2
Paulus um Christi willen viel gearbeitet und gelitten, mehr, denn die andern
Apostel.
2. Göttliches Strafgericht über Jerusalem (70 n. Chr. Geb.). Was
die Juden vor Pilatus bei der Verurtheilung Jesu ausgesprochen hatten, ging
in Erfüllung. Das Blut des Herrn kam über sie uni) ihre Kinder. Bei Jern-
salem begann das Gericht.
Das vormals von Gott so außerordentlich begnadigte Volk der Inden
ging, nachdem es sein eigen Heil an's Kreuz geschlagen hatte, mit raschen
Schritten seinem gänzlichen Verderben entgegen. Gottes heiliges Gesetz ward
verachtet, und die ganze Religion war wenig mehr als eine nur äußerliche
Beobachtung und Ausübung herkömmlicher Gebräuche. Laster aller Art
nahmen überhand und verderbten alle Stände. Jerusalem, die Gottesstadt,
ward ein Schauplatz der Unordnung und Verbrechen. Hier, wie im ganzen
Lande, trieben Räuber und Mörder ihr Unwesen. Grausame, habsüchtige
römische Statthalter drückten das Volk und machten demselben das längst ver-
haßte römische Joch noch unerträglicher. Da entstanden in verschiedenen Ge-
genden des Landes blutige Empörungen, in denen Tausende der Inden er-
schlagen wurden. Das geschah besonders unter dem letzten römischen Statt-
halter, Flor ns, der viele Greuel begangen hatte und, um diese zuzudecken,
das Volk mit Absicht zum Ausruhr trieb. Die römische Besatzung in Jern-
salem wurde vertrieben, und das. ganze Land bis hin nach Galiläa trat unter
die Waffen. Da rückte ein wohlgerüstetes römisches Heer unter Gallus von
Syrien her auf Jerusalem los; aber dasselbe wurde von den Juden geschlagen.
Dieser Vortheil vermehrte den Mnth des in wilder Leidenschaft entflammten
Volkes, und nun nahm die Ungerechtigkeit von Tag zu Tag zu. Räuberban-
den durchzogen das Land und plünderten unter besonderen Anführern Städte
und Dörfer.
Als der Kaiser Nero von dem allgemeinen Aufstande der jüdischen
Nation hörte, sendete er den Feldherrn Vespasianus mit einem Heere von
60,000 Mann nach Galiläa. Viele Tausende der Juden fielen durch das
Schwert der Römer. In Jerusalem und den übrigen Oertern des Landes
häufte sich gleichfalls Aufruhr und Elend. Der Hohepriester Ananias mahnte
vergeblich zum Frieden mit den Römern; er wurde von den Räuberhorden
umgebracht. Bald aber geriethen die Bandenführer unter einander selbst in
Streit und bekämpften sich. Da nahm das Elend zu in der Stadt. An
heiliger Stätte wurde viel Blut vergossen, und Unzucht und Plünderung hör-
ten nicht auf.
Vespasianus war vom Heere zum Kaiser ausgerufen worden ilnd
übergab seinem Sohne Titus die Fortführung des Krieges. Derselbe rückte
im 70. Jahre nach Ehr. Geb. mit seinem wohlgerüsteten Heere vor Jerusalem
uni) schlug am Oelberge, wo Christus über die Stadt geweint hatte, sein Lager
ans. Titus versuchte es, das Volk auf gütlichem Wege zur Unterwerfung zu
bringen, allein umsonst. Da begannen die Römer die Belagerung. Wälle
wurden aufgeworfen und Schutzdächer aufgebaut, unter die man Mauerbrecher
brachte, welche in starken Seilen schwebend mit eisernen Köpfen gegen die
Mauern pochten, um Löcher hineinzubrechen oder sie einzustürzen. Die Inden
wehrten sich hartnäckig'und machten wilde Ausfälle, die vielen Römern das
Leben kosteten. Titus selbst kam wiederholt in die größte Gefahr. Zweimal
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Extrahierte Personennamen: Apostel Jesu Gallus Ananias Titus Christus Titus Titus
92
der Kirche nicht gewachsen. Das Unglück Lrach mit allen seinen Schrecken
herein. Bettelmönche zogen in großer Zahl von Lyon aus in das Reich und
predigten den Kreuzzug gegen den Kaiser; reicher Ablaß wurde denen ver-
heißen, die von dem mit Fluch beladenen Friedrich abfallen würden; der
Papst wußte von den Geistlichen aller Länder große Summen Geld zu ge-
winnen, um den Krieg gegen die Hohenstaufen zu beginnen. In Deutschland
erhoben zuerst die geistlichen Fürsten sich und erwählten gegen Konrad, Fried-
rich's Sohn und bestimmten Verwalter des Reiches, einen neuen König in
dem Landgrafen Heinrich Raspe von Thüringen (1246). Mit dem Gelde
des Papstes stellte dieser, der vom Volke spottweise der Pfaffenkönig genannt
wurde, ein bedeutendes Heer gegen Konrad in's Feld, konnte aber nichts aus-
richten. Schon im Jahr darauf starb Heinrich, und Graf Wilhelm von
Holland wurde vom Papste und seinem Anhänge als neuer Gegenkönig auf-
gestellt. Run wurde die Unordnung immer größer.
Während Konrad und Wilhelm in Deutschland sich bekriegten, nahm
auch in Italien der Krieg seinen ungestörten Fortgang. Friedrich machte
große Anstrengungen, seine Feinde zu überwinden; aber ein Unfall nach dem
andern traf den Kaiser. Besonders schmerzlich war für ihn die Gefangen-
nahme seines Sohnes Enz io. Dieser herrliche, ritterliche Jüngling fiel im
Schlachtgetümmel in die Hände der Bolognesen. Die größten Anerbietungen
reichten nicht hin, dem Sohne die Freiheit zu verschaffen. Enzio mußte drei-
undzwanzig Jahre im Gefängnisse bleiben, bis der Tod ihn erlöste. Solche
trübe Erfahrungen brachten den vielgeplagten Kaiser an den Rand des Grabes.
Friedrich starb (1250) in den Armen seines Sohnes Manfred und wurde
zu Palermo begraben. Manfred setzte in Italien und Konrad in Deutschland
den Krieg fort.
Während der Kaiser in Italien für die Behauptung seiner Rechte kämpfte,
wurde Deutschland durch einen furchtbaren Feind bedroht. Die Mongolen
drangen durch Rußland und Polen nach Deutschland vor, und Schlesien erfuhr
zuerst die Verwüstungen dieser Fremden. Herzog Heinrich der Fromme,
der Sohn der heiligen Hedwig, trat ihnen bei Liegnitz, wo heut Wahlstatt
liegt, entgegen. Am 9. April 1241 kam es zur Schlacht. Heiurich starb den
Opsertod für die Rettung des Vaterlandes, und die Mongolen wendeten
sich nach Ungarn, wo sie unendlichen Frevel und furchtbare Verheerungen
anrichteten.
§ 25. Die letzten Hohenstaufen: Konrad Iv. (1250—1254)
und Konradin (f 1268).
Rach Friedrich's Tode hatten die Hohenstaufen seinen Sohn Konrad
zum Könige gewählt; aber Italien war gegen ihn in vollem Aufstande. In
Deutschland stand Wilhelm von Holland noch als Gegenkönig da und kämpfte
gegen Konrad. Plötzlich starb Konrad (1254) und hinterließ nur einen zwei-
jährigen Sohn, Konradin, d. i. der kleine Konrad, genannt. Die italieni-
schen Besitzungen gingen an Manfred, Konrad's Bruder, über, den aber
der Papst nicht anerkennen mochte, sondern mit dem Banne belegte. Als hier-
auf der Papst die Krone verschiedenen Fürsten anbot, fand sich endlich Karl
von Anjou, der Bruder des französischen Königs, bereit, sie als päpstliches
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Konrad Konrad Heinrich_Raspe Heinrich Konrad Konrad Heinrich Heinrich Graf_Wilhelm_von
Holland Wilhelm Konrad Konrad Wilhelm Friedrich Friedrich Enzio Friedrich Friedrich Manfred Manfred Konrad Konrad Heinrich Heinrich Hedwig Heiurich Konrad_Iv Konrad Konradin Konrad Wilhelm Konrad Konrad Konrad_( Konrad Konradin Konradin Konrad Manfred Karl
von_Anjou Karl
Extrahierte Ortsnamen: Lyon Deutschland Deutschland Italien Palermo Italien Deutschland Italien Deutschland Deutschland Liegnitz Ungarn Italien Deutschland Holland
114
ften Kurfürsten zum König oder Kaiser gewählt worden, so-
fort und vermöge der Wahl allein für den wahren König und
römischen Kaiser zu halten und so zu nennen sei und alle Glie-
der und Unterthanen des Reiches ihm gehorchen müssen."
Mit diesem Beschlüsse war des Kaisers Ansehen dem Papste gegenüber
befestigt; aber der habsüchtige Ludwig, welcher vor allen Dingen nach Ver-
größerung seiner Hausmacht strebte, brachte sich bald in neue Verlegenheiten.
Der älteste Sohn des Königs Johann von Böhmen war mit der reichen
Erbin Margarethe von Tyrol (nach ihrem Schlosse mit dem Beinamen
„Maultasche" benannt) vermählt, lebte aber mit derselben in unglücklicher
Ehe. Ludwig trennte aus eigener Machtvollkommenheit diese Ehe und ver-
mählte die Geschiedene seinem Sohne Ludwig von Brandenburg, um ihr Erb-
land Tyrol an sein Haus zu bringen. Das war ein gewaltsamer Eingriff in
die päpstlichen Rechte. Der Papst erneuerte den Bann über den Kaiser und
wußte es dahin zu bringen, daß die luxemburgische Partei in Verbindung mit
den geistlichen Kurfürsten Ludwig des Thrones entsetzte und einen Gegenkaiser
aus dem luxemburgisch-böhmischen Hause in der Person Karl's, eines
Sohnes des böhmischen Königs Johann, erwählte (1346). Als bei der Wahl
Karl's das alte Reichsbanner in den Rhein fiel und nicht mehr aufgefunden
werden konnte, da sahen Viele in dem Vorfälle ein schlimmes Zeichen. Karl
fand wenig Anhang, da die Mehrzahl des deutschen Volkes, besonders die
Reichsstädte, zu Ludwig hielt. Doch schon im folgenden Jahre starb Ludwig
auf einer Bärenjagd bei Fürstenfeld, unweit München. („Ludwig von
Bayern", Drama von Lud w. Uhl and.)
§30. Karl Iv. (1346—1378.)
1. Schwerer Anfang. Rach Ludwig's Tode stellte zwar die bayerische
Partei Karl dem Iv. in Günther von Schwarzburg einen Gegenkönig
auf, aber derselbe starb bald. Jetzt fand Karl allgemeine Anerkennung. Der
Anfang seiner Regierung war eine Zeit schwerer Heimsuchungen. Schon im
Jahre 1338 kamen furchtbare Heuschreckenschwärme, welche drei Jahre
nach einander sich wiederholten und durch die angerichteten Verheerungen eine
Hungersnoth im Gefolge hatten, in welcher Tausende umkamen. Zehn Jahre
später trat ein Erdbeben ein, das ganze Städte verschüttete und die Be-
wohner begrub. Zuletzt erschien eine entsetzliche Seuche, der schwarze Tod
genannt, von welcher fast der dritte Theil der Bevölkerung Deutschlands hin-
gerafft worden sein soll. Da Viele die Ursachen dieser Krankheit in tückischen
Anschlägen der Juden suchten, so brach eine fürchterliche Judenverfolgung
herein. In der Stadt Mainz sollen allein 12,000 solcher Unglücklichen ver-
brannt worden sein. Unter so vielem Jammer und Elend, unter so viel
Greuel und Schandthat dachten die Menschen endlich an Reue und Buße;
freilich glaubten Manche, daß man durch äußerliche Kasteiungen die Gerichte
Gottes abwenden könne. Das thaten die sogenannten Geißelbrüder
(Flagellanten), deren Treiben der Staat mit Acht und die Kirche mit Bann
entgegentrat.
2. Karl's Iv. Thätigkeit für das Reich und seine Erblande. Um
den Papst auf seine Seite zu ziehen, unternahm Karl einen Zug nach Rom
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Königs_Johann_von_Böhmen Johann Margarethe_von_Tyrol Ludwig Ludwig Ludwig_von_Brandenburg Ludwig Ludwig Ludwig Königs_Johann Johann Karl Karl Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Karl_Iv Karl Karl_dem_Iv Karl Günther_von_Schwarzburg Günther Karl Karl Karl Karl
122
der Krieg geführt. Zündeten die Deutschen ganze Dörfer an und warfen
Weiber und Kinder in die Flamme, so steckten die Hnssiten deutsche Gefangene
in ausgepichte Fässer und verbrannten sie.
Gleich im Anfänge des Krieges zerfielen die Hnssiten in zwei Parteien:
in eine gemäßigte fcalirtinerf von calix, d. i. Kelch) und eine heftige
(Taboriten), die sich zuletzt selbst anfeindeten. In äußerer Noth reichten sie
sich freilich zur Abwehr des Feindes die Hände. Das mußte das kaiserliche
Heer (1422) bei Deutschbrod*) erfahren, wo dasselbe völlig geschlagen
wurde, und Sigismund mit genauer Noth durch die Flucht entkam. Nach dem
Tode Ziska's (1424) führten Procopius der Große und Kleine den
Kampf weiter; die Uneinigkeit der Hnssiten wuchs. Man unterschied nun vier
Parteien (Prager, Taboriten. Horebiten und O-Ichchln_i,t.en oder
Waisen), unter denen die der Waisen (— so genannt, weil sie ihren Vater
Ziska verloren hatte —) die wildeste war. Der Krieg wälzte sich bald über
die Grenzen des Landes hinaus. Die Böhmen sahen sich für das ,, auser-
wählte Volk Gottes" an, das in „Kanaan" wohne und berufen sei, die
„Kananiter" zu vertilgen. 1431 errangen sie bei Riesenberg in Böhmen
abermals einen vollständigen Sieg über die Kaiserlichen. Unter Procop's des
Großen Führung brachen die erbitterten Horden durch die Lausitz in die Mark
ein und trugen Schrecken und Verwüstung in die Gegenden längs der Oder.
Berlin blieb von ihnen verschont; das Städtchen Bernaus hielt sich wacker
gegen den Feind, bis des Kurfürsten Sohn, Friedrich, es aus seiner gefahr-
vollen Lage rettete.
Endlich sah man ein, daß die Böhmen mit Waffengewalt nicht zu be-
kämpfen seien; aus dem Coneil zu Basel (1433) schritt man zu fried-
lichen Unterhandlungen. Die hussitische Gesandtschaft verließ zwar Basel, da
man die gestellten Forderungen nicht bewilligte, aber zu Prag einigte man
sich über folgende Punkte, die unter dem Namen der Basler oder Prager
Compactatzen bekannt sind: 1) Spendung des heiligen Abendmahls unter
beiderlei Gestalt; 2) die freie Predigt in der Landessprache; 3) strenge Kir-
chenzucht unter den Geistlichen; 4) Verzichtleistung der Geistlichen auf die
Kirchengüter. Weil die Taboriten und Orphaniten von diesen Festsetzungen
nichts wissen wollten, so traten ihnen die Calirtiner heftig entgegen und been-
digten durch die Schlacht bei Böhmischbrodd (1434), in welcher auch die
beiden Procope umkamen, den unseligen Streit. Als aber der Papst und der
Kaiser sich erst von dem schlimmsten Feinde befreit hatten, hielten sie auch den
Calirtinern die Versprechungen nicht. Mit List und Gewalt wurde die katho-
lische Lehre wieder in ganz Böhmen eingeführt, und die Calirtiner wie die
Taboriten wurden als Ketzer verfolgt. Ein kleiner Theil der Taboriten hielt
fest an Hussens Lehre und führte eine schöne einfache Kirchenordnung unter
sich ein. Das waren die böhmisch-mährischen Brüder, die sich trotz aller
Verfolgungen 300 Jahre lang erhielten. Im Vertrage zu J'glau^) (1436)
0 Deutschbrod liegt in Böhmen, südöstlich von Prag.
Bernau liegt nordöstlich von Berlin.
Böhmischbrod liegt in Böhmen östlich von Prag.
4) Iqlan, eine Stadt im Königreiche Mähren, liegt an der böhmischen Grenze
und der Jglawa.
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Extrahierte Personennamen: Sigismund Bernaus Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Riesenberg Berlin Basel Basel Prag Berlin Prag
123
wurde Sigismund als König von Böhmen anerkannt, starb aber schon im
nächsten Jahre. Mit ihm hatte die Herrschaft des luxemburgisch-
böhmischen Hauses^ein Ende.
E. Die habsburgischen Kaiser.
Die Kurfürsten richteten ihre Augen auf Kurfürst Friedrich I. von Bran-
denburg; der aber lenkte die Wahl auf Alb recht Ii. von Oesterreich,
Sigismund's Schwiegersohn. So kam die deutsche Kaiserkrone wieder an das
habsburgische Haus, bei welchem sie fortan, mit Ausnahme eines ein-
zigen Falles (Karl Vii.), bis zum Untergänge des deutschen Reiches verblieb.
Albrecht's Regierung währte nur kurze Zeit. Was er bei seiner Wahl zum
böhmischen, ungarischen und deutschen Könige gesagt: „Drei Kronen in einem
Jahre! O, welch' ein wunderbares und gewiß nicht lange andauerndes
Glück!" — das wurde sehr bald wahr. Gegen die Macht der Türken unter-
nahm er einen Feldzug; auf der Rückkehr aus demselben starb er. Er regierte
nur von 1437—1439.
§ 33. Friedrich Iii. (1440—1493.)
1. Die Zustände im Reiche. Zu Basel saßen (von 1431 —1449)
noch immer die Mitglieder des Concils und beriethen das Heil der Kirche.
Mau machte gute Gesetze gegen die Sittenlosigkeit der Geistlichen, gegen die
Entweihung der Kirche und gegen den Wucher, welchen die Päpste mit den
geistlichen Stellen trieben (Simonie) ; weil aber der damalige Papst von allen
diesen Verbesserungen nichts wissen wollte, so setzte ihn das Concil ab und
erwählte einen neuen. Auch dessen Bestrebungen gingen nicht weit, und
die Kirche blieb trotz der 18 jährigen Berathung in einem jammervollen
Zustande.
Friedrich war ein schwacher Fürst, der sich um das deutsche Reich und
dessen Verwaltung wenig oder gar nicht kümmerte, sondern sich lieber mit
Sterndeuterei oder der Kunst des Goldmachens beschäftigte. Deutschland be-
fand sich daher unter ihm in grenzenloser Verwirrung. Zwischen Adeligen
und Städten brachen wieder blutige Fehden aus, welche das Land ver-
wüsteten.
2. Friedrich und die Schweizer. Um seine Hausmacht zu vergrößern,
verband sich Friedrich mit Zürich gegen die Eidgenossen. Er gedachte ihnen
die alten habsburgischen Stammbesitzungen abzunehmen, zog aber nicht selbst
in den Krieg, sondern überließ diesen seinem Bruder und rief später Söldner
aus Frankreich herbei, die gegen die Eidgenossen nichts ausrichteten, dagegen
das Reich bedrohten. Keine große Waffenthaten, sondern nur Verheerungen
zeichneten diesen Krieg aus, und der Friede ließ die Rechte der Eidgenossen
ungeschmälert.
3. Friedrich's Verhalten gegen Böhmen, Ungarn und die Türkei.
Die Schwäche des Kaisers war Schuld daran, daß Böhmen und Ungarn vom
habsburgischen Hause abfielen und sich eigene Könige gaben; ebenso konnte
es geschehen, daß die Türken den Untergang des griechischen Kaiser-
reiches herbeiführten und Deutschland bedrohten.
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Extrahierte Personennamen: Sigismund Friedrich_I._von_Bran- Friedrich_I. Karl_Vii Karl Friedrich_Iii Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Basel Goldmachens Deutschland Frankreich Ungarn Ungarn Deutschland
176
und Rußland, sich in Schwedens deutsche und Ostseeländer theilen zu können.
Aber der junge, schwedische König zwang Dänemark zum Frieden, besiegte die
Russen, vertrieb August Ii. ans Polen und nöthigte ihn in dem Frie-
den zu Altranstädt !) (1706) der polnischen Krone gänzlich zu entsagen
und Stanislaus Leszinsky als König von Polen anzuerkennen. Nun
wollte Karl Xii. an den Russen Rache nehmen und wendete sich gegen diese.
Das Unternehmen mißlang; denn der König wurde bei Pultawa^) (1709)
geschlagen und rettete sich nur mit einem kleinen Häuflein aus türkisches
Gebiet. Seinen jahrelangen Bemühungen gelang es endlich, die Türken zum
Kriege gegen Rußland aufzustacheln. Die Türken schlossen aber bald Frieden
mit Rußland und hätten den königlichen Gast gern au3 ihrem Lande ziehen
sehen; doch Karl Xii. ging nicht, trotz aller Aufforderungen. Zuletzt wider-
setzte er sich sogar dem Befehle des Sultan's, verschanzte sein Haus und
vertheidigte es einen ganzen Tag mit Löwenmnth gegen die anstürmenden
Türken. Als Letztere endlich das Haus in Brand schossen, verließ er dasselbe
mit dem Säbel in der einen Hand, mit der Pistole in der andern. Er wurde
gefangen genommen und ging erst dann aus dem Lande heraus, als er hörte,
daß die Feinde sich von allen Seiten gegen Schweden auffnachten und seine
Unterthanen, der langen Abweseicheit des Königs müde, einen Reichsvorsteher
wählen wollten. Karl kehrte 1715 nach Schweden zurück, fand aber Land
und Volk durch die Opfer des Krieges erschöpft. Nach der Schlacht von Pul-
tawa hatten seine Feinde wieder mannigfache Vortheile errungen, so hatte
z. B. August Ii. von Polen sein Königreich eingenommen und den König Sta-
nislaus Leszinsky vertrieben. Im Jahre 1715 trat auch Preußen zu den
Feinden Schwedens, weil Karl Xii. Friedrich Wilhelm's Ansprüche ans
Schwedisch-Pommern nicht anerkennen mochte. Da führte ein unerwarteter
Tod Karl's das Ende des Krieges herbei. Mitten im Winter unternahm der
unruhige Köuig einen Feldzug gegen Norwegen und wurde bei der Belage-
rung der Festung Friedrichsh all erschossen, als er die Laufgräben besich-
tigte. Im Jahre 1720 kam der Friede zu Stockholm zu Stande, in
welchem Preußen Stettin und Vorpommern bis zur Peene, sowie
die Inseln Usedom und W oll in erwarb.
§ 46. Die Neubelebung der evangelischen Kirche.
1. Drei Zeugen evangelischer Wahrheit im 17. und 18. Jahrhundert.
Nach dem dreißigjährigen Kriege sah es in der evangelischen Kirche traurig'
ans. Auf den Kanzeln und in den Schulen stritt man um allerlei Lehrsätze
und vergaß darüber die Heiligung des Herzens. Da bediente sich Gott ein-
zelner Männer, welche solchen todten Wortglanben und eitles Gezänke be-
kämpften. Es war zunächst Philipp Jakob Spener. Er war 1635 zu
Rappoldsweiler im Elsaß geboren. 1666 wurde er Oberpfarrer zu
Frankfurt am Main. Hier nahm er sich der Jugend durch Unterweisung
im Katechismus mit väterlicher Liebe an. Auch mit den Erwachsenen hielt
1) Altranstädt: ein Pfarrdorf in der prenst. Provinz Sachsen, zwischen Leipzig
und Merseburg.
2) Pnltawa: Stadt in Kleinrnßland.
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Extrahierte Personennamen: August Stanislaus_Leszinsky Karl_Xii Karl Karl_Xii Karl Karl Karl August Karl_Xii Karl Friedrich_Wilhelm's Friedrich Gott Philipp_Jakob_Spener Philipp Pnltawa
Extrahierte Ortsnamen: Schwedens Polen Schweden Polen Schwedens Schwedisch-Pommern Norwegen Stockholm Stettin Frankfurt Main Sachsen Leipzig Merseburg Kleinrnßland
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hängigkeit gelangen werde. Im November 1831 brach in Warschau ein
Aufstand aus, und mit Mühe entging der Vicekönig Constantin der Er-
mordung. Das ganze Land erhob sich und trat unter Waffen. Nach mehreren
Schlachten und zum Theil nicht unerheblichen Verlusten auf beiden Seiten
mußten die Polen sich ergeben. Ein furchtbares Strafgericht folgte. Viele
wurden nach Sibirien verbannt, die Güter der Entflohenen und Geächteten
eingezogen, das Nationalheer wurde aufgelöst utib das Land zu einer russischen
Provinz gemacht.
Auch auf mehrere deutsche Staaten übte die Jnlirevolution einen nach-
theiligen Einfluß aus.
2. Der deutsche Zollverein. Zu den Unternehmungen Preußens, die
eine größere Annäherung der einzelnen deutschen Länder unter einander und
damit eine größere Einheit herbeiführen sollten, gehört die Begründung des
d eutschen Zollvereins. Der lange sestgehaltene Grundsatz, so viel als
möglich baares Geld in's Land zu ziehen, fremdenwaaren dagegen den
Eingang zu versperren, hatte sich nicht als zweckmäßig bewiesen. Die politi-
schen Grenzen, die verschiedenen Steuersysteme, die vielen Zollschranken
hemmten den Handel und Verkehr des deutschen Landes. Da beschloß Preu-
ßen, seine Zollabgaben an die Grenzen seines Staatsgebietes zu verlegen und
den Handel innerhalb dieses Gebietes möglichst frei zu machen. Darin fand
es anfangs vielen Widerspruch, sowohl bei den andern deutschen Regierungen,
als besonders beim Bundestage, weil dadurch einzelne, innerhalb des preußi-
schen Gebietes gelegene kleine Staaten genöthigt wurden, dem preußischen
Handels- und Zollsysteme sich anzuschließen. Preußen führte indeß, unge-
achtet andere deutsche Länder sich zu Handelsbündnissen vereinigten, seinen
Plan durch, und im Jahre 1834 traten schon eine ganze Reihe deutscher
Staaten auf seine Seite. Unter Friedrich Wilhelm Iv. gewann der Zoll-
verein eine größere Ausdehnung, nur Oesterreich, Mecklenburg, Hol-
stein und Hamburg schlossen sich aus. Handel und Verkehr entwickelten
sich bald zu hohem Aufschwünge; es entstanden Chausseen und Eisenbahnen
und die Staatseinkünfte vermehrten sich in erfreulichster Weise.
3. Die Ablösung Hannovers von England. Als König Wilhelm Iv.
von England (1837) starb, fiel die englische Krone an seine Nichte Vic-
toria. Da aber in Hannover nur die männliche Erbfolge gilt, so erhielt
Ernst August, der Herzog von Cumberland, die hannöver'sche Krone. Der
Heimfall dieses Landes war ein Glück für Deutschland, das unter der Ver-
bindung Hannovers mit England manche Nachtheile erfahren hatte. Der
Regierungsantritt des neuen Königs war von ernsten Unruhen begleitet.
Ernst August hob das seit 1833 bestandene Staats-Grundgesetz ans. Da ge-
rieth das Land in große Aufregung; Viele leisteten den Huldignngseid mit
innerem Widerstreben; sieben Professoren der Universität Göttingen (dar-
unter Jakob und Wilhelm Grimm) wurden aus ihrem Amte entlassen.
Die vom Könige entworfene neue Verfassung wurde im Jahre 1840 ange-
nommen und damit der Streit beendigt. Hannover war somit von 1837 an
ein unabhängiges deutsches Land.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Constantin Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm Ernst_August Ernst August von_Cumberland Ernst August Jakob Wilhelm_Grimm Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Warschau Polen Sibirien Oesterreich Mecklenburg Hamburg Hannovers England England Hannover Deutschland England
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mit feierlicher Anrede, in welcher er das Bekenntniß ablegte: „Ich und mein
Haus wir wollen dem Herrn dienen." („Der 11. April 1847": O Preu-
ßenland, o Preußenland re.) Aber der König sah sich in seiner Erwar-
tung zum großen Theile getäuscht. Viele der versammelten Landtagsmitglieder
wendeten ihr Herz von ihm ab und verweigerten ihre Mitwirkung bei der
Berathnng wichtiger, von der Regierung vorgelegter Gesetzentwürfe. Es er-
folgte die Schließung des Landtages. Unter so trüben Vorzeichen brach das
verhängnißvolle Jahr 1848 herein. In dem gespannten Zustande, in dem das
Land sich befand, bedurfte es kaum des zündenden Funkens der äußeren An-
regung. Aber auch dieser fehlte nicht.
In Frankreich brach im Februar 1848 eine Revolution aus, welche den
Sturz des Königs Ludwig Philipp zur Folge hatte (24. Februar). Die
königliche Familie entrann mit Roth den Händen der wilden Volkshausen
ltnb fand in England einen Ruheplatz. Wie in Sturmeseile durchslog die
Nachricht vom Sturz des Königthrones ganz Frankreich. Die Republik
wurde proklamirt und von den europäischen Mächten anerkannt, als
Frankreich Friede und Freundschaft gelobte. Die Ration erwählte sich einige
Monate später in Louis Napoleon Bonaparte, dem Sohne des ehe-
maligen Königs von Holland und dem Neffen Napolon'sl., einen Präsidenten
auf vier, dann auf zehn Jahre, der sich aber, wie sein Onkel, durch Volksabstim-
mung (1852) als Napoleon Iii. zum Kaiser der Franzosen erheben und
(am 2. December 1852) krönen ließ.
Ganz besonders wirkten die Februarereignisse in Paris auf die Völker
Deutschlands, Oesterreichs und Italiens ein. Preßfreiheit, freies Versamm-
lnngsrecht, Oeffentlichkeit im Gerichtswesen, Volksbewaffnung, freie Ver-
fassungen in den Einzelstaaten: das waren Forderungen und Wünsche des
deutschen Volkes. Eine aus Depntirten aller deutschen Länder gebildete Ver-
sammlung, das deutsche Vorparlament, tagte in der St. Paulskirche zu
Frankfurt. Aus demselben ging die deutsche Nationalversammlung
hervor, welche (am 18. Mai) eröffnet wurde. Erzherzog Johann von
Oesterreich wurde zum Reichsverweser gewählt und der Bundestag
aufgelöst.
Im südwestlichen Deutschland hatten die revolutionären Bestrebungen
einzelner Männer großen Anhang gefunden und die Macht der Regierung
geschwächt. Auch in Oesterreich und Preußen brach der Aufruhr aus.
Als Kaiser Franzi, (am 2. März 1835) starb und sein Sohn Ferdinand
folgte, suchte Fürst Metternich den Geist der unruhigen Zeit durch strenge
Maßregeln zu dämpfen. Am unruhigsten waren die Ungarn und Lom-
barden; aber auch in Deutsch-Oesterreich klagte man über den Druck der
Presse, der Polizei, der Beamtenherrschaft re. Als die Nachrichten von der
Februarrevolution in Paris anlangten, wurden vor Allem Oesterreich und
dessen Hauptstadt Wien in den Strudel der heftigsten Bewegung mit
fortgerissen. Am 13. März 1848 brach in Wien die Revolution aus,
die zu wiederholten blutigen Straßenkämpfen führte. Metternich floh, und
Kaiser Ferdinand bewilligte, was die Bürger der undankbaren Stadt von ihm
forderten.
Die Vorgänge in Wien entzündeten auch in Berlin die Empörung.
Am 18. März wurden von den Aufrührern Barrikaden errichtet, und ein
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Oesterreich Johann Franzi März Ferdinand Ferdinand Fürst_Metternich Metternich Ferdinand Ferdinand
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Obercommando über die gesammte Armee der Murten übernommen hatte, er-
öffnete am Morgen des 26. Juni den Geschützkampf gegen die dänischen
Werke am Alsensund. Am 29. Juni gelang das kühne Wagniß des Generals
Herwarth von Bittenfeld, mit 12 Bataillonen auf Kähnen über einen
Meeresarm zu setzen und die Insel Alsen zu nehmen. Das dänische Panzer-
schiff „Rolf Krake" versuchte es vergeblich, die Bote in Grund zu schießen;
die Strandbatterien der Preußen nöthigten es zum Rückzüge. Die Dänen
wurden aus allen Stellungen auf der Insel vertrieben und entkamen ans
ihre Schiffe.
Run war der Trotz der Dänen gebrochen. Die Verluste waren zu groß,
um noch an einen ferneren Widerstand zu denken. 10,000 Dänen waren im
Laufe des Krieges gefangen genommen und nach Oesterreich und Preußen ge-
bracht worden; das Vertrauen auf die Flotte war gebrochen; alle Hoffnung
auf englische und schwedische Hilfe hatte sich als Täuschung erwiesen. Däne-
mark suchte den Frieden nach, der auch am 30. Oktober 1864 zu Wien
abgeschlossen wurde. Dieherzogthümerschleswig, Holstein und Lauen-
burg gingen an Preußen und Oesterreich über. So wurde die Befreiung
der deutschen Herzogthümer vom dänischen Joche mit dem Blute unserer
Brüder erkauft. Am 7. December zogen die siegreichen preußischen Truppen
unter dem Jubel des Volkes iu Berlin ein, und auf Anordnung des Königs
wurde am 18. December in allen Kirchen des Landes ein Gottesdienst ge-
halten, um den Herrn der Heerschaaren zu preisen, der den Sieg gegeben und
die Werkzeuge gesegnet hatte, durch welche er errungen ward.
Während ein Theil unserer Truppen gegen Dänemark kämpfte, stand
ein anderer Theil an den Ostgrenzen unseres Reiches, um unser Vaterland
gegen Gefahren zu schützen, die möglicherweise von dieser Seite kommen
konnten. Im russischen Polen brach nämlich 1863 ein Aufstand aus. Zahl-
reiche Jnsurgentenschaaren bildeten sich und hausten entsetzlich. Warschau war
der Mittelpunkt aller revolutionären Bestrebungen. Die russischen Waffen
siegten aber, und der ganze Aufstand war 1864 beendet. Viele der Aufstän-
dischen büßten ihre Empörung mit dem Tode durch Blei und Strang, ungleich
mehr wurden nach Sibirien verbannt, und das Eigenthum vieler Andern ging
in der allgemeinen Unruhe zu Grunde oder wurde vom Staate eingezogen.
§ 59. Der deutsche Krieg von 1866 und Deutschlands
Neugestaltung.
1. Die Ursachen des Krieges von 1866. Im Frieden zu Wien war
zwar zwischen Preußen und Oesterreich einerseits und zwischen Dänemark an-
dererseits der Streit um die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauen-
burg beigelegt; aber damit war die schleswig-holstein'sche Angelegenheit noch
ilicht beendet, sie wurde vielmehr die Veranlassung zu einem Kriege zwischen
Oesterreich und Preußen, die kurz zuvor in so waffenbrüderlicher Freundschaft
für die deutsche Sache in den genannten Ländern gekämpft hatten. Das
ging so zu.
Die deutschen Fürsten hatten damals mit Unwillen dem Anträge der
beiden Großmächte nachgegeben, die Erecutionsarmee aus Holstein zurückzn-
ziehen und dafür die österreichisch - preußische Armee die Sache zum Austrage
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bringen zu lassen. Ebenso wurde die gemeinsame Besitznahme der Herzog-
thümer durch Preußen und Oesterreich sür bundeswidrig angesehen und das
Unternehmen des Herzogs von Augustenburg, der Schleswig und Holstein als
sein Erbe an sich zu nehmen trachtete, vielfach unterstützt. Die Angelegenheit
wurde immer verwickelter, als auch Oesterreich aus Besorgniß vor der Macht-
erweiterung Preußens sich auf die Seite des Augustenburgers zu neigen an-
fing. Da die gemeinsame Verwaltung der Herzogthümer zu manchen Zwi-
stigkeiten führte, so bot Preußen eine bedeutende Summe, wenn Oesterreich,
auf das Recht des Mitbesitzes verzichten wollte. Oesterreich ging aber darauf
nicht ein, und es lag die Befürchtung nahe, daß der Streit der beiden Groß-
staaten zu einem ernsten Conflicte führen werde. In dem Vertrage zu
Gasteinh (14. August 1865) kam eine Einigung zu Stande und zwar
dahin, daß die gemeinsame Verwaltung von Schleswig und Holstein in
eine getrennte umgewandelt wurde. Schleswig erhielt preußische, Hol-
stein österreichische Verwaltung. Lauenburg ging gegen eine Geldent-
schädigung von 21/2 Millionen Thalern an Oesterreich in den alleinigen Besitz
Preußens über. Die gegenseitigen Rechte auf Schleswig und Holstein sollten
durch diesen Vertrag nicht geschmälert werden. Aus dem Kieler Hasen wollte
man einen Bundeshafen machen und die Gründung einer deutschen Bundes-
flotte beim Bundestage beantragen; so lange das noch nicht in's Werk gesetzt
sei, sollte Preußen den Hafen in Kiel besetzen. Der Vertrag hob den Zwie-
spalt zwischen Preußen und Oesterreich nicht auf, sondern erweiterte ihn. Die
österreichische Verwaltung in Holstein ließ den Bestrebungen der augusten-
burgischen Partei gegen Preußen freien Lauf. Preußens Einsprüche wurden
nicht gehört. Da bemerkte man, daß Oesterreich gewaltig rüstete, angeblich
zwar, um in Böhmen Ruhe zu schaffeu, wo bedenkliche Judenhetzen ausge-
brochen waren, in Wirklichkeit aber, um gegen Preußen den Krieg zu be-
ginnen. Nun war auch Preußen auf seinen Schutz bedacht; es armirte seine
Festungen und suchte und fand in Italien einen Verbündeten für den Fall
des Krieges.
Im März 1866 trat der energische und kühne preußische Ministerpräsi-
dent Graf von Bismarck mit einem Anträge auf Aenderung der bisheri-
gen, ungenügenden Bundes-Verfassung hervor, und schon im April forderte
Preußen die Einberufung eines deutschen Parlamentes. Unterdessen rüstete
Oesterreich unaufhörlich weiter und gewann im Stillen Sachsen, Württem-
berg, Hessen-Darmstadt und Nassau auf seine Seite. Da erließ auch König
Wilhelm den Befehl, einen Theil seines Heeres mobil zu machen. Eine Frie-
densconferenz, welche von Napoleon zur Schlichtung der Streitigkeiten vor-
geschlagen und von Preußen und Italien angenommen wurde, beschickte
Oesterreich nicht. Da erkannte Jedermann die Unvermeidlichkeit des Krieges.
Am 1. Juni 1866 stellte Oesterreich die Entscheidung der schleswig-
holstein'schen Frage dem Bundestage anheim und zeigte zugleich an, daß es
seinen Statthalter in Holstein angewiesen habe, zum 11. Juui die dortige
Ständeversammlung einzuberufen. Preußen sah Beides als einen Bruch des
Gasteiner Vertrages an und ließ dem General von Man teuf fel am
8. Juni von Schleswig aus in Holstein einrücken. Der österreichische Feld-
i) Gastein, im Herzogthum Salzburg.
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