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1. Erzählungen aus der Griechischen Geschichte in biographischer Form - S. 102

1873 - Oldenburg : Stalling
102 brennenden Fackeln und nahmen ihn lebendig gefangen. Doch Archidamia, die Priesterin, ließ ihn frei und gab vor, er habe die Stricke durchbrannt und sei entronnen. Aristomenes aber rettete sich noch in derselben Nacht nach Messenien. Doch im dritten Jahre des Krieges erlitten die Messenier bei Megaletaphros, d. h. beim großen Graben, eine schwere Niederlage. Aristokrates, König der mit ihnen verbündeten Arkadier, war von den Lacedämoniern bestochen worden, und zog sich gleich im Anfange der Schlacht mit den Seinen zurück, wodurch die Messenier so in Verwirrung geriethen, daß die Lacedämonier ohne Mühe einen leichten Sieg davontrugen und eine große Menge der Messenier erschlugen. Nach diesem Tressen sammelte Aristomenes die Reste der tnrf Messenier und zog sich mit ihnen nach der Bergfestung Eira, die nun von den Lacedämoniern elf Jahre lang belagert wurde. Von hieraus unternahin Aristomenes Streifzüge bis in das Innere des Lakonischen Landes: aus einem solchem Zuge stieß er einst auf eine starke Abtheilung der Lacedä- monier. Er vertheidigte sich, erhielt mehrere Wunden, ein Stein traf ihn an den Kopf, es verdunkelten sich ihm die Augen, er fiel; haufenweise liefen die Lacedämonier hinzu und nahmen ihn lebendig gefangen. Es wurden aber auch fünfzig seiner Gefährten gefangen genommen; diese alle beschlossenste imjm die sogenannten Käaden, eine Grube, worein man Misse- thäter warf, zu stürzen. Die übrigen Messenier nun, die hineinfielen, kamen sogleich um, den Aristomenes aber soll ein Adler, der unter ihm geflogen, aus seinen Flügeln gehalten und unverletzt und ohne irgend eine Wunde aus den Boden hinab- gebracht haben. Als er auf den Grund des Schlundes ge- kommen war, legte er sich nieder, zog das Gewand über das Ge- sicht, und erwartete den Tod, den er für unvermeidlich hielt. Am dritten Tage darauf hörte er ein Geräusch, er enthüllte sein Ge- sicht und erblickte einen Fuchs, der an den Leichnamen fraß. In der Voraussetzung, daß das Thier irgend woher einen Eingang habe, wartete er es ab, bis der Fuchs sich ihm näherte. Als er ihm nahe gekommen war, ergriff er ihn, mit der andern Hand aber hielt er ihm, so oft er sich gegen ihn wendete, das Gewand vor und ließ ihn hineinbeißen. Den größten Theil lief er mit dem laufenden Fuchse; an Stellen, wo schwer

2. Erzählungen aus der griechischen Geschichte - S. 3

1868 - Oldenburg : Stalling
3 bis sie ermüdet niedersank. Da nahm er sie auf seinen Arm und kehrte heim. Das vierte Mal schickte ihn Eurystheus nach einem Eber, der am Berge Erymanthos große Verheerungen angerichtet hatte. Diesen Eber faßte er bei den Ohren und Hinterbeinen, trug ihn lebendig aus der Schulter nach Mycenä und setzte ihn vor den erschrockenen König nieder. Darauf ward ihm befohlen, nach Elis zum König Augias zu gehen und dessen Rinderstall zu reinigen. Dieser Stall hatte bisher dreitausend Rinder beherbergt, war aber nicht mehr zu brauchen, weil der Dünger die Thüren versperrte. Diese Auf- gabe zu lösen, schien mehrere Jahre zu fordern. Aber Herakles grub zwei Flüsse, den Alpheos und Peneos, ab und leitete sic in den Stall. So spülten die Fluchen den Unrath an einem Tage weg. Run gab ihm Eurystheus aus, die stymphalischen Vögel zu vertilgen. Es waren ungeheure Raubvögel mit ehernen Flügeln und Schnäbeln, die schaarenwcise um den See Stym- phalis in Arkadien schwärmten, Menschen und Vieh mit sich in die Luft nahmen und auf den Felsen verzehrten. Herakles scheuchte sie mit einer großen Klapper aus dem Walde, der sie verbarg, und tödtete sie alle mit Keulenwürfen. Um diese Zeit setzte ein wilder Stier ganz Kreta in Schrecken. Minos der Jüngere, der damals die Insel beherrschte, hatte ihn vom Meergotte Poseidon zum Geschenk erhalten. Als er aber nachher dem Meerbeherrscher zu opfern versäumte, machte dieser den Stier wüthend, daß er auf der Insel umherrannte und viel Unheil anrichtete. Als Eurystheus davon Kunde erhielt, sandte er den Herakles nach Kreta, daß er ihm den Stier bringe. Dieser bemächtigte sich des Thieres lebendig und brachte es nach Mycenä; aber Eurystheus ließ die Bestie wieder los und nun verheerte sie die Gegenden Attika's. In Thracicn regierte damals Diomedes, dessen Rosse durch ihre Größe und Stärke weit und breit berühmt waren. Sie waren aber so stark, weil sie mit Menschcnfleisch gefüttert wurden, wozu man Sclaven und Fremdlinge nahm. Deshalb wagte sich Niemand nach Thracien, aus Furcht, den Pferden vorgeworfen zu werden. Eurystheus befahl dem Herakles, diese Pferde zu holen. Der Held zog nach Thracien, tödtete die Führer 1»

3. Erzählungen aus der griechischen Geschichte - S. 93

1868 - Oldenburg : Stalling
93 zurückkehrtc, die Weiber Bänder und Blumen der Jahreszeit zu und sangen dazu die Versen „Sparta's Schaaren verfolgt' Aristomenes bis in die Mitte Von Stenykleros'*) Gefild und bis zum hohen Gebirg." Seinen Schild fand Aristomenes bald darauf wieder und überfiel sogleich mit einer auserlesenen Schaar zwei Spartanische Städte, wobei er beträchtliche Beute wegführte. Einst erfuhr er, daß zu Aegila, einem Orte in Lakonicn, wo der Demeter (Ceres) ein Heiligthum gestiftet war, die Frauen ein Fest feierten. Aristomenes brach mit seinen Gefährten aus und suchte sic zu rauben. Allein die Weiber setzten sich zur Wehr: die meisten Messenier wurden mit den Messern, womit die Frauen die Opferthiere schlachteten, und mit den Spießen, woran sie das Fleisch steckten, um es zu braten, verwundet: auf Aristomenes aber schlugen sie mit brennenden Fackeln und nahmen ihn lebendig gefangen. Doch Archidamia, die Priesterin, ließ ihn frei und gab vor, er habe die Stricke durchbrannt und sei entronnen. Aristomenes aber rettete sich noch in derselben Nacht nach Messenien. Doch im dritten Jahre des Krieges erlitten die Messenier bei Megaletaphros, d. h. beim großen Graben, eine schwere Niederlage. Aristokrates, König der mit ihnen verbündeten Arkadier, war von den Lacedämoniern bestochen worden, und zog sich gleich im Anfänge der Schlacht mit den Seinen zurück, wodurch die Messenier so in Verwirrung geriethen, daß die Laeedämonier ohne Mühe einen leichten Sieg davontrugen und eine große Menge der Messenier erschlugen. Nach diesem Treffen sammelte Aristomenes die Reste der Messenier und zog sich mit ihnen nach der Bergfcstung Eira, die nun von den Lacedämoniern elf Jahre lang belagert wurde. Von hier aus unternahm Aristomenes Streifzüge bis in das Innere des Lakonischen Landes: auf einem solchen Zuge stieß er einst auf eine starke Abtheilung der Laeedämonier. Er vcrthei- digte sich, erhielt mehrere Wunden, ein Stein traf ihn an den Kopf, es verdunkelten sich ihm die Augen, er siel; haufenweise liefen die Laeedämonier hinzu und nahmen ihn lebendig gefan- gen. Es wurden aber auch fünfzig seiner Gefährten gefangen *) Stenykleros hieß der Ort, wo sich das Denknral des Ebers befand.

4. Erzählungen aus der griechischen Geschichte - S. 94

1868 - Oldenburg : Stalling
94 genommen; diese alle beschlossen sie in die sogenannten Käaden, eine Grube, worein man Missethäter warf, zu stürzen. Die übrigen Messemer nun, die hineinfielen, kamen sogleich um, den Aristomencs aber soll ein Adler, der unter ihm geflogen, auf sei- nen Flügeln gehalten und unverletzt und ohne irgend eine Wunde aus den Boden hinabgcbracht haben. Als er auf den Grund des Schlundes gekommen war, legte er sich nieder, zog das Ge- wand über das Gesicht und erwartete den Tod, den er für un- vermeidlich hielt. Am dritten Tage darauf hörte er ein Geräusch, er enthüllte sein Gesicht und erblickte einen Fuchs, der an den Leichnamen fraß. In der Voraussetzung, daß das Thier irgend woher einen Eingang habe, wartete er es ab, bis der Fuchs sich ihm näherte. Als er ihm nahe gekommen war, ergriff er ihn, mit der andern Hand aber hielt er ihm, so oft er sich gegen ihn wendete, das Gewand vor und ließ ihn hineinbeißen. Den größten Theil lief er mit dem laufenden Fuchse; an Stellen, wo schwer durchzukommen war, ließ er sich auch von ihm nachzichen. Endlich sah er ein Loch, daß für den Fuchs zum Durchkriechen groß genug war, und Licht durch daffelbe. Der Fuchs eilte, als er von Aristomencs losgelassen worden war, seiner Höhle zu. Aristomencs aber machte das Loch, das zum Durchkommen für ihn zu klein war, mit den Händen weiter und entkam zu den Seinigen nach Elra. Den Lacedämoniern wurde sogleich von Ucberläufern ge- meldet, daß Aristomencs unversehrt zurückgekommen sei. Sie hielten es aber für unglaublich, bis er eine Schaar von Korin- thern, die den Lacedämoniern zu Hülfe zogen, schlug und ihre Anführer tödtete. Nach dieser That brachte er dem Zeus das Opfer dar, welches man Hekatomphonie nennt, und das jeder Messenier, der hundert Feinde erlegt hatte, verrichtete. Aristo- menes hatte es zum ersten Male dargebracht, als er am Denk- male des Ebers gefochten hatte: auch zum dritten Male soll er es in der Folge wiederholt haben. Die Lacedämonier schlossen einst, als sie das Fest der Hya- cinthien feierten, mit den Messeniern in Eira einen Waffenstill- stand auf vierzig Tage. Als nun Aristomencs, ohne etwas zu fürchten, sich eine Strecke von Eira entfernt hatte, wurde er von Kretischen Bogenschützen, die in Messenien umherschwärmten, gefangen und mit den Riemen, die sie an ihren Köchern hatten.

5. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 550

1894 - Gera : Hofmann
550 Zweites Buch. Ii. Abschnitt: Bilder aus der Zeit der fränk. u. stauf. Kaiser. Man lief in den Garten der Predigermönche, wo ein Schwein mit Stacheln gezeigt wurde, damit man an ihm Gottes wunderbare Schöpfung schauen könnte. Ein fahrender Klerikus wies an der Marktecke einen Kasten mit Schlangen, die er angeblich in der Nähe gefangen hatte, sie gehorchten seinem Befehle, tanzten und hüpften. Und wieder war ein Mann zum Markte gekommen, dem der Rat erlaubt hatte, kleine Vögel zu zeigen, welche lachen konnten. Wenn ihr Herr sprach: „Komm Heinrich und lache!" so trat eins dieser Vöglein vor, neigte den Kopf zur Erde, erhob ihn wieder und lachte herzlich. Sprach dann der Meister: „Lache doch weiter!" so sprach das Vöglein: „Ich thu's nicht!" Vor solchen Wundern vergaßen der reisige Stadtfeind, der Bürger und der Mönch ihren Groll und sahen vergnügt und erstaunt einer den andern an. — Auch ungeheure Tiere aus fremden Ländern waren nicht unerhört. Die Großeltern erzählten, daß sie in ihrer Jugend den Hohenstaufen Kaiser Friedrich Ii. gesehen hatten, wie er — es war im Jahr 1235 — mit einer Menge von Kamelen in die Stadt einzog. Der Herr hatte diese Tiere der Morgenländer — in Italien sogar einen Elefanten — als königlichen Schmuck gepflegt; ach er selbst war den Enkeln bereits zum Märchenbild geworden, zu einem abenteuerlichen König aus dem Morgenlande! Und Rudolf von Habsburg hatte als König dieses Beispiel seines vornehmen Gönners nicht vergessen, auch ihm mußte ein Kamel Gepäck durch sein Heimatland tragen, es war erst dreijährig, aber ungeheuer groß; denn seit ältester Zeit galten die Kamele für einen Hofschmuck vornehmer Herren, die Merowingen hatten ihren Hausschatz an die Höcker gehängt, Karl der Große hatte sie Steine tragen lassen, da er Dom und Königspalast zu Aachen baute, und als der junge Otto Iii. die Huldigung des Polenherzogs Miseco empfing, brachte dieser seinem kleinen Kaiser zu herzerfreuendem Geschenk wieder ein Kamel dar. Die Pisaner waren die Vermittler für den Import aus Afrika. Auch Menschen aus heißem Lande waren in den Städten nicht unerhört, ein vornehmer Bischof unterhielt sogar einen Mohren, der bei Hoffesten in weißen Kleidern ging. Dergleichen Heidenvolk war feit den Fahrten nach Palästina eine Unterhaltung der Großen. — Bis die Sonne sank, spielten die Kinder vor den Straßenthüren und auf den Kirchhöfen, auch die Erwachsenen vergaßen die Würde des Friedhofs, wenn ein Spielmann mit Geige oder Sackpfeife an dem Zaune lehnte oder ein lustiger Geselle die Weise pfiff. Dann tanzte Alt und Jung neben den Gräbern, jauchzte heidnisch um das Gotteshaus und sprang den Reihen. Dagegen half kein Verbot. War die Sonne gesunken, dann wurde es finster und leer in den Straßen der Stadt, denn Beleuchtung gab es noch nicht; nur wenn eine Menge vornehmer Gäste oder fremdes Kriegsvolk am Orte lag, und in Nächten, wo Feindesgefahr drohte, befahl der Rat, daß jeder eine Laterne vor sein Haus hänge, eine Fackel oder Blech mit brennendem Kienholz. Wer am Abend Geld im Beutel hatte, ging in die Trinkstuben. Sie waren zahlreich und für jede Art von Ansprüchen. Die Vornehmen schritten in ihre Geschlechterstuben, dort war geschlossene Gesellschaft, seltene Speise und teurer Wein. Der Handwerker suchte die Zechstube seiner Innung. Wer in eine öffentliche Schenke trat, fand laute Geselligkeit und allerlei

6. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 77

1890 - Gotha : Behrend
Die süd russischen Steppen. 77 noch durch in der Eile gezogene Furchen, löschen beständig die hinüber- fliegenden Feuerbrände, und meistens, wenn sie ihre Stellung gut zu wählen wußten, gelingt es ihnen dann auch, das Flammenunqetüm zu ersticken. Jedoch zuweilen sind die Wege selbst mit Gras bewachsen und erleichtern den Übergang. Hier und da fangen die Brandraketen Feuer, ziehen ihre ganze wilde Brüderschaft nach und leuchten nun in den dürren Fruchtfeldern mit neuer Freude hoch empor. Alles geht wieder beflügelten Schrittes vorwärts, Millionen glühende Körner sprühen und verpuffen. — Solch ein Steppenbrand bewegt sich oft sechs bis zehn Tage in einer Gegend hin und her. Entdecken die Leute noch bei Zeiten den Brand, so umziehen sie schnell ihre Wohnungen und Kornhaufen mit einigen Furchen und vernichten das Gras rund umher, nm dem Brande so Grenzen zu stecken. — Durch solche Steppen- brände werden die zahlreichen Herden der Steppen oft nicht wenig in Aufruhr und Schrecken gesetzt. Sie werden, da die Flammen mitunter wunderbare Streifzüge machen und von drei und vier Seiten zu gleicher Zeit heranrücken, von ihnen völlig eingeengt, so daß Hirten und Tieren oft nichts übrig bleibt, als mitten durch das Feuer hindurchzusetzen. Das geht dann nicht ohne manche unangenehme Vorfälle ab, und unter Umständen wird nicht nur manches Haar, sondern manches Leben da- bei versengt. Auch die Schilfwaldungen werden mitunter angezündet. Die Gründe zum Abbrennen des Schilfs sind hauptsächlich zweierlei: erstlich das Vertreiben der Wölfe, die sich äußerst zahlreich in den Schilf- Waldungen versammeln, und dann zweitens, um dem juugeu aus- sprossendem Schilfe Luft zu geben. Da das Schilf, welches 4 in hoch ist, gewöhnlich eine mehrere Klafter hoch auflodernde Flamme giebt, und da die Schilfrohre gewöhnlich an vielen Stellen zugleich in Brand gesteckt werden und die Flammen sich weit und breit in den Fluß- Plawnas verbreiten, so giebt dies ein Feuer, dessen glühenden Schimmer man in einer Entfernung von vielen Kilometern erblickt, besonders bei solchen Flußthäleru, die, wie der Dnjestr, über 3 km breit mit Schilf erfüllt sind. — Dies ist eine üble Zeit für das arme Tierleben in den Schilfen. Die Enten und Gänsescharen und die Pelikane sammeln sich auf den See- und Flußarmen zwischen dem Schilfe und schreien und schnattern, als wollten sie sich gegen den Flammenstrom zur Wehre setzen. Die Habichte, Adler, Geier und die kaum aus fremdeu Landen angekommenen Silberreiher fliegen auf und kreischen, unruhige Kreise ziehend, in dem wallenden Dampf. Die Wölfe, die das Fener vor allem nicht dulden können, stürzen sich truppenweise ins Wasser und retten sich flüchtigen Fußes. Aber auch viel nützliches Geflügel ver- brennt sich dabei das Gefieder: Enten, die ihre Eier nicht verlassen wollen und auf ihrer Brut das Leben verhauchen, Reiher und Trappen, die dumm um das Feuer kreisen und wohl gar mitten in die Flamme hineinschießen. — Trotz aller Verbote und Bestrafungen wiederholen sich diese Schilfbrände des Dnjestr und Dnjepr alljährlich so pünktlich wie der Frühling und das Ergrünen der Bäume.

7. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 78

1890 - Gotha : Behrend
78 Bilder aus Ost-Europa. 4. Von allen Insekten der südrussischen Steppe erscheint keines in so nngehenern Massen, und keines tritt deshalb und wegen seiner ungemein großen Freßgier mit dem Menschen in so gefährliche Berührung, wie die Heuschrecke. Die Heuschrecken sind keineswegs eine alljährliche Plage der süd- russischen Steppe. Es giebt Jahre, wo sie ganz ausbleiben oder wenigstens sich nicht zu jenen verheerenden Wanderungen zusammen- finden. Ja, es giebt sogar ganze Perioden von Jahren, in denen sie nicht erscheinen, und dann eben solche Perioden, in denen sie jedes Jahr in größeren oder geringeren Massen zum Vorschein kommen. Wenn jemand in einer deutscheu Kolonie auf deren Gebiete oder in ihrer Nachbarschaft ein nahendes Heuschreckenheer entdeckt, so ist er verbunden, dies so schnell als möglich dem Schulzen der Kolonie auzu- zeigen. Dieser entbietet alsdann flugs die ganze Gemeinde, und als- bald bewaffnet sich alles mit Glocken, Kesseln, Flinten, Pistolen, Peitschen, Trommeln und andern Dingen, die knallen und schallen und vor deren starken Tönen die Heuschrecken fliehen. Als die Kaiserin von Ruß- land 1828 auf dem Landgute des Herrn Raynaud am Schwarzen Meere bei Odessa wohnte, wurden die Heuschrecken mit Trommeln aus den Gärten verscheucht. Wenn die Heuschrecken schon niedergefallen und nicht gar zu matt sind, so werden sie von den Tönen aufgescheucht; wenn sie aber noch fliegen, vom Niederlassen abgehalten und zum Höherfliegen gezwungen. Außer diesen klangreichen Dingen schleppen die Leute auch Stroh und alles, was brennend einen starken Rauch macht, mit sich. Denn den Rauch vertragen die Heuschrecken noch weniger als den Lärm; insbesondere fliehen sie den von Weinrebenzweigen. So ausgerüstet rücken die Kolonisten ins Feld und ergreifen nun verschiedene Maßregeln, je nach der verschiedenen Lage und Stellung, in welcher sie den Schwärm sinden. Hat er sich bereits auf dem Gebiete der Nachbarn niedergelassen und schreitet er nun beständig grasend gegen das Gebiet, das sie schützen wollen, vor, so machen sie schnell an den Grenzen herum kleine Feuer, die von besonderer Wirkung sind, wenn der Wind den Heuschrecken Rauch entgegenführt. Es gelingt ihnen dadurch oft, den betreffenden Wanderern eine andere Richtung zu geben oder sie wenig- stens zum Halten zu bringen. Können sie aber nicht schnell und scharf genug feuern, oder ist der Heuschreckenschwarm zu mächtig — sie liegen oft bis 10 Centimeter hoch — so geschieht es wohl, daß, wenn auch die vordersten halten, doch die Hinteren nachflattern, zu Taufenden ins Feuer fallen, das sie mit ihren Leichnamen auslöschen und dem Reste zum Weiterschreiten Bahn schaffen Finden die Leute den Schwärm schon auf ihren eigenen Feldern niedergelassen, so umzingeln sie ihn sogleich und machen rund herum ebenfalls kleine Feuer, um ihn zuvörderst in diefer Feuerkette zu fesseln und zum Anhalten zu bringen. Alsdann zünden sie kleine Stroh- bündel und andere Feuerbrände an und Wersen sie in den einge-

8. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 79

1890 - Gotha : Behrend
Die südrussischen Steppen. 79 schlossenen Haufen hinein, schießen und scheuchen darin umher, um ihn so, da er weder vorwärts schreiten noch sitzen bleiben kann, zum Auf- fliegen zu zwingen. Glückt ihnen dies, oder fanden sie ihn gleich beim ersten Anzüge noch in der Lust, so beginnen sie nun ein Lärmen wie die Jagd des wilden Jägers. Einige haben große Tücher an Stangen gebunden, andere tragen brennende Strohwische an langen Fackelstäben in die Höhe. Sie wedeln, flaggen, schießen, jauchzen, trommeln, klingeln und bringen die ganze Atmosphäre m Aufruhr. Die erschreckten Heuschrecken, die vielleicht schon im Fallen begriffen waren, steigen dann wieder etwas höher, und indem die Leute, im lärmenden Tumulte über Thal und Hügel springend, ihnen beständig folgen, gelingt es ihnen nicht selten, den Schwärm über ihre Äcker und ihr Dorf schwebend hinwegzuführen. Haben sie das Meer oder einen Liman (Mündungsbusen) in der Nähe», so suchen sie ihn allmählich auf die Seite ins Wasser zu treiben. Führt ein starker Wind die Heuschrecken ins Meer hinaus, so ist es merk- würdig, daß sie, darin niederfallend, sich nicht in einer breiten Schicht darauf hinlegen, fondern sich pyramidenweise anhäufen, so daß, wo einige Millionen niederfielen, sich eben dahin auch die andern setzen, wie auf eilte, gleichsam durch die Leiber der audern gebildete, trockene Insel. Indem sich dann alle auf solchen einzelnen Inseln anhäufen, bilden sie so verschiedene, im Meere schwimmende, gegen 1/2 m hohe Berge, die durch all die sich anklammernden Beinchen und Gebisse fest zusammen- hangen und mehrere Centimeter tief ins Waffer gehen. Ist ihnen der vom Lande wehende Wind stark entgegen, so werden diese Heuschrecken immer weiter ins Meer hinausgetrieben und kommen so allmählich um. Doch muß der Wind stark sein; denn können die Tiere ihm nur einigermaßen entgegenarbeiten, so kehren sie wieder um. Die, welche oben auf dem Trockenen der Insel sind, fliegen wieder auf und kommen gegen den Wind ans Land zurück. Die, deren Flügel genäßt find, suchen sich schwimmend ans Ufer zu arbeiten; und kommen sie dazu, — die Heuschrecken haben, so wenig sie das Wasser lieben, doch ein zähes Leben und ertrinken nicht leicht, — so sitzen sie dann zu Milli- ouen auf dem Sande des Ufers, schlagen mit den Flügeln, trocknen sie schnell und schließen sich dem Zuge der übrigen an. Die ertrunkenen werden ebenfalls allmählich ans Ufer getrieben, färben hier den Schaum der Brandung fchwarz und bedecken den Rand des Waffers in langen Dämmen wie ausgeworfener Seedünger. ^ Gelingt es nicht, auf die angegebene Weise den im Felde liegenden schwärm in die Höhe zu bringen, was z. B. bei Regen oder auch nur bei feuchter Luft durchaus unmöglich ist, weil dann die Heuschrecke matt am Boden liegt und kaum dem sie zertretenden Fuße ausweicht, so bleibt dann nichts anders übrig, als die bereits bedeckten Äcker preiszugeben und so viele als möglich zu verderben, um wenigstens das Übel zu mindern. In den Gärten zertritt und zerschlägt man sie auf alle mög- liche Weise. Es ist kein Fuß und keine Hand in der ganzen Steppen- gegend, die nicht schon viele Tausende dieser Unholde gemordet hätte.

9. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 237

1890 - Gotha : Behrend
Ein^spanisches Stiergefecht. 287 eine wohl vier Fuß lange, vierschneidige Toledotlinge. Diese muß dem Tier auf einer genau bestimmten Stelle in den Nacken gestoßen werden, um es zu töteu. lim aber den rechten Punkt zu treffen, handelt es sich um zwei, höchstens drei Zoll Entfernung, in welcher das Tier an dein Menschen vorbei stoßen muß. Alles ist darauf berechnet, daß der Stier eher nach dem roten Tuch als nach dem Träger ausholt, und daß er den Stoß blindlings gerade ausführt. Es kommen aber Ausnahmen vor, und dann ist der Matador verloren. Bedächtig und kaltblütig schreitet der Caballero auf seinen schwarzen Gegner zu und hält ihm das Tuch hin. Zweimal läßt er ihn unter seinem Arm durchpassieren. Das dritte Mal steckt die Klinge dem Tier bis ans Hest im Nacken. Noch wütet dieses wohl eine Minute herum, dann aber fängt es an, aus dem Munde zu bluten, schwankt und stürzt zusammen. Eine Art Henkersknecht schleicht dann von hinten heran und stößt ihm ein Stilet in den Nacken, worauf dann auch der Stier sogleich tot ist. Jetzt treten fünf Maultiere mit bunten Bändern und Schellen in die Bahn und schleifen die gefallenen Pferde und zu- letzt den Stier im Galopp hinaus. Es wird etwas Sand auf die Blutspur gestreut, und ein neuer Kämpfer kommt an die Reihe. So wurden acht Stiere nach einander zu Tode gehetzt. Zwanzig Pferde blieben tot auf dem Platze, manche wnrden mit schrecklicher Verwundung hinausgeführt. Ein einziger Stier tötete acht Pferde. Menschen kamen nicht zu Schaden. Es ist wahr, die Pferde sind derart, daß, wenn der Stier sie heute nicht tötet, sie morgen zum Schinder geschickt würden. Gute Pferde würden teils sehr kostbar, teils nicht dazu zu bringen sein, selbst mit verbundenen Augen dem Anrennen des Stiers standzuhalten, ohne zu scheuen oder ohne sich zu wehren. Je mehr Pferde der Stier tötet und je gefährlicher er den Menschen ist, um so lauter wird ihm applaudiert. Ein Stier wollte überhaupt nicht angreifen. Unter wütendem Schimpfen und Verwünschungen lief er verzagt in der Bahn nmher. Da rief alles, los perros, die Hunde. Ju die Bahn gebracht, waren diese kaum noch zu halten und stürzten wütend auf den Stier, welcher sogleich einen spießte und hoch in die Luft warf. Die übrigen faßten ihn aber; einer unter auderm biß sich in seine Zuuge sest und ließ sich hoch auf und nieder fchlendern. Man hätte ihn zerreißen können, ehe er losgelassen. Vier Hunde hielten zuletzt das große Tier so fest, daß es sich nicht inehr befreien konnte und daß der Matador ihn niederstieß. Mitten in dieser Schlächterei trat die junge Königin mit ihrem Gemahl und ihrer auch ebeu verheirateten Schwester ein, wurde vom Matador ebenso wie ihre Mutter, vom Publikum mit großem Beifall begrüßt. Als der achte Stier gerade geendet, fing es bereits an zu dunkeln, das ganze Publikum rief aber uach einen neuem Stier, und so wnrde der neunte fast im Finstern gehetzt, was für den Matador äußerst gefähr- lich wird. Den Schluß des Stiergefechtes bildet gewöhnlich eine Scene, in welcher das Publikum die Hauptrolle übernimmt. Alles steigt und klettert in die Arena herab. Nach und nach werden sechs Stück Jung-

10. Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches - S. 72

1890 - Gotha : Behrend
72 Bilder aus Ost-Europa. lebhaft ist's im Schilfwalde geworden, wo mit Schilf ein großer Handel getrieben wird, weil es als Hausdach und Hauswand dient, als Gartenzaun und Brennmaterial benutzt wird. Ganze Regimenter sendet die Krone zum Schilfschneiden, ganze Städte und Dörfer wandern aus; da werden Wege durch Sumpf und Fluß mittelst der Schilfbündel gebaut, da rauscht es von Sensenhieben, vom Jubel der Arbeiter, da schwirrt es von aufgescheuchten Enten, Gänsen und Pelikanen, da giebt es mit- unter ein Wolftreiben oder einen Jagdfang, bis nach wenigen Wochen der Erntejubel auf der Steppe und am Fluß verstummt, die Menschen verschwinden, um den Herden wie dem Wild freien Raum zu gewähren. Schweigend liegt die Steppe in der Sonnenglut; aus den Regen- schluchten steigt ein glühendheißer Luftstrom, weite Risse klaffen auf am steinharten Boden, das Gras verdorrt, Teiche und Brunnen verdunsten, das Vieh magert ab und erträgt mit Ungeduld Hitze und Durst in schattenloser Steppe. Unaufhaltsam trabt die sonst so langsame Herde dem Tränkplatz zu und tritt regelmäßige geradlinige Pfade aus; am Brunnen des Dorfes steht sogar eine Schutzwache. Schwarzer Staub steigt bei jedem Schritte empor und mehrt die Qualen der Hitze; das Gras zerfällt mürbe in Asche, die Luftspiegelung zeigt ihre trügerischen Wasser- und Baumlandschaften, träge liegen die Herden den Tag über in der Sonne, verlieren den Appetit und die Lebenslust. Erst mit Ansang des Septembers kühlt sich die Luft ab, Nachttau und mit- uuter ein Regen erquicken die Pflanzen, die von neuem grünen, die Herden werden mnnterer, der Übermut der Steppenwildheit erwacht wieder in ihnen, und bald tönt die Steppe wieder vom Hufschlag flüchtiger Roßherden, vom Brüllen und Blöken der Rinder und Merinos, vom Kläffen der Hunde, vom langgezogenen eintönigen Zuruf der Hirten, mit welchem sie sich und die Herde leiten, von Vogelgeschrei, Tierkämpfen und Jagdlärm der Kosaken. Doch die Tage werden kürzer, die kalten Nächte länger, und das sreie Steppenleben geht zur Neige. Langsam treibt der Roßhirt seine schwer zu bändigende Herde nach der Dreschtenne oder dem Roßmarkt, der Rinder- und Schafhirt die seinige nach dem Schlachthause. Sieh, dort der Dreschplatz von Leinen, Pfählen und Planken eingefaßt, sein Boden mit tausend Garben bedeckt. Der Hirt hält die Herde beisammen, die scheuen Tiere drängen und stoßen einander, steigen empor, kreischen und schlagen aufeinander. Aber alle Gegenwehr ist vergeblich, die Hälfte der Herde muß in die Tenne. Wild stürzt sie hinein, daß die Garben hoch auffliegen, und die ausgetretenen Körner knisternd umher- fliegen. Dadurch werden die Tiere noch scheuer, springen in tollen Sätzen die Tenne auf und nieder, indem sie einen Ausweg suchen, bis sie von Schweiß triefend herausgelassen werden, und die andere Hälfte der Herde die Arbeit des Austretens vollenden muß. Ähnlich ergeht es den Rosien auf dem Markte, in dessen Umzäunung sie sich drängen und tummeln, während der Hirt mit der Schlinge dieses und jenes sängt, es durch einen Ruck zu Boden wirft und dem Käufer überliefert, der es zähmt. Viel eruster wird der Herbstschluß für die fetten Rinder
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