C. Westeuropa. Ii. Großbritannien. 125
Dabei wandern jährlich c. lk Mill. Menschen aus, die nur z. Th. durch
Einwanderung ersetzt werden. Am stärksten die Auswanderung aus
Irland, das sich in bedrückter Lage befindet. Dort hat die Bevölkerung seit
40 Jahren um fast 3 Mill. abgenommen.
Der Abstammung nach die Mehrzahl Engländer, allmählich durch
Vermischung von Kelten, Romanen, Angelsachsen, Dänen und Normannen
entstanden. Reine Kelten jetzt kaum 3 Mill. stark: Kymren in Wales
(= Welschland, da die Kelten durch die einwandernden Sachsen als Wilsche
d. h. Fremde bezeichnet wurden), Gaelen oder Ersen in Hochschottland und
Irland '). Auch sonst das keltische Blut im gebirgigen Westen Englands stark
vertreten.
Ihrer gesammten Bildung nach sind die Engländer Germanen, doch
dem praktischen Leben energischer zugewandt als andere Germanen. Sie sind
meist groß und schlank (die Landleute aber großenteils untersetzt
gebaut wie die Niedersachsen); die meisten kräftig in Folge der derben Kost
und starker Bewegung^). Sie besitzen meist klaren und richtigen Verstand,
scharfe Beobachtungsgabe^), und weiches Gemüth, das sich iu der
Liebe zur Natur und zum Landleben, der edlen Gestaltung des
Familienlebens, der religiösen Gesinnung, die freilich oft nur auf
Aeußeres gerichtet ist, vor Allem in sprudelndem Humor*) zu erkennen
gibt; besonders achtnngswerth ihr C h a r a k t e r entwickelt: sie sind w i l l e il s st a r k,
halten zäh an Errungenem fest und bewahren daher auch geschichtlich Ge-
wordenes, Sitten und Einrichtungen, selbst in den Formen, treuer als andere
Völker'); sie verbinden Freiheits- und Unabhängigkeitssinn mit strengstem
Rechtssinn und Gehorsam gegen die Gesetze und achten daher oft
auch die Rechte andrer Völker in hohem Grades; meist sind sie ernst und
Zu § 241. i) Sie zerfallen nach diesen Ländern wieder in zwei Hauptzweige.
2) Lieblingsspeisen und -getränke: Beefsteak, Roastbeef, Hammelrippen, Plumpudding,
Porter und Ale; im Seeleben spielt der Grog, bei Kelten und Iren der Whiskey (Brannt-
wein) eine große Rolle. Wie diekost stehn auch die nationalen Spiele die mit viel
Bewegung verbunden sind, in Zusammenhang mit dem Klima, so das Boxen, dem
alten griechischen Faustkampf ähnlich — Boxer und Faustkämpfer ähnlich diätetisch vor-
gebildet — neuerdings in Folge der Maßnahmen der Regierung mehr und mehr ver-
schwindend, Rudern, namentlich Wettrudern, Wettrennen, Fuchsjagden und das
anstrengende Crick et spiel. Merkwürdig die Lust am Wetten bei allen Kampfspielen
(Hahnenkämpfe!».
3) Ihre Phantasie nur auf einzelnen Gebieten bedeutend. In den bildenden
Künsten und der Musik zeigen sie wenig schöpferisches Genie, während sie dieselben doch
sehr lieben. Ausgezeichnetes haben sie dagegen in der Architektur und fast allen Zweigen
der Poesie geleistet. Mangel an Erfindungsgabe zeigt sich bei ihnen wie bei andern
nordischen Völkern auch darin, daß so oft dieselben Namen wiederkehren. Aber die
Schiffe, der Gegenstand lebhafter Sorge, erhalten oft recht schöne Namen.
*) Dieser Humor, iu einer reichen Litteratur niedergelegt, wird durch die unfrei-
willige Komik der vielen englischen Sonderlinge begünstigt.
5) Es haben sich daher hier manche mittelalterliche und überhaupt geschichtlich
entstandene Formen erhalten, die sich oft in merkwürdiger Weise mit dem kräftigsten
Freiheitsgefühl vertragen und erst in neuester Zeit mehr verschwinden. Hier daher einst
in Walter T>cott ein Erzähler aufgetreten, der wie kaum ein anderer das Mittelalter
mit romantischem Schimmer umhüllt hat.
°) Die Engländer die ersten Colonisatoreu aller Zeiten, griechische Welt-
Wanderlust mit römischer Staatskunst verbindend, in kluger Weise meist die Eigen-
thümlichkeiten anderer Völker schonend, Freiheit und Selbständigkeit, ja fast überall
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T167: [Fest Tag Kirche Jerusalem Spiel Stadt Hofer Volk Jahr Zeit], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
Drittes Kap. Makedonische Geschichte.
77
Monumente errichtet und die Götter gebeten hatte, keinen Sterblichen
weiter, als ihn, dringen zu lassen, trat er mißvergnügt den Rückweg
durch das Land der Mallier (Mnltan) zum Hydaspes an, fuhr dann
auf diesem Fluß in den Acesines, von diesem in den Indus und auf
dem lezten bis zum Weltmeere, alle Nationen an beiden Ufern bezwin-
gend. Noch war der mühsamste und gefahrvollste Thcil der Reise übrig.
Denn während die Flotte unter Nearchus die interessante Fahrt
von der Mündung des Indus bis zum persischen Meerbusen that,
ging Alexander mit dem Landheere durch die Sandwüsten von Gedro-
sien und Carmanien nach Persis und von da nach Babylon zurück.
Drei Viertheile der Truppen wurden (nach P tutarch) durch Hunger
und Krankheit anfgerieben, nach überstandener Noch aber der Zug der
Weltstürmer durch unabgebrochene Bacchanalien geschändet.
In Babylon gab Alexander den Abgeordneten und Statthaltern
der Provinzen und den Gesandten ferner Völker Gehör, schaffte —
wie er solches auch auf der Reise gethan — viele Mißbräuche der Ver-
waltung ab, ertbeilte Belohnungen und Strafen, und entwarf große
Plane für die Zukunft, sowohl in Beziehung auf die Organisirnng
seines Reiches, als auf die Erweiterung desselben.
Man weiß nicht genau, welches die Plane gewesen. Aber soviel
läßt sich erkennen, daß er alle Theite seines unermeßlichen Reiches zu
einem fest zusammenhängenden Ganzen bleibend verbinden
wollte. Vermischung der Völker durch gegenseitige Heirathen und
Ansiedelungen sollten den Grund dazu legen, und dann die einznfüh-
rcnde Gleichförmigkeit der Geseze und Sitten und die Gemein-
schaft der Kultur, des Geschmacks und der Aufklärung das große Werk
vollenden. Griechische Feinheit, Kunst und Wissenschaft sollten am In-
dus und Orus und in den hyrkanischen Wäldern gedeihen, und — wie
ließ sich sonst das große Ganze Zusammenhalten? — Griechen und Ma-
cedonier sollten wie Perser gehorchen lernen. Die Hauptstadt des Rei-
ches sollte Babylon seyn, die uralte Königstadt, in der Mitte der da-
mals bekannten Welt gelegen, und durch diese Lage geeignet, auf
nur zum Feldherrn gegen die Perser ernannt. Es war sonach — auch abge-
sehen von der moralischen Würdigkeit der Eroberungssucht überhaupt — un-
gerechter Mißbrauch seiner Gewalt, wenn er gegen Beider Willen und
mit ihrem Blute die ganze Well erobern wollte. Daher, und wegen tes
Sultans-Tones, den er annahm, die vielen Empörungen und Meutereien
in seinem Heere. Bisweilen mochte auch Privatleitenschaft unter dem Deck-
mantel der allgemeinen Kränkung verborgen seyn. Bei Dämpfung solcher
Empörungen zeigte Alexander durchaus viele Menschenkenntniß, Kraft und
Gegenwart des Geistes.
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander Alexander
149
können, wiewohl manche Oasen nicht viel besser erscheinen, als
unsere dürren Heiden in Europa. Sie geben aber dem Handel
Nordafrikas seine Richtung und sehen jedeö Jahr dieselben Völker
sich an denselben Standorten aushalten und dieselben Waaren
weiter bringen. Das Kameel ist das Schiff der Wüste, indem
dieses Thier allein es dem Menschen möglich macht, diese furcht-
bare unermeßliche Wüste zu durchreisen, doch würde selbst dies
Thier unterliegen, böte nicht die Wüste auf gewissen Zwischen-
stationen Brunnen und Oasen dar, deren karge Gaben den Men-
schen und sein Kameel vor dem Verschmachten bewahren, und die
Wüste selbst gewissermaßen bewohnbar machen, da die schwache
Bevölkerung, der Sahara aus diesen Oasen ihren Lebensunterhalt
und Ruhepunct findet, um die Wüste zu durchziehen.
Die Reisenden, welche die Sahara durchwandern, vereinigen
sich in großen Gesellschaften, vorzüglich zur Betreibung deö Han-
dels, welche Karawanen heißen und von einigen Hunderten bis zu
mehreren Tausenden steigen. Kleinere Karawanen bestehen meist
aus ein Paar hundert Personen mit 1000 bis 1500 Kameelen. Die
großen Karawanen haben zuweilen 16,000 bis 20,000 Kameele bei
sich. Jede Karawane hat ihre Führer. Die Richtungen und Wege,
welche die Karawanen seit Jahrtausenden einschlagen, heißen
Karawanenstraßen. Die Natur selbst hat sie durch Reihen von
Quellen und Brunnen, die sich in der Wüste in gewissen Zwischen-
räumen zerstreut finden, vorgezeichnet und sie sind oft so betreten
und durchwandert, daß der Boden selbst sich ihnen angebildet zu
haben scheint, und die Karcwanenführer die 'Straßen am Gerüche
deö Bodens unterscheiden. Oft ereignet es sich, daß Karawanen
bei einem Brunnen zusammentreffen, das Völkerrecht der Wüste
bringt dann mit sich, daß die Karawane, welche bereits einige
Tage geruht hat, aufbreche, und den Ankömmlingen den Lagerplatz
räume. Kommen sie jedoch zugleich bei einem Brunnen an, so be-
hauptet für das Nachtlager die zuerst angekommene den Brunnen,
wenn sie stark genug ist, daß die andere es nicht zu versuchen
wagt, das Recht des Stärkeren geltend zu machen. Oft gibt es
hitzige, selbst blutige Kämpfe um das Wasser. Ost versiegt plötz-
lich ein Brunnen, der Jahrhunderte lang geflossen; tu diesem Falle
geräth die ankommende Karavane, die darauf rechnete, in die
äußerste Noth. Da werden dann Kameele geschlachtet, um durch
ihr Blut und den Wasservorrath, den sie in einem Behältnisse des
Magens haben, das Leben bis zur nächsten Wasserstelle zu fristen.
Nicht selten verschmachtet eine Karavane in der Wüste und findet
den schrecklichsten Tod, der unvermeidlich ist, wenn zu dem Mangel
des Wassers ^uch noch Sandftürme kommen, die oft eine Karawane
vernichten. So erzählen die Britischen Reisenden Danham, Clap-
parton und Oudney, welche 1822 die Wüste durchreisten, daß sie
ein Sandsturm in der Wüste überfiel, der ihnen eine deutliche
Vorstellung von der furchtbaren Wirkung dieser Winde gab. Er
hob den seinen Sand, der den Boden bedeckt, so daß die ganze
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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516
Die Zeit von 1815 bis 1857.
länder die ehemals auf den westindischen Inseln und dem tropischen ame-
rikanischen Festlande durch Sklavenarbeit erzielten Produkte in Ostindien
durch sogenannte freie Arbeit, d. h. durch Malaien und Hindu bauen
zu lassen. Haben diese Bestrebungen der Engländer nur annähernd den
Erfolg wie die niederländischen auf Java, so wird Ostindien den euro-
päischen Markt mit Kolonialwaaren füllen und die Konkurrenz Amerikas
zurückdrängen, wo nicht ganz unmöglich machen. Wie weit die Eng-
länder in dieser Richtung vorgegangen sind, ist uns nicht bekannt; wir
hören bloß von der Anlage mehrerer Eisenbahnen und Bewässerungs-
kanäle, von Theepflanzungen u. dgl., während die englischen Baum-
wollefabrikanten ihren ungeheuren Bedarf an Rohmaterial noch immer
zum größten Theil nicht aus Bombay, sondern aus Neworleans beziehen.
Die Bemühungen der englischen Politik, Ostindien zu sichern und Eng-
lands Herrschaft daselbst immer fester zu begründen, beweist z. B. die
vertragswidrige Besetzung eines Theils von Borneo und des benach-
barten Labuan durch James Brooke, einen ehemaligen Beamten der
oftindischen Kompagnie, der sich zum Radscha (Fürsten) von Sarawak
zu machen wußte, nach der Behauptung der Engländer nicht durch die
Gewalt der Waffen, sondern durch die moralische Macht der Civilisation,
obwohl seitdem bekannt worden ist, daß dieser neue Orpheus den wil-
den Dayaks nicht mit Saiten, sondern mit Kanonen aufspielt.
Der Cpiumkrieg mit China (1839—1842).
Wie wenig es der englischen Politik Ernst ist, wenn dieselbe ihre
Lenden mit dem Gürtel der Humanität schnürt und die Bibel in den
Händen andächtig einherwandelt, zeigt der Krieg gegen China am un-
widerleglichsten. Die Chinesen hatten sich in neuester Zeit das Opium-
rauchen und Opiumessen angewöhnt, ein Mittel sich zu berauschen, das
unter allen für Leib und Seele am verderblichsten sein soll. Den un-
geheuren Bedarf an Opium lieferte vorzugsweise das britische Ostindien
in einem jährlichen Werthe von mehreren Millionen Pfd. Sterl., so
daß der Mohnbau die einträglichste Benutzung des Bodens wurde. Die
chinesische Regierung untersagte ihren Unterthanen den Genuß des Opiums
bei Strafe, selbst bei Todesstrafe, und verbot endlich die Opiumeinfuhr
gänzlich, weil sie ihr Volk nicht vergiften lassen wollte, nach der Be-
hauptung der Engländer aber aus keiner andern Ursache, als weil für
das Opium eine Masse Silbers außer Land ging. Sie schmuggelten
nun noch mehr Opium nach Kanton, als sie früher offen eingeführt
hatten, denn der Verbrauch desselben steigerte sich nach dem Verbote be-
trächtlich (einen annähernden Begriff von dieser Einfuhr gibt die That-
sache, daß der kaiserliche Kommissär Lin 20,000 Kisten Opium, die der
englische Bevollmächtigte Kapitän Elliot auslieferte, in das Meer wer-
TM Hauptwörter (50): [T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Brooke Sarawak Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Ostindien Ostindien Amerikas Bombay Ostindien Borneo China China Ostindien
598
Afrika —
Nigritien,
und kamen nach vielen Hindernissen, deraubt, sogar gefangen und wieder befreit, end-
lich über Benin nach der Küste und nach der Insel Fernaodo Po. Zu wichtig für
die Handelswelt war das Resultat dieser Reise, weshalb 1833 zu näherer Erforschung
des Deltas und seines Hauptarmes 2 Dampsschifse hingesandt wurden, die ein großes
Stück Wegs hinauf und selbst einen Nebenstrom, den Tschad da, befuhren und die Ge-
wißheit mitbrachten, daß der Nun, östlich des Caps Formosa, der Hauptarm des
Quorra, und daß die Beschiffung leicht, aber auch das Klima in dem feuchtheißen
Niederlande des Stromes für Europäer mörderisch sei; Richard Lander, der die
Expedition mitgemacht, ward selbst ein Opfer, er starb auf Fernaodo Po. Eine zweite
Expedition, die Ii Jahr später in 3 Dampfern absnhr, hatte keinen größeren Erfolg.
— Glänzend dagegen waren die Resultate von neuen Landreisen, die bald hernach
(1850) von dem Engländer Richardson und den Hamburgern Overweg und
Barth unternommen wurden. Unter ihnen war Heinrich Barth der ausgezeich-
netste an physischer und geistiger Kraft, an Ausdauer und Klugheit, und da er schon
früher die gesammten afrikanischen Küstenländer des Mittelmeeres durchreist, auch hin-
reichend vorbereitet. Wie er mächtige Personen, von denen die Förderung seiner Zwecke
abhing, ohne sich seiner Würde zu vergeben, zu gewinnen, in schwierigen Lagen sich zu
helfen verstand, und was er unter vielfachen Beschwerden, in einem oft tödlichen Klima,
trotz wiederholter Geldnoth und Gefangenschaft geleistet, ist stannenswerth. Seine Zeit
weise benutzend, machte er überall ethnographische, sprachliche, geschichtliche Forschungen,
und so hat er über Sudän ein Licht verbreitet, das die Völker und Staaten desselben
unter die bekannteren der Erde einreiht. Während auf dem Hinznge durch die Sahars
die Reisegesellschaft in Tin Tellust (in der Oase Air) liegen bleiben mußte, um eine
Salzkarawane zu erwarten, machte er einen Abstecher nach Agsdes und lernte als
erster Europäer die interessante Gebirgsgegend des Staates Asben kennen. Im grünen
Sudan angelangt und von Richardson getrennt, der bald darauf starb, ging die Reise
über Katschna und Kano 146 Meilen weit nach Knka, der Residenz des Snltsus
von Born». Hier in Gunst gelangt, könnt' er sich nach Süden wenden ins Land der
Marghi und nach Adamaua, wo er von dem Herrscher zwar ans der Stadt Aola
zurückgewiesen ward, jedoch den 3000 m. hohen Berg Alantika, und — was noch
wichtiger war — den Strom Venne entdeckte, von dem er erkundete, daß es derselbe
sei, dessen Mündung in den Niger man Tschadda genannt, und daß er ans dem nn-
bekannten Süden komme. Aus der geringen Meereshöhe des großen Stromes ließ sich
schließen, daß sein Gefäll nicht bedeutend sein, also der Beschiffung kein Hindernis im
Wege stehen könne. Barths Bericht darüber veranlaßt? eine nene Niger-Benne-Expe-
dition; 1854 fuhr Baikie den Strom hinauf bis zu dem Punkte, wo Barth gewesen.
— Nach der Hauptstadt Bornus zurückgekehrt, wohnte Barth nebst Overweg einem
unglücklich aussalleudeu Kriegszuge ins Land Kanem nördlich vom Tschadsee bei, und
bald darauf sehen wir ihn im stark bewässerten Lande der Mnsgo, neben Mandara,
südl. des Tsad. Richardson war längst todt; nun war auch Overweg ein Raub des
Klimas am Tsadsee geworden. — Ein neuer Zug Barths aus seinem Standquartier
zu Kuka führte ihn, mit der Absicht, nach Wadai und weiter ostwärts vorzudringen,
ins Reich Bagirmi; hier aufgehalten, beschloß er, sich nach Westen zu wenden und
machte sich trotz Major Laings ehemaligem Schicksal und trotz den Warnungen, die
TM Hauptwörter (50): [T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß]]
566 Afrika — Abesfinien.
der Dinge ein. Ein tüchtiger Emporkömmling, Kasai, Sohn eines Beamten und
Verwandten des Statthalters von Dembea, warf sich 1353 zum Herrn von ganz Am-
hara auf, schlug im Februar 1855 in der Schlacht von Deraskye den Fürsten Ubtö
von Tigrk und ließ sich nun in Erinnerung an eine alte Sage, der gemäß einst ein
König Theodorus sich erheben werde, durch welchen das Land wieder groß, das Volk
glücklich gemacht werden solle, unter dem Namen Th eodorus Ii. zum Negus
Negussie (König der Könige) krönen. Er drängte die Gallas mit Glück zurück,
unterwarf 1856 den Fürsten Haila Malakot von Schoa und stellte so die Reichseinheit
wieder her. Der Aufaug seiner Regierung war viel versprechend; bald aber trat in
Mafsenhiurichtuugeu, willkürlichen Rechtsverletzungen und bergt, sein grausamer despo-
tischer Sinn mehr und mehr an den Tag. In seinem Charakter, (nach den Worten
Dr. Krapfs) „eine Mischung von Extremen, eine Zusammensetzung von Gut und
Böse," gewanueu die sinstern Mächte in seiner Seele das Uebergewicht; jeder Zoll ein
Barbar, ließ er seinen starken Leidenschaften freien Lauf und erschien so, je nachdem
Ehrgeiz und hochfliegende Pläne, oder Ingrimm und gemeines Laster die Oberhand
hatten, als Held oder als Bestie. Die willkürliche und grausame Einkerkerung pro-
testantischer Missionäre und des englischen Consuls veraulaßten England zu einer
kriegerischen Expedition gegen Habesch (l^/es). Am Ostermontag (13. April) 1868
wurde der letzte Zufluchtsort Theodors, der unterdessen den ganzen Landstrich von
Gondar bis Magdala ausgeplündert und verbrannt hatte, nämlich die Feste Magdala,
erstürmt; der Negus Negussie nahm sich durch einen Pistolenschuß das Leben. Die
Engländer zogen wieder ab und seitdem ist alles im Lande in voller Auflösung. Jüngst
hat sich der Fürst Kassa von Tigrs, dessen Name während des abessinischen Feldzugs
verschiedentlich genannt wurde, uuter feierlichem, barbarischem Gepränge und großem
Kröuuugsceremoniel den Titel: „König der Könige von Aethiopien durch den Willen
des abessinischen Volkes" beigelegt, ohne indes diesen Titel auf eine entsprechende Macht
stützen zu können.
Städte: In Amhära liegt nördlich vom Tsana See auf fruchtbarer Hochebene
die Hauptstadt Gondar mit 7009 (sonst 60,000) zur Hälfte muhammedanischen E.;
von den 44 Kirchen der Stadt soll Theodor 42 verbrannt haben. Südlich des Tsana
und um die Quellen des Bahr el Azrek haust die Volkschaft der A g o w s. — In
Tigre liegt an der Handelsstraße über den Tarantapaß nachdem ägyptischen Arklko
und Massaua der jetzige Hauptort Adowa mit 8000 E. 1895 rn. überm Meere;
in der Nähe und noch höher gelegen (2161 m.) die uralte Hauptstadt Axum, bis
ins 13. Jahrhundert Residenz der Könige, seit 1535, wo es von den Gallas zerstört
wurde, fast nur aus Ruinen bestehend; man sieht dort Säle, die in Felsen gehauen,
umgestürzte Säulen und Obelisken; Axum war auch der erste Ort Aethiopieus, wohin
das Christenthum gelangte; es war im 4. Jahrhundert, bald nach dem nicäischen Eon-
cil, als der Syrer Frumentius, von dem bekannten Athanasius geweiht, es dort ver-
breitete Nördlich von Habesch liegen die, nun unter ägyptischer Oberhoheit stehenden
Länder Mensa, Bogos und Marea, und die jüngst von W. Munzinger-Bei er-
forschten Gebiete der Hab ab- und B eni-Amer-Völker, wo Thäler, Berge und
Hochflächen reizende Landschaften bilden, auch Elephauteu sich einfinden, und die ägyp-
tische Regierung die Baumwollenkultur eingeführt hat. — In Schoa, sehr steil nach
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T17: [Meer Fluß Gebirge Land Hochland See Halbinsel Osten Norden Süden], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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TM Hauptwörter (200): [T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung]]
Extrahierte Personennamen: Theodorus Negussie Haila_Malakot_von_Schoa Negussie Theodor Frumentius Marea W._Munzinger-Bei
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Dembea Mafsenhiurichtuugeu England Magdala Magdala Amhära Tsana_See B_eni-Amer-Völker Schoa
459
Afrika — das Kapland.
arbeiten, sind hart gegen Feinde, doch den Freunden tren. Die einzelnen
Stämme oder Ama's haben erbliche Oberhäupter, nicht immer gleich Homers
Völkerhirten mit einem Rath der Vornehmsten zur Seite; denn bei den Zulahs
gilt der König grade wie in Dahome, für den Herrn über Leben und Tod,
und kann, wenn seine Natur dahin neigt, gar leicht zum blutdürstigen Tyrannen
werden*). Die Hottentotten, auch aus mehreren Stämmen (Griquas,
Koranas, Namaqnas rc.) bestehend, sind blos Hirtenvölker und ihre Kraals oder
Dörfer aus beweglichen Zelthütten zusammengestellt. Musik und Tan; liebend,
sind sie dennoch überaus trag und geistiger Bildung schwer zugänglich-, ein
Gürtel und eine Thierhaut als Kroß oder Mantel genügt ihnen zur Kleidung.
Gegen Vieh tauschen sie Brantewein und Tabak ein, ihre höchsten Genüsse; sonst
haben sie nichts weiter zu erstreben. Dabei sind sie aber gastfrei, wie die Kaffern
auch. Die sogenannten Buschmänner (holländisch: Bosjesmans), die auf
thierische Weise in Wäldern und Wildnisien hausen, gehören auch zur Raße der
Hottentotten; man meint, sie seien Abkömmlinge derer, die im 17. Jahrhundert
von den Europäern ihres Viehes beraubt und verjagt worden.
Es hat lange gewährt, ehe sich eine europäische Seemacht zu Niederlassungen
an der Südküste Afrikas entschloß. Es war kein Goldland, die Portugiesen also
eilten stets daran vorüber, um nach Sofala und weiter zu gelangen. Höchstens
wurde nur so lange verweilt, bis frisches Wasser eingenommen und Vieh geraubt
war. Erst später begriff >nan die Wichtigkeit einer dortigen sichern Station für
die Jndienfahrer, und als der holländische Wundarzt Ribbek sich von den Hotten-
totten ein Stück Land am Kap um etwas Leinwand erhandelt hatte, folgte die
Regierung seinem Beispiel und kaufte einen beträchtlichen Strich Südküste ilm
15000 fl., die sie in allerlei Waaren bezahlte. So entstand im Jahr 1652 die
Kolonie Kap land, die sehr bald eine große Bedeutung erhielt. Europäisches
Getreide, Obst, Wein, Südfrüchte gediehen nach Wunsch. In neuester Zeit hat
man noch Baumwolle, Kaffee, Thee, Bambus und sogar den Brodbaum dahin
verpflanzt rmd macht Versuche mit der Seidenzncht. Die Kolonie kann als
Keim einer Kultur betrachtet werden, die sich im nächsten Jahrhundert über ganz
Südafrika ausbreiten wird. Bis 1806 blieb sie holländisch. Seitdem gehört sie
den Engländern, welche damals, als Holland dem Willen Napoleons gehorchen
mußte, sich des Kaps bemächtigten und es im Friedenschluß 1814 behielten.
Das ganze Gebiet, wozu jetzt das schöne Küstenland Natal gehört, umfaßt
gegenwärtig 10000 Qm. und hat über 300000 Bew., nämlich 60000 Weiße,
meist Holländer, 50000 Neger (gewesene Sklaven) und Malaien. Die übrigen
sind theils Hottentotten, deren viele das Christenthum angenommen und sogar
Ackerbau treiben, theils Kaffern, besonders Betschnanen, deren großer Hauptort
*) ist noch nicht lange, daß die Völker in der Nähe des Kaschangebirgs
Beispiele davon erlebten. Die Zulahs wurden Eroberer, ihr Herrscher aber,
in fast wahnsinniger Blutgier, ging aufs Morden aus und suchte ganze Stämme,
die sich schon unterworfen hatten, auszurotten. Man sieht jetzt weite, vorder
zahlreich bewohnte Landstrecken völlig menschenleer.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Ribbek Napoleons
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Dahome Afrikas Sofala Südafrika
436
Afrika — Aegypten.
Zugleich ist er Oberkaufmann, so daß alle Produkte in seine Magazine müssen,
woraus er sie um willkührliche Preise an die Verkäufer abläßt. Alle Webstühle
in Flachs und Wolle sind sein, wozu er den rohen Stoff liefert und die Arbeiter
bezahlt. Das Fabrikat müssen ihm die Handelsleute abnehmen, denen er so-
wohl den Preis des Kaufs als Verkaufs bestimmt. Eben so willkührlich be-
steuert er das Volk." — Andre dagegen urtheilen günstiger. Ihnen zufolge soll
das Monopol, das der Pascha übt, grade für Aegypten eine Quelle des Wohl-
standes sein, da es keinen Abnehmer der Landesprodukte gebe, der so sicher und
gut bezahle als er. Das Gerücht von dein Elend und der Armuth der Fellahs
sei ungegründet. Die Lebensbedürfnisse, Brot, Butter, Eier, Geflügel, Früchte
seien im Ueberfluß vorhanden und wohlfeil, die Menschen froh und zufrieden bei
Gesang und Tanz, und Sicherheit herrsche auf allen Landstraßen. Was der
Pascha für den erweiterten Anbau von Oliven, Zuckerrohr, Indigo, und vor
allen der Baumwolle gethan, die im vorigen Jahrhundert kaum für die Fellahs
zur Deckung der Blöße ausgereicht, jetzt aber sogar in großer Masse ins Ausland
gehe, sowie seine Bemühungen für Einführung europäischer Bildung, und für
Herstellung einer Seemacht, das habe den Mehemed Ali in die Reihe der vor-
züglichsten Herrscher gestellt; wenigstens könne man ihm das Lob unermüdeter
Thätigkeit nicht versagen. Die Aufhebung und Vernichtung der anarchischen
Mameluckengarde, die unter seinen Vorgängern keine geregelte Regierung zuließ,
sei schon allein eine große Wohlthat für Aegypten, und daß er das Reisen euro-
päischer Forscher nach Nubien, und weiter aufwärts, aufs bereitwilligste unter-
stützt habe, müsse ihm von allen Freunden der Wissenschaft verdankt werden.
Dies mag ganz richtig sein; dabei ist und bleibt aber Aegypten ein des-
potisch regierter Staat, und wie in allen Despotieen des Orients, so hängt auch
dort von den persönlichen Eigenschaften des Herrschers Sicherheit, Wohlstand,
Bildung, ja das Leben der Bewohner ab. Ein unglücklicher Thronwechsel kann
wieder umstürzen, was eben der Geist eines vorzüglichen Fürsten gebaut hat.
Wo der Grund und Boden als Eigenthum eines Einzigen betrachtet wird, wo
die Rechtsprechung nicht unabhängig ist von der Willkühr des Herrschers, wo der
Unterthan nicht eben so gut Rechte wie Pflichten hat, und wo die Regierung
nicht durch die Formen der Verfassung genöthigt ist, diese Rechte unangetastet zu
lassen, da ist kein Volksglück dauerhaft.
Aegypten besteht jetzt aus 5 Provinzen oder Mudirliks, die wieder in
Mamurliks zerfallen, und jeder Mamur hat Nazirs oder Beamte kleinerer Kreise
unter sich. Die ältere Eintheilnng war: Ober- und Mittel-Aegypten, oder das
Thal, und Unterägypteu oder das Delta.
1) Das Thal, nur 3 bis 4 Stunden breit, zwischen den sogenannt arabi-
schen Bergen (Dschebl Mokattam) und den libyschen. Beide sind niedrig und
öde, in Oberägypten ans Sandstein, unterhalb Theben aus Kalkstein bestehend.
In beide öffnen sich öde Seitenthäler und Schluchten; durch eins dieser Thäler
geht der Weg von Kenneh nach Kossei r am rothen Meere. Die Menge blühen-
der Städte, die es sonst besaß, hat es nicht mehr; die jetzigen sind unbedeutend,
etwa mit Ausnahme von Siut (18000 E.) Girgeh und Kenneh. Wichtiger
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Extrahierte Ortsnamen: Afrika Mehemed_Ali Nubien Mamurliks
92 Die Israeliten.
Städte in den Gebieten der übrigen Stämme zu beiden Seiten des
Jordans.
11. Das Land, das die Stämme erfüllen sollten, reichte von der
ägyptischen Grenzstadt Nhinokorura bis zum Euphrat in der Gegend von
Thapsakus. Im Süden und Osten war es von den Stämmen, durch
deren Gebiete der Wüstenzug sich bewegt hatte, umgeben. Nordöstlich
lag Mesopotamien oder Aram Naharaim und nördlich Syrien im enge-
ren Sinne. Nordwestliche Nachbarn waren die Phönicier. Wie sie
den nördlichen Theil des tief gelegenen Küstensaumes inne hatten, be-
wohnten den südlichen die Philister, ein von Kreta her eingewandertes
Volk, dessen Land in die Gebiete der fünf Städte Gaza, Askalon, Asdod,
Ekron und Gath zersiel. Im Lande aber fanden die Israeliten von
Süden nach Norden die kanaanitischen Stämme der Emoriter, Hethiter,
Jebusiter, Heviter, Girgasener, Pheresiter und im engeren Sinne so-
genannten, den Phöniciern zunächst wohnenden Kanaaniter vertheilt,
während als Neste einer älteren Bevölkerung noch andere Stämme in
der heiligen Schrift genannt werden, die, ohne selbstständig zu crschei-
nen, am Kampfe der Kanaaniter gegen die Israeliten Theil nehmen.
Die Eroberung stieß auf große Schwierigkeiten und durch den ganzen
Zeitraum der Richter hindurch erhielten sich Theile der eingeborenen
Bevölkerung um so leichter selbstständig, als der Zusammenhang unter
den Stämmen Israels sich lockerte und einzelne derselben gegen erhalte-
nes Gebot sich mit ihnen vertrugen und zeitweise von dem die Sinne
verlockenden Götzendienste mit Verderbniß angesteckt wurden.
12. Zeichen dieses Verderbnisses treten bald nach Josua's Tode
hervor, dem Niemand in der Heerführerwürde folgte und nach dem
daher Niemand kraft überkommenen Amtes die einzelnen Stämme zu
einem Ganzen zusammenhielt. Bei Josua's Lebzeiten war das Gefühl
der Einheit noch so mächtig, daß die oftjordanischen Stämme durch Er-
richtung eines Altares ain Jordan sich der Gefahr eines Kampfes mit
den übrigen aussetzten und nur durch die Erklärung, der Altar sei ein
bloßes Denkmal, der Gefahr entgingen. Nicht lange nachher aber fehlte
es nicht an Beweisen für die Lockerung des Bandes. Ein Theil des
Stammes Dan zieht wegen der Beschränktheit des Gebietes nordwärts
bis zur äußersten Grenze Palästinas, nimmt die am Libanon gelegene
sidonische Colonie Laisch, die hiernach den Namen Dan erhält, mit Ge-
walt in Besitz, setzt dort einen beim Durchzuge durch Ephraim mitge-
nommenen abgöttischen Priester ein und gründet so ein fremdartiges
Heiligthum, das so lange dauerte, als das Heiligthum der Nation in
Siloh war. Dem Beispiele der religiösen Abtrünnigkeit steht zur Seite
ein Beispiel wilder Gesetzlosigkeit und Zwietracht, welches dem Aus-
spruche der heiligen Schrift zur Bestätigung dient, es habe damals Jeder
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Sparta. Die lykurgische Verfassung.
143
gesunden blieben unter Obhut der Mutter bis zum siebenten Lebensjahre. Dann kamen sie in die Erziehungshuser, wo sie, in Riegen und Rotten (Agelai oder Buai und Ilm) geteilt, unter Aufsicht und auf Kosten des Staates erzogen wurden. Sie lernten hier das Alter ehren, die Wahrheit reden, den Schmerz ertragen, Hunger, Durst, Klte fr nichts achten und bten sich im Ringen, Schwimmen, Wersen u. s. w. Vom zwlften Jahre an trugen sie kein Untergewand mehr und schliefen auf bloem Eurotasschils. Zum Beweis ihrer Ausdauer in Ertragung krperlicher Schmerzen lieen sich alljhrlich 15- oder 16jhrige Knaben am Altare der Artemis bis aufs Blut peitschen; wer am lngsten aushielt, war der Bomomkes, d. i. Altarsieger. Vom 18. bis zum 20. Jahre lagen die Jnglinge hauptschlich Waffen-bungen ob und leisteten z. B. bei der Kryptia militrische Dienste, durften auch zu bestimmten Zeiten Jagd als eine Vorbung fr den Krieg betreiben. Auch listiger Diebstahl von Lebensmitteln war als Vorschule zu Kriegslisten gestattet; den entdeckten oder ertappten Schelm aber traf empfindliche Strafe. Bescheidenheit und Besonnenheit sowie Krze im Reden, Gehorsam und Ehr-furcht gegen Obere und Greise waren die zu erstrebenden Tugenden. Die Ausbildung fr den Beruf des Kriegers lie keine Beschftigung mit Knsten und Wissenschaften zu, sie mten denn gerade wieder dem hphern Zweck der Wahrhaftigkeit und Vaterlandsliebe gedient haben. Daher lernten Knaben und Jnglinge die Gesetze der Vaterstadt, sangen in Liedern die Geschichte der Ahnen und in Lobgesngen den Preis der Götter. Mit dem 20. Jahre begann die Verpflichtung zum Kriegsdienst, die bis zum 60. dauerte; zugleich trat der junge Krieger in eine Zeltgenossenschaft ein, nahm also an den erwhnten Svssitien. oder Pheiditien teil, fr die er seinen Beitrag an Naturalien und Geld zu liefern hatte. Das Hauptgericht war die Bapha oder Haimatia, eine Art Schweineschwarzsauer, Schweinefleisch mit Blut, Essig und Salz gekocht, dazu gab es einen Becher Wein und Gerstenbrot. Auer der berhmten schwarzen Suppe" gab es aber auch fters ein gespendetes Sondergericht von Wildbret oder von einem Opfertier, auch Nachtisch von Kse, Feigen und Oliven. So mager war also die Kost nicht. Die Opfermahl-zeiten gewhrten Abwechslung und neben geistiger Erhebung durch Gesnge und Festzge auch leiblichen Genu. Die Wohnungen waren Blockhuser; nur Axt und Sge durften bei ihrem Bau gebraucht werden. Jede Familie hatte ein Staatslehen (Kleros), das unveruerlich und unteilbar war. Kein Kleros durfte durch Heirat einer Erbtochter mit einem andern Kleros vereint werden; daher sorgte das Gesetz fr die Verheiratung der Erbtchter und kinderlosen Witwen. Kein Spartiate bebaute sein Feld selbst oder trieb ein Gewerbe. Dafr waren die Heloten oder Periken da. In Kriegszeiten wurden zwar, wie angedeutet, auch diese beiden Bevlkerungsklassen als Leicht-
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