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Noth zu mildern, doch gehörten Jahre dazu, um den Berlust
einigermassen zu verschmerzen.
"Wie war 'denn aber nun das Unglück entstanden," fragte
das kleine Lottchen, "das so viele Leute verderbte?" "Man
weiß es nicht gewiß", antwortete Vater Bernhard, der diese
Geschichte seinen Kindern erzählt hatte. "Manche meinen, das
Feuer sei von boshaften Menschen angelegt worden; wir
wollen aber lieber glauben, daß es durch Unvorsichtigkeit ent-
standen sei. Es ist eine zu große Bosheit, wenn Jemand ans
Neid, Rachsucht oder Schadenfreude das Haus seines Mitbürgers
anzündet, und Habe und Leben in Gefahr setzt, als daß man
glauben sollte, daß viele Menschen derselben fähig wären. Es
wird auch ein solch unmenschliches Verbrechen von der Obrigkeit
an Leib und Leben hart bestraft. Größtenteils entstehen die
Feuersbrünste durch Unvorsichtigkeit, oft so, daß der Mensch, der
sie veranlaßt hat, es selbst nicht weiß. Darum muß jeder Mensch
in Absicht auf das Feuer alle mögliche Vorsicht anwenden, wozu
auch die Kinder in den Schulen schon ernstlich angewiesen wer-
den. Nur eine Art der Entstehung der Feuersbrunst ist unver-
meidlich, nämlich wenn der Blitz die Gebäude entzündet. Dieser
Fall ist aber der seltenere, und auch dann kann die Vorsicht
und gute Anstalten die Gefahr sehr mindern, besonders durch
Blitzableiter, welche die neuere Zeit sehr verbreitet hat und die
überall an hohen Gebäuden angebracht werden sollten." —
74. Behalte kein unrechtes Gut in deinen Händen!
Ein reicher Mann befahl auf seinem Sterbebette seinen drei
Söhnen, eine Summe Geldes, um die er arme Waisen betrogen
hatte, denselben wieder zu erstatten.
Die Söhne versprachen es; sobald aber der Vater verschie-
den war, verabredeten sie sich mit einander, das Geld zu behal-
ten, indem Niemand um den begangenen Betrug wisse.
Während sie noch in der Sterbekammer beisammen waren,
trat ein alter, ehrwürdiger Einsiedler mit kahler Stirne und
langem weißem Barte, herein. Sie erschrocken; indeß baten sie
ihn, sich-zu setzen, und fragten ihn: "Nun, frommer Altvater,
was kannst du uns gutes Neues aus der Wüste erzählen?"
"Nichts Gutes," sagte der ernste, alte Mann. "Indem ich
durch die einsame Wüste so dahin wanderte, war es mir, als
vernähme ich aus der schauerlichen Tiefe einer dunklen Felsen-
kluft eine Stimme, die heulend rief: "O weh mir! die Seele
eines reichen Wnchdrers, die ich schon Jahre lang in der
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Nie hat ein Mensch Alles. — Aber suche die guten Eigen-
schaften deines Nächsten zu nützen, und sei auch mit den deinigen
dienstfertig gegen ihn, so ist oft beiden geholfen. —
129. Der Wanderer und die zwei Flüsse. (Fabel.)
Ein Wanderer kam an ein Wasser, das breit war, und
mit großem Geräusche über Steine und Kiesel hinrollte. Er
verzog lange und sah sich weit und breit nach einer Brücke oder
einem Fahrzeuge um. Vergebens! Nur die höchste Noth trieb
ihn, daß er durchzugehen wagte, und er fand es dann zehnmal
leichter, als er geglaubt hatte.
Wenige Stunden darauf kam er an ein zweites Gewässer.
Es floß schmal, ohne Gemurmel, und fast unbemerkbar dahin.
Bin ich durch jenes größere Wasser so unbeschädigt gekommen,
dachte der Wanderer, wie viel leichter wird es mir bei diesem
kleinen, unbedeutenden Bächlein sein! — Er ging gerade durch,
kam auf eine Untiefe und — ertrank.
*
* *
Den schweigenden Feind fürchte zehnfach stärker, als den-
jenigen, der schwätzt und droht.
130. Der Kerker. (Schilderung.)
Komme, folge mir im Geist freiwillig auf einige Augenblicke
in die Hölle auf Erden, und laß diesen Gang uns erschüttern,
durchwettern und warnen, auf daß nicht einst unser Leib gezwun-
gen und länger daselbst verweilen müsse!
Zwei Thüren von dicken Bohlen, mit festen massiven
Schlössern versehen, schließen einen unheimlichen Raum, den
rings gewaltige Steinmauern umzwängen. In der einen Wand
befindet sich ein kleines Fenster, das mit einem starken Eisengitter
verwahrt ist; alle übrigen Wände sind, wie die Decke, kahl und
einförmig. Du erblickst hier weder Sopha noch Stuhl, weder
Tisch noch Bett, weder Lampe noch Leuchter, weder Buch noch
Feder, noch so irgend Etwas, das zur Zerstreuung oder Bequem-
lichkeit dienen könnte; ein eiserner Ofen, ein hartes Strohlager,
ein schwerer Block und unzerreißbare Ketten, das ist die ganze
Summe des Geräths. Und weßhalb ist diese Grube gemauert?
Sollen Wölfe oder Tiger in ihr Hausen? Mit Nichten! Für
Menschen ist sie bestimmt; für sreigeborne Menschen, die einst
den Stempel der Gottähnlichkeit an ihrer Stirn trugen! Da
sitzt er, der freche Verbrecher, und rasselt mit den Ketten und
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107
Luft hat nämlich nicht nur das, was sie zum Athmen Brauch-
bares erhalten hatte, verloren, sondern auch mehrere unbrauch-
bare Stoffe aus dem Blute in sich aufgenommen. Hieraus sieht
man leicht ein, wie wichtig es für das Leben und die Gesundheit
ist, immer frische Luft einzuathmen und immer einen hinreichen-
den Luftwechsel in den Zimmern herzustellen, zumal, wenn sich
zu gleicher Zeit viele Menschen in demselben aufhalten. Zum
Beweise, wie in einem verschlossenen, mit Menschen überfüllten
Zimmer die Luft ganz und gar unbrauchbar wird und wie die
darin befindlichen Menschen blos durch ihr Athmen und Aus-
dünsten sich wechselseitig todten können, will ich auch einige Bei-
spiele erzählen:
Zu Calcutta in Bengalen (in Ostindien) hatten Engländer
die Einwohner des Landes sehr gegen sich erbittert. Eine kleine
englische Feste, das sogenannte Fort William, wurde daher im
Sommer 1756 von dem bengalischen Nabab (d. i. Statthalter»
angegriffen und erobert und die englische Besatzung, welche in
169 Mann bestand, Abends 8 Uhr in ein einziges, nur auf einer
Seite mit zwei kleinen Fenstern versehenes Gefängniß gesperrt,
in welchem sie kaum zum Stehen Raum genug fand. Die ar-
men Gefangenen fingen bald an heftig zu schwitzen, wodurch die
Luft des Gefängnisses noch heißer und von unreinen Dünsten
ganz überfüllt ward. Um 9 Uhr des Abends bekamen die Ge-
fangenen schon einen so peinigenden Durst, daß einige rasend
davon wurden und andere in dieser ersten Stunde der Einker-
kerung unter Verzuckungen den Geist aufgaben. Endlich wurde
ihnen durch ein vergittertes Fenster Wasser in die aufgehaltenen
Hüte gegossen. Vor Begierde darnach drängten sich aber alle
in solcher Raserei nach dem Fenster, daß viele der Vordern er-
drückt und zertreten wurden. Das Meiste von dem Wasser wurde
verschüttet, und was die Gefangenen wirklich genossen, löschte
ihren brennenden Durst nicht. Um zwölf Uhr waren die Hälfte
dieser armen Leute todt. Als Morgens um 6 Uhr der Kerker
geöffnet wurde, fand man nur noch 23 in höchst elenden Um-
ständen am Leben.
Im Jahre 1848 schiffte sich eine große Anzahl Auswan-
derer auf einem Dampfschiffe ein, um von Irland nach England
und von hier aus nach Amerika zu segeln. Als das Fahrzeug
eine Zeitlang auf dem Wege war und die See anfing hoch zu
gehen, ließ der Kapitän alle Auswanderer in einen verhältniß-
mäßig kleinen Raum unter dem Deck führen, und um pcher zu
sein, daß sie die Matrosen nicht in ihrer Arbeit hindern möch-
ten, ließ er nicht nur die Thüre verschließen, sondern sogar ein
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Extrahierte Personennamen: William
Extrahierte Ortsnamen: Calcutta Bengalen Ostindien Irland England Amerika
111
durch den Dampf der Oellampen, durch Kienholz - oder Spän-
brennen, durch Trocknen der Wäsche, durch Dörren von Gemüsen
und Obst am Ofen, durch Bügeln der Wäsche, durch Aufstellen
von mehreren Pflanzen oder Blumen im Zimmer, durch Kohlen-
dampf. Dieser macht, selbst wenn wenig davon in der Luft ist,
Schwindel, dann Ohnmacht und tobtet endlich. Das Schlimmste
ist, daß man ihn kaum riecht und die Besinnung verliert, ehe
man nur merkt, daß man in Lebensgefahr schwebt, der man so
leicht entgehen könnte, wenn man ein Fenster öffnete, um frische
Luft einzulassen. Ihr habt gewiß schon davon gehört, daß
man Kopfweh bekommt, wenn man eine Kohlenpfanne mit
brennenden Kohlen im Zimmer stehen hat, ja daß sogar schon
oft Menschen todt in ihren Betten gefunden wurden, welche sich
im kalten Winter ihr Schlafzimmer mit Kohlen erwärmten oder
die Klappe am Ofen zudrehten. Nichts fürchten die Bergleute
in den Kohlenbergwerken so sehr, als die schlagenden Wetter
(von den Chemikern Sumpfluft genannt). Diese Luftart ent-
zündet sich, wenn sie mit gemeiner Luft vermengt ist, an dem
Licht der Bergknappen mit furchtbarem Knall und hat schon oft
entsetzliches Unheil angerichtet. Menschen, die meist in ver-
dorbener Luft sind, werden schwächlich und haben ein gelblich
bleiches Aussehen.
11. Von der Reinlichkeit.
Die Reinlichkeit des Körpers ist wesentlich nothwendig zu
dessen Stärkung und Wohlbefinden. Man muß täglich sein Ge-
sicht und seine Hände mit frischem Wasser rein waschen und
dieses so oft wiederholen, als Schmutz und Unreinlichkeit sich darauf
zeigen. Dieses Reinigen der Haut mit frischem Wasser muß
auch an allen andern Theilen des Körpers geschehen, wenn die-
selben verunreinigt sind.
Auch muß man seine Haare täglich durchkämmen, die Zähne
putzen und die Nägel an den Fingern so oft abschneiden, als
Schmutz sich darunter ansetzen will. Hautausschläge, schrundige
Hände, böse Augen u. s. w. haben oft keine andere Ursache
ihrer Entstehung als Schmutz und Unreinlichkeit. Ein Haupt-
mittel zur Reinlichkeit des Körpers ist, daß man bei günstiger
Witterung öfters badet. Die Unreinlichkeit des Körpers oder
an Kleidungsstücken ist immer ein offener schlechter Empfehlungs-
brief für den Menschen. Spinnengewebe an den Wänden, trübe
schmutzige Fenster, Fliegen, Staub, Stroh, Kehricht u. s. w. in
den Stuben und Hausgängen, sind immer Beweise einer nach-
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
112
lässigen und schlechten Wirthschaft, besonders für Hausfrauen,
Töchter und Mägde.
12. Von der Bewegung und Ruhe.
Die körperliche Arbeit ist für den Menschen die beste Be-
wegung; sie bildet seine Kräfte aus, verschafft ihm eine
blühende Gesundheit, verlängert sein Leben, gibt ihm einen
heitern Sinn, erwirbt ihm zeitliche Güter und bringt ihn zum
Wohlstand. Doch darf weder die Arbeit, noch eine andere kör-
perliche Bewegung übertrieben werden; weil jede übertriebene
Bewegung die Kräfte des Körpers aufzehrt und denselben matt
und kraftlos macht. Wer sich durch Bewegung und Arbeit so
stark erhitzt, daß er Schweiß vergießt, der hüte sich, der Zugluft
sich auszusetzen oder in die Hitze zu trinken, weil er dadurch sich
eine bleibende Krankheit, vielleicht gar den Tod zuziehen kann.
Nach der Arbeit ist dem Menschen Ruhe nöthig. Die er-
quicklichste Ruhe genießt er durch den Schlaf. Wer gesund ist,
den Tag über fleißig gearbeitet hat und ein gutes Gewissen in
sich trägt, wird in der Regel einen ruhigen und stärkenden
Schlaf genießen und am andern Morgen wieder froh und
munter an sein Tagwerk gehen. Wer beim Schlafengehen stark
angegessen ist oder hitzige Getränke zu sich genommen hat, hat
einen unruhigen und ungesunden Schlaf. Das Schlafgemach soll
nie eng oder niedrig, sondern hoch und geräumig sein. Das
Schlafgemach muß man unter Tags recht auslüften und die
Betten und Decken öfters in die Luft und in die Sonne legen.
Kinder sollen nie zu Erwachsenen in einem Bette schlafen. Es ist
für Menschen, besonders aber für das Wachsthum und die Ge-
sundheit der Kinder schädlich, wenn man sie zu alten Leuten
oder gar zu Kranken in ein Bett legt. Wo man es immer
machen kann, soll jede Person ihre eigene Bettstätte haben, und
ohne die dringendste Noth nie zwei oder mehrere bei einander
liegen.
13. Regeln bei Erhitzungen und Erkältungen.
Wenn man seinen Körper in Schweiß getrieben, oder sonst
sehr erhitzt hat, merke man Folgendes:
1) Man setze oder lege sich nicht gleich, sondern bleibe in
einer gemächlichen Bewegung.
2) Setze sich nicht dem Luftzuge oder Winde aus und kühle
sich nicht durch Weglegung der Kleidungsstücke schnell ab.
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142
2t. Die Riesenschildkröte.
Die Riesenschildkröte gehört unter die Seeschild-
kröten und bewohnt die Meere des heissen Oceans, wo
sie sich von Seetang und andern Seegewächsen nährt.
Oft erreicht diese Schildkröte eine ungeheure Grösse, so
dass sie an 7 Fuss lang und 800 Pfund schwer wird,
und desshalb heisst sie auch Riesenschildkröte. Die
Schilder sind: so gross , dass man das Rückenschild als
Badewanne benützen kann. Merkwürdig ist der Fang
dieser harmlosen Thiere. Wenn sie an die Küste des
Meeres kommen, um daselbst ihre Eier in den Sand zu
legen {ausserdem kommen sie nie ans Land), so verren-
nen ihnen die Leute den Rückweg nach dem Meere und
wenden sie mit grossen Stangen auf den Rücken um, wo
sie sich dann nicht sobald ivieder aufhelfen können, son-
dern mit leichter Mühe getödtet werden. Wenn die Jun-
gen aus den Eiern gekrochen sind, laufen sie spornstreichs
nach dem Meere zu, ohne dass ihnen Jemand den Weg
zu zeigen braucht. Und es ist nöthig, dass sie eilen,
denn die Wasservögel und andere Thiere, die schon
manches Ei aufgefressen haben, lauern den jungen Thier-
lein auf und nehmen sich davon, so viel sie wollen. Die
Riesenschildkröten haben ein sehr gutes Fleisch, welches
gegessen ivird und wie Hühnerfleisch schmeckt. Man
macht daraus auch die bekannte, sehr kräftige Schild-
krötensuppe. Will man diese bereiten, so schneidet man
das Fleisch in kleine Stücke, kocht es in Fleischbrühe,
übergiesst es mit Wein und würzt es mit Cayennepfeffer,
Die Eier, welche einen schwachen Fischgeschmack haben,
werden auch gegessen; gestossen geben sie ein gutes Oely
und -00 Eier liefern eine Flasche desselben.
22. Das Chamäleon.
Das Chamäleon ist ein sehr merkwürdiges Thierchen, das
man in Afrika und im südlichen Spanien findet. In seinem
dreieckigen Kopfe bewegen sich die beiden Augen nach jeder be-
liebigen Richtung, und ein Schüler, der nicht jeder Zeit aufmer-
ken oder manchmal ein wenig unbeachtet sein will, denkt dabei:
Ich bin froh, daß die Augen meines Lehrers nicht auch so ein-
gerichtet sind. Der ganze Körper ist mit körnerartigen Schuppen
bedeckt und endet in einem Wickelschwanz, mit dem sich das Thier
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— 204
viele zerstreute Wohnungen, Banden genannt, gleich den Sene-
Hütten auf den Alpen, nur daß man einige derselben auch im
Winter bewohnt (Winterbauden). Man zählt deren wohl an
3000, deren Bewohner Rindvieh- und Ziegenzucht treiben und
gegen 20,000 Kühe und 12,000 Ziegen halten. Diese Bauden
sind von Holz, aus einer steinernen Grundlage erbaut, welche
eine Klafter hoch über den Boden hervorragt. Der Eingang
ist durch das überhängende Dach vor dem Wetter geschützt: die
Wohnstube, mit einem großen Kachelofen, einigen Tischen und
Bänken ausgestattet, ist geräumig, daneben eine Kammer, und
gegenüber, durch Hausflur und Küche getrennt, befindet sich der
Stall. Das Dach ist mit Schindeln bedeckt und reicht bei den
an Bergabhängen stehenden Bauden an der Hinterseite bis aus
den Boden hinab; unter demselben ist der Futtervorrath und
zuweilen die Schlafstelle für einen Theil der Familie oder Gäste.
Der Reisende findet darin eine gute Herberge.
Im Frühjahre ist das Viehaustreiben, im Sommer die
Wanderung auf die Waldweide die Freude und Belustigung der
Bewohner dieser einsamen Berghütten und Dörfer am Fuße des
Gebirges. Um Johannis wird gewöhnlich das Vieh aus den
Ställen "zu Berge getrieben." Beim Schalle langer, hölzerner
Schalmeien, Hellahörner genannt, bei fröhlichem Gesänge
und dem Geläute der Glocken, deren jedes Rind eine an einem
verzierten Bügel am Halse trägt, treibt man die blöckenden
Heerden zwischen Fichten und Tannen zu den Sommerbauden
in das Hochgebirge, welches nun 14 bis 15 Wochen lang von
diesen fröhlichen Tönen wiederhallt. Das ist die Zeit der Ernte;
da wird Butter und Käse viel gemacht für den eigenen Bedarf
und für auswärtigen Absatz; vorzüglich lobt man die runden
Kräuterkäse (Koppenkäse), denen ein gewürztes Pulver von Ma-
joran, Thymian, Bergsalbei, Bergmünze, Steinklee und Schaf-
garbe beigemischt ist.
Ein stets schneereicher Winter, welcher vom Oktober bis
in den Mai dauert, verkürzt die Frühlings- und Herbstzeit auf
wenige Wochen, wie in den Gegenden des hohen Nordens. Der
Herbst selbst beginnt mit Frösten, welche aus den Gebirgsrücken
meistens von Schneegestöber begleitet sind, während derselbe im
Flachlande noch von feuchter, regnerischer Beschaffenheit ist. Auf
den höchsten Gebirgsrücken.schmilzt dann gewöhnlich der Schnee
nicht mehr, und nur auf den niedern Abhängen und in den
Thälern herrscht vor dem gänzlichen Einwintern noch einige
Wochen der Wechsel von Frost und Thauwetter. Die angehäufte
Schneemasse, gewöhnlich Die Höhe einer Klafter übersteigend,
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290
der K iel zum Schreiben; kühl, nicht warm; Kien, harziges
Holz; kühn, beherzt; das Kinn, ein Theil des Gesichtes;
der Knabe; der Knappe.
H.
Die Haare an Thieren und Menschen; harren, warten; der
Hase, ein Säugethier; hassen, das Gegentheil von lieben;
die Härte, von hart; hörte, von hören; die Heerde, ein
Haufen Vieh; der Herd, ein erhöhter Platz von Steinen;
heilen, genesen; heulen, durch heftige Laute seinen Schmerz
zu erkennen geben; die Häuser, Gebäude; heiser, rauh;
heiß, sehr warm; heißen, befehlen; der Held, z. B. Kriegs-
held; hält, von halten; höhlt, von Höhle, hohl; erhellt,
von erhellen; erhält, von erhalten; der Herr; das Heer,
der Soldaten; hehr, erhaben; her, das Gegentheil von hin;
hör, von hören; hohl, z. B. ein hohler Zahn; etwas holen;
der Hut, Kopfbedeckung; die Hut, Weideplatz für's Vieh.
I und L.
Die Jagd; er jagt; Jacht, ein Schiff; ihm, ihn, Fürwörter;
im, in, Vorwörter. — Die Lache, eine Pfütze; die Lage,
Stand, Zustand; lachen, das Gegentheil von weinen; lagen,
von liegen; die Lade, ein hölzerner Kasten; die Latte, ein
schmaler Theil eines Brettes; der Laden, am Fenster; laden,
einladen, vorladen; das Lamm, ein junges Schäfchen; lahm,
krüppelhast; laß, von lassen; las, von lesen; die Last, Bürde;
laßt, von lassen; leider, ein Empfindungswort; die Leiter,
zum Auf- und Absteigen; der Leiter, Führer; Leben, Gegen-
theil von Tod; die Löwen, reißende Thiere; die Läuse, kleine
Insekten; leise, das Gegentheil von laut; lesen, im Buch;
lösen, losmachen; das Licht, Gegentheil von Finsterniß; liegt,
von liegen; lügt, von lügen, vorsätzlich Unwahrheit sprechen;
das Lied, zum Singen: litt, von leiden; Loch, Oeffnung;
log, von lügen; Liebe, das Gegentheil von Haß; die Lippe,
am Mund.
M.
Das Maß, eine bestimmte Größe zum Messen; die Masse, der
Stoff; maß, von messen; die Mase, eine Narbe, ein Maal;
Maser, ein Flecken im Holz und eine Krankheit. Die Maas,
ein Fluß; machen, fertigen; der Magen, ein Eingeweide;
die Magd, ein weiblicher Dienstbote; die Macht, Stärke;
macht, von machen; die Made, ein Insekt; die Matte,
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48. Wohlmeinender Beistand.
Die Schamröthe.
Haben wir etwas Tappiges oder Unrechtes gethan, so
kommt aus dem Herzen ein Bote gelaufen und wirft uns einen
rothen Schleier über die Wangen, um unsere Verlegenheit oder
Schande zu bedecken, und so lange wir's glimpflich machen und
nicht allzuoft, ist er stets urplötzlich da und kein anderer Bote
kann ihn überholen; muß er aber tagtäglich allzuoft laufen, so
wird er müde und bleibt am Ende aus, und wir stehen da un-
bedeckt voll Schande und ohne Scham!
49. Löser Umgang.
Ein weiser Volkslehrer erlaubte auch seinen erwach-
senen Söhnen und Töchtern nicht, mit Menschen umzu-
gehen, deren Wandel nicht ganz rein und sittig war.
„Vater!“ sagte eines Tages zu ihm die sanfte Klara,
als er ihr untersagte, in Gesellschaft des Bruders die
leichtsinnige Lucinde zu besuchen, „Vater! du musst uns
wohl für sehr kindisch halten, weil du glaubst, dieser
Weg könne uns gefährlich iverden.“
Aber der Vater nahm stillschweigend eine schon er-
loschene Kohle vom Kamin und reichte sie der Tochter
hin. „Sie brennt nicht, Kind,“ sagte er, „nimm sie nur!“
Das that Klara, und sieh, die zarte weisse Hand ivurde
schmutzig und unversehens auch das Gewand. „Dass
man doch gar nicht vorsichtig genug sein kann,“ sagte
Klara, „wenn man Kohlen berührt.“ „Ja wohl,“ sprach
der Vater, „du siehst mein Kind, dass die Kohle, wenn
sie auch nicht brennt, — doch schwarz macht!“ —
50. Unterdrücke jede unrechte Begierde sogleich im
Entstehen.
Der Funke.
Eine Mutter stand eines Tages mit ihren zwei Mädchen
am Heerde. Veronika, die ältere Tochter, legte eben einige
Scheitlein Holz auf die glühenden Kohlen, um Feuer anzu-
machen, und blies aus vollen Backen hinein, so daß ein großer
Funke heraussprühte und auf Veronikas Kleid fiel. "Ach, mein
. Kleid! mein Kleid!" schrie das erschrockene Mädchen, warf die
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lern zu lassen, hörte von dem kranken Soldaten und besuchte
ihn. Der alte Soldat erzählte ihm sogleich von seiner Wohl-
thäterin. "Was?" rief der Offizier, "ein armes Kind hat so
viel für dich gethan! Nun, da darf ich, dein alter General,
nicht weniger thun. Ich werde sogleich Anstalt treffen, daß
man dich im Wirthshause aufs Beste verpflege." Er that es,
und ging hierauf in die Hütte der kleinen Agathe. "Gutes
Kind",, sprach er gerührt, "deine Wohlthätigkeit hat mir das
Herz warm und die Augen naß gemacht. Du hast dem alten
Kriegsmanne viele Sechskreuzerstücke geschenkt; hier hast du eben
so viele Goldstücke." Die erstaunten Eltern sagten: "Ach, das
ist Alles zu viel!" Allein der General sprach: "Nein, nein! es
ist dies nur ein armseliger Lohn; den bessern hat das gute Kind
im Himmel zu erwarten."
73. Gib Acht auf'ö Feuer!
Die Feuersbrunst.
Vater Richard und Mutter Anna schliefen mit ihren Kin-
dern in guter Ruhe, als auf einmal der Schreckensruf: "Feuer!
Feuer!" sie weckte. Ihr Wohnhaus stand bereits, ohne daß
sie es ahnten, in Flammen, und kaum hatten sie so viel Zeit,
-sich aus den brennenden Trümmern zu flüchten, da stürzte das
Haus prasselnd zusammen. Es blieb aber nicht bei dem einen
Hause, auch das benachbarte entzündete sich, und von da ver-
breiteten die Flammen sich weiter. Trotz der angestrengtesten
Arbeit lagen in weniger, als einer Stunde, 20 Wohnhäuser in
Asche. Der Mangel an Wasser und der starke Wind hatte die
Gefahr so sehr vergrößert, und die besten Anstalten hatten nicht
vermocht, sie zu verhindern. Da jammerten 20 Familien ohne
Obdach, ohne Lagerstätte, ohne Nahrungsmittel, ohne Hausge-
räthe, ohne Handwerkszeug; denn die meisten hatten in der Angst
und Bestürzung nichts, als das Leben gerettet. Ja, in dem
einen Hause war sogar ein schlafendes Kind vergessen worden,
und somit verbrannt. In einem andern war die Mutter, die
noch etwas von ihren Habseligkeiten retten wollte, vom Rauche
erstickt worden. Einen Zimmermann, der mit Einreißen be-
schäftigt war, hatte ein herabfallender Balken so beschädigt, daß
er zeitlebens nicht wieder arbeiten konnte. Da war allgemeines
Wehklagen. Namentlich seufzte Richard mit Frau und Kindern;
denn sie hatten Alles verloren. Zwar suchten wohlthätige Men-
schenfreunde durch Nahrungsmittel, Kleidungsstücke und Geld die
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