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1. Geschichte des Altertums - S. 153

1889 - Wiesbaden : Kunze
24. Spartas Vorherrschaft. 153 nichts weiß." Und doch hatte ihn das Orakel zu Delphi den weisesten aller Menschen genannt. Sein Ende. Seine freimütige Lehre und in noch höherem Grade die Erfolge seiner Lehrweise hatten ihm Feinde und Neider zugezogen. Der große Haufen stellte ihn ohnedies mit den Sophisten in eine Linie, und so nahm man gern die gegen ihn gerichtete Anklage auf, daß er die vaterländischen Götter verachte und die Jugend verderbe. Der 70jährige Greis verteidigte sich selbst, verwies die Richter auf seine Schüler und zeigte, wie er sein ganzes Leben der Verbreitung der Wahrheit gewidmet habe. Allein obwohl er nachgewiesen hatte, daß die Anklage unwahr sei, wurde er doch mit geringer Stimmenmehrheit zum Schierlingsbecher verurteilt. Er murrte nicht über sein Schicksal, sondern freute sich, in der Unterwelt zu besseren Richtern und zu den gepriesenen Helden der Vorzeit zu kommen. Dreißig Tage mußte er noch bis zur Vollziehung des harten Spruches warten; denn das heilige Schiff, welches seit Theseus jährlich nach Delos gesandt wurde, um dem Apollo die versprochenen Opfer darzubringen, war noch nicht zurückgekehrt, und so lange dasselbe abwesend war, durfte in Athen kein Todesurteil vollzogen werden. Seine Schüler kamen täglich zu ihm, Kriton bestach sogar den Kerkermeister und suchte Sokrates zur Flucht zu bewegen; aber Sokrates war von der Wahrheit seiner Lehre so überzeugt, daß er für sie sein Leben lassen wollte und äußerte, ein braver Bürger müsse in allen Fällen sich den Gesetzen des Staates unterwerfen. So rückte allmählich sein Todestag heran. Seine Schüler waren im Gefängnis um ihn versammelt, und er redete in ergreifender Weise zu ihnen über die Unsterblichkeit der Seele. Dann trank er gegen Abend den Giftbecher. Als ihm die Glieder schwer wurden, begab er sich auf sein Lager; doch nach kurzer Zeit richtete er sich noch einmal auf und sprach, um damit anzudeuten, daß der Tod Genesung bringe, zu Kriton: „Ich bin dem Äskulap (dem Gott der Ärzte) einen Hahn schuldig; vergiß nicht, ihm denselben zu opfern." Hierauf hüllte er sich in seinen Mantel und verschied im 71. Jahre seines Lebens 399. §. 24. Spartas üoclieccfchaff. Griechenland Hatte nach Beendigung des peloponnesischen Krieges die ersehnte Ruhe nicht gesunden. Nach Athens Fall war Sparta wieder zur Hegemonie gelangt. Auf seine Veranlassung wurden die demokratischen Verfassungen überall, wo sie noch bestanden, aufgehoben und aristokratische Staatseinrichtungen getroffen, durch welche die

2. Geschichte des Altertums - S. 208

1889 - Wiesbaden : Kunze
208 Dritter Abschnitt. Erster Zeitraum. schleuderten sie ihre Schilde auf die Jungfrau und töteten sie; denn auch die Schilde trugen sie am linken Arme. Jetzt kam es zum Kampfe zwischen den Römern und Sabinern, und den letztem schien das Glück hold zu fein. Da stürzten auf einmal mitten im heftigen Streit die geraubten sabinischen Frauen unter die Kämpfenden und wußten dieselben durch Bitten und Vorstellungen zu bewegen, Frieden zu schließen. Es kam ein Vertrag zu stände, durch welchen sich die Latiner und Sabiner zu einem Volke vereinigten und von Titus Tatius und Romulus gemeinsam regiert werden sollten. Nach deren Tode sollte abwechselnd ein Latiner und ein Sabiner die Königswürde erhalten, der vom Senat zu wählen und von der Volksgemeinde zu bestätigen sei. Die Sabiner erhielten Sitz und Stimme in dem Senat und siedelten sich auf dem quirinalischen Hügel an. Als der Sabinerkönig nach 6 Jahren bei einem Volksauflauf den Tod fand, wurde Romulus Alleinherrscher über die vereinigten Gebiete. Er regierte im ganzen 37 Jahre über Rom und führte noch glückliche Kriege gegen die feindlichen Etrusker. Sein Ende war nach der Sage ein höchst wunderbares. Bei einer Musterung des Heeres entstand ein schweres Gewitter; die Sonne verfinsterte sich, und der Tag verwandelte sich in Nacht. Als die Sonne sich darnach wieder zeigte, war Romulus verschwunden, und dem bestürzten Volke wurde mitgeteilt, der Kriegsgott Mars habe ihn der Erde entrückt und zum Himmel emporgehoben. Lange Zeit verehrte das römische Volk den Romulus als einen Gott und nannte denselben Quirinus. Eine spätere Sage erzählt, daß Romulus von den Senatoren, welchen seine Herrschaft verhaßt gewesen, ermordet worden sei. Die älteste Staatsverfassung. Die Bewohner des jungen Staates teilten sich in zwei Stände, in die Freien und Halbfreien. Die Freien bestanden aus den Familien, aus welchen die Stadt gebildet worden war, nebst deren Nachkommen. Die Familienhäupter derselben hießen die Väter (patres) der Stadt, ihre Nachkommen Patrizier. Die Halbfreien waren die später Eingewanderten oder Unterworfenen samt ihren Nachkommen. Sie führten den Namen Plebejer, waren von der Teilnahme an der Staatsregierung ausgeschlossen, hatten weder bürgerliche Rechte noch Pflichten und mußten sich vor Gericht von einem Patrizier vertreten lassen. Um diesen immer mehr anwachsenden Teil der Bevölkerung dem Staat eng zu verbinden, wurde das Patronat gestiftet, wonach jeder Plebejer sich als Klient oder Höriger einem Patrizier anschließen und gehorchen mußte. Dieser war fein Schutzherr (Patron) und Vertreter in allen Rechts-

3. Geschichte des Altertums - S. 300

1889 - Wiesbaden : Kunze
300 Dritter Abschnitt. Dritter Zeitraum. lichen Aberglauben und schob die Untersuchung auf, um weitere Befehle zu vernehmen." Trajan erwiderte: „Du hast den richtigen Weg eingeschlagen. Denn es läßt sich für diese Untersuchung keine allgemein gültige Norm angeben. Man muß die Christen nicht aufsuchen; wenn sie aber angegeben und überwiesen werden, muß man sie bestrafen; wenn indessen einer Reue zeigt und unsere Götter anruft, so soll ihm verziehen werden. Anklagen ohne Namensunterschrift können nicht angenommen werden, weil das ein sehr gefährliches Beispiel und dem Geiste meines Zeitalters entgegen wäre." Unter den vielen Christen, welche unter Trajans Regierung den Märtyrertod erlitten, war auch der 120 Jahre alte Bischof Simon von Jerusalem, welcher gekreuzigt wurde, so wie der ehrwürdige Bischof Ignatius von Antiochia, welchen der Kaiser selbst verhörte. Trajan war zornig über den frommen Mann und warf ihm vor, er sei vom bösen Geist besessen, verletze die Befehle seines Kaisers und reiße noch andere mit ins Verderben. Ignatius ent-gegnete dem Kaiser in freudigem Todesmute: „Wer Jesum freudig im Herzen trägt und seine Gebote treulich hält, ist nicht vom bösen Geist besessen; wohl aber jeder, der Jesum verleugnet! Eure heidnischen Götter sind böse Geister, welche die Menschen mit schädlichem Aberglauben umstricken. Und darum glaube ich nur an einen Gott und keinen andern neben ihm!" Der Kaiser ließ den edlen Glaubenshelden gefesselt nach Rom führen, wo er zur Belustigung des heidnischen Pöbels im Colosseum von zwei Löwen zerrissen wurde. Christliche Brüder sammelten sorglich die Gebeine des glaubensstarken Märtyrers und brachten sie als Reliquien nach Antiochien. Hadrianus 117—138, der folgende Kaiser, war Trajans Vetter. Er ließ dem römischen Reiche in Rechtspflege und Verwaltung viele sorgfältige Verbesserungen angedeihen und bereiste, um die Lage des ungeheuren Reichs genau kennen zu lernen, dasselbe größtenteils zu Fuß. „Ein Kaiser," sagte er, „muß wie die Sonne alle Teile seines Reiches beleuchten." Die von Trajan jenseits des Euphrats gemachten Eroberungen gab er wieder auf; das unterworfene Britannien schützte er im Norden durch den Pictenwall gegen feindliche Einfälle. Seinen Hof zierten Schriftsteller, Künstler und Gelehrte; der bedeutendste darunter war der Grieche Plutarch (t 120), unter dessen zahlreichen Schriften die vergleichenden Lebensbeschreibungen griechischer und römischer Feldherrn und Staatsmänner (§. 61, 3) besondere Erwähnung verdienen. Hadrian selbst war von großer Kunstliebe beseelt und ließ Rom und viele Städte seines Reiches durch treffliche Bau- und Bildwerke verschönern. Auf

4. Geschichte des Altertums - S. 124

1889 - Wiesbaden : Kunze
124 Zweiter Abschnitt. Erster Zeitraum. sichtigen, über Religion, Gesetz und Sitte zu wachen und das Recht der Einsprache gegen Beschlüsse des Rates und der Volksversammlung. Seine Gerichtssitzungen hielt er bei Nacht ohne Licht. Die Thatsachen mußten bei denselben schlicht vorgetragen werden; die Richter stimmten durch Scherben, welche sie entweder in die Urne des Todes oder des Mitleids warfen. Waren die Stimmen gleich, so warf der Gerichtsdiener im Namen der Göttin Athene eine Scherbe in die Urne des Mitleids, und dadurch wurde der Angeklagte frei. Neben dem Areo-pag bestanden noch die niederen oder Volksgerichte, deren Mitglieder in der Volksversammlung jährlich aus allen vier Klassen gewählt wurden. Sie hatten die Rechtssachen über Leben, Eigentum und Bürgerrecht unter sich. Zum Kriegsdienst war jeder Bürger vom 18. bis zum 60. Lebensjahre verpflichtet. An der Spitze des Kriegswesens standen zehn Strategen, die ebenfalls jährlich gewählt wurden. Alle Ämter mußten unentgeltlich verrichtet werden. Um die Athener über die übrigen Hellenen zu erheben, forderte er bei der Erziehung der Jugend eine gleichmäßige Ausbildung von Körper und Geist, machte dieselbe aber nicht zur Staatssache wie Sparta, sondern überließ sie der Sorge des Hauses. Jeder Knabe mußte ein Gewerbe lernen, damit er sich dem Staate nützlich machen und seine Eltern, wenn nötig, im Alter unterstützen konnte. Der regelmäßige Unterricht begann in der Folge mit dem 7. Jahre. Die Jugend lernte Lesen, Rechnen und Schreiben auf Wachstafeln, vaterländische Lieder und Homers Dichtungen, die mit Begleitung der Kithara, eines Saiteninstrumentes, vorgetragen wurden. Der Unterricht wurde entweder von Hofmeistern (Pädagogen), denen die ganze Erziehung aufgetragen war, im Hause oder von Lehrern in Privatschulen erteilt. Neben dem Unterricht wurden in Gymnasien oder Turnhäusern die verschiedenen Leibesübungen betrieben. Mit dem 18. Jahre trat die Mündigkeit und ein zweijähriger Kriegsdienst ein, mit dem 20. Jahre das Stimmrecht in der Volksversammlung. Der Mädchenunterricht wurde ganz im Hause erteilt und blieb meist auf Handarbeiten und die Erlernung des Hauswesens beschränkt (§. 30, 4). Jeder Bürger mußte an dem Staatsleben regen Anteil nehmen. Wer in gefahrvollen Zeiten von den Volksversammlungen fern blieb, ging feines Bürgerrechtes verlustig. Nachdem Solon seine Gesetze auf hölzernen Tafeln hatte eingraben und auf der Burg hatte aufstellen lassen, ließ er feine Mitbürger schwören, die erhaltenen Gesetze zehn Jahre lang beizubehalten. Er verließ sodann seine Vaterstadt und begab sich auf Reifen nach Klein-

5. Geschichte des Altertums - S. 302

1889 - Wiesbaden : Kunze
302 Dritter Abschnitt. Dritter Zeitraum. früheren Herren, um den Qualen der Folter zu entgehen, sie hätten das Fleisch der eigenen Kinder verzehrt und greuliche Werke der Finsternis verübt. Dies veranlaßte manchen Statthalter, die christlichen Gefangenen unmenschlich martern zu lassen, um ein Geständnis zu erzwingen; nur wenigen entsank der Mut, die Mehrzahl beteuerte feierlichst ihre Unschuld. Der aufgebrachte Pöbel mißhandelte den freimütigen Bischof Pothinus so sehr, daß er wenige Tage nachher im Gefängnis starb. Ein Diakon von Vienne wurde mit glühenden Eisen so schrecklich gemartert, daß sein ganzer Körper nur eine Wunde war. Allein er verleugnete seinen Jesum nicht und wurde deshalb den wilden Tieren vorgeworfen, zerfleischt und dann getötet. Eine Sklavin, die zarte Blandina, welche vom frühen Morgen bis zum späten Abend entsetzlich gemartert worden war, blieb standhaft bei ihrem Glauben und wies alle Anschuldigungen zurück. Endlich wurde sie in ein Netz gesteckt und einem wilden Stiere vorgeworfen, welcher sie mit seinen Hörnern tötete. Über 50 Christen wurden damals zu Tode gemartert. Auch der Bischof von Smyrna, Polykarp, erlitt unter Marcus Aurelius den Märtyrertod, gerade als er das 86. Jahr erreicht hatte. Durch den Zuspruch seiner Freunde hatte er sich bewegen lassen, sein Haus zu verlassen und sich aufs Land zu begeben. Allein er wurde verraten, und als er seine Feinde in seine Wohnung eindringen sah, ging er ihnen freundlich entgegen, bewirtete sie und erbat sich nur eine Stunde zum Gebet. Darauf betete er mit solcher Inbrunst, daß selbst die Heiden gerührt wurden, welche ihn ergriffen und zum Statthalter von Kleinasien führten. Dieser redete ihn freundlich an und forderte ihn auf, er möge doch bei dem Kaiser, seinem Herrn, schwören und Christum lästern. Doch Polykarp erwiderte: „Ich bin 86 Jahre in seinem Dienste und er hat mir nur Gutes erwiesen; wie könnte ich ihm fluchen, meinem Herrn und Heiland!" Da er dem Statthalter gegenüber sich als Christ bekannt und die Menge seinen Tod gefordert hatte, so wurde er zum Feuertode verurteilt, und Juden und Heiden beeilten sich. Holz herbeizuschleppen. Man wollte ihn an den Pfahl binden, welcher auf dem Holzstoß errichtet war, allein er wehrte ab und sprach: „Laßt mich nur! Wer mir Kraft verleiht, das Feuer auszuhalten, der wird mir auch Mut geben, auf dem Scheiterhaufen zu stehen/' Ehe das Feuer angezündet wurde, lobte er Gott mit lauter Stimme. So freudig erlitten alle Märtyrer den Tod und besiegelten Christi Lehre mit ihrem Herzblut!

6. Geschichte des Altertums - S. 327

1889 - Wiesbaden : Kunze
§. 62, 2. Die römischen Frauen bis zum Ende der Republik. 327 das Jahr 43 v. Chr. hatten die Triumvirn Antonius, Octavian und Lepidus, da sie Geld brauchten, drückende Steuern ausgeschrieben und Gold und Silber bei Privaten und aus dem Tempel der Vesta genommen. Da diese auf ungerechte Weise zusammengebrachte Summe zur Bestreitung ihrer kriegerischen Maßregeln noch nicht ausreichte, so legten sie noch 1400 reichen Frauen, welche Anverwandte berühmter, verbannter Personen waren, eine höchst drückende Geldsteuer auf. Vergebens hatten die Frauen um Nachlaß gebeten und darauf aufmerksam gemacht, daß sie gesetzlich nur verpflichtet seien, einen kleinen Beitrag zur Unterstützung der Ritter zu leisten. Jetzt sammelten sich die Frauen auf den Straßen, machten sich Bahn und verlangten, von den Triumvirn gehört zu werden. Hortensia, die Tochter eines berühmten Redners, redete frei über die ihnen zugemutete Ungerechtigkeit und erzürnte die Machthaber so sehr, daß diese Gewalt gegen die Frauen gebraucht haben würden, wenn das Volk nicht laut zu murren angefangen hätte. Die Triumvirn gaben nach und erhoben nur von 400 Frauen die verlangte Steuer. Durch die glücklichen Kriege der Römer in Asien kam allmählich großes Unglück und Sittenverderbnis nach Rom. Prunkliebe, Genußsucht, Müßiggang, Schwelgerei und Laster aller Art ergriffen Männer und Frauen. Ein trübes Bild von tiefer Entsittlichung, deren die vornehmsten Frauen Roms sich schuldig gemacht hatten, geben die Nachrichten von der Entdeckung der Bacchanalien (Bacchusfeste) in Rom. Dieselben waren aus Campanien nach Rom verpflanzt worden. Anfangs wurden nur Frauen in diesen Geheimdienst eingeweiht; bald wurden auch Männer zugelassen und bei nächtlichen Gelagen große Vergehen verübt. Mord, Betrug, Giftmischerei, blieben denselben nicht fremd. Da entdeckte ein junger Mann, welchen die eigne Mutter hatte einweihen lassen wollen, dem Konsul die unzüchtigen Feste. Eine strenge Untersuchung, welche sofort eingeleitet wurde, enthüllte die gräßlichsten Vergehen; über 7000 Männer und Frauen hatten sich der Teilnahme an den Bacchanalien schuldig gemacht. Die Hauptverbrecher fielen unter dem Beile des Henkers, und ein Senatsbeschluß untersagte die Feier dieser greulichen Feste in Rom und Italien 186 aufs strengste. Der römische Dichter Plautus (f 184 v. Chr.) klagt, daß der Putztisch der römischen Frauen zum Unglück der Männer eingerichtet sei- Dreißig Arbeiter waren nötig, die Kleidungsstücke einer Frau anzufertigen, und fünfzehn verschiedene Moden wechselten in einem Jahre. Es ist leicht einzusehen, daß durch diesen unglaublichen Luxus nicht

7. Geschichte des Mittelalters - S. 8

1888 - Wiesbaden : Kunze
s Aus der deutschen Vorzeit. Die erste Gemeinschaft der Germanen bildete die Familie. An der Spitze derselben stand der Vater als Oberhaupt und sorgte für Recht und Schutz der Glieder seines Geschlechts (der Sippe). Wurde ein Glied verletzt oder getötet, so waren die übrigen zur Rache, selbst Blutrache verpflichtet, die nur durch öffentliche Unterwerfung zu einer Buße, dem Wergeld, abgewandt werden konnte. Mehrere benachbarte, freie Grundbesitzer bildeten eine Gemeinde oder Markgenossenschaft und befanden sich im Genusse des Gemeindelandes, dem Allmend. Aus mehreren Gemeinden wurde ein Gau, die erste politische Gemeinschaft, gebildet. In jedem Gau wurden zur Neu- oder Vollmondszeit an einem geweihten Orte, der Malstatt, Versammlungen abgehalten, zu welchen jeder freie Mann in Waffen erschien. An der Spitze der Gauversammlung stand ein Fürst oder Gaugraf, wozu die erfahrensten und angesehensten Männer der edeln Geschlechter gewählt wurden. Der Fürst hatte die Versammlungen und Gerichte zu leiten und war außerdem Führer im Kriege. In dieser Versammlung wurde der freie Jüngling wehrhaft gemacht; hier wurde Recht gesprochen über alles, was Leben und Eigentum anging. Konnte die Versammlung in einer Sache das Recht nicht finden, so nahm sie ihre Zuflucht zum Gottesurteil, zumeist zum Zweikampf, wobei dem Sieger das Recht zugesprochen wurde. Vereinigten sich mehrere Gaue zu einem Kriege, so wurde der tapferste Fürst oder Freie zum Herzog gewählt, der für die Dauer des Krieges den Oberbefehl führte und nach Beendigung desselben in seine frühere Stellung zurücktrat. Die Vereinigung aller Kämpfer bildete den Heerbann. Dieser wurde durch Boten oder den Heerpfeil, der Tag und Nacht von Hof zu Hof gebracht wurde, einberufen, und Priester brachten aus den geheiligten Hainen die Götterbilder herzu. Vor dem Beginn der Schlacht stimmten die Kämpfer feurige Schlachtgesänge an, in welchen sie ihre Götter und Helden feierten, und wobei sie aus der Fülle der Klänge aus den Ausgang des Kampfes schlossen. Sie verstärkten den Ton, indem sie den Schild (altnordisch bardhi) vor den Mund hielten, woher diese Sangesweife den Namen Barditus erhielt. Die Kämpfer waren in keilförmiger Schlachtordnung aufgestellt. Frauen und Kinder, die auf den Wanderzügen zugegen waren, blieben während des Kampfes in der „Wagenburg", von wo die Frauen dem Kampf folgten und die Wankenden anfeuerten. Vom Platze zu weichen galt, wenn man zum Kampfe wieder zurückkehrte, mehr für klug als feige. Wer den Schild in Feindeshand ließ, wurde von Opfern und Volksversammlungen aus-

8. Geschichte des Mittelalters - S. 85

1888 - Wiesbaden : Kunze
§. 16. Die Frauen. 85 2. Unter den germanischen Frauen nahmen die gotischen und fränkischen die erste Stelle ein. Auch sie wurden, wie die altgermanischen Frauen, geachtet und ihre Geistesgaben anerkannt; man räumte ihnen gesetzlich sogar manche Vorrechte vor den Männern ein und bestrafte Unbilden, Mißhandlungen und Verletzungen, welche den Frauen zugefügt wurden, gewöhnlich doppelt so hart, als ähnliche, an Männern verübte Vergehen. Doch ist auf der andern Seite nicht zu übersehen, daß bei den Franken, wie bei den alten Germanen, die Frau eine verschiedene Behandlung erfuhr. So konnte bei den alten Germanen verlangt werden, daß sich die Frau mit dem toten Manne verbrennen lasse, und es kam vor, daß der Mann das Recht beanspruchte, die Frau zu verschenken oder zu verkaufen. Das salische Gesetz der Franken schloß die Töchter von der Erbschaft aus und betrachtete nur die Söhne als erbberechtigt. Dieser Artikel des salischen Gesetzbuches handelte eigentlich nur von Privatbesitzungen, wurde nachher aber auch auf die Besetzung des Thrones angewandt, dadurch wurde das weibliche Geschlecht von der Thronfolge ausgeschlossen. Auch bei den Ostgoten herrschte ähnlicher Brauch. 3. In der Geschichte der Goten werden mehrere ausgezeichnete Frauen genannt. Die Töchter Theodorichs des Großen (§. 7), Theudegota und Ostrogota, waren, erstere an den Westgotenkönig Alarich, die zweite an den burgundischen Prinzen Sigmund vermählt. Theodorich vermählte sich zum zweitenmale mit Chlodwigs Schwester Audosletis, mit welcher er eine Tochter, Amalasunla, empfing. Nach Theodorichs Tod folgte Amalafuntas Sohn, Athalarich, und seine Mutter führte die Vormundschaft. Als sie ihrem Sohne eine römische Erziehung geben wollte, wurde das Volk unwillig und zwang die Königin, dem Prinzen gotische Herrn zu Gesellschaftern zu geben. Diese verleiteten den Prinzen zu allen Lastern und führten seinen frühen Tod herbei. Nun bestieg Amalafunta den Thron (§. 7); da die Goten aber einer Frau zu gehorchen für unmännlich hielten, so reichte die Königin ihrem Vetter Theodat die Hand und erhob ihn zum Mitregenten; dieser, ein habsüchtiger, gelehrter und schon bejahrter Mann, hatte eidlich zugesagt, er werde die Regierung der Königin überlassen. Allein bald nach seiner Ankunft in Ravenna ließ er seine Wohlthäterin festnehmen, auf eine Insel des Bolsenasees bringen und im Bade erdrosseln. Ihre Tochter Mathasuinta war zuerst an den Ostgotenkönig Vitiges, nach dessen Tod an den Bruder des Kaisers Justinian vermählt und fand ein frühes Ende (§. 16, 6). Theodorichs Schwestertochter war an den thüringischen Herzog Hermansried verheiratet; ihre

9. Geschichte des Mittelalters - S. 288

1888 - Wiesbaden : Kunze
288 Vierte Periode des Mittelalters. hieß der Kessel fang. Später bediente man sich der Kreuzprobe. Man stellte nämlich entweder den Kläger und den Angeklagten mit ausgestreckten Armen unter ein Kreuz und erklärte den für schuldig, welcher zuerst die Arme sinken ließ, oder man bezeichnete von zwei Würfeln den einen mit einem Kreuze, und sprach den frei, welcher den gezeichneten Würfel zog. Bei der Schwimmprobe galt es als Beweis der Schuld, wenn der ins Wasser Gestürzte nicht untersank. Bei der Probe des geweihten Bissens gab man dem Angeschuldigten unter den ärgsten Verwünschungen eine geweihte Hostie in den Mund. Konnte er diese ohne Mühe verschlucken, und blieb er auch nachher ohne Krankheit und Schmerzen, so wurde er für unschuldig erklärt. Endlich wird noch das Bahrrech t erwähnt. Man legte die Leiche eines Ermordeten auf eine Bahre und ließ den des Mordes Verdächtigen die Wunde berühren. Sobald das Blut aus derselben oder Schaum aus dem Munde des Gemordeten trat, oder wenn der Tote sich veränderte, so war der Angeklagte des Mordes schuldig. Manchmal nahm man statt der Leiche nur die Hand des Ermordeten; dies nannte man „das Scheingehen". Tie Ordalien kamen im 15. Jahrhundert ab; länger hielt sich die Tortur. Die Folter oder Tortur war ein Mittel zur Erregung heftiger körperlicher Schmerzen bei dem Angeklagten, um ihn zu einem Geständnis zu zwingen. Die Tortur hatte mehrere Grade. Der erste Grad bestand in Peitschenhieben bei ausgespanntem Körper und im Zusammenquetschen der Daumen in eingekerbten oder mit stumpfen Spitzen versehenen Schraubstöcken; derzweite in heftigem Zusammenschnüren der Arme mit härenen Schnüren, im Zusammenschrauben der Beine mit ähnlichen Werkzeugen, den spanischen Stieseln. Ein kreuzweises Zusammenpressen der Daumen und großen Zehen geschah durch das sogenannte mecklenburgische Instrument. Der dritte Grad bestand im Ausrecken des Körpers mit rückwärts aufgehobenen Armen auf einer Bank oder Leiter oder durch die eigene Schwere des Körpers, wobei Gewichte an die Füße gehängt wurden. Diese Marter wurde noch durch Brennen in der Seite, auf den Armen, an den Nägeln erhöht. Außerdem gab es noch eine Menge anderer Peinigungsmittel, z. B. die pommersche Mütze, welche den Kops aus eine bedenkliche Weise zusammenpreßte; der gespickte Hase, eine Rolle mit stumpfen Spitzen, über welche der auf der Leiter ausgespannte Körper auf-und abgezogen wurde. Gewöhnlich setzte man die Folter fort, bis ein Geständnis erfolgte. Leugnete der Beklagte, so fuhr man fort, den-

10. Die Weltgeschichte - S. 115

1835 - Mainz : Kupferberg
/ Sa lische oder Fränkische Kaiser. 113 gegen Griechen und Sarazenen, wird geschlagen bei Basan-n.s.v. tello 982, und stirbt zu Rom. 4) Otto Iii. unter Vormundschaft seiner Mutter durch 982. Gerbert, Meinwerk und Bernward gebildet (Mirabilia mundi), schlagt Lothar zurück, bekriegt Wenden, züchtigt den despo- tischen Crescentius in Rom, — Kaiser (Gerbert — Pabstlooo. Sylvester Ii.); will nach seiner Wallfahrt nach Gnesen Rom zu seinem Sitze machen (Empörung der Römer), stirbt zu Paterno 22 Jahre alt. 5) Heinrich Ii. der Heilige von Baiern, zieht dreimall002. in das unruhvolle Italien (seine Gefahr in Pavia ), — Kaiser; schenkt den Normänncrn Wohnsitze daselbst; kämpft gegen Polen; verschönert die Kirchen (Bamberg), stirbt 1024. Insignien des gekrönten Königs; Reichserzämter: Kämmerer, Truchseß, Mundschenk, Marschall. Pfalzgrafen — königliche Stellver- treter; Burggrafen. Ordalien. Bisthümer für die Slaven zu Bran- denburg, Havelberg re., für die meißnischen Wenden zu Meissen, Merse- burg, Zeiz; Erzbisthum zu Magdeburg 968. — Bearbeitung der Metalle allgemeiner seit der Entdeckung der unter Otto I. entdeckten Harzberg- werke. Gothische Bauart, — Münster zu Strasburg begonnen 1015. Die Sitten der Nation noch sehr roh, — Straßenraub rc. 3. Salische oder fränkische Kaiser, von 1024— 1125. * Konrad und Heinrich Iii. besaßen noch Kraft genüge u m mit Herrscher-Gewalt das U e b e r g e w i ch t der Herzoge nieder zu beugen; aber der unglückliche Heinrich Iv. muß seine Versuche schwer büßen; große Verwirrung erzeugt er im Reiche, und durch seine Charakterschwäche den Für- sten verhaßt, muß er sich demüthigen vor dem unbeugsamen Pabste, der unaufhaltsam seinen Plan, die weltliche Macht der geistlichen nnterzuordnen, weiter verfolgt; und wenn auch Heinrich V. den Päbstem zu trotzen verstand, so vermochte er doch den Herzogen die schon eingeführte Erblichkeitihrerwürdennichtzuentreißen. 1) K o n r a d Ii. der ältere, von den versammelten 1024. Nationen am Rheine gewählt, erweitert in Italien als Kaffer die Normännischen Besitznngen, dämpft die Empörung seines Stiefsohnes, Herzogs Ernst von Schwaben mit Welf und 8 *
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