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1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 96

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
96 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Mutterlande und den Kolonieen, dessen Regsamkeit sich mit der Zeit ins Unglaubliche steigerte. Durch die Philosophie unterschied sich der Hel- lene von den Barbaren so gut wie durch die Sprache; denn der rohe Barbar dachte nicht in solcher Richtung, der Hindu und Aegppter aber durfte nicht in dieser Richtung denken, weil ihm die Priesterkaste dies als Frevel ausgelegt hätte. Auch die Poesie entfaltete sich in den Kolonieen rascher und leb- hafter als im Mutterlande; denn der Himmel Ioniens war noch reiner als der Griechenlands, die Luft noch milder, der Boden Siciliens und Unteritaliens noch fruchtbarer, der Verkehr noch reger — also das Le- den heiterer und reicher, der Geist lebendiger. Doch blieb das eigent- liche Hellas nicht zurück; mußte es auch den Ionern den Homer als ihren Sohn lassen (sieben Städte stritten um die Ehre sein Heimathsort zu sein: Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis, Chios, Argos, Athen), so kannte es doch frühe seine Lieder und hatte Sänger in Fülle, welche die Namen der Helden aus dem Gedächtnisse des Volkes nicht ver- schwinden ließen. Hesiod aus Aekrä in Böotien schloß sich an die alten religiösen Dichter an, welche in ihren Liedern den Preis der Götter sangen, indem er in seiner „Theogonie" den Ursprung und die Folge der Göt- ter erzählt, und welcher Götter und Halbgötter Thaten die Erde als Schauplatz diente, ehe der Mensch auf sie gestellt wurde. In seinem andern Gedichte „Werke und Tage" erscheint das Landleben alter Zei- ten vorgeführt mit seinen Arbeiten und Freuden, und der Dichter er- mangelt nicht Lehren der Tugend und Klugheit einzustreuen. Von den lebenslustigen Griechen Kleinasiens tönten auch zuerst die Lieder der Freude und Lust herüber und fanden ihren Widerhall in Griechenland und Italien, wie die Philosophie den gleichen Gang eingeschlagen hatte. So tauschten die Griechen ihre geistigen Erzeugnisse aus, so entwickelte sich ihre herrliche Kraft immer mehr und mehr und verlieh ihnen ein stolzes Bewußtsein der Ueberlegenheit über alle anderen Völker. Dieses steigerte sich später auf den höchsten Grad, als Griechenland seine Kraft mit dem Beherrscher Asiens gemessen hatte; es reihte sich an die alten Dichter und Philosophen eine neue glänzende Schaar an und an diese auch die Geschichtschreiber und Redner. Diese großen Geister, ihre herrlichen Werke in der Sprache der Nation, flochten ein unsichtbares Band, welches < die vielfach getheilten Stämme immer wieder zu natio- nalem Selbstgefühl vereinigte und sie in trüben Zeiten noch einigemal aufrichtete.

2. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 137

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Perikles. 137 Allerdings fiel der Glanz der öffentlichen Werke auch auf jeden einzelnen Bürger zurück, und der Gemeingeist, der sich in ihnen offenbarte, mußte den Ruhm des athenischen Volkes über ganz Griechenland verbreiten; aber dies allein hätte doch wohl nicht hingereicht, den gemeinen Athener vergessen zu machen, daß diese ungeheuren Summen in seine Hände kamen, wenn er nur ernsthaft wollte, es ist nur erklärlich aus dem Kunst- sinne, welcher das ganze Volk durchdrang und von Perikles genährt wurde. So war Perikles zwar nicht der Schöpfer, aber doch der hauptsächlichste Beförderer der griechischen Kunst, daher diese unter ihm ihr goldenes Zeitalter hatte. Athen wurde durch ihn eine wahre Pflanz- schule der Kunst, die sich in rascher Entfaltung über andere griechische Städte verbreitete; athenische Künstler wurden in andere Städte berufen, so war z. B. die Statue des Zeus im Tempel zu Olympia, welche im Alterthume als das erhabenste Werk der Bildhauerei galt, ein Werk des Phidias, und fremde Künstler wunderten nach Athen, um sich an den dortigen Meisterstücken und in den dortigen Werkstätten auszubilden. Es ist schon gesagt worden, daß Perikles Odeen und Theater baute, Anstalten, welche für den Hellenen, namentlich den Athener, eine viel größere Bedeutung hatten, als ihnen bei uns zukommt. Sie ergötzten und unterhielten nicht allein das Volk, sie bildeten dasselbe auch in vielfacher Beziehung. Die Gesänge waren von den ersten Dichtern, die miteinander wetteiferten, geschaffen und von den besten Tonkünftlern mit Melodieen versehen; das Gemeine und Mittelmäßige wurde da nicht geduldet oder wagte sich gar nicht hervor. Der Gesang feierte die Götter, den Ruhm der Stadt, die Thaten der Vorfahren aus der ältesten Zeit wie derer, welche der Persermacht entgegengetreten waren; er erfreute nicht allein durch kunstvolle Harmonie in Wort und Ton, sondern mahnte zugleich an die waltenden höheren Mächte, erinnerte an die Väter, deren Erbe nun die Enkel beglückte, und spornte sie zu edler Nacheiferung. In Athen er- standen auch die größten Meister der tragischen Kunst: Aeschylus, Sophokles und Euripides. Aeschylus focht tapfer in der salaminischen Schlacht, So- phokles führte als einer der schönsten Jünglinge den Siegesreigen an und Euripides erblickte das Licht der Welt an jenem großen Tage. Diese Tra- giker waren für die Griechen in mancher Hinsicht die Nachfolger des Homer, indem sie ihre Stoffe aus diesem und der alten Heldensage schöpften und gleich den homerischen Gesängen die Furcht vor der waltenden Macht der Götter lehrten, vor Uebermuth warnten, der dann zu Falle kommt, wenn er am sichersten zu stehen wähnt. Frömmigkeit, edle Sitte, ehrfurchts- volles und dankbares Andenken an die Vorfahren, geheiligte Liebe zu der Vaterstadt — fanden in diesen Tragikern, besonders in dem weisen und erhabenen Sophokles, nicht minder ausgezeichnete Herolde, als der alten Heldentugend in Homer zu Theil geworden war. In dem athenischen

3. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 138

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
138 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Theater trat die Geschichte der alten Zeit vor die Augen des Volkes nicht in Erzählung, sondern in lebendiger Erscheinung; die Bühne war die Kanzel, von welcher Religion und Sitte gepredigt wurde, wo die Lehren derselben sich in Thaten und Leiden, in Segen und Fluch umgestalteten und als lebendige Beispiele auf den Zuschauer einwirkten. Zu diesem Zwecke bot das Theater den höchsten Schwung der Poesie in der edel- sten Sprache auf, und mit der Kunst des Dichters vereinigten sich har- monisch zusammenwirkend Plastik, Gesang und Musik, so daß das athe- nische Theater zu der vollkommensten Bildungsstätte wurde, die das Hellenenthum, und nur dieses, errichten konnte. Perikles öffnete sie dem gesammten Bürgervolke Athens; der Staat gab beträchtliche Zuschüsse zu der vollkommensten Aufführung dramatischer Meisterwerke und der arme Bürger erhielt das Eintrittsgeld aus der Staatskasse auf Vor- zeigung eines Täfelchens. Wer dem Perikles dies zum Vorwurfe macht, mißkennt die Bedeutung des athenischen Theaters und verwechselt das- selbe mit den Schaubühnen unserer Zeit, oder der Tadler muß den Stab auch darüber brechen, daß unsere Staaten so große Summen für Schulen aufwenden und es jedem Staatsbürger möglich machen, sich die heutige Bildung (die freilich eine andere ist als die hellenische) anzueignen. Allerdings wurde das spätere Athen durch seine Theater- wuth berüchtigt, die so weit ging, daß man die Gelder, die zu einem Feldzuge oder zur Ausrüstung einer Flotte bestimmt und nothwendig waren, auf Schauspiele verwandte; aber wer will den Perikles dafür verantwortlich machen, daß sein Volk ausartete und Männern folgte, welche es zur Genußsucht verleiteten und gegen seine höchsten In- teressen verblendeten? Geschah doch Aehnliches mit den feierlichen Prozessionen, welche Perikles durch Staatsgelder und das Aufgebot aller Künste verherrlichte; auch diese verloren später ihre religiöse Weihe und arteten zu einem Schauspiele aus, das die Staatsgelder verschlang und reiche Bürger zu übermäßigem Aufwande nöthigte, welche dem Miß- fallen des herrschenden Volkes und den Gefahren der Volksungunst ausweichen wollten. Perikles rühmte den Athenern ihre Stadt als die Bildnerin des gesammten Griechenvolkes, und stellte neben ihren Kriegsruhm ihre allseitige Bildung als ebenbürtige Genossin. Athen gab den Perser- kriegen die nationale Richtung, welche durch Kimon zum vollständi- gen Siege, zur Befreiung der asiatischen Griechen und zu dem großen Aufschwünge der ganzen Nation führte. Was wären die olympischen Feste gewesen ohne den Triumph über Asien? Da wurden die Helle- nen sich bewußt, daß sie das erste Volk der Erde seien; denn sie hatten das Größte vollbracht, was je durch eine Nation geschehen. Da- rum rauscht ein Strom hellenischen Volkslebens in den Festgesängen

4. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 164

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
164 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. hole und symbolischen Darstellungen zur Göttergeschichte. Die griechi- schen Denker erkannten es, daß die Religionen der Aegypter, Baby- lonier u. s. w. die Bilder waren, in welchen sich die Gedanken der Völker über die Entstehung der Welt und deren Erhaltung, über die Be- stimmung des Menschen und sein Verhältniß zu den höheren Mächten aussprachen. Diese Bilder erhielten ihre vollendete Fassung und Ordnung durch die Priester, welche bei den alten Völkern einen abgeschlossenen Stand ausmachten; deßwegen konnten diese Priesterschaften eine Ge- heimlehre sür sich haben, eine andere öffentliche aber verkünden, ohne daß beide einander widersprochen hätten; die öffentliche stellte eben den religiösen Begriff sinnlich dar in einer Mythe, einem Symbole, die Geheimlehre aber deutete das Bild. Dem Griechen zog keine Priester- schaft Schranken, ihm waren die Lehren derselben keine heiligen Ueber- lieferungen, sondern eine Reihe uralter Vorstellungen darüber, wie die Welt entstanden ist, besteht und vergeht; er nahm sich deßwegen die Freiheit, über diese Räthsel selbst nachzudenken und den Versuch ihrer Lösung ohne Rücksicht auf fremde und hellenische Religionssysteme anzustellen. Einige dieser Denker fanden ihre Ergebnisse im Einklänge mit den religiösen Mythen oder deuteten diese so, daß sie mit ihren Meinungen oder Lehren harmonierten, andere hingegen mußten die Re- ligion ganz bei Seite lassen, wenn sie nicht mit ihr in Widerspruch ge- rathen wollten. Die Wirkung aber blieb dieselbe: die griechische Phi- losophie ruinirte die griechische Volksreligion, den alten Glauben. Die älteste Philosophenschule war die jonische und ihr Begründer, Thaleö ans Milet, ein älterer Zeitgenosse des Solon; nach ihm ist das Wasser der Urstoff aller Dinge, die sich aus demselben durch Verdichtung oder Verdünnung gebildet haben und noch bilden. Sein Landsmann Anarimenes überwies dieselbe Rolle der Luft, Pherekydes dem Aether und der Erde, Heraklit dem Feuer. Anarimander und Demokrit (aus Abdera) nahmen einen leeren Raum an und in diesem einfache Urkörper, Atome, deren Bewegung und Vereinigung nach unwandelbaren Ge- setzen geschehe, und nach welchen auch wieder ihre Auflösung und Trennung erfolge. Nach solcher Lehre hat also nichts in der Welt Bestand, nichts einen andern Werth als einen augenblicklichen; sie mußte sehr gefährlich werden, wenn sie irgendwo Eingang fand, denn daß die Götter neben den Atomen keinen Platz haben, mußte jedem einigermaßen denkenden Kopfe bald klar werden. Anaragoras aus Klazomenä vervollkommnete diese Lehre, indem er die Atome mit be- stimmten Eigenschaften begabte, sie aber von einer höchsten Vernunft bewegen läßt, welche alles weiß und kann. Anaragoras hielt sich größtentheilö in Athen auf und war ein Freund des Perikles. Das Volk hörte aber, daß der Philosoph die Sonne eine feurige Masse

5. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 200

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
200 Das heilige römische Reich deutscher Nation. kennen, und in dieser Zeit war es, wo auch im deutschen Reich die Nitterdichtung aufkam und schönere Blüten trieb als irgendwo (1150 bis 1240). Unter den Hohenstaufen, welche die Dichtkunst liebten und fast sämmtlich selbst Dichter waren, erreichte die Dichtkunst ihre höchste Vollendung durch Walter von der Vogelweide. Man nannte die Dichter Minnesänger, „Sänger der Liebe"; schon die alten Deutschen zeichneten sich im Gegensätze zu den Griechen und Römern durch ihre Hochachtung des weiblichen Geschlechtes aus, das Christenthum veredelte das ganze Verhältniß der Geschlechter, die Marienverehrung gab der Frauenver- ehrung überhaupt einen idealen, himmlischen Schwung. Schwache und Hilflose und somit vor allem die Frauen zu ehren und zu schützen hieß eine der ersten Pflichten des Ritterthums, den Frauen zu huldigen, indem man in ihrem Aufträge und um ihres Beifalles willen ritterliche Thaten ausführte, wurde zur Sitte (und früh genug zur Unsitte) der Zeit (Frauen- dienst). Die deutschen Minnesänger sangen aber nicht bloß den Preis edler Frauen, sondern zugleich auch der Heiligen, der Helden und des Vaterlandes; sie sangen von Frühlingslust und Vogelschall, vom Waldes- grün und dem Blumenschmelz der Haide; es ist auffallend, wie diese Kriegsmänner einen so offenen Sinn für die Schönheit der Natur hat- ten, während die klassischen Völker in dieser Weise kaum berührt wurden. Hieher gehören außer dem herrlichen und vielseitigen Walter von der Vogelweide die Dichter Heinrich von Veldegg, Wolfram von Eschenbach (der Parcival), Hartmann von der Aue (Jwein, Gregor auf dem Stein), Konrad von Würzburg, Gottfried von Straßburg; bis auf den letzten sind alle übrigen, und zu ihnen ließen sich noch gar viele Namen anreihen, Edelleute gewesen, und der ritterlich religiöse Geist der Zeit durchdringt deren Dichtungen, aber auch schon jener Geist, der unreine Liebesglut verherrlicht und nach der Emancipation des Fleisches von allen göttlichen und menschlichen Geboten sich sehnt (Gottfrieds von Straßburg Tristan und Isolde). In dieser Periode lebte auch der Dichter des großen Epos „der Nibelungen", dem die altheidnische Heldensage (Siegfried der Drachentödter, König Günther zu Worms, Brunhilde und Chriem- helde, der grimme Hagen, Dietrich von Bern, Etzel der Hunnenkönig) zu Grunde liegt; es ist auch dieses Geistes ein Nachklang aus der Zeit des heidnischen Germanenthums und der Stürme der Völkerwanderung, wo Rache, Kampflust und Beutegier die deutschen Mannen in immer erneuerten Kampf treibt und der Tod auf der Walstatt nach Walhalla führt. Zn den Nibelungen gehen die Helden einmal zur Kirche, aber um Streit anzufangen, der Sterbende denkt weder an Himmel noch an Hölle, sondern freut sich seiner Rache, der Trauer und des Weheklagens, das seine Hand bereitet hat.

6. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 331

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die schönen Künste. Poesie und Geschichtschreibung, 331 Die schönen Künste. Poesie und Geschichtschreibung. Diese blühten gleichzeitig mit den klassischen Studien in Italien auf: Malerei, Bildhauerei und Baukunst, und auch auf sie machte sich der Einfluß des klassischen Alterthums geltend, denn offenbar dienten die Bilder und Tempel der Alten vielfach zum Muster. Früher trugen Malerei, Bildhauerei, Baukunst, auch die Poesie das ernste christliche Gepräge, in der Folge aber machten sie sich mehr frei und suchten den Reiz der antiken Kunst wieder zu geben, vielmal auf Kosten der christ- lichen Sittenstrenge. Gegen und am Ende dieses Zeitraumes blühten in Italien die Karacci, Leonardo da Vinci, Michel Angelo Buonarotti, Korreggio, Tiziano, Rafael Sanzio, der Fürst der Maler, in Deutsch- land aber Albrecht Dürer. Mit Dante Alighieri (ff 1321), einem Ghibellinen, beginnt die Reihe der großen italienischen Dichter; in seinem erhabenen Gedichte „Divina Commedia“, sind die Ideale des kirchlichen Mittelalters und die Klagen über den Verfall desselben durch den Streit des Kaisers mit dem Haupte der Kirche in der Sprache seines Volkes niedergelegt; Pe- trarka, der Freund der Klassiker, ist als zarter Lyriker gefeiert, Tor- quato Tasso aber besingt in seinem herrlichen „das befreite Jerusalem" die größte That des Mittelalters, der leichtfertige Ariosto in seinem „rasenden Roland" die Abenteuer jenes'helden, aber durchaus nicht, Oie diesen die Sage charakterisiert. Als Geschichtschreiber glänzt vor allen Nikolo Macchiavelli aus Florenz, ebensowohl ein Schüler der Alten als ein Meister in der arglistigen Politik seines Zeitalters und der ita- lienischen Höfe. Diese, Männer erhoben die italienische Sprache zur klassischen Würde. Italien wurde in seinem Verfalle für das übrige Europa, was einst das zerfallende Griechenland für die Römer. >$ öranthch <tof ■ '.üöff'g ntttw sjs n© h i'io

7. Das Vaterland - S. IV

1856 - Darmstadt : Diehl
Iv ja aus der Überschrift ersieht, daß hier nicht Erzählung, sondern ent- rweder Beschreibung oder Abhandlung zu finden ist. Wer das Register durchmustert, wird wahrscheinlich zuerst nach den Mährchen im 3. Ab- schnitt, als dem leichtesten und anziehendsten Lehrstoffe greifen. Die Zeit ist gekommen, wo alle pädagogischen Gängelbänder, alle traditionellen Reihen der Schulbücher durch die methodischen Einsichten der Lehrer er- setzt werden können und sollen. Ein Lehrer, welcher immer nur „weiter", „das folgende Stück", „der folgende Schüler" u. s. w. kommandirt, ge- hört nicht unter diejenigen, welche wirklich weiter zu schreiten streben. Die poetischen Stücke sind wenig zahlreich, und man wird darin gleichwohl noch einiges Altfränkische finden. Beides ist nicht ohne Vor- bedacht geschehen. Wenn das Lesebuch der Sprachschatz des Kindes für die Schriftsprache werden soll, so muß die Prosa vorwalten, denn diese enthält das Regelmäßige und das im Leben Gültige, die ft- Poesie ist Zugabe, vornehmlich für das Vorlesen berechnet. Auch habe ich auf Zuflüsse zur Poesie durch den in der Schule zu pflegenden Ge- sang und durch das kirchliche Gesangbuch gerechnet, weßhalb ich singbare Lieder, welche auf anderem Wege zur Kenntniß der Kinder zu kommen pflegen, nicht aufgenommen habe. Daß ich aber ältere und nach jetzigem Geschmacke allzu prosaische Gedichte vorgezogen habe, rechtfertigt sich schon aus dem Obigen. Allein außerdem lassen sich die Schriftsteller in ihren Studirstuben gar leicht über den Geschmack des Volkes täuschen. Das Volk und dessen Jugend ist noch nicht durch die literarischen Über- reizungen so abgestumpft, wie Dies bei uns selbst unvermerkt geschieht. Ich glaube nicht Zuviel zu behaupten, wenn ich sage: von den neueren Dichtungen ist nur ein unglaublich kleiner Theil volksmäßig, Gellert ist unserem Volke verwandter als Rückert. Man mache die Probe! Daß ich gar nichts direkt auf Religion Bezügliches und selbst so wenig ausdrücklich moralische Erzählungen aufgenommen habe, wird mir Mancher übel nehmen, allein ich glaube aus guten pädagogischen Gründen gehandelt zu haben: Man mache die Religion und Alles, was damit zusammenhängt, nicht trivial, Was durch öfteres und tägliches Wiederlefen fast nothwendig geschieht. Gerade um der intensiveren Wirkung des Religionsunterrichts willen behandle man denselben nicht allzu extensiv. In diesem Punkte ist früher un- endlich viel gesündigt worden, und von dem Religionsunterrichte könnte man auch fast sagen: Gott schütze mich vor meinen Freunden........... Der Titel „Vaterland" ist kein bloßer Aushängeschild, ich glaube wirklich etwas dem Vaterlande zu gute Kommendes dargeboten zu haben. Möge es nur richtig benutzt werden! Wünscht man in manchen Gegen- den mehr Berücksichtigung des engeren Vaterlandes, so bin ich gern be- reit, in einer folgenden Auflage dieses Buches dazu die Hand zu bieten.

8. Die vorchristliche Zeit - S. 220

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
220 Die Griechen vom Ausbruche des Kampfes mit den Persern und mimischer Darstellung verbundenen Gesängen bei den Dionysus- festen, hatte sie eine enge Verbindung mit dem öffentlichen Leben. Den ersten Versuch über den ihr ursprünglich eigenen lyrischen Charakter hinauszugehen, machte Thespis aus 2karia, indem er zwischen dem Ge- sänge durch einen von dem Chore getrennten Schauspieler eine Hand- lung des Gottes, dem die Feier galt, monologisch darstellen ließ. Diese Darstellungen erhielten im Laufe der Zeit auch andere mythische, endlich sogar, wie das Beispiel des Phrynichuö zeigt, der Wirklichkeit unge- hörige Stoffe. Unter dem Athener Aeschylus, dem Theilnehmer der Kämpfe von Marathon, Artemisium, Salamis und Platää, erfuhr sie neben höherer künstlerischer Durchbildung auch eine Steigerung des dramatischen Charakters durch Einführung des Dialogs. Wie seine Dramen vermöge der dunkeln Kunde von uralten Umwälzungen und Neubildungen in der physischen und moralischen Welt das Ringen tita- nischer Urmächte und ungezähmter Naturgewalten, den Kampf der Ele- mente und Kräfte wiederspiegeln und dadurch den Charakter des Unge- heuren und Naturkräftigen, des Niesenmäßigen und Erhabenen, zuweilen des Herben und Dunkeln tragen, so verrathen sie auch das getrübte Be- wußtsein von Kräften, die in der höheren Weltordnung walten, die tiefe Ahnung eines Gesetzes, welches in undurchdringliches, ja grauenhaftes Geheimniß gehüllt, alle Wesen mit unwiderstehlichem Zwange bindet und Widerstreben durch ein in langer Kette fortschleichendes, endlos wachsendes Mißgeschick straft. Hierdurch wurde die Bedeutsamkeit des lyrischen Theiles nicht gemindert. Der Chor beherrschte die Zuhörer in ihrer Hingebung an die durch die fortschreitende Handlung in ihnen erwachenden Empfindungen. Wie die künstlerische Darstellung einer Begebenheit schon an sich die einzelnen Handlungen als im Verhältniß einer nothwendigen Abfolge stehend erscheinen läßt und eine zwischen Zuständen der Seele und äußeren Vorgängen bestehende Wechselwirkung zur Anschauung bringt, hatte in dieser Beziehung der Chor ein Amt der Vermittlung zwischen der Handlung und dem Zuschauer. 2" den Augenblicken, wo man in Gefahr war, sich in die Theilnahme an den persönlichen Bestrebungen und Geschicken zu verlieren, trat der Chor vor die Bühne, um das Volk für einige Zeit von derselben zu trennen, es vor der Gewalt, welche die Handlung ausübte, zu retten und auf den Standpunkt einer höheren Empfindung und Beurtheilung zurückzu- drängen. Die Ausstattung und Einübung des Chors war eine von den Verpflichtungen, die der reiche Bürger nach einer bestimmten Regel dem Staate gegenüber zu übernehmen hatte und bildete einen Gegenstand des regsten Wetteifers. Den höchsten Gipfel erreichte die Kunst der Tragödie in Perikles' Zeitgenossen Sophokles, aus dem attischen Flecken Kolonus. Der größte Fortschritt, den er machte, war das Eindringen

9. Die vorchristliche Zeit - S. 221

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
bis zum Ausbruche des peloponnesischen Krieges. 221 in die Tiefen der menschlichen Seele und die Darstellung der Größe, zu welcher sich der Mensch durch sittliche Stärke zu erheben vermag. Er hat die Begriffe, durch welche das religiöse Bewußtsein der Grie- chen die durch seine Grundlagen gegebenen Beschränkungen überwand, am weitesten von allen Dichtern ausgebildet. Dient er dem im grie- chischen Geiste lebenden Gesetze, welches auch bei Darstellung des Geisti- gen zum Anschlüsse an die sinnliche Erscheinung drängt, so kömmt zu der Darstellbarkeit, welche seine Ideen dadurch erhalten, so viel Fülle und Tiefe, als ohne Schmälerung jener Darstellbarkeit möglich ist. Die hierdurch entstehende Harmonie, die in der Dichtung nie über- troffen worden ist, wirkte auf das empfängliche athenische Volk mit zau- berischer Gewalt und machte seine Schauspiele zu dem stärksten Mittel, das im Bereiche des Heidenthums für Veredlung der Gefühle in An- wendung kam. In einer gewissen Verwandtschaft mit der Ausbildung der Tragödie steht die Begründung der Geschichtschreibung. Sie hat ihren Ursprung noch außerhalb Athens. In Kleinasien begann sie aus dem Epos hervorzuwachsen, als man in dem Bemühen, die Luft an der Erzählung zu befriedigen, größere Reihen von Mythen durchlief und über die Mythologie hinaus in das Gebiet des durch Anschauung und Erkundigung Gewonnenen schritt. Die Schriftsteller dieser Richtung, die den Grund zur griechischen Prosa gelegt haben, heißen die Logo- graphen. Zu ihnen gehört Aristagoras' Zeitgenosse Hekatäus aus Milet, der erst den jonischen Aufstand widerrieth und, als er dennoch ausge- brochen war, ihm die Unterstützung seines Rathes lieh. Der erste eigent- liche Geschichtschreiber aber ist Herodot aus dem dorischen Halikarnaß, nach der Sprache seines Werkes ein Ionier, nach dem Aufenthaltsorte in seinen reifen Jahren ein Athener. Der persische Krieg hatte den Griechen ein früher unbekanntes Gefühl eigner Kraft gegeben und mit Macht die Aufmerksamkeit auf die Verhältnisse der Wirklichkeit und den Zusammenhang der Ursachen und Folgen geleitet. Diesen großen Stoff einer nahen Vergangenheit, an welchem sich das Uebergewicht geistiger Stärke über rohe Gewalt zeigen ließ, ergriff Herodot und behandelte ihn in der Art, daß die Bedeutsamkeit des von den Griechen errungenen Sieges durch Einsicht in das Wachsthnm und die Größe des persischen Reiches seinen Landsleuten klar werden mußte. So ward das Werk, indem auf die Bestandtheile des persischen Reiches zurückgegangen werden mußte, eine allgemeine Völkergeschichte. Was aber den Athenern das- selbe besonders nahe rückte, war die rückhaltlose Anerkennung der That- sache, daß eigentlich ihre Vorfahren das Werk der Rettung vollbracht hatten, während die übrigen Staaten der Versuchung, mit Preisgebung des allgemeinen Wohls die eigne Sicherheit zu suchen, theils ausgesetzt waren, theils erlagen. Mit der redenden Kunst gelangte auch die bil-

10. Die vorchristliche Zeit - S. 364

1855 - Freiburg im Breisgau : Herder
364 Das macedomsche Reich unter den Antigoniden Athen dem geschäftigen Griechenland gegenüber, in eine Thätigkeit zu- rückgezogen, deren Ergebnisse erst in räumlicher und zeitlicher Ferne eine ausgedehnte Benutzung erfahren sollten. Es ist für den Gang römischer Staatskunst bezeichnend, daß dasselbe Volk, welches mit den räuberischen Aetolern ein Bündniß schließen konnte, die geistig mächtigste Stadt Griechenlands in ihrer Abgeschiedenheit aussucht. Wie die stär- keren Staaten darin ein gegen sich gerichtetes Urtheil finden können, deutet es auch an, in welches Verhältniß Nom zu Griechenland, wenn es daselbst erst Herr geworden, treten wird. 13. Am wenigsten war es die einst so mächtig rauschende Quelle der Dichtung, aus welcher Athen dem lernbegierigen Rom einen dessen Kräfte steigernden Trank hätte bieten können. Wie die Dichtung sich in Alexandrien theils in die gelehrte Aufsuchung verschollener Sagen verloren, theils zu der Schilderung eines dem Schauplatze der Weltbe- gebenheiten fern liegenden Natnrlebens geflüchtet hatte, bequemte sie sich in Athen zu der Beschäftigung mit dem Nächstliegenden weder von staatlichen Bewegungen erreichten noch von hohen Gedanken erregten Leben. Die Komödie, die einst in das Getümmel des öffentlichen Lebens hinein mit einem durch Kunst veredel-ten Muthwillen gerufen und das Volk in seinem Trachten mit einem ihm selbst wohlgefälligen Spotte gerichtet hatte, entsagte zwar dem Muthwillen und dem Spotte nicht, aber, während ihre Erzeugnisse sonst in den öffentlichen Begebenheiten und Verhältnissen ihre Grundlage gehabt, ersann sie jetzt Begebenheiten und Verhältnisse nach Art derjenigen, die man sich im Privatleben ent- wickeln sah und ergötzte die Zuschauer, ohne bestimmte Personen zu berühren, durch Gemälde von Thorheiten und Lastern, durch die von ihnen herbeigeführten Verlegenheiten und durch die Wirkungen besonde- rer Eigenschaften des Charakters. Dabei wurde die Darstellung ruhiger und mit der Sittenschildernng gewann der feinere Scherz, zu welchem die attische Bildung reichliche Mittel lieferte, größeren Raum. Diese neue Komödie, in welcher Theophrasts Schüler Menander als der erste Meister glänzte, wirkte als Schule für Darstellung und Ausdruck in einer Weise, in welcher sie dereinst auch in Nachbildungen den Römern ein Mittel der Unterhaltung wurde. War Athen in der Dichtung von seiner früheren Höhe herabgestiegen, so hatte es eine andere Kunst, deren Uebung einst mit seinem innersten Leben verwachsen gewesen, die Be- redtsamkeit, auswandern sehen. Die Verfassung, in welcher die Kunst, mehr Hinzureißen, als zu überzeugen, fortwährende Antriebe zu ihrer Vervollkommnung erhält, hatte aufgehört und bei der Bedeutungslosig- keit, in welcher Athen sich befand, fehlte es an großen Zwecken, für welche Redner die Kräfte des Volkes in Thätigkeit zu setzen versuchen konnten. Ungeachtet Gelegenheit der Anwendung fehlte, war Beredt-
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