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1. Mancherlei für Jung und Alt - S. 179

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
179 Wenn der König starb vor der Vollendung, dann war die Aufgabe für die Seinen nicht allzugroß, jene Stufen zur Pyramidalform auszu- füllen, die äußere Bekleidung umzulegen. Oder die Pyramide konnte in ihrer Stufenform bleiben, wie die große von Sakkara drüben, an der wir sechs Absätze unterscheiden. Jedenfalls war das Grab gesichert. Der Ban ist immer innen am besten, nach außen roher, eiliger. Wir müssen nun herab, um ins Innere zu steigen. Man darf nicht in allzuraschen Schwung kommen abwärts, denn schon Unterschied- liche sind zu Tode gestürzt. Der Eingang ist in der Mitte der Nordseite — die ganze Pyra- mide nämlich ist vollkommen genau nach den Himmelsgegenden gerichtet — und in einiger Höhe über dem Boden. Zwei paar ungeheure Blöcke stemmen sich gegeneinander pyramidal, um die Last über dem Querblock zu tragen, der den Eingang deckt. Also folgen wir, möglichst eng zusammengefaltet und dennoch mit dem Nucken an die Decke stoßend, dem vier Fuß hohen und kaum so breiten Gang, der schief abwärts führt, fast bis zur Grundlinie des Baues. Er endet in einen wahren Abgrund, wie es aussieht beim schwachen Lichtschein, näyllich die Zerstörung, die von den Schatzgräbern der Kalifen angerichtet wurde, als sie im weitern Vordringen durch Granitmassen sich gehemmt fanden, um die sie herumbrechen mußten. Der Gang, den wir herabkommen, setzt sich in gleicher Richtung durch den Felsen in jene unterste Grabkammer fort, die sicherlich auch die älteste war. Lassen wir den, und folgen wir dem andern, der im selben Winkel, aber auf- wärts nach innen führt, gleich boshaft nieder und eben nur weit genug, um den Sarkophag hindurchzuzwängen. Bis hierher, bis zur Vereinigung des Gangs von unten und des Gangs von oben, mußte schon die älteste Anlage reichen, und nur das zurückgelegte Stück könnte möglicherweise späterer Ansatz sein. Also wir kriechen aufwärts zwischen glatlpolierten Blöcken, haarfein gefügt, bis unser enger Gang plötzlich so hoch wird, daß wir kaum die Decke noch sehen. Es ist die sogenannte große Galerie, deren Wände in überrückenden Stufen nach oben allmählich zusammen- treten. Wo sie anhebt, um unsern Gang in derselben Richtung nach innen aufwärts fortzusetzen, geht der wagrechte Gang ab nach der soge- nannten Königinkammer. Es war das Gemach-der Leichenfeier, genau unter der senkrechten Achse der Pyramide. Lassen wir auch dieses und folgen wir durch ein Vorgemach und unter granitner Fallthüre durch in die hohe Königskammer. Die Granitwände glänzen im Schein der vielen Lichter. Die Be- duinen, die wir nun einmal nicht los werden, kauern alsbald im Kreis und führen mit Gesang und Händeklatschen eine höllische Musik auf, 12*

2. Mancherlei für Jung und Alt - S. 446

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
446 Sprechen von Anmut umlagerten Lippen. Der ganze Kopf aber war zumeist etwas vorgebeugt, als ob es der zarten Gestalt schwer werde, ihn zu tragen; oder wegen der Gewohnheit, ihr kurzsichtiges Auge ganz dicht auf die Gegenstände zu senken. Zuweilen aber hob sich dieser Kopf, um ganz aufrecht den zu fixieren, der vor ihr stand, und namentlich dann, wenn sie eine humoristische Bemerkung oder einen Scherz machte; dann hob sich lächelnd ihr Haupt, und wenn sie neckte, lag dabei auf ihrem Gesichte etwas von einem vergnügten Selbstbewußtsein, von einem harm- losen Übermut, der aus dem ganz außergewöhnlich großen, trotz seiner Gutmütigkeit so scharf blickenden hellblauen Auge leuchtete." Hier auf dem ländlichen Edelsitze erschwang sich die Muse Annettens zur vollen Höhe und Reife. Diese Muse hatte einst in jungen Jahren sehr kindlich begonnen: mit keinem geringern Gegenstand als mit der Besingung eines Hähnchens. Die Dichterin erzählt es scherzhaft selbst in einem spätern Liede, „Das erste Gedicht" überschrieben, das sich unter den letzten Gaben findet. Sie hatte nämlich als Kind es besonders ge- liebt, stundenlang das alte Gemäuer mit dem Zinnenbau zu umstreichen, mit schauerndem Mut in unbesuchte geheimnisvolle Räume zu dringen und auf Entdeckungen und Abenteuer auszugehen. Eines Tages nun schlich sie den schwer verpönten Gang über die Wendelstiege des finstern Turmes hinauf, die unterm Tritte bog, kletterte bis hoch zum Hahnen- balken empor unter der Wetterfahne und verbarg dort unter des Daches Sparren „ein heimlich Ding". Und dieses heimliche Ding, das Enkel sollten finden, wenn einst der Turm zerbrach, das etwas sollte künden, was ihr am Herzen lag: Es war, ich irre nicht, In Goldpapier geschlagen Mein allererst Gedicht! Mein Lied vom Hähnchen, was ich So still gemacht, bei Seit' Mich so geschämt, und das ich Der Ewigkeit geweiht! Bald wuchsen dieser kindlichen Muse die Schwingen und sie machte sich an größere erzählende Gedichte. Das erste hieß „Walther", eine romantische Ritter-Epopöe im Stil von Ernst Schulze's „Bezauberter Rose", aber ungleich plastischer, frei von jeder Verschwommenheit und von voll- kommen tadelloser Form. Was sie überhaupt von dichterischen Vorbildern jener Zeit kennen lernte, hatte keinen dauernden Einstuß auf die Ent- wicklung ihres Talents, da dieselben ihrem kernhaften Wesen zu fremd waren und ihrem plastischen Trieb nicht zum Durchbruch verhelfen konnten.

3. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 26

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
26 I. Beschreibende Prosa: Geschichtliche und geographische Charakteristik. Wenn es außerdem in seinen Ausbreitungs- und Erhebungs-Verhält- nissen der beschränkteste, am leichtesten überschauliche, am meisten gegliederte, am meisten gangbare, belebte und bewegte, in seinen klimatischen der am meisten gemäßigte und einheitliche; wenn es vermöge der durch alle diese Eigenschaften geförderten Entwicklung seiner Völker der herrschende, geistig gestaltende, fortbildende Erdteil, der Vorkämpfer der höheren Tendenzen der Menschheit ist: so mußte natürlich die Mitte eines solchen, d. h. Deutsch- land, eine ganz andere Bedeutung erhalten, als die Mitte jener kolossaleren Erdteile, welche eine derartige Natur und Wirksamkeit nicht aufzuweisen haben; es mußten die Bezüge zu dem vergleichungsweise mit letzteren klein zu nennenden Ganzen und zu den übrigen einzelnen Teilen desselben be- schleunigter, gedrängter, fester, gewissermaßen unvermeidlicher und not- wendiger werden. Auf diese Weise ist Deutschland in der That vermöge seiner centralen Lage für den Zusammenhang dieses Ganzen unentbehrlich, ist, wie für den Körper der Herzschlag, sein Lebenspunkt. Nur durch Deutsch- land werden die übrigen Teile Europas zu einer wahrhaften Einheit zusammengehalten. Sich anschließend an das mittlere sowohl der südlichen wie nördlichen Glieder desselben, verknüpft es den Süden mit dem skan- dinavischen Norden; und mit den entsprechenden Erhebungsformen ebenso an dem gebirgigen West-Europa wie an dem flachen Ost-Europa an- liegend und in sie übergehend, vermittelt es die Verbindung der gegliederten und gebirgigen atlantischen Länder im Westen mit den einförmigen und weiten sarmatischen Ebenen im Osten. Ringsum in Europa befindet sich kein Land und keines der angrenzenden Meere, mit welchem Deutschland nicht verwachsen oder mittelbar in leichte Berührung zu bringen ist. Rings um dasselbe wie um ihren Mittelpunkt gruppieren sich Rußland mit Polen, Skandinavien, Großbritannien, die Niederlande (Holland und Belgien), Frankreich, die Schweiz, Italien, die Türkei, Ungarn, Galizien und stehen mit ihm in unmittelbarer oder durch die vorhin genannten Gewässer, die ihm einen kurzen und leichten Weg nach Süd-, Nord- und Nordwest- Europa eröffnen, in naher, mittelbarer Verbindung. Alle diese Länder, obwohl Teile eines größern Landorganismus, des Kontinents Europa, haben doch auch wieder jedes im Vergleiche zu den übrigen durch Lage, Begrenzung, innere Gestaltung und durch Be- völkerung ein eigentümliches Gepräge und stellen in gewissem Grade kleinere Individuen auf der Oberfläche jenes größern Ganzen dar. Dem- nach kommen von allen Seiten her mit dem in der Mitte gelegenen Deutschland eine Zahl Länder-Individuen in Berührung, und es ist undenkbar, daß sie nicht, jedes in seiner Weise, sowohl auf dasselbe in höherem oder niedrigerem Grade Einstuß geübt als auch von daher

4. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 297

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
6. Wesen der Romanze und der Ballade. 297 Stoff ruhig, plastisch, hell und durchsichtig dar; dabei zeigt sie die dem Volke eigene gemessene Breite, eine gewisse Umständlichkeit in der Aus- führung, die sich bei jedoch gleichmäßig fortschreitender Erzählung oft auch auf kleine Momente erstreckt. Dieser epischen Behandlung unterliegt nun ein Stoff, der die charak- teristischen Eigenschaften des Spaniers, vorzugsweise des Kastiliers, auf das treueste wiederspiegelt. Diese sind aber hochfliegender Nationalstolz, tiefe Frömmigkeit, ritterliches Ehrgefühl und heißblütige Phantasie. Eben- dieselben Eigenschaften durchziehen den ganzen Stoff der Romanze. Der- selbe zeigt uns ein national begeistertes Volk im Kampfe gegen einen Feind, den es um so tapferer angreift, als es, durchdrungen von der Wahrheit seiner Religion und derselben in frommem Glauben auf das innigste ergeben, in dem politischen Feinde auch einen religiösen Gegner bekämpft; derselbe zeigt uns Helden, die bei christlicher Frömmigkeit und oft demutsvoller Bescheidenheit dennoch, entflammt von Gedanken des Idealen und Romantischen, in ritterlichstem Streben nur das hohe Ziel der vollen Freiheit des Vaterlandes und der Niederwerfung des Islams kennen. So faßt das dichtende Volk die Begebenheiten mehr von einem idealen Standpunkte auf und läßt daher, um die idealen Beweggründe des Handelns der ritterlichen Helden deutlich erkennen zu lassen, auch die Tendenz, die Idee derselben mit Hilfe der Reflexion hervortreten. Ein solcher Stoff hat nichts Schauerliches, nichts Grauenhaftes, er ist vielmehr, wenn auch nicht oft heiter, sondern meistens ernst, fast stets durchzogen von einer gewissen Milde, die uns angenehm berührt und uns selbst mit furchtbaren, grausigen Kämpfen zu versöhnen versteht. Daher erscheint uns auch der Cid vom Volke gefeiert, wenngleich in Widerstreit mit der Geschichte, als das Ideal eines christlichen Helden, den jede ritter- liche Tugend, Tapferkeit, Freiheitsliebe, Frömmigkeit, Demut, Hochherzig- keit u. s. w., auf das glänzendste ziert. Der lebhaften Phantasie des spanischen Volkes endlich entsprechend, liebt die Romanze in vollem Einklänge mit dem sonnigen, farbenprächtigen Laude, auf dessen Boden sie blühte, lichtvolle Schilderungen, glän- zende Einzelheiten, stimmungsreiche und schwungvolle Diktion. Der epischen Ebenmäßigkeit, der ruhigen Entwicklung der Er- zählung angemessen, ist die Romanze ursprünglich stets in Versen mit fallen- dem Rhythmus geschrieben, und zwar so, daß der vierfüßig trochäische Vers der Nationalvers des spanischen Volkes genannt werden kann. Bei dem großen Reichtume, den die spanische Sprache au voll tönenden Vokalen besitzt, sind die Verse stets durch Assonanz, oft auch durch Reim ver- bunden. Diese Form, die sogenannten Redondilien (Redondillas), weisen schon die ältesten Romanzen auf. Bald jedoch führte mau, wie auch die

5. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 454

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
454 Ii. Lehrende Prosa: Philosophische Propädeutik, Pädagogik und Ethik. ohne feindlich zusammenzustoßen; hier liegen für alle gemeinsame Ziele, und es ist doch zugleich in ihrer Auffassung und Verfolgung jeder Eigen- tümlichkeit, der Völker wie der Individuen, der freieste Spielraum ge- lassen. Je lebendiger ein Volk von dem Werte der Bildung durchdrungen ist, je höher es die geistigen und sittlichen Interessen stellt, je ernster, hingebender und selbstloser es sie verfolgt, um so harmonischer wird sich sein nationales Leben dem der Menschheit einfügen, um so vollständiger wird in demselben der Gegensatz der Nationalität und der Humanität gelöst sein. Unter allen neueren Völkern ist nun wohl keines, dem die Erfüllung dieser Forderung durch seine natürliche Begabung wie durch seine bis- herige Entwicklung in höherem Maße erleichtert würde, als dem unsern. In der deutschen Art lag es ja von jeher, sich mehr nach innen als nach außen zu wenden, sich mit den sittlichen, religiösen, philosophischen Fragen lebhafter und anhaltender zu beschäftigen, als mit den Dingen, welche den meisten für die Macht und den Wohlstand der Völker die wichtigsten zu sein scheinen. Das deutsche Volk hat sich diesem Zuge seiner Natur Jahrhunderte lang einseitig überlassen, und es hat deshalb die Erfolge, die es im Gebiete des geistigen Lebens errang, mit langer Vernachlässigung und schwerer Schädigung seiner materiellen Interessen erkauft. Als andere Völker sich zu starken Nationalstaaten zusammen- faßten, ging von Deutschland der epochemachende Anstoß zur Befreiung und Umgestaltung des religiösen Bewußtseins aus; aber seiner politischen Einheit wurden durch den Streit der Konfessionen unheilbare Wunden geschlagen. Als unsere Nachbarn jenseits der Vogesen ihr Staatswesen unter krampfhaften Zuckungen ernenebten, feierten wir das goldene Zeit- alter unserer Poesie und unserer Philosophie; aber unser Vaterland lag blutend und zerrissen zu den Füßen des fremden Eroberers. Während andere durch Handel und Industrie zu hohem Wohlstände gelangten, blieb Deutschland in seiner wirtschaftlichen Entwicklung um ebensoviel zurück, als es in der Wissenschaft und Litteratur seinen Nebenbuhlern vorauseilte. Wenn Engländer und Franzosen in stolzem Nationalgefühl andere Völker nicht selten verletzten und hochmütig auf sie herabsahen, waren die Deut- schen zwar immer geneigt, das Fremde anzuerkennen und sich anzueignen, aber sie ließen sich auch nur zu oft verleiten, das Einheimische zu ver- achten und zu verleugnen, der nationalen Selbstüberhebung Selbstweg- werfung entgegenzubringen. In unsern Tagen hat sich dieses geändert; das heutige Deutschland darf sich in seinem wirtschaftlichen wie in seinem politischen Leben, in seinen kriegerischen so gut wie in seinen wissenschaft- lichen Leistungen jedem andern in freudigem Selbstgefühle zur Seite stellen; es war unserem glücklichen Geschlechte beschieden, die Höhe zu

6. Dichtung der Neuzeit - S. 198

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
198 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. Iphigenie erscheint als das Ideal nicht einer heidnischen, sondern einer mit wahrhaft christlichen Tugenden geschmückten Jungfrau. Der reine Adel ihrer hoheitsvollen Seele, die mit den sonst nur auf christlichem Boden gedeihenden Tugenden der Selbstverleugnung, der Opferwilligkeit, der Dankbarkeit, der Wahrheitsliebe und der jung- fräulichen Reinheit geziert ist, verscheucht nicht allein die um des Bruders Seele lagernden finstern Geister und sühnt den alten Fluch des Tanta- lidenhauses, er macht sogar den Feind zum Freunde. Zeigt so das Stück in seiner Titelheldin einen von christlicher Kultur und Gesittung durchhauchten Charakter, so ist der Aufbau desselben von antiker Ein- fachheit, indem Einheit des Ortes, der Zeit und der Handlung auf das strengste gewahrt sind, und eine völlig klassische Ruhe bei ebenso anmutigem als erhabenem Stile über das Ganze ausgebreitet ist. Daher ist die „Iphigenie", in welcher hellenische Schönheit und germanische Gemüts tiefe harmonisch verschmolzen sind, mehr und mehr als ein wunderhelles Seelengemälde, als eine der edelsten und schönsten Schöpfungen des Goetheschen Genius anerkannt worden und gilt mit Recht als ein unsterbliches Meisterwerk der deutschen Literatur. Gleich der „Iphigenie" bedurfte auch „Torquato Tasto" \ Schauspiel in fünf Aufzügen, ursprünglich in Prosa geschrieben, langer Zeit, ehe es 1789 zu glänzender Vollendung gelangte. Noch im Jahre 1787, nach der Vollendung der „Iphigenie", schrieb Goethe aus Rom: „Täte ich nicht besser, eine ,Iphigenie in Delphi' zu schreiben, als mich mit den Grillen des Tasso herumzuschlagen? Und doch habe ich auch dahinein schon zu viel von meinem Eigenen gelegt, als daß ich es fruchtlos auf- geben sollte." Und in der Tat sind in keinem Drama so viele Bezüge zu Goethes Person und Stellung zu finden als in „Tasso". Hatte doch auch Goethe in Weimar das Mißverhältnis zwischen Talent und Leben, den inneren Zwiespalt des Dichters und des Welt- und Hofmannes hinreichend an sich selbst in Erfahrung gebracht. Daher liegt der Angel- punkt des Stückes in dem Verhältnis Tastos zu Antonio, des Dichters zum Staatsmann, des Mannes der Phantasie, der Illusion, des Idealismus zu dem Vertreter der Nüchternheit, der Wirklichkeit, des Realismus; denn in diese beiden Personen, in Dichter und Minister, hat Goethe seine Person zerteilt, damit so zwei Männer entständen, „die darum Feinde sind, weil die Natur nicht einen Mann aus ihnen formte". Auch die Zeichnung des Hofes zu Ferrara bietet eine offenbare Parallele zu dem von Weimar, und läßt sich unschwer in dem Herzog Alfons von ' Vgl. Teil Iii, S. 176: „Goethes Torquato Tasso" von Rosenkranz

7. Dichtung der Neuzeit - S. 213

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 38. Schillers Werke. — Die lyrischen und epischen Dichtungen. 213 zugleich aber auch seine sittliche Tapferkeit, indem er die Liebe zu einer Dame, die ihm gegenüber nur ein leichtfertiges Spiel ihrer Eitelkeit getrieben hat, aus seinem Herzen reißt. „Ritter Toggenburg" offenbart uns die Allgewalt der Liebe, die selbst im schwersten Leid ver- nichteter Hoffnung doch noch in der Nähe der geliebten Person das einzige Lebensglück findet. „Der Gang nach dem Eisenhammer" besingt die Diensttreue und Frömmigkeit, die unbewußt alle Arglist und Tücke zu Schanden macht („Gott selbst im Himmel hat gerichtet"), und verkündet zugleich die Lehre, daß das Böse selbst sich vernichtet, und daß im Leben nichts zufällig ist. In den ideal gehaltenen Stoff versenkt der Dichter in seiner hohen und edeln Empfindungsweise sich ganz hinein, so daß Frau von Staöl nicht mit Unrecht über ihn rühmt: „La conscience est sa muse.“ „Das oft dünne, durchsichtige Gewebe der objektiven Darstellung wird dicht durch die goldenen Fäden, die der Sänger aus seiner eigenen Seele spinnend in dasselbe einträgt." Es ist, als wenn der Dichter unter fremder Maske sein eigenes ideales Denken und Empfinden, sein sittlich gestimmtes und geweihtes Gemüt ausspräche. Diese etwas lyrische Behandlung des an sich epischen Stoffes bringt eine wohltuende, leben sw arme und ergreifende Darstellung hervor, die noch anziehender erscheint durch die dramatische Handlung, wie sie vorzugsweise „Der Taucher", „Der Handschuh", „Der Graf von Habsburg" und „Die Kraniche des Jbykus" bekunden. Die Handlung wird noch mehr belebt durch den Dialog, den mehr oder weniger jede Romanze zeigt. Ebensosehr benutzt der Dichter zur Hebung des Ganzen glanzvolle Schilderungen, wie die unübertreffliche Zeichnung des Meeres- strudels im „Taucher", des Theaters in den „Kranichen des Jbykus", der Bestien im „Handschuh" und im „Kampf mit dem Drachen". Nicht minder werden Szenerie und Staffage farbenreich ausgeführt und mit aller Klarheit geschildert. Alle diese einzelnen Zeichnungen verletzen jedoch die szenische Einheit nicht, sie bilden vielmehr einen Bestandteil der Handlung selbst. Mit dieser dramatischen Gestaltung des Stoffes, der glanz- vollen Schilderung verbindet sich der erhabene Schwung der Sprache. Dieselbe ist, wenn auch dem Tone nach im einzelnen ver- schieden, allgemein, ideal und klangvoll, in starken wie in milden Tönen gleich reich. Sie ist belebt durch veranschaulichende Bilder- pracht, sowie durch einen Reichtum schlagender Antithesen, durch besondere Steigerungsformen und durch Alliterationen, die meistens Tonmalerei bezwecken.
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