Luftigen, und es gestalteten sich nach seinem Willen die feste
Erdmasse, das sie umspülende Weltmeer und die durchsichtige
Lufthülle mit ihren vielgestaltigen Wolken. Wie das Alles
zugegangen, weiß kein Mensch und wird uns Sterblichen wohl
immer verborgen bleiben. Wir können nur schauen, was geschaffen
ist, und selbst dies ist noch bei Weitem nicht Alles bekannt ge-
worden , da noch täglich Neues entdeckt und Unbekanntes aufge-
fuyden wird. Unsere Aufgabe soll es fortan sein, diesen Erdball,
unsern Wohnort, und die Beschaffenheit der Körper ans
Erden immer besser und genauer kennen und Gottes Macht und
Weisheit daran bewundern und anbeten zu lernen.
A. Die Fusthülle der Erde.
I. Wir sind allenthalben von Lnft unigeben. Wenn wir gehen,
so gehen wir durch die Luft; jede Bewegung mit der Hand g»-
schieht durch-die Lnft. Diese muß dann allemal getheilt, gespalten
oder aus der Stelle getrieben werden, und das geht so leicht,
daß wir es fast gar nicht merken. Auch fließt nach beu Stellen, wo
aus jene Art die Luft weggetrieben ist, sogleich wieder Luft hin : sie
ist ein flüssiger Körper. Ringsum ist die Erde von Luft um-
geben, welche eben so wesentlich mit zu derselben gehört, wie
das Wasser und das Land. Sie bewegt sich niit der Erde uni ihre
Achse und um die Sonne und wird der Luftkreis, Dunstkreis
oder die Atmosphäre genannt. In ihr sammelt sich Vielerlei,
was mit zur Erde gehört und nur wegen großer Leichtigkeit sich
in die Luft erhebt. Besonders sind dieses Dünste, Dunftbläs-
chen, welche von der Erde, aus dem Wasser, aus Schornsteinen,
Dampfmaschinen rc. aussteigen, woher eben der Name Dnnstkrcis
entstanden, was auch der fremde Ausdruck Atmosphäre bezeich-
net. In ihr zeigen sich die Wolken, der Donner und. Blitz, das
Nordlicht, Wetterleuchten, die Sternschnuppen und Feuerkugeln;
in ihr bilden sich der Nebel, Regen, Thau, Schnee und Hagel;
in ihr flattern Falter, Fledermäuse und fliegende Fische, schwir-
ren Käfer, Heuschrecken und Baum-Wanzen; in ihr fliegen Mücken,
Bienen und Vögel; selbst Menschen können sich in Luftballons
in die Luft erheben und werden so sicher von derselben getragen,
wie vom Wasser die Fische und Schiffe.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch]]
38
Spiegel, aufgehängte Schlüsselbünde und andere Gegenstände an
Wänden wanken hin und her; Glas- und Porzellangefäße zerbre-
chen; von Gesimsen und Tischen fallen Teller und sonstige Ge-
räthschaften herab; Balken, in ihren Fugen bewegt, krachen;
sänliutliche Standuhren und aufgehängte Taschenuhren bleiben in
einer und derselben Stunde zur nämlichen Minute stehe»; schwere
Kreuze ans Thürmen biegen sich; Hausschellen ertönen und Glocken
in Kirchen schlagen sehr vernehmlich an; Mobilien in Zimmern
schaukeln und fallen durcheinander; Schränke schwanken, werden
gerüttelt und verschoben; Menschen vermögen sich kaum stehend
zu erhalten, viele stürzen zu Boden; in Betten Liegende werden
aus dem Schlafe geweckt, geschüttelt, '/2 Fuß und hoher auf-
wärts, oder aus ihren Lagerstätten herausgeworfen; im Freien
befindliche Personen fühlen sich von den Bewegungen ergriffen,
hin- und hergerollt, oder in die Höhe geschlendert; Dächer wer-
den abgedeckt, Giebel-Mauern zerrissen; Schornsteine bersten und
fallen ein; die Steine heftig erschütterter Manerwerke trennen sich
vom Mörtel, iv Straßen erheben sich Staubwolken wie Meercs-
wogen und führen Menschen gewaltsam hinweg; Theile des Pfla-
sters sieht man gepreßt, gequetscht und gegen die Mauern und
Bauwerke hingedrängt, von andern Pflastertheilcn aber die unter-
sten Seiten zu oberst gekehrt. Häuser werden beschädigt, neigen
sich und sinken langsam nieder; andere werden über ihr Niveau
emporgehoben, mitunter auch auf weite Strecken fortgeführt; oder
es stürzen die Gebäude znsamnien und begraben deren Bewohner
unter Trümmern ; blühende Dörfer, volkreiche Städte reißen die
Bebungen aus ihren Fundamenten; sie verwüsten ganze Landschaf-
ten und zerspalten den Felsboden; Meere und Flüsse gerathen in
nngewohnte Bewegung, mächtige Bergreihen bersten und scheinen
umstürzen zu wollen.
9. Manche Thiere, besonders die, welche in unterirdischen
Räumen leben, haben eine Vorempfindung des Unglücks, und
fühlen heftige Angst, Würmer kriechen ans der Erde, Kaninchen,
Schlangen, Eidechse, Maulwürfe, Ratten und Mäuse kommen
aus ihren Löchern hervor; Hunde verlassen die bewohnten Orte
und stellen sich oft heulend auf die Straßen; Katzen sträuben wild
das Haar, eilen erschreckt davon, suchen sich zu verbergen und
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch]]
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dichten Waldungen. Die zahlreichen Pilze, theils eßbare, theils
giftige, ferner Schinimel, Brand, Rost ,c. rc. sind größten-
theils Parasiten, welche sowohl auf todten, faulen Psianzen und
Thieren, als auf lebenden wuchern und nicht wenigen Gewächsen
schnellen Untergang bereiten. Alte Weinfässer sind oft mehrere Zoll
dicht mit einem schwarzgrünen Fadenpilze, der sogenannten Keller-
Watte überzogen.
22. Der aufmerksame Wanderer in der Natur wird schon oft
die Beobachtung gemacht haben, daß gewisse Pflanzen gerne ge-
sellig , in großen Massen und Gruppen auftreten, wodurch sie
einer Gegend ein eigenthümliches Aussehen verleihen, andere da-
gegen nur vereinzelt und zerstreut stehen. Für die erstern haben
wir den Namen gesellige Pflanzen, während nian die andern
ungesellige nennt. Unsere Heide, das sogenannte Heide-
kraut, woran das nördliche Europa und Asien so besonders reich
ist, bedeckt Strecken Landes von 100 und mehr Stunden Länge.
Einige Moose überziehen oftmals die Moorgegenden des Nor-
dens mit einer so dichten und so gleichmäßigen Decke, daß selten
nur ein anderes Pflänzchen durch dieselbe hindurchblickt und die
Ebene dadurch ein höchst melancholisches Ansehen erhält. Ganz
eben so überzieht die Rennthierflechte, welche die Hauptnah-
rung der Rennthiere ist, die trockenen Gegenden unseres Nordens.
Man denke ferner an unsere Teiche und Landseen, deren Ufer mit
einem breiten Walde von Rohr (Schilfrohr), Calmns und
Binsen eingefaßt sind, in welchen Hunderte von Rohrsängern
und Rohrsperlingen sitzen, welche darin ihren Morgen- und Abend-
gesang halten und ihre Jungen erziehen. Man denke ferner an
die geselligen Weiden, welche See-, Teich- und Flußufer be-
schatten und den Korbflechtern und Holzschuhmachcrn reichliches
Material liefen. An dem Meeresufer der Tropen-Zone sind es der
Wurzel bäum: an den Ufern großer Flüsse die Bambus-
rohre (Bambus sch i lf), welche ausgedehnte, fast ununterbro-
chene Wälder bilden. Im Meere selbst wachsen die Tange, Al-
pen, Fucus arten, in unsern Teichen und Wassergräben der
weißblumige Wasser Hahnen fuß, das Entengrün oder
die Wasserlinse und der Wasserstern ungeheuer zahlreich bei-
sammen. Gesellig wachsen auch viele Gräser, die H eidelbeeren,
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T42: [Vogel Nest Junge Eier Schnabel Storch Taube Flügel Fuchs Frosch]]
Iii. Die Scuiohner und Gebauer der Erde.
A. Dle £l)ieve, das Thierreich.
Inhalt : Das Thier hat willkürliche Bewegung — es nimmt
durch einen Mund Nahrungsstoffe ein — Zahl der bekannten
Thierarten — Säugethiere — Bögel — Fische — Amphi-
bien — Insekten — Wurmthiere — Weichthiere — Strah-
lenthiere und Infusorien — Entstehung der Thiere — Ver-
änderung ihres Wohnortes — Wanderungen der Thiere —
Pflanzenfresser — Fleischfresser — Verbreitung derselben —
die Eiche liefert ein Beispiel vom thierischen Wirken und
Leben — Lebensbedürfnisse des Thieres — Bewegungsorgane,
Kau- und Saugwerkzeuge der Thiere — Wasserthiere —
User-, Strand- und Sumpfbewohner. — Landbewohner —
Luft-, Baum-, Blatt-, Rinden-, Holz-, Wurzel-, Nester-
Bewohner — Fleisch-, Aas-, Eingeweide-, Haar-, Woll-,
Federn-Bcwohner — Bekleidung der Thiere — Winterschlaf
— nutzbare Thiere — Wiederholungsfragen.
„Und Gott schuf die großen Wasserungehruec und
jedes Wese», das lebt und webt, das die Wasser her-
vorbrachte» nach seiner Art, auch alles Geflügel nach
seiner Art." — „Ec machte die Thiere der Erde nach
ihrer Art und das Vieh und alles Gewürm der Erde
»ach seiner Art."
I. Mos. I , 21 — 25.
1 Wie ein schönes Haus ohne Bewohner, ein prächtiger Käfig
ohne Vogel, so der Hain ohne Sänger, der Wald ohne Wild,
die Flur ohne Leben! — Nichts schuf der Allmächtige ohne die
weisesten Absichten. Die Erde sollte der Wohuplatz des Menschen,
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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seines Ebenbildes werden und zu diesem Zwecke richtete er sie so
wundervoll ein und schmückte sie mit Allem, was dessen Aufent-
halt nur verschönern und erleichtern konnte. Die Sonne niußte
ihm Licht und Wärme spenden, die Wolken Thau und Regen ge-
den, die Erde fruchtbaren Psiauzenboden liefern, die Pflanzen
Schmuck verleihen und Nahrungsstoffe hergeben, die Thüre aber
seine Gesellschafter und Mitarbeiter, seine Ernährer und Beklei-
der werden.
Die Pflanzen, mit der Wurzel im Boden befestigt, muß ihre
ganze Lebenszeit an demselben Orte stehen bleiben, wohin sie ein-
mal gepflanzt ist ; sie stirbt an derselben Stelle, wo sie gekeimt,
gewachsen und aufgeblüht ist. Sie nährt sich von dem, was sic
daselbst findet und nimmt durch 1000 Wurzel-, Stengel- und
Blattöffnnngen Nahrungsstoffe auf. Nicht so das Thier. Thiere
sind mit Empfindung und freier (willkürlicher) Bewegung begabt,
können ihren Aufenthaltsort nach Bedürfniß und Belieben ändern
oder beibehalten. Sie suchen sich selbst ihre Nahrung auf, dickste
durch die einzige Mundöffnung zu sich nehmen und in ihrem Innern
in Fleisch und Blut, in feste und flüssige Körpertheile uniwandeln.
Das Thier ist somit nicht an einen Ort gebunden, sondern genöthigt,
nach Nahrung auszugehen, seinen Hunger und Durst mit Gegen-
ständen zu stillen, die oft weit von seiner Wohnung, seinem Lieb
lingsanfenthalte entfernt sind.
2. Man kennt gegenwärtig über 100,000 Arten von Thieren.
Davon sind
1. etwa 1200 vierfrißige oder Sängethiere. Es sind
warniblütige Knochenthiere (Wirbelthiere), welche lebende
Jungen zur Welt bringen, meist 4 Füße, einen behaarten
Körper, eine fleischige Zunge, Zähne znm Kauen oder
Reißen und Augen mit 2 Angenliedern haben. — Affe»,
Fledermäuse, Katzen, Mäuse, Pferde, Hirsche, Gemsen,
Hasen, Maulwürfe, Igel, Fanlthiere, Bären, Robben,
Walle.
2. 7000 Arten Vögel; warniblütige Knochenthiere, welcke
Eier legen, einen befiederten Körper, 2 Beine, 2 Flügel,
eine harte Zunge, einen hornigen, zahnlosen Schnabel und
3 Augenlieder haben. — Adler, Geier, Krähen, Raben,
„ 145
Lerchen, Meisen, Finken, Schwalben, Würger, Ganse,
Enten, Hühner, Strauße.
A. 10 —1200 Amphibien oder Reptilien, kaltblütige Kno-
chcnthiere, welche Eier legen, eineil nackten oder schuppi-
gen Leib, eine fleischige, sehr bewegliche Zunge, einen
zahnlosen oder vielzähnigen Mund, durchgehende Nasenlö-
cher, 2 oder 3 bewegliche Augenlieder und 4 Beine haben
oder fußlos sind. — Eidechsen, Krokodile, Schlangen,
Schleichen, Schildkröten, Frösche, Kröten, Molche.
4. 8000 Fische, kaltblütige Knochenthiere, welche sehr viele
Eier legen, einen schleimigen, nackten oder schuppigen
Körper, einen zahnlosen oder vielzähnigen Mund, eine
angewachsene, fleischige Zunge, keine durchgehende Nasen-
löcher und keine Augenlieder haben. Füße fehlen, dafür
sind Flossen zum Rudern und Schwimmen vorhanden; sie
athmen Wasser durch Kiemen. — Häringe, Lachse, Kar-
pfen, Goldfische', Barsche, Neunaugen, Aale, Schleichen,
Welse, Thunfische, Haye, Stockfische,. Kabeljaue, Hausen,
Störe.
5. 80,000 Arten Insekten und Gliederthiere; es sind
knochenlose, weißblütige Thiere, welche meist viele Eier
legen, einen hornartigen oder ledcrartigen, gegliederten
Körper, 6—150 Füße, 2 und mehr unbewegliche Augen, *)
2 Fühlhörner, 2—4 Flügel haben oder flügellos sind und
durch kleine Löchlein des Körpers Luft athmen. —Käser,
Schmetterlinge, Grillen, Wanzen, Bienen, Wespen,
Hummeln, Schaben, Spinnen, Vielsüße, Krebse, Krab-
den u. a. gehören hieher.
6. 1500 Arten Würmer, knochenlose, weißblütige Thiere,
welche Eier legen, einen schleimigen, weichen, meist gestreck-
ten Körper, einen Saugmund, keine wahren Augen und
keine Füße haben. — Blutigel, Regenwürmer. Faoenivür-
mer, Spulwürmer, Bandwürmer, Blasenwürmer, Krayer,
Finnen, Lebercgel rc.
7.3500 Weichthiere, knochenlose, weißblütige Thiere,
welche einen nackten oder mit Kalkschalen bedeckten Körper',
*) Nur die Krebse haben bewegliche Augen.
10
146
einen zahnlosen Mund mit Tast- oder Fühlfädcn und meist
keine Augen und keine Füße haben. Dazu gehören: Austern,
Lcichmnscheln, Perlmuscheln, Malermuscheln, Miesmu-
scheln , Tintenfische re.
8. 1000 Arten Strahlen- und Infnsionsthiere, knochen-
lose, weißblütige Thiere, welche sich durch Eier fortpflan-
zen und einen weichen, schleimigen Körper haben, der ent-
weder in einer Schale, in Röhren, um Stammchcn oder
in einem filzigen Gewebe festsitzt; sie haben meist viele
Fangarme oder strahlig gestellte Fühlfäden. — Seeigel,
Seesterne, Quallen, Medusen, Korallen, Polypen und
Aufgußthierchen. -
3. Die Thiere entstehen diesemnach theils aus Eiern, welche
sie, wie die Vogel, selbst bebrüten, oder wie die Fische, Am-
phibien und Insekten, von der Sonnenwärme ansbrüten lassen;
theils kommen sie gleich lebend auf die Welt, wie die Sänge-
thiere. Die Eltern legen die Eier oder lebenden Jungen gewöhn-
lich an solche Stellen, wo sie Sicherheit und passende Nahrung
für ihre junge Brut finden. Einige Thiere werden in der Jugend
von den Alten gesaugt, gefüttert, geätzt (Säugcthiere, Vögel,
Bienen, Wespen, Hummeln); andere Eltern kümmern sich nicht
weiter um dieselben, wenn sie einmal die Eier an die geeigneten,
mit Nahrungsstoffcn versehenen Orte gelegt haben (Fische, Frösche,
Schlangen, Eidechsen, Krokodile, Schmetterlinge, Käfer, Flie-
gen, Mücken, Grillen, Heuschrecken, Schaben, Wanzen, Libellen
(Wasserjungfern), Flöhe, Läuse, Milben, Pflanzenläuse, Krebse,
Krabben, Würnier, Blntigel, Schnecken, Muschelthiere :c.)
4. Mehrere Thiere verlassen schon frühe ihren Geburtsort und
ziehen in andere Gegenden, wo sie sich während der übrigen Le-
benszeit aushalten. Daher sind die Eltern derselben instinktmäßig
genöthigt, oft in weit entlegene Gegenden zu ziehen, um daselbst
ihre Eier abzusetzen und dann wieder heimzukehren. Dazu gehören
verschiedene Fische : Salme, Lachse, Häringe, Störe, Hausen;
ferner einige Schildkröten, Krabben, Frösche, Kröten, Heuschrek-
ken, welche oft in großen Schaaren und langen Zügen vom süßen
zum salzigen Wasser, oder ans dem Meere in die Flüsse, vom
147
Lande zum Wasser, oder vom Wasser zum Lande ziehen?) Sind die Eier
ausgebrütet und die Jungen so weit herangewachsen, daß sie ihre
Reise in die Heimath zu den Eltern antreten können, so versam-
meln sie sich und steuern so sicher und richtig ihrem künftigen
Wohnorte zu, als ob sie den Weg schon 100 mal gemacht hätten.
Noch andere Thiere verlassen bloö ,ihre Geburtsstätte, weil sie eine
andere Gestalt annehmen und in diesem neuen Zustande anderer Nah-
rung bedürfen. Die meisten Raupen fressen vom ersten Augen-
blick an, wo sie das Ei verlassen haben, Blätter; nach einiger Zeit
verwandeln sie sich in eine Puppe, welche keiner Nahrung mehr bedarf,
und zuletzt entschlüpft ein schöner, buntfarbiger Schmetterling dieser
Hülle, der sich fortan nur von Blnmensäften nährt, denen er al-
lenthalben in Wiesen, Flur und Wald zuflattert. Der Vlñiküsser
verlebt seine 3—4 ersten Lebensjahre in der Erde und nährt sich
als Engerling von Pflanzenwurzeln; als Käser frißt er aber Laub
und Knospen und schwirrt Abends schnurrend durch die Lüfte.
Die Rennthier-Bremse, eine Fliegenart, welche ihre Eier
in die Haut lebender Rennthiere legt, jagt diesen Thieren,
welche schon durch das sumsende Geschwirre in Schrecken ge-
rathen, 20—50 Meilen weit nach und verfolgt sie so lange, bis
sie ihren Zweck erreicht hat. Das in die Haut gelegte Ei entwik-
kelt sich zur Made, welche sich von dem Fette des Rennthieres
mästet und dann auf die Erde herabfallen läßt. Hier wandelt sie
sich in eine Puppe um, der sie nachher als vollkommenes Insekt,
als Bremse, wieder entsteigt und zum Luftthiere wird, das nur
Blumennektar trinkt.
8. Noch andere Thiere sind genöthigt, ihr wahres Heimathland
zu verlassen, weil sie nicht zu jeder Jahreszeit hinreichende Nah-
rung daselbst finden oder die strenge Winterkälte nicht ertragen
können. So fliegen z. B. die Zug- und Strichvögel der kalten
und gemäßigten Zonen im Herbste wärmern Gegenden zu, weil
sie während des Winters, wo Schnee und Eis auf längere Zeit
die Erdoberfläche bedeckt, in ihrem Geburtslande verhungern müß-
ten. Durch diese Ortsveränderung, das Wandern, Ziehen und
Umherstreifen werden viele Gegenden mit den verschicdcnartig- *)
*) Siche Anhang : Wanderungen der Thiere.
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sten Thieren überströmt, die sich sonst niemals daselbst zusammen,
finden würden. Millionen dieser Geschöpft kommen auf diesem
Wege um, werden ans ihren Wanderungen gefangen und getödtet,
viele Tausende als Leckerbissen verspeist, deren man auf andere
Weift nicht leicht habhaft werden könnte. Einige wenige Thiere
ziehen im Frühlinge hin, unzählige kehren wieder zurück und
müssen allerorts theuern Tribut zahlen. Ich erinnere an die Ler-
chen, Krammetsvogel, Drosselil, Finken, Schwalben, wilden
Gänse, Enten, an die Störche, Kraniche, Reiher, Schnepfen,
Wachteln und Rebhühner. Mehrere ans Norwegen, Schwe-
den, Rußland, Polen und Norddeutschland kommend^
Zugvögel verbleiben bei uns; viele ziehen weiter west- und südwest-
warts nach Frankreich und Spanien; einige derselben gehen
noch weiter südlich über das Mittelländische Meer und lassen
sich im wärniern Afrika nieder. Die Süddeutschen, Unga-
rischen, Südrussischen und Sibirischen Zugvogel wan-
dern nicht erst, wie jene, nach Westen, sondern steuern gleich dem
heißen Süden zu und lassen sich während unseres Winters theils
in Italien, der Türkei und Griechenland, theils weiter
südwärts in Persien, Arabien und Aegypten nieder. Wer
zeigte ihnen den Weg in jene fernen Länder, in jene wärmer»
Himmelsgegenden, wo des Winters Kälte die Lieder und Freuden
der fröhlichen Wanderer nicht unterbricht?
ir. Die Thiere nehmen ihre Nahrung entweder aus dem Pflan-
zenreiche oder aus dem Thierrciche und werde» im ersten Falle
Pflanzenfresser, ini andern Thier- oder Fleischfresser ge-
nannt. Sind sie Pflanzenfresser, so ist ihr Aufenthalt von
dem Dasein dieser Nahrungöniittel abhängig. Es gibt Thiere,
welche sich von 100 und mehr verschiedenen Pflanzen nähren, da-
her sie ihre Eßlust fast allenthalben befriedigen können. Kühe,
Schafe, Ziegen, Schweine, Esel, Pferde, Kamecle fressen alle
Grasarten und viele andere Kraut- und Laubpflanzen, weßhalb
sie der Mensch bei Uebe:siedel»ngen leicht mit sich nehmen kann,
da er diese Gewächse überall mehr oder weniger reichlich vorfindet.
Mehrere Thiere fressen kaum von 20 Pflanzenartcn, wie: Biber,
Ratten, Mäuse, Heuschrecken, Finken, Kirschvögel, Kernbeißer,
Raupen, Blattkäfer, Holzfaser, Rindenkäfer, Maikäfer, spanische
149
Fliegen. Kornwürmer, Mehlwürmer ic. »nd bei Weitem die mei-
sten sind auf einige wenige Gewächse und ihr Aufenthalt folglich
ans deren Vorkommen allein beschränkt. Ja, es fehlt nicht an
Beispielen, welche darthu», daß viele Thiere nur ein Blatt,
ein Rinde,istnck, einen Wnrzeltheil oder einen Samenkern an-
fressen oder sich von deren Safte nähren; diese sind ihre Welt,
ihre Wiege, ihr Grab. Was die Thiere zu der bestimmten Pflanze,
zu ihrer geeigneten Nahrung hinführt, wissen wir nicht; wir nen-
nen es Instinkt, Trieb, Naturtrieb.
7. Die Thier- und Fleischfresser sind im allgemeinen star-
ker, beweglicher, listiger als die Pflanzenfresser. Sie müssen nirf't
allein ihre Bente oft mühsam aiifsnchen und erjagen, sondern
auch mit Klugheit ephascheu und mit Gewalt festhalten und tod-
ten. Man denke nur an die Füchse, Wölfe, Marder, Wiesel,
Sperber, Falken, Würger, Schwalben, Eisvögel, Hechte, Laub-
frösche, Laufkäfer, Spinnen, Wasserjungfern und andere.
Löweii, Tiger und Wölfe durchstreifen auf ihren Ranbjagden
Strecken von 10, 20, ja 50 bis 100 Meilen. Füchse, Marder
und Iltisse kommen erst am Abend aus ihrem Baue, schleichen in
nahe und ferne Gehöfde und Dorfschaften, wo sie mit großer
Klugheit z» den Hühiierställen und Vorrathskammern zu gelangen
wissen. Wiefel und Hermeline schlüpfen bei Tage durch die Maul-
wurfsgänge und Uferlöcher der Wasserratten und fresse» Mäuse,
Frösche, Schleichen und Salamander; Abends machen sie sich her-
aus und suchen Vogelnester, schlafende Vögel, auch Hühnereckr
und Hvfgeflügel auf. Sperber, Falken, Weihen und Adler durch
stiegen spähend die ganze Umgegend ihres Nestes und Aufenthalts
und wissen im Nu schwächere Vögel »nd kleinere Säugethierc zu
überraschen und in ihren Klanen davon zu tragen. Hechte durch-
schießen auf ihren Nanbzügen Teiche und Flüsse mit ungeheurer
Schnelligkeit; Hape folgen dem Seefahrer von einen, Continente
zun, andern, um die Abfälle der Schiffsküchen zu erhalten, oder
rincu in's Wassergrab hinabgesenkten Todten oder gar einen un-
vorsichtigen Matrosen zu erschnappen. Eisvögel und Laubfrösche
lauern stnndenlang in sitzender Stellung auf ihre Opfer; jene
auf Fische, diese in Zweigen auf Fliegen, Spinnen, Mücken, bei
deren Anblick sie urplötzlich auf ihre Beute hinschicßen. Wasser-