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wissen: Selber essen macht fett, und dann mag ja auch schließlich selbst ein Baum
nicht gern seinen eigenen Mörder großziehen. Er kennt das, er war ja selbst ein-
mal ein so junger rücksichtsloser Streber. Und darum sucht er im Besitze der
Kraft und Macht alles um sich her erbarmungslos zu ersticken und zu er-
drücken. Hunderte fallen ihm zum Opfer; aber das elende, unscheinbare
Ding zwischen seinen Füßen, gerade das unbedeutendste von allen, das er
nie sonderlich beachtete, hat sich mit Zähigkeit und Ausdauer zu behaupten
gewußt; zuerst, als es noch klein und schwach war, mit Kriechen und Ducken und
Schmeicheln, dann aber, sobald es sich., stark genug fühlte, mit stumpfer Rück-
sichtslosigkeit sich zwischen seinen Ästen durchzwängend. Ein erbitterter
Kampf bricht nun aus, aber der junge Streber hat frische, im Emporringen
gestählte Kräfte, die des anderen find im Genuß verweichlicht. Es dauert
nicht lange, so ist der arme, dicke Alte niedergedrängt und vernichtet. Und
mit ihm stürzt das ganze Heer der Epiphyten, der Schmarotzer, die in seiner
Krone wucherten — jener merkwürdigen Geschöpfe, die vollkommen darauf
verzichten, ein selbständiges, unabhängiges Einzelwesen zu sein, die nichts
anderes sein wollen, als Schmarotzer. Einige waren freilich so schlau, bei-
gelten auf den neuen, emporstrebenden Banm überzusiedeln.
Das ist der Kampf ums Dasein in den Urwäldern von Neu-Guiuea.
Nach Hagen, „Unter den Papuas".
5. Sandel.
Der Verkehr der Küstendörfer mit dem Innern vollzieht sich noch
ganz auf dem uralten Wege des persönlichen Tauschverkehrs wie vor Ur-
zeiteu, und der ist nicht geeignet, neue Waren, neue Produkte schnell zu ver-
breiten und zugänglich zu macheu. Er geht uoch heute gerade so vor sich,
wie vor der Ankunft des weißen Mannes, und europäische Produkte, ja selbst
einheimische, wie die Bilibili-Töpfe, sind nur wenige Kilometer weit ins
Land gedrungen. Im Hinterland der Astrolabebai, obwohl dort schon seit
zehn Jahren die großen, umfangreichen Enropäerniederlaffungen sich be-
finden, sind eiserne Messer und Äxte nur wenig über die schmale, mit der
Küste in unmittelbarem Verkehr stehende Zone hinausgelaugt, dort muß der
Baum heute noch mit dem plumpen, jämmerlichen Steinbeil gefällt werden,
während in der Nähe der Station die Eingeborenen mit Eisen überfüttert
sind. Das liegt an der Gleichgiltigkeit und Kurzsichtigkeit der Leute. Wenn
jemand ein eisernes Beil oder ein Messer hat, so genügt ihm das vollkommen.
Ein zweites erscheint ihm schon viel weniger begehrenswert. Er braucht nicht
mehr und kommt erst wieder, sich eines einzuhandeln, wenn das frühere ver-
loren oder unbrauchbar geworden ist. Sich mehrere hinzulegen oder zu
Handelszwecken einzutauschen, sällt ihm gar nicht ein, und ein eisernes Beil,
Messer oder Hobeleisen hält ja lange.
Große Bedürfnisse an europäischen Waren hat also der Papua der
Astrolabe-Ebeue bis jetzt noch nicht, namentlich keinen Bedarf an Erzeugnissen
der Weberei.
Wie gegen die Bilibili-Händler, so sind auch die einzelnen Küsten-
dörser streng in ihren Handelskreisen gegeneinander abgegrenzt. Jedes hat
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nicht nur mit Leichtigkeit zu den Holzfällungsarbeiten heranziehen, sie zeigen
selbst eine gewisse Vorliebe hierfür und arbeiten dabei weit billiger als unsere
deutschen Waldarbeiter.
Das Rohholz, wie es die Axt des eingeborenen Waldarbeiters her-
stellt, bedarf aber vor der Ausfuhr einer gewissen Bearbeitung und Verfeine-
rung. Dies erreicht man entweder durch Behauen der Rundhölzer an Ort
und Stelle, oder durch fabrikmäßige Bearbeitung in Sägewerken und Holz-
bearbeitungsfabriken. Der Großhandel wird dieses vorziehen. Daß der Be-
trieb derartiger Anlagen in Ostafrika sich lohnt, kann als erwiesen gelten.
Sägewerke kleineren Maßstabes bestehen bereits an fünf Orten; ein größeres
Sägewerk mit Holzbearbeitungsfabrik wurde in jüngerer Zeit am Sigi erbaut,
ein ähnliches gleichgroßen Stiles ist im Schnmewald im Entstehen begriffen,
weitere Großanlagen sind geplant.
Größere Schwierigkeiten als die Frage der Holzgewinnung verursacht
die Transportfrage. Ohne Zweifel kann von einer Ausbeutung nur da die
Rede sein, wo Verkehrswege vorhanden sind. Ostasrika ist jedoch, wie be-
kannt, in dieser Hinsicht ein im großen und ganzen noch nnerschlossenes Ge-
biet. Die Erbauung künstlicher Verkehrswege befindet sich noch in den ersten
Anfängen. Vorerst ist man sonach nur auf die beiden bestehenden kurzen
Eisenbahnlinien, auf einige wenige fahrbare Wege und auf die schiffbaren
oder flößbaren Teile einzelner Wasserläufe, sowie auf die Meeresküste äuge-
wiesen. Diese Verkehrsmittel sind indessen für den gegenwärtigen noch ge-
ringen Umfang der Waldwirtschaft nicht nur hinreichend, sie ermöglichen
selbst die Ausdehnung des Betriebes, welche für die nächste Zukunft ge-
plant ist.
Gewisse nicht zu verkennende Schwierigkeiten bietet infolge des Fehlens
von Zweigbahnen und Straßen die Frage der Heranschaffung des Holzes
von den Wäldern nach den Verkehrslinien. Diese Schwierigkeiten sind aber
keineswegs unüberwindliche. Ein Blick ans die Waldwirtschaft der Alpen,
der Pyrenäen, Skandinaviens, oder auf Länder wie Indien, Siam, Java
lehrt, daß weder das hohe Gebirge, noch — bis zu einem gewissen Grade
— die weite Entfernung vom Verkehrsbereiche ein dauerndes Hemmnis für
die Holzabbringnng und den Holztransport darstellen können. Alle die Hilfs-
mittel, die in den genannten Ländern und anderwärts bei der Holzabbringnng
im Schwünge sind, stehen auch Ostafrika zu Gebote; die Praxis wird diese
Mittel erproben und sich ihrer, je nach Lage der Verhältnisse, im ansge-
dehntesten Umfauge bedienen.
Bei kurzen Entfernungen kann das Holz, zumal da es sich größtenteils
um kleinere Stämme handelt, angesichts der billigen Arbeitskräfte durch
Träger angebracht werden. Schwere Hölzer schleppt man auf einfachen Schlepp-
wagen mittelst Zugviehes herbei. Unter Umständen sind Abfuhrstraßen zu
bauen, um das Holz mittelst Wagen heranzufahren. Vom Gebirge herab ge-
schieht die Beförderung zu Tal durch Holz- oder Steinriesen oder durch Aus-
Nutzung der Waldbäche in Verbindung mit Stauanlagen zum Flößerei-
betrieb.
Von größtem Gewinne für die Entwicklung des Holztransportes wird
sich der allmähliche Ausbau von Fahrstraßen erweisen, deren Anlage neben
dem Eisenbahnbau als unerläßliches Erfordernis für den allgemeinen Fort-
schritt des Schutzgebietes anerkannt worden ist.
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um 6 Uhr morgens schon durch das Fenster seines Arbeitszimmers am
Schreibtische beobachten kann. Und wo der höchste Beamte sich keine Muße
gönnt, da darf auch der letzte Schreiber nicht seine Zeit vergeuden. Aber
nicht nur unter den Augen des Herrn wird die Zeit ausgenützt, auch auf
den Stationen im Innern herrscht die gleiche Betriebsamkeit. Ich habe nie-
manden gesehen, der sich die Zeit vergönnte, Jagdausflüge zu unternehmen,
und die meisten Gewehre stehen unbenutzt in der Ecke.
Handel und Verkehr haben in den letzten Jahren ein starkes An«
wachsen bewiesen. Man darf das auf das Erscheinen von zwei neuen Han-
delswerten zurückführen, der Ziegenfelle und des Wachses. Im Umkreise der
Seen haben die Eingeborenen erkannt, daß das Fell der Ziege bis jetzt noch
wertvoller ist als ihr Fleisch, und mit dem sie auszeichnenden Mangel an
^Voraussicht alsbald begonnen, all ihren Ziegen das Fell abzuziehen. Wenn-
/ gleich der Zeitpunkt kommen wird, wo diesem Raubbau Einhalt getan werden
muß, so darf man auf der anderen Seite nicht befürchten, daß der Bestand
an Kleinvieh ausgerottet wird. Den Vorteil haben unsere Stationen gehabt,
von denen ganz bedeutende Werte an Fellen ausgeführt werden. Bukoba
allein erhob im Finanzjahre 1904/05 86000 Rup. (1 Rup. = 1,33 Mk.)
Zölle, gegen 5000 Rup. im Vorjahre, und zwar in der Hauptsache von aus-
geführten Ziegenfellen. Der andere Artikel ist Wachs. Der Vorrat ist fast
unerschöpflich, und in Tabora lagerten letzthin 9000 Lasten, der Beförderung
zur Küste harrend. Es wird sich nur darum handeln, die Eingeborenen in
den von Europäern unbewohnten Gegenden in stärkerem Maße zum Sammeln
anzuhalten, um diesen Handelszweig zu hoher Blüte zu bringen. Die größeren
Einnahmen der Eingeborenen führen zu reichlicheren Einkäufen, durch die sich
der Küstenhandel in merkbarer Form steigert. Zu bedauern ist, daß uns der
Inder als Mittelsmann noch unentbehrlich ist.
Auch der Verkehr und die Verkehrsmittel weisen eine wesent-
liche Steigerung auf, wenngleich auf diesem Gebiete noch am meisten zu
wünschen bleibt. In den Distrikten Njassaland, Usambara und Kilimandjaro
sind schon mehrere tausend Kilometer Wege ausgelegt. Namentlich das früher
so unwegsame Usambara kann jetzt in allen Richtungen auf guten Reitwegen
bereist werden. Von Mombo nach Moschi ist ein guter Weg gebaut worden,
der dem Verkehr mit Ochsenwagen vollständig gewachsen ist, und der Reisende
kann jetzt schon vielfach gewisse Strecken rasch und bequem zurücklegen, durch
die er früher sich mühsam seinen Weg bahnen mußte. Überall, wo Europäer
weilen, vermag die Post ihnen zu folgen. S. H. der Herzog Adolf Fried-
rich zu Mecklenburg vermochte aus der Steppe bei Schirati binnen zwei
Tagen nach Schwerin zu telegraphieren und von dort Antwort zu erhalten.
Der Marsch von dort bis an die Küste erfordert heute noch im günstigen
Falle acht Wochen. Leider sind wir mit den Bahnen noch sehr im Rück-
stände. Ich muß bekennen, daß sich meine Anschauungen über Bahnen in
Kolonien wesentlich geändert haben. Jedensalls hat sich in mir die Über-
zengnng gefestigt, daß wir die Ausgabe der zum Bahnbau nötigen Gelder
nicht mehr zu fürchten brauchen. Wir können im Gegenteil unbesorgt den
Ausbau unseres Bahnnetzes in die Hand nehmen, der Erfolg kann nicht aus-
bleiben, denn wir haben keinen Grund, anzunehmen, daß die Erscheinungen,
die die Ugandabahn hervorrief, sich bei uns nicht wiederholen würden.
Auch die Besiedlung des Landes schreitet vorwärts. Die Distrikte,
denen nach dem Grade ihrer Besiedlung zurzeit die größte Bedeutung zu-
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völkerung durch die öfteren Reisen der Beamten sehr erleichtert, die sich in
wichtigen Orten oft wochenlang aufhalten und sich der Leute annehmen.
Die soust verschrieenen Steuerarbeiten werden in der Hand der Be-
amten Togos zu einem vorzüglichen Erziehungsmittel der Eingeborenen.
Jeder erwachsene Bürger hat 14 Tage lang jährlich zu fronen und erhält
nur die Beköstigung. Von den Dörfern müssen der Reihe nach eine be-
stimmte Anzahl Männer sür die genannte Zeit auf die Regiernngsstation
kommen, wo sie in den Versuchsfarmen und bei Wegebauteu an eine ge-
regelte Tätigkeit gewöhnt werden. Abgesehen davon, daß die Leute gemein-
sam arbeiten lernen, kommen so Bewohner der verschiedenen Dörfer zusammen
und lernen einander vertragen. Was alles auf diese Weise im Hinterland
geleistet wordeu ist, ist geradezu erstaunlich. Wie oben erwähnt, durchziehen
gute Verkehrswege das ganze Land. Es genügt, einen Soldaten oder
Polizisten in die Dörfer mit dem Befehl zu senden, es sei wieder Zeit zur
Wegereinigung, so geschieht es sofort und pünktlich. Auch die meisten
Stationsgebäude siud unter Anleitung der Europäer vou den Eingeborenen
hergestellt worden. Man kann geradezu sagen: es herrscht ein väterliches
Verhältnis zwischen den Beamten und den Eingeborenen.
Kein Wunder daher, daß auch wir auf unserer ganzen Reise überall
von der Bevölkernug freundlich aufgenommen wurden. Ganze Scharen von
Kindern begleiteten uns oft in unsere Wohnung und saßen zutraulich um
uns herum, wie wenn wir ihnen schon längst bekannt wären. Das alles
beweist, wie freundlich und gerecht diese Leute bisher von den Beamten be-
handelt worden sind. Sie sind der Religion nach meist Heiden und werden
im Westen des Hinterlandes auf 300000 Seeleu geschätzt, im Osten, den
wir aber im nördlichen Teil nicht kennen gelernt haben, auf 500000.
Die eigentliche Verkehrssprache des ganzen Hinterlandes von Togo ist
das Hanssa. Alle Bezirksleiter verstehen diese Sprache und bedienen sich
ihrer im Verkehr mit ihren Soldaten und mit den Händlern. Die Soldaten
aus den verschiedenen Stämmen, die Hanssa gelernt haben, dienen dann den
Bezirksleitern als Dolmetscher für die verschiedenen Sprachgebiete ihrer Bezirke.
Aus der Zeitschrift: „Der evangelische Heidenbote".
8. Die haupffcichlichffen ßandelswerfe Cogos.
Togo beansprucht besonders als Handels- und als Pflauzungskolouie
unsere Aufmerksamkeit. Der Handel unseres Ländchens hat sich seit der deutschen
Besitzergreifung dauernd gehoben und erreichte in Ein- und Ausfuhr im Jahrs
1905 den ansehnlichen Wert von 11,7 Millionen Mark.
Die s^lpalme spielt für die Ansfnhr eine Hauptrolle. Dicht hinter
der Küste beginnen ihre Bestände, die um so üppiger zu gedeihen scheinen,
je wasserreicher der Boden ist. Solange die Ölpalme noch klein ist, treibt
sie ohne Stammbildung ihre Wedel aus der Erde hervor. Ungefähr vom
5. Jahre an bildet sich ein Stamm, der im Laufe der Zeit oft eine beträcht-
liche Höhe erreicht. Es foll Ölpalmen bis zu 15 m Höhe und darüber geben.
Vom 8. Jahre an wird sie ertragsfähig. Ihre Fruchtstände gleichen einer
riesigen, dicht besetzten Traube; an jeder sitzen viele hundert einzelne Ölfrüchte
I
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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schuk, Elfenbein und Ölfrüchte; ein europäischer Pflanzungsbetrieb war in
keinem unserer afrikanischen Schutzgebiete vorhanden. Hier galt es also, einer-
seits die Eingeborenen zu neuen, lohnenden und für unsere heimische Volks-
Wirtschaft wichtigen Kulturen zu erziehen, andererseits Großpflanzungen unter
europäischer Verwaltung und Aufsicht einzurichten, welche auch ihrerseits dazu
dienen sollten, die Eingeborenen an eine geregelte Tätigkeit zu gewöhnen und
ihnen einen verbesserten Betrieb der Landwirtschaft und Ernteanfbereitunq
beizubringen.
Die ersten Pflanzuugsverfuche galten dem Kaffee- und Tabakbau, leider
bisher ohne besonderen Erfolg. Der letzte ist zurzeit überall in unseren
Kolonien wieder aufgegeben; der in recht ansehnlichem Maßstab angebahnte
Kaffeebau in Deutsch-Östafrika zugunsten lohnenderer Kulturen eingeschränkt
worden, und zwar kommen hier besonders Sisalagaven und Kautschuk-
pflanzen in Frage.
Die aus Florida eingeführte, einen vorzüglichen Hanf liefernde Sisal-
agave hat sich für die Steppen Deutsch-Ostafrikas als eine Kulturpflanze
ersten Ranges bewährt; ihr Anbau wird bereits in großem Maßstab betrieben,
und die Ausfuhr des Hanfs ist in schneller Steigung begriffen. Ebenso be-
rechtigen die Versuche mit Anpflanzung von Cearakautschuk in Ostafrika zu
den besten Hoffnungen.
Angesichts der großen Rolle, welche Kautschuk mehr und mehr im
Weltverkehr spielt, hat man ihm überhaupt in allen unseren Kolonien besondere
Aufmerksamkeit gewidmet, einerseits wildwachsende Bestände von Kautschuk-
pflanzen festgestellt und in möglichst planmäßige Ausbeute genommen, anderer-
seits einen regelrechten Kautschukanbau in die Wege geleitet. Stammten von
den 142000000 Mk. Kautschuk, welche Deutschland im Jahre 1905 einführte,
erst ungefähr 5 °/o aus deutschen Kolonien, so dürften diese doch bald eine
starke Zunahme in der Lieferung des wichtigen Produkts aufweisen.
Eine besonders große Bedeutung kommt den auf Einführung des
Baumwollbaus in unsere Kolonien gerichteten Bestrebungen des Kolonial-
Wirtschaftlichen Komitees zu. Sind wir doch bei dem Bezüge dieses für unsere
Industrie wichtigsten Rohstoffes im Werte von jährlich rund 400000000 Mk.
bisher gänzlich auf nichtdeutsche Gebiete, zu dreiviertel unseres Bedarfs auf
die Vereinigten Staaten von Nordamerika angewiesen, und eine allmähliche,
wenigstens teilweise Befreiung von dieser Abhängigkeit wäre von größtem
Werte. Die nötigen Vorbedingungen, nämlich geeignete Boden- und Klima-
Verhältnisse und billige Arbeitskräfte, schienen in verschiedenen unserer
Kolonien vorhanden zu sein, und so begann das Kolonial-Wirtschastliche
Komitee seine Versuche mit Einführung eines regelrechten Baumwollbaus
im Jahre 1900 in Togo, 1902 in Deutsch-Ostafrika, mit dem Ergebnisse, daß
heute die Einführung des Baumwollbaues in Togo als Volkskultur, in Ost-
afrika als Volks- und Pflanzungskultur als gesichert erscheinen darf. Weitere,
in Ostafrika gedeihende Faserpflanzen sind Baftbauanen, Sansevieren und Jute.
An überseeischen Ölfrüchten bezieht Deutschland jährlich für rund
200000000 Mk., und davon kommen bisher für 10000000 Mk. aus unseren
Kolonien. Die Gewinnung der Erzeugnisse der Ölpalme, der Erdnuß und
des Sesams in West- und Ostafrika ist bisher ausschließlich Eingeborenen-
kultur und in ihrem Gesamtertrag noch großer Ausdehnung fähig, ebenso wie
die im Plantagenbau betriebene Anpflanzung der Kokospalmen, deren Anbau
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Extrahierte Personennamen: Cearakautschuk
Extrahierte Ortsnamen: Deutsch-Östafrika Florida Ostafrika Deutschland Nordamerika Togo Deutsch-Ostafrika Togo Ostafrika Deutschland Ostafrika
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Was den fremden Handel unserer Schutzgebiete betrifft, so belief sich
derselbe im Jahre 1903, im letzten Normaljahre vor den Aufständen, auf
101000000 Mk., nämlich 67000000 in der Einfuhr und 34000000 in der
Ausfuhr, und zwar hat die Handelsentwicklung im allgemeinen sowohl, wie
speziell auch der Anteil des Mutterlandes daran, ständig zugenommen, ob-
gleich Deutschland seinen Kolonien, im Gegensatz zu den meisten anderen
Kolonialmächten, bei der Erhebung der Zölle keinerlei Bevorzugung einräumt.
Die Werterzeugung und damit der fremde Handel unserer Kolonien
werden einen wesentlichen Aufschwung aber erst dann nehmen können, wenn
wir durch den Bau von Eisenbahnen und allgemeine Verbesserung der Verkehrs-
mittel die Gewinngrenze immer weiter nach dem Innern zu verschieben und
damit große Landflächen überhaupt erst der Einführung und Ausbreitung
wichtiger Kulturen, deutscher Siedelung und fremdem Handel erschließen.
Später als andere Kolonialmächte hat Deutschland begriffen, welch mächtige
Hebel zur wirtschaftlichen Entwicklung von Kolonien Eisenbahnen bilden;
aber die Erkenntnis der Wichtigkeit dieser Frage dringt erfreulicherweise auch
bei uns mehr und mehr durch, und man ist sich im großen und ganzen auch
heute ganz klar darüber, welche Bahnen gebaut werden müssen; in den dem
Reichstag vorgelegten Denkschriften hat die Regierung ausdrücklich darauf
hingewiesen, daß große Kolonialgebiete ohne Eisenbahnen ein unsicherer und
wirtschaftlich nicht erschließbarer Besitz bleiben.
Die Liste der wirtschaftlichen Leistungen und Bestrebungen in unseren
Kolonien ist mit den vorstehend aufgeführten längst nicht erschöpft; es konnten
hier nur einige Hauptpunkte herausgegriffen werden; aber schon diese dürften
vollauf beweisen, daß man auf einem allmählich immer Keffer bekannten
Boden vielseitig, gründlich und aussichtsreich an dem wirtschaftlichen Ausbau
unserer sämtlichen Kolonien arbeitet.
An den Aussichten unserer Kolonien zu verzweifeln, liegt nicht die
geringste Veranlassung vor, sie sind der Entwicklung ebenso fähig und wert,
wie benachbarte Kolonien anderer Kolonialmächte; aber sie stellen an die
Geduld des deutschen Volkes die billige Forderung, die Ernte nicht vor
einer regelrechten Aussaat erwarten zu wollen. Gerade der Umstand, daß
die Alltagsweisheit des letzten Satzes bislang in kolonialen Dingen zu wenig
beachtet wurde, hat vielfach eine falsche Auffassung über den Wert unserer
Kolonien überhaupt gezeitigt. Widmen wir ihnen dauernd das Interesse,
das sie verlangen und verdienen, und gehen wir mit zielbewußter Ausdauer
und großzügigen Mitteln an ihre Entwicklung, so wird ein erfreulicher Erfolg
nicht ausbleiben. Moritz Schanz, Chemnitz 1906.
3. Kauflcfiuk.
Die gewaltige Entwicklung der elektrischen Gewerbe, der ungeahnte
Aufschwung, den die Herstellung von Fahrrädern und Kraftwagen genommen
hat, rückte während der letzten 10 Jahre den Kautschuk in den Vordergrund.
Dieses Erzeugnis einer Reihe Milchsaft enthaltender Bäume, Sträucher und
Kräuter heißer Erdstriche ist für alle Völker, die Tropenländer besitzen oder
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1. Die Bedeutung der Kolonien für die deuffche Volkswirflchcrff.
Wer in Anbetracht der Schwierigkeiten die Ergebnisse unserer bis-
herigen kolonialwirtschaftlichen Arbeit und danach die Entwicklungsfähigkeit
unserer Kolonien gerecht und zutreffend beurteilen will, der muß sich vor
allem gegenwärtig halten, welche kurze Spanne Zeit uns bisher für die
wirtschaftliche Erschließung unseres Kolonialbesitzes zur Verfügung stand,
und mit wie geringen Mitteln wir bisher gearbeitet haben. Man kann
sagen, daß reichlich das erste Jahrzehnt unserer deutschen Kolonialpolitik der
notdürftigen geographischen Erforschung und politischen Unterwerfung unserer
Kolonien, sowie einigen schüchternen wissenschaftlichen Versuchen gewidmet
war, und daß erst in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre eine plan-
mäßige wirtschaftliche Arbeit auf einer etwas breiteren Grundlage begonnen hat.
Von der aufgewendeten Zeit und den aufgewendeten Mitteln können
wir nicht mehr erwarten als bescheidene Proben der Entwicklungsmöglichkeit
unserer Schutzgebiete. Diese Proben aber zeigen uns, daß unsere Kolonien
von der Natur nicht schlechter bedacht sind, als die Nachbarkolonien fremder
Staaten. So steht unsere Togokolonie in ihren wirtschaftlichen Bedingungen
hinter der englischen Goldküste und Französisch-Dahome nicht zurück; Kamerun
übertrifft in wichtigen Teilen an natürlicher Fruchtbarkeit das benachbarte
englische Nigerien und das französische Kongogebiet. Deutsch-Ostafrika hält
in seiner Ertragsfähigkeit durchaus einen Vergleich mit Britisch-Ostafrika
aus. Selbst das vielgeschmähte Südwestafrika wird von guten Landeskennern
dahin beurteilt, daß sein Boden und seine Witterungsverhältnisse im ganzen
nicht ungünstiger sind, als diejenigen des benachbarten britischen Südafrika.
Nicht anders steht es mit nnsern Südseekolonien.
So geringfügig der Ertrag unserer Schutzgebiete noch ist, so zeigt er
doch, daß hier ein weites Feld für fast alle diejenigen Kulturen ist, welche
wir zur Ergänzung der beschränkten Ertragsfähigkeit des eigenen Vater-
landes brauchen. Die erst seit wenigen Jahren planmäßig betriebenen Ver-
suche mit der Einführung einer sorgsamen Baumwollkultur haben in Togo
und Ostafrika bereits überraschend gute Ergebnisse gehabt; in Ostafrika brachte
die noch ganz neue Kultur der Sisal-Agaven bereits im verflossenen Jahre
einen Ausfuhrwert von nahezu einer Million Mark an Hanf, der auf dem
Weltmarkte ausgezeichnet bewertet wird. Togo und Kamerun verfügen über
reiche Bestände an Olpalmen, Ostafrika und die Südfeekolonien bieten ein
prächtiges Feld für die Gewinnung von Kopra. Die Kantschuk-Ausfuhr aus
Kolonial-Lesevuch. 1
TM Hauptwörter (50): [T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Darauf läßt sich zuversichtlich mit einem ehrlichen „Ja" antworten,
und die folgenden Zeilen sollen versuchen, diese Ansicht in kurzen Zügen zu
begründen.
Sofort nach Erwerb unserer ersten Kolonien setzte auch unsere Wirt-
schaftliche Tätigkeit daselbst mit vermehrter Kraft ein, und man muß dem
deutschen Kapital rühmend nachsagen, daß es sich daran zunächst mit freudiger
Willigkeit beteiligte. Leider hatte man dabei fast überall übersehen, daß man
von unseren sämtlichen Kolonien eigentlich noch recht herzlich wenig wisse;
es fehlte überall an den nötigen geographischen, geologischen und Hydro-
graphischen Kenntnissen, es fehlte an landes- und fachkundigen Leitern. Als
die auf so unsicherer Basis errichteten wirtschaftlichen Unternehmungen — sehr
begreiflicherweise — in ihren Ergebnissen den überspannten Erwartungen
nicht umgehend entsprachen, verlor man vielfach — recht törichterweise —
das Vertrauen in den wirtschaftlichen Wert unseren Kolonien überhaupt;
einem stürmischen Anlauf idealer und geschäftlicher Begeisterung folgte eine
Periode der Enttäuschung, Verstimmung und Verdrossenheit, die in weiten
Kreisen noch heute die Grundstimmung unserer gesamten Kolonialpolitik
gegenüber bildet.
Inzwischen aber hat erfreulicherweise schon seit Jahren, in aller Stille
und vom großen Publikum im allgemeinen überhaupt nicht beachtet, eine
dritte und aussichtsreichere Zeit unserer Kolonialwirtschaft eingesetzt, die Zeit
wirtschaftlichen Vordringens auf wissenschaftlicher Grundlage. Dem deutschen
Idealismus und der deutschen Nörgelsucht folgte als dritte echt deutsche Eigen-
schaft die Gründlichkeit.
In einem hochanerkennenswerten Zusammenwirken von Theorie und
Praxis, von Männern der Wissenschaft, der Industrie und des Handels
daheim und von wirtschaftlichen Interessenten in unseren Kolonien ging man
planmäßig daran, die Grundlagen für einen gesunden Aufbau unserer Kolonial-
Wirtschaft zu suchen und deren Ausbau dann nach Kräften zu fördern.
An dieser verdienstvollen Tätigkeit haben verschiedene Kreise teilgenommen,
die Regierung sowohl, wie gemeinnützige und Erwerbsgesellschaften und Privat-
leute; ein Sammelpunkt dieser Bestrebungen ist aber mehr und mehr das 1896
gegründete Kolonial-Wirtschaftliche Komitee in Berlin, der wirtschaftliche Ans-
schuß der Deutschen Kolonialgesellschaft geworden, dessen Arbeitsplan neben
Fragen allgemein wirtschaftlicher Natur, im besonderen die folgenden vier
Punkte umfaßt:
Schaffung von Rohstoffen und Erzeugnissen, die für unsere heimische
Volkswirtschaft wichtig sind, in unseren Kolonien;
Förderung des Absatzes deutscher Judustrieerzeugnisse nach unseren
Kolonien;
Vorarbeiten für Schaffung von Eisenbahnen und anderen öffentlichen
Verkehrsmitteln daselbst;
Vorbereitung deutscher Siedeluug in deutschen Kolonien, soweit diese
klimatisch geeignet sind.
Nehmen wir diese Ziele als Grundlage, um einen Blick auf das in unseren
Kolonien bislang Erreichte zu werfen!
Als wir unsere überseeischen Besitzungen erwarben, fanden wir als
Gegenstände fremden Handels nur Erzeugnisse des Waldes, der Jagd und
der einheimischen Volks- oder Kleinkultur vor, und zwar in erster Linie Kaut-
i*
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
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das wirtschaftliche Rückgrat unserer Südseebesitzungen bildet und letzthin be-
sonders auf Samoa und Neuguinea Fortschritte gemacht hat.
Von tropischen Nahrnngs- und Genußmitteln bezieht Deutschland jähr-
lich für 400000000 Mk-, davon bisher nur für 2000000 Mk. aus eigenen
Kolonien. In erster Reihe steht der Kakao, dessen Großkultur am fruchtbaren
Kamernuberg steigende Erträge liefert und auch in Samoa aufgenommen ist.
Zahlreiche Studienreisen deutscher, landwirtschaftlicher und botanischer Fach-
gelehrten nach älteren Pflanzungsgebieten und fremden Kolonien haben aber
auch die Einführung anderer, neuer und nutzbringender Kulturen und Spiel-
arten von tropischen Nahrungs- und Genußmitteln und eine Verbesserung
der Erntebereitung in unseren Kolonien ergeben.
Auch an der Feststellung von tropischen Nutzhölzern und von Gerb-
Materialien in unseren Kolonien, sowie an der Einführung bewährter fremder
Kulturen davon, ist mit Erfolg gearbeitet und eine nennenswerte Ausfuhr
wertvoller Hölzer aus Deutsch-Ostafrika in greifbare Nähe gerückt worden,
während die prächtigen Edelhölzer Kameruns erst nach Beschaffung moderner
und leistungsfähiger Verkehrsmittel stärker als bisher ausgebeutet werden
können. Die Anpflanzungen des wertvollen Teakholzes in Deutsch-Ostafrika
gedeihen vortrefflich, und die Kultur australischer Gerberakazien soll hier,
wie in Südwestafrika, aufgenommen werden; inzwischen liefern auch schon
die Mangrovenrinden Ostafrikas Gerbmaterial sür das Mutterland.
Als Viehzuchtland kommt von allen unseren überseeischen Besitzungen
in erster Linie Südwestafrika in Betracht, und zwar handelt es sich dabei
nicht nur um Rinder und Pferde, die vorab für den Bedarf der Kolonie
selbst und ihrer Nachbargebiete dienen, sondern auch um Wollschafe, Angora-
ziegen und Strauße, deren Wolle, Felle und Federn wertvolle und sür die
deutsche Industrie wichtige Ausfuhrartikel zu liefern vermögen. Fettschwanz-
schafe und gewöhnliche Ziegen werden aber auch in Dentsch-Ostasrika mehr
und mehr Felle und Häute für den deutschen Bedarf liefern.
Werfen wir einen Blick auf die in unseren Kolonien vorhandenen
Mineralschätze, so steht auch darin, nach dem bisherigen Stand unserer
Kenntnisse, in erster Linie gerade unser koloniales Schmerzenskind Südwest-
asrika, von dessen verschiedenen Kupferlagern das bisher als reichstes bekannte
in allernächster Zeit planmäßiger Ausbeutung entgegengeht. Die Otavi-
Minen- und Eisenbahngesellschaft hat im September 1906 ihre 570 km lange
Eisenbahn fertiggestellt, welche die Erzlager des Ovambolandes mit dem
Ausfuhrhafen Swakopmund verbindet, und man hofft, im ersten Vierteljahr
1907 die Schmelzöfen anblasen und die reichen Erze aus diesem Teile des
Schutzgebietes zur weiteren Verarbeitung nach Deutschland senden zu können.
Auch dem Abbau anderer bekannter Kupferfundstellen in Südwestasrika hat
man neuerdings Aufmerksamkeit gewidmet, und die Untersuchung der „Blau-
grundstellen" nach Diamanten, durch den Aufstand unterbrochen, ist letzthin
wieder aufgenommen worden. Gold hat man in verschiedenen unserer Kolonien,
besonders in Dentsch-Ostafrika gefunden, eine planmäßige Ausbeutung ist
bisher aber nicht erfolgt, hauptsächlich weil leistungsfähige Verkehrsmittel
fehlten. Dagegen verspricht die bevorstehende Inangriffnahme der reichen
Phosphatlager auf Nauru, einer der zur Marschallgruppe gehörigen Inseln,
sür unseren Südseebesitz besonders wichtig zu werden.
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Extrahierte Ortsnamen: Samoa Neuguinea Deutschland Samoa Deutsch-Ostafrika Kameruns Deutsch-Ostafrika Südwestafrika Ostafrikas Dentsch-Ostasrika Swakopmund Deutschland Südwestasrika Dentsch-Ostafrika Nauru
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Geschlecht (WdK): koedukativ
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noch einige Kilometer vorwärts zu dringen und ein Nachtquartier aufzusuchen.
Oft mußten wir mit den einfachsten Negerhütten vorlieb nehmen, die fo eng
waren, daß man nicht gerade darin liegen konnte. Dann streckte man eben
die Beine durch die Türe ius Freie hinaus und schlief nichtsdestoweniger
ausgezeichnet. Häufig trafen wir auch auf die überall längs der Karawanen-
straßen zweckmäßig angelegten Rasthäuser der Regierung, die jedem Reisenden
zur Verfügung stehen. Im Bezirke Sanfanne-Mangu sind deren mehrere
hundert, hauptsächlich um den durchreisenden Haussahäudlern Unterkunft zu
gewähren.
Den Unterschied im Vorwärtskommen zwischen einst und jetzt konnten
wir am besten in den ersten Tagen unserer Reise beobachten, wo wir Gebiete
durchfuhren, die wir vor Jahren zu Fuß hatten durchwandern müssen. Jetzt
brauchen wir für eine Strecke, die wir damals in einem mühsamen Marsche
durch sumpfiges Laud kaum in einem Tage hatten zurücklegen können, auf
prächtiger Straße dahinsahrend, kaum zwei Stunden. An diesen Straßen
haben die Beamten eigenhändig mitgearbeitet, um die Eingeborenen, die den
Nutzen solcher Kunstbauten zuerst nicht einsehen wollten, zur Arbeit anzu-
spornen. Jetzt seufzt kein Eingeborener mehr über die Fronarbeit, die er
damals hat leisten müssen, denn die schönen Straßen kommen nun jedermann
zugute.
Im allgemeinen fanden wir den nordwestlichen Teil des Hinterlandes
der Kolonie fehr baumarm, zum Teil baumlos mit Steppen — ja Wüsten-
gestaltung, während der nordöstliche gebirgigere Teil feuchter und bäum-
reicher ist. Trotzdem findet sich auch im westlichen Teil oft in überraschender
Weise vorzügliches Wasser. Die Regierung tat alles, was geschehen kann,
um den Anbau von Nutzpflanzen und die Viehzucht zu heben. Es werden
auf den Regierungsstationen Musterpflanzungen angelegt, auf denen sorg-
fältige Versuche mit Nutzpflanzen aus allen Weltteilen gemacht und den
Häuptlingen Setzlinge überlassen werden, um sie und ihre Leute zur An-
legung ähnlicher Pflanzungen aufzumuntern. Sehr eifrig wird auf den
Regierungsstationen auch die Viehzucht betrieben. Auf einer von diesen
haben sich die Beamten zeitweise sogar den Genuß der Milch versagt, um
sie der Aufzucht von Jungvieh zuzuwenden. Daß solche opferfreudige Hin-
gäbe an die wirtschaftliche Förderung der Kolonie von Erfolg gekrönt wird,
beweist der von Jahr zu Jahr wachsende Wohlstand derjenigen Gebiete
Togos, in denen der segensreiche Einfluß der deutschen Beamten Zeit gehabt
hat, seine heilsamen Früchte zu zeitigen.
Auch gegenüber den Eingeborenen hat die Regierung den richtigen
Ton getroffen. Sie hat durch rücksichtsvolle und freundliche Behandlung ihr
Vertrauen gewonnen und sie sich zu Dank verpflichtet. Vor der Besitznahme
durch Deutschland herrschte in Togo der Krieg aller gegen alle. Überfälle
und Sklavenraub waren an der Tagesordnung. Diesen Stammesfehden hat
nun die Regierung ohne Blutvergießen durch einfaches Verbot ein Ziel ge-
setzt. Die Sklavenjagden haben aufgehört, und erst jetzt erfahren die Leute,
was Freiheit und Sicherheit ist. Sie wagen sich über ihre engsten Landes-
grenzen hinaus, und Handel und Gewerbe beginnen zu gedeihen.
Um dem ungerechten Gerichtsverfahren der eingeborenen Häuptlinge
ein Ende zu machen, hat die Regierung es ermöglicht, daß bis ins äußerste
Hinterland Togos jedermann persönlich und unentgeltlich bei den Stations-
und Bezirksleitern Recht und Schutz finden kann. Dies wird der Be-
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Extrahierte Ortsnamen: Togos Deutschland Hinterland_Togos