124
Ist das Gefecht vorüber, so schafft er Lebensmittel für die ermatteten Truppen
hinaus. Zeigt sich ein Schiff, worauf man Zufuhr von Kriegs- oder Mund-
bedürfnissen erwartet, so ist er der erste an Lord und der erste zurück, um Kunde
davon zu bringen, Auf den Loden und in den Häusern der Bürger hält er
Nevision, um alles leicht Entzündliche dort wegzuschaffen, Der Kommandant
hat ihm die Obhut über die Überschwemmung gegeben, und wehe dem, der
aus Eigennutz oder üblem willen das Wasser um eine Linie vermindern wollte!
wo an den vielfachen Schleusen etwas Wasser durchsickert, wird er es gewahr.
Keine Maus dürfte die Dämme durchlöchern, er würde es sogleich wittern.
Überall zeigt er Einsicht, Mut und Patriotismus. Dies alles tut er umsonst,
und Nettelbeck ist nicht reich. Es ist ein Wunder, und man mutz erstaunen, woher
er bei seiner unternehmenden Tätigkeit und bei seinem hohen Mer die Kräfte
nimmt. Nur eines könnte ihn daniederwerfen: wenn der Kommandant die
Festung übergäbe, dies Herzeleid würde er nicht überleben, über, mein guter
Alter, dies Herzeleid tut dir der Kommandant nicht an. Er wird dir die Freude
machen, sich mit seiner braven Garnison, vor welcher der Feind bereits eine
heilige Scheu hat, als Männer zu wehren. Lebe deswegen noch lange, deinen
Zeitgenossen ein Beispiel des Mutes und der Tätigkeit! Spiegelt euch daran,
ihr Deutschen!
Vas preußische herrscherpaar und Napoleon in Tilsit.
Oer Kaiser Napoleon hatte gewünscht, datz auch die Königin Luise in Tilsit
erscheine, teils um seinen Stolz zu befriedigen, teils aus Neugierde, die schöne
Krau, die gedemütigte Königin, von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Oie
Königin war bereit, sich diese Demütigung gefallen zu lassen, „was mich das
kostet," schrieb sie auf dem Wege nach Tilsit in ihr Tagebuch, „weitz mein (5ott;
denn wenn ich gleich diesen Mann nicht hasse, so betrachte ich ihn doch als den,
der den König und das Land unglücklich gemacht hat. Seine Gaben bewundere
ich; aber da er offenbar hinterlistig und falsch ist, so kann ich ihn nicht lieben,
höflich und artig gegen ihn zu sein, wird mir schwer werden,- doch das Schwere
wird einmal von mir gefordert, und Opfer zu bringen bin ich gewohnt.^
Die Königin bewahrte ihre herzgewinnende Mmut und Unbefangenheit
auch in dem Augenblicke, der sie, wie kaum ein anderer, hätte befangen und
verlegen machen können. Befangen und verlegen war aber der mächtige Kaiser.
Er war überrascht von der würde des Königs und der Schönheit der Königin
und sagte dem herrscherpaare viel Schmeichelhaftes. Die Gerte in der Hand
hin und her bewegend, wandte er sich dann zum König und sagte: „Majestät,
ich bewundere die Grütze und Stärke Ihrer Seele bei so vielem und grotzem Un-
glücke." Der König antwortete ruhig und fest: „Die Stärke und Nuhe der Seele
gibt nur die Kraft eines guten Gewissens." vielleicht war Napoleon durch diese
treffende Antwort gereizt,- vielleicht folgte er auch seiner stolzen Natur,- genug,
er erwiderte sehr unzart: „Uber wie konnten Sie es wagen, mit mir, der ich schon
mächtigere Völker besiegt habe, Krieg anzufangen?" Der König sah ihn scharf
und fest an,- die gewandte Königin dagegen antwortete mit würde: „Sire,
dem Nuhme Friedrichs des Grotzen war es wohl erlaubt, über unsere Kräfte
uns zu täuschen, wenn anders wir uns getäuscht haben."
Man ging zu Tische. Lei dem prächtigen Mahle machte Napoleon den Wirt.
Die Königin satz zur rechten, der König zur linken Seite des Siegers. Friedrich
Wilhelm war ernst und in sich gekehrt,- er sprach wenig, aber treffend und gut.
Als ihn Napoleon über den Verlust angestammter Provinzen trösten wollte,
erwiderte er, Napoleon könne sich leicht über solche Dinge hinwegsetzen, weil
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz]]
Extrahierte Personennamen: Nettelbeck Napoleon Napoleon Luise Napoleon Friedrichs Friedrichs Napoleon Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Napoleon
135
Auf, Gesang vom Klagetale!
Schweb' empor zu lichten hallen,
wo die Siegeshgrnnen schallen,
singe Tröstung dem Gemahle!
Sink an deiner Völker herzen,
du im tiefsten Leid verlorner,
du zum Märtgrtum Lrkorner,
auszubluten deine Schmerzen.
Herr und König, schau nach oben,
wo sie leuchtet gleich den Sternen,
wo in himmelsweiten Fernen
alle heiligen sie loben! Max von Schenkendorf.
6. Die Freiheitskriege.
kjorks Bündnis mit den Russenx) (30. Dezember 1812). — Der König
verlegt seinen Sitz nach Breslau. — Rufruf zur Bildung freiwilliger Jäger-
korps (Februar 1813). — Stiftung des Eisernen Kreuzes (10. März). —
Kriegserklärung an Frankreich (16. März). — Rufruf „Rn mein Volk"
(17. März,- „Der König rief, und alle, alle kamen!").
Schlacht bei Grotzgörschen (2. Mai) und Bautzen (20/21. Mai):
Napoleon mutz bekennen: „Vas sind diepreutzen von 1806 und 1807nicht mehr!";
leider wurde bei Grotzgörschen Scharnhorst verwundet, er starb bald darauf.
Waffenstillstand: Bündnis mit Österreich, England und Schweden.
Plänkeleien des Lützowschen Freikorps; Körners Verwundung bei
Kitzen, Tod bei Gadebusch (26. Rugust), in wöbbelin begraben.
Drei Rrmeen:
Die Nordarmee (Oberbefehlshaber Bernadotte, Unterbefehlshaber Bülow
und Tauenzien): Sieg Bülows und Tauenziens über Gudinot bei Grotzbeeren
(23. Rugust) und über Reg bei Vennewitz (6. September);
die Schlesische Rrmee (Oberbefehlshaber Blücher, Port mit ihm vereint
und die Russen): Blüchers Sieg an der Katzbach oder auf der Wahlstatt
(26. Rugust);
die Böhmische oder Große Rrmee (Oberbefehlshaber Schwarzenberg;
später die drei Monarchen bei dieser Rrmee): Sieg Napoleons über Schwarzen-
berg bei v r e s ò e n (26. Rugust), General Kleist rettet Preutzens Ehre bei K u I m
und Nollendorf;
Zusammenziehung der drei Rrmeen auf Leipzig, Überschreitung
der Elbe durch die Schlesische Rrmee bei warten bürg (Port).
Völkerschlacht bei Leipzig am 16., 18. und 19. Oktober
(Wachau, Möckern, Probstheida): Sachsen tritt zu den Verbündeten über, bald
darauf auch Bagern, Württemberg und Baden; Ruflösung des Rheinbundes;
Blüchers Vordringen zum Rhein, übern Rhein (in der Neujahrsnacht von 1813
zu 1814 überschritten bei Eaub).
Kampf in Frankreich: Schlachten bei Brienne, Laon und Bar sur
Rübe; Einzug in Paris (31. März 1814); Absetzung Napoleons,
Verbannung nach Elba, Einsetzung Ludwigs Xviii. Erster Pariser
Friede: Frankreich gibt an Preußen das 1806/07 eroberte Land zurück —
sonst nichts. * 20
Ü Napoleon stand auf dem Gipfel seiner Macht, sein Ruhm überstrahlte alle Welt.
So sollte auch Nutzland ihm untertänig sein, dann war sein Ziel erreicht, dann war er
der Herr Europas. Mit einer ungeheuren Rrmee zog er 1812 gegen Nutzland,
20 000 Preußen unter hork mit, aber — „mit Mann und Notz und wagen, so hat sie
Gott geschlagen."
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch]]
TM Hauptwörter (200): [T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz]]
Extrahierte Personennamen: Max_von_Schenkendorf Max Napoleon Bernadotte Bülow Schwarzenberg Napoleons Napoleons Ludwigs_Xviii Ludwigs Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Breslau Frankreich Bautzen England Schweden Gadebusch Napoleons Leipzig Schlesische_Rrmee Leipzig Probstheida Sachsen Württemberg Baden Rhein Rhein Frankreich Laon Paris Napoleons Elba Frankreich Europas
122
Ziehen 1805 durch preußisches Gebiet; Rnsbach und Lagreuth muß an Supern ab-
getreten werden, Cleve und Neuenburg an Frankreich) 1806 an Frankreich
den Nrieg erklären; er schließt mit Nußland ein Bündnis (Alexander
spricht: „Entweder wir fallen beide, oder es fällt keiner von uns beiden");
Niederlage Preußens bei Saalfeld (10. Oktober 1806); desgleichen bei
Jena und Nuerstädt (14. Oktober); schmachvolle Übergabe der meisten
Festungen (in Berlin spricht der Nommandant: „Nutze ist die erste Bürger-
pflicht!"); Nopflosigkeit und Furcht überall; Flucht der königlichen
Familie nach Nönigsberg, bald darauf nach Memel; nur Nolberg (Nettel-
beck, Schill und Gneisenau), Graudenz (Lourbiere spricht: „wenn es keinen
Nönig von Preußen mehr gibt, nun, so will ich sehen, wie lange ich Nönig von
Graudenz sein kann!"), Thorn, Glatz, Nosel hielten sich brav, desgleichen
Blücher und Scharnhorst im Felde; Schlacht bei preuß. Eglau (Nüssen
mit Preußen vereint, halten Napoleon stand); Unterhandlungen Napo-
leons mit Preußen und Rußland, Rußland bricht, durch glänzende Ver-
sprechungen Napoleons verführt (Naiser des Orients), das Bündnis; Schlacht
bei Friedland (14. Funi); Friede zu Tilsit (9. Zuli 1807): a) Preußen
verliert alles Sand links von der Elbe (Nönigreich Westfalen unter Jerome);
b) Herausgabe der Erwerbungen aus der zweiten und dritten Teilung Polens;
e) Zahlung von 140 will. Franken Nriegskosten; ck) französische Truppen
bleiben in den preußischen Festungen, bis die Nriegsschuld bezahlt ist (ihre Ver-
pflegung verschlingt nochmals weit über 100 Millionen); e) Preußen darf nur
42 000 Mann Soldaten halten. — preuß en lag völlig danieder; es
hatte sich gänzlich unfähig gezeigt.
Preußens Wiedergeburt.
1. geistige und sittliche: a) durch die Dichter E. M. Rrndt („Der Gott,
der Eisen wachsen ließ", „Vaterland und Freiheit", „Deutsches herz, verzage
nicht", „Der Rhein Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze"), Fried-
rich Rückert („Geharnischte Sonette"), Max von Schenkendorf („Der
Naiserherold"), Theodor Norner („Rufruf", „Gebet vor der Schlacht",
„Schwertlied", „Lützows wilde Zagd"); dazu kamen der Geist Goethes und
vor allem Schillers, wie er besonders im „Wilhelm Teil" lebte: „Seid einig,
einig, einig!", „Rns Vaterland, ans teure, schließ dich an"; b) durch Prediger
und Professoren: Schleiermacher, Fichte („Reden an die deutsche
Nation"); e) durch Schulmänner: Pestalozzi, den Vater der Rrmen
und Waisen, von dem die Nonigin Luise spricht: „wäre ich mein eigener Herr,
so setzte ich mich in meinen wagen und rollte zu Pestalozzi in die Schweiz, um
dem edlen Manne mit Tränen in den Rügen und mit einem Händedrucke zu
danken, wie gut meint er's mit der Menschheit! Za, in der Menschheit Namen
dank' ich ihm!"; ck)durchpreußensedlenherrscherundhochherzige
Herrscherin, die die rechten Männer erwählten und den freien Geist sich ent-
falten ließen (Nonigin Luise sprach: „wir müssen hindurch! Sorgen wir nur
dafür, daß wir mit jedem Tage reifer und besser werden!")
2. Die politische Wiedergeburt: ihr Schöpfer und Leiter war der Frei-
herr von Stein, nach seiner Verbannung Freiherr von Hardenberg.
Maßnahmen: a) Befreiung der Bauern (Gutsuntertänigkeit,
Leibeigenschaft aufgehoben: „nach dem Martinitage 1810 soll es nur noch freie
Regent, der durch eine weise, glänzende Gesetzgebung Frankreich auf eine hohe Stufe
emporgehoben hat; aber er war erfüllt von unbezwinglicher Selbst- und Ruhmsucht,
von furchtbarstem Ehrgeiz — eine dämonische Natur, die nur im Niedertreten Genüge
fand. So war er nicht wirklich groß, weil er keine sittlichen Grundsätze kannte.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land]]
TM Hauptwörter (200): [T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land]]
Extrahierte Personennamen: Cleve Alexander Alexander Schill Glatz Napoleon Napoleons Max_von_Schenkendorf Max Theodor_Norner Schleiermacher Pestalozzi Luise Freiherr_von_Hardenberg
Extrahierte Ortsnamen: Rnsbach Neuenburg Frankreich Frankreich Saalfeld Jena Berlin Nönigsberg Nolberg Nettel- Thorn Napoleons Friedland Tilsit Nönigreich_Westfalen Polens Rhein_Deutschlands Deutschlands Frankreich
147
das Seltsamste, dast man den Urheber alles Unheils, daß man das niedergeworfene
und besiegte Frankreich hier in Wien sogleich wieder mithandeln und mit-
stimmen liest, dast man den wann, der mit den deutschen Fürstentümern und
Herrlichkeiten jüngst noch so schändlich gefeilscht hatte, der alle unsere Uneben-
heiten, Schwächen und Gebrechen auf das gründlichste kannte, dast man Talleg-
rand als den witsprecher und witrater unter den erlauchten Räten und Freunden
der Herrscher mitsihen liest. Fürst Hardenberg hatte also gewitz eine sehr schwere
Stellung, zumal preusten bei der Tntschädigungsfrage weit mehr als Öster-
reich, welches sich in Italien und um das Rdriatische weer seine Fettstücke aus-
gesucht hatte, recht in die Witte aller möglichen deutschen Streite und Zänke
hineingeschoben war. Drei Sande waren es, worum in Wien vorzüglich gehandelt
und gestritten ward: Polen, das Königreich Sachsen und die von Frankreich
wiedereroberten Rhein- und waaslande.
In Polen und an Waas, wosel und Rhein lagen die mächtigen Reichsfeinde
an den Grenzen und konnten sich nur freuen, wenn man da schwächende Zer-
splitterungen und Zerreißungen machte. Das durfte ein Fürst-Staatskanzler
von preusten nicht unbeachtet lassen,- er nutzte sorgen, wenn preusten durch-
aus mit seinen Grenzen an den Rhein muhte — und das nutzte es — dast
es als Vorstreiter des deutschen Volkes dort in tüchtiger Rüstung zu stehen kam.
Uber man mattete sich um Sachsen ab, verfeindete sich, stritt sich tot um Sachsen,
und hier — weh! dast ich es sagen muh — hier lieh man den hinterlistigen,
lüsternen Welschen gegenüber die Fremden die Länder gutwillig und demütig
zerschneiden und zuschneiden und gebärdete sich dabei, als wenn es sich um
Weinigkeiten handle.
Ruf diese weise ist hier die Urbeit gegen preusten nur zu gut gelungen.
England, Ruhland und Österreich hatten gehörig für sich gesorgt,- preusten
allein, welches in der heiligen Urbeit dieses Rrieges am meisten getan und ge-
litten hatte, erhielt nicht den Inhalt der chuadratmeilen, welche es im Zähre
1806 besessen hatte, kaum seine alte Einwohnerzahl. L. m. Urndt.
Die heilige Allianz.
(1815.)
Im Namen der allerheiligsten und unteilbaren Dreieinigkeit!
Nachdem Ihre wajestäten, der Raiser von Österreich, der Röntg von preusten
und der Raiser von Rustland durch die grohen Ereignisse, die in Europa die
letzten drei Iahre ausgezeichnet haben, und besonders durch die Wohltaten,
die die göttliche Vorsehung über die Staaten ausgegossen hat, die feste Über-
zeugung gewonnen haben, dast es notwendig ist, in ihren gegenseitigen Be-
ziehungen den Verkehr auf die erhabenen Wahrheiten zu begründen, die die
unvergängliche Religion des göttlichen Erlösers uns lehrt — das ist das einzige
Wittel, den menschlichen Einrichtungen Dauer zu verleihen und ihren Un-
vollkommenheiten abzuhelfen — haben Ihre Majestäten folgende Urtikel ver-
einbart:
Urt. I. Entsprechend den Worten der heiligen Schrift, die alle wenschen
sich wie Brüder zu betrachten heisten, werden die drei bundschliehenden Wonarchen
geeint bleiben durch die Bande einer wahrhaften und unlöslichen Brüderlichkeit,
indem sie sich als Landsleute betrachten: sie werden sich bei jeder Gelegenheit
und an jedem Grte Unterstützung, Beistand und Hilfe gewähren; sie werden
ihren Untertanen und Heeren gegenüber sich als Familienväter betrachten und
sie in demselben Geiste von Brüderlichkeit regieren, von dem sie selbst erfüllt
sind, um die Religion, den Frieden und die Gerechtigkeit zu schirmen.
10*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
211
den Frstentmern Hanau und Fulda das Groherzogtum Frank-furt. Dieses wurde ganz nach franzsischem Muster eingerichtet. Die selbstndische Verwaltung Frankfurts hrte auf; dieses war blo noch die Hauptstadt eines Departements und erhielt einen Maire. Die Bewohner hatten jetzt eine sehr harte Behandlung zu erdulden und wurden zu Kriegsleistungen aller Art herangezogen. Der Handel litt furchtbar unter der Handelssperre gegen England. Dalberg, ein milder und leutseliger Fürst, suchte seinen Untertanen die Lasten nach Krften zu erleichtern, aber er konnte nicht viel machen, da er sich den Anord-nungen Napoleons ohne Widerrede fgen mute.
8. Die Niederwerfung Preuens, a) Wie es zum Kriege kam. In Deutschland war nur noch Preußen unbezwnngen. Napoleon wollte und mute es bekriegen. Er hatte die Absicht, das ganze euro-pische Festland gegen die Einfuhr der englischen Waren abzusperren. So gedachte er diesen gefhrlichsten Feind geschft-lich zu vernichten und damit zu verderben. Nun unterhielt Preußen einen lebhaften Handelsverkehr mit England, den es als Gromacht unmglich aus freien Stcken aufgeben konnte. Darum mute Napoleon es dazu zwingen. Freiwillig, das wute er, wrde sich das groe Land dazu nicht verstehen, seine Grenzen den englischen Waren zu verschlieen.
Napoleon kannte die Friedensliebe Friedrich Wilhelms. Was er tat, ihn zum Kriege zu reizen, war ein starkes Stck. Friedrich Wilhelms Gesandter, der Gras Haugwitz, hatte ohne Auftrag des Knigs nach der Schlacht von Austerlitz ein Abkommen mit Napoleon geschlossen. Nach diesem sollte Preußen Ansbach an Bayern ab-treten und dafr Hannover bekommen, das zu England gehrte, aber von den Franzosen besetzt war. Die Anerkennung dieses Vertrages kostete den König groe berwindung; er vollzog sie endlich des lieben Friedens wegen. Die Antwort der Englnder war, da sie 300 preuische Handelsschiffe wegnahmen, die in ihren Hfen ankerten. Als so Preußen mit England in Krieg geraten war, trat Napoleon mit den Englandern in Unterh andlnng der die Rckgabe Hann overs. Jetzt ver-langte die Ehre Preuens unbedingt, da es das Schwert zog. Sogar die Knigin Luise forderte dies. So kam es zum Kriege.
b) Derzustaud des preuischeuheeres. Napoleon bereitete fr den Krieg alles auf das sorgfltigste vor; denn er hatte eine hohe Meinung von der Preuischen Armee. Diese war jedoch zu einem ernsten Kampfe gar nicht gerstet. Die Geldnot des Staates hatte schon lngst das Abhalten von Manvern nicht mehr gestattet; die Festungswerke waren verfallen; es fehlten die ntigsten Kriegs-Vorrte; Preuens Infanterie hatte die schlechtesten Gewehre von ganz Europa. Die Generale stammten wohl fast alle aus der Schule Friedrichs des Groen, aber sie waren meist steinalt, und ihnen
14*
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
TM Hauptwörter (200): [T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein]]
Extrahierte Personennamen: Dalberg Napoleons Napoleon Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Haugwitz Napoleon Napoleon Napoleon Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Fulda Frank-furt Frankfurts England Napoleons Deutschland England England England Hann Europa
214
Schlosse als kaiserlicher Statthalter. Napoleon selbst drang nach siegreichen Gefechten in sterreich ein. Aber bei Aspern erlitt er zum ersten Male in seinem Leben eine wirkliche Niederlage. Ganz Europa atmete auf. Doch dauerte die Freude nicht lange: mit gewaltiger Kraftanstrengung siegte er in der zweitgigen Schlacht bei Wagt am. Der Kaiser Franz schlo gleich darauf Frieden. Er trat groe Lnderstrecken ab und mute die treuen Tiroler der Rache des Ge-waltigen berlassen. Andreas H o s e r wurde aufgesprt und zu M a n t u a erschossen. (Zu Mantua in Banden" von Mosen.)
Kaiser Franz mute im Anschlsse au den Frieden noch eine betrbende Bedingung eingehen. Seine Tochter Marie Luise wurde nmlich Napoleons Gemahlin, nachdem sich dieser vonjosephine hatte scheiden lassen. Der Sohn, den ihm diese zweite Gemahlin schenkte, erhielt den Titel König von Rom".
Xiv. Die Knigin Cnise.
1. Ihre Jugendzeit. Gebndigt von der Faust des Gewaltigen lag Preußen am Boden. Da der König inmitten des Unglcks nicht ganz verzagte, dankte er besonders seiner treuen Gemahlin Luise. Luise wurde am 10. Mrz 1776 als Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz geboren. Ihre Mutter war eine Prinzessin von Hessen-Darmstadt; schon als Kind von sechs Jahren verlor Luise sie durch den Tod. In Darm-stadt verlebte die Prinzessin ihre Jugendjahre unter der treuen Frsorge ihrer Gromutter. Von hier aus kam sie auch wohl nach Frankfurt und verbrachte im gastlichen Hause der Frau Rat Goethe frhliche Stunden. Von Jugend auf fhlte sie in sich den schnen Beruf, andern wohlzutun; oft besuchte sie an der Hand ihrer Erzieherin die Htten der Armut, um Notleidenden Trost und Hilfe zu bringen.
2. Vermhlung und Familienleben. Zu Frankfurt lernte sie 1793 den Kronprinzen von Preußen kennen. Bald folgte die Verlobung, und am Abend vor Weihnachten des gleichen Jahres reichte Luise Friedrich Wilhelm im Schlosse zu Berlin ihre Hand zum Bunde frs Leben. Bald war die Kronprinzessin wegen ihres einfachen Wesens und wegen ihrer Herzensgte der Liebling aller. An ihrem ersten Geburtstage in Berlin wurde sie vom Könige reich beschenkt. Auf die Frage, ob sie noch einen Wunsch habe, sagte Luise: Eine Hand voll Gold fr meine Armen!" Der König fragte weiter, wie groß sie sich die Hand voll Gold denke. Luise antwortete: So groß als das Herz des gtigsten der Könige". Sie erhielt eine bedeutende Summe, und beglckt sandten zahlreiche Arme heie Dankestrnen zum Himmel.
Die Ehe des hohen Paares war ein leuchtendes Vor-bild echt deutschen Familienlebens. Nicht im Glnze des Hoflebens suchte die beiden ihr Glck; in gegenseitiger Liebe und Treue verbunden, fhlten sie sich nur zu Hause wahrhaft glcklich. Dieses schne
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien]]
TM Hauptwörter (200): [T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Franz_schlo Franz Andreas_H Franz Franz Marie_Luise Napoleons Luise Goethe Luise_Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Luise
Extrahierte Ortsnamen: Europa Mantua Mosen Mecklenburg-Strelitz Hessen-Darmstadt Frankfurt Frankfurt Berlin Berlin
362
Kaiser sie wollte und die Königin willig war, sich diese Demütigung
und Selbstverleugnung gefallen zu lassen. „Was mich das kostet",
schrieb sie damals, „weiß mein Gott; denn wenn ich gleich den Mann nicht
hasse, so sehe ich ihn doch als den an, der den König und sein Land
unglücklich gemacht. Seine Talente bewundere ich, aber seinen Charakter,
der offenbar hinterlistig und falsch ist, kann ich nicht lieben. Höflich
und artig gegen ihn zu sein, wird mir schwer werden. Doch das
Schwere wird einmal von mir gefordert. Opfer zu bringen, bin ich
gewohnt." Vollkommen mit sich einig, voll von der Würde, die
ein ruhiges Selbstbewußtsein gibt, ging sie mit der Unbefangenheit,
die ihr unter allen, auch den traurigsten Verhältnissen und schwersten
Aufgaben eigentümlich blieb, nach Tilsit, um den Kaiser Napoleon zu
sehen und zu sprechen.
Welche Gegensätze! Vielleicht hat die Welt sie nie ärger und
schreiender gesehen; er der Sieger, der König und die Königin die
Besiegten; er der Glückliche, sie die Unglücklichen; er der Über-
minder, sie die Gedemütigten; er mit Pracht, Stärke und Herrlichkeit
umgeben, sie an die Grenze ihres Reiches gedrängt und ohnmächtig;
er in dem stolzen Gefühl seiner alles vermögenden Stärke, sie nach
allen Anstrengungen und Opfern klein und ohne Land und Leute; er
das Schicksal und die Verfügung in seiner Willkür, sie von seiner
Gnade abhängig; er stolz und gebieterisch, sie herabgedrückt und un-
glücklich. Die Geschichte stellt uns Beispiele ähnlicher Art, von der
einen Seite des Übermutes im Glücke, von der andern der tiefen De-
mütigung und Widerwärtigkeit, vor Angen; aber die Zusammenkunft
des siegreichen französischen Kaisers Napoleon mit dem König von
Preußen Friedrich Wilhelm Iii. und seiner Gemahlin Luise gehört zu
den seltenen Weltbegebenheiten, wie man sie nicht weiter in dieser Art
gesehen hat.
Um das Zwingende dieser unnatürlichen Zusammenkunft zu ver-
stecken, ließ der reiche Kaiser die Königin, sie äußerlich zu ehren, in
einem prachtvollen, achtspünnigen Staatswagen unter einer zahlreichen
und glänzenden Bedeckung von den Dragonern der Garde abholen.
Der König, der die äußere Herrlichkeit nicht wollte, weil er ihrer
nicht bedurfte, fuhr in einem einfachen Wagen. Er war ernst,
voll innerer und äußerer Haltung, die Königin voll herzgewinnender
Anmut und Unbefangenheit. Diese verließ sie auch nicht in dem Augen-
blick, der alles in sich vereinigte, was besangen und verlegen machen
konnte. Befangen und verlegen war aber der mächtige Kaiser, und
überrascht von der Würde des Königs und der Schönheit der Königin,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm