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1. Das Mittelalter - S. 203

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Huber und Maillth: Rudolf von Habsburg. 203 ein hundertjähriger Ritter, Otto von Haslan, trug es — entsank des Greises müden Händen, Heinrich von Lichtenstein ließ es aufs neue wehen; dreizehn Trautmannsdorfe fielen im Gewühl der Schlacht. Rudolf selbst war zweimal in Lebensgefahr. Herbot von Füllenstein, ein polnischer Ritter, groß und stark, gleich eütem Riesen, hatte geschworen, ihn zu töten, er drängte sich an den König, aber Rudols überwand ihn und nahm ihn gefangen. Ein anderer aus Thüringen tötete des Kaisers n rb' Siegel Ottokars von Böhmen. Pferd, die Seinen kamen Rudolf zu Hilfe. Da sprach er: „Sorget nicht für einen einzelnen Menschen, gehet wieder in die Schlacht, stehet andern bei!" Eines Ritters Roß nahm er an und stürmte wieder in den Feind; da rief plötzlich der Markgraf von Hochberg: „Die Feinde fliehen!" Jubelnd wiederholten die Seinen den begeisternden^Zuruf^ die" schön wankenden Böhmen wanbten sich zur Flucht. In biesem entfcheibenben Augenblick rief Ottokar die Nachhut vor, auch biefe war schon in einen Kampf mit den Kutnanen verwickelt. Milota von Rosenberg, als er des Königs bebrängte Lage sah, übte Vvllstänbige Rache: statt sich der Kumanen

2. Das Mittelalter - S. 205

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Freytag: Die Waffenübungen des Rittertums im 13. Jahrhundert. 205 Xxvii. Die Waffenübungen des Rittertums im 13. Jahrhundert. (G. Freytag.) Große Bedeutung erhielten für den Ritter feit dem Ende des zwölften Jahrhunderts die Waffenübungen, welche ein Vorrecht feines Standes geworden waren. Sie wurden in der Hauptsache schon im 10. Jahrhundert eingerichtet und feit den Kreuzzügen mit den Spielgefetzen, welche die Romanen allmählich erdacht hatten, zu einem System von Regeln verbunden, an deren Beobachtung der höfische, d. h. gebildete Mann erkannt ward, deren Verletzung für unehrenhaft galt. Von diesen Übungen war die häufigste, Grundlage der übrigen, die Tj o ft, der Speerstich zweier gerüsteter Ritter gegeneinander. (Vgl. S. 209.) Zweck dieses Kampfes war, den Gegner im fcharfen Anritt mit dem Spcer so zu treffen, daß entweder der Gegner vom Pferde geworfen wurde oder der Speer in die Rüstung des Reiters drang und von dem Stoß zersplitterte. Zu solchem Kampfe wurde ein Raum abgegrenzt, wenn die Örtlichkeit das erlaubte; beide Gegner nahmen einen Anlauf, den „Pnneiß", wobei das Roß mit gesteigerter Schnelligkeit so zu leiten war, daß es die größte Kraft im Moment des Stoßes gab. Man ritt dabei nicht „Stapfes oder Drabs" — im Schritt oder Trab — es gehörte Kunst dazu, zur rechten Zeit aus Galopp in Karriere, oder wie man damals sagte, „aus dem Walap in die Rcibbine" zu treiben. Der Anlauf war „kurz" oder „lang"; der lange erforderte größere Sicherheit in Führung des Rosses und Speeres, er war natürlich wirksamer; es ist charakteristisch, daß der lange Anlauf um 1200 für trefflicher galt, nach 1400 wegen der schweren Rüstung für unbequem. Es war Spielregel, bei biefem Rennen den „Hurt", das Zusammenprallen der Reiter und der Rosse, zu vermeiben, und der Reiter mußte verstehen, nach dem „Stich" mit einer Volte rechts abzubiegen, wenn er nicht die bösliche Absicht hatte, den Gegner zu überrennen; was am leichtesten geschah, wertn er schräg auf ihn hielt. Die „rechte Tjost" aber war, daß man in gerader Linie Front gegen Front aufeinander stieß, in diesem Fall traf der Speer die Schildfeite des anderen; war der Anlauf von beiden Seiten gleich kräftig und der Stich ohne Fehlen, so kamen trotz der Volte die Kämpfer einander häufig so nah, daß Schild an Schild stieß und die Kniee geklemmt wurden. Der Stoß wurde wirksamer aber schwieriger, je höher er gerichtet war; den oberen Rand des Schildes treffen, wo er sich mit dem Helm berührte, oder den Helm selbst, galt für den besten Stoß; das ungepanzerte Roß zu treffen, war große Ungeschicklichkeit. Wer dem

3. Das Mittelalter - S. 207

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Freytag: Die Waffenübungen des Rittertums im 13. Jahrhundert. 207 ihn artig mit den Worten anmeldete: „Mein Herr begehrt Ritterschaft an euch"; kam die Antwort: „sie wird ihm gewährt, wie er sie auch begehrt", so tauchte der Ritter selbst, in seinem schönen Waffenkleide, mit gebundenem Helm hervor, nach gefälliger Annahme sämtlicher Beteiligten durchaus unkenntlich; er zerstach seine Speere und deutete dnrch Rückzug in das Gehölz an, daß er wieder verschwinde. Deshalb nannte man in der Rittersprache von dem romanisierten Worte „Forest", Hain, alles Verkleiden oder Veranstalten eines ritterlichen Abenteuers beim Rennspiele „forestieren", auch wenn es nicht mehr vom Waldesdickicht ausging. Es lag nahe, in diesen Verkleidungen Heldengestalten der Sage und der Rittergedichte nachzubilden. Zumal weun sich ganze Gesellschaften für ritterliches Spiel zusammeuthaten, erschienen die Helden Karls des Großen, die Mannen Siegfrieds und Dietrichs von Bern und die Gralritter in phantastischem Schmuck. Von vielen Maskenscherzen und Erfindungen der Rennbahn, durch welche man der Tjost höheren Reiz zu geben suchte, hat einer in unseren Ostseestädten Erinnerungen hinterlassen, welche bis zur Gegenwart dauern, die Tafelrunde des Königs Artus. Ein Zelt, Pavillon, Turm wurden inmitten des Stechplatzes aufgerichtet, die Helden des Artushofes kämpften gegen geladene Gäste oder nahmen bewährte Ritter in ihre Gesellschaft auf, zuletzt schmausten die Gesellen au rundem Tisch, froh der Verkleidung und des poetischen Schimmers, in dem sie einander sahen. In Österreich richtete Ulrich von Sichtenstein 1240 dieses Spiel ein, in der Mitte des Kampfplatzes das Zelt der Tafelrunde von vier Bannern umsteckt, im zweiten Ring herum eine schöne seidene Schnur, gelb und blau geflochten, durch 200 Speerfähnlein gehalten; der Ring hatte zwei Thore, durch welche die Angreifer einzogen, gegen sie wurde das Zelt von den Artusrittern verteidigt. Und im Jahre 1285 führten die Magdeburger diese Erfindung noch schöner aus. Dort standen damals den Pfingstspielen die Söhne der reichen Bürger vor, welche die Genossenschaft der Konstabler bildeten. Sie hatten mehrere ritterliche Spielweisen, darunter den Roland, den „Lchildeichenbanm" und die „Tafelrunde"; in jenem Jahr baten sie einen gelehrten Genossen, Bruno von Sconenbecke, er möge ihnen ein freudiges Spiel bedenken, da machte er das Gralspiel und dichtete höfische »riefe _ dazu. Diese wurden nach Goslar, Hildesheim, Braunschweig, Quedlinburg, Halberstadt und anderen Städten gesandt, und die Kaufleute,^welche Ritterschaft üben wollten, wurden nach Magdeburg geladen. Alle Jünglinge der Stadt rührten sich; die von Goslar kamen mit ver-beeftert Rossen, die von Brannschweig alle in grünen Röcken und grünen Wappendecken, jede Stadt hatte ihre besonderen Wappen und Farben. Die Anziehenden wollten nicht einreiten, wenn man sie nicht mit einer

4. Das Mittelalter - S. 254

1891 - Münster i. W. : Schöningh
254 Mittelalter. Kaiser: „Sie vergessen das Beste an ihm hervorzuheben, er ist ein so getreuer Sohn, daß er seinem Vater zum Segen gereicht." Schon Maximilians äußere Erscheinung war sesselnd und wohlthuend, seine edle Gestalt, sein fester sicherer Gang, der Adel und die Würde in all seinen Bewegungen, der Ausdruck unverkümmerteu Wohlwollens auf seinem Antlitze, die unversiegbare Heiterkeit seines reinen Gemütes und seine herzgewinnende Rede, die manchen feindlich Gesinnten oft bei der ersten Begegnung versöhnte. Als er einmal beim Empfange seiner Gemahlin Maria von Burgund in Gent seinen Einzug hielt, auf hohem braunen Roß alle überragend, in glänzender silberner Rüstung, unbedeckten Hauptes, seine reichert, blonden Locken in einen Kranz von Perlen und Edelsteinen gefaßt, da schrieb ein Anwesender: „Welch eine prächtige Erscheinung! Maximilian ist so jugendlich frisch, so männlich kräftig, so strahlend vor Glück, daß ich nicht weiß, was ich mehr bewundern soll, ob seine blühende Jugend, oder seine Kraft, oder sein Glück. Man muß ihn gern haben, den glänzenden Mann." Man mußte ihn ebenso gern haben, wenn man ihn im einfachen, grauen Jagdrock, den Stulphut auf dem Kopfe, mit Steigeisen, Armbrust und Jägerhorn versehen, die höchsten Gebirge und Felsschluchten Tirols durchwandern sah, oder ihrt ein trauliches Gespräch mit einem vorübergehenden Bauer anknüpfen hörte, oder wenn er bei geselligen Vergnügungen, etwa in Frankfurt oder Ulm, in launiger Rede mit den Bürgern oder Bürgerstöchtern scherzte und es den Patrizierfrauen nicht verübelte, daß sie, die von seiner baldigen Abreise gehört, ihm Stiefel und-Sporen versteckten, damit er noch einen Tag länger bleibe und auch den morgigen Tanz mit der Königin des Festes eröffne. Maximilian war in seinem ganzen Wesen das gerade Widerspiel seines trägen und unschlüssigen Vaters. Während Friedrich am liebsten stets in den breiten Geleisen des privilegierten Herkommens fortging und ans Scheu vor Verantwortlichkeit jede durchgreifende Maßregel vermied, fühlte Maximilian den lebendigen Trieb in sich, für eine neue, jugendliche Zeit Kraft und Leben einzusetzen, alle geistig Hochstrebenden zu ermuntern und zu fördern, alles gute und bewährte Alte zu ehren, zu erhalten und neu zu festigen, dagegen alles wirklich Veraltete zu entfernen. Seine Wißbegierde war unbegrenzt, und er lernte eben so leicht Geschütze gießen und bohren und Harnische anfertigen, als er das Studium der Geschichte, Mathematik und Sprachsünde betrieb. Wie als der waffenfähigste, so galt er auch als der sprachgewandteste Fürst der Christenheit, denn außer dem Deutschen und Vlamischen sprach er geläufig Latein, Französisch, Wallonisch und Italienisch und eignete sich auch die Kenntnis des Spanischen und Englischen an. Sein lebhafter, feuriger und unternehmender Geist, den er von feiner südländischen

5. Das Mittelalter - S. 77

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Freytag: Karls des Großen Hofhaltung. 77 Schwester Karls, die ältere Gisela mit dem Beinamen Lucia, eine treue Freundin Alkuins, und ihre Vertraute Riktrudis, mit akademischem Namen Columba; dann die glänzendste Gestalt des Hofes, Gundrada, mit dem Beinamen Eulalia, von hohem Adel und großer Liebenswürdigkeit. Noch viele andere zählen zu Alkuins Akademie, aber sie reisen als Sendboten auf des Königs Straße oder sitzen in ihren Abteien oder Bischofssitzen, um die lautere Flamme der Wissenschaft weiter zu verbreiten in ihrer Landschaft, oder um dem Könige zu dieuen in weltlichem Geschäft, denn nicht zu königlichem Pruuk hat Karl sich seine Gelehrten gezogen. Der größte Gedanke wird ihm sogleich praktisch, und wenn er sich zu Alkuin neigt, so denkt er zugleich daran, wie das Wissen des großen Mauues seinen armen einfältigen Franken zum Heil werden könne. Auch unter den Mitgliedern der Akademie war, wie bei gelehrten Männern natürlich, nicht immer Freundschaft und unbefangene Aner-kennuug des anderen. Es gab Parteien, und sie stießen in Scherz und llrnst auseinander; die Irländer zumal, die damals Schotten genannt wurden, hielten fest zusammen, sie waren heftig von Art und pedantisch in ihrem Wissen, altertümlich in Schreibweise wie in den gemalten Arabesken ihrer Schrift, und wurden von den zierlichen Südländern und dem gelehrten Frankenadel geneckt und angefeindet. Karl ließ die kleinen Bosheiten in seiner behaglichen Weise gehen, bis ihm einmal die Ader des Königszornes schwoll und sein Auge auf den Übermütigen einen Flammenblitz schleuderte, den keiner ruhig aushielt und dessen seine Dichter immer wieder gedenken. — Aber nicht der ganze Hof gehörte zur Akademie, neben den Gelehrten fah man Gestalten aus dem alten Frankenreich; da war der dicke Ritter Wibod, der bei den Versen den großen Kopf schüttelte und finster darein sah. Auch mancher wilde Schlachtengesell streckte seine riesigen Glieder unter den glatten Höflingen, so einer, der seinem Roß, das vor dem geschwollenen Bergstrome scheute, in die Flut voran sprang und das furchtsame beim Zügel nach sich riß, und von dem man fagte, daß er im Kriege die kleinen Böhmen wie Lerchen auf feine Lanze reihte und auf die Frage, wie es ihm im Böhmerwald gefallen, antwortete: „Es war Wurmzeug, sieben oder acht spießt ich auf und trug sie dahin und dorthin, weiß nicht, was sie dazu brummten, es lohnte sich nicht, daß der Herr König und wir gegen solches Gesindel das Stahlhemd anzogen." Sehr anschaulich erzählt Karls Biograph Einhard vom Tagesleben des Königs, wie einfach dieser in Kleidung und Küche war, daß er am liebsten Braten aß, den ihm sein Koch auf dem Spieße hineinbringen mußte, und bei jeder Mahlzeit nur dreimal trank, was ihm 700 Jahre später Karl V. nachthat. Wenn er aber als Herr vor Fremden seinen Hofhalt sehen ließ, dann bedienten ihn bei der Tafel die ersten seiner

6. Das Mittelalter - S. 81

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Freytag: Karls des Großen Hofhaltung. 81 großem Tadel auf die Linken, erschütterte ihre Gewissen durch einen flammenden Blick und schleuderte auf sie ironisch diese schrecklichen Worte, mehr donnernd als sprechend: „Ihr Edlen, ihr Söhne von Fürsten, ihr Zarten und Niedlichen, ihr habt euch auf Geburt und Gut verlassen, habt mein Gebot und euren Ruhm verachtet, habt die Wissenschaften vernachlässigt und eure Zeit mit Prunk, Spiel, Nichtsthun oder eitlen Künsten vollbracht." Dies schickte er voraus; daun wetterte er seinen gewöhnlichen Schwur, indem er sein hohes Haupt und die unbesiegte Rechte zum Himmel richtete: „Beim König der Himmel, ich mache mir nichts aus eurem Adel und eurer Schönheit, wenn euch auch audere bewundern; und das sollt ihr sonder Zweifel wissen, wenn ihr nicht die frühere Trägheit durch wachsamen Fleiß wieder gut macht, so werdet ihr von Karl nie etwas Gutes erhalten!" Der König war gastfrei und sah gern Fremde an seinem Hose. So stark war in der letzten Zeit der Fremdenbesnch, daß die Ordnung des Hofhalts schwer zu erhalten war, das Land die Belästigung empfand und die Franken unzufrieden wurden. Karl aber kümmerte sich gar nicht darum. Es war eine bunte Gesellschaft, welche aus der Fremde kam; neben dem gelehrten Mönche aus Italien, der lateinische Verse zum Lobe des großen Königs zu machen wußte, stand im Vorzimmer der Sarazenenhäuptling aus Spanien, mit Turban und juwelengeschmücktem Handschar (gebogenem Dolch mit breitem, langem Griff), vornehme Sachsen im langen Leinen-gewande, der langobardische Graf in kurzem Purpurmantel, den er sich mit Pfauenfedern besetzt hatte, Avareu mit geflochtenem Haarschopf, dazwischen Gesandte des Kaisers von Byzanz, braune Mauren und schlanke Perser, ^er König war gegen alle der gastliche Wirt, sroh, Geschenke zu geben, und- herzlichst erfreut, wenn er etwas Seltenes erhielt. Der Kaiser von Byzanz hatte seinem Vater eine Orgel geschenkt, die erste im Frankenland, dann ihm selbst eine bessere, und die himmlische Musik des Wunderwerks wurde noch immer von Geistlichen und Laien angestaunt, wie es bald das Rollen des Donners, bald den süßen Ton der Leier und Zimbel nachahmte. Harun al Raschid sandte durch Isaak einen Elefanten und lustige Affen, der Maurenkönig aus Afrika einen Löwen und numidischen Bären. Karl aber beschenkte den Harun mit Hunden, welche so stark waren, daß sie einen Löwen packten. Gern führte der König seine Gäste auf die Jagd, denn Weidwerk blieb ihm die-liebste Erholung; der Jagdgrnnd, zu dem er am häufigsten zog, war der Ardennerwald. Stattlich war der Auszug der kaiserlichen Jagd, wie ihn Angilbert, der Freund und Sänger Karls, beschreibt. Wenn die erste Morgenröte auf die Berggipfel fiel, dann eilte die Schar der edlen Knaben vor das Schlafgemach des Königs und erwartete ihn auf der untersten Stufe. In der Stadt wurde es laut, die Menge tnm- Aus allen Jahrhunderten. Ii. g

7. Das Mittelalter - S. 82

1891 - Münster i. W. : Schöningh
82 Mittelalter. melte sich auf dem Platze, die Herren riefen ihren Dienern, Roß wieherte gegen Roß. Das Leibpferd des Königs wurde an die Stufen geführt, Zaum und Decke waren mit Gold geschmückt, stolz schüttelte es die Mähne und freute sich der Bergfahrt. Endlich trat Karl heraus, sein edles Haupt umschloß ein Goldreif, gewaltig war auch in der Jagdlust seine Haltung und Gebärde, der Schwarm umdrängte ihn, die Knaben trugen die Jagdspieße mit spitzen Eisen, das leinene Netz mit vierfachem Saume, sie führten die halsgefesselten Hunde, Winde und Bracken. Die Hörner tönten, lustig zogen die Klänge durch die Luft, der Köuig fuhr mit seinem Jagdgefolge ins Freie. Länger säumte die Kömgin, endlich kam sie aus dem Schlafzimmer, gefolgt von großer Schar. Die Locken hingen mit Purpurgewaud durchwunden auf den hellen Hals, goldene Fransen umsäumten das Purpurgewand, auf der Schulter glänzte ein kostbarer Beryll, auf der Stirn das goldene Diadem, am Hals ein Band von Edelsteinen. Die Königin bestieg ihr Roß, das feurig unter der Hand des Knaben aufbäumte, und folgte mit großer Begleitung dem Gemahl. Die übrige Jugend erwartete an der Thür die Kinder des Königs. Nach der Ehre ihres Alters treten sie einzeln hervor, Karl, der älteste, das verjüngte Abbild des Vaters, dann der kriegstüchtige Pippin, der Held des Avarenkrieges, der Liebling des Hofes, mit einer großen Schar der Begleiter, auch er die Schläfe mit goldenem Reife geschmückt. Mit der Schar der Edlen reiten sie in das Freie, groß ist Getön und Gedrang, lauter schallen die Hörner, bellen die Hunde. Jetzt erst folgt die Reihe der Königstöchter, sie schwingen sich mit den Frauen ihres Gefolges auf die Rosse, zu gemächlichem Schritt bändigt Hruodrud das ihre, dann kommt Bertha, in großem Frauengefolge, Gisela, Hruodhaid, Theodadra, Hildrud, sie jagen auf flüchtigen Rossen den Männern nach ins Freie. Das ganze Jagdheer ist am Waldessaum versammelt. Die Ketten werden den Huuden abgelöst, sie stürzen in das Holz, das Wild zu suchen. Die Reiter umgeben das Dickicht, Gebell erschallt, ein Eber ist gefunden, den Hunden stürmen die Männer nach, von lautem Getöse erschallt der Wald. Der Eber stürzt vorwärts und hält sich auf der Höhe des Berges. Die Hunde erreichen ihn, er aber fällt sie an mit scharfem Zahn. Da sprengt der König selbst hinzu, und als der Schnellste im Hausen stößt er ihm das Eisen in die borstige Brnst und ruft laut dem Gefolge: „Gut Heil dem Tage, wie der Anfang war; wohlauf an Weidmanns Werk mit Gunst, Gesellen!" Kaum war das Wort gesprochen, so stob der Haufeu den Berg hinab, und jeder dachte der Beute, Karl aber flog allen voran, den Wurfspeer in der Hand. Viel Wild wnrde erlegt bis zum Abend. Da teilte der König die Jagdbeute unter alle Edlen, dann ging der Zug nach der grünen Lichtung, wo ein Bach floß, Wohnsitz von vielen Vögeln, die da hausten und badeten. Dort standen goldgeschmückte Zelte auf dem

8. Das Mittelalter - S. 83

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Freytag: Karls des Großen Hofhaltung. 83 Grund und hin und wieder die Jagdhütten der Edlen. Und Karl rüstete den Jagdgenossen ein frohes Mahl und setzte sie nach den Jahren gesellt, die würdigen Greise zusammen, die Männer bei vollen Jahren und wieder die flügge Jugend und gesondert die Jungfrauen. Er ließ den Wein auf die Tifche setzen. Unterdes sank die Sonne, die Nacht stieg herauf, die Müden ruhten aus unter dem Zeltdach im grünen Walde. Nicht ohne Gefahren war die Jagd im Bergwald, noch wurde der Bär und Auerochs verfolgt, und Karl selbst erlebte mit dem Getier Abenteuer. Einst — es war in früheren Jahren — verfolgte er einen Trupp Ure. Er fuhr an eines der Tiere heran und hob die Waffe, aber der Schlag mißlang, das greuliche Tier zerriß dem König die Strümpfe und die Bänder der Schuhe und tras mit der Spitze des Horns sein Bein. Jsambard aber, der Sohn des Warin, sprang gegen das Tier, bohrte den Speer zwischen Schulter und Hals bis an das Herz und wies das zuckende Ungeheuer dem König. Der König aber that, als sähe er's nicht. Nun kamen alle und wollten zum Dienste des Königs ihre Strümpfe ausziehen; er aber hinderte sie und sprach: „So zugerichtet muß ich zur Hildegard kommen." Der König ritt zurück, er rief die Königin, zeigte ihr den zerrissenen Fuß und sprach: „Was verdient der, der mich von diesem Gegner befreit hat?" Und sie erwiderte: „Das Beste." Da erzählte ihr der Herr alles der Reihe nach und legte ihr die ungeheuren Hörner als Zeichen hin, sie aber stöhnte und weinte. Und da Jsambard damals in Ungnade war und aller Würden beraubt, so warf sie sich dem König zu Füßen und erbat für Jsambard alles zurück, und sie selbst spendete ihm Gaben. X. Die tlordgermanen. (L- v. Ranke.) Die Nordgermanen erscheinen als die Überreste der alten heidnischen Stämme, die, übrigens allenthalben zurückgetrieben, hier noch einmal ein germanisches Gemeinwesen in eigenster Art und Weise entfalteten und auf die christlich organisierte Welt eine Einwirkung ausübten, welche sich nicht auf einmal entlud, aber in Jahrhunderte langer Fortsetzung zur Gestaltung des Occidents nach und nach entscheidend beigetragen hat. Wahrscheinlich ist, daß die Germanen zwischen der finnischen Nationalität, welche die Polarländer innehatte, und den Celten, die den Westen beherrschten, im nördlichen Europa emporgekommen sind, und zwar mit beiden in Kontakt, denn Spuren celtischer und finnischer Sprache 6*

9. Das Mittelalter - S. 104

1891 - Münster i. W. : Schöningh
104 Mittelalter. erhebt, wurde, dem vermeintlichen Gründer zu Ehren, erst in der Zeit der städtischen Selbständigkeit am Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts errichtet. Otto der Große stand bei seinem so plötzlich eintretenden Tode erst im zweiundsechzigsten Lebensjahre, und hinter ihm lag eine Regierung von nicht ganz siebenunddreißig Jahren. Versuchen wir, uns hier am Ende seiner irdischen Laufbahn die Züge seines Wesens zu vergegenwärtigen, so erscheint er uns, im Äußern dem Vater ähnlich, als ein Mann von stattlichem und breitem Wuchs voll königlicher Würde, sein Haupthaar, das er kurz zu schneiden Pflegte, hier und da ins Graue fallend, seine Augen leuchtend und von aufblitzendem Glanze, die Gesichtsfarbe rötlich. Den Bart trug er länger, als es die Sitte der Väter gewesen war, und bei diesem seinem Barte Pflegte er, wie noch die Sage meldet, zu schwören. Ihn selbst nannte man wohl zuweilen einen Löwen. So wird, als der Kaiser einst in St. Gallen während des Gottesdienstes seinen Stab sallen ließ, dem jüngeren Otto das Wort zugeschrieben: „Mich wundert, daß ihm, der das Reich so fest hält, der Stab niederfiel. Denn wie ein Löwe hat er noch alle Reiche festgehalten, die er erworben, und mir, seinem Sohne, nicht den geringsten Teil davon abgegeben." Ein im Käfig an Ketten gelegter Löwe erschien dem Abte Majolus von Cluguy (Bourgogue) im Traume als Vorzeichen von dem baldigen Tode des Kaisers. Ottos Gang war ungleich, bald rasch, bald bedächtiger, seine Tracht nur die vaterländische, wie sein ganzes Wesen. Er liebte das fürstliche Vergnügen der Jagd, für welche es in Italien eingezäunte Gehege gab, wenn auch nicht ganz so leidenschaftlich als sein Vater, den die Volkssage deshalb als den Vogelsteller verewigt hat; auch das Brettspiel gewährte ihm öfter Unterhaltung, und bisweilen tummelte er mit königlicher Wucht sein Roß im Kampfspiele. Die niedersächsische Mundart, die den Oberdeutschen als eine halb fremdartige erschien, war Ottos Muttersprache und die einzige, die er geläufig redete, denn nur selten ließ er sich herbei, französisch oder slavisch zu sprechen, obgleich er es vermochte. Gelegentlich wird ihm jedoch der romanische Morgengruß von man in den Mund gelegt. Die lateinische Sprache blieb ihm fremd, da er, als Krieger in rauher Zeit aufgewachsen, keine gelehrte Bildung erhalten hatte. Verhandlungen oder Schriftstücke in lateinischer Zunge mußten ihm daher verdolmetscht werden. Aber wir wüßten auch nicht von irgend welcher näheren Beziehung zur deutschen Litteratur, außer daß auf seine Aussöhnung mit Heinrich ein Geistlicher am Hofe ein halb deutsches, halb lateinisches Lied dichtete und vielleicht überreichte. Doch besaß er eine rasche Fassungsgabe, und es fehlte ihm nicht an Sinn für höhere Geistesbildung, denn ebenso wie seine Mutter erst als Witwe lesen und schreiben gelernt hatte, so lernte auch er die

10. Das Mittelalter - S. 156

1891 - Münster i. W. : Schöningh
156 Mittelalter. Vom Dunkel begünstigt, war der Kaiser unbemerkt dem Feinde entkommen und hatte endlich ein Versteck gefunden, das ihm Sicherheit bot. Hier hielt er sich einige Tage verborgen, bis er keine Nachstellungen mehr zu befürchten hatte. Niemand wußte von seinem Schicksal, und die ©einigen waren in großer Besorgnis um sein Leben. Vor allen war die Kaiserin, die in Pavia zurückgeblieben war, schwer bedrückt und legte Trauerkleider an. Da erschien er unerwartet nur mit einem geringen Gefolge wieder in Pavia und wurde hier mit hellem Jubel begrüßt. Nach und nach sammelten sich hier auch die andern Herren, welche dem Verderben entgangen waren. Es zeigte sich, daß der Verlust weit geringer war, als man erwartet hatte. Von den deutschen Fürsten, die am Kampfe sich beteiligt hatten, wurden nur die vorhin erwähnten Gefangenen vermißt, von den Rittern waren manche gefallen, andere in die Hand der Feinde geraten, aber auch von ihnen war die Mehrheit entronnen. Die auf dem Schlachtfeld gebliebenen Leute waren meist von geringer Bedeutung. Der Kaiser war bald in Pavia wieder von einer stattlichen Anzahl deutscher und italienischer Großen umgeben. Ohne Frage hatte der Kaiser eine sehr empfindliche Niederlage erlitten, die feine Lage in der Lombardei erschwerte. Aber daran fehlte doch viel, daß sie eine verzweifelte gewesen wäre. Abgesehen davon, daß er auf eine Unterstützung Comos nicht mehr zu rechnen hatte, blieben alle in Italien, die bisher zu ihm gehalten hatten, fest auf feiner Seite, und von dem neuen Zuzug aus Deutschland war ein nicht geringer Teil doch noch nach Pavia gelangt. Trotzdem hielt der Kaiser jetzt so wenig, wie früher, seine Macht für ausreichend, um den Lombardenbund niederzuwerfen, und auf neue Verstärkungen war in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Es ist deshalb nicht zu verwundern, wenn er von neuem seine Gedanken darauf richtete, wie er zu einem annehmbaren Frieden mit den Lombarden gelangen könne. Xxi. Dritter Kreuwg. Marsch des christlichen Heeres durch Mein-nsteit. Kaiser Friedrichs Tod. 1190. (F. v. Raumer.) Als sich der greise Kaiser Friedrich Barbarossa nach dem Verluste des heiligen Landes an Saladin (1187) entschlossen hatte, mit den Königen von Frankreich und England einen neuen Kreuzzng zu unternehmen, sammelte er im Frühjahr 1189 seine Scharen bei Regensburg, zog durch
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