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man die Wigwams der Indianer (vgl. Bild 78, S. 212), die immer
mehr abnehmen. Die wenigen Ortschaften verdanken ihre Entstehung
der Bahn. Allmählich steigt nun die Prärie an; wir nähern uns
dem Felsengebirge. An der Ostseite desselben zieht die Bahn bis zum
Evans(ewens)paß empor; bei Sherman erreicht sie in 2512 m See-
höhe ihren höchsten Punkt. Hölzerne Dächer bieten hier Schutz vor
den Bedrohungen der Natur; über die wilde Schlucht des Dale-Creek
(delkrlk) führt eine 38 m hohe Brücke, aus mächtigen Hölzern erbaut
(Bild 103). Nun fahren wir 600 km weit durch eine schreckliche
Wüste, die uns keinen grünen Fleck zeigt und kaum einen Tropfen
trinkbares Wasser spendet. Ein banges Gefühl beschleicht uns. Wenn
hier dem Zug ein Unglück zustieße! Wir atmen leichter auf, wenn
wir an das Ende der Wüste kommen.
Doch bald drohen uus ueue Gefahren; wir müssen durch eine
Anzahl tiefer, von Wasserläufen eingeschnittener Schluchten, Canons
genannt. Es sind nicht feste steinerne Bauwerke, diese vielen Via-
dukte und Brücken, welche die gähnenden Abgründe überspannen;
es sind nur schwankende Gebilde von Holz, welche nach unserer
Meinung kaum den schweren Zug zu tragen vermögen. Auch wer
nicht an Schwäche der Nerven leidet, fühlt sein Herz beklommen,
wenn der Zug über das Teuselsthor und andere gefährliche Stellen
dahinsaust.
Jetzt aber treten die Berge auseinander, die Gegend wird freund-
licher, eine frische, salzige Luft weht uns entgegen. Immer häufiger
zeigen sich Ortschaften; wir sind am großen Salzsee bei den „Heiligen
des jüngsten Tages", den Mormonen. Salt Lake City (ßöltlek ßitti),
ihre Hauptstadt, berühren wir nicht. In Ogden endet die Union-
Pacific- und beginnt die Central-Pacisicbahn. Dieselbe führt zuerst
noch durch wohlbebautes Mormouengebiet, westlich des Salzsees aber
folgen wieder Wüste und Steppe.
Bei der Station Humboldt beginnt der Aufstieg in die hoch-
romantische Gebirgswelt der Sierra Nevada, welche die reichsten
Silberminen der Welt hat. Diese Strecke ist der Glanzpunkt der
ganzen Linie. Hier rauschen dunkle Nadelwälder, Wildbäche schäumen
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§ 8. Verbreitung der Menschen auf der Erde. 15
der wahren Wissenschaft. Satyavrata kommt auch unter dem Namen Satyavraman vor. Von diesem wird die Geschichte der Verspottung seines Sohnes, wie von Cham, erzählt, und hier tritt selbst die Ähnlichkeit der Namen der Söhne ein, denn die heiligen Bücher der Indier nennen sie: S ch e r m a, C h a r m a und I y a p e t i r.
In Persien wird der Berg Arlrat heute noch Koh-Nu: Berg des Nuh genannt. Die Perser selbst setzen in die Zeit des Noah einen ihrer drei vornehmsten Patriarchen, Dschemschid, den sie mit einem Wnnder-becher begaben. Der Fohi der Chinesen ist offenbar Noah. Von ihm sagen die chinesischen Bücher, daß seine Mutter mit einem Regenbogen umgeben gewesen. Der Osiris der Ägypter wird von seinem Bruder Xgph0» verfolgt und in einem Kasten ins Meer geworfen; er wird auf einem Blatte im Meer schwimmend abgebildet. Das Schicksal des chaldäischen Xisnthrus wird von dem Geschichtschreiber Berösns gerade so dargestellt, wie das Geschick Noahs, und der Fischgott Oannes bei den Babyloniern ist wieder niemand, als der Noah der Bibel. Dies Andenken an die Sündflut und die Geschichte Noahs hat Humboldt in der ueuesteu Zeit selbst bei den Mexikanern gefunden, und wie sehr auch die Geschichte der Bibel unter den erfinderischen Griechen und Römern umgestaltet wurde, so deutet die Abbildung des Dyonisos wie die des Janus, der in die Vergangenheit und Zukunft sieht, dessen Frau ein Fischweib, und dessen Attribut (Wahrzeichen) ein Schisssteil oder Delphiu ist, ebenfalls auf Noah hin.
3. Noah erhielt nach der Sündflut die Erlaubnis, die Tiere ebenso zu essen, wie die Pflanzenspeisen. „Furcht und Schrecken sei vor euch über alle Tiere der Erde, sprach Gott, und über alle Vögel des Himmels, samt allem, was sich reget auf Erden, alle Fische des Meeres, tu eure Hand sind sie gegeben. Und alles, was sich reget und lebet, sei euch zur Speise: wie das grüne Krant, gebe ich euch alles. Nur Fleisch mit seinem Blute sollet ihr nicht essen" (1. Mos. 9, 2). Nebst diesem Verbote gab Gott dem Noah nach der Überlieferung der jüdischen Lehrer noch sechs andere Bestimmungen, welche die Rabbinen zum Unterschiede vom Mosaischen Gesetze die Gebote Noahs nannten. Diese sieben Noachischen Gebote sind: 1) Nicht ohne Obrigkeit leben; 2) sich der Gotteslästerung, sowie 3) des Götzendienstes enthalten; 4) fein Blut vergießen; 5) nicht rauben; 6) fein Blut und nichts Ersticktes oder vom Wilde Geraubtes essen, und 7) seine Ehe unter Verwandten eingehen. So ist Noah nicht nur der zweite Stammvater des menschlichen Geschlechtes, sondern auch der erste Stifter und Begründer der menschlichen Gesellschaft.
8 8.
Verbreitung der Menschen auf der Erde.
Noah aber stieg vom Gebirge nach Armenien herab und wandte sich gegen Sonnenaufgang, bis er an den Fluß Euphrat in die große Ebene Sennaär kam, von rvo er sich wahrscheinlich nach China wandte. Er starb in einem Alter von 950 Jahren, 350 Jahre nach der Sündflut. Die Nachkommen seiner drei Söhne, von denen Sem und Japhet um ihrer Scham-
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Extrahierte Personennamen: Humboldt
Extrahierte Ortsnamen: Cham Persien Berg_Arlrat Noahs Noahs Noahs China
20 Das Altertum.
ist bei den einzelnen Völkern allerdings verschieden; aber gerade diese Verschiedenartigkeit ist der schlagendste Beweis, daß das Gottesbewußtsein angeboren ist. Denn die Nichtübereinstimmung der Völker in ihrer Vorstellung von Gott zeigt, daß der Mensch irren kann; daß aber alle Völker an Gott glauben, obgleich sie in der Vorstellung von Gott voneinander abweichen, ist gerade der Beweis, daß man darin sich nicht irren sann, daß es einen Gott gibt, und daß wir uns gedrungen fühlen, daran zu glauben. Dies leuchtete den Heiden ein, und der heidnische Schriftsteller Plutarch schreibt: „Wenn man auf der Erde herumwandert, so kann man Städte finden ohne Mauern, ohne Wissenschaften, ohne Könige, ohne Schätze und ohne Geld. Eine Stadt aber, die leer wäre an Tempeln und Göttern, die nicht betete und opferte, um Gutthaten zu erlangen, hat noch niemand gesehen. Ich glaube eher, daß eine Stadt
ohne Fundament erbaut werden könnte, als daß eine Bürgerschaft sich
bilden oder bestehen könnte, wenn sie den Glauben an die Götter verloren hat." Mit diesem Gefühle, daß es einen Gott gibt, verbindet sich im Menschen zugleich das Gefühl, daß er von Gott zur Rechenschaft gezogen wird, und daß nicht alles recht ist, was er thut. Das ist das Gewissen. Es ist die natürliche Stimme, die den Menschen Gott fürchten heißt. Diese Gefühle werden unterstützt durch das Licht der
natürlichen Erkenntnis, welches den Schöpfer ans seinen Werken erkennen läßt. So beruht die Religion auf Gefühl und Erkenntnis zugleich. Insofern biefelbe aber auf den Willen wirkt, gestaltet sie sich zur äußeren Gottesverehrung, weshalb wir nirgenbs eine Religion ohne einen Kult (Gottesbienst) finben. Dem treuen Festhalten an biesem Kulte würde ein besonberer Segen zugeschrieben, und schon Xenöphön rühmt: „Die Städte und Völker, die dem Dienste der Götter am
treuesten geblieben, waren immer die bauerhaftesten und weisesten, sowie die frömmsten Jahrhunberte sich auch am meisten durch ihr Genie auszeichneten."
2. Das Kastenwesen trug anfänglich nichts Gehässiges an sich. Es war ein naturgemäßer Zustaub bei Völkern, die sich erst zu entwickeln begannen. Es verstanb sich von selbst, daß zum Gottesbienste eine genaue Kenntnis der heiligen Gebräuche und der Religionsvorschrifteu erforberlich war, und daß so der Dienst im Heiligtume zu einer eigenen Beschäftigung würde. Die Weihe, welche die Religion schon in der Urzeit ihren Dienern verlieh, und das zurückgezogene, durch die vielen Gesetzesvorschriften erschwerte Leben der Priester unterschieb diese ohnehin vom Volke. So war es begreiflich, daß bei den Tempelbienern der Dienst erblich würde. Ebenso begreiflich ist, daß die Krieger einen eigenen Stand bildeten, da es nicht jebern gegeben war, die Waffen zu führen und bestänbig zur Abwehr wie zum Angriffe gerüstet zu sein. Die gesellschaftlichen Verhältnisse der Urvölker brachten es ferner mit sich, daß die Kinder das Geschäft des Vaters trieben, und daß auch die Hanb-werker in den Familien erblich wurden. Gehässig wurde das Kastenwesen erst dann, als das Recht der Eroberung eintrat, die Eingebornen des Eigentumsrechts sammt dem Eigentume verlustig wurden und die menschliche Selbstsucht auf die Glieder der niedere» Kasten als auf geringere Geschöpfe herabblickte. Eine entartete Religion heiligte alsdann diese Unterschiede und verhinderte den Übertritt von einer Kaste in die andere. So wurde das Kastenwesen aller gedeihlichen Entwickelung hinderlich und die Ursache am geistigen Stillstände der Alten Welt.
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62 Das Altertum.
dessen Reden, daß die Richter ihre Urteile in ein Buch einzutragen pflegten (job 13, 26; 31, 35). Wenn nun die Überlieferungen der Griechen und der Römer auf Phönizien hinweisen, so ist damit nur gesagt, daß sie die Buchstabenschrift von Phöniziern empfingen. Der Erfinder soll Thaut (Thot) gewesen sein. Der Phönizier Kadmns aber, welcher Theben erbaute, soll die Buchstabenschrift nach Griechenland gebracht haben Das Kadmische Alphabet hatte übrigens nur 16 Buchstaben, und fehlten ihm $' /- h/ U' v und w. Diese Zeichen sind ältern Ursprungs und beweisen daß die Hebräer eine ausgebildetere Schrift besaßen, und daß die Phönizier noch in den Zeiten nach Kadmns Schriftzeichen aus dem hebräischen Alphabet annahmen. 1
5. Der Molochdienst ist der abscheulichste Dienst, der unter iraend einem entarteten Volke zu finden ist. Moloch (König) ist dasselbe was Bel (Herr). Allein wie man unter Bel den guten Gott verehrte so wurde im Moloch die zerstörende Naturkraft gefürchtet hauptsächlich das allesverzehrende Feuer. Der Molochdienst kommt nicht in der Urzeit des menschlichen Geschlechtes vor, und auch nicht bet den Urvölkern Die Phönizier lernten ihn von den Kanaanitern kennen Man stellte den Moloch unter der Gestalt eines Menschen, der die Arme ausstreckt mit einem Stierhaupte dar, das mit einer Krone geziert war. Ein solches Götzenbild aus Erz oder Thon war inwendig hohl, und in die ausgestreckten Arme wnrden die zum Opfer bestimmten Kinder gelegt. Alsdann wurde das Götzenbild inwendig geheizt. Während des Öpferdienstes wurde das Schreien und Wimmern der Kinder von den Priestern mit geräuschvollen Tonwerkzeugen übertäubt. Die Eltern, die bei dieser abscheulichen Handlung zugegen waren, durften keine Thräne vergießen.
8 24.
Die Larthager.
58) Sicilien gegenüber, in Libyen, dem Gebiete des heutigen Tunis, lag Cambe, eine sidonische Kolonie. Hierher zog sich Elissa, auch Dido genannt, die Schwester des lyrischen Königs Pygmalion, der ihren Mann hatte umbringen lassen, weil er nach dessen Schätzen lüstern war. Mit ihr gingen viele Adelige und viele Priester, so daß die unbedeutende Kolonie, durch diesen Zuzug verstärkt, bald alle Schwesterstädte an Macht und Reichtum übertraf. Anfangs waren die Tyrier den libyschen Häuptlingen, von denen sie die Erlaubnis zur Niederlassung erhalten hatten, zinspslichtig; später machten sie sich unabhängig. Von den Libyern wanderten viele nach Karthago, in die Neustadt, wie die erweiterte Stadt jetzt genannt wurde, ein, und die umliegende Gegend wnrde sogar den neuen Ankömmlingen unterworfen. Mit den schon früher bestehenden alt-phönizischen Städten Utica, Hadrumetum, Leptis u. a. traten die Karthager in das Verhältnis der Buudesgenossenschast, was ihren Einfluß ebenfalls wieder stärkte. Ihre bürgerliche Verfassung war die ihres Mutterlandes. Es war ein Staat, an dessen Spitze jährliche Snsseten
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144 Das Altertum.
mehr Stimmen hatten. Die letzte Klasse umfaßte nur eine Centurie, hatte al|o auch nur eine Stimme. Es war also dem Erbadel h'er dre Steuerkraft und das Besitztum gegenübergestellt und danach rb/ez?.asm'. 'r au$ die bürgerlichen Rechte bemessen. Wie das m J m 30 Kurien eingeteilt war und sich ohne
■ ?ons -I ^urlatkomrtren veyammelte, so versammelten sich die Snrrvs m emgetellten Plebejer in Tribuskomitieu unter dem -Vorsitze der Volkstribunen. Die ganze Bürgerschaft trat aber in den Leitturtenfonttheit zusammen. In ihnen wurden die höchsten Beamten gewaht, über Krreg und Frieden entschieden und über die vom Senate vorgelegten Gesetze abgestimmt.
2. Die Konsuln hatten die Abzeichen der königlichen Gewalt. Sie Stc' Könige, ein weißes mit einem Purpurstreifen verbrämtes
V°Sa praetexta) und es gingen ihnen zwölf Liktoren (Ge-nchtsdlener) vor, welche Rutenbündel (fasces) trugen, in denen, wenn sie aiißerhalb der Stadt waren, Beile staken, zum Zeichen, daß die Konsuln Gewalt über Leben und Tod hatten. Wenn sie das Amt niedergelegt hatten, so hießen sie Konsularen und wurden zu den vornehmsten Ämtern verwendet. Später gingen sie gewöhnlich als Prokonsuln, d. i. als Stellvertreter der Konsuln, in die Provinzen. Die Konsum waren nicht nur die obersten Verwaltungsbeamten, sondern auch me Dberselicherren. Dem Diktator gingen 24 Liktoren voraus, er durfte stalten nicht verlassen, und wenn er nicht beim Heere war, kein Pferd besteigen, damit er sich nicht herrschsüchtig zeige. Der Reitergeneral wurde von sechs Liktoren begleitet, wenn er öffentlich auftrat. Alle höheren beamten hatten als Auszeichnung bei allen öffentlichen Handlungen noch einen Sessel von Elfenbein (den kurulischen Sessel), die Senatoren und Ritter zuerst eiserne, dann goldene Ringe.
8 53.
Die luligtoit der Römer.
147) Mit dem bürgerlichen Leben war das religiöse Leben unzertrennlich verbunden. Durch die Religion war es dem Nnma Pompilius gelungen, die Sitten der rohen Römer zu mildern, ihnen Liebe zum Vaterland einzuflößen und den Sinn für Recht und Gerechtigkeit zu wecken und zu uähren, so daß wir nicht mehr, wie bei den Griechen, nur große Männer antreffen, daß man vielmehr sagen kann: die Römer waren ein großes Volk. Keine Staatshandlung wurde vorgenommen ohne vorhergegangene gottesdienstliche Handlung. Die Gottheiten, welche die Römer verehrten, waren, wie die griechischen, personifizierte Naturkräfte. Vor allem war es der Dienst der drei großen Götter Jupiter, Juu.s und Minerva, sowie der Dienst des Mars und der Vesta, welche gepflegt wurden. Der Staat, wie die Familien, die Tribus und die Kurien, hatten ihre besonderen Gottheiten und ihre eigenen Priester. Aus dem Vogelfluge (Angnrinm) und
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272 Die mittlere Zeit.
Ihre rotgelbe Farbe wurde durch eine Art von Seife noch erhöht und ihre Fülle durch eine Pomade aus Talg oder Butter und Buchenasche befördert. Die Männer, welche es wachsen ließen wie das Frauengeschlecht, banden es rückwärts gegen den Scheitel in einen Schopf oder Knoten zusammen; der Bart wurde abgeschoren. Sie trugen einen einfachen Mantel, oft nur ein Tierfell, die Weiber dagegen Kleider von selbstgewobener Leinwand. Die Nahrungsmittel waren: Fleisch, geronnene Milch, Butter und Käse, Vogeleier, Fische, Haferbrei, Bier und eingetauschter Wein, den man gewöhnlich aus Bufselhörnern trank, die oft' mit Silber beschlagen waren. Religiöse Feste, Hochzeiten, Leichenfeierlichkeiten, Volksberatungen waren mit Trinkgelagen verbunden, bei denen man unter Begleitung musikalischer Instrumente sang. Bei solchen Gelagen kam es sehr oft zu Raufereien.
8 99.
Kcltgiott der Germanen. Ständeunterschied. Mrgerliche Verfassung.
279) Die Religion der Germanen war ursprünglich Naturdienst, wie die aller asiatischen Völker. Man verehrte vorerst die Naturkräfte in ihrem geheimnisvollen Walten und dachte sich dieselben dann bald als persönliche göttliche Wesen. Der oberste Gott ist Odin oder Wodan, von dem die Äsen (Göttersöhne) abstammen. Neben den Äsen gibt es noch Halbgötter. Der vornehmste ist Tnisko, der erdgeborne Gott, und dessen Sohn Mannus, der Stammvater aller Menschen. Wodan thront zu Asgard, der Götterheimat, wo die Walhalla ist, die Himmelsburg, in der nach ihrem Tode die gefallenen Helden von edlem Geschlecht sich erfreuen. Auch an wohlgesinnte Dämonen wie an neckende und schadende Plagegeister glaubte man. Die heiligen Orte der Germanen waren Tempel, insbesondere aber geheiligte Haine und Opferplätze im Freien. Leider wurden auch Menschenopfer dargebracht, wobei namentlich viele Kriegsgefangene geschlachtet wurden. Die Priester standen in großem Ansehen. Sie waren neben den Königen die höchsten Diener des Staates und die Erforscher des göttlichen Willens in allen öffentlichen Angelegenheiten. Als solche waren sie auch zugleich die Richter und Vollstrecker der Todesurteile bei Staatsverrätern und die Bewahrer der Nationalfeldzeichen. Es gab auch Priesterinnen, weissagende Frauen, die aus den Eingeweiden der Opfertiere, aus dem Blute der getöteten Gefangenen, aus dem Geräusche der Wellen 2c. prophezeiten.
280) Die politische Verfassung beruhte ganz auf dem Grundbesitze, der allein rechtsfähig machte. Im Vollgenuß der Rechte befanden sich die Freien, welche ein unveräußerliches Grund-
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274 Die mittlere Zeit.
heim) schied. Aus dem Lichtreiche fielen Funken, aus denen die Götter Riesen und Zwerge entstanden. Unter den zwölf Hauptgöttern waren: Odin oder Wodan, der Göttervater, der Herr und König des Himmels; Thor, der Donnerer; Baldur, der Gott der Schönheit und der Güte; Niordur, der Gott des Luftreichs; Freyr, der Gott der Sonne; Tyr, der Gott des Krieges; Braga, der Goit der Dichtkunst und des Gesanges. Außer den zwölf Äsen gab es noch mehr Götter und Göttinnen (Asinnen); Same oder Lose, der Gott der Bosheit; Frigga, die Gattin Wodans, die Göttin der Hausfrauen; Iduna die Gattin Bragas, die Göttin der Jugend und der Unsterblichkeit; Freya, die Liebesgöttin; Hela, die Totengöttin. Frigga galt als Hertha für die Mutter Erde und wurde hauptsächlich in geheimnisvoller Weise auf der Insel Rügen verehrt. Die Geister waren Nor-nen (Schicksalsgöttinnen), Walküren (Totenwählerinnen, t>. i. welche die auserwählten, die auf dem Schlachtfelde sterben sollten) und Alfen oder Elfen (belebte Naturgegenstände). Die Walhalla (Schlachtenhalle, eine Walstatt = Schlachtfeld) nimmt nur die Edlen auf, die im Kampfe gefallen sind; die an Krankheit und Altersschwäche sterben, führen in Hel heim bei Hela ein trauriges Leben; die Lügner aber und die Diebe werden in Niflheim von Schlangengift bespritzt. Der Glaube an böse Geister, die dem Menschen schaden können, bot die Grundlage zum späteren Hemtwahn, der demnach als nicht ausgerotteter heidnischer Überrest erscheint.
2. Der Ständeunterschied wurde bei den Germanen in der strengsten Weise aufrechterhalten. Der grundbesitzende Freie, d. h. der, welcher ein Alod (al-lot — ganzes Gnt) besaß, durste allein an den Volksversammlungen teilnehmen. Das ganze Grundbesitztum war gewissermaßen Staatseigentum, welches unter die Edliuge oder Adaliuge verteilt war. Erben konnte es nur ein Sohn; war' kein Sohn vorhanden, so fiel es an den nächsten männlichen Verwandten (Schwerlmagen). Die Kuukel konnte nicht erben; die Spillmagen (weibliche Verwandte) erbten nur bewegliches Eigentum, wozu aber die Sklaven gehörten. Die Priester durften nur aus den Adeligen genommen werden. Den nachgebornen Söhnen der Freien kam, solange sie keinen Grundbesitz hatten, nicht einmal das Recht zu, in eines andern Sache als Zeugen aufzutreten. Oft gab ihnen das Familienhaupt ein Stück von dem eigenen Grundbesitz als Fe-odt (Zinsgut, feudum). Meistens aber zogen die nachgebornen Söhne auf Eroberungszüge aus, um Land zu erhalten. Der Vater gab ihnen hierzu ein Gefolge mit, teils freigelassene Sklaven als Waffengenossen, teils leibeigene Sklaven als Schildknechte. Aus diesen nachgebornen freien Söhnen und den Freigelassenen, welche in solcher Weise zu Land kamen, entstand der niedere Adel. Doch behaupteten die Ur fr eien immer den Vorzug vor den Freigelassenen und nannten sich die Jmmerfreien (Semperfreien). Wurden Landstriche erobert, so behielt man in der Regel den dritten Teil an Land und Leuten als Eigentum. Solche Kriegsgefangene wurden Schalke (Leibeigene). Denen man das Land ließ, die mußten den Herren in der Regel drei Tage in der Woche arbeiten. Diese Liteit waren sehr gedrückt ; sie waren Hörige und rechtlos. Später verarmten wieder viele aus dem niedern Adel und mußten teils ein Feodt (Sehen) von einem hohen Adeligen annehmen und Vasallendienste dafür thun, teils wurden sie zu den Liten herabgedrückt. Als die Eroberungszüge aufhörten, sonnten die freigelassenen Sklaven auch kein Land mehr erhalten, es wäre
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1^6 Das Altertum.
„ 180) Während des zweiten puuischeu Krieges hatten sowohl König Philipp Iii. von Makedonien, als Antiochus Iii. uon Syrien ihre Staaten zu vergrößern gesucht. Antiochus strebte eine Vereinigung der griechischen Staaten an und setzte in dieser Absicht nach Thrakien über, von wo aus er nach Griechenland eindringen wollte. Aber bei den Thermopylen wurde er von Acilius Glabrio geschlagen und genötigt, sich wieder nach Asien zurückzuziehen. In Asien wurde er sowohl bei Chius zur L>ee, als bei Magnesia zu Laude von L. Scipio, mit v dem Beiuamen Asiaticns, besiegt und mußte Kleinasien abtreten. Die Römer schenkten das abgetretene Gebiet größtenteils dem Könige E u in s n e s von Pergamus und den Rhodiern, und schufen dadurch Staaten, welche stark genug waren, um sich das Gleichgewicht zu halten, und doch den Römern gegenüber keinen Widerstand leisten konnten.
181) Philipp Iii. von Makedonien hatte seine Herrschaft besonders in ^ Griechenland ausgedehnt und kam auch mit den Athenern in Feindseligkeiten. Da diese zu den Römern in einem Bundesgenossenverhältnis standen, so kamen ihnen die Römer zu Hilfe. Philipp wurde vom Konsul Flamiuinns bei
v Chr Kynoskephalä geschlagen und war von da an tributpflichtig. 'L-eiu Sohn Perseus suchte sich vergeblich von der Oberherrlichkeit der Römer zu befreien. Bei Pydna wurde er vom Konsul v.chr.^^ilius Paulus überwunden. Er suchte sich zwar nach öamothräfe zu flüchten, wurde aber dort gefangengenommen und nach Rom geführt, wo er mit feiner Frau und feinen Kindern den Triumph des Siegers verherrlichen mußte. Zwei Jahre nachher starb er freiwillig zu Alba. Makedonien wurde in vier von Rom abhängige und zinspflichtige Freistaaten geteilt. Als die v. Chr. Makedonier aber zwanzig Jahre später gegen die Römer sich erhoben,^ wurde das ganze Land zu einer römischen Provinz gemacht.
182) Die inneren Zwistigkeiten, durch welche die Griechen geschwächt^ wurden, hatten schon lange die Einmischung der Römer herbeigeführt (f. Nr. 130) und bei den Jsthinischen Spielen hatte Flamininuä alle griechischen Städte für unabhängig erklärt. Als nun die Spartaner von diesem Unabhängigkeitsverhältnis Gebrauch machen wollten und dem Achäischen Bunde sich widersetzten, traten die Römer auf die Seite der Spartaner. Die Korinther, welche in diesem Bunde die Hegemonie führten, waren unbesonnen genug, den Kampf mit den Römern aufnehmen zu wollen. Korinth unterlag und wurde durch den Konsul
».Chr.cummins von Grund aus zerstört. Griechenland wurde unter dem Namen Achaja römische Provinz.
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Extrahierte Personennamen: Philipp_Iii Philipp Acilius_Glabrio L._Scipio Scipio Philipp_Iii Philipp Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Makedonien Syrien Thrakien Griechenland Asien Asien Kleinasien Makedonien Griechenland Rom Makedonien Rom Achaja
518 Die neue Zeit.
kommen war. So hatten die Verschwornen keinen Anführer mehr, und die Haufen gingen auseinander. Erst ein paar Tage nachher fand man den Leichnam Fiescos. Er wollte sich auf eine Galeere Begeben, das Brett aber schlug um, der Unglückliche fiel in den Schlamm und konnte sich in seiner schweren Rüstung nicht mehr herausarbeiten. So war die Freiheit Genuas auf einmal von zwei gefährlichen Gegnern befreit.
4. Die Genuesen hatten die Insel Corsica den Arabern abgenommen und besaßen dieselbe seit 1300. Die übermütigen Patrizier drückten ihre Unterthanen nicht wenig, die Corsicaner waren aber reizbarer als die andern und ihr Land war zum Widerstand geeigneter. 1729 erhoben sie sich, die Genuesen aber holten die Österreicher herbei, und der Ausstand wurde gedämpft. Bei einem abermaligen Aufstande (1736) wählten die Corsicaner einen westfälischen Baron Theodor Neuhof, den der Dei von Algier mit zwei Regimentern zu Hilfe geschickt hatte, zum Könige, aber jetzt kamen die Franzosen zu Hilfe, und die Genuesen erhielten 1743 die Insel wieder. Beim dritten Aufstande 1755 stellten die Corsicaner den Pascal Paoli als Generalkapitän an die Spitze ihrer demokratischen Verfassung. Dieser kämpfte mit Glück und ordnete auch die innern Angelegenheiten Corsicas, konnte aber gegen die Franzosen sich nicht halten und mußte, wie Neuhof, nach England weichen (1769). Dort starb Neu Hof 1756 und Paoli 1807. Ludwig Xv. sandte 30 000 Mann nach Corsica, aber der kleine Krieg in dem Gebirge dauerte bis 1774.
5. Unter den Inseln im Archipelagus, welche Venedig an die Türken verlor, befanden sich: Skio, Patmos, Ägina, Nio, Stampala und Petros.
§ 190.
Die Schweiz.
523) Seitdem die Schweizer Karl dem Kühnen von Burgund und selbst dem Kaiser Maximiliau gegenüber ihre Kraft gezeigt hatten, wurden sie von außen nicht mehr beunruhigt, wohl aber fühlten sie sich selbst veranlaßt, ihre Waffen über die Schweiz hinauszutragen. So brachen denn 20 000 Eidgenossen auf und verjagten die Franzosen aus Mailand und stellten dasselbe dem Herzog Maximilian Sforza wieder zurück. Dafür aber nahm Frankreich Rache, und Franz I. schlug drei Jahre darauf in Verbindung mit Venedig die Schweizer in einer zweitägigen 1515.furchtbaren Schlacht bei Marignano. Von da an hielten die Schweizer es für das Beste, sich an Frankreich zu halten, lind sie schlossen ein Jahr darauf in Freiburg mit dieser Macht eine ewige Verbindung. Die Schweizer enthielten sich der Teilnahme an den europäischen Staatsaktionen; nur Bern, welches die Stadt Gens gegen Savoyen verteidigte, eignete sich das 1636. Waadtland an und zwang dessen Bewohner zur Religious-ändernng. Dagegen kämpften die Söhne der Schweiz als Hilfstruppen im französischen, deutschen, römischen und neapolitanischen
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Extrahierte Personennamen: Theodor_Neuhof Ludwig_Xv. Petros Karl Karl Maximilian_Sforza Maximilian Franz_I. Marignano
Extrahierte Ortsnamen: Algier Neuhof England Corsica Ägina Stampala Burgund Mailand Frankreich Frankreich Freiburg