7
Was, du knurrst! du willst nicht lernen? Seht mir doch den
faulen Wicht! Wer nichts lernt, verdienet Strafe, kennst du diese
Regel nicht?" —
Horch! — Wer kommt? — — Es ist der Vater! Streng ruft
er dem Knaben zu: „„Wer nichts lernt, verdienet Strafe, sprich,
und was verdienest du?""
S. Die Feder.
Feder, das ist nichts Schönes von dir, daß du so ungeschickt
bist Lei mir; schreibst mit der Schwester so schön und geschwind,
bei mir es nur Hühnertrappen sind. Komm, Feder, und gidh dir
rechte Müh', daß ich auch so schön schreiben kann, als sie! Die Feder
sagte nicht ein Wort, sie machte still ihre Striche fort. Das Kind
auch führte sie ganz sacht bei jedem Buchstaben mit Bedacht; bald
standen alle die Zeilen da, daß jeder d'ran seine Freude sah..
6. Geburts- oder Ramenstags-Verschen.
Lieber Vater, ich bringe Dir meinen schönsten Glückwunsch hier?
Will Dich immer herzlich lieben; hab' dies Verschen selbst geschrieben;
möchte es Dich doch erfreu'n! Künftig Jahr soll's bester sein.
7. Lieber Karl.
Ich gehe nun schon seit drei Jahren in die Schule. Da lerne
ich lesen, rechnen, schreiben u. s. w. In der Schule ist es recht
hübsch, und der Lehrer hat uns gar lieb, wenn wir aufmerksam
und brav sind. Vorgestern bin ich in die erste Abtheilung
gekommen. Da lernen wir schon Briefe schreiben. Kannst Du
das auch, so antworte bald
Deinem Freunde
Werden, den 26. August 1856. Joseph Schmitz.
8. Rüstigkeit.
Frisch gethan und nicht gesäumt! Was im Weg liegt, weg-
geräumt! Was dir fehlet, such' geschwind! Ordnung lerne früh,
mein Kind! Aus dem Bett und nicht gesäumt! Nicht bei Hellem
Tag geträumt! Erst die Arbeit, dann das Spiel! Nach der Reise
kommt das Ziel. Schnell besonnen, nicht geträumt! Nichts vergesten,
nichts versäumt! Nichts bloß oben hin gemacht! Was du thust,
darauf gieb Acht!
9. Versuchung.
Gar emsig bei den Büchern ein Knabe sitzt im Kämmerlein, da
lacht hinein durchs Fenster der lust'ge, blanke Sonnenschein und spricht:
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
67
Schreiner. Die Menschen arbeiten also einer für den andern: Einer
bedarf des Andern. Die durch ihre Arbeiten gefertigten Waaren
und die gezogenen Nahrungsmittel verkaufen die Menschen einander
und kaufen nun für das erhaltene Geld wieder solche Waaren und
Nahrungsmittel ein, welche sie sich nicht selbst machen oder ziehen kön-
nen. Wenn eine Familie nur für sich leben und von andern Wren-
schen und Familien keine Hülfe und Arbeiten bekommen sollte, so würde
sie gar Vieles entbehren müsien. Das haben die Menschen auch
recht wohl gewußt und sich deshalb nahe neben einander angebaut,
um so — in größerer Gesellschaft — sich besser einander helfen
zu können. — Durch dieses Bedürfniß: in größerer Gesell-
schaft näher zusammen zu wohnen, sind nach und nach Dör-
fer und Städte entstanden.
Die Bewohner oder die Bürger eines Dorfes oder einer Stadt
bilden zusammen eine bürgerliche Gemeinde (Kommüne), und ihr
Vorsteher heißt der Bürgermeister. In welcher Gemeinde wohnen
wir? Wie heißt der geistliche Vorsteher der Kirchengemeine (Pfarrer)?
— Der Bürgermeister hat für gute Ordnung in der Gemeinde zu
sorgen. Leider gibt es in jeder Gemeinde unordentliche und schlechte
Leute, welche die Ordnung stören und Andern oft Schaden zufügen
In jeder Gemeinde müsien daher Gesetze bestehen, um das Leben,
die Gesundheit und das Eigenthum der Bürger zu schützen. Alle
Diese Gesetze und alle Einrichtungen und Personen zur Aufrechthaltung
der Gesetze zusammen nennt man die Polizei. Jeder Gemeindebürger
muß diesen Gesetzen gehorsam sein, und der Bürgermeister befiehlt dem
Polizeidiener und dem Nachtwächter, darüber zu wachen, daß
dieses geschieht; der Bürgermeister verwaltet die Polizei.
Wenn die Bürger einer Gemeinde recht zusammen halten, so kön-
nen sie viel Gutes ausrichten. Nicht bloß bei einer Feuersbrunst
können sie dann einander helfen, sondern sie können sich auch gar Vie-
les einrichten, was jede einzelne Familie nicht könnte. Sie bauen sich
ihre Kirche und ihre Schule und versehen dieselbe mit Allem, was
nöthig ist. Ihre Straßen sind des Abends beleuchtet, und Pumpen,
Brandspritzen, Wege und Brücken sind in gutem Zustande. Die Armen
werden aus Kosten der Gemeinde versorgt, und Niemand braucht
Noth zu leiden. Das Alles kostet aber viel Geld, und darum muß jeder
Bürger der Gemeinde seinen Theil hierzu in die Gemeindekasse bei-
steuern; er muß Gemeinde- oder Kommunalsteuer bezahlen.
Jeder brave Bürger wünscht, daß es seiner Gemeinde wohlergehe.
Wer das nicht bloß wünscht, sondern sich auch um das Wohl der
Gemeinde bemüht und gerne seine Gemeindesteuer bezahlt, der hat Ge-
meinsinn. Gemeinsinn ist eine schöne Bürgertugend. Auch Kinder
üben diese Tugend schon, wenn sie sich nicht nur scheuen, an öffentlichen
Gebäuden, Plätzen, Straßen, Bäumen u. s. w. etwas zu verderben,
sondern auch das Verderben derselben verhüten, für die Erhaltung,'
Verbesserung und Verschönerung des Gemeindeeigenthums mitwirken. '
5*
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
210
gen; doch umsonst. Im Jahr 1523 berief der Züricher Rath alle Geistlichen,
die Termeinten, Zwingli’s Lehre widerlegen zu können, nach Zürich. Zwingli,
der dazu 67 Lehrsätze aufgeschrieben, ging mit dem Worte Gottes aus die-
sem ßeligionsgespräche, dem an 600 Personen beiwohnten, siegreich hervor.
Die reformirte (verbesserte) Lehre fand immer mehr Anhänger. — Dr. Luther
mit Melanchthod,und Zwingli mit Oekolampadius kamen 1. bis 3. Okt. 1529 zu
Marburg in Hessen zusammen, und obgleich sie sich in etlichen Punkten nicht
vereinigen konnten, so behielt doch Zwingli eine grosse Verehrung gegen
Luther. Bald darnach brach der Krieg der katholisch gebliebenen 'Kantone
der Schweiz gegen Zürich und Bern aus. Da zog Zwingli als Feldprediger,
der die Fahne tragen musste, zu Pferde mit. Vor seiner Wohnung auf dem
Stiftsplatze sammelte sich das Kriegsvolk, und tröstend sprach ex zu seiner
treuen Frau: „Die Stunde ist gekommen, wo wir uns trennen müsseni Es
sei so, denn der Herr will es! Er sei mit dir, mit mir und den Kindern!
— So der Herr will, sehen wir uns wieder!“ Am 11. Okt. 1531 kam es bei
Kappel, nahe am Rigiberge, zur Schlacht: 500 Züricher gegen 8000 Feinde.
Die kleine Schaar wurde besiegt, und Zwingli, der unter den Vordersten
kämpfte, sank schwerverwundet darnieder. Ein wilder Kriegsknecht aus Uri
trat herzu und durchbohrte mit dem Schwerte den standhaften Glaubenshel-
den. Die erbitterten Feinde viertheilten und verbrannten seinen Leib, streu-
ten die Asche in den Wind. — Zwingli’s Wittwe hatte in dieser Schlacht
verloren: Mann, Sohn, Schwiegersohn, Bruder und Schwager. Doch das
Werk des Herrn ging nicht unter.
Zu Genf in der Schweiz hatte Zwingli’s reformirte Lehre grossen Ein-
gang gefunden. Da kam 1536 Johannes Calvin hin, geb. 1509 zu Noyon
(spr. Nojon) in Frankreich, der ebenfalls, wie Luther, ein Rechtsgelehrter
werden sollte, Dr. der Rechte und Lehrer der Studenten wurde, zugleich
die heil. Schrift studirte, dann aber aus Paris als Prediger des Evangeliums
fliehen musste nach Basel (1535). Hier in Basel hatte seit 1524 der gelehrte
und sanftmüthlge Joh. Oekolampadius (eigentlich Hausschein), geb.
1484 zu Weinsberg in Schwaben, das Evangelium mit Erfolg verkündet; er
starb mit Zwingli in demselben Jahre 1531. In Genf und weiter wirkte
Calvin, der leiblich schwach, doch geistig stark und kräftig war, als Pre-
diger und Professor an der Universität ausserordentlich bis an seinen Tod,
den 27. Mai 1564. — Ein Jahr vorher (1563) erschien zuerst der auf Be-
fehl des Churfürsten Friedrich Iii. von der Pfalz (geb. 1515 zu Zim-
mern, gest. 1576 zu Heidelberg) von Zacharias Ursinus und Caspar Olevianus
verfasste Heidelberger Katechismus. —
Im Herzogthum Preussen führte Markgraf Albrecht (1525), in Bran-
denburg der 6. Kurfürst aus dem Hause Hohenzollem, Joachim Ii.
(1. Nov. 1539) die Reformation öffentlich ein, zu der sich auch Dänemark,
Schweden, England, Schottland, die Niederlande etc. bekannten. Kräftig
schnell verbreitete sich und wirkte das evangelische Glaubenslied des Dr. Paul
Speratus (seit 1524 Hofprediger in Königsberg), gedichtet 1523 in Wittenberg.
»Es ist das Heil uns kommen her aus Güt’ und lauter Gnaden;
Die Werk’ vermögen nimmermehr, zu heilen unsern Schaden.
Der Glaub’ sieht Jesum Christum an, der hat genug für uns gethan,
Er ist der Mittler worden.
*12. Gustav Adolph s Feldlledleiu.
Justav Adolph, der fromme Schwedenkönig, geb. 1594, seit 1611 König, kam mit 15,Mo tapse,
i«, Schweden den 4. Juni 1630 auf deutschem Boden den Evangelischen zu Hülfe, und fiel in
der Schlacht bei Lützen, 6. Rov. 1633 (am „Schwedenstelu").
(Mel. Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn.)
1. Verzage nicht, du Häuflein klein, Und suchen deinen Untergang,
Obschon die Feinde Willens sein, Darvor dir wird recht angst und bang;
Dich gänzlich zu verstören, Es wird nicht lange währen.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land]]
Extrahierte Personennamen: Zwingli Zwingli Zwingli Kappel Zwingli Johannes_Calvin Calvin Friedrich_Iii Friedrich Zacharias_Ursinus Caspar_Olevianus Albrecht_( Albrecht Joachim_Ii Paul
Speratus Gustav_Adolph_s_Feldlledleiu Gustav Justav_Adolph Gottes Häuflein
Extrahierte Ortsnamen: Marburg Hessen Bern Rigiberge Glaubenshel- Frankreich Paris Basel Basel Weinsberg Schwaben Genf Heidelberg Preussen Schweden England Schottland Niederlande Königsberg Wittenberg Schweden
210
gen; doch umsonst. Im Jahr 1523 berief der Züricher Rath alle Geistlichen,
die vermeinten, Zwingli’s Lehre widerlegen zu können, nach Zürich. Zwingli,
der dazu 67 Lehrsätze aufgeschrieben, ging mit dem Worte Gottes aus die-
sem Religionsgespräche, dem an 600 Personen beiwohnten, siegreich hervor.
Die reformirte (verbesserte) Lehre fand immer mehr Anhänger. -— Dr. Luther
mit Melanchthon,und Zwingli mit Oekolampadius kamen 1. bis 3. Okt. 1529 zu
Marburg in Hessen zusammen, und obgleich sie sich in etlichen Punkten nicht
vereinigen konnten, so behielt doch Zwingli eine grosse Verehrung gegen
Luther. Bald darnach brach der Krieg der katholisch gebliebenen Kantone
der Schweiz gegen Zürich und Bern aus. Da zog Zwingli als Feldprediger,
der die Fahne tragen musste, zu Pferde mit. Vor seiner Wohnung auf dem
Stiftsplatze sammelte sich das Kriegsvolk, und tröstend sprach er zu seiner
treuen Frau: „Die Stunde ist gekommen, wo wir uns trennen müsseni Es
sei so, denn der Herr will es! Er sei mit dir, mit mir und den Kindern!
— So der Herr will, sehen wir uns wieder!“ Am 11. Okt. 1531 kam es bei
Kappel, nahe am Rigiberge, zur Schlacht: 500 Züricher gegen 8000 Feinde.
Die kleine Schaar wurde besiegt, und Zwingli, der unter den Vordersten
kämpfte, sank schwerverwundet darnieder. Ein wilder Kriegsknecht aus Uri
trat herzu und durchbohrte mit dem Schwerte den standhaften Glaubenshel-
den. Die erbitterten Feinde viertheilten und verbrannten seinen Leib, streu-
ten die Asche in den Wind. — Zwingli’s Wittwe hatte in dieser Schlacht
verloren: Mann, Sohn, Schwiegersohn, Bruder und Schwager. Doch das
Werk des Herrn ging nicht unter.
Zu Genf in der Schweiz hatte Zwingli’s reformirte Lehre grossen Ein-
gang gefunden. Da kam 1536 Johannes Calvin hin, geb. 1509 zu Noyon
(spr. Nojon) in Frankreich, der ebenfalls, wie Luther, ein Rechtsgelehrter
werden sollte, Dr. der Rechte und Lehrer der Studenten wurde, zugleich
die heil. Schrift studirte, dann aber aus Paris als Prediger des Evangeliums
fliehen musste nach Basel (1535). Hier in Basel hatte seit 1524 der gelehrte
und sanftmüthige Joh. Oekolampadius (eigentlich Hausschein), geb.
1484 zu Weinsberg in Schwaben, das Evangelium mit Erfolg verkündet,- er
starb mit Zwingli in demselben Jahre 1531. In Genf und weiter wirkte
Calvin, der leiblich schwach, doch geistig stark und kräftig war, als Pre-
diger und Professor an der Universität ausserordentlich bis an seinen Tod,
den 27. Mai 1564. — Ein Jahr vorher (1563) erschien zuerst der auf Be-
fehl des Churfürsten Friedrich Iii. von der Pfalz (geb. 1515 zu Sim-
mern, gest. 1576 zu Heidelberg) von Zacharias Ursinus und Caspar Olevianus
verfasste Heidelberger Katechismus. —
Im Herzogthum Preussen führte Markgraf Albrecht (1525), in Bran-
denburg der 6. Kurfürst aus dem Hause Hohenzollern, Joachim Ii.
(1. Nov. 1539) die Reformation öffentlich ein, zu der sich auch Dänemark,
Schweden, England, Schottland, die Niederlande etc. bekannten. Kräftig
schnell verbreitete sich und wirkte das evangelische Glaubenslied des Dr. Paul
Speratus (seit 1524 Hofprediger in Königsberg), gedichtet 1523 in Wittenberg:
*Es ist das Heil uns kommen her aus Güt’ und lauter Gnaden;
Die Werk’ vermögen nimmermehr, zu heilen unsern Schaden.
Der Glaub’ sieht Jesum Christum an, der hat genug für uns gethan,
Er ist der Mittler worden.
* 12 Guftav Adolphs Feldliedleiir.
Gustav Adolph, der fromme Schwedenkönia, geb. 1594, feit 1611 König, kam mit 15,000 tapfe-
ren Schweden den 4. Juni 163o auf deutschem Boden den Evangelischen zu Hülfe, und fiel in
der Schlacht bei Lützen, 6. Nov. 1632 (am „Schwedenstein")-
(Mel. Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn.)
1. Verzage nicht, du Häuflein klein, Und suchen deinen Untergang,
Obschon die Feinde Willens sein, Darvor dir wird recht angst und bang;
Dich gänzlich zu verstören, Es wird nicht lange wahren.
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Extrahierte Personennamen: Zwingli Melanchthon Zwingli Zwingli Kappel Zwingli Johannes_Calvin Calvin Friedrich_Iii Friedrich Zacharias_Ursinus Caspar_Olevianus Albrecht_( Albrecht Joachim_Ii Paul
Speratus Adolphs_Feldliedleiir Gustav_Adolph Gustav Schwedenkönia Gottes Häuflein
Extrahierte Ortsnamen: Marburg Hessen Bern Rigiberge Glaubenshel- Frankreich Paris Basel Basel Weinsberg Schwaben Genf Heidelberg Preussen Schweden England Schottland Niederlande Königsberg Wittenberg Schweden
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 183 —
Da versteht man es wohl, daß es stets frohe Wochen und heitere Feste
gab, so oft es einer Steinbrecher-Gesellschaft gelang, ihren Schatz wohlbe-
halten und glücklich nach Jap zu bringen, und daß dieser große, klotzige Stein
in den Augen der Leute ein bedeutender Schatz ist.
Man könnte sich wundern, daß es trotz der ungeheuren Schwierigkeiten
so viele dieser Steine auf Jap gibt; sie zählen ja bis in die Taufende.
Allein, man bedenke wohl, daß nur die ersten auf Boot und Floß herüber-
geholt wurden, während später unternehmende Händler mit ihren Segelschiffen
ganze Ladungen dieser geschätzten Blöcke nach Jap brachten und ein Riesen-
geschäst damit machten. Deshalb gelten aber auch die älteren, mit so viel
Schweiß und Mühe erworbenen Steine als die kostbareren, trotz Verwitterung,
Bruch und Furchen.
Was nun die Bedeutung dieser mit so vieler Mühe erworbenen Steine
angeht, so haben einige gemeint, sie dienten bloß als Schaustücke, weil man
sie überall an öffentlichen Plätzen und Wegen aufgestellt findet. Schaustücke
find sie allerdings, da sie jedermann von dem Reichtume, aber vor allem auch
von dem Mute und der Geschicklichkeit ihrer Besitzer in der Hochseefahrt
Zeugnis geben sollen. Aber nur um prunken zu können, haben die Japlente
sich wahrhaftig nicht der unendlichen Mühe und Gefahr unterzogen. Nein,
sie wollten vor allem ein Wertstück haben, mit dem sie größere Posten in
ihren Handels- und sonstigen Beziehungen begleichen könnten. Aber warum
verfielen sie denn gerade auf diesen sonderbaren, unglücklichen Gedanken mit
den Mühlsteinen? Nnn, bei den fern wohnenden Völkern bestehen manche
Absonderlichkeiten, die wir Europäer uns schwer oder gar nicht zu erklären
wissen.
Kurz und gut, die Steine dienen wirklich als Geld und zwar, wie man
es von dieser buchstäblich „großartigen" Münze nur erwarten kann, zur Be-
gleichung größerer Posten und Schulden. Mit ihm bezahlt man z. B. einen
größeren Ankauf von Lebensmitteln, den Arbeitslohn für die Mithilfe an
einem Gemeindehausbau, eine Kriegsentschädigung, eine Bundesgenossenschaft,
den Sühnepreis für einen begangenen Mord oder einen Mädchenraub; auch
dienen diese Geldsteine den Händlern als Pfand für Schulden, die die Ein-
geborenen bei ihnen gemacht haben. Endlich werden sie auch manchmal von
der Regierung als Strafgeld für Ungehorsam oder Nachlässigkeit im Wegebau
eingezogen, d. h. vielmehr an ihrem Standort belassen, aber mit dem bedeu-
tungsvollen B. A. (Bezirks-Amt) gezeichnet, das nach Aushebung dieser Pfän-
dung einfach wieder durchgestrichen wird. So wird aus dem Prunkstück
manchmal ein verräterischer Ankläger.
Sonderbar nimmt sich auf den ersten Augenblick die im Gegensatze zu
der hohen Wertschätzung dieser Geldstücke anscheinend sehr sorglose Art ihrer
Aufbewahrung aus. Sie stehen oder liegen frank und frei, offen und nn-
bewacht am Wege, am Meeresstrande, an noch so besuchten Plätzen. Ja
manchmal sindet man das Steingeld wie herrenlos und verlassen mitten im
Busche stehen, als einzig übrig gebliebenen Zeugen einer einst vorhandenen
menschlichen Behausung. Allein man glaube nicht, daß die Eingeborenen
ihren Schatz so sorglos hüteten, wenn Gefahr vorhanden wäre. Wie diebisch
auch sonst der Japmann wohl ist, dieses Steingeld bleibt nicht an seinen
Fingern kleben. Es ist zu schwer dazu. Und selbst wenn es zwei oder drei
Dieben einmal gelänge, einen solchen Stein unbemerkt wegzuschaw, könnten ^
für internationale
Schulbuchforschung
Braunschweig
Sehr' :\ Bibliothek
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 76 —
4. Das Ovamboland.
Das Ovamboland ist der nördlichste Teil unseres Schutzgebietes. Es
ist in mehrere voneinander unabhängige Stämme geteilt. An der Spitze eines
jeden Stammes steht ein Häuptling, der noch Selbstherrscher im wahrsten
Sinne des Wortes ist. An Bevölkerung wird das Ovamboland nach Ansicht
der Missionare mehr als 100000 Menschen zählen, und man kann annehmen,
daß die Ovambo mindestens 10 bis 15000 Krieger aufbringen könnten. Sie
waren aber ihren Nachbarn nicht gewachsen, und die Handvoll Hottentotten
des Kaokofeldes, die jahrelang mit ihnen Krieg geführt und Tausende von
Rindern geraubt hatten, hatten wenig Furcht vor ihnen. Noch ist ihre mili-
tärische Kraft nicht einheitlich zusammengeschlossen, sondern in viele kleine
Stämme zersplittert, die aufeinander eifersüchtig und fortwährend in gegen-
seitiger Fehde begriffen sind.
Was den Zustand in Ovamboland für den Europäer so unsicher und
unzuverlässig macht, ist der Umstand, das Recht und Gerechtigkeit in unserem
Sinne nicht besteht, sondern alles von der Willkür des Häuptlings abhängt.
In diesem Sinne kann man europäerfreundliche und europäerfeindliche Stämme
unterscheiden; aber auch in den Gebieten jener Stämme ist der Europäer
seines Lebens nicht mehr sicher, sobald ein Häuptling stirbt. Dann herrscht
wochenlang die vollste Rechtlosigkeit; Mord und Totschlag sind an der Tages-
ordnung, der ganze Stamm befindet sich in Aufruhr, und wehe den Weißen,
die sich gerade in dieser Zeit in dem Gebiet aufhalten. Das wissen die
Missionare ganz genau, mit denen ich mich gerade über diese Unsicherheit auf
das ausführlichste unterhalten habe. Sie wissen, daß ihnen der Tod droht,
wenn einer der Häuptlinge stirbt. Überhaupt spielt das Leben eines Menschen
dort eine geringe Rolle. Der gegenseitige Mord ist sogar in der Familie
nichts Ungewöhnliches und geschieht stets in hinterlistiger Weise, ohne daß die
Außenwelt viel davon erfährt.
Unsere ganze Reise durch das Ovamboland ist glatt verlaufen ohne
irgendwelche Störung oder Schwierigkeit mit den Bewohnern. Der Grund
hierfür mag wohl der gewesen sein, daß mein Name bei den Ovambo in
freundlicher Weise bekannt war. Wir hatten schon seit dem Jahre 1892
Hunderte von Ovambo in den Otavi-Minen beschäftigt, die sich als Arbeiter
sehr bewährt hatten; und die Ovambohäuptliuge hatten schon seit Jahren den
Wunsch ausgesprochen, mich kennen zu lernen. In der Tat wurden wir auch
überall auf das freundlichste aufgenommen, was schon dadurch zum Ausdruck
kam, daß wir in allen Dörfern auf das reichlichste mit Kaffernbier bewirtet
wurden.
Interessant war unser Besuch bei einem der gefürchtetsten Häuptlinge.
Die Ovambohäuptliuge haben die Gewohnheit, die Besucher, auch wenn es
Weiße sind, gewöhnlich recht lange warten zu lassen. Ich hatte ihm mitteilen
lassen, daß ich nicht warten, sondern sofort wieder meiner Wege gehen würde.
In der Tat wurden wir auch sofort empfangen. Mein Begleiter hatte für
alle Fälle einen geladenen Revolver in der Tasche. Der Häuptling saß auf
einem Stuhl, er hatte europäische Kleidung an. Neben ihm kniete sein Rat-
geber, ein dicker, großer Ovambo mit einem schlauen Bauerngesichte. Für
uns standen zwei Stühle dem Häuptling gegenüber bereit.
Ich habe selten ein so häßliches Gesicht gesehen wie das dieses Häupt-
lings. Er blickte unausgesetzt vor sich hin, nur selten streifte uns ein scheuer
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 166 —
und Unflat. Nach Ansicht der Kanaken wird sie ein böser Geist/ der den
Lebenden zu schaden sucht und ihnen allerlei Streiche spielt.
Das sind die trostlosen, rohen Anschauungen der Eingeborenen über
das Jenseits. Das Paradies besteht nur für die Häuptlinge und Reichen.
Nicht der Tugend, sondern ausschließlich dem Gelde steht es offen. Wie
groß die Schurkereien und Schandtaten eines Menschen auch seien, wieviel
Blut an seinem Mnschelgelde auch klebe, er besitzt es, und das ist der
Schlüssel des Paradieses. Er gelangt zum ungestörten Genüsse der Freuden,
denen er _ auf dieser Welt frönte. Der Arme dagegen bleibt diesseits und
jenseits ein enterbtes Wesen. Er vermag seinem unglücklichen Verhängnisse
nicht zu entgehen. Sein trauriges Los verfolgt ihn jenseits des Grabes
und läßt ihn nicht zur Ruhe und Glückseligkeit kommen. Wie die Tiere
lebt er im Walde. Seufzend und jammernd zieht er des Nachts durch die
Gehöfte und sucht sich zu rächen, indem er die Lebenden erschreckt oder ihnen
Böses zufügt. Aus Mitleid und Angst setzen ihm seine Verwandten und
Bekannten gutes Essen hin, damit er sich daran labe und versöhnlicher ge-
stimmt werde. Die umherirrende Seele gelangt aber zur Ruhe, wenn sich
jemand ihrer erbarmt, ihr zu Ehren ein Totenfest veranstaltet und Muschel-
geld austeilt. Dann darf sie wieder zur Insel der Seligen wandern, wo
ihr Einlaß gewährt wird.
Diese Anschauungen vom Jenseits üben einen verderblichen Einfluß
auf das moralische Leben der Eingeborenen aus. Sie hängen an ihrem
Muschelgelde mehr als an ihrem eigenen Leben und geben sich die größte
Mühe, ihren Schatz zu vermehren. Kein Mittel ist ihnen unerlaubt, wenn
es zur Vermehrung des Muschelgeldes beiträgt. Da gute und böse Hand-
luugen in der anderen Welt weder belohnt noch bestrast werden, so sehen
die Kanaken nicht ein, warum sie das Gute tun und das Böse meiden
sollen. Alles ist ihnen erlaubt, wenn es ohne Gefahr, von einem Stärkeren
bestraft zu werden, geschehen kann. Nur der Reichtum wird belohnt, und
die Armut wird bestraft. Auf diesem Wege sind die Kanaken dahin ge-
kommen, daß bei ihnen die Begriffe von Gut und Böse vollständig in Ver-
wirrung geraten sind und sie mit ruhigem Gewissen die größten Verbrechen
begehen.
Es wird vieler Arbeit bedürfen, dieses Heidenvolk zu bekehren und
ihm wahren Frieden zu bringen.
Aus Kleintitschen: Die Küstenbewohner der Gazelle-Halbinsel.
12. Das Land Baining.
Der Brennpunkt des Verkehrs und Handels der Bismarck-Jnseln liegt
an der Blanchebncht. Hier befinden sich der Hauptsitz der Verwaltung und
der Hafen, von wo aus nicht nur mit jedem Jahr der Schiffsverkehr und
der Handel sich lebhafter gestalten, sondern wo auch zurzeit bereits gewaltige
Strecken Landes gerodet und mehrere Tausend Hektar mit Kokospalmen und
anderen Kulturpflanzen bebaut sind.
Wenden wir nun unseren Blick nach Nordwest, so erhebt sich vor uns
in unbeschreiblicher Pracht das Gebirgslaud Baining. Unter diesem Namen
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Geschlecht (WdK): koedukativ
Sie werden häufig durch Bambusgebüsch und Pandannsbäume unterbrochen
machen aber, da jede menschliche Ansiedlung fehlt, einen öden, verlassenen
Eindruck. In früheren Jahrhunderten hat Ponape eine weit dichtere Be-
völkerung gehabt, die außerdem ungleich tüchtiger und gesitteter gewesen sein
muß als die heutige. Das bezeugen die gewaltigen Ruinen auf einigen
Jnselchen im Wetterhafen an der Ostsee der Hanptinsel. Die ans Basalt-
sänlen hergestellten Bauwerke bedecken eine Fläche von 42 Hektaren, die von
einem Netze von Kanälen durchzogen ist. Man hat die ganze Anlage des-
halb das „mikronesische Venedig" genannt. Die jetzigen Bewohner wissen
nichts über die Entstehung und Bedeutung dieser mächtigen Häuptlingssitze,
Grabstätten und Befestigungen, in denen sich einst eine geschäftige Menge
tummelte und mit Hilfsmitteln, die uns unbekannt sind, die bis zu 3000
und 4000 Kilogramm schweren Steinsäulen zu den an 10 Meter hohen
Mauern aufschichtete.
Heute ist hier alles tot und vereinsamt; denn der heidnische Eingeborene
fürchtet die Ruinen aus abergläubischen Gründen, und keine Belohnung kann
ihn reizen, seinen Fuß in gewisse, besonders gemiedene Teile zu setzen. Diese
Scheu hat ihm selbst das Christentum nicht ganz benehmen können, das
schon 1852 durch protestantische Glanbensboten aus Nord-Amerika auf
Ponape Fuß gefaßt hat, und dem jetzt etwa die Hülste alle Einwohner an-
gehört. So weit die Leute Christen sind, kleiden sie sich nach europäischer
Art. Bei den Heiden beschränkt sich die Tracht auf eiueu vou den Hüsten
bis zu den Knien reichenden Rock ans Bastfasern oder den zerschlitzten
Blättern der Kokospalme. Bei festlichen Gelegenheiten kommen noch schöne
Gürtel, Halsbänder und Stirnbinden hinzu, um den Putz zu vermehren.
Durch die Kämpfe und Aufstände gegen die Spanier waren die Eingeborenen
sehr verwildert; sie zeigten sich gegen die Weißen oft anmaßend und unge-
hörig, wollten von regelrechter Arbeit nichts wissen, sondern gingen lieber
ihren Streitigkeiten und Händeln nach, wobei Gewalttaten nicht ausblieben.
Die deutsche Verwaltung hatte anfangs mit ihnen keinen leichten Stand.
Als aber Ponape im Jahre 1905 von einem furchtbaren Orkan heimgesucht
wurde, der Häuser und Pflanzungen der Insulaner zerstörte, da bequemten
sie sich, von der Not getrieben, zur Arbeit und gaben auch, um Geld zum
Ankauf von Lebensmitteln zu erhalten, ihre Gewehre und Patronen heraus,
womit sie bisher nur Schaden angerichtet hatten. So ist das Unglück für
sie zum Segen ausgeschlagen, und wir dürfen hoffen, daß sie in nicht zu ferner
Zeit nützliche und fleißige Untertanen im überseeischen Deutschland werden.
tz. Seidel.
20. Die Kcirolinen=ünfel ?ap.
Jap ist, von ein paar kleinen Atollen abgesehen, die westlichste Insel der
eigentlichen Karolinen. Mit Knsaie, Ponape, Truk und der ziemlich selb-
ständigen Palangrnppe teilt sie die Besonderheit eines gebirgigen Aufbaues;
alle übrigen Glieder des langgestreckten Archipels setzen sich aus niedrigen,
eben über das Wasser hervorragenden Koralleneilanden zusammen. Der
Flächeninhalt Japs ist mit 207 Quadratkilometern noch nicht so groß wie
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Extrahierte Personennamen: Seidel
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee Venedig Nord-Amerika Deutschland
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m Busch und seht Euch nie nach den Weißen um?" Mit einem bezeichnenden
Blick auf die umstehenden Schwarzen antwortete er: „Diese da würden es
uns nicht erlauben, mit den Weißen zu verkehren."
Übrigens stimmten die Beschreibungen, die ich sonst von den afri-
kanischen Zwergen gelesen habe, nicht ganz mit dem, was ich hier vorfand.
Sie waren nicht oie winzigen Gestalten, wie sie geschildert werden. Dennoch
waren sie in ihrem Wuchs entschieden zwergartig. Sie haben eine hellere
Farbe und auch einen anderen Körperbau als die umwohnenden Stämme.
Sicher waren diese Zwerge so niedrig stehende Menschen, wie sie mir bis
jetzt noch nicht vorgekommen sind. Der Eindruck, den ich von diesem armen
Völkchen erhielt, war ein trauriger. Ich suchte etwas von ihrer Religion
zu erfahren, konnte aber nichts herausbekommen, was sich von der der be-
nachbarten Neger unterschieden hätte. Dagegen erzählte man mir, daß weiter
im Innern ein Land liege, das nur von Zwergen bewohnt sei. Sicher ist,
daß es in Afrika eine große Anzahl dieser scheuen, schwächlichen Leute gibt,
und der Christ kann nur fragen: „Wie lange wird es noch danern, bis das
Morgenrot auch diese Kinder der Wildnis erreicht, die mit den wilden Tieren
im Dunkel der Urwälder Hausen?"
Aus „Pionierarbeit im südlichen Kamerun".
10. Oer 5egen 6er deuflchen ßerrfchciff.
Früher herrschte in Kamerun allenthalben Unordnung und Unsicherheit
Jetzt können auf den breit und bequem angelegten Regierungsstraßen die
Karawanen überall passieren, ohne belästigt zu werden, und der Europäer
bedient sich des Fahrrades oder eines Reittieres. Daß ein solcher Wandel
vor sich gegangen ist, verdankt man dem Zusammenwirken der Regierung,
deren Beamte scharf aufpassen und streng sind, und der Mission, die auf eine
Umwandlung der Gesinnung bei den Eingeborenen hinarbeitet. Die einen
rauben nicht mehr, weil sie gelernt haben, den besseren Weg zu lieben, andere
tun es nicht mehr aus Furcht vor Strafe. Infolgedessen ist jetzt an
vielen Stellen, wo früher jedermann stahl, was ihm in die Hände siel, der
Straßenraub unbekannt; auch kleinere Diebstähle kommen nur selten vor.
Mutige Frauen können jetzt von einer Station zur anderen drei Tage lang
allein reisen. Diese Ruhe und Sicherheit der Karawanenreisen ersparen der
Mission viele Mühe und Sorge; sie verschaffen ihr eine Postbeförderung alle
zwei Wochen, während man früher zwei Monate warten mußte.
Die groben Auswüchse heidnischer Barbarei sind zwar noch nicht ver-
schwnnden, aber man sieht sie deutlich zurückgehen. Vor zehn Jahren waren
Kriege mit den Nachbarstämmen und das Wiederauflodern alter Fehden an
der Tagesordnung. Einen Nachbar zu beschuldigen, war in der Regel nicht
die letzte Ausflucht, sondern die erste. Der Starke lebte auf Kosten des
Schwachen. Jeder trug Gewehr, Speer und Messer bei sich; niemand wagte,
sein Dorf zu verlassen und an die Küste oder weiter ins Innere zu gehen.
Ein Stamm war gegen den anderen, Streit und Kampf hörten nicht auf.
Heute ist es ganz anders. Messer, Speer und Gewehr, wenn sie nicht buch-
stäblich in Pflugschar oder Sichel verwandelt sind, rosten in den Hütten
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TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
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getan oder nicht? Ist sie schuldig, so wird sie aus Furcht vor den Geistern
gestehen. ljn ihrem Schrecken bekennen natürlich auch Unschuldige irgend
eine böse Tat begangen zu haben.) Zur Strafe wird ihr nun von den
Losangomännern eine entsprechende Buße auferlegt, und sie wird glauben
gemacht, das komme von den Geistern. Das ganze Losangowesen ist eben
darauf angelegt, die nicht in den Bund Aufgenommenen in bestandiger Furcht
zu erhalten, um von ihnen Geld und Lebensmittel zu erpressen.
Welch ein Schrecken fährt Frauen und Kindern in die Glieder, wenn
sich nachts der Götze auf den Straßen hören läßt! Sie flüchten in die
Hänser und verhüllen das Angesicht; denn wehe der Frau, die den Fürchter-
lichen erblickt — sie muß sterben! Betrachten wir aber das Gespenst näher,
so finden wir einen in abenteuerliche Gewänder gehüllten Mann, der auf Stelzen
umherhüpft und dabei seltsame Töne ausstößt. Das Dunkel der Nacht läßt
seine vorher schon hohe Gestalt als vollendeten Riesen erscheinen. Er ver-
steht auch ein besonderes Kunststück auszuführen. Plötzlich hüpft er nämlich
auf den in keiner Ortschaft fehlenden Sprunghügel in der Mitte der Straße
zu. Er nimmt einen Anlauf, und im Handumdrehen hat er auf feinen
Stelzen an der steilen Seite des Hügels den Tieffprnug ausgeführt und
schreitet gravitätisch weiter. Es ist leicht erklärlich, daß durch solche geheim-
nisvollen Künste abergläubische Leute, wie die Neger sind, in Angst und
Furcht gehalten werden.
Bemerkenswert ist der Eifer, den die Losangoleute entfalten, um ihre
Kunst, besonders auch den Tiefsprung auf Stelzen, zu erlernen. In Lokumba
sehen wir einen regelrecht angelegten Übungsplatz dafür. Ein ver-
schlungen durch den Büsch gehauener Weg führt zu dem Platze. Geheimnis-
voll liegt er inmitten des dichtesten Waldes. Keines Uneingeweihten Frau ver-
irrt sich hierher. Und was ist zu sehen? Neben einigen menschlichen Fi-
guren befinden sich hier Sprunghügel von verschiedener Höhe. Auch ver-
schieden hohe Stelzen sind in einem hohlen Baume aufbewahrt. Hier üben
sich also die Losangomänner und -Knaben im Stelzenlaufen und im Springen
in die Tiefe. Haben sie das gründlich erlernt, so machen sie des Nachts
einen Ausflug ins Dorf, um die Unkundigen zu erschrecken.
13. Eine heidnifcfie Gerichfsuerhcmdluiig.
Am 6. August 1899 starb ganz unerwartet der Oberhänptling von
Ebolova in Kamerun. Nach dem heidnischen Glauben der Neger konnte der
plötzliche Tod keine natürliche Ursache gehabt habeu. Man nahm allgemein
an, der Mann sei vergiftet worden. Dies lag um so näher, als der Gift-
mord unter den afrikanischen Volksstämmen sehr häufig vorkommt.
Alles war in höchster Erregung, und man war aufs eifrigste darauf
aus, den vermeintlichen Mörder, der das Gift gereicht oder durch Zauber-
kunst den Tod des Häuptlings herbeigeführt hatte, ausfindig zu machen.
Denn nur durch Blut konnte die Tat gefühnt und der Geist des Dahin-
geschiedenen beruhigt werden. Der Häuptling hatte 80 Witwen hinterlassen,
und von diesen wurden 17 ergriffen und samt vier jungen Burscheu als
Pfand festgehalten, bis der Schuldige gefunden wäre und mit dem Tode
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]