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feinen Branntwein mehr beschaffen tonnte, in den Rauchfang gehängt, in welchem unten das Feuer brannte. Zwar wurde ab und zu ein bei Mordtat ertappter Kroat am Gack gehenft oder neben dem Pranger fnieend mit dem Schwert enthauptet, aber damit trat feine Besserung ein. Ueber ein Jahr war niemand auf den Landstraßen feines Lebens sicher, und Wagenlasten sonn-len nur noch mit militärischer Bedeckung befördert werden.
Lolches geschah in den ersten 10 Jahren des Krieges, und es ist dabei geblieben, bis der Frieden nach weiteren 20 langen Jabren wieder ins Land zog. inach Prof. Alfred Kirchhoff.)
48. Gustav Adolfs Einzug in Erfurt.
22. September 1631.
Es war ein Donnerstag, an dem der Einzug Gustav Adolfs in Erfurt zu erwarten stand. Erst am Tage vorher, am 21. September, war Herzog Wilhelm von Weimar, der dem König feine Dienste angeboten hatte, vor dem Krämpfertor erschienen und ohne ernsthaften Widerstand der Torwache an der Spitze eines schwedischen Regimentes in die Stadt eingezogen. Er hatte dann den Ehrbaren Rat zu sich auf den Marftplatz vor den Graden entboten und ihm die Schlüssel der Stadt abverlangt. Sie wurden ihm auch ohne Weigerung von allen sechs Haupttoren der Stadt überreicht, so daß Erfurt beim Einzuge des Königs bereits in schwedischen Händen war.
Einzug: Die Herzen der Erfurter schlugen dem Sieger von
Breitenfeld warm entgegen. Wer nur irgend sonnte, eilte herbei, uni ihn zu sehen und ihm zuzujubeln. Schon in aller Frühe hatten die Türmer das Herannahen der Heersäulen am nördlichen Horizont bemerft und den Bürgern verfündet. Seit Mittag harrten diese, Kops an Kops gedrängt, ans die Einziehenden. Der Platz vor der „hohen Lilie", dem zum Hauptquartier des Königs bestimmten Wohnhaus des Ratsherrn Hiob Ludolf, war bereits überfüllt, ebenfo der Rubemnarft (von der Marftstraße bis zur Andreaskirche) und die Straßen nach dem Andreastor. Aber noch immer drängten neue Scharen aus dem Innern der Stadt herzu. Da ertönte um die vierte Nachmittagsstunde als erster Willfom-mengruß das Geläut der Maria Gloriosa, und sofort mischten sich die andern Glocken dazwischen. Erwartungsvoll lauschte die Menge. Endlich erklangen die ersten Trompetensansaren, und von fern sah man Waffen im Sonnenlicht des heiteren Septembertages erglänzen. Näher und näher kam das Brausen eines vieltausendstimmigen Jubels.
Begrünung: Jetzt erschien auch der König. Hoch zu Roß
ritt er vor seinen finnischen Panzerreitern einher, einfach und doch herzgewinnend. Seine frostige Gestalt überragte um Haupteslänge
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Extrahierte Personennamen: Alfred_Kirchhoff Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Herzog_Wilhelm_von_Weimar Wilhelm Hiob_Ludolf Maria
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die anderen. (Sr trug einen Elenskoller und einen grauen Hui mit grüner Feder. Sein Haar war blond, und ein starker Schnurrbart und spitzer Kinnbart zierten sein Gesicht. Freundlich blickten seine blauen Augen umher, und deutsche Grußesworte kamen aus seinem Munde. Man sah, er freute sich herzlich über den warmen Empfang der Erfurter, die mit Hüteschwenken, Tücherwehen und Kränzewerfen sich nicht genug tun konnten.
Aufenthalt in Erfurt: Vor seinem Absteigequartier wurde
er vom Erfurter Rate aufs ehrerbietigste begrüßt. Dann begab sich der König in seine Gemächer. Doch er rastete nicht lange. Schon nach kurzer Zeit erschien er wieder im Sattel. Er stattete dem Petersberg einen Besuch ab. An der Schwelle des Klosters begrüßten ihn knieend die frommen Brüder mit ihrem Abte. Freundlich hieß er sie ausstehen, entblößte selbst sein Haupt und setzte sich mit ihnen zur Tafel, zwanglos sich unterhaltend.
Noch drei Tage verweilte Gustav Adolf in der Stadt. In
dieser Zeit umritt er einmal den Stadtwall und besichtigte die
Eyriaksbnrg. Mancherlei Gedanken über eine stärkere Befestigung der Stadt sollen ihm dabei durch den Kops gegangen sein. Bevor er dann abreiste, mußte der Rat versprechen, solange der
Religionskrieg dauern würde, ihm treu und untertänig zu sein.
Weitermarsch: Am Montag wurde zum Ausbruch geblasen.
Vormittags zwischen 8 und 9 gings mit klingendem Spiel zum Brühlertor hinaus durch den Treienbrunnen nach Süden. Der
Weg führte über Molsdorf, Arnstadt, Ilmenau und Schlensingen ins Werratal und von da an den Main. (Nach Pros. Als. Kirchhofs.)
4-9. Gustav Adolfs Leutseligkeit.
Heute noch bewahrt die Riemer-Jnnnng in Erfurt ein Andenken auf, das Zeugnis von Gustav Adolfs Leutseligkeit gibt.
Als der König sich einmal von der „hohen Lilie" in den nahe gelegenen Gasthof „zum Propheten" (heute „Thüringer Hof") begab, um nach einem feiner Pferde zu sehen, hörte er aus einem Zimmer lautes Stimmengewirr. Er trat ein und erfuhr von den Versammelten, daß die Riemer-Innung soeben einen der Ihren zum Ritter schlage, d. h. nach bestandener Lehrzeit seierlich in die Gesellenschast ausnehme. Gustav Adols sragte, ob er zusehen dürste. Da dies aber nicht erlaubt war, wurde ihm bedeutet, daß er beiwohnen könne, wenn er selbst vorher zum Ritter geschlagen wäre. Der König willigte sreudig ein und wurde unter dem üblichen Gebrauch zum Ritter geschlagen. Er leerte auch den großen, tbm dargereichten Zinnpokal, den Willkommenbecher, und loste sich mit dem herkömmlichen Geschenk.
Noch zur Stunde hängt am „Willkommen" der Erfurter Riemer das ovale, vergoldete Schaustück, welches damals die Innung wohl aus des Königs Hand erhalten hat. Es zeigt auf der einen
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Kirchhofs Gustav_Adolfs_Leutseligkeit Gustav Adolfs Gustav_Adolfs_Leutseligkeit Gustav Adolfs Gustav_Adols Gustav Riemer
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Molsdorf Arnstadt Ilmenau Werratal Main Erfurt
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Seite das schwedische Wappen, aus der anderen das Brustbild des Königs mit dem Lorbeerkran;. (Nach Pros. Alsr. Kirchhosf.)
50. Schwedens Königin in Erfurts [Dauern.
1 Aufenthalt: Zweimal hat Marie Eleonore in Erfurt geweilt. Das erste Mal erschien sie wenige Monate nach ihrem Gemahl. Es war am Shloestertage 1631, als sie ohne großes Gefolge zum Schmidtstedtertor hereinfuhr. In das Begrüßungsgeläut der großen Glocke mischte sich der lernte Donner der Wallund Burggeschütze. Aber auch die Bürgerschaft, die mit der Garnison Spalier in den Straßen bildete, jubelte ihr freudig entgegen. Die „hohe Lilie", der Stadt vornehmstes Absteigequartier, öffnete der Königin die gastlichen Pforten. Sie bewohnte dieselben Gemächer, die kurze Zeit vorher ihren Gemahl beherbergt hatten. Am Neujahrstage besuchte die Königin den Gottesdienst im Dom. Mit der Krone aus dem Haupte und umgeben von ihrem Gesolge, stieg sie die 70 Graden zu dem prächtigen Gottes hause empor. Da aber ihr Herz sie drängte, dem geliebten Gemahl entgegenzueilen, reiste sie schon am andern Tage nach Franken weiter. Doch trotz des kurzen Aufenthaltes hatten die Erfurter die Königin liebgewonnen; sie erblickten in ihr den Schutzengel der Stadt.
2 Aufenthalt: Im Oktober desselben Jahres kehrte sie noch einmal mit ihrem Gemahl nach Erfurt zurück. Gustav Adols wollte feine Gemahlin nicht dem unberechenbaren Geschick einer Feldschlacht aussetzen und Hatte darum Erfurt zu ihrer Residenz auserfeheu. Er selbst weilte nur für kurze Zeit (28. bis 30. Oft.) in der Stadt. Nachdem er fein Heer in wenigen Tagen auf dem ausgedehnten Johannesfelde geordnet hatte, zog er mit ihm nach Sachsen weiter. Am Dienstag, den 30. Oktober, drückte Marie Eleonore den letzten Kuß auf die Lippen ihres heißgeliebten Gemahls, der ungesäumt der großen Entscheidungsschlacht entgegenzog.
Kaum war der König aufgebrochen, da verlegte die Königin ihren Wohnsitz von der „hohen Lilie" nach dem Anger, wo seit Jahresfrist der schwedische Statthalter residierte. Sie erwählte das Hans zum „schwarzen Löwen" (Anger 11), unmittelbar neben der Stattbalterei (Anger 10, Haus zum „weißen Löwen") gelegen und mit ihr durch einen Durchbruch verbunden, zur Wohnung.
Tage von der Ankündigung des Todes Gustav Adolfs: Sieben Tage waren seit der schmerzlichen Trennung von ihrem Gemahl vergangen. Wieder war es ein Dienstag (6. November), und so trübselig grau, wie an diesem Nebeltag die Wolken herniederhingen, so bekümmert war das Herz der Königin. Ihre Gedanken weilten bei ihrem Gemahl, den sie in grausamer Feldschlacht glaubte. Frühzeitig senkte sich nächtliches Tun-
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Extrahierte Personennamen: Alsr Kirchhosf Schwedens_Königin Marie_Eleonore Gustav_Adols Gustav Marie_Eleonore Gustav_Adolfs Gustav Adolfs
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Eremiten-Ordens zu schauen: Einen Schäferstab im linsen Arm,
deutet sie mit der Rechten auf ihre Busenschleife, welche den Wahlspruch des Ordens trägt.
Molsdorf in der Zeit nach Götter: Noch bei seinen Lebzeiten verkaufte Graf Götter seine Besitzung, und heute ist Molsdorf, nachdem es längere Zeit dem Gothaer Staat gehört, wieder Privatbesitz. 1826 wurde der Garten in eine englische Parkanlage umgewandelt, du die Unterhaltungskosten zu hohe waren. Die steinernen Götter wurden verkauft, und ein Teil derselben beschließt sein Dasein in den Anlagen des Steigerhauses und Hirschgartens zu Ersnrt. Die Wasserfälle und übrigen Wasserkünste wurden zugeschüttet und nur ein langer Teich mitten im Park angelegt. Die kunstvoll geschnittenen Bäume und Hecken ließ man wachsen, schuf unter ihnen große Rasenflächen und pflanzte neue Baumgruppen an. Jubel und Freude sind verschwunden, Fülle und Pracht vergangen; an ihrer Stelle breitet sich jetzt eine friedliche Ruhe wie der Zauberschlaf eines verwunschenen Märchenschlosses über dem Ganzen aus. (Nach M. Timpel.)
58. Im Französischen Lager.
1757.
Seit dem August 1757 war Ersurt mit Reichstruppen und Franzosen überfüllt. Selbst die hohen französischen Generale waren mit ihrem glänzenden Gefolge in der Stadt einquartiert. Der Obergeneral Prinz v. Soubise bewohnte einen Flügel der Mainzer Statthalterei (Regierungsgebäude).
Anfang September schlugen die Franzosen außerhalb der Stadt ihr Lager auf. Es war eine Stunde lang und reichte von der Feste Petersberg, in deren Schutz es lag, bis nahe an Tiefthal. Wie durch Zauberschlag erhoben sich in wenigen Stunden die Zelt-reihen in schönster Ordnung, und gewährte das Lager einen großartigen Anblick. Zuerst war es von 15 000, später sogar von 25 000 Mann bewohnt. Vor jedem Regiment waren die Feldstücke desselben aufgestellt, und die aufgepflanzten Fahnen flatterten lustig im Winde.
Im Lager herrschte ein reges Leben. Hier wurde ein Regiment in den Waffen geübt, dort tanzte man nach dem Geklimper einer verstimmten Guitarre. Hier saß eine Gruppe bärtiger Grenadiere am Boden und spielte mit einer Karte, die ebenso schmutzig war wie die Lagerstatt, dort rollten Trommeln und schmetterten Trompeten. Hier spielte eine lärmende Musik zur Tafel auf, dort stieß eine Marketenderin einen Strom französischer Schimpfwörter gegen die sie neckenden Soldaten aus. Es war ein Gemisch von Tönen und Lauten, wie man es nur in einem französischen Lager finden kann.
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brauchen begangen wurde. Den größten Fremdenftrom führte jedoch die große Fronleichnamsprozession herbei, eine Schöpfung der Jesuiten. Hinter dem feierlichen Zuge erschienen, teils auf breiten, teppichbedeckten Wagen, teils auf Brettern oder auf den Schultern getragen, bildliche Darstellungen aus der Heiligen Schrift. Sie wurden von lebenden Personen dargestellt und dienten nur zur Befriedigung der Schaulust der Umstehenden. Da sah man den Propheten Jonas im Rachen des Walfisches, David mit der Schleuder und den Riesen Goliath, Josua und Kaleb mit der großen Weintraube u. a. m.
Das Stadtinnere: Die Stadt selbst machte äußerlich einen recht stattlichen Eindruck. Mit ihren zahllosen Türmen und Kirchen, überragt vom Dom und den beiden Stiftskirchen, bot sie dem Wanderer ein herrliches Bild, dem aber das Innere in keiner Weise entsprach. Durch die finsteren, gewundenen Tore gelangte man in die Stadt, falls es nicht Nacht ober am Sonntag zur Kirchzeit war. Zu biefen Stunben waren die Tore geschlossen und würden nur gegen eine Vergütung geöffnet. Am Tore be-sanb sich die Zoll- und die Akzisewache (Akzise = Verbrauchssteuer), bei der alle eingehenbe Hanbelsware versteuert werben mußte. Hatte man die Vorstabt burchschritten, so stanb man vor einem zweiten Mauerring; benn die älteste, von der Gera umflossene Befestigung war noch zum größten Teil vorhanben. Von ihren Toren stanben das alte Wasser-, Löber-, Johannes- und Augusttor (s. Nr. 21). Der mächtige Steinunterbau der Tore war mit bürstigen Holzhäuschen besetzt, die man an arme Leute vermietet hatte. Durch bxcfc Tore betrat man die eigentliche Stadt. Ihre Straßen waren verhältnismäßig breit. Aber das Gras wuchs zwischen den Steinen, ba der Verkehr fehlte. Pflaster und Reinlichkeit ließen viel zu wünschen übrig. Ersteres war so schlecht, daß sich an vielen Orten tiefe Löcher befanben, in benen Menschen und Vieh samt dem Fuhrwerk leicht verunglücken konnten. Durch die meisten der Straßen war fließenbes Wasser geleitet. Diese künstliche Bewässerung galt als eine besonbere Merkwürbigkeit Erfurts und biente, außer zur Bewässerung der Gärten, der Reinlichkeit der Stadt und der Gefunbheit der Luft; ferner würde es in den Brauereien gebraucht, biente zum Antrieb der vielen Mühlen und ganz befonbers zur Unterstützung der Rettungsanstalten beim Feuer. Eine Straßenbeleuchtung, wie sie die größeren deutschen Städte um 1800 bereits besaßen, fehlte noch. Wer abenbs ausgehen wollte, mußte sich eine Laterne mitnehmen. Auch Straßenschilber und Hausnummern waren nicht vorhanben. Jebes der 3154 Häuser hatte noch die aus dem Mittelalter stammenbe Benennung, unter der es allgemein bekannt war. Die Bautätigkeit war gering. Die vorhandenen prächtigen Bauten stammten aus älterer Zeit. Wohl aber zählte man in der Stadt über 400 wüste Brandstätten. Nicht weniger als 15 Kirchen standen teils unge-
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Extrahierte Personennamen: Jonas David David Josua
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Göttin. Im Innern war ein Altar mit Der Inschrift „Großmut und Tugend" erbaut. Ihn zierten die Büsten des Königs und der Königin. Junge Mädchen in lang herabwallenden Gewändern, griechischen Priesteriunen ähnlich, streuten Blumen aus und vor den Altar nieder. Von den Seiten des Tempels aus durchzogen Schwibbogen, welche mit unzähligen Lampen und Bildern griechischer Gottheiten geschmückt waren, die Vorderseite des Gartens. Im mittelsten Bogen schwebte der preußische Adler.
Große Freude herrschte an diesem Abend in der Stadt. Ein dichtes Gewühl von Menschen durchzog die Straßen und bewunderte die im Lichterglanz erstrahlenden Häuser. Besonders groß war das Gedränge in der Nähe der Statthalterei, aus deren Balkon die hohen Herrschaften zu schauen waren.
Abreise: Tags darauf reiste das hohe Paar, begleitet von
den heißesten Segenswünschen der Erfurter, ab.
Ju den wenigen Tagen hatten die Bürger den König und die Königin liebgewonnen; sie waren nun auch mit ihren Herzen Preußen.
2 Besuch: Fast noch glänzender als der erste, verlief einige
Wochen später der zweite Besuch des hohen Paares. Am 25. Juni wurde bekannt, daß der König und die Königin noch einmal zu kurzem Aufenthalt am folgenden Tage eintreffen würden. Der Einzug sollte diesmal durch das Andreastor erfolgen, da die hohen Herrschaften vom Besuche des Eichsfeldes (mit Erfurt, als zu Kurmainz gehörend, zugleich preußisch geworden) zurückkehrten.
Mit klingendem Spiel rückte die Schützenkompanie am 26. unter Mittag zum Tore hinaus. Auch die Bürgerschaft hatte sich in hellen Haufen aufgemacht, die hohen Gäste zu begrüßen. Es war 1 Uhr, als das Läuten sämtlicher Glocken das Nahen der Majestäten verkündete. In dem Glockenchor unterschied man zum ersten Male wieder das schöne „Berggeläute" der Peterskirche, das seit Aufhebung des Klosters verstummt war.
Die Majestäten kamen nicht zusammen. Der König, kein Freund geräuschvoller Kundgebungen, war vorausgefahren. Er passierte gleich im ersten Wagen, in welchem ihn niemand vermutete, das Tor und fuhr, so gut wie unerkannt, zur Stattbalterei. Die Königin erschien später. Sie saß im offenen Wagen, und es machte ihr sichtlich Freude, die warmen und begeisterten Huldigungen der Erfurter entgegenzunehmen. Sie erwiderte diese durch immer wiederholte Verbeugungen und die freundlichsten Blicke.
Gegen 9 Uhr abends versammelte sich die Bürgerschaft ans dem Ratskeller und zog von da mit Musik und Fackeln über die Neue Straße und den Anger nach der Stattbalterei. Es war eine unübersehbare Reihe, die aus Bürgern aller Stände bestand. Vor der Hofstatt schloß sich der Zug zum Kreise und ehrte das hohe Paar durch einen Volksgesang. Das Lied hatte der Diakonus Lossius gedichtet, und es wurde von der Menge nach der Melodie
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parentgemälden hatte schmücken lassen. Sie stellten die Schönheit,
Weisheit und Stärke dar. Die Stärke verkörperte ein edler, kraft-
voller Jüngling in römischer Rüstung, der aus einem Löwen sah und eine Säule von blauem Jaspis (Edelstein) in der Hand hielt. Einige Züge des Gesichtes waren Napoleon ähnlich. Aus dem dreieckigen Gielielselde leuchtete Frankreichs Adler hervor. Alle Linien des Gebäudes waren durch mehrere Tausend Lampen erleuchtet, deren Glanz den weilen Platz mit Tageshelle erleuchtete. Unter dem Dache prangte die Inschrift:
Magnitudo illius stabilis, quem omnes
supra se et pro se noscunt.
In freier Uebersetzung: „Unerschütterlich ist die Größe desjenigen, den alle als ihren Herrn und Beschützer anerkennen."
Neben dieser Inschrift gab es noch viele andere, welche Verehrung und Unterwürfigkeit in hochtönenden Worten zum Ausdruck brachten. Hin und wieder hatte es aber ein Ersurter Bürger auch gewagt, seinem Mißmut freien Lauf zu lassen. So hatte ein Obsthändler den köstlichen Einsall gehabt, ein von Lampen gebildetes, riesiges „Ach!" an seinem Hause anzubringen. Eine recht zweideutige Inschrift! Doch der Mann konnte auf eine Anfrage, die man an ihn richtete, die Versicherung geben, daß er durch diesen Ausrus nur seiner Freude über die Anwesenheit des Kaisers habe Ausdruck geben wollen, während er in seinem Innern vielleicht ganz anders dachte.
Die Festbeleuchtung sollte nicht ohne einen kleinen Unfall vorübergehen, der leicht bedenklichen Umfang hätte annehmen können. Am Ratskeller auf dem Fischmarkt brannte der mit Lampen erhellte Namenszug des Kaisers ab. Die Flamme wurde zwar rasch gelöscht, sie hatte aber bereits den den Völkern Europas so furchtbaren Namen in Asche verwandelt. Dem Kaiser wurde dies ohne Zweifel verschwiegen; deun bei seiner abergläubischen Beanlagung würde er von dem Vorgänge höchst unangenehm berührt gewesen sein.
Anwesende Fürstlichkeiten: Von diesem Tage an füllte
sich Erfurt mit einer gewaltigen Zahl von Monarchen, Hofwür-denträgern, Ministern, Generalen und sonstigen vornehmen Personen. Im ganzen weilten damals in Erfurt: 2 Kaiser, 4 Kö-
nige, 1 Königin, 1 Großfürst, 1 Fürst-Primas, 17 regierende Fürsten und Fürstinnen, 6 Erbprinzen und Erbprinzessinnen, 1 königlicher Prinz (von Preußen) und 23 andere Prinzen, 34 Grafen, 20 Generale und über 50 Barone und Edelleute, ungerechnet die zahlreichen täglich ab- und zuströmenden, vornehmen Fremden. Aus dem Gefolge des Herzogs von Weimar sind besonders hervorzuheben die Geheimräte von Goethe und Wieland.
(Nach Arnold, Beyer u. a.)
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Goethe Arnold
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Europas Erfurt Erfurt Weimar
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b) Vierzehn üage in slapoleons Diensten.
Reise nach Erfurt: Es war im September des Jahres 1808. Erfurt feierte die glanzvollen Tage des Kongresses. Der Kaiser Napoleon hatte bereits seinen Einzug gehalten und entfaltete, umgeben von vielen gekrönten Häuptern, eine Pracht, welche die Berichte nicht großartig genug schildern konnten. Auch zu uns herüber drang der Ruf von dem außerordentlichen Glanze und dem geräuschvollen Leben, und die Gelegenheit, den großen Mann des Jahrhunderts zu sehen, war so günstig und einladend, daß diele Rudolstädter sich ausmachten, Zeuge des seltenen Schauspiels in der alten Thüringer Stadt zu sein. Da die fürstliche Kapelle gerade wenig Dienst hatte — der Fürst weilte selbst in Erfurt (Anger 37) — so wurde es auch mir nicht schwer, 8 Tage Urlaub zu erhalten. An einem herrlichen, tausrischen Morgen wanderte ich mit einigen Bekannten Heiter und wohlgemut über die Berge nach Erfurt.
Besichtigung der Stadt: Mit gespannten Erwartungen langten wir nachmittags an unserem Ziele an, und in der Tat erkannte ich Erfurt kaum wieder, einen so festlichen Anstrich hatte die Stadt bekommen, ein so bewegtes Leben herrschte in ihr. Die Hauptstraßen, welche der Kaiser berührte, waren sogar fußhoch mit feinem Kies überstreut, weil der Allgebietende sich mißfällig über das schlechte Straßenpflaster geäußert hatte.
Da an demselben Tage gerade große Auffahrt war, so blieb ich nicht bei meinen Brüdern im Quartier, sondern schlenderte durch die Straßen, harrend der Dinge, die ich sehen und hören würde. Ich sollte auch reich belohnt werden. Der prächtige Staatswagen Napoleons sauste an mir vorüber. Eine Abteilung Reiterei sprengte voraus und hinterher. Tausende von Augenpaaren waren aus den Mann gerichtet, von dem damals Europas Herrscher abhängig waren. In ähnlicher Begleitung fuhr der Kaiser von Rußland, der hohe Verbündete, um deswillen vornehmlich die Fürstenversammlung von Napoleon veranstaltet worden war. Die Könige von Sachsen, Württemberg und Westfalen, der Prinz von Preußen (Futterstraße 2 u. 3) und andere hohe Herrschaften mit mehr oder minder glänzendem Gefolge schlossen sich an.
In kurzer Zeit hatte ich so eine ganze Galerie lebender Herrscher in vollem Glanze irdischer Macht und Herrlichkeit an meinem staunenden Auge vorüberfahren sehen. Ermüdet vom Schauen, aber höchst befriedigt von dem reichen Bilde, langte ich wieder in meinem Quartiere an, wo mich indessen eine sehr unangenehme Ueberraschung erwartete.
Eintritt ins Kaiserliche Orchester: Eben war ein kaiser-
licher Beauftragter bei meinem Bruder eingetreten und hatte ihm den Befehl gebracht, daß er während der Anwesenheit des Kaisers in dem Orchester des Theaters jeden Abend mitwirken müsse. Die
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Napoleon
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begann das Bedrückungs- und Aussaugungssystem von neuem. Die Stadt, die in den frohen Tagen des Kongresses erleichtert ausgeatmet hatte, seufzte abermals schwer unter dem Joche der Fremdherrschaft. (Nach Guido Sautter u. a.)
d) Brief von Karoline Sartorius über ihre Eindrücke während des Fürltenkongrettes im 3ahre 1808.
Mit einer Empfehlung von Goethe an den Präsidenten v. d. Recke und seine liebenswürdige Frau versehen, fuhren wir am Samstag früh (9. Oktober) nach Erfurt zurück. Wenn man nie eine große Stadt gesehen bat, so kann man sich von dem Leben, das dort herrscht, keinen Begriff machen. Selbst in Paris, glaube ich, kann es nur mit den Stadtteilen verglichen werden, die dem Hofe nahe liegen, und auf jeden Fall muß sich der Glanz dort mehr verteilen als hier, wo sich soviel Pracht und Herrlichkeit in den wenigen Straßen einer mittleren Landstadt zusammendrängt. Halte es nicht für Uebertreibung, der Anblick der glänzenden Equipagen und Pferde, der Ordensbänder und Sterne, die Pracht der verschiedenartigsten Uniformen und Livreen ist wahrhaft augenblendend, dies gestehen selbst diejenigen, die mehr gesehen haben als ich. Vor den Häusern der gekrönten Häupter stand nach dem Maße ihrer Berühmtheit oder Größe ein größerer oder geringerer Haufe Volks. Vor dem Gouvernementsge-bände am Hirschgarten, wo Napoleon wohnt, strömte die Masse wie Meereswogen ewig ab und zu. Vor Alexanders Tür am Anger (Nr. 6) drängt man sich weniger. Der König von Westfalen (hohe Lilie) und der Großfürst Konstantin (Anger 41) haben auch ihr Publikum. Von dem Primas (höchster Bifchof des Reiches, Freiherr v. Dalberg) aber (am Falloch, Gegend des Landgerichts, 1813 eingeäschert), und von den Königen von Bayern (Marktstraße 21), Württemberg (Anger 23) und Sachsen (Haus zum breiten Herd) nehmen nur wenige Notiz. Zuweilen zeigen sich die großen Häupter vor der gaffenden Menge am Fenster. Der König von Württemberg schien sogar daselbst absichtlich zu sitzen. Napoleon hingegen sah man nie daran. Am Sonntagnachmittag ritten Alexander und Konstantin zu Napoleon, um diesen abzuholen, statt dessen aber blieben sie bei ihm sitzen, und so haben wir das Vergnügen verfehlt, Napoleon mit feinem Ruftan (ägyptischer Leibwächter) zu Pserde zu sehen. Die beiden Kaiser hatten vor ihren Häusern zwei Piketts (Wache) von den Kürassieren und zwei Grenadiere von der Garde. Die Könige mußten sich ohne Piketts behelfen. Die Prinzen und Marschäüe bekamen zwei Grenadiere von den Linientruppen und so fort alle Gattungen hindurch bis zum gemeinen Füsilier, alles nach der strengsten Hossitte.
(Abends im Theater.) Zuerst der Mama ihr Landesherr (der König von Sachsen). Sieht gar schlecht aus. Trügt eine steife,
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Extrahierte Personennamen: Guido Sautter Karoline_Sartorius Goethe Napoleon Alexanders Konstantin Dalberg Württemberg Napoleon Alexander Alexander Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Paris Hirschgarten Westfalen Bayern Württemberg Sachsen Sachsen
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Feldlager verwandelt, und zahllose Wachtfeuer lohten mit qualmender Flamme zum wetterschwarzen Nachthimmel empor.
Selbst die Domstufen dienten als Schlafstätte, und auf den Steinfliesen der Häuser brannten die Lagerfeuer und ruhten die Soldaten. Pferde und Menschen lagen nebeneinander, ermattet von den Anstrengungen der Flucht und dem ausgestandenen Hunger.
Alle Läden waren geschlossen. In höchster Eile brachten die Bürger ihre Habseligkeiten, die letzten Reste aus der langen Erpressungszeit, in sichere Verwahrung. Sie fürchteten eine allgemeine Plünderung, da bekannt geworden war, daß die fliehenden Franzosen die Dörfer ausgeraubt hatten. Es war darum ein Glück für die Stadt, daß der Kaiser in diesen Tagen mit feinem Gefolge in ihr Aufenthalt nahm. Auf seinen Befehl durchstreiften zahlreiche Wachen nach allen Richtungen die Stadt und nahmen alle, die sich einfallen ließen, Sicherheit und Ruhe zu stören, in Haft und schafften sie ins Biwak.
Unterdessen dauerte der Durchzug der geschlagenen Armee weiter fort und schien tatsächlich kein Ende nehmen zu wollen. Am Tage übertraf das Truppengewühl in den Straßen vom Anger bis zum Brühlertor alles bisher Gesehene. Nur in den Nachtstunden wurde es etwas ruhiger, da ein kaiserlicher Befehl für diese Zeit die Tore selbst feinen Soldaten sperrte. Die fliehende Armee mußte in der Nacht außerhalb der Stadt vorübermar-fchiereu.
Abreise Napoleons: In der Nacht vom 24. zum 25. Oktober verließ Napoleon die Stadt; denn die Preußen und Verbündeten waren ihr bedenklich nahe gekommen. Der Donner ihrer Geschütze rollte schon aus der Ferne herüber, selbst das Knattern des Gewehrfeuers war deutlich hörbar. So wurden schnell die Zelte niedergerissen, die Tornister gepackt und die Gewehre geschultert. Kurz nach Mitternacht marschierte eine Abteilung der kaiserlichen Garde vor der Hosstatt auf und nahm zu beiden Seiten des Eingangs Ausstellung. Dann fuhr der Reifewagen des Kaisers vor. Ihm folgte eine endlose Reihe von Kutschen. Diener mit Pechfackeln bildeten eine Ehrengasse bis zum Wagen. Nachdem dann ein lauter Trommelwirbel gerührt war, trat der Kaiser mit einem reichen Gefolge von Marschällen und Adjutanten aus dem hohen Tor. Den Kopf bedeckte der kleine Dreispitz. Des Kaisers Züge waren finster und bleich. Sein Blick streifte flüchtig die Menge. Fester schlug er den Wettermantel um sich und bestieg den Wagen. Ein General war sein Reisebegleiter. Vom Turm der nahen Wigbertikirche kündete mit dumpfen Schlägen die Glocke die zweite Stunde der Nacht.
Gerade jetzt dröhnte der Widerhall des Gefchützfeuers der Preußen und ihrer Verbündeten gewaltiger über die Stadt. Langsam fetzte sich der Zug der Wagen in Bewegung. Das Auge des Kaisers starrte schweigend in die finstere Nacht. Dachte er viel-
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