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1. Erdkunde - S. 259

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 259 — „Warfen" oder „Warten") genannt werden und den Bewohnern und allen ihren Habseligkeiten als Zufluchtsort bei Überschwemmungen dienen. Vor diesen können die Marschländer nur durch einen Gürtel breiter, flacher Wälle (Deiche) geschützt werden. Man uuterscheidet Binnen- und Seedeiche. Mit dem letztern Namen wird der äußerste Damm bezeichnet, der gegen das Meer schützt und meist unmittelbar an der Küste hinläuft. Wenn das Land gegen das Meer hin an- wächst, werden nene Deiche errichtet, wodurch die alten zu „Binnen- deichen" werden. Die Höhe der Deiche beträgt 3—4 m, zwischen der Weser- und Elbemündung sogar 12 m. Durch die Deiche wird das den Fluten abgewonnene Land vor Überschwemmung und Ver- heerung geschützt. Dankbar erkennt der Marschbewohner ihren hohen Wert an und nennt sie „das güldene Band" des Landes. Aber trotz der Sorgfalt und des großen Kostenaufwandes, mit denen für Erhaltung und Verbesserung der Deiche gesorgt wird, vernichten hin und wieder gewaltige Springfluten des Meeres, die Deiche zer- reißend, den Fleiß mühevoller Jahre. In frühern Jahrhunderten wurden selbst weite Laudstrecken von den schäumenden Wogen ver- schlungen. Hiervon geben die Zuidersee wie der Dollartbusen Zeugnis, ferner die vielen kleinen Inseln von der Mündung der Schelde bis zur Küste Schleswigs, welche Überreste des früher zusammenhängen- den Dünenzuges und des ehemals hinter diesem liegenden Marsch- landes sind. Atmenleben. Wenu „unten" das Gras schon gemäht und als Heu eingebracht ist, dann kommt in den Alpen der „Auftrieb" — das Vieh wird auf die hochgelegeuen, saftigen Weiden geführt. Alle Vorbereitungen zum Auszuge sind getroffen. Die Sennerin (auch Almeriu oder Schwaigerin genannt) hängt der Leitkuh die Almglocke um, und sobald diese ertönt, gerät alles Vieh in unruhige, aber freudige Be- weguug. Es drängt in Hast nach der Thüre, um ins Freie zu kommen, und brüllt aus voller Kehle. Das ist gleichsam der erste Gruß an die fette Weide. Alle Hausbewohner sind versammelt; dem Vater treten wohl Thränen in die Augen, weil er sich von den

2. Erdkunde - S. 261

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
261 — und nun erst darf die Sennerin an ihr Mittagsmahl denken, das aus Brot, Milch, „Topfen", Butter oder dem beliebten „Schmarren" besteht, selten einmal auch aus Fleisch, das man ihr „von unten" heraufbringt; denn in Zwischenräumen erscheint ein Hausgenosse, um die von der Sennerin bereitete Butter abzuholen. Abends findet sich die Schar der Rinder zur Nachtruhe ein. Zum drittenmal wird gemolken; Grünfutter bildet die Abendkost. Bald herrscht tiefe Ruhe in der Hütte und auf der Alm; nur die Bergamfel flötet im Busche. Wohl ist es schön auf der Alm, „wenn's klare Tag hat und 's Vieh g'sund ist"; aber ängstlich wird es der einsamen Bewohnerin der Hütte, weun die Sommerschwüle donnernde Gewitter erzeugt und zuckende Blitze die Herde bedrohen. Und wenn erst die Nebel hereingezogen kommen! Schwer und fröstelnd lagern sie tagelang über der Alm und wollen gar nicht weichen, bis sie sich endlich in kalten Regen auflösen, während dann auf den Berggipfeln Schnee fällt und der Sturm Flocken und Wolken vor sich her treibt. Dann läßt das Vieh den Kopf hängen, und die Sennerin ist „völlig zag". Sie möchte lieber unten im Thale sein. Nur Ge- duld! Der Michaelistag rückt immer näher heran, und mit ihm geht die Almzeit zu Ende. Man denkt ans „Absödeln" und an den Heimtrieb; geht es dann endlich thalein, so trägt jede Kuh Blumenkränze auf den Hörnern. Allgemach breitet sich der Winter ins Thal, und die Sennerin sitzt an den langen Abenden am Spinn- rocken, oft in Gesellschaft befreundeter Almerinnen aus der Nachbar- schast. Sie singen Almlieder und erzählen einander, was sie in der Sommerzeit erlebten. (Nach Daniel.) Die ungarischen Wußten. In Deutschlaud hat man von den ungarischen Pußten oft eine Vorstellung, die ganz unrichtig ist. Man denkt sich unabsehbare grüne Flächen, bedeckt mit prächtigen Viehherden, die im üppigen Grase halb verschwinden. Und doch giebt es in der ganzen West- Hälfte Europas keine Gegend, die den größten Teil des Jahres mehr

3. Erdkunde - S. 270

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 270 — an sich vorüberziehen lassen will, stellt man sich z. B. an die neue Brücke (des Sultan Valide), die über das Goldene Horn führt, und über welche täglich die halbe Stadt hinüberflutet. Tagelang könnte man hier stehen und doch immer wieder Neues, Fremdes und Selt- sames sehen. Da kommen vorüber die verschiedensten Verkäufer, welche ihre Waren laut anpreisen — riesige Hamals (Lastträger), die unglaubliche Lasten auf dem wagerecht abgebogenen Rücken fort- schaffen (vgl. Bild 37, S. 123) —, Beamte und Offiziere auf Miet- Pferden, hinter denen der Treiber keuchend einherläuft, — Kaufleute, welche europäisch gekleidet sind und nnr ans dem Kopfe das rote Fes tragen, — Frauen, deren Gesicht durch den Schleier verhüllt ist. Dann kommen häßliche Neger, faulenzende Derwische, griechische Popen, hin und wieder erscheint wohl auch ein branner Kapuziner. So geht es weiter in stetem, buntem Wechsel den ganzen Tag, bis die Brücke abgeschlossen wird. Diese Menschen gehören den ver- schiedensten Rassen der Welt an. Da sind vor allein die Türken oder Osmanen, dann Araber, Neger, Kurden, Armenier, Tscherkessen, Perser, Georgier, Griechen, Albanesen, Slaven, Walachen, Inden und Zigeuner. Und inmitten dieses Völkergemisches stehen wir und fühlen, daß wir in diese Welt nicht gehören; aber niemand beachtet uns; denn in Konstantinopel erregt niemand Aufsehen. Wer den Propheten bekennt, trägt das Fes — vom Sultan herunter bis zum Bettelmann; nnr die Priester und die Nachkommen des Propheten haben farbige Binden turbanartig um das Fes geschlungen; außerdem tragen die Derwische hohe, kegelförmige Kopfbedeckungen aus Filz. — Wagen sind selten; denn die krummen, schlecht gepflasterten, steilen Straßen machen meistenteils das Befahren mit Fuhrwerken unmög- lief). Alles wird durch Hamals oder auf Pferden und Eseln trans- portiert. — Die meisten Geschästsläden sind im Freien; hier wird auch das Brot gebacken, das in großen, runden Bretzeln oder in Gestalt von Honigkuchen fleißig Abnehmer findet. — Die Häuser sind — wenigstens in den obern Stockwerken — in der Regel aus Holz und mit einem rotbraunen Anstrich versehen; fast jedes Haus hat auch einen Erker mit dreieckigem Grundrisse; viele Fenster sind

4. Erdkunde - S. 271

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 271 — mit hölzernen Stäben enge vergittert und zeigen die Wohnungen für die Frauen an. Eine besondere Eigentümlichkeit der Straßen sind die Herren- losen Hunde, welche sich in ungezählter Menge (man schätzt sie auf 50 000) in den Gassen herumtreiben. Diese Tiere, fast alle einander gleich und von braungelber Farbe, sind von einer ganz eigenen Rasse und stehen mit den Wölfen und namentlich mit den Schakalen der Umgebung in naher Vetterschaft. Es giebt keine Gasse, die nicht von Hunden bewohnt wäre, und zwar hat jede Straße ihre bestimmte Anzahl. Wehe, wenn sich ein Hund in ein fremdes Quartier verirrt; er wird sofort zerrissen! Diese Hunde liegen des Tags faul auf dem Bürgersteig oder auch mitten auf dem Wege. Sie weichen nicht aus; man ist gezwungen, über sie hinwegzusteigen, ja selbst Wagen müssen ausbiegen. Es wäre nicht ratsam, vor den Augen eines Türken einen Hund zu stoßen oder gar zu überfahren. In den nicht türkischen Stadtteilen geht es den Hunden freilich schlimmer. Viele derselben tragen auch Spuren nächtlicher Straßen- kämpfe an sich und sind über und über zerbissen und zerschunden. Wuuderbarerweise ist die Hundswut selten und greift nie weit um sich. Obwohl die Hunde nicht bösartig find, so ist es doch geraten, zur Nachtzeit einsame und abgelegene Gäßchen zu vermeiden. Die Huude leben von dem, was in Schlächterläden abfällt, was auf die Straße geworfen wird u. s. w. Da der Türke gegen die Tiere überhaupt sehr mitleidig ist, so haben diese herrenlosen Geschöpfe in der Regel wenig zu hungern. Eine wichtige Aufgabe fällt deu Hunden zu — die Straßenreinigung. Sie fressen nämlich gierig alles auf, was nur irgeudwie genießbar erscheint, und so ist es eine wahre Wohlthat, daß sie namentlich alle Arten von ver- endeten Tieren, selbst Pferde und Esel nicht ausgenommen, buch- stäblich mit Haut und Haar verzehren. Zu den Sehenswürdigkeiten Konstantinopels gehört in erster Linie die alte Sophienkirche, die jetzige Hagia Sofia. Diese Kirche, das großartigste Bauwerk des byzantinischen Stils, gipfelt in einer flach gewölbten Knppel, welche von acht niedrigem

5. Erdkunde - S. 275

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 275 — der Bosniake geht damit durch dick und dünn, durch schuhtiefen Kot wie durch kniehohen Schnee und ist so immer an den Füßen durch und durch naß." Dem Wohnraum des Bosniaken fehlen auch die eiufachsten Hausgeräte. Auf dem nackten Erdboden sitzt, ißt und arbeitet er; auf dem nackten Erdboden schläft er auch, den Arm als Kissen unter dem Kopfe. Die ganze Familie liegt um das Feuer herum, am nächsten die Kinder, welche auch im Winter nur mit einem Hemde angethan sind. Die Erwachsenen schlafen in ihren Kleidern, aus denen sie oft viele Wochen nicht herauskommen. Die Kinder bis zum 15. Jahre fiud immer barfuß; und je jünger das Kind, desto weniger Kleider bekommt es. Die Ursache dieser entsetzlichen Armut liegt zumeist in der jahrhundertelangen Mißhandlung und Ausbeutung der christlichen Bosniaken durch die Türken. Als diese das Land völlig erobert hatten, trat fast der ganze grundbesitzende Adel zum Islam über, die große Meuge des Volkes aber blieb der griechischeu Kirche treu. Durch deu schmählichen Abfall vom väterlichen Glauben erwarb der bosnische Adel bedeutende Vorteile. Er erhielt die ausgedehntesten Vorrechte und konnte das christliche Volk in jeder Weise, besonders aber durch unerschwingliche Abgaben, bedrücken. Dieses hielt aber trotzdem am christlichen Glaubeu fest. Mehrfache Versuche, das türkische Joch abzuschütteln, mißlangen; doch hatte der letzte einen Erfolg. Im Jahre 1878 wurden Bosnien und die Herzegowina unter österreichische Verwaltung gestellt, nachdem der blutige Wider- stand, den die fanatische mohammedanische Bevölkerung leistete, nieder- geworfen worden war. Seitdem bessern sich allmählich die Verhält- nisse der armen christlichen Bosniaken. (Nach Grube und P. Franz.) Wom. Die Weterskirche und der Vatikan. Wenn man den Tiber auf der Engelsbrücke überschreitet, so ge- langt man — an der mächtigen Engelsburg vorbei — durch keines- wegs schöne Straßen auf deu Petersplatz, der durch seine großartige, einfache Schönheit auf den tiefen Eindruck vorbereitet, welchen Sankt

6. Erdkunde - S. 287

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 287 — Das Westende ist der feinste Stadtteil, der Wohnsitz des Adels und der ganzen vornehmen Welt. Im Ostende sind die bewundernswerten Anlagen für die Marine. Hier liegen die großartigen Docks, in welche die Schiffe aus der Themse geleitet und wo sie ans- und eingeladen werden. 300 große Seeschiffe haben hier gleichzeitig Platz. Eingefaßt sind die Docks von einer ununterbrochenen Reihe 5 bis 7 Stockwerke hoher Warenhäuser, in welchen Produkte aus allen Ländern der Erde in unglaublicher Menge aufgestapelt sind. Welch uugeheuern Wert haben die großartigen Lager von Tabak, Thee, Kaffee, Zucker, Indigo, Gewürzen, Häuten, Baumwolle, Holz, Seide, Wein, Branntwein n. dgl.! Und welch uuvergleichliche Thätigkeit herrscht iu und vor den Warenhäusern! Hunderte von eisernen Kränen ächzen unter ihrer Last; Tausende von Arbeitern, Maklern und Docksbeamten eilen geschäftig hin und her, und im großen Bassin liegen dicht bei einander die Schiffe, anf denen Matrosen und Lastträger mit Ameisen- fleiß thütig sind, Waren ans Land oder an Bord zu bringen. In keinem andern Hafen der Welt sieht man so viele verschiedenartige Nationalitäten wie hier. Neben dem Holländer ankert der Kauf- fahrer aus Brasilien mit Kaffee und Farbhölzern; der Däne bringt sein Hornvieh ans Land; belgische und französische Schiffe laden Glas, Leder, Eier, Obst und Gemüse aus; der Amerikauer wälzt seine Tabakfässer imb Baumwollenballen ans Ufer; russische und deutsche Ostseefahrer haben ihre Getreideladungen bereits in den Magazinen untergebracht und warten nun auf Rückfracht. Englische Fahrzeuge aus Indien, Australien, Canada und vom Kap ziehen durch die geöffneten Schlensenthore, und was eben keine Arbeit hat, vergnügt sich in seiner Weise, kocht, ißt, trinkt, sitzt oder träumt auf Verdecken und in Mastkörben, flickt am Segel- oder Tauwerk und denkt der fernen Heimat. Schon an dem Leben und Treiben in seinem Hafen zeigt es sich, daß London die erste Handelsstadt der Welt ist. 2/5 des ge- samten außerordentlich großen britischen Handels treffen allein auf London. Jährlich laufen in feinen Hafen Über 15 000 Seeschiffe

7. Erdkunde - S. 290

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 290 — im Jahre 140—150 Millionen Mark für Wohlthätigkeitszwecke verwendet werden; aber die Zahl der Bedürftigen ist so groß, daß auch diese gewaltigen Summen zur Unterstützung derselben nicht hinreichen. (Nach Daniel, Pütz u. a.) Aas Wergwerk von Aannemora. Dieses berühmte Bergwerk (Bild 99) liegt ungefähr 37 km nördlich von Upsala und bietet ein ganz anderes Bild, als man gewöhnlich von einem Bergwerke erwartet. Ich wenigstens war ganz verwundert, als ich keinen Schacht fand, sondern in ebener Gegend einen weiten offenen Abgrund, von dessen Rand aus man bis auf den Boden sehen kann. Dieser Abgrund gleicht einer becherartigen Grube oder dem ausgebrannten Krater eines feuerspeienden Berges. Die schwarze Farbe des Gesteins erhöht noch das Schauerliche des Eindruckes, den der plötzlich vor den Füßen gähnende Abgrund her- vorruft. Es sind im ganzen etwa 80 Gruben, von denen jedoch nur der fünfte Teil in Betrieb ist. Mehrere Gruben siud von uu- geheurer Ausdehnung und Tiefe; so ist z.b. die Junggesellen- und Jungfrauengrube an 160 m tief. Unerschöpflich ist der Reichtum an vortrefflichem Eisenerz, woraus 40—50 Prozent Roheisen ge- wonnen werden. Schon seit 1532 beutet man die Gruben aus; durchschnittlich sind 350 Arbeiter in der Tiefe beschäftigt. Sie tragen nicht die deutsche Bergmannstracht, sondern die gewöhnliche des gemeinen Mannes in Schweden: Jacken von grobem Tuch, leinene Beinkleider, plumpe Schuhe. Einige Stollen gehen von der Tiefe aus seitwärts in wagerechter Richtung fort. Uni den Rand der Gruben sind Schuppen erbaut, in denen Pferde die Räder drehen, durch welche Eimer in die Tiefe hinabgelassen und wieder emporgewuuden werden, wenn die Arbeiter sie mit Erz gefüllt haben. Leitern von Ketten hängen von einem Vorsprung und von einer Klippe zur andern; daran klettern die Arbeiter behende hinauf und hinab. Gewöhnlich fahren sie aber in den Eimern zur Tiefe. Aus den Schuppen kann man bequem eine Grube mit allen Einzelheiten überschauen. Es überfällt einen ein Gruseln, wenn man bedenkt,

8. Erdkunde - S. 292

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 292 — daß die Tiefe, in welche die Arbeiter hinabgelassen werden, so be- trachtlich ist, daß aus ihr selbst hohe Kirchtürme nicht bis zur Oberfläche emporragen würden. Um ^12 Uhr kommen aus den Gruben sämtliche Arbeiter bis auf zwei oder drei, welche die Spren- gungen vorbereiten, die dann Punkt 12 Uhr beginnen. Stark und voll, wie der Donner im Gebirge, erdröhnt der Sprengschuß, und meint man, mm sei der Donner verrollt, so prallt er plötzlich aus einer Höhle oder an einer Klippe zurück und erstirbt dann grollend. Während dieser Zeit fliegt das zersprengte Gestein auseinander, und man hört noch lange den Fall einzelner Trümmer in der Tiefe. Die Arbeiter haben zwar Zeit, sich zu verbergen, sobald die Zünd- schnür angebrannt ist; aber die Gewohnheit der Gefahr macht die Leute oft unvorsichtig, und es geschehen manche Unglücksfälle. Als es hieß, die Arbeiter würden nun aus der Tiefe kommen, konnte ich sie anfangs gar nicht gewahr werden. Endlich sah ich graue Klumpen, die sich entlang der Wände heraufbewegten. Später er- kannte ich in jedem Klumpen einen Eimer, auf dessen Rand drei oder vier Arbeiter standen, die sich mit einer Hand am Seile hielten, das sich langsam mit den daranhängenden Menschen um sich selbst drehte. Die Leute hielten sich scheinbar ganz nachlässig an dem Seile; sie sprachen zusammen; der eine nahm seine Mütze ab, der andere sah zu uns herauf, der dritte trocknete sich die Stirne. Gottlob! jetzt schwebten sie näher und näher, und bald entlud sich der Eimer friedlich im nächsten Schuppen. Vier Menschen stiegen vom Rande des Eimers herab, und ein fünfter, der darin gesessen hatte, kroch heraus. Sie setzten sich auf Bänke und ließen sich ihr Butterbrot wohl schmecken. Man erzählte mir, daß einige Wochen vorher mehrere Engländerinnen die Fahrt in einer Tonne gewagt hätten; das machte mir Mut, und ich beschloß, auch die Reise in die Tiefe anzutreten. Mein Führer übergab mich zwei Gruben- arbeitern, die mich auf meiner Fahrt begleiten sollten. Die Eimer oder Tonnen, in welchen man zur Tiefe fährt, hängen ganz frei über dem Abgrunde. Das Hineinsteigen ist für denjenigen, der mit Schwindel behaftet ist, nicht ohne Gefahr. Als ich mit Hilfe meiner

9. Erdkunde - S. 293

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 293 — Begleiter glücklich in die Tonne gelangt war. ging es rasch entlang der schroffen Wand in die Tiefe hinab, und nach fünf Minuten fühlte ich mit großem Behagen festen Boden unter mir. Da ich nun in dem schaurigen Schlünde stand, kam ein unheimliches Gefühl der Verlassenheit über mich. Der mit düstern Wolken überzogene Himmel bildete gleichsam die schwarze Decke zu dem leeren Sarge eines Riesen; in furchtbar schauriger Schönheit stiegen die schroffen Wände aus der Tiefe empor. Es war eisig kalt; niemals dringt ja ein erwärmender Sonnenstrahl hierher. Der Abbau des Erzes kann deshalb auch nur im Sommer betrieben werden; im Winter werden die während des Sommers gewonnenen Erze verhüttet. Durch künstliche Hinabführung warmer Luft befördert man im Frühjahr das Schmelzen des Eises. Die lange Macht und die Mitternachtssonne in Kammerfest. Das Hlordkap. Hammerfest ist die nördlichst gelegene Stadt der Erde. Die lange Nacht, in welche die Stadt im Winter gehüllt ist, bildet auch die Zeit der Ruhe für alles Handelsleben. Die Fische haben Frieden; der schmutzige Seelappe und der nordische Fischer liegen in Erdhütten am qualmenden Feuer und warten dort in trägem Winterschlafe, bis der nene Tag erscheint. Die Kaufleute in Hammerfest bringen ihre Bücher in Ordnung, dann sitzen sie die meiste Zeit am Karten- tische, halten Bälle und Schmausereien, spielen sogar Theater und sehnen sich endlich unruhig nach der Zeit, da im Osten ein Lichtstreis hervorbricht. Außer den Kaufleuten wohnt in Hammerfest kaum noch ein anderer gebildeter Mensch als der Pastor und der Arzt. Die Zeit der langen Nacht ist aber doch nicht gauz so, wie wir sie nns vorstellen. Die Sonne ist freilich acht Wochen ganz unter dem Horizont, und vier Wochen lang — von Mitte Dezember bis Mitte Januar — ist so tiefe Finsternis, daß bestandig Licht gebrannt werden muß. Indes tritt bei hellem Wetter um die Mittagsstunde eine Art Dämmerung ein, so daß man am Fenster ungefähr eine

10. Erdkunde - S. 297

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 297 deutende Summen umgesetzt. — Einen noch auffallendem Gegensatz zwischen dem äußern Ansehen und dem innern Gehalt liefern die Perlenbuden. Da sitzt in einer bretternen, mit Matten ausgeschlagenen schlechten Bude ein Mann, der auf einem Tischchen vor sich einige Bogen gelbes und graues Papier hat, worauf für mehr als 100 000 Rubel (1 Rubel = 3,24 Mark) Perlen liegen. Ein sehr wichtiger Handelsartikel sind die kostbaren indischen Shawls, deren viele verkauft werden. Unter den von den Europäern (fast aus- schließlich den Russeu) ausgestellten Waren nehmen Baumwollfabrikate die erste Stelle ein. (Nach Andree und Daniel.) Km chinesisches Kastmahl. Die Gebrüder Minqua, bei denen wir eingeladen waren, gehören zu den reichsten Kaufleuten. Am 2. März erhielten wir die chinesisch auf rotes Papier geschriebene Einladung, und am 4. um 6 Uhr abends begaben wir uns in das Haus, wo die beiden Brüder Minqua uns empfingen. Der englische Kaufmann Dent stellte uns vor. Es waren unser acht Offiziere der Fregatte, außerdem noch fünf andere Personen. Die beiden Minqua sowie die von ihnen eingeladenen chinesischen Freunde waren in Festtagskleidung erschienen, nämlich in langen Gewändern von blauem Seidenstoff mit prächtigen Stickereien. Ein kegelförmiger Strohhut mit einer Quaste aus Seiden- Plüsch bedeckte den Kopf. Bei ihrer Jugeud und vorteilhaften Gestalt stand den Chinesen der Anzng recht gut und hatte trotz des spitzigen Hutes und des laugen Zopfes etwas Würdevolles. Wir wurden in einen langen, durch Laternen von verschiedenster Form und Farbe erleuchteten Saal geführt; hier standen eine Reihe kleiner Theetische, deren jeder von zwei Lehnstühlen aus Bambus umstellt war. Ich nahm einen Schluck Thee, um das wunderbare Getränk einmal in seiner vollen Reinheit zu genießen, konnte ihm aber, obwohl der Geruch vortrefflich war, keinen sonderlichen Ge- schmack abgewinnen; durch den Mangel an Zucker schien mir der Thee scharf und trocken. Auch die andern europäischen Gäste teilten meine Ansicht. 13**
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