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Dafür verfuhren nun die Schweden desto feindseliger. Im ganzen
Lande verübten sie unerhörte Grausamkeiten. Sie warfen die Men-
schen in Backöfen und ließen sie braten, nagelten Kinder an Haus-
thüren und benutzten sie als Zielscheiben; sie sägten den Männern
die Kniescheiben halb durch, schnitten ihnen die Fußsohlen auf und
streuten Salz und Gerste in die klaffenden Wunden, legten sie auf
die Erde, steckten ihnen einen Trichter in den Mund und füllten
so lange Mistjauche hinein, bis der Leib zum Zerspringen auf-
schwoll und der Unglückliche seinen Geist aufgab. Sie legten am
26. April 1638 den größten Theil der Stadt Roda, am 19. Febr.
1639 ganz Meuselwitz und im folgenden Winter halb Schmölln
in Asche. Unter den Schrecken einer angedrohten Plünderung der
Stadt Altenburg starb der Herzog Johann Philipp. In den ersten
Regierungsjahren seines Nachfolgers, Friedrich Wilhelms Ii., miß-
handelte die Bannersche Armee die Landbewohner um Altenburg
herum so sehr, daß sich ihrer im Frühjahre 1640 an 50,000 in
der Stadt zusammengedrängt hatten. Ronneburg wurde 3 Tage
nach einander geplündert, und bei einem einzigen Marsche der
Schweden durch das Amt Altenburg gingen 158 Banerhöfe, 1 Kirche,
2 Rittersitze im Feuer auf, und ein ander Mal waren nach dem
Durchmärsche der Schweden 14 ganze Dörfer rein ab- und nieder-
gebrannt. So gingen die Hin - und Herzüge bald schwedischer, bald
kaiserlicher, bald sächsischer, bald baierscher Heere mit allen erdenk-
lichen Erpressungen und Grausamkeiten fort, bis endlich 1648 der
heiß ersehnte Friede zu Stande kam.
257. Einige Züge aus dem Leben Ernsts des Frommen.
Ernst, der neunte Sohn des Herzogs Johann und seiner Ge-
mahlin Dorothea Marie, einer Prinzessin von Anhalt-Köthen, wurde
in der Christnacht des Jahres 1601 auf dem Schlosse zu Altenburg
geboren. Das gute Anzeichen seiner Geburt täuschte nicht; es wurde
aus dem Kinde auch ein Christkind, nämlich ein Kind, das ganz dem
Herrn Christus gehörte, und wie das Kind in der Krippe zu Bethlehem
erwuchs zu einem Könige der Könige, so dieses Knäblein zu dem aus-
gezeichnetsten der Erdenfürsten seiner Zeit. Es war daher ganz in der
Ordnung, wenn einer seiner Bauern, von einem Reisenden gefragt,
was für ein Fürst das Land regiere, mit Stolz die Antwort gab:
„Wir haben einen Fürsten von unserem lieben Herr Gott. Wenn's
nur lange so währt! Doch wollen wir das Beste hoffen."
Als Ernst im Jahre 1640 die Regierung übernahm, befand sich
das Land in Folge der entsetzlichen Drangsale des dreißigjährigen Krieges
in einem jammervollen Zustande; aber unter seinem weisen und mild-
thätigen Regimenté wurde es bald aller Orten besser. Von Haus aus
nicht reich, hatte er doch immer Mittel genug zu helfen, da er ein
sehr guter Wirth und äußerst sparsam war; unnöthigen Aufwand im
Essen und Trinken, in Kleidern und anderen Stücken nannte er „einen
unersättlichen Vielfraß." „Nicht reichliches Einkommen," sagte er, „son-
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Extrahierte Personennamen: Johann_Philipp Johann Philipp Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Ernsts Ernst Johann Dorothea_Marie Christus Gott Ernst Wirth
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Endlich gelang es am unteren Ende der Teichgasse den Anstrengungen
von Tausenden, zwei massive Gebäude und mit diesen zugleich die Altstadt
zu retten. Doch wurden die Gebäude auf der Westseite des Bassinplatzes
(jetzt Neumarktes) noch ein Raub der Flammen, sogar die erst 1835 neu-
erbaute Bürger-Erholung. Da aber hieß es: „Bis hierher und nicht weiter!"
Von nah und fern war man herbeigeeilt. Es sollen abends 8- bis
10 000 Menschen in den verschont gebliebenen Teilen der Stadt beisammen
gewesen sein.
Wie furchtbar die Glut und Wut des Feuers gewesen, geht aus der
Thatsache hervor, daß verbranntes Papier von Schriftstücken aus der
Schloßbibliothek in der Nähe von Plauen und anderwärts aufgefangen
worden ist. Jammervoll war das Bild der vom Brand Betroffenen auf
den Feldern, Wiesen und in Gärten. Dort lagen zum Tod Erschrockene
und an allen Gliedern Zitternde neben ihren geretteten Sachen; dort
ächzende Greise; dort weinten Väter und Mütter, viele ihre verloren ge-
glaubten Kinder in Todesangst suchend; dort jammerten von ihren Eltern
getrennte Kinder.
So groß der Jammer über das Unglück der Stadt, so groß war die
Teilnahme an dieser schweren Heimsuchung nah und fern im deutschen
Lande. Das Hilfskomitee konnte seinerzeit die für die damalige Zeit nam-
hafte Summe von 70 273 Thaler unter 461 Beteiligte verteilen.
2.
Sonnabend, den 2. August 1856, stand ich als junger Student mit
meinem als Gast anwesenden Vater auf dem hochgelegenen Friedhofe in
Jena. Eine dicke Rauchwolke türmte sich nach Norden zu hinter der
Leuchtenburg auf. Ein herzutretender Ortsgeistlicher sagte: „Gerade so sah
es aus, als im Juli 1837 Schleiz abbrannte." Und in der That, die
unheilverkündende Wolke rührte wieder von einem verheerenden Feuer da-
selbst her. Obwohl es noch keinen Telegraphen gab, kam die Kunde doch
noch vor Mitternacht durch Fuhrleute nach Jena: „Schleiz brennt." —
Nachmittags 2 Uhr war das Feuer in dem zunächst am Psortenthor nach
dem Stelzenbach zu gelegenen Hause ausgebrochen. Dieselben Ursachen
wie beim Brande 1837 wirkten auch diesmal zum schnellsten Umsichgreifen
der Flammen zusammen. In kürzester Zeit standen die gegenüberliegenden
Häuser in Flammen. Dann entzündete Flugfeuer die jenseits des Bürger-
teiches gelegenen Häuser, die Hintergebäude der Braugasse und die rechte
Häuserreihe der „Altstadt". Es mochte nicht viel über eine Stunde Zeit
seit Ausbruch des Feuers verflossen sein, da war die ganze im Jahre 1837
verschont gebliebene Altstadt ein Feuermeer.
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heißen Zone unsere duftenden Tannenbäume, dann nimmt er Palmen, die
er mit Lichtern schmückt, und erzählt den in der Fremde geborenen Kindern,
wie jetzt daheim im großen weiten Vaterlande überall die geschmückten
Bäume flammen, zur Feier der Geburt des Christkindleins. Und auch
die Deutschen auf der Eisscholle im Nördlichen Eismeer wußten sich auf
ihre Art zu helfen. Die Schiffsleute richteten den Christbaum her, indem
sie in einen Tannenstab Besenreiser wie Banmäste einfügten; ein für das
Fest aufgesparter Wachsstock lieferte die Lichtchen, und selbstgebackene Leb-
kuchen zierten den Baum. Die Geschenke, die ihnen in zwei Blechkisten
von Freunden aus der Heimat mitgegeben worden waren, verlosten sie
unter sich. — So kam das neue Jahr 1870 heran. Weiter und weiter
trieb die Scholle nach Süden; aber die verhältnismäßig ruhigen Tage
sollten nun zu Ende gehen. Hatte man sich Glück zum neuen Jahre
gewünscht, so sollte diesem Wunsche bald schweres Unglück folgen. Am
2. Januar war die Scholle ganz dicht an die grönländische Küste gelangt.
Da jagt plötzlich ein starkes Dröhnen der Scholle die Schiffbrüchigen von
ihrem Lager empor. Der Eingang des Hauses ist zwar vollständig ver-
schneit , ja dasselbe mehr als einen Fuß tief im Schnee begraben; aber
alle laufen hinaus. Keine zehn Schritt weit können sie sehen, nichts
vernehmen als das furchtbare Wüten des Sturmes. Sie legen sich auf
die Scholle platt nieder, das Ohr gegen den Boden, und vernehmen ein
Geräusch wie das Singen des Eises, wenn es stark gepreßt wird, und
wie das Reiben desselben, wenn es über Klippen hinweggeht. Es war
kein Zweifel: sie befanden sich in sehr gefahrvoller Lage. Angekleidet
legten sie sich um 2 Uhr nachts auf ihre Schlafsäcke und erwarteten sehn-
süchtig das Tageslicht. Das Wetter ward schlimmer und schlimmer. Etwa
um 10 Uhr morgens, als der Wind allmählich abnahm und der Schnee
nicht mehr so stark gepeitscht wurde, gingen einige durch den tiefsten Schnee
wieder hinaus. Etwa 200 Schritt vom Hause entfernt sahen sie zu ihrem
größten Entsetzen die aufgetürmte Grenze des Eisfeldes dicht vor sich. So-
weit sie schauen konnten, war das Feld zertrümmert. Dunkle Gegenstände,
welche hin und wieder in dem dichten Schneegestöber sich erkennen ließen,
waren die Eistrümmer ihrer Scholle: sie ist in zahlreiche Stücke
zerbrochen, von welchen das, auf dem sie wohnen, freilich noch das
größte ist, aber auch bei dem nächsten Schieben zertrümmert werden kann.
Sie machen ihre Brottaschen fertig, um bei der schnellsten Flucht doch
wenigstens noch auf kurze Zeit das Leben fristen zu können; aber in diesem
Unwetter sinkt man bei jedem Schritt bis über die Hüften in den Schnee
und eilt vielleicht gerade in die größte Gefahr hinein.
Nur der achte Teil des anfangs ziemlich ansehnlichen Eisfeldes war
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predigt hatte. Allerdings hing diese Verachtung des reinen Wortes
mit der Haltung des Herrn von Gera zusammen, der die Visitation
im Schlosse selbst nicht gestattete und für seine Person und für seine
Gemahlin mit nächster Umgebung unbehelligt bleiben wollte. Derjenige
vom Adel, welcher der neuen Ordnung den heftigsten Widerstand entgegen-
setzte, war Krieg von Etzdorf auf Aga. Auf die Vorstellung, daß er
das heilige Abendmahl der Einsetzung Christi gemäß nehmen möge,
erklärte er, er habe nur einen Gott, den wolle er nicht in zweierlei
Gestalt nehmen. In der Schleizer Herrschaft hatten sich die Adeligen
eines Besseren besonnen; sie stellten sich nicht nur pünktlich zur Visitation,
sondern versicherten sogar, daß sie dieselbe mit großem Seufzen und
Begehren erwartet hätten.
Der ersten Visitation folgte schon im folgenden Jahre 1534 die
zweite. Dabei zeigte sich, daß die kirchlichen Zustände innerhalb der
kurzen Frist im ganzen eine erfreuliche Wendung genommen hatten,
und es machten sich weitere Visitationen nicht nötig. Mehr und mehr
wurde die äußere Annahme der evangelischen Lehre auch eine inwendige.
Selbst der Herr von Gera stellte nach und nach die Winkelmessen
auf seinem Schlosse ein und empfing 1536 das Abendmahl in beiderlei
Gestalt.
Am spätesten wurde die Reformation in der Herrschaft Lobenstein
eingeführt, weil diese ein böhmisches Afterlehen war und der Kurfürst
von Sachsen hier also nicht denselben Einfluß besaß wie in den übrigen
Landesteilen. Doch gab 1543 Heinrich der Jüngere von Gera dem
Drängen der Unterthanen nach und ließ die Visitation vollziehen. Die
Geistlichen fand man zwar zur Hälfte etwa ungeschickt, altersschwach
und gebrechlich, aber sie waren zur Annahme der lutherischen Lehre
fast alle bereit. Nur zwei widerstrebten, darunter einer von Lobenstein,
der erklärte, kein Engel werde ihn zum Sakrament mit Brot und Wein
bereden.
So stehen die reußischen Lande unter denen, die sich der reinen
Lehre zugewandt, nicht als die ersten voran, aber als Herren und
Unterthanen erst einmal von der Lehre des Evangeliums überzeugt
waren, hat es kaum irgendwo treuere Anhänger der Lehre Luthers
gegeben als gerade hier. Nach der Kirchengalerie.
90. Die reutzische Konfession.
Als der Apostel Paulus vor seiner Reise nach Rom von den Ältesten
der Gemeinde zu Ephesus Abschied nahm, ermahnte er sie, acht zu haben
auf sich selbst und auf die Herde, unter welche sie der heilige Geist gesetzt
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