1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
2
Bilder aus Europa.
Die Meeresstraßen heben bis auf einen gewissen Grad die Abge-
schiedenheit vom äußern offenen Gewässer der freien Weltmeere wieder auf.
Wäre diese Abgeschiedenheit vollständig eingetreten, so würde sie Europa
in eine für das Ganze höchst nachthauige Absonderung versetzt haben. Die
mittelbare Verbindung mit den offenen Oceanen gab Europas Stellung
unendliche Vorzüge vor den unmittelbar offen vom großen Weltmeer be-
spülten Gestaden. Denn die mehr oder weniger engen Meeresstraßen sind
uferreichen Canälen gleich, bilden gleichsam gewiesene Wege, die das noch
unbehilfliche Völkergeschlecht von Ufer zu Ufer, von Vorgebirge zu Vor-
gebirge, von Insel zu Insel, von Volk zu Volk, von einem Gestadelande
zum andern führen mußten. Man denke nur an die Anfänge der Phönizier-
fahrten und aller Küstenschisferei. Die freien Weltmeere breiten sich in un-
ermeßlicher Einöde aus; sie scheuchen die unerfahrenen Völker im Zustande
der Kindheit zurück. Die engen Meeresstraßen dagegen locken aus friedliche
Weise die Phantasie der noch wenig gebildeten Völker hinüber zu den sicht-
baren und sonst wohl merkbaren Gegenständen der Nachbarschaft. So
gingen die Phönizier nach Cypern, dem Archipel, Sicilien und Carthago
bis Gades, die Kleinasiaten nach Thracien und dem Pontus, die Griechen
nach Troja, dem Peloponnes, Unteritalien re. Kühne Ueberschritte er-
weitern die Grenzen der Heimat, des ganzen Festlandes. Eine wichtige
Rolle übernahmen sehr frühzeitig die Gestade des mittelländischen und
schwarzen Meeres, der Nord- und Ostsee, der Canal zwischen Frankreich
und England. Ohne eine so günstige Vertheilung von Wasser und Land hätten
die Süd- und Westenden Europas einen ganz andern Gang der Entwickelung
nehmen müssen. Wie würde Griechenland in alter Zeit ohne die Gegengestade
der Aegppter, Phönizier, Kleinasiens und seines Archipels im ägäischen und
jonischen Meere verarmt geblieben sein. Wie wenig würde sich Italien
ohne die Gegengestade Südgriechenlands, Siciliens, Karthagos, — Eng-
land und Scandinavien ohne die Gegengestade nach allen Seiten hin haben
erheben können. Und dies sind nur einander ähnliche Erscheinungen im
Kleinen, wie sie die Weltstellung Europas in Beziehung auf das ganze
Erdenrund darbietet. Man denke nur an das Gegengestade Ostamerikas
und an seine mächtig rückwirkende Kraft auf das gesammte Europa in den
letzten Jahrhunderten. Wie ragen dagegen die Südenden Amerikas und
Afrikas hinaus in die Einsamkeit des Weltmeeres! Nach C. Ritter.
2. Das nördliche Eismeer.
Wenn ich mir die außerordentliche Pracht, den wunderbaren Schmuck
jener Eisfelder am Nordpole denke, wenn ich mich an die licht-, glanz- und
farbenreiche Herrlichkeit erinnere, wie man sie im Eismeere findet, so muß
ich staunen über das Schöne und Erhabene, womit jene von Kälte
starrenden Einöden prangen.
Unser Herz gerüth in Entzücken, und ehrfurchtsvolle Bewunderung
ergreift unsere Seelen, wenn wir die aus Eis geschaffenen, meilengroßen,
thurmhohen, schwimmenden Inseln erblicken und ihr Strahlen, Funkeln
und Blitzen im Wiederscheine der Sonne sehen. Unser Inneres wird auch
von Schrecken und Furcht überwältigt, wenn wir uns von diesen Eis-
bergen umringt sehen und nach keiner Seite hin sich eine Aussicht öffnet.
Da überfällt den Beherztesten ein Zittern; der Muthigste fühlt feine Ohn-
macht und der Kühnste bebt. rr , r.
Wenn man das Eis am Nordpol durch Feuer in Wasfer verwandelt,
so ist es trinkbar; alle Salztheile und Bitterkeiten sind von ihm geschieden.
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle]]
TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: C._Ritter
Extrahierte Ortsnamen: Europa Europa Europas Cypern Sicilien Troja Unteritalien Ostsee Frankreich England Europas Griechenland Kleinasiens Italien Südgriechenlands Siciliens Karthagos Europas Ostamerikas Europa Amerikas Afrikas Nordpole
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Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
4
Bilder aus Europa.
und ihn zum Hinabfallen zwingt. Ohne diese Zerstörungen der mächtigen
Naturkräfte würden die Eisfelder sich bald zu den höchstes Gegenden der
Erde erheben. Hier, wo man Stille und Tod ahnt, hört es nicht auf zu
knallen, zu donnern, zu toben und zu krachen.
, Aber so ist die Natur; da, wo sie ohne reges und thätiges Leben zu
sein scheint, zeigt sie sich am wirksamsten und thätigsten, schafft unaufhörlich
neue Scenen, Gestalten, Gemälde und läßt oen Zuschauer glauben, bei
ihren Schöpfungen selbst gegenwärtig zu sein. Da steigen plötzlich Berge
empor, dort sondern sich Thäler, hier breiten sich Meerbusen aus, da ent-
stehen Grotten, Thürme werden aufgeführt u. s. w. Man sieht die unge-
heuersten Eispfeiler, Säulenordnungen, glänzend wie Smaragd, freie, schwe-
bende Gewölbe, und in der höchsten Lustregion Brücken, die eine Zauber-
macht erbaut zu haben scheint. Da sind sinstere Höhlen, dunkle Abgründe,
in die kein Sonnenstrahl dringt. Ganze Gegenden sind mit allen Regen-
bogenfarben geziert und erleuchtet. Kurz in ein Feenland scheint man ver-
setzt zu sein. '
Kampf einer Bootsmannschaft mit Wallrossen.
Diese Eisgefilde werden von Seehunden und Seerobben bewohnt,
die im strengsten Winter auf dem Eise liegen und schlafen. Die mächtigen
Wallrosse, welche bis 6 Meter lang werden, sind gefährlich, wenn man im
Eismeer Jagd aus sie macht. Wird eins der Thiere verwundet, so kommen
dessen Kameraden herbei, und es beginnt ein gewaltiger Kampf zwischen
Menschen und Wallrossen. — Auch der fürchterliche Eisbär streicht umher
und wandert auf den Eisschollen von einen: Berge zum andern. Eis- und
Sturmvögel durchschwärmen die Lust in Scharen, die sich an den reichen
von süßem Wasser, welche aus dem geschmolzenen Schnee und Eis entstan-
den sind, zum Theil ernähren. Weiter nach dem Pol hin scheint alles st:ll
zu stehen und eine öde, todte Unveränderlichkeit zu herrschen.
Nach Brisson u. a.
3. Die Ostsee.
Die Gestalt der Ostsee ist eine lang von Süden nach Norden ge-
streckte. Das Kauptbecken ist der südliche Theil, aus dessen Mitte d:e Insel
Gothland hervortritt. Nach Norden geht d:e Ostsee gabelförmig m zwe:
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Bilder aus Europa.
der Nil seit Jahrtausenden mächtige Schlammmassen in das Meer wälzt.
Diese werden von der Strömung nach Osten getragen, am Port Said, dem
nördlichen Endpunkte des Suezkanals, hin. Sie werden demselben nicht
minder Schlamm zuführen, als sie es den syrischen Häsen stets gethan;
Ascalon, Sidon und Tyrus sind durch ihre Einwirkungen in Landstädte
verwandelt oder doch für die Schifffahrt unbrauchbar gemacht, und auch der
Hafen von Seleucia ist durch sie versandet worden. Von Alexandrette ab
läuft sie dann, der nach Norden vorliegenden Landschranke wegen ihre
Richtung verändernd, an der Südküste Kleinasiens nach Westen hin bis
über Rhodus hinaus, wo sie mit der aus dem schwarzen Meere durch den
Bosporus und die Dardanellen ins ägäische Meer flutenden Strömung
zusammentrifft. Diese letztere führt dem Mittelmeer eine beträchtliche Masse
Wassers zu.
Zwei große, fast abgeschlossene Einbuchtungen bildet das Mittelmeer,
die selbst wieder Meere genannt werden: das adriatische und das schwarze
Meer. Die eine derselben dringt als lange, schmale Spalte weit nach
Norden hin vor, die andere breitet sich kesselartig, wie ein großer Landsee,
aus. Beide gewähren darin ein Abbild des Hauptbeckens im Kleinen, daß
sich auch an ihnen ganz verschiedene Nationalitäten berühren.
Das adriatische Meer vermittelt den Verkehr der Centralländev
Europas mit dem Orient, und das ihm an Gestaltung ähnliche rothe Meer
bildet gleichsam eine Fortsetzung desselben, besonders seit durch den Suez-
kanal eine ununterbrochene Fahrt aus dem einen in das andere ermöglicht
ist. Er hat als Vorland die Levante und alle Küstenländer des östlichen
Beckens des Mittelmeers, als Umland Italien, Croatien, Dalmatien, Alba-
nien, als Hinterland das deutsche Oesterreich.
Der Seefahrer, welcher von Süden her durch die schmale Straße von
Otranto eindringt, bemerkt sogleich den großen Kontrast, in welchem die
beiden Seiten der Adria zu einander stehen: Die östliche Küste ist im
allgemeinen felsig, voll Inseln und Häfen, aber arm an Einwohnern,
an Lebensmitteln und an vielen Orten selbst an Trinkwasser; die Küste
dagegen ist verhältnißmäßig seicht, arm an geräumigen Häfen, aber reich
an Bevölkerung, allen möglichen Vorräthen und an gutem Wasser. Die
Westküste zeigt ein viel regelmäßigeres Abfallen des Meeresbodens und fast
nirgends so schroff abfallende Küsten, wie auf der Ostseite, zum Theil in
Folge der Meeresströmung, die sich unsern der Ostküste hinzieht, im innersten
Theile des Golfes eine Wendung (von Triest nach Venedig) macht und
an der Westküste zurückflutet. Im nördlichen Winkel hat sich durch den
Schlamm und Sand, den die Küstenflüsse mit sich führen und ablagern,
eine ganze Linie von Sandbänken gebildet, die durch das Ungestüm der
Meeresfluten mehrfach durchbrochen und in eine Inselkette aufgelöst wurde..
Diese schließt ein nur durch schmale Durchfahrten mit der See irp Verbin-
dung stehendes Bassin ab, um welches sich im Laufe der Jahrtausende die
Lagunen gebildet haben.
Am adriatischen Meere berühren sich Italiener, Deutsche, Slaven,.
Albanesen und Griechen, welche sämmtlich durch dieses Gewässer auf ein-
ander angewiesen sind.
Das schwarze Meer oder der Pontus Euxinus der Alten,
dieses wegen seiner oft und plötzlich eintretenden Stürme bei allen See-
fahrern verrufene und gefürchtete Binnenmeer, dessen weiter Spiegel die
verschiedenartigsten Uferbildungen, von der niedrigen Schlammdüne bis
zur rebengekrönten Felsenwand, ja, im Osten die hochgethürmten Schnee-
gipfel des Kaukasus zurückstrahlt, berührt mit seinen Wellen, zwei Welt-
theile scheidend, russischt Gebiete und Theile des türkischen Reiches. Die
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Tyrus Kleinasiens Europas Italien Dalmatien Adria Venedig
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Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Das mittelländische Meer.
S
Ausdehnung der dasselbe umgebenden Ufer beträgt 400 Meilen, seine
Oberfläche 'etwa 8509 S Meilen, seine bedeutende Tiefe im Durchschnitt
300 Meter. Es erhält seine meisten Zuströmungen aus Europa (Donau,
Dniestr, Dniepr, Don u. s. w.) und nimmt den Niederschlag von 32,000
lumeilen in sich auf.
Der Zusammenhang mit dem Hauptbecken wird vermittelt durch eine
prächtig gegliederte Doppelstraße: jene der Dardanellen und des thraci-
schen Bosporus.
Durch die Dardanellen gelangt der Schiffer aus dem ägäischen Meere
in das Marmarameer, die Propontis der Alten. Den Eingang zu dem-
selben von Osten her bildet der etwa 4 Meilen lange, bis zu einer Viertel-
meile sich verengende Bosporus, wo das goldene Horn als prächtiger
Hafen von Constantinopel tief eindringt. In sieben schlangenförmigen Win-
dungen zieht dann diese Straße von Constantinopel bis zum schwarzen
Meere, das von West nach Ost eine Länge von 140, von Süd nach Nord
eine Breite von 65 Meilen hat. Nach Nordost hin nimmt die Küste immer
mehr einen flachen Charakter an; von der Mündung des Dniestr an be-
ginnen die Strandlagunen, Limane, mit ihrer eigenthümlichen Bildung,
welche theilweise an die Haffe und Nehrungen der Ostsee erinnern. Von
Norden her erstreckt sich in den an Eilanden ganz armen Pontus die Halb-
Jnsel Krim nach Süden hin; sie ist mit dem Festlande nur durch die
schmale Landenge von Perekop verbunden; das Wasser im Westen derselben
wird als todtes, jenes im Osten als faules Meer bezeichnet. Durch die
Straße von Kertsch, den kimmerischen Bosporus, gelangt der Schiffer zu
den Getreidehäfen des asow'schen Meeres, das im Gegensatze zum Pontus
sehr seichtes Wasser und viele Untiefen ausweist. An den Ostküsten des
schwarzen Meeres fehlen gute Häsen, deren auf der Nordküste von Kleinasien
mehrere vorhanden sind. Der Pontus war schon in alten Zeiten von See-
fahrern belebt; an ihm haben sich stets Völker verschiedener Abstammung
berührt: Semiten, Hellenen, kaukasische Stämme, Sarmaten und mongolische
Scythen, Italiener, Russen, Türken rc. Seine Bedeutung für den Getreide-
handel hat es sich durch alle Jahrtausende hindurch bewahrt und wird sie
auch behaupten, weil sein Um- und Hinterland stets auf den Ackerbau an-
gewiesen bleiben muß. Gegenwärtig wird es bis in die Mündung des Don
hinein von Dampfern befahren, an seinen Gestaden enden heute bereits
einige Schienenstränge, und im südöstlichen Winkel liegen Häfen, welche
Endpunkte für den persischen Karawanenhandel bilden.
Keine andere Region der Erde hat einen solchen Kranz altberühmter
Handelsstädte auszuweisen, wie das Mittelineer. Welche Erinnerungen
knüpfen sich an Tyrus, Sidon, Karthago, an Milet, Athen, Korinth, an
Syracus und Rom; an Constantinopel, Venedig, Genua und Pisa, an
Alexandria und so viele andere! Auch in unsern Tagen blühen an seinen
Gestaden Handelshäfen von großer Bedeutung: Odessa, Trapezunt, Constanti-
nopel, Smyrna, Beyrut, Alexandria, Tunis, Algier, Malaga, Alicante,
Valencia, Barcelona, Marseille, Genua, Cagliari, Livorno, Neapel, Palermo,
Messina, Ancona, Venedig, Triest. Durch Wasser- und Karawanenstraßen
übt das Mittelmeer seine anziehende Gewalt über die weite Handelsstrecke
von Donauwörth in Schwaben bis Chartum in Afrika und weiter nilauf;
bis Kuka in Bornu und bis Kano in Haussa; von Gibraltar bis Teheran und
Bagdad, von Mohilew am Dniepr bis zur Bab el Mandeb.
Das Mittelmeer war im Alterthum gleichsam das pulsirende Herz.
An ihm stand mehr als eine Wiege der Cultur; hier war immer ein buntes
Völkergewimmel, dessen einzelne Bestandtheile sich des Waarenaustausches.
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft]]
TM Hauptwörter (200): [T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural]]
Extrahierte Personennamen: Sidon Mohilew
Extrahierte Ortsnamen: Europa Donau Constantinopel Constantinopel Ost Nord Nordost Kleinasien Tyrus Karthago Athen Korinth Rom Constantinopel Venedig Genua Alexandria Odessa Smyrna Alexandria Tunis Algier Malaga Alicante Valencia Barcelona Marseille Genua Cagliari Livorno Neapel Palermo Messina Ancona Venedig Triest Donauwörth Schwaben Afrika Bornu Kano Teheran Bagdad
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Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Finnland und seine Bewohner.
11
seinen Blättern nur in milderen Himmelsstrichen eigen ist. Recht heimisch
ist aber die Birke, sie scheut nicht den äußersten Norden und bildet gleich
den Nadelhölzern oft die ausgedehntesten Waldungen. Zünden Nadel-
holzwäldern gesellt sich der Wachholder, die Landschaft des Südens ziert
öfters der Faulbaum mit seinen weißen duftenden Trauben. Ueberallhin
verbreitet erscheint der schwarze Vogelkirschbaum.
Die Wälder und Sümpfe haben einen unermeßlichen Reichthum an
Beeren der schönsten und wohlfchureckendsten Arten; ihre bunten Farben
verleihen der Landschaft mit ihrer trüben Eintönigkeit oft einen freund-
licheren Anstrich. Da wachsen die Erdbeere, die Himbeere, die blaue und
rothe Heidelbeere; hoch im Norden duftet die aromatische Zwerg- oder
nordische Himbeere mit ihren rosenrothen Blumenblättern und ihren pur-
purnen Früchtchen, deren herrlicher Wohlgeschmack sie würdig macht, auf
den Tafeln der russischen Hauptstadt zu prangen. Auf dunklem Moos-
arunde belebt der Zwergbrombeerstrauch mit seinen rothgelben Beeren die
fahlen Farben öder Niederungen, und wo sich Sümpfe strecken, da ver-
deckt die Moosbeere mit ihren immergrünen Blättchen und zahllosen weiß
und roth gesprenkelten Beeren ihre Häßlichkeit.
Sümpfe, Moore, Wasserzüge und Seen nehmen fast die Hälfte des
Bodens von Finnland ein. Von der andern Hälfte, dem festen Boden,
sind die höher liegenden Gegenden sandig und geeignet für Weide und
Ackerbruch. Die Ackerfrüchte gedeihen auch vielfach auf fruchtbarer Thon-,
Schwarz- und Dammerde. Am fruchtbarsten ist die große Ebene um Wasa
und das Flußgebiet des Küro, bekannt wegen des trefflichen Roggens.
Die Wälder smd an der Küste meist gelichtet, die dichten Bestände des
Innern verheert häufig die Flamme; denn Waldbrände sind in Finnland
noch immer nichts Ungewöhnliches.
Das finnische Volk verleugnet noch jetzt in Sprache, Sitte und
Charakter eine historische Dreitheilung nicht. Wer, etwa aus Deutschland
oder Schweden kommend, zum ersten Mal den finnländischen Boden betritt,
den muß das durchaus Fremdartige der finnischen Sprache auf's höchste
überraschen und .den Gedanken sogleich nahe bringen, daß er es hier
schwerlich mit einer Sprache aus unserer indo-germanischen Sprachfamilie
zu thun habe. Wer Lust und Gelegenheit hatte in den Bau dieser
Sprache einzudringen und ihren Geist in der Literatur zu studiren, dem
wird ihr orientalischer Ursprung nicht lange verborgen geblieben sein. Als
eines der Hauptglieder jener über ein gutes Theil von Europa und Asien
verbreiteten ural-altaischen Sprachenfamilie, hat sie sich ungestörter und
kräftiger entwickelt, als zwei andere am wertesten westlich vorgedrungene
Schwestern, die türkische und die ungarische Sprache. Wir wollen hier
nur einiger Haupteigenthümlichkeiten der finnischen Sprache gedenken. Die^
finnische Sprache ist eine schöne, leichte, wohlklingende. Bei aller Vocal-
fülle überschreitet sie nie das Ebenmaß. Besonders reich ist sie an Doppel-
lauten; sie begnügt sich nicht mit denen unserer Sprachen, sondern bildet
neue, äü, öü, üö. Am Anfang des Wortes leidet sie nicht mehr als einen
Consonanten (Mitlaut); auch am Ende liebt sie den Vocal. In der Schrift
kennt die finnische Sprache keine müßigen Zeichen; der Laut bleibt unab-
änderlich derselbe. Die Sprache liebt vielfilbige Wörter; es giebt ihrer
bis zu elf Silben. Vermöge der Biegsamkeit ihrer Formen, vermöge der
reichen Mannichfaltigkeit ihrer Figuren, ihrer Leichtigkeit in der Bildung
neuer Wörter ist die finnische Sprache besonders für die Dichtkunst geeignet.
Der Finne liebt den Gesang über alles. Aber dabei hat für ihn" das
Wort vor dem Ton den Vorrang. Ihm kommt es wesentlich auf den
geistigen Inhalt des Gedichtes, erst in zweiter Linie auf die musikalische
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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Extrahierte Personennamen: Moore
Extrahierte Ortsnamen: Finnland Finnland Finnland Deutschland Schweden Europa Asien
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Inhalt: Zeit: Geographie
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Bilder aus Europa. — Rußland.
Ausstattung an. Darum finden wir in den finnischen Gesängen bei großer
Armut an Melodie eine Fülle geistreicher Gedanken und unmuthiger Wen-
dungen. Hier zeigt sich der Finne so recht als Nordländer; er ist ein
Mensch von geistiger Tiefe. Von allem Wissen liebt er das am meisten,
welches dem Nachdenken das reichste Feld bietet, die Geschichte, die
Mathematik. Diese Richtung des Geistes führt ihn auch oft zu religiösen
Grübeleien. Der Finne verleugnet am wenigsten des Nordländers Phlegma.
Eines schnellen Entschlusses wird er nur äußerst schwer fähig. Neben
dieser übergroßen Bedachtsamkeit steht aber eine andere Eigenschaft: die
äußerste vor keiner Schwierigkeit zurückschreckende Beharrlichkeit bei dem
einmal Begonnenen.
Im Innern des Landes hat sich großentheils alles seit Jahrhunder-
ten unverändert erhalten. An den Küsten herrscht aber mehr schwedisches
Wesen. Treten wir an einem der langen Winterabende, denn der Sommer
ist ja doch nur ein flüchtiger Gast, in die Behausung eines echt finnischen
Bauern. Von außen gleicht die Porte (Pirti) dem Blockhause in den
Rodungen Nordamerikas. Wände Und Dach sind mächtige Fichten- oder
Tannenstämme. Aus einer Oessnung des Daches steigt durch einen Rauch-
sang die Rauchsäule. Beim Eintreten umhüllt vorerst dichter Qualm den
Blick, dann zeigt sich uns ein seltsames Bild. Die Wände und der aus tannenen
Planken gezimmerte Fußboden sind schwarz; denn im Winter geht in der
Porte das Feuer nicht aus, das jetzt, genährt durch grobe Tannenscheite,
von dem in der Mitte angebrachten massiven Heerd hoch auflodert und,
seinen rothen Schein überall hinwerfend, die noch hier und da in den
Fugen des Gebälks eingeklemmten brennenden Späne überflüssig zu machen
scheint. Hier in diesem Raume, durch keine Zwischenwand getrennt, finden
wir den Hausherrn mit seiner ganzen Familie und mit den Haus-
thieren friedlich vereint. Die Frauen sind bei ihren Handarbeiten, am
schnurrenden Spinnrad oder am Backtrog, die Männer finden wir Schlitt-
schuhe schneidend und Schlitten zimmernd; die Kinderschaaren erblicken wir
herumspielend oder kriechend, und ihr Geschrei wechselt mit dem Gackern
der zahlreichen Hühnerfamilie ab. Endlich gleich bei der Thüre steht das
Pferd vor seiner Häckselkrippe. In solcher Porte lebt der Finne, soweit
die Geschichte, ja die Sage zurückreicht. Jetzt verschwindet sie allmälig;
an ihrer Stelle findet man oft die im Grunde nur wenig von ihr ver-
schiedene Tuba (Stube).
In den südlichen Küstengegenden und auf den Scheeren haben die
Bauernhäuser viel Aehnliches mit denen der Schweiz. Die überhängenden
Dachplanken sind zum Schutz gegen die Feuchtigkeit mit einer Mooslage
belegt und diese grünen Dächer gewähren einen eigenthümlichen, eben nicht
unangenehmen Anblick.
Im Südosten des Landes, in Karelien und besonders in den Kirch-
spielen am User des Lüdoga, da erblüht die heilige Blume der Dichtkunst
noch urkrästig. Hier giebt es vielleicht nicht ein Kirchspiel, das nicht unter
seinen Bewohnern einen oder mehrere Dichter zählte. Es sind schlichte
Bauern. Zuweilen machen sie ihre Verse aus dem Stegreif und singen sie
gleich bei einem Feste; oft auch arbeiten sie dieselben sorgsam aus. Sie
tragen sie in ihren Gedanken herum, des Morgens, wenn sie zur Arbeit
gehen, des Abends, wenn sie von des Tages Mühen ausruhen. ^st machen
mehrere zusammen ein Gedicht. Wenn in einem Kirchspiele zwei befreundete
Dichter wohnen, kommen sie zuweilen in ihren Mußestunden zusammen.
Dann setzen sie sich quer über eine Bank einander gegenüber, fassen sich
gegenseitig die Hände und nun beginnt vor einer zahlreich versammelten
Zuhörerschaft von Männern, Frauen und Kindern der Gesang. Der
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Nordamerikas Karelien Lüdoga
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Der Kreml in Moskau. Kijew.
15.
dieser festen, kriegerischen Ringmauern stehen die Bauwerke und Monumente,
an denen sich seit der Gründung Moskaus sieben Jahrhunderte verewigten
und in denen fast alle älteren National-Heiligtümer und historischen
Reliquien, die bis auf unsere Zeit gekommen, untergebracht sind. Im
Vordergründe erheben sich die goldenen Kuppeln der prachtvollen Kathedrale
zur Verkündigung und zur Himmelfahrt Mariä, der Kathedrale des Erz-
engels Michael und die zahlreichen anderen Kirchen und Klöster, unter denen
die elf Kuppeln der Kirche des Erlösers hinter dem goldenen Gitter und
die acht dunkelblauen und goldenen Kuppeln des Tschudowa-Klofters alle
übrigen an Glanz überstrahlen. Um die Mitte dieser Gruppen von Kirchen
und glänzenden Kuppeln strebt mächtiger als alle andern der schlanke
Glockenthurm des Iwan Weliki mit seiner seltsamen Zwiebelkuppel und
seinem hohen Kreuz in die Höhe, und bildet von dieser Seite auch unge-
fähr den Mittelpunkt der ganzen wirren Masse von Gebäuden und Thür-
men. Zwischen ihnen verschwinden fast die Ueberreste des kolossalen alten
Zaarenpalastes. Den Hintergrund dieser Kirchen, Klöster und Paläste bil-
den die Kuppeln und Dächer der riesenmäßigen Gebäude auf der Nord-
seite des Kreml: des Senats und des alten und neuen Arsenals.
Blendend<Farben sind aufs Mannichfaltigste und in den schroffsten,
Gegensätzen an den Gebäuden des Kreml verschwendet. Weil sieben Jahr-
hunderte hier sich in ihren Formen erschöpften, so sind die sieben Farben
des Regenbogens planlos an diesen planlosen Gruppen von Thürmen und
Palästen nebeneinandergestellt. Viele dieser Gegensätze sind im Laufe der
Zeit gemildert. Neben oen dunklen Thürmen und dem alternden Mauer-
werk nehmen sich die blendend weißen Steinmassen der späteren Bauten
und Reparaturen um so seltsamer aus. Der Kreml scheint doch in Mannich-
faltigkett und barocker Zusammenstellung der Formen alle Pracht des Orients
hinter sich zurückzulassen.
Zum Ausbau des Kreml haben Europa und Asien ihre Beiträge ge-
liefert, und kein Volk ist leer ausgegangen. An einem und demselben Ge-
bäude ruht auf byzantinischen Bogen ein gothisch-deutsches Dach; über der
mongolischen Kuppel erhebt sich der türkische Halbmond, und griechische
Säulen stehen zwecklos vor einer überfüllten Wand.
Von dem Eingänge zum Kreml betrachten wir besonders das nach
Osten gelegene heilige Thor des Erlösers. Jeder, der dieses Thor
passirt, ist gezwungen, sein Haupt zu entblößen. Der Russe wird schon,
auch wenn er kein Moskowiter ist, durch den Anblick des heiligen Bildes
über dem Thore an seine Religionspflicht erinnert. Ein Fremder würde
diese nothwendige Ebrfurcht leicht übersehen, wenn nicht die Thorwache für
die allgemeine Erfüllung Sorge trüge. Die Pforte des Erlösers führt zu
den religiösen Monumenten und Heiligtümern, die sämmtlich auf der Höhe
des Kreml und dem kolossalen Kathedralenplatz liegen. Sobald man die
Höhe des Platzes erreicht hat, sieht man die riesenmäßige Glocke am Fuße
des hohen Glockenthurms, die größte, die je gegossen wurde. Bis 1817
unter Erde und Schutt vergraben, ist man erst seit Kurzem auf ihren Ur-
sprung aufmerksam geworden, und hat seitdem auch angefangen, die aus-
gezeichneten Reliefs, mit denen ein großer Theil der Glocke bedeckt ist, zu
beobachten und abzubilden. Nach Blasius.
9. Kijew.
Die Höhe, auf welcher Kijew (in Kleinrußland) gelagert ist, bildet
den nördlichen Rand der sogenannten „kamennaja grjada“, jenes breiten
steinreichen Landrückens, welches das südliche Rußland von den östlichen
Ausläufern der Karpathen bis zur Wolga durchschneidet.
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Extrahierte Personennamen: Mariä Michael Iwan_Weliki Blasius
Extrahierte Ortsnamen: Moskau Moskaus Europa Asien
1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
16
Bilder aus Europa. — Rußland.
Kurz vor der Einfahrt in die Stadt wird man das Denkmal des
Großfürsten Wladimir gewahr, der das Christenthum in Rußland einführte.
Von einer Gartenanlage umgeben, steht auf mächtigem capellenartigen
Piedestal die colossale Frgur majestätisch da, das Kreuz hoch empor haltend.
Der Platz für das Denkmal ist außerordentlich gut gewählt: es steht hoch
auf dem Berge, und beherrscht so den Fluß, in welchem die Taufe der
ersten russischen Christen vollzogen wurde.
Kijew mit seinen 74,000 Einwohnern ist eine nicht unbedeutende Han-
delsstadt. Sie liegt in einem fruchtbaren Gouvernement, in welchem die
für Südrußland charakteristische Schwarzerde bereits vorwiegt, Ackerbau und
Viehzucht, namentlich aber der Runkelrübenbau mit großem Erfolge betrie-
den werden. Tuchfabrikation und Branntweinbrennerei sind sehr verbreitet.
Die Stadt zerfällt in zwei ihrem Charakter wie ihrer Lage nach ganz ge-
sonderte Theile: die untere Stadt, „Podol", die dicht an den Fluß her-
antritt, hat meist unansehnliche schmutzige Gassen und großenteils hölzerne
Häuser. Hier treiben die Händler, darunter viele Juden, und die Schiffer
ihr Wesen. Der aristokratische Stadttheil liegt auf hohem Berge. Hier
finden wir viele stattliche Gebäude, wie die „Wladimir-Universität",
und die bedeutendsten Kirchen der Stadt, vor allen die berühmte Sophien-
Kathedrale. An einem der schönst gelegenen Punkte aber, dort wo nach
einer alten Tradition der Avostel Andreas um das Jahr 40 nach Christus
das Kreuz pflanzte, ist von der Kaiserin Elisabeth eine kleine zierliche Kirche
aufgeführt worden. Von hier aus schaut das Auge über die untere Stadt
hinweg das Dnjepr-Thal hinab. Den Dnjepr hinab gleiten zahlreiche Kähne
in raschem Tempo; die Strömung ist reißend. Aber auch der Blick in die
obere Stadt ist ein erquickender. Das dichte Laub der Eichen, des Ahorns,
der Pappeln und Akazien, das die Stadt umkränzt, wirkt in wohlthuend-
ster Weise. Werden wir schon durch diese Baumarten daran erinnert, daß
wir uns im südlichen Rußland befinden, so bringt ein Gang durch die
Straßen der oberen Stadt dies uns noch zu deutlicherm Bewußtsein: an
den Fenstern Jalousien; vor den Hotels und Kaffeehäusern Stühle und
Tische, durch große leinene Zeltdächer gegen die heiße Julisonne geschützt;
das herrlichste Obst, darunter Melonen und Arbusen (Wassermelonen), an
den Straßenecken zu wohlfeilen Preisen ausgeboten; die Trinkhallen, in
denen Soda- und Selterswasser gereicht wird, weit häufiger als in Peters-
burg und Moskau. Die Bevölkerung von Kijew hat bereits eine ganz
andere Physiognomie als die Moskaus. Man merkt sogleich, daß man im
Lande der Klemrussen ist. Auch vielen Polen begegnet man.
Ungefähr eine Stunde von Kijew, stromabwärts, befindet sich der
besuchteste Wallfahrtsort des Reichs, das „Kijew'sche Höhlenkloster",
das um die Mitte des elften Jahrhunderts durch den hl. Antonius, welcher
längere Zeit in Konstantinopel und auf dem Berge Athos geweilt hatte,
seinen Ursprung empfing. Man kann sich kaum einen düstereren Gang
denken als den durch diese Katakomben. Zuerst steigt man in einem mit
Glas gedeckten Corridor Hunderte von Stufen zur ersten Capelle hinab.
Zur Rechten und zur Linken kniet eine ungeheure Menge von meist ver-
krüppelten Bettlern. Sie flehen, ihre verstümmelten Gliedmaßen vorwei-
send, die mildthätig gestimmten Wallfahrer um ein Almosen an. Das Ge-
murmel, welches uns auf den ersten Stufen empfing, verwandelte sich, je
weiter wir gingen, in ein immmer lauter werdendes wüstes Geschreis wel-
ches das Schauerliche der Situation noch erhöhte. Endlich sind wir am
Eingang in die eigentlichen Höhlen angekommen und zünden uns Wachs-
kerzen an. Ehe wir den unheimlichen Gang antreten, fällt unser Blick auf
ein drastisches Fresko-Bild, auf welchem viele Teufel arme Menschenseelen
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Extrahierte Personennamen: Andreas Christus Elisabeth Antonius Capelle
Extrahierte Ortsnamen: Europa Moskau Moskaus Konstantinopel
1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
Das Klima der pontischen Steppe.
17
peinigen. Nun geht es durch labyrinthartige, schmale, finstere, feuchte
Gänge an den mit farbigen Gewänvern bedeckten Gebeinen der hier in
kostbaren Särgen beigesetzten Mönche und Heiligen vorüber, immer tiefer
in den Schooß des Berges hinein. Von Zeit zu Zeit kommt man in
etwas weitere capellenartrg eingerichtete Räume, in denen ein Priester, von
Chorsängern unterstützt, mit den Pilgern einen Gottesdienst begeht. Der
Mönch, der uns führte, war ein düsteres Wesen; als eine junge Dame,
die zu unserer Gesellschaft gehörte, sich die Dinge mit etwas weltlichem
Blick anschaute, wurde sie barsch zur Ordnung gerufen: „Sie sind hier um
zu beten und die Gebeine der Heiligen zu verehren, nicht aber um zu gaf-
fen!" Wiederholt gewahrt man ganz kleine fensterartige, nur mit Metall-
platten bedeckte Oeffnungen in den Mauern. Hier hatten sich in den fin-
steren Jahrhunderten des religiösen Fanatismus fromme Büßer einmauern
lassen. Durch das Fensterchen reichte man ihnen Brot und Wasser. Wenn
sie es nicht mehr in Empfang nahmen, dann waren sie wol gestorben und
das Fenster ward verschlossen. Aus einem hohlen eisernen Kreuze wird
dem Besucher der Höhlen geweihtes Wasser gereicht, wogegen er eine
Münze spendet.
Im Kijew'schen Höhlenkloster strömen durch die vielen Tausende von
Pilgern außerordentliche Reichthümer zusammen. Aus allen Theilen des
Reiches kommen die Beter in Scharen hierher gezogen. Durch diese Wall-
fahrt und die reichen Spenden, die sie oem Kloster zu Theil werden lassen,
glauben sie den Himmel zu versöhnen. Mackche hoffen Genesung von
schwerer Krankheit durch dieses gute Werk zu erringen. Natürlich verstärkt
auch vielfach die Liebe zum Müßiggang die Scharen der Wallfahrer. Viele
hundert Meilen werden zu Fuß zurückgelegt; in den Dörfern können die
Pilger und Pilgerinnen — es sind viele alte Frauen darunter — auf gast-
liche Aufnahme rechnen. Der Ruf von der Heiligkeit und Wunderkraft des
Höhlenklosters ist in jedes noch so kleine Dorf des Riesenreiches gedrungen.
L. Thomas: Nah der allgemeinen Zeitung.
10. Das Klima der pontischen Steppe.
Die Natur schläft in den Steppen einen so langen Winterschlaf, daß
man im Frühlinge wohl ein freundlicheres Erwachen erwarten könnte, als
man im April und Mai an ihr wahrzunehmen gewohnt ist. Der Steppen-
frühling beginnt mit der schmutzigen Zeit der Schneeschmelze, und wenn
die Steppe im Sommer oft Monate lang kein erfrischendes Tröpfchen
Wassers an sich zieht und Meilen weit nicht den geringsten Quell dieser
schönen Bodenmilch aus seinem klapperdürren Boden entläßt, so strömt nun
im Beginn des Frühlings das unruhige Element überall, wo man es wünscht
und nicht wünscht. Die ganze Steppe geht auf, und ihre ganze Oberfläche,
wo nicht der dickste und älteste Rasen sie festigt, verwandelt sich in einen
schwarzen schmierigen Brei, so daß es dem Menschen unmöglich ist, seinen
Fuß auf dem ganzen weiten Gefilde irgendwo sicher hinzusetzen, wo nicht
seine Hand ein Plätzchen überbrückt hat. Von allen Rücken und in allen
Schluchten und Thälern brausen die schmutzigsten Ströme des widerlichsten
^L^sbrs. In den Wohnorten der Menschen, wo durch die Straßen eben
solche wilde Ströme und Wässerfälle geräuschvoll arbeiten, wird der gräu-
lichste Unrath, den die Schneedecke liebreich verbarg, enthüllt und durch die
geführt. In dieser Zeit gehen die Hauptveränderungen der Boden-
oberfläche der Steppen vor sich. Regenschluchten reißen sich oft in einer
Nacht bis zu Klaftertiese aus. Die Senkungen der Küsten am Meere
finden nun vorzüglich statt, sowie auch Verflözungen der oberen Fruchterde-
Kriigcr, Geographische Bilder. 2
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe]]
1878 -
Danzig
: Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Hrsg.: Krueger, Karl A., ,
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
Inhalt: Zeit: Geographie
18
Bilder aus Europa. — Rußland.
decke, die so bedeutend sind, daß in einigen Tagen lange Thalstrecken mit
einer mehrere Ellen dicken Erdschicht bedeckt werden.
Hat sich durch alle diese Gährungen der Frühling nun endlich hin-
durch gearbeitet, und waren schöne ruhige Tage am Ende Aprils und im
Mai sanft niedergestiegen, so kommt dann die angenehmste und erfreulichste
Zeit der Steppe, die dann wie eine grüne Oase erscheint zwischen den ver-
brannten Graswüsten des Sommers und den Schneeflächen des Winters.
Die ganze Steppe, so weit sie reicht, thut dann ihr Möglichstes in Erzeu-
gung grüner Gräser.
Diese Jugendzeit der Steppenkräuter ist die schönste Zeit der Steppe,
und es mag das Außergewöhnliche ihres Anblicks dem Fremdlinge Reiz
gewähren. Das Grün entfaltet sich hrer in großen unabsehbaren Massen
und wieder von Neuem in grenzenlosen Flächen. Nirgens eine kühne Er-
hebung, ein hoffnungsvolles Aufstreben zum Himmel. Alles, alles liegt
bleiern und matt darnieder. Da wird die Farbe der Hoffnung fast zur
Farbe der Verzweiflung.
Nachtfröste sind hier im Frühling völlig unbekannt. Wenn auch die
Nächte kälter ffnd als die Tage, so bleibt es doch nur bei einem besonders
in den Thälern kalten Thau, während auf der hohen Steppe selbst des
Nachts eine ziemlich warme Temperatur herrscht.
Gewitter beginnen schon im April sich zu zeigen, und oft wettert es
den ganzen Mai hindurch. Natürlich sind dies nur electrische Entladungen.
So lange diese Frühlingsgewitter noch aufsteigen und ihren Segen dem
Lande nicht vorenthalten, so lange giebt es auch noch Thau in den Nächten,
und erst in der Mitte des Juni hören die Thaue mit den Niederschlügen
zusammen auf.
Der Boden der Steppe ist im Sommer erhitzt und klafft, gesprungen
überall, vergebens nach Regenlabung schreiend. Die Sonne geht in dieser
heißen Zeit meistens feuerroth auf und ebenso unter und um Mittag wölbt
sich ein bleicher Himmel über dem Lande, denn die starken Ausdünstungen
aller Dinge, der Meere, der Thäler, der Thier- und Pflanzenwelt, der
Flüsse, welche letztere vertrocknend oft ganz zum Himmel aufsteigen, schwellen
immer die Luft mit wässerigen Dünsten, welche aber die Hitze nicht zum
Niederschlage kommen läßt, sondern schwebend in der Lust erhält. Die
Hitze wäre wohl an und für sich nicht so unerträglich und wird es nur
mehr durch ihre Dauer. Nie wird sie durch einen Zwischenact von Kühlung
unterbrochen.
Es ist dies eine Zeit großer Leiden alles Lebendigen auf der Steppe.
Die zarten Pflanzenkeime sinken zusammen und verdorren. Die Steppe
verliert die Frische ihres Frühlingsgrüns, wird dunkler, braun und fall
völlig schwarz, als hätte alles ein zehrender Brand versengt; Menschen und
Thiere magern ab. Die Heerden der wilden Ochsen und mehr noch der
Pferde, die im Mai so voll und muthig waren, sind matt und lahm.
Die Wasserteiche schmelzen zusammen, die Brunnen versiegen, die
Quellen stocken, und da, wo noch im Frühlinge Wellen schlugen, staubt
jetzt der Boden.
Ende Juli und August erreicht die Dürre ihren höchsten Grad. Dann
stellen sich wieder starke Nachtthaue ein und Gewitter werden hier und da
vom Boden angenommen. Die bleiche Dunst-Atmosphäre klärt sich allmaüg
zu freundlichem Blau ab, und alles bildet sich mehr und mehr zum sanften
Herbste hinüber. Wenn jenseit der größten Sonnenhöhe entschieden der
Mai der angenehmste Punkt war, so ist es nun diesseits eben so entschieden
der September. Die Lüfte werden dann äußerst sanft und mild. Zuwecken
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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