653
Russisches Reich. — Jetziger Bestand.
fbrbevte, und somit dem ganzen hohen Adel ein Beispiel für die Zukunft gab.
Vergrößert ward daß Reich, wie im Innern durch Verbreitung des Anbaus und
Bethätigung der Industrie, so nach außen durch Eroberungen in Persien, in der
Türkei, in Preußen, Polen und Schweden. Zwar vermocbten seine Feldherrn,
wiederum fast sämmtlich Ausländer, wenig oder nichts gegen Napoleon. Sie
verloren bei Austerlitz in Mähren, bei Eilan und Friedland in Preußen, selbst
im Herzen des Reichs bei Mojaisk an der Moskwa; allein das Glück Rußlands,
damals (doch nur damals) zugleich das Glück Enropa's, wollte, daß Napoleon
zu spät vor der Winterkälte sich zurückzog, und sein Heer einbüßte. In Ver-
bindung mit den Deutschen genossen dann die russischen Truppen des Triumphs,
sogar Paris zu sehen.
Die wichtigsten Erwerbungen Alexanders waren: Finnland, Bialystok (Stück
von prenß. Polen) und der größte Theil des Herzogthums Warschau. Doch
fühlte der Kaiser, wie sehr diese neue Vergrößerung seines unablässig wachsenden
Gebiets die ihm verbündeten Europäer beunruhigen müsse. Er nahm deshalb
das Herzogthum Warschau nur als Königreich Polen mit eigner Ver-
fassung, doch unter seiner Oberherrschaft, und fügte dem Kaisertitel den eines
polnischen Königs hinzu. Die letzte Zeit seines Lebens erfreute er sich des
errungenen Friedens und starb den 1. December 1825 zu Taganrock am schwarzen
Meer. Ihm ist sein weit jüngerer kraftvoller Bruder Nikolaus gefolgt, der
alsbald Perser und Türken bekriegte, ihnen Länder in Armenien und Georgien
abnahm, dann das empörte Polen von neuem niederwarf und seinem Reich
völlig einverleibte, Heer ans Heer zur Bezwingung der kaukasischen Bergvölker
aussandte, und im I. 1849 den Oestreichern zur Unterdrückung der ungarischen
Revolution half. Daß er sein Ansehen in Europa dadurch so gestiegen glaubte,
um ungestört mit neuen Forderungen au den Sultan auftreten und mitten im
Frieden die Moldau und Wallachei besetzen zu können, ist allbekannt. Natürlich
mußten sich andre Großmächte zum Schutz der Türkei, oder vielmehr zur
Rettung des europäischen Gleichgewichts verbünden, und soniit ist der jetzige
Krieg entstanden, dem wahrscheinlich noch mehrere gegen den russischen Koloß
folgen werden.
Jetziger B e st a n d.
Das russische Reich umfaßt den Osten Europas, Nordasien und Nieder-
lassungen an der gegenüber liegenden Küste Amerikas, zusammen über 370000 Qm.,
mehr als den 7ten Theil des festen Landes der Erde; es streckt sich 2100 M. in
die Länge, mit einer Bevölkerung von 68*/; Millionen.
Das europäische Rußland (nebst Polen) gränzt an Gebirg und Fluß
Ural, ans kaspische Meer, an den Kaukasus, an schwedisch Lappland bei Tornea,
an Preußen, Galizien, Siebenbürgen, Türkei am Pruth und Donau-Ausfluß. Es
hat fast 63*/z Mill. Menschen auf mehr als 90000 Qm. Die Bevölkerung ist
fortdauernd im Wachsen; sie vermehrt sich jährlich um V/3 Procent. Nimmt
tuan den 3. Theil des Bodens, also 30000 Qm. als kulturfähig an, so kann die
Bevölkerung bequem auf 80 bis 90 Mill. steigen, was vielleicht schon in 40 bis
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Alexanders Nikolaus Nikolaus
Extrahierte Ortsnamen: Persien Türkei Polen Schweden Friedland Moskwa Paris Finnland Bialystok Warschau Armenien Georgien Europa Europas Nordasien Amerikas Kaukasus Lappland Galizien Donau-Ausfluß
360
Asien — Geschichte.
keine Christen. Zudem waren sie von Haus her zur Unterwürfigkeit unter
Hordenhäupter gewöhnt und deshalb unfähig, Freiheit zu wecken. Die Deutschen
dagegen hatten in ihrer uralten Heimat als freie Männer gelebt und alles
Wichtige mit ihren Oberhäuptern berathen. Wohin sie kamen, brachten lle diesen
Brauch mit; einem Tyrannen blind zu gehorchen, war ihnen fremd. Und über-
dem, wie schon gesagt, erhielten sie die Lehren des Christenthums, das alle
höheren Kräfte der Seele aufzuregen vermag und zugleich die Sitten mildert
und veredelt.
Als Timurs ungeheures Reich nach seinem Tode zerstückelt war, löste sich
die Einigkeit der Mogolen wieder in einzelne Horden auf, wie wir sie noch jetzt
finden. Nur noch einmal seit der Zeit des Weltstürmers Timnr ist eine Horde
wieder von Bedeutung geworden, doch ohne große Eroberungen und Verheerun-
gen. Dies sind die mogolischen Mandschu im Amurlande. Bei einem innern
Regentenkriege China's wurden sie um Hülfe gerufen, und machten ihr eigenes
Oberhaupt Kanghi zum Kaiser, 1662, seit welcher Zeit eine Mandschn-Familie
jn China herrscht und ihren Prachtsitz in der ungeheuren Stadt Peking hat.
Baber, ein Nachkomme aus Timurs Familie, besaß ein Gebiet am obern
Oxns und verließ es mit 10000 Reitern, um einen Einfall in Hindostan zu
machen. Das Glück begleitete seine Unternehmung. Er stürzte den musel-
männischen Staat am Ganges, um seinen gleichfalls muselmännischen aber
mogolischen Thron an dessen Stelle zu errichten. So entstand 1525 der Staat
von Delhi, der unter dem berühmten Acbar, Babers Enkel, sich weit in den
südlichen Theil der vorderindischen Halbinsel ausdehnte und den Titel Reich
des Großmoguls erhielt. Acbar und sein Großenkel Aurengz eb 1606 —
1707 haben nicht ohne Ruhm geherrscht; am meisten aber wurden ihre Namen
durch den Reichthum berühmt, der sich in der Hauptstadt Delhi an ihren Höfen
sammelte. Die Schätze des Großmoguls galten für außerordentlich. Da in
Asien überaus schnell die Staaten sich ändern, indem der Despotism nur
knechtischen Gehorsam verlangt, und eben deshalb ¡fein wahres Vertrauen zwi-
schen Fürst und Volk statt findet, so ist nicht zu verwundern, daß auch das Reich
des Großmoguls zerfiel. Einzelne Anführer von Kriegshanfen wuchsen ihrem
Sultan über den Kopf; es entstanden kleinere Staaten. Dem letzten Groß-
mogul Schah Allum stach 1788 sein Kronfeldherr und Großvezier, der Mahratte
Scindiah, die Augen ans. Blind, und von Alter und Armuth gebeugt, starb
er 1806 im 82. Jahre.
In Persien war unterdeß ein trauriger Zustand. Als die Mogolenstürme
nachgelassen, schlugen sich tnrkmannische Tatarenhäupter um den Besitz, bis ein
Inländer eine noch verderblichere Herrschaft errichtete (1500), die der Sofi's.
Als besonders wilder und blutdürstiger Tyrann aus dieser Familie wird Schah
Abbas genannt, der ums Jahr 1600 regierte; doch war er wenigstens ein
kräftiger Tyrann und machte seine Hauptstadt Jspahan glänzend. Als die
Sofi's endlich in Schwelgerei und Entnervung sich zu Grunde richteten, wurde
ihre Dynastie beendet durch den kühnen, habsüchtigen und hartherzigen Feldherrn
Kuli-Chan, einen Turkmann, der vom Kameeltreiber sich bis zum Schah
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392
Asien — Vorder-Jndien.
Kriegsvolk aus Europa hinüber senden konnten, war nie von großer Bedeutung.
Ja nicht einmal das brittische Reich, sondern eine bloße Handelsgesellschaft, die
oft indische Kompanie, war es, von der die großen Erwerbungen, freilich
gar bald mit Hülfe brittischer Regimenter, Generale und Staatsmänner, aus-
gingen. Und dennoch herrscht England jetzt in Asien über ein Reich von 150
Mill. Menschen, und zwar so, daß die eingebornen Völker nicht eben grollend
ihren europäischen Herrn gegenüberstehen, und selbst der Menschenfreund, dem
Unterjochungen durch Fremde ein Greuel sind, sagen muß: Hier sei einmal ein
Eroberungssystem durchgeführt worden, das den Unterworfenen zur Wohlfahrt
gereiche.
Der Hauptgrund davon liegt in der politischen und religiösen Denkart der
brittischen Nation. Bloße Klugheit ohne überlegene Kriegsheere hätte so Großes
nicht vermocht. Den Portugiesen oder Spaniern, selbst von Männern wie
Cortez und Albuquerque geführt, wäre es nie gelungen, denn sie hätten nur
Despotism und Religionshaß mit sich gebracht. Die Britten dagegen. an freie
bürgerliche Einrichtungen und religiöse Duldung gewöhnt, tasteten die Bräuche
und Regiernngsformen der einmal Bezwungenen nicht an; im Gegentheil brachten
sie den so oft unterjochten und,niedergetretenen Völkern Schutz gegen Willkühr,
Sicherheit auf den Straßen, Belebung der Gewerbe, und zuletzt sogar die Mög-
lichkeit einer neuen mit europäischer Bildung verwandten Entwickelung. Dabei
wurden freilich, sobald sie bei günstigen Anlässen ihre anfänglichen Handelszwecke
zu politischen erweiterten, diplomatische Ränke so wenig wie Gewaltschritte ge-
spart, aber die Völker waren erstaunt, in ihnen Sieger zu sehen, denen der
höhnende Uebermntb. die ungesättigte Raubsucht, die gegen Nationalheiligthümer
sich richtende intolerante Wuth moslemischer Eroberer fremd war. Friede
waltet jetzt vom Himalaya bis Ceylon, der ungestörtere Verkehr weckt die
Thätigkeit des Volks, und wie man rhu zu Lande nordwestwärts in die inner-
asiatischen Länder auszudehnen sucht, so sind 5000 einheimische Fahrzeuge mit dem
Seehandel beschäftigt. Nicht blos auf dem Ganges, auch ans dem Indus,
seit der Britte Burnes diesen Strom in 60 Tagen bis Lahore hinauf und in
15 Tagen abwärts fuhr, lassen sich Dampfboote sehen. Die Landstraßen,
woran es bisher sehr gebrach, werden allmählig vermehrt, und selbst an Eisen-
bahnen zu denken hat die Entdeckung von Steinkohlenlagern möglich gemacht.
Die brittische Kriegsmacht in Indien ist allerdings, da man vieler von
einander entfernter Garnisonen bedarf, sehr bedeutend (nämlich 250000 M.),
allein sie besteht größtentheils (nur 35000 sind Europäer) aus Eingebornen,
einerlei ob sie den Schiwa oder den Allah anrufen, und nur die hohen Offizier-
grade haben sich die Britten vorbehalten; Subalternoffiziere und Aerzte werden
meistens aus den Indiern genommen. So helfen diese selbst den Ausländern
ihre Siege erfechten, und obwohl dadurch kriegerischer gewöhnt, denken sie nicht
daran, ihre siebenfach überlegene Zahl gegen ihre Beherrscher zu wenden*).
*) Von den 215000 Mann indischer Truppen sind V, regelmäßige oder
Seapoys, die übrigen sind ungeregelt.
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Extrahierte Personennamen: Cortez
Extrahierte Ortsnamen: Asien Europa England Asien Albuquerque Ceylon Lahore Indien
396
Asien — Persien.
seine Waaren sind dauerhaft und von köstlichen Farben, wie es der unwandelbare
keinem Modewechsel unterworfene Geschmack der Asiaten verlangt. Dennoch
kommt eine Masse englischer Gewebe nebst andern Waaren, im Werth von 12 Mill.
Thalern, ins Land, und zwar über Trapezunt und Tauris. Der Werth der
Ausfuhr ist nur ys so groß. — Die Sitten des Volks werden als höchst ver-
dorben geschildert. Die Perser sind lebhaft und gewandt, reich an Complimenten
und schönen Worten, aber falsch; der Araber, selbst der Türk und Usbeke,
spricht deshalb mit Verachtung von ihnen.
Der unumschränkte Herrscher oder Schach (richtiger: Schah) hält sich jetzt
eine Garde nach europäischer Art von 6000 Mann, und einen sehr glänzenden
Hof, woran es auch Brauch ist, durchreisenden Fremden vom vornehmsten Stande
zur Aufwartung und Begleitung Hofkavaliere (Mihmandar's) beizugesellen.
Ortschaften Persiens: Gegenwärtige Residenz ist Teheran, mit
120000 E., auf altmedischem Boden südlich der kaspischen Berge. Während der
heißen Sommermonate lebt der größte Theil der Bewohner draußen unter
Zelten, und der Sultan in seinen Lustschlössern. In der Nähe Teherans lag
vor Alters Rag es; diese und andre ehmals glänzende Städte sind entweder
ganz oder zum Theil Ruinen, so daß Persische Gelehrte, wenn sie Alterthums-
forschung liebten, mehr Stoff zu Untersuchungen hätten, als die unsrigen. Von
Ekbatana gibt es noch Spuren unweit Hamadan, von Susa unweit Suhster.
Die wenigen Trümmer vom alten Persepolis heißen Tschilminar, d. i. die
40 Säulen. Kom, im Mittelalter glänzend, hat kaum 15000 E. und wird
wegen der Gräber muselmännisch-persischer Regenten vielbesucht; selbst Ali's
Gemahlin Fatime, des Propheten Tochter, soll hier begraben liegen. Von Tus
in Khorasan sieht mau nur noch Bruchstücke unweit Mesched. Das angenehme
Schiras, in weinreicher von Rosen duftender Gegend, war schon längst voll
Ruinen, ward aber am 4. Mai 1853 durch ein Erdbeben fast ganz zu Grunde
gerichtet. Man findet daselbst die Gräber der persischen Dichter Saadi (gest.
1291 als Greis von 102 Jahren) und Hafiz,, der 1389 starb. — Auch Jspa-
han, fast mitten im Lande gelegen, anziehend durch schattige Alleen und klare
Quellen, geraume Zeit die Residenz des Schachs, hat nur 90000 E. während
es noch im Anfange des vorigen Jahrhunderts über 300000 zählte. — Andre
bedeutende Städte sind: Tauris oder Tebris nahe dem See Urmia in der
Provinz Aserbeidschan, K asb in nordwestl. von Teheran, Rescht in Gbilan
mit dem kaspischen Hafen Enseli — jede mit 50 bis 60000 Bew. B als rusch
in Masenderan, aruch nahe dem Caspisee, hat über 100000 E.; kleiner ist der
Hanptort dieser Provinz, Astrab ad, und das im Osten liegende Mesched mit
dem Grabmale Harun al Raschids, wo vorzüglicher Sammet und gute Säbel
verfertigt, auch Türkisse geschliffen werden. Kermanschah in Kurdistan nahe
dem Zagrosch - Gebirge, hat ebenfalls Ruf durch Waffenfabriken. A buschehr
oder Benderbnschir am persischen Golf, mit 20000 E. meist Arabern, und mit
einer englischen Faktorei, ist gegenwärtg der beste Seehafen, doch fehlt es dem
Staate an einer Marine. Der Hafen Bender Abassi und die Felsinsel
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484
Olymp. Halbin sei — Geschichte.
Aristides bei Platäa den übermüthigen Asiaten Achtung vor griechischem Hel-
denmuth einflößten. Mit jenen glorreichen Tagen begann die ewig denkwürdige
Zeit, die unter mannigfachem Wechsel von Schicksalen ans dem kleinen Raum
des griechischen Bodens gezeigt hat, welcher Thaten, Gedanken und Kunstgebilde
der menschliche Geist fähig sei. Man überblicke nur die Gallerte ausgezeichneter
Menschen von Homer bis Demosthenes, und selbst noch aus der spätern eut-
artetern Zeit bis zum Jahre 146 v. Chr., wo mit der Zerstörung Korinths ganz
Griechenland zur römischen Provinz ward! Wenn auch neuere Nationen ihrer
eben so viele und geistvolle aufzuweisen haben, so bleibt doch den Griechen das
Verdienst, in der Kunst die reinste Schönheit, in der Philosophie Schärfe
und Jdeenschwung, in der Geschichte Wahrheit und politische Darstellung, in
Gerichts- und Staatssachen weise Beschränkung der Willkühr, und im
bürgerlichen Leben echte Humanität erst geschaffen und als Muster aufgestellt
zu haben. Perikles zu Athen hatte recht, in öffentlicher Rede die Gesittung und
feine Bildung seiner Vaterstadt zu preisen. Daß freilich noch Sklaverei daneben
bestand, ist als Schlacke des Heideuthums zu betrachten, wovon erst Jesu Wort
die europäische Welt reinigte; und daß in dem Lande, wo Sokrates lehrte, auch
Sokrates verdammt werden konnte, fällt dem politischen Partheihaß zur Last, der
zu allen Zeiten die Gefühle der Menschlichkeit mit Füßen tritt. Wer von den
Freveln hört, die 1793 und 1794 in Frankreich und Polen verübt wurden, sollte
der wohl glauben, unter gebildeten Christen zu leben? Und doch können wir
das nnsrige mit gleichem und höherem Recht, als Perikles das seine, ein Zeit-
alter der Humanität nennen. Auch an der strahlende» Sonne gibt es Flecken.
Nebst Griechenland wurden Macedonien, Jllyrien, Thracien und alle Land-
schaften bis zur Donau römisch und von Statthaltern herrisch regiert. Die Um-
wandlung der römischen Republik in ein Kaiserthum, 30 vor Chr., war wenig
geeignet, den Zustand, worin man gerathen, zu verbessern. 395 nach Chr. zer-
fiel das Reich. Der griechische Osten bekam seinen eignen Kaiser, dessen
Nachfolger fortan zu Constantinopel oder Byzanz residirten, wobei die Griechen
den Trost hatten, weder von Lateinern beherrscht, noch in der Völkerwanderung
von Barbaren gleich dem Abendlande vernichtet zu werden. Jedoch stand ein
solches Geschick nahe genug. Slawische Völker, Serwier, Bosnier n. a., ließen
sich in den Donanprovinzen und in Jllyrien nieder. Bulgaren (ein asiatisches
Volk) drängten sich dazwischen und besaßen einige Zeit große Stücke der byzanti-
nischen Monarchie, während in Afrika und Asien fast alles au die Mnhamedaner
verloren ging. Der im Abendland erwachsenen Ritterschaft, die einmal von
1204 bis 1261 den Thron Constantinopels besaß, und der venetianischen Repu-
blik fielen bedeutende Landstriche zu. So geschwächt, mußte das übel regierte
Kaiserthum endlich den osmanischen Türken unterliegen.
Osmans Horde, nach ihrem Führer Osmanli genannt, war eine der
türkischen, die aus der Seldschuckenzeit in Kleinasien nahe dem byzantinischen
Küstenstrich wohnhaft geblieben. Vor dem Ende des 13. Jahrhunderts nur 400
Familien zählend, ward sie durch Osman's, Orchan's und Amurath's Erobernngs-
geist an beiden Küsten, auf asiatischer und europäischer, herrschend. Das feste
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Extrahierte Personennamen: Osmans
Extrahierte Ortsnamen: Aristides Griechenland Frankreich Polen Griechenland Macedonien Donau Constantinopel Byzanz Donanprovinzen Jllyrien Afrika Asien Kleinasien
590
\
Beinahe ganz Toskana, selbst dir ehinals mächtige Stadt Pisa, mußte sich
den Florentinern anschließen; nur Lucca blieb unabhängig. So stand es gegen
Ende des 15. Jahrhunderts, als die Herrscher von Spanien, Frankreich und
Oestreich nach größeren« Länderbesitz strebten und blutige Kriege über Italien
kamen. Durch die Vereinigung Spaniens und der deutschen Krone unter Kaiser
Karl V. kam das Uebergewicht auf spanische Seite, und die Franzosen mußten
das Feld räumen; allein das Ende dieser Kämpfe war für Italien betrübt.
Karl machte den Mediceer Alexander, der seiner großen Ahnherrn Cosmo und
Lorenzo (berühmte Bürger in Florenz im 15. Jahrhundert) durchaus unwürdig
«var, 1530 zum Herzog von Toskana und überließ das eroberte Herzogthum
Mailand 1556 seinem Sohne Filipp Ii. von Spanien, der schon Neapel und
Sizilien besaß. So verschwand Florenz wieder aus der Reihe der Republiken;
Genua und selbst Venedig wurden unbedeutender, da der indische Waarenzug
über Aegypten seit Entdeckung des Seeivegs um Afrika herum aufgehört hatte;
und unter den Fürsten war der Einfluß der spanischen Regierung in Verbin-
dung mit der päpstlichen überwiegend.
Hieinit beginnt die neue Geschichte Italiens, weit ruhiger, aber auch weit
kraftloser als das Mittelalter. Niemals, seit dem 2ten Jahrhundert, genoß die
Halbinsel so langen Frieden, als von 1559 bis 1625, und v. 1748 bis 1792,
und doch brachten oft wenige sehr bewegte Jahre früherer Zeiten mehr echte
Geistesproducte zu Tag, als solche friedliche halbe Jahrhunderte. Die kleinen
Staaten wetteiferten nicht mehr untereinander, sie theilten blos die Schicksale
der größer«« Mächte Europas, und mußten eö über sich ergehen lassen, daß
z. B. der spanische Successionskrieg (1701—1713) auch auf ihrem Boden geführt
wurde, und daß hernach ihre Länder es waren, über die man «narktete und
sie verschiedentlich diesem und jenem Herrn zuschlug; wo unter andern Mailand
und Toskana an Oestreich kamen, und Neapel und Parma Fürsten aus der
spanischen Linie der Bourbons erhielten. Toskana befand sich dabei am besten;
denn ein so trefflicher Fürst, wie der Großherzog Leopold (nachmals Kaiser)
der es v. 1765—1790 regierte, war eine seltene Erscheinung. Gewaltsam
erschütterten hierauf die mit Frankreich seit der Revolution geführten Kriege
auch den bisherigen Zustand Italiens, so daß der nördliche Theil mit der
Hauptst. Mailand in ein Königreich Italien, Rom sogar in eine französische
Departementalstadt sich verwandelte, und in Neapel Napoleons Schwager
Murat herrschte. Daß solche Umwälzung auch manche Verbesserung veranlaßte,
daß der französische Kriegsdienst den Muth, wenigstens in der Lombardei,
wieder aufregte, ist gewiß; und besonders ermunternd war der Gedanke, daß
wieder ein Königreich Italien eristire. Allein mit Napoleons Fall stürzte auch
die neue Einrichtung über den Haufen, und viel ehemaliges kehrte wieder.
Nur die Republ. Genua und Venedig wurden nicht hergestellt; jenes erhielt der
sardinische König, dieses der Kaiser v. Oestreich.
Wie sehr die ueuern Italiener von ihren Vorfahren in« fl or enti «lisch en
Zeitalter, wie man die letzten Jahrhunderte des Mittelalters nennen kann.
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Extrahierte Ortsnamen: Toskana Lucca Spanien Frankreich Italien Spaniens Italien Florenz Toskana Mailand Spanien Neapel Sizilien Genua Afrika Italiens Europas Mailand Neapel Frankreich Italiens Mailand Italien Rom Neapel_Napoleons Lombardei Italien Genua
ool
Zn sein Geburtsland am Orus ließ er köstliche Schatze und eine Menge gewerb-
treibender Menschen aus verschiedenen Gegenden zusammenbringen, um seine
Lieblingsstadt Samarkand bevölkert, reich und glänzend zu machen. Sonst war
er nichts als eine Geißel der Welt.
Man sollte denken, daß die verdorbene Menschheit Persiens, Vorderasiens
U. s. w. durch jene unkultivirten kräftigen Reiterhorden hätte erfrischt und
verjüngt werden können, wie die Unterthanen Ronis durch die Deutschen;
allein Mogolen waren nicht Deutsche, Nomaden keine Freunde des Ackerbaues,
Anhänger der Lamareligion (wie Dschingischan) und Muselmänner (wie Timur)
keine Christen. Zudem waren sie von Haus her zur Unterwürfigkeit unter Hor-
denhäupter gewöhnt und deshalb unfähig, Freiheit zu wecken. Die Deutschen
dagegen hatten in ihrer uralten Hcimath als freie Männer gelebt und alles
Wichtige mit ihren Oberhäuptern berathen. Wohin sie kamen, brachten sie
diesen Brauch mit; einem Tyrannen blind zu gehorchen, war ihnen fremd. Und
überdem, wie schon gesagt, erhielten sie die Lehren des Christenthums, das alle
höheren Kräfte der Seele aufzuregen vermag und zugleich die Sitten mildert
und veredelt.
Als Timurs ungeheures Reich nach seinem Tode zerstückelt war, löste sich
die Einigkett der Mogolen wieder in einzelne Horden auf, wie wir sie noch
jetzt finden. Nur noch einmal seit der Zeit des Weltstürmers Timur ist eine
Horde wieder von Bedeutung geworden, doch ohne große Eroberungen und
Verheerungen. Dies sind die mogolischen Mantschu im Amurlande. Bei
einem innern Regentenkriege China's wurden sie um Hülfe gerufen, und mach-
ten ihr eigenes Oberhaupt Kanghi zum Kaiser, 1662, seit welcher Zeit eine
Mantschu - Familie in China herrscht und ihren Prachtsitz in der ungeheuren
Stadt Pecking hat.
Baber, ein Nachkomme aus Timurs Familie, besaß ein Gebiet am obern
Orus und verließ es mit 10000 Reitern, um einen Einfall in Hindostán zu
machen. Das Glück begleitete seine Unternehmung. Er stürzte den muselmän-
nischen Staat am Ganges, um seinen gleichfals muselmännischen aber mogoli-
schen Thron an dessen Stelle zu errichten. So entstand 1525 der Staat voll
Delhi, der unter dem berühmten Acbar, Babers Enkel, sich weit in den
südlichen Theil der vorderindischen Halbinsel ausdehnte und den Titel Reich
des Großmoguls erhielt. — Acbar und sein Großenkel Aurengzeb
1606 — 1707 haben nicht ohne Ruhm geherrscht; am meisten aber wurden ihre
Namen durch den Reichthum berühmt, der sich in ihrer Hauptstadt Delhi an
ihren Höfen sammelte. Die Schätze des Großmoguls galten für ausserordentlich.
Da in Asien überaus schnell die Staaten sich ändern, indem der Despotism nur
knechtischen Gehorsam verlangt, und eben deshalb kein wahres Vertrauen zwi-
schen Fürsten und Volk statt findet, so ist nicht zu verwundern, daß auch das
Reich des Großmoguls zerfiel. Einzelne Anführer von Kriegshaufen wuchsen
ihrem Sultan über den Kopf; es entstanden kleinere Staaten. Dem letzten
Großmogul Schah Allum stach sein Kronfeldherr und Großvezir, der Mahralte
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Extrahierte Personennamen: Babers
Extrahierte Ortsnamen: Samarkand Persiens Vorderasiens China Hindostán Acbar Acbar Asien
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Ebenen. Natürlich würde dann beim Steigen aller Gewerbe auch das Silber
von Potosi, das Gold von Cataguayta und anderes Metall, woran kein Man-
gel, tüchtiger gefördert und verarbeitet werden. Auch die feine Wolle der
Dicunna's wäre besser zu benutzen; man macht aber zu viel Jagd auf diese
Thiere und rottet sie beinah aus. — Zwei Staaten sind jezt aus Alt-Peru ge-
worden. 1) Peru, den nördlichen und fast den ganzen Küstenstrich begreifend,
nur durch eine Wüste von Chile getrennt, mit etwa 1,680000 ansäßigen Bew.,
nebst 1 Mill. Indianer in den Wäldern und Pampas. Lima, Hauptstadt auf
600' hohem Meerufer mit 73000 E. Die unten liegende Hafenstadt C a l l a o
ward 1746 durch Erdbeben zerstört. Der nächst wichtige Ort ist C u z k o mit
26000 mehrentheils peruanischen Bew., die in Kunstarbeiten, namentlich in Ma-
lereien, geschickt sind. Zwischen Cuzko und Lima, Ayacucho, wo 1824 die
Unabhängigkeit von Spanien erfochten wurde. — 2) Bolivia oder Oberperu,
theils von Gebirg (worin der Sorata und Jllimam) überlagert, theils Ebenen
und Pampas. Nur 1 Mill. Menschen. Chiquisaca mit 26000 E. Sitz des
Congresses, an einem Nebenfluß des Pilcomayo. Potosi, hoch in steinig kal-
ter Gegend der Andes mit reichen Silbergruben.
Republik Chile, 6000 Qm., 1 Mill. E.
Ein 270 M. langer Küstenstrich von vielen kleinen Flüssen bewässert. Gro-
ßer Reichthum an Producten. Orangen, Citronen, Oliven, Getraide, Wein,
Obst gedeihen vortrefflich. Rindvieh in Menge. Von den Indianerstämmen
hat nur einer seine Unabhängigkeit behauptet, die Araucanos im Süden; sie
stehen aber in friedlichem Verkehr mit den Chilesen. Auch diese Republik
hat gleich den andern, die im ehmaligen spanisch. Amerika einstanden sind,
an ihrer Spitze einen Präsidenten mit Senat und Deputirtenkammer. Mehrere
Häfen sind gut, namentlich Valparaiso, von wo man ins Innere zur Haupt-
stadt St. Iago reist. Diese liegt in schöner Ebne am Fuß der Andes und hat
48000 E., unter denen ein heitrer gastlicher Sinn herscht mit Liebe zu Musik
und Tanz. Die große Insel'c hi lo e dicht vorm Lande der Araucanos ist gut
angebaut.
Außerdem gehören der Republik noch einige Inselchen im Ocean, nament-
lich Juan Fernandez, die im Anfang des vorigen Jahrhunderts noch men-
schenleer war. Da setzte die Mannschaft eines Schiffes dort einen unruhigen
Burschen aus; der brachte Jahre lang als Einsiedler zu, bis endlich wieder
einmal ein Schiff anlangte und sich seiner erbarmte. Er hieß Alerander Selkirk.
Seine Schicksale benutzte der Engländer Defoe zur Abfassung der " Abentheuer
Robinson Crufoe's die unser Campe in das bekannte treffliche Lesebuch für die
Jugend umgewandelt hat. Jener Selkirk nun hatte auf der Insel eine Pflan-
zung begonnen, die nachmals von Ansiedlern benutzt wurde. Jetzt findet man
Hütten und Häuser im Schatten von Feigen- u. Weinlaub, während auf dem
Gebirg Cedern zu Bau - und Schiffholz gefällt werden.
Republik Buenos Ayres (über 30000 Qm.)
oder die 15 vereinten Provinzen v. La Plata. Die Bevölkerung, sowohl Weiße,
Mulatten und Mestizen, als Indianer, mag kaum 1 */2 Mill. betragen. Oest-
?
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Asien — Geschichte.
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und andere Städte glänzten durch Gewerb, Handel und muselmännische Wissen-
schaft. Doch blieb alles Wissen und die wahre Bildung der Völker
beschränkt durch die einförmigen den Geist beengenden Lehren
des Koran, und durch die entschiedene Vorliebe der Moslems für-
despotische Regierungen. Ihre Blüthe verging so schnell, als sie sich
entfaltet hatte. Auch politische Zerrüttungen fanden statt, was den abend-
ländischen Christen endlich Hoffnung gab, den Muselmännern wenigstens das
kleine asiatische Land zu entreißen, wo Jesus gelebt und gelehrt hatte. Große
Schaaren zogen aus Frankreich, Deutschland, Italien, England und andern
Gegenden in den Orient. Das Kreuz, welches sie an der rechten Schulter sich
anhefteten, war das Zeichen, daß sie für ihren Glauben das Schwert gezogen;
darum hießen sie Kreuzfahrer. Seit 1096 und während des 12. Jahrhunderts
geschahen die größten Kreuzzüge; auch ward die syrische Küste und die Stadt
Jerusalem erobert, doch kaum ein Jahrhundert behauptet; man mußte ganz
Palästina wieder aufgeben. Ja, seit das türkische Reich nach dem Jahre 1300
in Kleinasien durch den tüchtigen Krieger Osman (weshalb osmanisches Reich)
gegründet wurde, kam eine neue Kraft in die Bekenner des Islam, wodurch sie
den Rest des schlecht regierten oströmischen oder griechischen Kaiserthums über-
wältigten und im Jahr 1453 Konstantinopel eroberten.
Unterdeß gab es in Asien große Veränderungen, wodurch unsägliches Elend
hervorgebracht, viel Städte und Landschaften verwüstet, viele prächtige Tempel
der früheren Zeit, die von den ersten Chalifen, Sultanen und Schachs noch
verschont waren, in Trümmer gelegt, und die Menschen so mißhandelt wurden,
daß der Geist, der sonst in den Asiaten thätig gewesen und manches Bedeutende
hervorgebracht, fast gänzlich ausartete. Furchtbarer Despotism und Greuel aller
Art, von grausamen Herrschern ausgeübt, erstickten alle Keime des Bessern.
Zuerst nämlich unterwarf der Mogole Temudschin sämmtliche Horden
Hochasiens und brach als Großkaiser (Dschingis Chan 1206) in die südlichen
kultivirteren Länder. Ungeheuer waren seine und seiner nächsten Nachfolger-
Eroberungen; selbst in Europa drangen sie bis Lieguitz in Schlesien vor, und
behielten, als sie etwas wieder zurückwichen, doch Rußland an 200 Jahre unter
ihrer Herrschaft. Im Osten hatten sie China unterworfen. Als die mogolische
Macht sich zerstückelte, ahmte im 14. Jahrhundert ein anderer Mogol oder Tatar
Timnr (Tamerlan) das frühere Beispiel nach, und unterwarf die Länder
zwischen Kleinasien und China, plünderte und verheerte große Strecken Indiens.
In sein Geburtsland am Opus ließ er köstliche Schätze und eine Menge ge-
werbtreibender Menschen ans verschiedenen Gegenden zusammenbringen, um seine
Lieblingsstadt Samarkand bevölkert, reich und glänzend zu machen. Sonst war
er nichts als eine Geißel der Welt.
Man sollte denken, daß die verdorbene Menschheit Persiens, Vorderasiens
u. s. w. durch jene nnknltivirten kräftigen Reiterhorden härte erfrischt und ver-
jüngt werden können, wie die Unterthanen Roms durch die Deutschen; allein
Mogolen waren nicht Deutsche, Nomaden keine Freunde des Ackerbaues, An-
hänger der Lamareligion (wie Dschingischan) und Muselmänner (wie Timnr)
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Italien England Orient Jerusalem Palästina Kleinasien Konstantinopel Asien Hochasiens Europa Schlesien China Kleinasien China Indiens Samarkand Persiens Vorderasiens
Asien — China.
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Staatskontrole in 25 Sectionen, die ihre Jnspicienten in alle Provinzen
anssendet, und 2) des Kaisers Kabinetsralh, dessen Mitglieder dazu gebraucht
werden, den Sitzungen der Ministerien beizuwohnen und sowohl über deren
Thätigkeit zu berichten als auch darauf zu sehen, daß nichts gegen die Gesetze
und hergebrachte Reichsordnung geschehe. — Nach dem Muster der höchsten Be-
hörden ist auch die Verwaltung der Provinzen und Kreise unter Col-
legien gestellt, voll Statthaltern präsidirt, also nicht nach türkischer Art unter
Paschas.
Fragt man ferner nach der Justiz, so findet sich, daß ein zahlreiches Per-
sonal in mehreren Jnstanzeil dafür angestellt ist, und daß man im bürgerlichen
Proceß ziemlich schnell, in Crimiualsachen sehr bedächtig verfährt; der Kaiser
unterzeichnet erst nach langer Untersuchung ein Todesurtheil. Uebrigens rühmt
man noch das Kostenfreie der Rechtsprechung.
Der ganze Staatshaushalt soll 66 Will. Pfd. Sterling jährlich be-
dürfen, eine Summe, die großentheils in Naturalien eingeht und grade nicht
übermäßig ist, wenn man bedenkt, daß die Zahl der Mandarinen sich auf 35000
und das Kriegsheer auf mehr als eine Million beläuft. — Der Kern des
Heeres, die kaiserlichen Haustruppen zu Pferd und zu Fuß, besteht nach der
geringsten Angabe aus 67000 Mandschus, 21000 Mongolen und 27000 Nord-
chinesen (ans Familien, die den Mandschus bei der Eroberung des Reichs ge-
holfen) nebst einer Feldartillerie von 400 Kanonen. Von geringerem Range ist
die sogenannte grüne Fahne über 500,000 Mann nebst 125,000 Mann
Milizen, und 200,000 leicht berittene Mongolen. Schiffe oder Iunken
(Dschonken) zu 6 bis 8, höchstens 20 Kanonen, hält der Staat fast 2000 Stück
mit beinah 90,000 Seeleuten.
Fragt man schließlich nach der Religion des chinesischen Volkes, so hört
man, daß der Buddhaismus oder die Religion des Fo, wie die Chinesen den
indischen Buddha nennen, vorherrscht. Sie besteht ans Aenßerlichkeiten, Fasten
und (unblutigen) Opfern mit prunkvollem Gottesdienst, geleitet von einer zahl-
reichen Priester- oder Bonzen schaft, die in Klöstern zusammen lebt und das
Volk in Aberglauben und Unterwürfigkeit erhält, ohne irgend auf Bildung des
Geistes und Herzens zu wirken. (Näheres hierüber bei Tibet). — Auch die
von Laotse 550 vor Chr. verkündete Lehre, ans dem Dogma von der Seelen-
wanderung hervorgegangen und selbstbeschanliche Ruhe für das Höchste des Lebens
haltend, zählt viele Anhänger und ist, wie der Buddhaismus, in Aberglauben
versunken. — Der gelehrte Stand der Chinesen hat aber neben dem Buddhaismus
als der Staatsreligion, denn das kaiserliche Hans ist ihr zugethan, noch eine
Religion für sich: die des Konfutse, eines kaum 60 Jahr nach Laotse lebenden
Weisen, der als Moralist und Gesetzgeber sich großen Einfluß erwarb. Seine
heiligen Schriften (der Schnking rc.) enthalten viel Treffliches über Menscheu-
und Bürgerpflichten, und bekennen den Glauben an ein höchstes unsichtbares
Wesen; nur eignen sie sich wenig zur Pflege des religiösen Sinnes, da der
Unsichtbare nicht als allwaltender Vater der Menschheit darin aufgefaßt, und
dw Tugend nicht auf unerschütterliches Vertrauen zu Gott und auf Erfüllung
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