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Dritter Abschnitt. Dritter Zeitraum.
lichen Aberglauben und schob die Untersuchung auf, um weitere Befehle zu vernehmen."
Trajan erwiderte: „Du hast den richtigen Weg eingeschlagen. Denn es läßt sich für diese Untersuchung keine allgemein gültige Norm angeben. Man muß die Christen nicht aufsuchen; wenn sie aber angegeben und überwiesen werden, muß man sie bestrafen; wenn indessen einer Reue zeigt und unsere Götter anruft, so soll ihm verziehen werden. Anklagen ohne Namensunterschrift können nicht angenommen werden, weil das ein sehr gefährliches Beispiel und dem Geiste meines Zeitalters entgegen wäre."
Unter den vielen Christen, welche unter Trajans Regierung den Märtyrertod erlitten, war auch der 120 Jahre alte Bischof Simon von Jerusalem, welcher gekreuzigt wurde, so wie der ehrwürdige Bischof Ignatius von Antiochia, welchen der Kaiser selbst verhörte. Trajan war zornig über den frommen Mann und warf ihm vor, er sei vom bösen Geist besessen, verletze die Befehle seines Kaisers und reiße noch andere mit ins Verderben. Ignatius ent-gegnete dem Kaiser in freudigem Todesmute: „Wer Jesum freudig im Herzen trägt und seine Gebote treulich hält, ist nicht vom bösen Geist besessen; wohl aber jeder, der Jesum verleugnet! Eure heidnischen Götter sind böse Geister, welche die Menschen mit schädlichem Aberglauben umstricken. Und darum glaube ich nur an einen Gott und keinen andern neben ihm!" Der Kaiser ließ den edlen Glaubenshelden gefesselt nach Rom führen, wo er zur Belustigung des heidnischen Pöbels im Colosseum von zwei Löwen zerrissen wurde. Christliche Brüder sammelten sorglich die Gebeine des glaubensstarken Märtyrers und brachten sie als Reliquien nach Antiochien.
Hadrianus 117—138, der folgende Kaiser, war Trajans Vetter. Er ließ dem römischen Reiche in Rechtspflege und Verwaltung viele sorgfältige Verbesserungen angedeihen und bereiste, um die Lage des ungeheuren Reichs genau kennen zu lernen, dasselbe größtenteils zu Fuß. „Ein Kaiser," sagte er, „muß wie die Sonne alle Teile seines Reiches beleuchten." Die von Trajan jenseits des Euphrats gemachten Eroberungen gab er wieder auf; das unterworfene Britannien schützte er im Norden durch den Pictenwall gegen feindliche Einfälle. Seinen Hof zierten Schriftsteller, Künstler und Gelehrte; der bedeutendste darunter war der Grieche Plutarch (t 120), unter dessen zahlreichen Schriften die vergleichenden Lebensbeschreibungen griechischer und römischer Feldherrn und Staatsmänner (§. 61, 3) besondere Erwähnung verdienen. Hadrian selbst war von großer Kunstliebe beseelt und ließ Rom und viele Städte seines Reiches durch treffliche Bau- und Bildwerke verschönern. Auf
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140 Zweiter Abschnitt. Zweiter Zeitraum.
stütze in dem Areopag. Perikles ließ daher 460 durch den von ihm geleiteten Ephilltes in der Volksversammlung das Gesetz durchbringen, daß dem Areopag der Einfluß auf die Politik und Gesetzgebung entzogen wurde und nur die Blutgerichtsbarkeit blieb. Hierdurch wurde die ganze Staatsgewalt in die Hände der Volksversammlung gelegt. Damit aber auch der arme Bürger an den Staatsangelegenheiten teilnehmen konnte, ließ er ihn für die Arbeitsversäumnis bei dem Besuche der Volksversammlung (durch 1 Obolos) entschädigen. Die Richter erhielten für ihre Amtswaltnng Tagegebühren, und die Krieger empfingen Sold und Verpflegung. Um dem Armen die geistigen Genüsse des Theaters zugänglich zu machen, gab der Staat das Eintrittsgeld.
Nach außen erweiterte Perikles die Macht Athens, indem er es zum Mittelpunkt eines regen See- und Handelsverkehrs machte, der sich bis ins schwarze Meer, bis nach Ägypten und weit Über Italien ausdehnte. Er ließ neue Kolonien, wie Amphipolis u. a. gründen und sicherte seiner Vaterstadt die unbeschränkte Leitung des attischen Bundes, der sich über alle Inseln und Küstenländer des ägäischen Meeres erstreckte und über dreihundert Städte umfaßte. Die Bundeskasse ließ er von Delos, wo sie nicht sicher genug schien, nach Athen bringen. Die Beiträge der Bundesmitglieder, welche auf jährlich 1000 Talente angewachsen waren, wurden wie ein Tribut gefordert und entrichtet. Sein Plan ging dahin, den attischen Bund zu einem allgemeinen Griechenbund zu erweitern, der alle Griechen Europas und Asiens unter Athens Führung umfassen sollte. Zwanzig Männer luden die griechischen Staaten zu diesem Bunde ein und forderten dieselben auf, Abgeordnete nach Athen zu senden, um in Gemeinschaft mit ihm die Wiederherstellung der von den Persern zerstörten Tempel, die Lösung der geleisteten Gelübde und die freie Schiffahrt zur See zu beraten. Allein die Eifersucht Spartas und die Furcht vor Athens Macht und Herrschaft vereitelten den Plan: nicht ein einziger Staat folgte der Einladung des Perikles.
Die Künste. Zu keiner Zeit fanden Kunst und Wissenschaft mehr Anregung und Pflege als unter Perikles. Die reichen Mittel, welche durch die Jahresbeiträge der Bundesgenossen nach Athen flössen, benutzte er nicht bloß zur Erhaltung der großen Land- und Seemacht, sondern auch zu Spenden, Festen, Schauspielen, öffentlichen Aufzügen, sowie zur Verschönerung Athens durch prächtige Werke der Baukunst und Bildnerei. Hierbei unterstützte ihn sein
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§. 16. Die Frauen.
85
2. Unter den germanischen Frauen nahmen die gotischen und fränkischen die erste Stelle ein. Auch sie wurden, wie die altgermanischen Frauen, geachtet und ihre Geistesgaben anerkannt; man räumte ihnen gesetzlich sogar manche Vorrechte vor den Männern ein und bestrafte Unbilden, Mißhandlungen und Verletzungen, welche den Frauen zugefügt wurden, gewöhnlich doppelt so hart, als ähnliche, an Männern verübte Vergehen. Doch ist auf der andern Seite nicht zu übersehen, daß bei den Franken, wie bei den alten Germanen, die Frau eine verschiedene Behandlung erfuhr. So konnte bei den alten Germanen verlangt werden, daß sich die Frau mit dem toten Manne verbrennen lasse, und es kam vor, daß der Mann das Recht beanspruchte, die Frau zu verschenken oder zu verkaufen. Das salische Gesetz der Franken schloß die Töchter von der Erbschaft aus und betrachtete nur die Söhne als erbberechtigt. Dieser Artikel des salischen Gesetzbuches handelte eigentlich nur von Privatbesitzungen, wurde nachher aber auch auf die Besetzung des Thrones angewandt, dadurch wurde das weibliche Geschlecht von der Thronfolge ausgeschlossen. Auch bei den Ostgoten herrschte ähnlicher Brauch.
3. In der Geschichte der Goten werden mehrere ausgezeichnete Frauen genannt. Die Töchter Theodorichs des Großen (§. 7), Theudegota und Ostrogota, waren, erstere an den Westgotenkönig Alarich, die zweite an den burgundischen Prinzen Sigmund vermählt. Theodorich vermählte sich zum zweitenmale mit Chlodwigs Schwester Audosletis, mit welcher er eine Tochter, Amalasunla, empfing. Nach Theodorichs Tod folgte Amalafuntas Sohn, Athalarich, und seine Mutter führte die Vormundschaft. Als sie ihrem Sohne eine römische Erziehung geben wollte, wurde das Volk unwillig und zwang die Königin, dem Prinzen gotische Herrn zu Gesellschaftern zu geben. Diese verleiteten den Prinzen zu allen Lastern und führten seinen frühen Tod herbei. Nun bestieg Amalafunta den Thron (§. 7); da die Goten aber einer Frau zu gehorchen für unmännlich hielten, so reichte die Königin ihrem Vetter Theodat die Hand und erhob ihn zum Mitregenten; dieser, ein habsüchtiger, gelehrter und schon bejahrter Mann, hatte eidlich zugesagt, er werde die Regierung der Königin überlassen. Allein bald nach seiner Ankunft in Ravenna ließ er seine Wohlthäterin festnehmen, auf eine Insel des Bolsenasees bringen und im Bade erdrosseln. Ihre Tochter Mathasuinta war zuerst an den Ostgotenkönig Vitiges, nach dessen Tod an den Bruder des Kaisers Justinian vermählt und fand ein frühes Ende (§. 16, 6). Theodorichs Schwestertochter war an den thüringischen Herzog Hermansried verheiratet; ihre
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8. Die Franken unter den Merowingern.
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welcher sich durch seine Kenntnisse und Biederkeit das volle Vertrauen des Königs erworben, dagegen durch seine strenge Gerechtigkeitsliebe unter dem Volke Feinde gemacht hatte, erschien vor dem König und suchte ihm den gefaßten Verdacht zu benehmen. Unter anderem beteuerte er, wenn Albmus schuldig wäre, so teilte der ganze Senat das Verbrechen des Angeklagten. Aber Theodorich gab leider den Verleumdungen böswilliger Menschen mehr Gehör und ließ die angesehensten Senatoren mit Boethius einkerkern. Dieser und sein Schwiegervater Symmachus wurden hingerichtet und starben mutig und geduldig im vollen Bewußtsein ihrer Unschuld.
Theodorich sah bald sein Unrecht ein und sein Gewissen ließ ihm keine Ruhe mehr. Bei Tische glaubte er einst in dem aufgesperrten Rachen eines Fisches die Leiche eines unschuldig Gemordeten zu sehen, welcher nach Rache dürstete. Von Reue ergriffen, verfiel er in eine Krankheit und starb 526 zu Ravenna.
Nach Theodorichs Tode sank die Macht der Goten bald wieder von ihrer Höhe. Seine Tochter Amalasunta (§. 16, 3), eine feingebildete Frau, übernahm für ihren unmündigen Sohn Athalarich die Regierung. Da aber der Sohn starb und die Goten einer Frau zu gehorchen nicht gewohnt waren, so reichte Amalasunta ihrem Vetter Theodat die Hand. Theodat strebte nach der Alleinherrschaft und ließ sie im Bade ersticken. Dies bewog den griechischen Kaiser Iustinian (§. 10), dem Ostgotenreich in Italien 555 ein Ende zu machen.
§. 8. Die franken unter tsen Seramingem.
Chlodwig 481—511. Von den germanischen Reichen, welche aus den Trümmern Westroms entstanden, war das Reich der Franken allein von Dauer. Die Franken hatten ihre ursprünglichen Wohnsitze an der Elbe und Weser verlassen und waren über den Rhein vorgedrungen, um sich in Belgien und Gallien aus Kosten der Römer eine neue Heimat zu gründen. Sie waren in die ripuarischen und falischen Franken geteilt, von denen jene an beiden Usern des Niederrheins, diese im nördlichen Gallien wohnten und zu Anfang dieses Zeitraums (476) unter verschiedenen Fürsten standen. Unter diesen wurde Chlodwig der Begründer des Frankenreichs. Er war der Enkel Merowigs, des Ahnherrn der merowingischen Königsfamilie der Franken und erst 15 Jahre alt, als er 481 seinem Vater in der Regierung der salischen Franken folgte.
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§. 8. Die Franken unter den Merowingern.
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Chlodwig diese Drohung vernahm, ließ er beide enthaupten und nahm ihr Reich und ihre Schätze ebenfalls in Besitz. Nun hatte Chlodwig noch einen Vetter, den König Ragnachar in Cambrap, einen üppigen, geizigen, unbeliebten Mann. Durch unechten Schmuck von Erz verleitete Chlodwig einige Leute seines Gefolges zur Treulosigkeit gegen ihren König. Als dieser nun wider Chlodwig zu Felde zog, wurde er geschlagen, und als Ragnachar sloh, fingen ihn seine eignen Leute
und führten ihn samt seinem Bruder gebunden vor den König,
welcher beide mit seiner Streitaxt niederhieb. Nach diesen frevel-
haften Thaten besorgte Chlodwig Nachstellungen von andern Verwandten, welche sich vielleicht gerettet haben könnten. Darum klagte er einmal laut in der Volksversammlung: „Wehe mir, daß der
Himmel mir alle meine Blutsverwandten genommen, und daß ich
einsam bin auf Erden." Er hoffte durch diese Worte Mitleid
zu erregen und die Überlebenden feiner Anverwandten kennen zu lernen. Aber alle Anwesenden schwiegen. Nun war er der Überzeugung, daß sein Land seinen Söhnen verbleiben werde.
Durch kriegerischen Mut, List und Verstellung war Chlod-
wig der Gründer des fränkischen Reiches geworden, das von den Sevennen, der Garonne und dem atlantischen Meere über den Rhein hinaus bis zu Neckar, Main und der Werra reichte. Mit germanischen Völkerschaften waren keltische und romanische Völkerreste staatlich vereinigt und von dem gleichen religiösen Band umschlossen worden. Deutsche Kraft verband sich mit römischer Form und verlieh dem neugegründeten Staate feste Grundlagen zu dauernder Herrschaft. Chlodwig starb in feinem 45. Lebensjahr 511 zu Paris, wo er in der Kirche begraben liegt, welche er den Aposteln zu Ehren hatte aufführen lassen.
Chlodwigs Nachfolger. Chlodwigs Reich wurde unter seine 4 Söhne verteilt. Der älteste erhielt den östlichen, rein deutschen
Teil, Australien, mit der Hauptstadt Metz, die drei jüngeren
teilten sich in das westliche, ursprünglich romanische Gebiet, Neustrien. Das Reich galt trotzdem als ein einiges, und die Brüder führten ihre Eroberungen gemeinsam aus. Mit den Sachsen verbunden , eroberten sie 530 Thüringen und vereinigten den südlichen Teil desselben mit ihrem Land, während der nördliche von den Sachsen in Besitz genommen wurde. Nach Gundobalds Tode unterwarfen sie 532 Burgund, welches fortan den dritten Hauptteil des Frankenreiches bildete. Als später die Ostgoten in Italien nach Amalasuntas Tode mit dem griechischen Kaiser Justinian Krieg
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§. 10. Vandalen und Ostgoten. Belisar und Narses. 51
und wurde auf dem Zuge nach Karthago von den katholischen Römern, die unter dem Drucke der arianischen Vandalen standen, mit Jubel als Befreier begrüßt. Den kecken Gelimer, welcher den König Hilderich unmittelbar nach Belisars Landung hatte hinrichten lassen, besiegte er in zwei Schlachten, sodaß er schon nach drei Monaten die Eroberung des Vandalenreiches nach Konstantinopel melden sonnte.) Gelimer hatte sich auf einem Berge verschanzt; er vermochte sich aber nicht lange zu halten und schickte, wie erzählt wird, einen Boten an Belisar mit der Bitte um ein Stücklein Brot, damit er feinen Hunger stillen, um einen Schwamm, damit er seine rotgeweinten Augen netzen, und um eine Laute, damit er das Lied seines Jammers zu ihren Klängen singen könne. Der Hunger zwang ihn zur Übergabe. Nachdem Belisar das Vandalenreich 534 in eine Provinz des griechischen Kaiserreiches verwandelt hatte, kehrte er von Karthago nach Konstantinopel zurück und feierte einen glänzenden Triumph. In großem, festlichem Zuge ging er von feinem Hause zur Rennbahn bescheiden zu Fuß; ihn begleiteten Gelimer in goldenen Ketten, die vornehmsten Vandalen und eine große Schar Diener, welche die erbeuteten Kostbarkeiten nachtrugen. Juftinian schenkte Gelimer das Leben und wies ihm Güter in Galatien an, das Vandalenvolk aber fand unter den Bewohnern des nördlichen Afrika feinen Untergang.
Die leichte Eroberung des Vandalenreichs veranlaßte Juftinian nach dem Tode Amalafuntas, feine Hand auch nach dem Dstgoten-reiche auszustrecken. Belisar übernahm abermals den Oberbefehl, eroberte 535 Sizilien und zog von hier aus nach Unteritalien, wo er willig aufgenommen wurde, da die meisten Katholiken den gotischen Arianern feindlich gesinnt waren. Er eroberte Rom und hielt sich gegen eine dreißigfache Übermacht, die der gotische König Vitiges, der Nachfolger des ermordeten Theodat, heranführte, bis neue Truppen von Konstantinopel erschienen. Die Goten übertrugen nun Belisar die Krone Italiens; er nahm sie scheinbar an und machte sich zum Herrn von ganz Italien, blieb aber feinem Kaiser treu. Doch dieser lohnte ihn mit Undank und rief ihn ab. Ohne Murren kehrte Belisar mit dem gefangenen Vitiges und dem reichen Schatze Theodorichs heim und legte denselben seinem kaiserlichen Gebieter ehrfurchtsvoll zu Füßen. Aber nochmals mußte Belisar gegen die aufständischen Goten, welche den jungen Totilas zum König erhoben hatten, nach Italien ziehen; allein da ihm aus Mißtrauen und Eifersucht die nötigen Hilfsmittel versagt wurden, so bat er um seine Entlassung. Er kehrte zurück, schlug zehn Jahre
4*
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§. 10, 3. Ludwigs Xiv. Krieg mit Holland.
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getreten" richtig auslegen lasse, bestellte Ludwig 1680 sogleich vier Gerichtshöfe, unter dem Namen Reunionskammern, zu Metz, Doornik, Breisach und Besanyon, welche feststellen sollten, was nach Rolands Ansicht Frankreich an Land und Leuten noch auszusprechen habe. Man klügelte heraus, daß Rechtsansprüche auf das Kloster Weißenburg, aus Germersheim, Zweibrücken, Saarbrücken, Mömpelgard Straßburg und die freien Städte im Elsaß vorlägen. Ludwig ließ sich durch nichts beirren, seine ungerechten Forderungen beizutreiben, und lud die Besitzer, welche Glieder des deutschen Reiches waren, vor die französischen Gerichte, um ihre Einreden vorzubringen. Da sie nicht erschienen, so zog er ihre Gebiete ein. Alle Beteiligten erhoben laute Klagen, und Ludwig versprach, sich auf einem Kongresse zu Frankfurt rechtfertigen zu wollen. Aber er trieb fein Raubsystem noch weiter und entriß mitten im Frieden dem deutschen Reiche 1681 die freie Stadt Straßburg. Unerwartet erschien er vor dieser Stadt und forderte sie unter Drohungen zur Übergabe auf. Man war auf keinen Widerstand vorbereitet, öffnete die Stadtthore und ließ sich die Waffen abnehmen. Der ehrvergessene Bischof Egon von Fürstenberg, der schon längere Zeit mit Frankreich in verräterischem Bunde war, empfing den König an den Pforten des Münsters und begrüßte ihn: „Herr! nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben den Heiland gesehen!"
Während eine freie deutsche Stadt dem französischen Oberherrn huldigen und ihre Religion nach dem Willen ihres neuen Gebieters ändern mußte, saßen die deutschen Fürsten zu Frankfurt und stritten mit den Franzosen und unter einander über den Gebrauch der lateinischen Sprache in diplomatischen Verhandlungen und zankten heftig darüber, wem von den Gesandten die Bezeichnung Excellenz gebühre, und ob man bei den Beratungen im Kreise, im Viereck, in Hufeisen- oder Eiform sitzen wolle. Kaiser Leopold, dessen Land und Hauptstadt von den Türken hart bedrängt war, verlangte Waffenstillstand, bis der gemeinsame Feind der Christenheit verjagt sei. Ludwig sagte denselben endlich zu, wenn ihm Straßburg und die vereinigten Gebietsteile verblieben. Dies wurde ihm auf dem Reichs-tage zu Regensburg 1684 zugestanden, wenn er sich von nun an aller Reunion enthalte. Ludwig versprach einen 20 jährigen Waffenstillstand, hielt aber nicht Wort.
Der Orleanssche Krieg 1689—1697. Als 1685 mit dem Kurfürsten Karl die männliche Linie der Pfalz ausstarb und das Land
Saffians Weltgeschime. m. 5. Stuft. ü. Ph, Beck. 10
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§. 31. Die Ereignisse von 1815—1830. 307
banners, die schwarzrotgoldene Fahne, aufgepflanzt. Mißtrauisch sahen die Regierungen, vom Adel, von der Geistlichkeit und von der Armee getragen, dem Treiben der deutschen Patrioten zu. Auf dem Kongreß zu Aachen 1818, wo den Franzosen ein Teil der auferlegten Kriegskosten erlassen und die deutschen Besatzungstruppen zurückgezogen wurden, übergab der russische Staatsrat Sturdza eine Denkschrift, welche das Treiben auf den deutschen Universitäten als revolutionär bezeichnete. Man beobachtete die sogenannten demagogischen Umtriebe der deutschen Jugend genauer, und als ein schwärmerischer Student aus Wunsiedel, Karl Ludwig Sand, den russischen Staatsrat und Komödienschreiber August von Kotzebue, welchen man für einen gefährlichen russischen Spion hielt*), in Mannheim 1819 ermordet hatte, vereinigten sich die deutschen Fürsten auf Veranlassung des jeder freiheitlichen Bewegung entgegenwirkenden östreichischen Ministers Metternich, dessen engherzige Politik nur auf die Erhaltung des Bestehenden gerichtet war, zu einem Ministerkongresse zu Karlsbad 1819, welcher die deutschen Universitäten unter Aufsicht stellte, die Presse durch Einführung der Censur beschränkte, eine Untersuchungskommission in Mainz gegen demagogische Umtriebe anordnete**), die Turnplätze schloß und die Regierungen der Einzelstaaten von den Beschlüssen des Bundestages abhängig machte. Noch im nämlichen Jahre fand ein besonderer Ministerkongreß sämtlicher deutschen Bundesstaaten zu Wien statt, dessen Beschlüsse als die Schlußakte des deutschen Bundes am 15. Mai 1820 einstimmig angenommen wurden. Sie zielten hauptsächlich dahin, in den einzelnen Staaten den Landständen, welche allmählich ins Leben traten, nur eine beschränkte Mitwirkung
*) Kotzebue war mit einem deutschen Wochenblatte ausgetreten und hatte darin den deutschen Patriotismus, die Tracht und das Auftreten der altdeutsch gekleideten Studenten und die Redesucht der Professoren bewitzelt. Als man, hierüber aufgebracht und erbittert, noch erfuhr, daß Kotzebue geheime Berichte nach Petersburg schickte, ward sein Untergang beschlossen. Sand wurde 1820 in Mannheim hingerichtet.
**) Lange Zeit wurde nach staatsgefährlichen Verbindungen gesucht, eine große Zahl Studenten ins Gefängnis gebracht und gegen viele Professoren vorgegangen. Der Turnvater Jahn wurde verhaftet, Ernst Moritz Arndt in Bonn, Fries in Jena des Amtes entlassen; de Wette und Oken gingen in die Schweiz. Die Feier des 18. Oktobers ward verboten und das Siegesdenkmal auf dem Leipziger Schlachtfeld umgestürzt. Viele jüngere, talentvolle Männer wanderten in die Schweiz oder nach Amerika.
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Extrahierte Personennamen: Karl_Ludwig_Sand Karl Ludwig August Jahn Ernst_Moritz_Arndt Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Aachen Mannheim Karlsbad Mainz Wien Petersburg Mannheim Bonn Schweiz Amerika
354
Dritte Periode der Neuzeit.
Von Roon*). Unerwartet widersetzte sich das Abgeordnetenhaus der Vermehrung des Heeres, indem die darin herrschende Fortschrittspartei die Bewilligung der dazu nötigen Geldmittel versagte. Der König löste daher das Abgeordnetenhaus (März 1862) auf und berief an die Stelle des liberalen ein konservatives Ministerium unter von der Heydt. Aber in dem neuen Landtage hatte die Fortschrittspartei ein noch größeres Übergewicht; sie verweigerte aufs neue die Kosten für die Heeresreorganisation und forderte für die Infanterie statt der dreijährigen eine zweijährige aktive Dienstzeit. Die Regierung konnte von ihren Forderungen nicht abgehen; der König berief deshalb (Sept. 1862) den preußischen Gesandten in Paris, Otto von Bismarck**), einen Mann von weittragendem und tiefem Geistesblick, seltener Unerschrockenheit, unbeugsamer Willensstärke und reicher Erfahrung, in das Ministerium und ernannte ihn am 8. Okt. 1862 zum Präsidenten desselben.
*) Albrecht Theodor Emil von Roon wurde am 30. April 1803 auf dem Familiengute Pleushagen bei Kolberg in Pommern geboren, wurde 1821 Lieutenant, 1828 Lehrer beim Kadettencorps, machte sich als militärischer und geographischer Schriftsteller einen Namen, wurde
1846 Lehrer des Prinzen Friedrich Karl, 1859 Generallieutenant und von 1859—1871 Kriegsminister. Er wurde im Juni 1871 in den erblichen Grafenstand erhoben, 1873 Generalfeldmarschall und starb am 23. Februar 1879.
**) Freiherr Otto von Bismarck wurde am 1. April 1815 auf dem Stammgut Schönhausen in der Altmark geboren, studierte nach dem Besuch des Friedrich-Wilhelms-Gymnasiums in Berlin Rechtswissenschaften in Göttingen, arbeitete 1835 als Auskultator beim Stadtgericht zu Berlin, nach dem Übertritt zur Verwaltung bei den Regierungen zu Aachen und zu Potsdam, verließ 1839 den Staatsdienst und verwaltete das väterliche Gut Kniephos in Pommern, übernahm 1854 nach dem Tode seines Vaters das Gut Schönhausen, wurde in seiner heimatlichen Provinz Sachsen Deichhauptmann und Mitglied des Provinziallandtags, ragte in dem vereinigten Landtag zu Berlin
1847 als Redner der Regierungspartei hervor, bekämpfte die revolutionäre Bewegung des Jahres 1848 und zeichnete sich 1849 in der Zweiten Kammer zu Berlin, 1850 in dem Unionsparlament zu Erfurt als Führer der konservativen Partei ans. 1851 ernannte ihn Friedrich Wilhelm Iy. zum preußischen Gesandten am Bundestage zu Frankfurt, wo er bis 1858 seiner Regierung Östreichs preußenfeindliche Politik mit überraschender Einsicht klarlegte und für Wahrung der preußischen und Förderung der deutschen Interessen eintrat. Von 1859—1862 war er preußischer Gesandter in Petersburg, von Mai bis September 1862 in Paris.
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320
Dritte Periode der Neuzeit.
den Rest seiner Selbständigkeit verloren und ist 1832 unter Aufhebung der von Alexander gegebenen Konstitution als Provinz mit Rußland vereinigt worden. Die späteren Befreiungsversuche hatten ebensowenig Erfolg und gaben Veranlassung, daß der noch bestehende kleine Freistaat Krakau 1847 an Östreich kam.
4. Die Vorgänge in Deutschland.
Auch auf Deutschland übte die französische Julirevolution ihren Einfluß aus. Dem Artikel 13 der Bundesakte gemäß, „in allen Bundesstaaten eine landständische Verfassung" einzuführen, hatten mehrere deutsche Staaten den Wünschen der Unterthanen entsprechende Verfassungen gegeben, so Sachsen-Weimar unter dem trefflichen Großherzog Karl August (1775 —1828); Württemberg, wo dem strengen König Friedrich I. dessen volksfreundlicher Sohn Wilhelm I. (1816—1864) gefolgt war; Hessen-Darm stadt, Nassau und Baden. Bayern hatte nicht bloß eine Verfassung erhalten, sondern das Land besaß auch in Maximilian Josephs I. Sohn und Nachfolger Ludwig I. (1825 —1848) einen ebeln, kunstsinnigen König, der durch Künstler, wie den Baumeister Klenze, den Bildhauer Schwanthaler, die Maler Cornelius, Kaulbach, Schnorr, Schwind it. ct., seine Hauptstadt München (§. 40) zum Mittelpunkte für die Pflege der Baukunst, Bildnerei und Malerei erhob und dadurch in Deutschland eine Blüte der bildenden Künste herbeiführte. Aber in andern deutschen Bundesgebieten waren die Unterthanen mit ihren Regierungen unzufrieden, und an mehreren Orten trat dies offen zu Tage. In Braunschweig zündete das Volk das Schloß des durch seine Willkür verhaßten Herzogs Karl an, nötigte ihn 1830 zur Flucht und setzte die Erhebung seines Bruders Wilhelm (1830—1884) durch. Den König Anton von Sachsen, der 1827 seinem Bruder Friedrich August gefolgt war, und den Kurfürsten Wilhelm Ii. von Hessen, welcher ebenso willkürlich regierte wie sein 1821 gestorbener Vater Wilhelm I., veranlaßten Volksausstände zur Verleihung zeitgemäßer Verfassungen und zur Annahme ihrer Nachfolger als Mitregenten. Der Bundestag, den Wünschen des deutschen Volkes entgegen und zur Hebung von Deutschlands Macht und Ansehen unfähig, sah diese Vorgänge als gefährliche Neuerungen an und erließ 1832 auf Veranlassung des fortschrittsfeindlichen Metternich einige Beschlüsse, durch welche die Wirksamkeit der Landstände und der Presse abermals
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