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Rechte gewährten (S. 35). Besonders hervorzuheben ist das
Recht, daß Altona die um ihres Glaubens willen Verfolgten
aufnehmen durfte. So fanden z. B. 1567 die Flüchtlinge
aus den Niederlanden hier Schutz und lohnten dem Ort durch
regen Gewerbfleiß. Zwischen den Hamburger und Altonaer
Gewerbetreibenden entstanden langwierige Streitigkeiten, weil
die Altonaer ihre Waren in der benachbarten Stadt zum
Verkauf brachten. Es wurde daher vom Hamburger Rat
der strenge Befehl erteilt, daß niemand in Altona oder Ottensen
etwas anfertigen lassen solle. Übertretungen wurden mit
Geldstrafe und mit Verlust des Werkes bedroht. Der häßliche
Streit fand erst ein Ende, als der Zunftzwang (S. 35) auf-
hörte und völlige Gewerbefreiheit eingeführt wurde. Schwere
Drangsale hatte der Ort zum erstenmal in der Zeit des
dreißigjährigen Krieges zu bestehen.
Im Jahre 1640 kam Holstein und damit auch Altona
unter die Herrschaft der Könige von Dänemark. Der da-
malige König Christian Iv. bestätigte alle Freiheiten und
Rechte, welche dem Orte durch die Schauenburger Grafen
gewährt worden waren. Im Jahre 1648 bestieg König
Friedrich Iii. den Thron. Bis dahin hielten sich die
lutherischen Einwohner nach Ottensen zur Kirche, während
schon die Reformierten und die Juden ihre eigenen Gottes-
Häuser hatten. Den ersten Beweis seiner königlichen Huld
gab Friedrich Iii. dadurch, daß er schon 1649 eine lutherische
Kirche erbauen ließ, die „Dreifaltigkeitskirche" genannt
wurde. Erst im Jahre 1688 konnte man mit dem Bau eines
Turmes beginnen. Es ist derselbe, der noch jetzt die Haupt-
kirche ziert. Die Kirche selbst wurde später, als sie baufällig
und zu klein geworden war, niedergerissen und an ihrer Stelle
eine neue aufgebaut. Am 23. August 1664 wurde Altona
durch König Friedrich Iii. zur Stadt erhoben. Als höchster
Beamter der neuen Stadt wurde ein Präsident eingesetzt.
Der erste Präsident war der frühere Lehrer des Königs,
Rudolf Roland. Nach ihm haben die Rolandstraße und
5
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T117: [Schleswig Däne Insel Holstein Eider Preußen Schanz Jütland Dänemark Karl]]
Extrahierte Personennamen: Christian_Iv Friedrich_Iii Friedrich Friedrich_Iii Friedrich August Friedrich_Iii Friedrich Rudolf_Roland Rudolf
38
15. D ie Reue.
Ein Landmann hatte mit eigenen Händen eine Reihe edler
Obstbäume gezogen. Zu seiner großen Freude trugen sie die
ersten Früchte und er war begierig zu sehen, von welcher Art
sie sein möchten.
Da kam der Sohn des Nachbars, ein böser Bube, in
den Garten und lockte den Sohn des Landmanns, also daß sie
hingingen und die Bäumchen allesammt ihrer Früchte beraubten,
ehe denn sie völlig gereift waren.
Als nun der Herr des Gartens herzutrat und die kahlen
Bäumchen erblickte, da ward er sehr bekümmert und rief: Ach,
warum hat man mir das gethan? Böse Buben haben mir
meine Freude verdorben!
Diese Worte gingen dem Söhnlein des Landmanns sehr
zu Herzen, und er lief zu dem Sohne des Nachbars und sprach:
Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir
verübt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Ge-
müthe. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit
Verachtung strafen, wie ich verdient habe.
Da antwortete jener: Du Thor, dein Vater weiß es ja
nicht und wird es niemals erfahren. Du mußt es ihm sorg-
fältig verhehlen und auf deiner Hut sein.
Als aber Gotthold, — denn so hieß der Knabe —- zu
Hause kam, und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da
vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hinaufzusehen.
Denn er dachte, wie soll ich ihn fröhlich ansehen können, den
ich betrübt habe? Kann ich doch mich selber nicht anblicken.
Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen.
Jetzt trat der Vater herzu und reichte jeglichem seiner
Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold desgleichen.
Da hüpften die Kinder herbei und fteuten sich sehr und aßen.
Gotthold aber verbarg sein Angesicht und weinte bitterlich.
Da hub der Vater an und sprach: Mein Kind, was
weinest Du? — Und Gotthold antwortete: Ach! ich bin nicht
werth, daß ich Dein Kind heiße. Ich kann es nicht länger
tragen, daß ich vor Dir ein anderer erscheine, als ich bin und
mich selbst erkenne. Lieber Vater, thue mir ferner nicht mehr
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T13: [Baum Wald Feld Wiese Garten Gras Winter Mensch Sommer Haus], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
86
der innigen Verbindung mit unsers Gleichen können wir fort-
dauern und gedeihen. Re'inhard. — Es ist kein Friede zu fin-
den, als bei Gott. Jacobs- —
Die Sonne thut den Willen Gottes Tag für Tag und
Jahr für Jahr. Gleim. — Gestern und heute ernährte der
Henluns; Tag und Nacht sorget er für Alle. — Frei will ich
sein im Handeln und im Dichten. Göthc. —
Freunde, streiket nur Alles mit Ernst und Liebe. Göthe.
— Ein üppig lastervolles Leben büßt sich in Mangel und Er-
niedrigung allein. Schiller. — Andacht ist das Andenken an
Gott mit Erhebung und Rührung des Gemüthes.
Viele große Erfindungen sind durch Zufall oder einen glück-
lichen Gedanken entstanden. Rotteck. — Aus unsern Gefühlen
und Entschließungen entspringen unsere Handlungen. Reinhard.
— Die Griechen schwangen sich durch freie Staatsverfassungen,
Künste und Wissenschaften auf eine bedeutende Stufe der Bil-
dung. — Rom mußte wegen Untergang bürgerlicher Freiheit und we-
gen des Verfalles der Sitten der Weltherrschaft entsagen. Pölitz.—
Durch ein frommes Leben, durch Tugend und sittliche Größe
müssen wir die Ehre der Religion befördern. Reinhard. —
45. Inneres und Äußeres.
Die innersten Gedanken, stärksten Neigungen und tiefsten
Empfindungen des Menschen drücken sich in seinen Äußerungen
aus. Man sieht ihn ruhig oder in Bewegung, sanft oder hitzig,
schläfrig oder feurig, zweifelhaft oder entfchlossen, furchtsam oder
unerschrocken. Die natürlichsten Ausdrücke sind: Handlungen,
Geberden, ein lächelndes oder finsteres Gesicht, Thränen, Blicke,
Veränderung der Farbe; und diese zusammen geben dem ganzen
Körper eine abwechselnde Gestalt und einen Reiz, der bei den
Thieren nicht Statt hat, oder von uns nicht bemerkt wird.
46. Treue und Glaube
ist der Eckstein aller menschlichen Gesellschaft. Auf Treue
und Glaube sind Freundschaft, Ehe, Handel und Wandel, Re-
gierung und alle andern Verhältnisse zwischen Menjchen und
Menschen gegründet. Man untergrabe diesen Grund, Alles
wankt und stürzt; Alles fällt aus einander.
Herder.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand]]
Extrahierte Personennamen: Ernst Schiller Rotteck Reinhard Reinhard
126
ganz sicheres und untrügliches Kennzeichen gegeben: — es
besteht in der öffentlichen Meinung, welche von der Ge-
sammtheit ausgeht. Wirth.
27. Einer Nation auf den ganz ungehinderten Stamm
ihrer Empfindungen eine neue Lehre und Denkart aufzwingen
wollen, ohne daß sich jene mit dieser im mindesten mischen,
ist meistens unnütz, oft auch schädlich. Herder.
28. Es ist eine alte ewige Bemerkung, daß die würdigsten
Erleuchter und Besserer der Welt nicht sogleich wirkten, oft
lebenslang verkannt wurden, und nach Jahrhunderten blühte erst
ihr Ruhm hervor. Dcrs.
29. Die Vorsehung ist die beste Bekehrerin der Völker;
sie ändert Zeiten, Denkarten, Sitten, wie sie Himmel und Erde
ändert. Ders.
30. Sokrates vor seinen Richtern verglich die weise Stadt
Athen mit einer Gesellschaft von Kindern, denen er ihre Nä-
schereien nehmen wollte, und sie also sämmtlich zu Feinden
hatte. Ders.
31. Scepter brechen, Waffen rosten, der Arm der Helden
verweset: was in den Geist gelegt ist, das ist ewig I. v. Müller.
66.
9.
1. Keiner ist bestellt sich selbst zu richten; denn selten
schätzt er recht, was er gethan, und was er thut, weiß er fast
nie zu schätzen. Göthe.
2. Im Raume wirken große Männer selten einträchtig
und gemeinschaftlich, aber in den Zeiten reichen sie sich alle
die Hände aus der hohen Geisterwelt herunter zu einem Bau.
I. Paul.
3. Niemand wage es, mit der hemmenden Gewalt so
vieler Hindernisse sich zu entschuldigen, wenn ihm sein eigenes
Gewissen einen Stillstand im Guten zum Vorwurf macht; eigne
Nachlässigkeit ist und bleibt die Hauptursache desselben; mehr
oder weniger sind wir allezeit selbst Schuld daran, wenn wir
in unserer Besserung zurück bleiben. Reinhard.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser]]
128
thum, für das Recht wider die Gewalt, für die Tugend
wider die Selbstsucht, und für würdigen Genuß wider die
Sinnlichkeit. Ders.
13. So unvorsichtig es ist, die Welt als ein Jammerthal
zu verschreien, wo nichts als Elend zu finden sei; so thöricht
ist es, sie für einen Himmel auf Erden zu halten, und nichts
als Vergnügen und Wonne zu erwarten. Dcrs.
14. Stände in dem Evangelium nur der einzige Lehr-
satz : „Thu' Andern nicht, was du nicht willst, daß sie dir
thun!" so wurde man zugeben müssen, daß diese wenigen
Worte den Kern aller Moral enthalten. Fr. d. Große.
15. Wenn der Mensch Ideen und Ahnungen hat von Un-
sterblichkeit, Unendlichkeit, höchster Weisheit, Gerechtigkeit, Güte;
muß dann nicht der Keim zu dem Allen in seinem Wesen sein?
Claudius.
16. Da sich alle Maschinen durch die Länge der Zeit
abnutzen; da Mißbräuche in jede Regierung einschleichen, und
eine, auch Anfangs heilsame Einrichtung im Laufe der Jahr-
hunderte bei der Ab- und Zunahme der Menschen, bei ihrer
Verfeinerung oder Verschlimmerung gemeinschädlich werden kann:
so muß immer eine Möglichkeit zum ruhigen Fortrücken bleiben.
Schlözer.
17. Gleichwie jedes organische Wachsthum in den vier
Stufen des Entfaltens, der Blüthe, der Reife und des
Abfallens sich ausdrückt, und gleich wie deßhalb der Lebens-
proceß des einzelnen Menschen in die vier Perioden der Kind-
heit, der Jünglingszeit, des männlichen Alters und des Greisen-
alters zerfällt; ebenso drückt sich auch der Lebensproceß eines
jeden Volkes in der allmäligen Entwicklung, Blüthe, Reife und
der Wiederabnahme seiner Kultur aus. Wirth.
18. Wollen wir uns selbst nicht entehren, und alles Ver-
trauen verlieren; wollen wir nicht vor Gott und Menschen der
schwersten Verantwortung uns aussetzen, und treulose Verräther
an allem werden, was der Menschheit wichtig und heilig ist:
so dürfen wir das Vermögen zu sprechen, nie anders gebrau-
chen, als zur Beförderung der Wahrheit. Reinhard.
19. So wie das Gift dem Körper schadet und die Ge-
sundheit des Leibes zerstört; wie Unwissenheit und Irrthum
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Claudius Wirth Reinhard
302
104. Gesindeordnung für die Herzogthümer Schles-
wig und Holstein.
Wir Christian der Achte, von Gottes Gnaden König zu
Dänemark, der Wenden und Gothen, Herzog zu Schleswig, Hol«
stein, Stormarn, der Dithmarschen und zu Lauenburg, wie auch zu
Oldenburg, re. Thun kund hiemit: Nachdem in Veranlassung eines stän-
dischen Antrags der Entwurf einer Gesindeordnung für die Herzog-
thümcr Schleswig und Holstein den ständischen Versammlungen für
das Herzogthum Schleswig und für das Hcrzogthum Holstein zur Be-
rathung vorgelegt worden, sind Uns die hierüber abgegebenen Gutach-
ten beider Versammlungen allerunterthänigst vorgetragen worden. Wir
haben hierauf zur Bewirkung einer übereinstimmenden Gesetzgebung im
Gcsindewescn für alle Landestheile in Unfern gedachten Herzogthümer»,
und zur Beseitigung der Ubclstände» welche sich in dieser Beziehung
gezeigt haben, nachstehende Gesindeordnung zu erlassen Uns allerhöchst
bewogen gefunden, und verfügen und befehlen demgemäß:
§ 3. Auch ohne besondere Vereinbarung ist das Gesinde verpflich-
tet. außer den speciell demselben obliegenden Leistungen auf jede Weise
nach Vermögen zur Erreichung der häuslichen Zwecke mitzuwirken, den
Anordnungen der Dienstherrschaft in dieser Beziehung Folge zu leisten
und sich der Hausordnung gemäß zu verhalten.
8 4. Dagegen liegt auch ohne ausdrückliche Übereinkunft der Herr-
schaft die Verpflichtung ob, nach bester Einsicht wie für das leibliche,
so auch für das sittliche Wohl des ihr untergebenen Gesindes Sorge
zu tragen.
8 5. Es darf daher das Gesinde durch die Hausordnung an dem
Besuche des öffentlichen Gottesdienstes nicht ungebührlich gehindert
werden, und die Herrschaft hat unconfirmirte Dienende vorschriftsmäßig
zum Besuch der Kirche und Schule anzuhalten.
8 12. Die allgemeinen Termine des Dicnstwechsels für Miethen,
welche halbjährig oder jahrweise geschlossen werden, sind der Iste Mai
und Iste November, sofern nicht andere Ab- und Zugangszeiten ver-
einbart werden. In der Stadt Altona werden jedoch mit Rücksicht auf
die dortigen Verhältnisse die bisher gebräuchlichen Termine beibehal-
ten. (Himmelfahrt und Martini.)
8 13. Der Ab- und Zugang des Gesindes findet, wenn die Ent-
fernungen solches erlauben, an demselben Tage statt, und ist das Ge-
sinde zum Antritt des Dienstes, so wie die Herrschaft zur Annahme
desselben erforderlichen Fcklls durch polizeilichen Zwang anzuhalten.
8 14. Der durch das Verschulden des Gesindes um 24 Stunden
verzögerte Dienstantritt berechtigt die Dienstherrschaft, den Contract
aufzuheben, und ist außerdem von dem Gesinde mit einer Brüche von
1 bis 3 Rbthlr. zu büßen.
8 16. Durch eine von Seiten der Herrschaft veranlaßte Ver-
zögerung wird das Dienstverhältniß nicht aufgehoben, und die Herr-
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober]]
TM Hauptwörter (200): [T117: [Schleswig Däne Insel Holstein Eider Preußen Schanz Jütland Dänemark Karl], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung]]
Extrahierte Personennamen: Christian Gottes_Gnaden_König Martini
203
fchaft ist dem Gesinde zur verhältnißmäßigen Leistung von Lohn und
Kostgeld bis zur Aufnahme in das Haus verpflichtet.
§ 17. Das Gesinde kann vor dem Antritt des Dienstes den ein-
gegangenen Micthvertrag aufkündigen:
1) wenn dasselbe zur Zeit des Dienstantritts von einer zum Die-
nen unfähig machenden Krankheit oder Schwäche befallen
wird;
2) wenn weibliche Dienstboten sich verheirathen;
3) wenn die Verhältnisse der Eltern dcö Dienstboten in der Zwischen»
zeit sich so geändert haben, daß sie die Dienste des Kindes nicht
entbehren können, und wenn der Dienstbote in eigenen, nament-
lich in Erbschaftsangelcgcnheiten auf längere Zeit vom Wohn-
orte der Dienstherrschaft sich zu entfernen genöthigt ist;
(Diese Gründe sind vom Gesinde gehörig nachzuweisen.)
4) wenn die Herrschaft ihren Aufenthaltsort außerhalb des Hcr-
zogthums verlegt.
8 18. Die Herrschaft ist dagegen berechtigt von dem Vertrage
vor Antritt des Dienstes abzugehen, wenn ihr bekannt geworden:
1) daß sie bei der Annahme des Gesindes durch Vorzeigung fal-
scher Zeugnisse hintergangen ist;
2) daß das Gesinde groben Lastern ergeben ist, oder seit der Ein-
gehung dcs Dicnstvertrags ein Verbrechen begangen hat;
3) daß es an ansteckenden oder undiensttüchtig machenden Übeln
leidet;
4) daß weibliche Dienstboten schwanger sind.
8 21. Ohne Angabe von Gründen steht es der Herrschaft jeder,
zeit frei, gegen Auszahlung des Lohns und Kostgeldes für ein Viertel-
jahr an das Gesinde vor dem Dienstantritt desselben von dem Dienst-
vertrage abzugehen. Auch dem Gesinde steht diese Befugniß zu, wenn
cs spätestens 4 Wochen vor dem Dienstantritt seinen Entschluß der
Herrschaft anzeigt, und an dieselbe den Lohn für ein halbes Jahr sofort
erlegt.
Um bei Dienstverhältnissen, welche auf einen Monat verabredet
sind, von dem Dienstvertrage vor dem Dienstantritt abgehen zu können,
hat die Herrschaft dem Gesinde den Lohn nebst Kostgeld für einen hal-
den Monat zu zahlen, und das Gesinde den Lohn für einen Monat an
die Herrschaft zu erlegen.
8 22. Der Beendigung des Dienstverhältnisses geht in der Regel
die Kündigung vorher. Die allgemeinen Kündigungszciten sind, wenn
der Dienstvrrtrag auf ein halbes Jahr oder jahrweise geschlossen ist,
der 1. Februar und der 1. August. Die Kündigung muß in jedem
Falle drer Monate vor Ablauf der Dienstzeit, bei monatlicher Dauer
derselben aber 14 Tage vor Ablauf deö Monats geschehen.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni]]
304
8 26. Als begründete Ursachen zur Entlassung des Gesindes außer
der Zeit sind solche Handlungen und Eigenschaften zu betrachten, welche
nach richterlichem Ermessen die Ruhe und Sicherheit des Hauswesens
stören, oder den Zweck des Dienstverhältnisses vereiteln. Dahin sind
namentlich zu rechnen:
1) Diebstahl und Unterschied, Hehlerei;
2) ein dringender Verdacht der Untreue, welcher durch richterliche
Erkenntniß nicht völlig gehoben worden ist;
3) Borg auf der Herrschaft Namen;
4) thätliche Widersetzlichkeit und Schimpfreden gegen die Herr«
schaft und deren Familienglieder, so wie gegen Vorgesetzte;
5) Verweigerung des Gehorsams;
6) unsittliches Betragen in Gegenwart der Kinder der Herrschaft,
Verleitung derselben zum Bösen und Mißhandlnng derselben,
so wie grobe Vernachlässigung der seiner Obhut anvertrauten
Kinder;
7) Mißhandlung des Mitgcsindes und Unverträglichkeit mit dem-
selben, welche die häusliche Ordnung und Ruhe stört;
8) unzüchtiges Betragen der Dienstboten unter einander;
9) grober Leichtsinn und Fahrlässigkeit, wodurch Fcuerögefahr ent-
standen;
10) Mißhandlung des anvertrauten Viehes, namentlich auch das
Nichtrcinausmclken der Kühe;
11) nächtliches Ausgehen und wiederholtes Ausbleiben, so wie Ge-
stattung nächtlichen Aufenthalts im Hause an Fremde ohne
Erlaubniß der Herrschaft;
12) mehrmaliges Betrinken;
13) Unfähigkeit der übernommenen Verpflichtungen;
14) die im 8 18. angegebenen Gründe, welche die Herrschaft auch
vor der Aufnahme in den Dienst von dem Dienstvcrtrage ab-
zugehen berechtigen.
Zn diesen Fällen hat das Gesinde nur auf den bereits ver-
dienten Lohn Anspruch.
8 27. Das Gesinde kann gleichfalls aus Gründen, welche nach
richterlichem Ermessen hinreichend befunden worden, seine Entlassung
außer der Zeit fordern.
Es sind namentlich dahin zu rechnen:
1) thätliche Mißhandlung oder grundlose Beschuldigungen, welche
den guten Namen des Gesindes verletzen;
2) Vorenthaltung der nothwendigen Lebensbedürfnisse;
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
205
3) unsittliche Zumuthungen der Herrschaft und Hausgenossen, wenn
die Herrschaft gegen letztere den erforderlichen Schutz vcrwci.
gert oder nicht gewährt;
4) Verlegung dcö Aufenthalts der Herrschaft außerhalb des Her.
zogthums.
In solchen Fällen hat das Gesinde Anspruch auf den verdienten,
so wie aus ferneren Lohn und Kostgeld in Gemäßheit 8 25. Wenn
nach richterlichem Ermessen das Dienstvcrhältniß aus den übrigen im
8 17. angeführten Gründen aufgehoben wird, so ist dem Gesinde nur
der verdiente Lohn zu zahlen.
105. Rechenberg's Knecht.
Es lebt' einmal im schönen Lande Meißen
Ein Ritter, Kurd von Rechenberg geheißen.
Er hatte Haus und Hof und viel Gesind',
Und jeden Diener hielt er wie sein Kind.
So gütig war kein Herr in weiter Runde;
Kein hartes Wort entschallte seinem Munde.
Der Diener Trägheit oder Ungeschick
Bestrafte nur ein Wink, ein ernster Blick.
Einst kam, dem Ansehn nach, aus ftemdem Lande
Ein junger Bursch' in dürftigem Gewände,
Der klagend über Armuth, Drang und Noth,
Bescheiden sich zu Diensten anerbot.
Der Ritter sagte: „willst du redlich dienen,
So bist du mir willkommen hier erschienen,
Ich öffne mit Vertrauen dir mein Haus,
Doch richte, was dir obliegt, wacker aus."
Der neue Diener, der Georg sich nannte.
Flog wie ein Pfeil, wohin sein Herr ihn sandte.
Und Glück und Heil und Wundersegen schien,
Wo seine Hand sich regte, zu erblüh'n.
Auf wüsten Feldern, die sein Pflug berührte,
Schwand das Gestein, als ob's der Wind entführte,
Und Ähren wogten über ödes Land,
Wo vormals nur die Distel einsam stand.
Einst ging der Ruf von Feinden in der Nähe;
Der Ritter sprach: „Georg, reit' auf die Spähe!"
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
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284
Vorhandene. Über die menschliche Seele, ihre Bestimmung
und Fortdauer gelangten sie ebenfalls zu keiner Klarheit. Phi-
losophie aber, d. h. Liebe zur Weisheit, wurde die Wissenschaft
genannt, welche sich mit der Beantwortung solcher Fragen be-
schäftigte.
In Athen, der herrlichsten Stadt Griechenlands,
war nun etwa 450 Jahre v. Chr. durch Handel und glücklich
geführte Kriege ein außerordentlicher Reichthum, und damit auch
Wohlleben und Schwelgerei herrschend geworden. Da traten
denn falsche, leichtsinnige Männer auf — sie nannten sich So-
phisten ! das soll heißen: Weise! und lehrten: „ Ihr sehet ja,
wie die Philosophie nichts mit Bestimmtheit weiß; sie weiß
nicht, ob Ein Gott sei oder viele Götter oder gar keine; sie weiß
nicht, wozu der Mensch geschaffen ist, ob zur Tugend oder
zum Lebensgenuß, zur Weisheit oder zur Thorheit; ob er nach
diesem Leben fortleben wird oder ewig todt sein. Nur das,
o Mensch, haft du gewiß, was du genossen hast. Drum laß
dein Herz guter Dinge sein; lebe lustig und kümmere dich nicht
um die Zukunft. Nicht der ist der Beste, der am tugendhaf-
testen gelebt, sondern der, welcher das Leben am vollständigsten
genossen hat."
Du erschrickst billig, mein Lieber, über solche Lehren. Aber
das Schlimmste dabei war noch, daß jene Sophisten dieselben
mit so schönen Worten und in so schönen Wendungen vorzubrin-
gen wußten, daß nur ein sehr gebildeter Geist ihnen das Falsche
ihrer Lehre hätte darthun können. Ich will dir doch an einem
Beispiel zeigen, wie listig und scharfsinnig sie oft ihre Sache
darzustellen wußten.
Ein Jüngling ging zu einem Sophisten, um von ihm
Weisheit (?) und Beredtfamkeit zu lernen. Sie wurden einig,
daß das Lehrgeld erst dann von dem Jünglinge zu zahlen sei,
wenn er seinen ersten Proceß vor Gericht gewonnen hätte. Der
Jüngling machte außerordentliche Fortschritte; aber zögerte ftets
damit, eine Rechtssache vor Gericht zu führen. Der Sophist,
dem am Ende doch die Geduld ausging, mahnte seinen Schü-
ler an die Bezahlung der Schuld, und da dieser an die Be-
stimmung ihres Vertrags erinnerte, lud er ihn vor Gericht.
Das eben hatte der nur zu gelehrige Schüler gewollt, und
nun trat er auf und sagte: „ Ich, ihr Richter, bin jetzt auf
keinen Fall das Lehrgeld zu zahlen schuldig. Denn verliere ich
den Proceß, so brauche ich nichts zu bezahlen zufolge der Be-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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