— 112 —
Das von Festungswerken umgebene Lyon, am Einfluß der
Saone in die Rhone (481000 E.), die zweite Stadt Frankreichs,
ist der Hauptsitz der französischen Seidenindustrie, zugleich wichtiger
Handelsplatz. — S t. Etienne (136 000 E.), inmitten reicher
Steinkohlen- und Eisenerzlager, hat großartige Waffen- und Stahl-
Warenfabrikation (das „französische Birmingham").
Die Festung Dijon (68 000 E.) ist der Mittelpunkt des
bnrgundischen Weinhandels. •— Besanyon (58 000 E.), ebenfalls
eine starke Festung, betreibt lebhafte Uhrenfabrikation.
Vom Elsasj hat Frankreich im Frankfurter Friedeu (1871) nur
noch die Festung Belfort behalten, welche die „burgundische Pforte"
beherrscht.
Französisch-Lothringen mit dem Hauptort Nancy (96 000 E.)
hat viele befestigte Plätze; besonders wichtig sind Toul und Verduu.
Reims (108 000 E.), Chalons-sur-Marne und vor
allem Epernay sind die Hauptorte für deu Handel mit Cham-
Pagnerwein. ■— Sedan an der Maas. 1870 Schlacht und Ge-
fangennahme Kaiser Napoleons Iii. durch die Deutschen.
Mittelfrankreich.
Orleans an der Loire (67 000 E.), vielfach umkämpfte Stadt
(Juugfrau von Orleans. Schlachten 1870). — Tours an der
Loire (63 000 E.) in sehr fruchtbarer und wohlangebauter Gegend,
dem „Garten Frankreichs". — Angers (77000 E.), Fabrikstadt.
— Limoges (78 000 E.) hat bedeutende Porzellanindustrie.
Die Insel Corsica ist ein rauhes, unwegsames Gebirgsland.
Hauptstadt Ajaccio, der Geburtsort Napoleons I.
Iranzöslsche Ileöcnränder und Kolonien.
In Afrika: Im Norden Algerien und der Schutzstaat Tunis;
im Westen Senegambien, Sudan, Französisch - Kongo; im Osten
Obok, die Comoren und von den Maskarenen die Insel Reuuion,
ferner der Schutzstaat Madagaskar.
In Asien: In Vorderindien Pondichery, in Hinterindien
Jndochina.
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Extrahierte Ortsnamen: Lyon Frankreichs Frankreich Reims Sedan Maas Napoleons Angers Limoges Ajaccio Afrika Algerien Tunis Madagaskar Asien Vorderindien_Pondichery Hinterindien
Jndochina
— 203
Portugal besitzt einen Teil von Senegambien sowie Angola,
das große Gebiet südlich der Kongomündung.
Der uuter der Souveränität des Königs der Belgier stehende
Kongo st aat (auf 2 250 000 qkm und 14 Mill. E. geschätzt)
reicht nur mit einem schmalen Streifen bis an die Mündung des
Kongo, breitet sich aber in Centralasrika über den größten Teil
seines Stromgebietes aus.
(Bodenbeschaffenheit, Klima und Produkte der aufgezählten Ge-
biete sind zumeist ähulich wie in Kamerun, siehe unten.)
Deutsche Schutzgebiete sind: 1. Togo, 2. Kamerun,
3. Deutsch-Südwestafrika.
Togo (82 000 qkm und 21/4 Mill. E., darunter etwa
100 Deutsche) liegt in Oberguinea zwischen der englischen Goldküste
und dem französischen Dahome. Die Küste, nnr etwa 60 km lang,
ist wegen der heftigen Brandung schwer zugänglich. Nach innen
steigt das Land allmählich zu einer fruchtbaren, wohlbebanten Hoch-
ebene und gut bewaldeten Gebirgszügen an. Die wichtigsten Er-
zeugnisse sind Palmöl, Palmkerne und Kautschuk. Haupthafen ist
Klein-Popo (5000 E.), Regierungssitz Lome (4000 E.).
Kamerun (zu 495 000 qkm, also fast so groß wie das Deutsche
Reich, und 3 Mill. E. geschützt, unter denen 250 Deutsche) liegt
am innersten Teil des Guiueabusens zwischen Französisch-Kongo und
Britisch-Nigerland. Die Ostgrenze bildet im allgemeinen der 15.°
östl. L. von Greenwich bis zum Tsadsee. Nach seiner Oberflächen-
gestalt besteht Kamerun aus einem schmalen, sumpfigen, feucht heißen
und ungesunden Küstengebiet, das von einem Urwaldgürtel umschlossen
wird. Jenseits desselben erhebt sich ein grasreiches, ziemlich gesundes
Hochland, das im Norden zu dem Gebirge von Adamaua ansteigt.
Doch steigt auch aus dem Küstenlande das vulkauische Kamerun-
gebirge (4000 in) empor. Die zahlreichen Flüsse sind wegen der
Stromschnellen nur streckenweise schiffbar. Die wichtigsten Ausfuhr-
artikel sind Kautschuk, Palmöl, Palmkerne und Elfenbein. In neuester
Zeit sind mit wachsendem Ersolg Kakao- und Kaffeepflanzuugen an-
gelegt worden. Handelsmittelpunkt und Regierungssitz ist Kamerun.
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— 207
Nördlich schließt sich daran das deutsche Schutzgebiet Deutsch-
Ostafrika (941000 qkm, also fast zweimal so groß als Deutschland,
und 3 Mill. E., darunter etwa 700 Deutsche). Das Gebiet erstreckt
sich an der Küste vom Rovuma bis zum Wangafluß und landeinwärts
über den Kilima-Ndscharo quer durch den Victoriasee und entlang
dem Tauganyika- und Nyassasee. Die politischen Grenzen sind:
Im Norden Britisch-Ostasrika, im Westen der Kongostaat, im Süden
Britisch-Centralasrika und der portugiesische Freistaat von Ostafrika.
Bild 75. Abessinier (König Menelik Ii.). und reichlichen Ertrag. Bei dem
lichen Verkehrsweges in das Innere kann der in Aussicht genommene
Bau einer Eisenbahn für die Erschließung des Landes und Förderung
des Handels von großer Bedeutung werden. Ausfuhrartikel siud: Elfen-
bein, Kautschuk (verdickter Saft einer Schlingpflanze), Kopal (bernstein-
artiges Harz) und Tabak. Der Regierungssitz ist Dar-es-Saläm
mit 6000 E. (Bild 74). Größere Handelsplätze sind: Tanga (4000 E.),
Pangani (4000 E.) und vor allem Bagamoyo (10000 E.).
Britisch-Ostasrika (über 1 Mill. qkm mit angeblich
6 Mill. E.) umschließt das Saud nördlich von Deutsch-Ostafrika bis
zum Jubfluß. Hauptort ist Mombasa (15 000 E.).
Das Kaiserreich Abessinien (Habesch) (508 000 qkm, 41f2 Mill.
E.) auf dem mächtigen, schwer zugänglichen Hochland gl. N. ist ein
Wie Kamerun, so hat auch
Deutsch-Ostafrika einen schmalen,
stark bewässerten, fruchtbaren,
aber ungesunden Küstenstrich, dem
sich nach innen ein grasreiches,
von Gebirgen durchzogenes Hoch-
land anschließt. An der Nord-
grenze erhebt sich die vulkauische
p fruchtbar. Die Anpflanzung von
Kaffee und Tabak verspricht guten
Masse des Kilima-Ndscharo bis
zu 6130 m. Das Gebiet ist
vollständigen Mangel eines natür-
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Tauganyika- Süden
Britisch-Centralasrika Ostafrika Britisch-Ostasrika Deutsch-Ostafrika Mombasa Abessinien Kamerun Deutsch-Ostafrika
— 81 —
Lechfeld. — Lindau, in
lieblichster Lage auf einer
Insel im Bodensee, treibt
lebhaften Handel mit der
Schweiz. — Kempten
(18 000 E.) an der Jller
vermittelt die Ausfuhr von
Käse und Butter des dnrch
treffliche Rindviehzucht be-
kauuteu Algäues.
Das Königreich Sachsen
(15000 qkm, 3 788000 E.)
breitet sich vom Nord-
abhange des Erz- und Lan-
sitzer-Gebirges bis in die
norddeutsche Tiefebeue aus
und gehört fast ganz zum
Stromgebiete der Elbe.
Die Bewohner sind größten-
teils protestantisch.
Sachsen wird in vier Kreishauptmannschaften eingeteilt.
1. Die Dresdener Kreishauptmaunschaft. Dresden,
in schöner Lage an der Elbe (390 000 E.), ist Haupt- und Resi-
denzstadt. Seiner prächtigen Bauten wie auch der reicheu Kunst-
sammlungen (weltberühmte Gemäldegalerie) wegen wird es „Elb-
Florenz" genannt. Technische Hochschule. — Meißen an der
Elbe (19 000 E.) hat die älteste Porzellanfabrik Europas. — Frei-
berg an der Mulde (30 000 E.), inmitten des großen Bergwerk-
bezirkes gelegen, hat eine Bergakademie.
2. Die Leipziger Kreishauptmaunschaft. Die Univer-
fitätsstadt Leipzig am Zusammenfluß der Pleiße und Weißen
Elster (430 000 E.) liegt in einer Ebene, auf welcher schon wieder-
holt entscheidende Schlachten geschlagen wurdeu (Völkerschlacht iiu
Bild 26. Nürnberg: Dürerhaus.
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Extrahierte Ortsnamen: Schweiz Sachsen Sachsen Dresden Europas Leipzig Nürnberg
— 200 —
zerstörten frühern Hauptstadt Chartum gegenüber angelegte Omdnr-
man, nnweit des Znsammenflusses des Weißen und Blauen Nils.
Das eigentliche Ägypten breitet sich am Mittel- und Unter-
lause des Nils aus; es reicht östlich bis zum Roten Meere, westlich mit
unbestimmter Grenze bis in die Libysche Wüste. Den Kern des Landes
bildet das Nilthal, das in Oberägypten nur eine Breite von 15 bis
20 km hat, in Unterägypten aber mit der Spaltung des Stromes sich
bedeutend erweitert. Nur das Nilthal (ungefähr 30 000 qkm)
ist anbaufähig; die regelmäßigen jährlichen Überschwemmungen
Bild 72. Pyramiden.
erzeugen eine außerordentliche Fruchtbarkeit. Die wichtigsten Pro-
dnkte sind: Baumwolle, Getreide, Reis und Zucker. Der Handel
hat dnrch die Erbauung von Eisenbahnen wie auch durch Eröffnung
des Sueskanals in neuester Zeit einen lebhaften Aufschwung genommen.
Die Bevölkerung — an 10 Millionen auf 1 Million
qkm — ist in Unterägypten am dichtesten, wo auf 1 qkm un-
gefähr 250 Menschen treffen. Mehr als 3/4 der Bewohner bilden
die Fellachen (— Pflüger), größtenteils Taglöhner. — Herrschende
Religion ist der Islam; doch giebt es über 1/2 Million Christen,
zumeist Kopten, daneben an 60 000 Katholiken.
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— 202 —
welche in früher Jahreszeit nach Europa versandt werden, ferner von
Getreide, Wein, Olivenöl, Vieh, Korkholz und Halfa, d. i. Steppen-
gras, welches zur Papierbereitnng verwendet wird. — Die Haupt-
stadt Algier (alsche, arabisch El-Dschesair) mit 92 000 E. steht in
lebhafter Handelsverbindung mit Marseille. — Andere größere Orte
sind: Oran mit 81 000 und Konstantine mit 48000 E.
Marokko
(812 009 qkm und 8 Millionen E.)
ist ein Snltanat, dessen mohammedanische Einwohner dnrch ihren
wilden Haß gegen die Christen berüchtigt sind. Das Land ist mit
Ausnahme des südlichsten Teiles sehr fruchtbar, wird aber schlecht ver-
waltet. — Hauptort ist das gewerbereiche Fes. zugleich wichtigster
Handelsplatz des Innern, mit etwa 150 000 E. Von dieser Stadt
haben die roten türkischen Mützen ihren Namen. — Die alte Haupt-
stadt Marokko (ca. 50 000 E.) liegt prächtig am Fuße des schnee-
bedeckten Atlas. — Tanger (20 000 E.), unfern der Straße von
Gibraltar, ist der bedeutendste Seehandelsplatz.
West- und Südafrika.
Mit Ausnahme der Negerrepnblik Liberia an der Pfeffer-
küste (85 000 qkm und 2 Mifi. E.) ist das ganze Gebiet in den
Händen europäischer Mächte.
Frankreich besitzt: 1. Senegambien und dessen Hinterland
am Niger bis zu der bedeutenden Karawanenhandelsstadt Timbnktu,
2. die Elfeubeiuküste und Dahoine in Oberguinea, 3. Französisch-
Kongo in Niederguinea.
Zu Großbritannien gehört: 1. das Land am untern
Gambia, 2. Sierra Leone, 3. die Goldküste, 4. Lagos mit der
lebhasten Handelsstadt gl. N. (37 000 E.) und das Gebiet des
untern Niger, 5. die Kapkolonie und Natal, endlich 6. Britisch-
Süd- und Centralasrika, das sich vom Kapland nordwärts bis
Deutsch-Ostafrika und dem Kongostaat erstreckt.
1
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Extrahierte Personennamen: Sierra_Leone Lagos
Extrahierte Ortsnamen: Europa Algier Marseille Marokko Marokko Tanger Negerrepnblik_Liberia Frankreich Niger Karawanenhandelsstadt_Timbnktu Oberguinea Niederguinea Gambia Niger Deutsch-Ostafrika
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436
Die neue Zeit.
1527. Kaiserlichen war. Der Kaiser entschuldigte sich beim Papste, und es kam eine Zusammenkunft zu Bologna zustande. isw.in dem Frieden von Cambray wurden die hauptsächlichsten Artikel des gebrochenen Vertrags von Madrid wieder ans-22.— genommen. Klemens Vii. krönte Karl V. zuerst zum König inm/ von Italien und zwei Tage nachher zum deut scheu Kaiser. 1530. 0o lüar der Friede mit Frankreich und Italien hergestellt.
Anmerkungen.
1. Karl V. rouvbe geboren zu Gent in den Nieberlanben und auch bort erzogen, roeshalb er mehr ein beutscher als ein spanischer Fürst roar. Sein Lehrer roar Abrian von Utrecht, Dechant von Löroen, den er später zu seinem Stellvertreter in Spanien machte und der als Hadrian Vi. den römischen Stuhl bestieg. Als Karl die Kaiserkrone empfing, muteten ihm in Deutschland die Freunde der Reformation, namentlich der Ritter Ulrich von Hutten, zu, er solle sich an die Spitze der Bewegung stellen, um mit Hilfe der Ritterschaft die päpstliche und die fürstliche Geroalt zugleich zu brechen und die kaiserliche Machtvollkommenheit zu proklamieren, roie dies die Hohenstaufen angestrebt. Aber Karl roar zu gerecht und ein zu getreuer Sohn der Kirche, als daß er auf solche Vorschläge einging. Er roar ein Mann nicht nur von seltener Bildung, sondern auch von edler Gesinnung. Als er in feinem 30. Jahre auf den Reichstag von Augsburg kam, schrieb Melanch-thou von ihm: „Bei ihm ist feine Spur von Leidenschaft, Hochmut oder Grausamkeit. Sein häusliches Leben ist voll der herrlichsten Beispiele von Enthaltsamkeit, Mäßigkeit und Nüchternheit. Kein Lasterhafter sann sich in seinen Umgang einschleichen, und zu Freunden hat er nur die größten Männer, die er sich nach ihren Tugenden auswählt."
2. Franz I., geb. 12. Sept. 1494, wurde in der Weise der alten französischen Ritterschaft erzogen und galt als Muster eines französischen Kavaliers, obwohl er sich dem Kaiser Karl gegenüber nichts weniger als ritterlich benahm Persönlich roar er von großer Tapferkeit, roas er besonders in der Schlacht bei Marignano bewies, in welcher er die für Mailand kämpfenden Schweizer besiegte (1515). Nach dieser Schlacht eroberte fein Feldherr Karl von Bourbon Mailand, warb Gouverneur biefer Stadt und Connetable von Frankreich. Der Herzog Mari-miliau Sforza zog als Privatmann nach Frankreich. Franz hatte jeboch zwei große Fehler an sich. Er hielt nie, was er versprach, und roußte seine Freunbe nicht zu schätzen. So handelte er auch höchst unbankbar an Karl von Bourbon, so daß dieser zum Kaiser überging, nunmehr deutsche Truppen gegen Franz führte und viel zum Siege von Pavia beitrug, wo Franz gefangen wurde. Im Vertrage zu Madrid versprach Franz, das Herzogtum Burgund herauszugeben, welches Ludwig Xi. der Maria von Burgund, der Großmutter Karls, gewaltsam genommen hatte. Aber bevor er den Vertrag unterschrieb, ließ er seine Vertrauten rufen und gab vor ihnen die Erklärung ab, daß er den Vertrag nur gezwungen unterschreibe und daß er dagegen protestiere. Alsdann gab er sein Ehrenwort, daß wenn die Reichsstände den Vertrag nicht genehmigen würden, er binnen sechs Monaten in die Gefangenschaft
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Extrahierte Personennamen: Cambray Klemens_Vii Karl_V. Karl_V. Karl_V. Karl_V. Karl Karl Ulrich_von_Hutten Karl Karl Franz_I. Franz_I. Karl Karl Karl_von_Bourbon_Mailand Karl Mari-miliau_Sforza Franz Franz Karl_von_Bourbon Karl Franz Franz Franz Franz Franz Franz Ludwig_Xi Ludwig Maria_von_Burgund Maria Karls
Extrahierte Ortsnamen: Bologna Madrid Italien Frankreich Italien Nieberlanben Utrecht Spanien Deutschland Augsburg Marignano Mailand Frankreich Frankreich Pavia Madrid Burgund Karls
§ 131. Friedrich der Schöne und Ludwig von Bayern. 355
hatten sowohl Ludwig als Friedrich sich an den Papst gewandt und um dessen Bestätigung gebeten. Allein Johann Xxii. versagte sie beiden und zwar mit vollständigem Rechte, denn keiner hatte auf die Krone Anspruch. Friedrich war vor seiner Erhebung zum Kaiser Vormund über die uiederbayerischeu Herzoge geworden. Darüber wurde Ludwig eifersüchtig und zog gegen Friedrich. Nach der für
Friedrich unglücklichen Schlacht bei Mühldorf (1322) kam aber ein Vergleich zu stände, gemäß welchem Ludwig versprach, die deutsche Kroue nie anzunehmen, während Friedrich dagegen die Vormundschaft über Ludwigs Verwandte niederlegte. Nun waren zu dieser Zeit neun Fürsten wahlberechtigt. Von diesen hatte Ludwig fünf Stimmen, Friedrich dagegen nur vier. Auch war Ludwig zu Aachen gekrönt worden, also am rechten Ort, aber vom Erzbischof von Mainz, der das Recht nicht hatte; Friedrich dagegen vom Erzbischos von Köln, der das Recht hatte, aber nicht ant rechten Orte. Der Papst versagte also mit Recht die Anerkennung, aber fehlte darin, daß er verlangte, die beiden Kronbewerber
sollten sich seinem Schiedssprüche unterwerfen, statt daß er eine Neuwahl veraulaßte. Auch erklärte er, daß er während der Erledigung des deutschen Thrones in den italienischen Besitzungen Reichsvikar sei,
und suchte demnach die Verwaltung der dem Reiche gehörenden Lander an sich zu ziehen. Nicht minder war es ein großer Fehler, daß er einen französischen Prinzen auf den deutschen Thron zu bringen suchte. Ludwig dagegen fehlte darin, daß er die vom Papste gebannten ttalie* nischen Fürsten unterstützte und in geistliche Angelegenheiten sich mischte, ivie er z. B. die Ehe der Gräfin Margareta, die von einem Schlosse in Tyrol den Namen Manltasch führte, und des Prinzen Johann von Böhmen eigenmächtig trennte, um sie seinem Sohne Ludwig von Brandenburg zur Gemahlin geben zu können. Zwei Umstände aber waren es, die jedesmal in den Weg traten, wenn Papst und Kaiser sich nähern wollten. Das war einmal der französische Einfluß, unter dem die Päpste, welche in Avignon residierten, standen, dann aber auch der Umstand, daß die deutschen Kaiser immer B t-fchöfe und Geistliche fanden, welche gegen den Papst auf deren Seite traten und sie im Widerstände bestärkten, um nicht von den Kaisern sallen gelassen zu werden. Das war eine der schlimmen Folgen der Vermischung des Geistlichen mit dem Weltlichen, wie sie im Mittelalter stattfand.
2. Nach der Schlacht bei Mühldorf, auf der Ant p fing et Heide (in Oberbayern), soll sich für Ludwig und sein Gefolge nichts zu essen mehr vorgefunden haben, als ein Korb mit Eiern. Ludwig teilte sie mit den Worten aus: „Jedem ein Ei, dem tapfern Schwepp ermann zwei." Nach andern Berichten that aber Sigfried (Seyfried) Schwep-permann nicht in der Schlacht von Mühldorf, sondern in einer 1313 bei Gamelsdorf vorgefallenen Schlacht dem Ludwig „das Best", d. h. verhalf ihm zum Siege. Darauf bezieht sich auch die unverbürgte Eiergeschichte. In der Schlacht von Mühldorf wurden nebst Friedrich auch sein Bruder Heinrich und ein Herzog Heinrich von Kärnten gelangen. 4000 Mann wurden erschlagen. Großen Schaden fügte Ludwig dem österreichischen Hause dadurch zu, daß er den Habsburgern alle Lehen absprach, wodurch die Leute ermuntert wurden, auf die habsbnr-gischen Güter zu greifen.
3. Der Bann, der über einen katholischen Christen ausgesprochen wurde (die Exkommunikation), ist dessen Ausschließung aus der kirchlichen Gemeinschaft, welches Recht der Kirche nicht nur zusteht,
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Ludwig_von_Bayern Ludwig Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Johann_Xxii Johann Friedrich Friedrich Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Ludwigs Ludwigs Ludwig_fünf Ludwig Friedrich Friedrich Ludwig_zu_Aachen Ludwig Friedrich Friedrich Ludwig Margareta Johann_von_Böhmen Johann Ludwig_von_Brandenburg Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Sigfried_(Seyfried)_Schwep-permann Ludwig_„das Ludwig Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Heinrich_von_Kärnten Heinrich Ludwig Ludwig
37
tigste Mann, welcher im Sinne der progressistischen Partei
regiert, aber 1843 durch einen Aufstand gestürzt wird, der
seinen Rivalen General Narvaez und die Moderados ans Ruder,
die Königin-Mutter Maria Christina nach Madrid zurück-
bringt. Neue Verfassung (1845); eine französische Intrigue
bringt die Vermählung der jungen Königin mit ihrem Vetter
Infanten Franz d’Assis, ihrer Schwester mit dem Herzog von
Montpensier, viertem Sohne Ludwig Philipps zu Wege. Ver-
fassungswirren, Kämpfe verschiedener Coterien, Ministerwechsel,
Hofkabalen hier wie in Portugal; für die Weltgeschichte ohne
Bedeutung.
2. Italien.
Dagegen ist die Entwicklung der Dinge in Italien von
steigender allgemeiner Wichtigkeit. Die Einheitsbewegung,
belebt durch den Hass gegen die österreichische Fremdherrschaft
macht in den Gemüthern raschere Fortschritte als die ent-
sprechenden Ideen in Deutschland, wo die Gegensätze weniger
gewaltsam gespannt sind, die Volksnatur weniger leidenschaft-
lich ist. Liberale und Radicale („das junge Italien“ Joseph
Mazzinis); wichtig das Buch Vincenzo Giobertis über den
„Primat Italiens“, der Italien die erste Stelle in der Fort-
schrittsbewegung der Welt und dem Papst die erste Stelle an
der Spitze eines neuen auf freisinnigem Grunde ruhenden italie-
nischen Bundes vindicirte. Epochemachend war die Papstwahl
vom 14. Juni 1846; Cardinal Johann' Maria Mastai (geb.
13. Mai 1792) als Pius Ix. gewählt- Als milder, menschen-
freundlicher, gutherziger Mann beginnt er mit einem Amnestie-
dekret und Reformen seine lange und wunderreiche Regierung;
errichtet einen Staatsrath und, halb freiwillig, halb schon ge-
zwungen durch die Bewegung, deren Führer aus dem milden
priesterlichen Mann einen Papst im Sinne der Träume Giobertis
machen, eine (Bürgergarde; auf der ganzen Halbinsel drängt
die liberale und nationale Partei unter der Fahne des Evviva
Pio Nono vorwärts. Oesterreich nimmt dieser Bewegung gegen-
über eine feindselig drohende Haltung an, lässt Juni 1847
unter päpstlichem Protest Ferrara besetzen, schliesst^Offensiv-
und Defensivtraktate mit den Herzogen von Modena und von
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Extrahierte Personennamen: Maria_Christina Maria Franz_d’Assis Franz Ludwig_Philipps Ludwig Philipps Joseph
Mazzinis Vincenzo_Giobertis Cardinal_Johann'_Maria_Mastai Johann Maria Pio_Nono
Extrahierte Ortsnamen: Madrid Portugal Italien Italien Deutschland Italien Italien Oesterreich Modena