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1. Vollständiges Lehr- und Lesebuch für die oberen Klassen katholischer Volksschulen - S. 382

1855 - Mainz : Kirchheim
382 umfaßte jetzt in drei Welttheilen einen Flächenranm von 100,000 Quadratmeilen mit 120 Millionen Menschen. Die Waffenmacht der Römer war außerordentlich, der Reichthum und die Pracht der Vornehmen, die herrlichen Paläste, Tempel u. s. w. reichen an's Unglaubliche, nicht weniger aber die Armuth des Volkes und die Unsittlichkeit aller Stände. Wie die Griechen, so beteten auch die Römer zahllose Götzen an, welche in Bildnissen zur Anbetung aufgestellt wurden. Sie schrieben ihnen Fehler und Laster zu, so daß man die heidnischen Götzen mit Recht vergötterte Sünder genannt hat. Eine Menge Priester dienten den eifersüchtigen und zornigen Götzen. In pracht- vollen Tempeln brachten sie ihüen reiche und kostbare Opfer dar. Auch die Römer glaubten, durch lasterhafte Handlungen und Men- schenopfer ihre Götzen zu ehren. Es ist darum ganz natürlich, daß das Leben mit den schändlichsten Leidenschaften und Lastern be- fleckt sein mußte, da ja der Götzendienst davon nicht frei war. — Das Menschengeschlecht vor Christus war voll Unwissenheit über das Nothwendigste des Lebens, über Gott und die Bestimmung des Menschen. Voll Stumpfsinn betete der Mensch Holz und Stein, Thiere und die Naturkräfte an, ohne die Entwürdigung seines Geistes und seine Schmach zu ahnen, der er sich dadurch hingab. Und wie verkehrt mußte der Mensch über seine Bestimmung denken, wenn er selbst in seinen Göttern Sünder erblickte! Darum treffen wir überall schamlose Ausschweifung und Lieblosigkeit in üppiger Fülle, überall nur Tyrannen und Knechte. Hiezu kommt noch, daß dieses selbstsüchtige, sündhafte Leben fast alles religiösen Trostes und der Beruhigung des Gewissens entbehrte. So tief sinkt der von Gott abgefallene Mensch. Der Stolz der heidnischen Weltweisen, die siegreichen Waffen der römischen Krieger, die Fülle und der Glanz des Reichthumes, des Handels, der Künste und Erfindungen vermochte das religiöse und sittliche Elend nicht zu verbergen. In dieser großen Noth seufzten Heiden und Juden nach Erlösung, und da die Fülle der Zeit gekommen war, so sandte Gott seinen Sohn Jesum Christum, der da unser Erlöser und Heiland geworden ist. Geschichte -er neuen Zeit. Von der Erlösung der Welt durch Christus bis auf unsere Tage. Das römische Volk, durch gräßliche Bürgerkriege erschöpft, fühlte sich glücklich unter der ruhigen und weisen Negierung des Augustus. Auch ließ der kluge Kaiser die ungewöhnte kaiserliche Macht sein Volk wenig merken, erhielt vielmehr alle Einrichtungen des Freistaates aufrecht, übte aber dessen ungeachtet die höchste Ge- walt aus. Unter seinem friedlichen Scepter gediehen besonders durch griechische Meister und Lehrer Künste und Wissenschaften, so daß man in dieser Hinsicht das Zeitalter des Augustus das

2. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 5

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der Ungehorsam und seine Strafe. — Der Brudermord. 5 alles Daseins, sondern über die Geburt ihrer Götter hinaus bleibt ein dunkler, materieller Urgrund aller Dinge, aus dem die Götter ebenso gut hervorgehen als die anderen niederen Wesen auf der Welt, die be- lebten und unbelebten, und in den alle wieder zurückkehren und sich ver- lieren werden, wenn die Periode ihres Lebens und Daseins abgelaufen ist. Eben deßwegen hat bei ihnen auch das Menschengeschlecht nicht Einen Schöpfer, sondern jedes Volk hat seinen eigenen Stammvater, bald einen Gott, bald einen Halbgott. Oder die göttliche Erdmutter hat nach der Mythe eines andern Volkes seinen Stammvater, den ersten Sterblichen, aus ihrem Schooße hervorgebracht; viele Völker rühmten sich solchen Ursprunges als eines nationalen Adels und wiesen es als eine Entwürdigung von sich, daß sie mit andern Nationen, die sie haßten oder verachteten, gemeinschaftlichen Ursprung haben sollten. So erhob sich nicht ein einziges heidnisches Volk zu der ächten menschlichen Würde, indem keines in allen Mitmenschen seine Mitbrüder, die Kinder eines und des- selben himmlischen Vaters anerkannte, und deßwegen konnte auch das hoch- gebildeteste Volk der vorchristlichen Zeit die schönste Blüte der Menschheit nicht entwickeln; dies blieb dem Christenthume aufbewahrt, welches den Menschen wieder dem himmlischen Vater zurückgibt und die entzweite Menschheit durch ein höheres Band vereinigen will. Eine dunkle Ahnung des paradiesischen Friedens ist alles, was bei einzelnen Völkern deutlich nachklingt: ihre Dichter singen von einem goldenen Zeitalter, wo die Götter den Sterblichen nahe waren, die Natur keine Schrecknisse bot, die Menschen keine Nahrungssorgen kannten und von Haß und Streit nichts wußten. Diese Lieder sind nicht etwa die Erzeugnisse der Phan- tasie der Dichter, sondern, wie sie ausdrücklich gestehen, sind es die ur- alten Sagen, deren Hauch zu ihnen, den Söhnen des ehernen Zeitalters, herüberwehte und sie zur wehmüthigen Klage stimmte. Der Ungehorsam und seine Strafe. — Der Brudermord. Das Glück der ersten Menschen dauerte nicht lange, denn sie wurden den Geboten Gottes ungehorsam und aßen von der verbotenen Frucht. Zur Strafe mußten sie Eden verlassen und ein Leben voll Mühe und Arbeit beginnen; im Schweiße ihres Angesichts sollten sie und ihre Nachkommen ihr Brot essen, Mangel und Entbehrung, Sorge und Kummer die Arbeit begleiten — und endlich kommt der Tod, und der Leib zerfallt in Staub, aus welchem er genommen ist. Und Adam mußte den Tod schauen, bevor er selbst demselben unterlag; ein Jüngling, Abel, wurde das erste Opfer des Todes, ermordet von der Hand seines Bruders Kain. Seitdem ist die Erde oft von Blut geröthet worden; wenn die

3. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 78

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
78 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Götter gerettet worden sei. In den alten Sagen erscheinen die wandern- den Hellenen als kriegerische Stämme, welche unter Heldenführern zu Land und Meer auf Abenteuer ausgehen und lieber von der Beute und den Gaben der Ueberwundenen leben, als den Acker anbauen und Gewerbe treiben, ungefähr wie unsere Vorfahren zur Zeit der Völkerwanderung. Die friedlichen Pelasger wurden entweder vertrieben, oder zu Leibeigenen, vielmal auch wahrscheinlich zu Unterthanen gemacht; sie verschmolzen später mit den Hellenen zu einem Volke, was um so leichter geschehen mußte, weil beide Völker stammverwandt waren. Diese Vermischung zeigt sich besonders in der Religion des Hellenenvolkes, oder wie wir es zu nennen gewohnt sind, der Griechen. Götter wurden auch von den Hellenen verehrt, besonders der Sonnengott Apollo, doch Priester besaßen sie keine; ihre Helden oder Häuptlinge und jeder, der ein Opferthier vermochte, opferten und theilten von dem Opferschmause denen mit, welche sie ehren wollten; sie schauten nach den Zeichen, durch welche die Götter ihren Willen offenbarten: Blitz und Donner, Vogelflug, Opfer- thiere u. s. w., deuteten dieselben oder ließen sich dergleichen von einem Zeichendeuter auslegen. Dieser Mangel an einem Priesterstande (der bei den meisten germanischen Stämmen wiederkehrt) übergab die ganze religiöse Ueberlieferung dem Gedächtnisse des Volkes, welches dieselbe in Gebetformeln und Lieder faßte; daher sind es bei den Hellenen die Sänger, welche ihnen die Abkunft der Götter und deren Thaten mel- den, und eben deßwegen mußte die religiöse Ueberlieferung manche Umgestaltung erleiden, weil die Phantasie des Sängers sich nicht in die Schranken einschließt, mit denen die Priesterschaften der Inder, Aegypter, Pelasger und anderer Völker ihre Götterlehren umschlossen; denn jede Priesterschaft hatte ihre Gesetze und Normen, ohne die sie nicht bestehen konnte, und wie sie selbst reguliert war, so mußte sie auch ihre Lehren und ihren Kult regulieren. Zudem waren die Hel- lenen wandernde Stämme; ihr Götterglaube haftete daher nicht an heiligen Stätten z. B. Bergen, Hainen, Quellen, Tempeln und Opfer- stätten u. s. w., wie wir es bei andern heidnischen Völkern finden, welche in ihren väterlichen Wohnsitzen verblieben, z. B. bei den alten Sachsen am Harze und der Irmensul, bei den Babyloniern an ihrem Baalstempel und Thurm. Als die Hellenen sich unter den Pelasgern ansiedelten, fanden sie überall Heiligthümer und Kulte, welche sie nur ausnahmsweise zu stören wagten, in der Regel aber mit ehrfurchtsvoller Scheu betrach- teten, weil nach ihrem Glauben (und dieser findet sich bei allen Völkern, welche eine Göttervielheit bekennen, bei allen Polytheisten) jeder Ort, Berg, Fluß, Quelle, Stadt u. s. w. seinen Schutzgott hatte, den sie nicht beleidigen durften, wenn sie nicht dessen Zorn auf sich laden wollten; diesen Zorn aber fürchteten sie. Im Laufe der Zeit mußten die pelas-

4. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 84

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
84 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. ihr Religionslehrer, als der Träger des religiösen Glaubens der Vor- fahren, da den Hellenen keine Priester in heiligen Büchern die Religion und deren Satzungen aufbewahrten. Durch die homerischen Gesänge wurden die entzweiten Hellenen immer wieder erinnert, daß sie schon in der Vorzeit ein Volk gewesen, welches seine Ehre gemeinschaftlich gegen die Barbaren vertheidigte und durch die Gunst der Götter einen glor- reichen Sieg über Asien errang. Homers Gesänge wurden die Quelle, aus welcher spätere Dichter schöpften und den nationalen Sinn immer wieder erfrischten. Kein Volk hat einen Homer hervorgebracht (die Bibel ist göttlichen Ursprungs und gehört der Menschheit); Ln Asien war es unmöglich, denn unter der Despotie gibt es keine Helden, nur Knechte, welche in die Schlacht getrieben werden; Priefterkaften führen ein Volk bis zu einer gewissen Stufe der Kultur, aber sie dulden die geistige Er- hebung des Einzelnen nicht und ziehen unübersteigbare Schranken zwischen sich und den anderen Ständen, zwischen ihrer Nation und fremden Na- tionen. Die Germanen erscheinen unter allen Völkern den Hellenen am nächsten stehend; allein sie bewohnten Länder, welche von der Natur weniger begünstigt waren als Hellas, und ihre Fortbildung übernahm das Christenthnm, daher konnten ihre Sänger für sie nie das werden, was Homer den Hellenen gewesen. Die alten Könige der Griechen. Allmäliges Aufhören der Königswürde. Die griechischen Stämme und Städte hatten anfänglich ohne Aus- nahme Könige; ihre Herrschaft erstreckte sich aber nie über ein großes Gebiet und war ebenso wenig eine despotische. Der König führte im Kriege die streitbaren Männer an und war mit den andern Edlen Vor- kämpfer in der Schlacht. 2m Frieden saß er mit denselben auf offenem Markte zu Gericht, mit ihnen berieth er die allgemeinen Angelegenheiten. Das Volk hörte dann wohl auch zu und gab durch Beifall oder Murren seine eigene Meinung zu erkennen; jedoch hing die Entscheidung nie von dem Volke ab, sondern diese kam von dem Könige und den Edlen; letztere werden selbst oft Könige genannt und der eigentliche König war auch nur der erste unter ihnen, sowie er auch das größte Grundstück besaß und in dem schönsten Hause wohnte; die Edlen standen ihm durch Grundbesitz am nächsten, wie sie im Felde mit ihm in der Vorderreihe fochten und im Frieden mit ihm im Rathe saßen. Bei den Festen der Götter opferte der König und ordnete das Mahl, das von dem Opfer unzertrennlich war. Von regelmäßigen Abgaben an den König war keine Rede, doch steuerte das Volk bei, wenn er durch irgend ein Ereigniß

5. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 96

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
96 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Mutterlande und den Kolonieen, dessen Regsamkeit sich mit der Zeit ins Unglaubliche steigerte. Durch die Philosophie unterschied sich der Hel- lene von den Barbaren so gut wie durch die Sprache; denn der rohe Barbar dachte nicht in solcher Richtung, der Hindu und Aegppter aber durfte nicht in dieser Richtung denken, weil ihm die Priesterkaste dies als Frevel ausgelegt hätte. Auch die Poesie entfaltete sich in den Kolonieen rascher und leb- hafter als im Mutterlande; denn der Himmel Ioniens war noch reiner als der Griechenlands, die Luft noch milder, der Boden Siciliens und Unteritaliens noch fruchtbarer, der Verkehr noch reger — also das Le- den heiterer und reicher, der Geist lebendiger. Doch blieb das eigent- liche Hellas nicht zurück; mußte es auch den Ionern den Homer als ihren Sohn lassen (sieben Städte stritten um die Ehre sein Heimathsort zu sein: Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis, Chios, Argos, Athen), so kannte es doch frühe seine Lieder und hatte Sänger in Fülle, welche die Namen der Helden aus dem Gedächtnisse des Volkes nicht ver- schwinden ließen. Hesiod aus Aekrä in Böotien schloß sich an die alten religiösen Dichter an, welche in ihren Liedern den Preis der Götter sangen, indem er in seiner „Theogonie" den Ursprung und die Folge der Göt- ter erzählt, und welcher Götter und Halbgötter Thaten die Erde als Schauplatz diente, ehe der Mensch auf sie gestellt wurde. In seinem andern Gedichte „Werke und Tage" erscheint das Landleben alter Zei- ten vorgeführt mit seinen Arbeiten und Freuden, und der Dichter er- mangelt nicht Lehren der Tugend und Klugheit einzustreuen. Von den lebenslustigen Griechen Kleinasiens tönten auch zuerst die Lieder der Freude und Lust herüber und fanden ihren Widerhall in Griechenland und Italien, wie die Philosophie den gleichen Gang eingeschlagen hatte. So tauschten die Griechen ihre geistigen Erzeugnisse aus, so entwickelte sich ihre herrliche Kraft immer mehr und mehr und verlieh ihnen ein stolzes Bewußtsein der Ueberlegenheit über alle anderen Völker. Dieses steigerte sich später auf den höchsten Grad, als Griechenland seine Kraft mit dem Beherrscher Asiens gemessen hatte; es reihte sich an die alten Dichter und Philosophen eine neue glänzende Schaar an und an diese auch die Geschichtschreiber und Redner. Diese großen Geister, ihre herrlichen Werke in der Sprache der Nation, flochten ein unsichtbares Band, welches < die vielfach getheilten Stämme immer wieder zu natio- nalem Selbstgefühl vereinigte und sie in trüben Zeiten noch einigemal aufrichtete.

6. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 137

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Perikles. 137 Allerdings fiel der Glanz der öffentlichen Werke auch auf jeden einzelnen Bürger zurück, und der Gemeingeist, der sich in ihnen offenbarte, mußte den Ruhm des athenischen Volkes über ganz Griechenland verbreiten; aber dies allein hätte doch wohl nicht hingereicht, den gemeinen Athener vergessen zu machen, daß diese ungeheuren Summen in seine Hände kamen, wenn er nur ernsthaft wollte, es ist nur erklärlich aus dem Kunst- sinne, welcher das ganze Volk durchdrang und von Perikles genährt wurde. So war Perikles zwar nicht der Schöpfer, aber doch der hauptsächlichste Beförderer der griechischen Kunst, daher diese unter ihm ihr goldenes Zeitalter hatte. Athen wurde durch ihn eine wahre Pflanz- schule der Kunst, die sich in rascher Entfaltung über andere griechische Städte verbreitete; athenische Künstler wurden in andere Städte berufen, so war z. B. die Statue des Zeus im Tempel zu Olympia, welche im Alterthume als das erhabenste Werk der Bildhauerei galt, ein Werk des Phidias, und fremde Künstler wunderten nach Athen, um sich an den dortigen Meisterstücken und in den dortigen Werkstätten auszubilden. Es ist schon gesagt worden, daß Perikles Odeen und Theater baute, Anstalten, welche für den Hellenen, namentlich den Athener, eine viel größere Bedeutung hatten, als ihnen bei uns zukommt. Sie ergötzten und unterhielten nicht allein das Volk, sie bildeten dasselbe auch in vielfacher Beziehung. Die Gesänge waren von den ersten Dichtern, die miteinander wetteiferten, geschaffen und von den besten Tonkünftlern mit Melodieen versehen; das Gemeine und Mittelmäßige wurde da nicht geduldet oder wagte sich gar nicht hervor. Der Gesang feierte die Götter, den Ruhm der Stadt, die Thaten der Vorfahren aus der ältesten Zeit wie derer, welche der Persermacht entgegengetreten waren; er erfreute nicht allein durch kunstvolle Harmonie in Wort und Ton, sondern mahnte zugleich an die waltenden höheren Mächte, erinnerte an die Väter, deren Erbe nun die Enkel beglückte, und spornte sie zu edler Nacheiferung. In Athen er- standen auch die größten Meister der tragischen Kunst: Aeschylus, Sophokles und Euripides. Aeschylus focht tapfer in der salaminischen Schlacht, So- phokles führte als einer der schönsten Jünglinge den Siegesreigen an und Euripides erblickte das Licht der Welt an jenem großen Tage. Diese Tra- giker waren für die Griechen in mancher Hinsicht die Nachfolger des Homer, indem sie ihre Stoffe aus diesem und der alten Heldensage schöpften und gleich den homerischen Gesängen die Furcht vor der waltenden Macht der Götter lehrten, vor Uebermuth warnten, der dann zu Falle kommt, wenn er am sichersten zu stehen wähnt. Frömmigkeit, edle Sitte, ehrfurchts- volles und dankbares Andenken an die Vorfahren, geheiligte Liebe zu der Vaterstadt — fanden in diesen Tragikern, besonders in dem weisen und erhabenen Sophokles, nicht minder ausgezeichnete Herolde, als der alten Heldentugend in Homer zu Theil geworden war. In dem athenischen

7. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 138

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
138 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Theater trat die Geschichte der alten Zeit vor die Augen des Volkes nicht in Erzählung, sondern in lebendiger Erscheinung; die Bühne war die Kanzel, von welcher Religion und Sitte gepredigt wurde, wo die Lehren derselben sich in Thaten und Leiden, in Segen und Fluch umgestalteten und als lebendige Beispiele auf den Zuschauer einwirkten. Zu diesem Zwecke bot das Theater den höchsten Schwung der Poesie in der edel- sten Sprache auf, und mit der Kunst des Dichters vereinigten sich har- monisch zusammenwirkend Plastik, Gesang und Musik, so daß das athe- nische Theater zu der vollkommensten Bildungsstätte wurde, die das Hellenenthum, und nur dieses, errichten konnte. Perikles öffnete sie dem gesammten Bürgervolke Athens; der Staat gab beträchtliche Zuschüsse zu der vollkommensten Aufführung dramatischer Meisterwerke und der arme Bürger erhielt das Eintrittsgeld aus der Staatskasse auf Vor- zeigung eines Täfelchens. Wer dem Perikles dies zum Vorwurfe macht, mißkennt die Bedeutung des athenischen Theaters und verwechselt das- selbe mit den Schaubühnen unserer Zeit, oder der Tadler muß den Stab auch darüber brechen, daß unsere Staaten so große Summen für Schulen aufwenden und es jedem Staatsbürger möglich machen, sich die heutige Bildung (die freilich eine andere ist als die hellenische) anzueignen. Allerdings wurde das spätere Athen durch seine Theater- wuth berüchtigt, die so weit ging, daß man die Gelder, die zu einem Feldzuge oder zur Ausrüstung einer Flotte bestimmt und nothwendig waren, auf Schauspiele verwandte; aber wer will den Perikles dafür verantwortlich machen, daß sein Volk ausartete und Männern folgte, welche es zur Genußsucht verleiteten und gegen seine höchsten In- teressen verblendeten? Geschah doch Aehnliches mit den feierlichen Prozessionen, welche Perikles durch Staatsgelder und das Aufgebot aller Künste verherrlichte; auch diese verloren später ihre religiöse Weihe und arteten zu einem Schauspiele aus, das die Staatsgelder verschlang und reiche Bürger zu übermäßigem Aufwande nöthigte, welche dem Miß- fallen des herrschenden Volkes und den Gefahren der Volksungunst ausweichen wollten. Perikles rühmte den Athenern ihre Stadt als die Bildnerin des gesammten Griechenvolkes, und stellte neben ihren Kriegsruhm ihre allseitige Bildung als ebenbürtige Genossin. Athen gab den Perser- kriegen die nationale Richtung, welche durch Kimon zum vollständi- gen Siege, zur Befreiung der asiatischen Griechen und zu dem großen Aufschwünge der ganzen Nation führte. Was wären die olympischen Feste gewesen ohne den Triumph über Asien? Da wurden die Helle- nen sich bewußt, daß sie das erste Volk der Erde seien; denn sie hatten das Größte vollbracht, was je durch eine Nation geschehen. Da- rum rauscht ein Strom hellenischen Volkslebens in den Festgesängen

8. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 164

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
164 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. hole und symbolischen Darstellungen zur Göttergeschichte. Die griechi- schen Denker erkannten es, daß die Religionen der Aegypter, Baby- lonier u. s. w. die Bilder waren, in welchen sich die Gedanken der Völker über die Entstehung der Welt und deren Erhaltung, über die Be- stimmung des Menschen und sein Verhältniß zu den höheren Mächten aussprachen. Diese Bilder erhielten ihre vollendete Fassung und Ordnung durch die Priester, welche bei den alten Völkern einen abgeschlossenen Stand ausmachten; deßwegen konnten diese Priesterschaften eine Ge- heimlehre sür sich haben, eine andere öffentliche aber verkünden, ohne daß beide einander widersprochen hätten; die öffentliche stellte eben den religiösen Begriff sinnlich dar in einer Mythe, einem Symbole, die Geheimlehre aber deutete das Bild. Dem Griechen zog keine Priester- schaft Schranken, ihm waren die Lehren derselben keine heiligen Ueber- lieferungen, sondern eine Reihe uralter Vorstellungen darüber, wie die Welt entstanden ist, besteht und vergeht; er nahm sich deßwegen die Freiheit, über diese Räthsel selbst nachzudenken und den Versuch ihrer Lösung ohne Rücksicht auf fremde und hellenische Religionssysteme anzustellen. Einige dieser Denker fanden ihre Ergebnisse im Einklänge mit den religiösen Mythen oder deuteten diese so, daß sie mit ihren Meinungen oder Lehren harmonierten, andere hingegen mußten die Re- ligion ganz bei Seite lassen, wenn sie nicht mit ihr in Widerspruch ge- rathen wollten. Die Wirkung aber blieb dieselbe: die griechische Phi- losophie ruinirte die griechische Volksreligion, den alten Glauben. Die älteste Philosophenschule war die jonische und ihr Begründer, Thaleö ans Milet, ein älterer Zeitgenosse des Solon; nach ihm ist das Wasser der Urstoff aller Dinge, die sich aus demselben durch Verdichtung oder Verdünnung gebildet haben und noch bilden. Sein Landsmann Anarimenes überwies dieselbe Rolle der Luft, Pherekydes dem Aether und der Erde, Heraklit dem Feuer. Anarimander und Demokrit (aus Abdera) nahmen einen leeren Raum an und in diesem einfache Urkörper, Atome, deren Bewegung und Vereinigung nach unwandelbaren Ge- setzen geschehe, und nach welchen auch wieder ihre Auflösung und Trennung erfolge. Nach solcher Lehre hat also nichts in der Welt Bestand, nichts einen andern Werth als einen augenblicklichen; sie mußte sehr gefährlich werden, wenn sie irgendwo Eingang fand, denn daß die Götter neben den Atomen keinen Platz haben, mußte jedem einigermaßen denkenden Kopfe bald klar werden. Anaragoras aus Klazomenä vervollkommnete diese Lehre, indem er die Atome mit be- stimmten Eigenschaften begabte, sie aber von einer höchsten Vernunft bewegen läßt, welche alles weiß und kann. Anaragoras hielt sich größtentheilö in Athen auf und war ein Freund des Perikles. Das Volk hörte aber, daß der Philosoph die Sonne eine feurige Masse

9. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 319

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Das goldene Zeitalter der römischen Literatur. 319 Nation; wo aber eine religiöse Institution gefährlich schien, z. B. die Druiden in Gallien und Britannien, da griff die römische Politik ener- gisch ein. Eine merkwürdige Erscheinung ist es daneben, daß Griechen- land und der griechische Orient auch unter der römischen Herrschaft griechisch blieben. Dies erklärt sich indessen daraus, daß die Römer ihre Kraft mehr auf den kräftigen Westen richteten, weil ihnen das herabgekommene, sieche Griechenthum in Europa und Asien zu ungefähr- lich erschien, als daß sie alle jene Mittel in Bewegung hätten setzen wollen, welche sie für die völlige Unterwerfung der Länder des Westen als nothwendig erachteten. Sodann waren die Griechen den Römern an Bildung so überlegen, daß letztere schon zu den Zeiten der Republik bei den politisch ohnmächtigen Griechen in die Schule gingen, und der Reiz griechischer Kunst und Wissenschaft mußte um so mächtiger wirken, seitdem mit der Republik das rege politische Leben aufhörte, welches die be- gabten Römer bisher vollauf beschäftiget hatte. Das goldene Zeitalter der römischen Literatur. Unter allen Völkern des Alterthums sind Griechen und Römer ihrer Gesammtanlage nach die nächsten Verwandten, wie auch erwiesener- maßen der große pelasgische Volksstamm sich über Unter- und Mittel- italien ausbreitete. Wie ähnlich ist nicht in vielfacher Hinsicht die poli- tische Entwicklung dieser beiden klassischen Völker! Beider Geschichte beginnt mit dem heroischen Königthume, mit dem eine Aristokratie der Geschlechter die höchste Gewalt theilt; die Monarchie macht der Aristokratie Platz und diese der Demokratie, welche, indem sie alles gleich macht, der neuen Monarchie den Boden ebnet. Das griechische Leben verzehrt sich aber schneller als das römische, denn es ist viel reger; bei schnei- dender Schärfe des Verstandes ist der Grieche zu leidenschaftlich, für alle Reize des Lebens zu empfänglich, als daß er einen Plan mit solcher Ausdauer zu verfolgen vermöchte, wie der kältere Römer; dieser ist darum auch der bessere Politiker. Das unter Alexander dem Großen vereinigte Griechenland unterwarf Asien und durchdrang es mit seinem Wesen, aber wie sich das freie Griechenland zersplitterte, so zerfiel auch Alexanders Reich in Königreiche, die sich anfeindeten, und so mußte sich die griechische Welt der strengeinheitlichen römischen unterwerfen. Der griechische Genius hatte aber, während er auf dem Gebiete der Politik Wunderbares schuf, nach anderen Richtungen noch Größeres hervorgebracht; er hatte ein Reich der Wissenschaft und Kunst gegründet, und Griechenland blieb noch deren Heimath, selbst nachdem seine politische Kraft aufge- rieben war. Die Römer widerstanden auch der Einwirkung der griechi- schen Kunst und Wissenschaft nicht lange; schon im zweiten punischen

10. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 329

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Erfüllung der Zeit. 329 erlegt, daß sie alle Völker unterjocht und vernichtet hatten (gerade diese Unterjochung und Vernichtung galt als die schönste Vätertugend); davon aber, daß mit der Vernichtung des alten Nömerthums eine neue Zeit für die Menschheit beginne, besaßen sie auch keine Ahnung; Rom war ihnen ewig, Rom das Menschengeschlecht, Rom die Welt. So wenig aber als die Ehre und die Tugend der Väter unter dem Cäsarenthume Platz fanden, so wenig blieb den Nachkommen die Religion ihrer Väter, auch die römischen Götter mußten neuen Göttern weichen. Mit der Welt eroberten die Römer auch die Götter der Welt; wie sie von Veji die Juno nach Nom gebracht hatten, so holten sie aus Asien die Kybele, aus Aegypten den Serapis und die Isis, aus Griechenland den Diony- sos, aus dem Morgenlande den Mithras. Die vejentische Inno gehörte wenigstens in den Kreis der römischen Götter, die fremden Gottheiten dagegen blieben den römischen fremd und verlangten fremde Kulte; dadurch wurden die fremden „superstitiones“, gegen welche der alte Senat so manches scharfe Dekret geschleudert hatte, in Rom einheimisch und diese zersprengten vollends die römische Religion und die römische Sitte, wenn die Gewöhnung an die fremden Lüste von ihr noch etwas übrig gelassen hatte. In den Geheimdiensten der Isis, des Dionysos u. s. w. mochte der Aberglaube eine Zufluchtstätte finden, der gebildete Römer sah in diesen neuen Religionen aber nur eine Wiederholung des alten politischen Spieles, und zwar eine schlechte, denn die griechische Philosophie, seine Bekanntschaft mit den verschiedenen Religionen des Morgen- und Abend- landes nicht minder, bewiesen ihm zu klar, daß die Religionen der Völker nur Mythen seien, in welche Völker, Priester und Staatsmänner ihre Meinungen und Ahnungen von dem Dasein höherer Mächte, ihre Furcht und Hoffnung für Gegenwart und Zukunft gefaßt hatten, durch welche sie die Einrichtungen des Staates, der Familie, das gesammte Leben mit einer heiligen Schutzmauer gegen die Gewalt der wechselnden Leidenschaften hatten umgeben wollen. Die römische Religion war zer- brochen, was sollten die fremden Religionen dem Römerthume nützen, der pontisch-ägyptische Serapis, die ägyptische Isis, der persische Mi- thras, nachdem der kapitolinische Jupiter, die Stammväter Mars und Quirinus Roms Schicksal nicht gehindert hatten? Auch die Juden, die in allen römischen Landen und Ortschaften zerstreut lebten, machten eifrig Proselyten; der ächte Römer aber verachtete den schmutzigen, feindseligen Juden in der Fremde, und das Treiben der Pharisäer mit ihren un- endlichen Ceremonieen und ihrer Schaustellung wohlfeiler Frömmigkeit, der Sadducäer mit ihrer kalten Leerheit, das blutige Wüthen dieser Parteien gegeneinander, sobald sie nicht durch die Furcht vor einem Mächtigen zurückgeschreckt wurden, die Gräuel in dem Königshause des Herodes, waren dem Römer in der Regel so widerlich, "daß er es nicht
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