20
Das Altertum. Die orientalischen Völker.
Vorrichtungen (jetzt Schaduf genannt) gesorgt htte. Seit Jahrtausenden wird das Anschwellen des Flusses durch angelegte Brunnenschachte ein solcher alter Nilmesser" befindet sich noch auf der Insel Elefantine bei Syene und ist wiederhergestellt beobachtet und die Bewsserung geregelt. Sechzehn Ellen" mute einst der Flu steigen, sollte das ganze Land seines Segens teilhaftig werden. Griechische Kunst hat selbst diesen natrlichen Vorgang in fesselndem Bilde darzustellen verstanden. Wer kennt nicht die Nilstatue der vatikanischen Sammlung? Wie munter spielen und klettern die herzigen Knblein an dem mchtigen Gotte herum, und mit welchem Stolze schaut der sechzehnte Bursche von der erklommenen Hhe mitten aus dem reichen Fll-hrne! Heutzutage reicht dieser Stand nicht mehr aus, da die Ufer durch den Schlamm und den Flugsand sich mehr und mehr erhht haben. Um das Wasser auf die Felder zu leiten, werden die Dmme durchstochen. Der Flu hat das Volk gelehrt, angeleitet und erzogen. So groen Segen er spendet und so gnstig das Klima scheint, ohne unablssige Vorsorge und strenge Regelung der Bewsserung knnte der gypter nicht seines Daseins froh werden. Naturnotwendigkeit fhrte im Nilthal zur Bildung eines festen Staates.
Acht Monate hindurch, vom April bis zum Dezember, herrscht Glh-Hitze, die nur durch die Khle des Wassers und den erfrischenden Nordwest gemildert wird. Im Mrz und April blst von Sdost her kochend wie aus Ofens Rachen" der gefrchtete Chamsin, d. h. der Wind der 50 Tage, so genannt, weil er in den 50 Tagen nach der Frhjahrs-Tag- und Nacht-gleiche, aber nicht anhaltend was allem Leben den Tod brchte , sondern manchmal weht. Das gyptische Jahr zerfllt in drei Jahreszeiten: vier Monate der Aussaat und des Wachsens (November bis Februar), vier Ernte-monate (Mrz bis Juni) und vier Monate der berschwemmung.
Wenn man in diesem fruchtbaren Lande eine reiche Flora erwartet, so irrt man vollstndig; denn bei aller ppigkeit der Vegetation herrscht die grte Einfrmigkeit. Mit Wohlgefallen ruht zwar das Auge auf den un-absehbaren Korn- und Kleefeldern; aber keine Wiese, kein Wald, keine wild wachsende Pflanze verleiht der Landschaft den Reiz des Wechsels. Waldes-bitficht und Sumpfwildnis ist zu Ackerland geworden. Noch finden sich im flieenden und stehenben Gewsser drei Wasserrosen: Nymphaea Lotus, Nym-phaea caerulea und Nelumbium speciosum, deren Wurzeln und Samenkrner (Nillinsen) dem Armen zur Nahrung dienten; bagegen ist die einst wuchernbe Papyrus staube (Cyperus papyrus), ehemals eine der wichtig-sten Pflanzen gyptens, das Wappen des Delta, gnzlich verschwunben. Der Mangel an Bauholz hat keinem Beherrscher gyptens den Bau einer Flotte ver-stattet, wenn ihm nicht die Wlber Syriens ober Cyperns ihre Cypressen-
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (100): [T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
TM Hauptwörter (200): [T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
44
I. Beschreibende Prosa: Kulturgeschichte.
bei Arrian erhalten ist; Zucker aus Zuckerrohr, freilich oft in griechischen
und römischen Schriftstellern mit dem Tabaschir des Bambusrohres ver-
wechselt; Wolle von großen Bombarbäumen, Shawls aus tibetischer
Ziegenwolle, seidene (serische) Gewebe; Öl aus weißem Sesamum, Rosenöl
und andere Wohlgerüche; Lack (sanskrit lackscka, in der Vulgärsprache
lakkha) und endlich der gehärtete indische Wutzstahl.
Neben der materiellen Kenntnis dieser Produkte, welche bald ein
Gegenstand des großen Welthandels wurden, und von welchen die Seleu-
ciden mehrere nach Arabien verpflanzten, verschaffte der Anblick einer so
reich geschmückten subtropischen Natur den Hellenen noch geistige Genüsse
anderer Art. Große und niegesehene Tier- und Pflanzengestalten erfüllten
die Einbildungskraft mit anregenden Bildern. Schriftsteller, deren nüchtern-
wissenschaftliche Schreibart sonst aller Begeisterung fern bleibt, werden
dichterisch, wenn sie beschreiben die Sitten der Elefanten, die „Höhe der
Bäume, deren Gipfel mit einem Pfeile nicht erreicht werden kann, deren
Blätter größer als die Schilde des Fußvolkes sind"; die Bambusa, ein
leichtgefiedertes baumartiges Gras, „dessen einzelne Knoten (iuternoäia)
als vielrudrige Kähne dienen"; den durch seine Zweige wurzelnden indi-
schen Feigenbaum, dessen Stamm bis 8 ui Durchmesser erreicht, und der,
wie Onesikritus sehr naturwahr sich ausdrückt, „ein Laubdach bildet gleich
einem vielsäuligen Zelte". Der hohen baumartigen Farren, nach meinem
Gefühle des größten Schmuckes der Tropenländer, erwähnen indes Ale-
xanders Gefährten nie, wohl aber der herrlichen, fächerartigen Schirm-
palmen, wie des zarten, ewig frischen Grünes angepflanzter Pisanggebüsche.
Die Kunde eines großen Teiles des Erdbodens wurde nun erst
wahrhaft eröffnet. Die Welt der Objekte trat mit überwiegender Ge-
walt dem subjektiven Schaffen gegenüber; und indem durch Alexanders
Eroberungen griechische Sprache und Litteratur sich frucht-
bringend verbreiteten, waren gleichzeitig die wissenschaftliche Be-
obachtung und die systematische Bearbeitung des gesamten Wissens durch
Aristoteles' Lehre und Vorbild dem Geiste klar geworden. Wir bezeichnen
hier ein glückliches Zusammentreffen günstiger Verhältnisse; denn gerade
in der Epoche, in der sich plötzlich ein so ungeheurer Vorrat von neuem
Stoffe der menschlichen Erkenntnis darbot, war durch die Richtung, welche
der Stagirite gleichzeitig dem empirischen Forschen nach Thatsachen im
Gebiete der Natur, der Versenkung in alle Tiefen der Spekulation und
der Ausbildung einer alles scharf umgrenzenden wissenschaftlichen
Sprache gegeben hatte, die geistige Verarbeitung des Stoffes erleichtert
und vervielfältigt worden. So bleibt Aristoteles, wie Dante sich schön
ausdrückt, auf Jahrtausende noch: „il maestro di color che sanno“,
der Meister derer, welche wissen.
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]