach ihm der noch größere Sala din traten zur Schande der Chri- stenheit als Lichter hervor, welche die greuliche Nacht christlicher Ver- worfenheit um so greller beleuchten. Voll Ekel wandten sich selbst die gemeinen Saracenen hinweg von den elenden Streitigkeiten der christ- lichen Fürsten, den noch schändlicheren der Patriarchen und Bischöfe, die mit schamloser Oeffentlichkeit geführt wurden. Ja Kreuzfahrer, angesehene Ritter, hochgestellte Geistliche verbanden sich oft genug mit den Saracenen gegen ihre eignen Glaubensgenossen. Unglaube und wahnwitziger Aberglaube, Völlerei und Unzucht und die peinlich- sten Ceremonien des Gottesdienstes wurden in widerlicher Gemein- schaft zur Schau getragen. Herrschsucht, Habsucht und Genußsucht waren die Götter, denen Jedermann von Herzen diente. Ein solches Reich, unter Greueln begonnen, unter Lastern sortgeführt, wie hätte es bestehen sollen? Durch die Gunst der äußeren Verhältnisse, durch

8. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 447

1859 - Lübeck : Rohden
Xxii. §. 7. Gottes Bußgericht in Deutschland. 447 Gnade schrieen. Wie es schon 100 Jahre früher in Italien und von dorther auch in Deutschland Sitte geworden war, so vereinigten sich auch jetzt wieder große Schaaren zu schweren Bußübungen nach der Weise der damaligen Zeit. Mit entblößtem Rücken und verhülltem Haupte gingen sie paarweise einher, und schlugen sich selber mit har- ten Riemen dergestalt, daß das Blut auf den Boden herabfloß. Tau- sende zogen so aus einer Stadt in die andere, geführt von Geist- lichen mit Kreuzen und Rauchfässern. Aus den Straßen und in den Kirchen lagerte die Menge, sich geißelnd, ihre Sünden bekennend, Litaneien singend und um Erbarmen schreiend. Und wohl mochten sie Ursache haben, sich also zu demüthigen, denn die Sünden der da- maligen Zeit waren entsetzlich und schrieen gen Himmel. Wie konnte es auch anders sein, da so lange kein Kaiser, kein König, keine allge- mein anerkannte Obrigkeit dagewesen war, welche Recht und Gerech- tigkeit nachdrücklich hätte handhaben können. Die Geistlichkeit, welche der Rohheit und Zuchtlosigkeit unter dem Volke hätte wehren und auf die Verbesserung der sittlichen Zustände hätte hinwirken sollen, war selbst unglaublich tief gesunken. Die meisten Priester konnten kaum lesen, lebten in offenbarer Hurerei, und waren Helden im Zechen. Die Mönchs- und Nonnenklöster waren so voll Liederlichkeit und ge- meiner Wollust, daß ehrbare Eltern anstanden, ihre Söhne oder Töch- ter dahinein zu senden. Die Gottesdienste bestanden aus Nichts als Messelesen und sonstigem tobten äußerlichen Werk. Vom Wort Got- tes und Predigt war keine Rede. Nur die Bettelmönche und unter diesen auch nur die Franciscaner, fuhren auch jetzt noch fort, sich seel- sorgerisch und predigend umherziehend des armen Volkes anzunehmen. Aber auch die Franciscaner waren in einer ärgerlichen Spaltung be- griffen. Der größte Theil suchte sich gleich wie die Dominicaner von dem Joche der Armuth loszumachen und die strengen Regeln des Franciscus durchbrechend, sich die Genüsse des Reichthums wieder zugäng- lich zu machen. Die strengere Partei war sogar von dem Papst in den Bann gethan und in die gleiche Classe gesetzt mit den Brüdern des gemeinsamen Lebens, den Begharden und anderen freien Vereinen, welche nach Möglichkeit ein gottesdienstlich apostolisches Christenleben wiederherstellen wollten und deshalb von der Geistlichkeit der Ketzerei bezüchtigt wurden. Fragen wir nun nach den Erfolgen jener schweren Heimsuchungen Gottes, die jetzt nach 500 Jahren, wenn auch in abgeschwächter Form wiederzukehren schienen, so müssen wir sagen, sie haben damals wie jetzt wenig ausgetragen. Denn auch jene Flagellanten oder Buß-

9. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 421

1859 - Lübeck : Rohden
Xxi. §.12. Scheinbare Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Papstrc. 421 wegen, noch einmal wieder umzukehren, aber im folgenden Jahre fuhr er wirklich nach der syrischen Küste hinüber, obgleich der Papst wegen jener Umkehr bereits den Bann über ihn gesprochen und seine italieni- schen Länder anzugreifen begann. Durch geschickte Unterhandlungen mit dem ägyptischen Sultan Kamel, der damals Jerusalem inne hatte und die Verbindung Friedrich's mit seinem Feinde, dem Sultan von Damascus, fürchtete, kam der Kaiser fast ohne Schwertstreich in den Besitz von Jerusalem und fast alles Landes, welches früher die Kreuz- fahrer besessen hatten. Durch seine Gemahlin, die von der frühern jerusalemischen Königsfamilie abstammte, hatte Friedrich Erbansprüche auf das Königreich und setzte sich 1229 in der heil. Grabeskirche die jerusalemische Königskrone auf das Haupt. Es war, als wollte der Herr der verblendeten Christenheit zeigen, mit wie geringer Mühe jene heiligen Stätten zu gewinnen seien, wenn Er es nicht hinderte. Er hinderte es aber jetzt nicht mehr, weil bei Friedrich's Sinn und Ge- müthsart sich durchaus keine weiteren Folgen an diese Besitznahme knüpf- ten. Denn Friedrich war kein so eifriger Katholik, daß er um des Glaubens und um Gottes willen den Kreuzzug unternommen, oder auf die neue Königskrone einen bedeutenden Werth gelegt hätte. Er wollte der einmal übernommenen Pflicht genügen, da sonst kein Mittel war, seine Ehre vor der Christenheit zu retten und dem übel gesinnten Papst den Vorwand zu seinen feindlichen Maßregeln zu rauben. Deshalb kehrte er auch eiligst nach Italien zurück, vertrieb die päpstlichen Truppen aus seinen Grenzen und bot dann selber die Hand zum Frieden, die der Papst annahm (1230), da er auf keine fremde Hülfe gegen den kriegsmächtigen Kaiser zählen konnte. Für mehrere Jahre blieb nun der Friede zwischen den beiden Oberhäuptern der Christen- heit hergestellt. Aber das neugewonnene Königreich Jerusalem ging eben so schnell wieder verloren, als es errungen war, nicht so sehr durch die Uebermacht der Saracenen als durch die elenden und schändlichen Streitigkeiten der dort vorhandenen Christen. Es war, als hätte sich der Fluch, den der Herr über die messtasmörderische Stadt gesprochen, auf alle die Retter und Vertheidiger derselben zurückgewandt. Die Geistlichen, die Ordensritter, die päpstlichen Legaten, die kaiserlichen Behörden, Alles stand mit solcher Bitterkeit, mit solch offenem Haß und geheimen Ränken einander gegenüber, daß jeder Theil viel lieber Stadt und Land wieder in die Hände der Saracenen hätte fallen sehen, wenn nur die Gegenpartei dadurch Schaden litte. Der Herr machte diesem Unwesen bald ein Ende. Nachdem (1239) die Ritter und Barone dem Vertrag zuwider die Mauern von Jerusalem wieder aufgebaut hatten, eroberte der Sultan Jsmael von Damascus die Stadt und ließ die Befestigungen wieder schleifen. Und als vier Jahre später die halbzer- störte offene Stadt noch einmal durch kaiserliche Unterhandlungen in christliche Hände gekommen war, da brauste sofort, gleich als hätte er # nur darauf gewartet, der schreckliche Sturm der türkischen Chowares- mier durch's Land und vernichtete auch den letzten Anschein von Mög- lichkeit, als ob je wieder ein jerusalemisches Königreich erstehen könnte. Die wenigen Punkte an der Küste des Mittelmeeres, die noch in den

10. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 473

1859 - Lübeck : Rohden
Xxii. §. 15. Innerer Verfall des Papstthums. 473 ßen den betrogenen Kaiser im Stich. Er suchte gegen sie eine halbe Welt in Bewegung zu setzen, aber sie wußten sich mit den übrigen Gegnern abzufinden und ließen den deutschen Kaiser ihre Rache dop- pelt empfinden. Eine Zeitlang schien ganz Italien schon ihre Beute zu sein. Aber Neapel wurde ihnen von den Spaniern wieder ent- rissen und ist seitdem mehrere Jahrhunderte lang unter spanischem Scepter geblieben. Auch aus Mailand wurden sie wieder verjagt, über die Alpen zurückgetrieben, in ihrem eignen Lande angegriffen. Aber Franz I., der junge ruhmbegierige Held, der nach seines Vet- ter Ludwig's Xii. Tode 1518 den Thron bestieg und uns durch die ganze Reformationszeit stets als ein böser Nachbar zur Seite bleiben wird, erschien unmittelbar nach seiner Krönung mit einem auserlesenen Kriegs- heer wieder in Italien und gewann durch die große Schlacht von M a r e g- nano nicht bloß das Herzogthum M a ila n d , sondern den entscheiden- den Einstuß im ganzen nördlichen Italien und die Obmacht über die Päpste. §. 15. Innerer Verfall des Papstthums. Die Papstgewalt war emporgekommen in einer unklaren Zeit, da das geschichtlich begründete Maß der Rechte eines römischen Bi- schofs schwer zu erkennen war. Ihre Stütze und Unterlage war die allgemeine Sehnsucht nach einer sichtbaren Einheit, einem menschli- chen Oberhaupt der Kirche. Denn die roheren, erst langsam aus heidnischen Anschauungen sich heraufarbeitenden Völker konnten sich bei der unsichtbaren Gemeinschaft der Gläubigen und der Verehrung eines unsichtbaren Oberhauptes nicht beruhigen. Sie bedurften nach ihrer Meinung einer Priesterschaft, sichtbarer Veranstaltungen, irdi- scher Mittelspersonen, um den Verkehr der Christen mit dem Him- mel zu vermitteln, um die Gebete, Gelübde und Opfer jedes Einzel- nen vor Gott zu bringen und dagegen die göttliche Antwort und Ab- solution dem Flehenden zu verkündigen. Ein solcher Jrrthum konnte sich um so leichter verbreiten und festsetzen, weil eine genügende Kennt- niß des Wortes Gottes nur in sehr kleinen Kreisen zu finden war und der Werth der äußeren Zeichen der Frömmigkeit und „guten Werke" längst gegen die Bekehrung und Heiligung des inwendigen Menschen weit überschätzt zu werden pflegte. Schon frühe hatte die Anrufung der Maria und der Heiligen das Gebet zu Gott und Christo in den Hintergrund gedrängt. Durch Einführung des Rosenkranzes wurde das Gebet noch armseliger; da- gegen geschah Alles, um die Maria in den Augen des Volkes zu heben. Neue Feste wurden um ihretwillen eingeführt, thörichte Le- genden zu ihrer Verherrlichung ersonnen, die Zahl der Heiligen in immer stärkerm Maße vermehrt. Die Masse der Reliquien ging be- sonders seit der Zeit der Kreuzzüge in's Unglaubliche; allem Betrug
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