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Inder.
Heerstraßen, dem Kriegswesen rc. vor. Die ganze Nation theilte sich in
vier abgeschlossene Hauptkasten mit vielen Unterabtheilungen: die der
Bramanen (Priester), der Tschetris oder Ketri (Krieger), der
Wayshyas (Acker- und Handelsleute) und der Sudras (Hand-
werker, Dienende). Die Priester wußten die Lehre des dunkeln Pan-
theismus zum National-Götterdienste zu erheben, und sich als Diener
der Götzen mit dem unverletzlichen Scheine der Heiligkeit zu umhüllen.
Auf diese Weise gingen nicht allein Künste und Litteratur von ihnen
aus, sondern sie hatten auch die Gewalt der Gesetzgebung in Händen,
und leiteten somit den ganzen Mechanismus des indischen Staatsgebändes.
Die älteste Religion war der Brahmaismus, die Verehrung
Drahma's (Erde?), des höchsten Wesens, welches aus sich selbst die
Welt erschaffen; später zuerst im nördlichen Indien die Verehrung
Schiwa's (Feuer), und im südlichen die des Wischnu (Luft und
Wasser), welche drei Gottheiten allmälig als Ausflüsse eines einigen
höchsten Wesens gedacht wurden; — außerdem zahllose Untergötter.
Aus dem Wischnu - Dienste ging der Buddhaismus hervor, welcher
ein höchstes, unveränderliches Wesen, sowie eine Vergeltung nach dem
Tode verkündete, und allen Kasten die Priesterwürde zugänglich machte.
Von den Künsten vorzüglich frühe schon Baukunst und Webe-
kunst. Handel durch den Reichthum der Landesproducte blühend und
allgemein.
Die Litteratur ist reich an Schriften. Die vier Hauptklassen
sind: die Vedas (Religions-Urkunden), Upa vedas (Erläuterungen
der Vedas re.), Puranas (Theogonien rc.) und die Gesetze des
M eint (des ersten Sterblichen).
Die alte klassische Sprache der Inder war das seit dem fünften
Jahrhundert nach Chr. Geb. ausgestorbene Sanscrit, eine Schwester
der Zendsprache.
§. 6.
Biblische und im Besonderen Israelitische
Geschichte.
I. Von Adam bis Noah, von 4000 bis 2300 I. v. Ch. G.
* Der Mensch, ge leitet von der unsichtbaren Hand
der Gottheit, tritt allmälig aus dem rohen Naturzu-
stände über zum freien Gebrauche seiner Vernunft. Die
Bekanntschaft mit den ihn u m g e b e n d e n T h i e r e n führt
ihn zum Hirten- und N o m a d e n - L e b e n.
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auch solche, die nur unmittelbar den Kaiser als Lehnsherrn anerkannten. Diese hatten, besonders vom 15. Jahrhundert an, einen schweren Stand gegen die Fürsten, welche darauf ausgingen, diese kleinen Gebiete ihren eignen größern noch einzuverleiben. Noch eine andere Art des Adels ist in den Städten zu finden, die sogenannten Patricier, ansässige Edle in der Stadt, — welche sich mit den Rittern aus dem Lande auf eine Stufe stellten. Dann die Vögte, welche die Rechte ans den Gütern der Fürsten wahrnahmen, sowohl auf dem Lande wie in einer Stadt 2c. (Landvogt, z. B. Burggraf von Nürnberg).
V. Die Kirche Von bedeutendem Einfluss im Staate war die Kirche; sie hielt den Zusammenhang mit der römischen Cultur, welche die alte Welt ab-schloss, aufrecht, besonders mit der lateinischen Sprache, auch suchte sie die wilden Sitten der noch rohen Franken durch den Glauben, damals nur eben vielfach noch Wunder- und Aberglauben, zu mildern. Sie wirkte auch schützend und schirmend für das Leben des Einzelnen, denn wer an die heiligen Stätten der Märtyrer flüchtete, fand dort ein Asyl vor Verfokgnng. Der Verfolger, in Angst vor der Macht des Heiligen, die ihm Schaden zufügen könnte, wagte nicht, in das Heiligthum zu dringen (so wurde besonders verehrt der heilige Mar-tinus in Tours). Wie im Alterthum der Altar, oder das heilige Götterbild im Tempel, so auch waren nun die geweihten, christlichen Stätten Schirm und Schutz für schuldig oder unschuldig Verfolgte.
Besonders dadurch, dass sie die Gewissen mit ihren Gnadenmitteln beruhigte und Bußen für begangene Sünden feststellte (Almosen, Wallfahrten, Fasten, Geißelungen — Könige und Fürsten mussten zur Strafe für ihre Sünden neue Kirchen, Klöster u. s. w. gründen), erzog die Kirche im Mittelalter die wilden Gemüter (oft auf anschauliche Weise) zu einer sanftem Sitte.
Aber noch mehr vermochte sie, wenn sie diese Gnadenmittel verweigerte, wenn die Gewalt des Bannes.den Sünder betraf. Der Bann, der den Einzelnen friede- und ruhelos machte, war aber noch schlimmer, wenn er sich auf ganze Länder erstreckte (Interdikt). —
Auch äußerlich prägte die Kirche den Gebräuchen, Sitten und äußeren Zeichen dieser Zeit einen eigenthümlichen Charakter auf: wo man hinsah, in dem Verkehr der Städte, im einsamen Gebirge, überall, selbst in der Wildnis, erhob sich über Kirchen und Kapellen das Kreuz, lud die Glocke zur Andacht, zum Gebet — die Sitte das Zeichen des Kreuzes zu machen, das Abbeten des Rosenkranzes, der Genuss des Sakramentes, die vielen Feiertage im Jahre, Wunder, die sich an heiligen Stätten ereigneten, das alles hielt die Gemüter mit überwältigender Macht an die Kirche gebunden — zumal ein selbstständiger Unterricht getrennt von der Kirche für das Volk noch gar nicht bestand. Daher die Befangenheit der Menge in Aberglauben, die Wundersucht, die oft wohl geflissentlich von der Kirche genährt wurde. Und wenn irgendwo Geister eine tiefere Bildung erstrebten, so waren es eben auch nur wieder Geistliche, welche diese Schätze der Intelligenz und nicht minder auch die Künste bewahrten und letztere Übten.
Geistliche sind Lehrer, Geschichtsschreiber, Gelehrte aller Art, sie sind Architekten, Glockengießer, betreiben rationell die Landwirthschaft, sie bilden in
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Erz und Thon, in Stein und Marmor, sie schaffen Wandmalereien, Pergament-verzierungen, sie sind Buchhändler, Fabrikanten der Bücher, sie überliefern uns in ihren sorgsam behüteten Bibliotheken die kostbarsten Texte, sie sind Musiker, Componisten, Dichter, sie sind auf geistigem, wissenschaftlichem, künstlerischem Gebiet, in vielen praktischen Beziehungen für diese Zeit alles in allem.
Was aber noch ins Gewicht fällt, ist:
Die Klöster waren sichere Herbergen für Reisende und Pilger, sie erbarmten sich der Elenden, Kranken, Schwachen, sie waren in weiten Kreisen wohlthätig: wenn Hungersnoth, Miswachs eintraten, dann thaten sie ihre Speicher aus und speisten den Hungernden, kleideten die Nackten, dem Gebote des Evangeliums folgend.
Die großen Reichthümer indes, welche sich die Kirche erwarb durch Schenkungen, Vermächtnisse u. s. w. legten auch die Gefahr nahe, daß die Verwalter derselben in ein üppiges, bequemes, süudliches Leben verfielen; und oft genug findet sich im Mittelalter in reichen Klöstern die größte Entartung, so dass diese geistlichen Gründungen nicht nur nicht ihrem Zwecke entsprachen, sondern auch noch ein schlechtes Beispiel gaben, das verderblich auf die Sitten der Zeit einwirkte.
Und doch forderte die christliche Lehre Entsagnng von der Welt, Ertödtnng des Fleisches, ein sich Versenken in das Anschauen des Göttlichen, ein Leben in Gott; dies beförderten am meisten die Mönchsorden. Die Weltpriester standen bis Gregor noch viel freier da als die Mönche, bis dieser das Cölibat einführte. —
Die Kreuzzüge, in denen die Macht der Kirche ihre höchste Stufe erreichte, waren auch zugleich ihr Gipfelpunkt. Von da ab sank sie wieder. Die Berührung mit fremden Völkern, mit den andersgläubigen Saracenen, wirkte tief auf die Völker des Abendlandes ein; die Wissenschaften, die Künste der Araber drangen ein ins Abendland, so sehr auch die Kirche dagegen eiferte. Friedrichs des Ii. Zwist mit dem Papste ging auch zum Theil aus seiner Duldung und Begünstigung arabischer Bildung, mit der er in Sicilien und Unteritalien in Berührung kam, hervor. Und deshalb war er der Erzketzer, der verflucht und verdammt wurde als einer, der sich nicht scheute, mit den Ungläubigen zu verkehren. Aber auch anderswo fanden Anschauungen in den Völkern Eingang, welche die blinde Abhängigkeit von der Kirche zu erschüttern drohten. Man setzte darum die Inquisition ein, eine Einrichtung, welche wohl bei den romanischen Völkern, jedoch nie in Deutschland Wurzel gefasst hat (1234 Konrad v. Marburg, nach Deutschland vom Papste als Inquisitor gesandt wurde, vom erbitterten Volke erschlagen. Seitdem blieb das deutsche Reich von der Inquisition verschont).
Die Kirche wirkte mit an der Gestaltung des Reiches; gar oft waren es hohe Kirchenfürsten, welche, auf ihre Macht gestützt, sich mit den Fürsten verbanden und der Kaisermacht entgegen traten, oft andererseits stützten sich die Kaiser auf ihre geistlichen Fürsten, zogen sie und ihre Vasallen zu Kriegsleistungen heran, sowohl auf Römerzügen, wie auch in Fehden gegen widerspenstige Herzöge und Grasen. —
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Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Unteritalien Deutschland Marburg Deutschland
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Millionen Thaler) Kriegskosten innerhalb dreier Jahre, während welcher Zeit Theile Frankreichs besetzt bleiben sollten.
Der Kaiser Wilhelm aber sandte am 2. März an seine Gemahlin Au-gusta eine Depesche folgenden Inhalts:
„So eben habe ich den Friedensschluss ratificiert, nachdem er schon gestern von der National-Versammlnng angenommen ist. So weit ist also das große Werk vollendet, welches durch siebenmonatliche schwere Kämpfe errungen wurde; Dank der Tapferkeit, Hingebung und Ausdauer des unvergleichlichen Heeres in allen seinen Theilen und der Opferfreudigkeit des Vaterlandes. Der Herr der Heerschaaren hat überall unsere Unternehmungen sichtlich gesegnet und daher diesen ehrenvollen Frieden in seiner Gnade gelingen lassen. Ihm sei die Ehre!"
So steht Deutschland wieder in alter Herrlichkeit da im Völkerrathe. Deutsche Grenzgebiete, Elsass und Lothringen, die vor Jahrhunderten durch List und Gewalt dem Reiche entrissen wurden, sind wieder zurückgewonnen worden und alle deutschen Stamme bilden ein einziges einiges mächtiges B olt
Kulturgeschichtliches.
Künste Das Christenthum hatte die Menschen zur Freiheit aufgerufen. Aber bald hatte die Uebermacht der Hierarchie (Priesterherrschaft) diese Freiheit wieder zurückgedrängt. Für die Zeiten der Barbarei war diese Priesterherrschaft nothwendig gewesen: unter ihrem Schutze erstarkte das germanische Kulturleben. So brach dasselbe mächtig hervor, und die hierarchische Macht begann zu schwinden; ein ritterliches und ein städtisches Leben entfaltete sich und brachte besonbers auch die Blüte der bilbenben Künste hervor. Zuerst arbeiteten alle Künstler im Dienste der Kirche, alle gingen barauf aus, die Kirche zu verherrlichen, die christlichen Jbeen zur Anschauung zu bringen. Aber der Trieb nach Freiheit und Selbstbestimmung erwachte mit dem Sinken der Hierarchie und unter dem Einflüsse neuer Jbeen immer mehr und mehr. Das erkennt man an der Baukunst, Skulptur und Malerei. Die Strenge der alten Gothik lockerte sich, nach Willkür und Laune der Meister, die zwar überwiegenb noch für kirchliche Zwecke baueten, aber nicht blos ans der Tra-bition, sondern auch aus dem Stubium der Natur und der alten Kunstwerke schöpften. Neue Kunstwerke würden nicht mehr geschaffen, um blos der Kirche zu bienen, sondern um der eignen Lust am Schönen und Ber beut enben zu genüg en.
Aber bis Kunst hob sich auch baburch, bass, in Folge der Eroberung Constantinopels durch bte Türken (1453), die Schätze der altgriechischen Literatur, durch die auswanbernben Griechen im Abenbtanbe bekannt und verbreitet würden, wie benn überhaupt durch die griechischen Gelehrten der Sinn für Wissenschaften im Abendlande neu angeregt wurde.
Die Künste gelangten zuerst in Italien, wohin sich die meisten griechischen Gelehrten gewandt hatten, zur höchsten Blüte.
Besonders war es die Malerei, welche dort am Ende des 1-5. und im Anfange des 16. Jahrhunderts ihr goldenes Zeitalter hatte.
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Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
von Korveh, eine stete Quelle des Studiums und geistreicher Unterhaltung. Wenn dann von Zeit zu Zeit der gute Pater Wilbrand in Begleitung seines Freundes, des Köhlers Rodbert, auf das Schloß kam, so waren das sür Richenza und Bertha Stunden schönsten und reichsten Genusses. Der gelehrte Pater unterstützte gern mit seinem reichen Wissen Richenza in ihrem uneigennützigen Streben, den Blick Berthas immer mehr zu erweitern, und auch für ihn gab es keine größere Freude, als wenn er sah, daß die Jungfrau immer mehr ihrer erlauchten Lehrerin ähnlich wurde. Rodbert saß dann gewöhnlich still in einem Winkel und sah unverwandt auf Bertha, und oft falteten sich die Hände zum stillen Dankgebet, wenn er daran gedachte, daß Gott doch noch alles so wohl gefügt. Seinem bescheidenen Sinn genügte es, wenn Bertha ihm, wenn er mit Wilbrand wieder dem Kloster zueilte, zum Abschied die Lippen zum'kuß reichte, oder weuu die gütige Herzogin ihm mit freundlichem Lächeln die schwielige Hand drückte; dann war er glücklich und hätte mit keinem Könige tauschen mögen. Aber auch Bertha bewahrte im Glücke ihren einfachen bescheidenen Sinn. Sie schämte sich nicht ihrer vormaligen Niedrigkeit, und für ein Unrecht hätte sie es gehalten, jetzt den Mann zu vernachlässigen, der in ihrer Jugend soviel an ihr gethan, der ihr zugleich Vater und Lehrer gewesen war.
Wenige Monate hatten genügt, um aus Bertha eine ganz andere zu machen, wie sie es vormals in der Köhler-hütte im Elm gewesen war. Sie war ein Edelfräulein in des Wortes schönster Bedeutung geworden; eine unsagbare Hoheit thronte auf ihrer reinen, weißen Stirn, die Herzensgüte strahlte ans ihren sanften, braunen Augen. Wer sie sah, der mußte sie lieb gewinnen, und wenn sie sich im Kreise der Ritter sehen ließ, so verstummte jedes unbedachte Wort, jeder unzarte Scherz. Ja nicht einmal ein böser Gedanke konnte in ihrer Nähe aufkommen; vor der Lauterheit ihres Wesens verkroch sich die Unlauterkeit jeder Gesinnung, und selbst unter dem rohesten Volke hätte sie keines Schutzes bedurft; denn es
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Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Neuzeit
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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Widerwillen, der noch in Ernst August's Brust gegen diese Verbindung vorhanden war, zu beseitigen, und mit so schwerwiegenden Gründen wußte er ihm zuzusetzen, daß der Kurfürst schließlich einwilligte, ihn, den Grafen, selbst nach Celle zu schickeu, um dort am Hofe des Bruders um die Hand der Tochter für den Kurprinzen zu werben.
Kaum hatte die Kurfürstin Sophie erfahren, mit welcher Absicht ihr Gemahl sich trug, als sie ihrerseits alles aufbot, dieselbe zu hintertreiben. Sie kannte jedoch den Starrsinn des Kurfürsten und wußte, daß es schwer sein werde, ihn zu bewegen, von seinem Plane zu lassen, und deshalb versuchte sie, ihrem Sohne, dem Kurprinzen, Widerwillen gegen die Prinzessin einzuflößen. Die Mittel, deren sie sich hierzu bediente, waren nichts weniger als edle. Durch eine Dame ihres Hofes, die Generalin von Weyhe, eine Schwester der Gräfin Platen, ließ sie die gehässigsten Gerüchte über Sophie Dorothea verbreiten; sie wußte wohl, das diese Verleumdungen zu Ohren des Kurprinzen kommen würden, und hosste dadurch zu erreichen, daß dieser dem Willen seines Vaters alsdann Widerstand entgegenstellen würde. Frau von Weyhe entledigte sich des ihr gewordenen unedlen Auftrages nur zu gut. Weil es aber nicht möglich war, in dem Leben der Prinzessin das Geringste zu finden, was irgend einen Schatten auf sie hätte werfen können, so machte man gar aus ihren edlen Eigenschaften Waffen gegen sie. Ihre Frömmigkeit wurde als Heuchelei dargestellt, ihre Einfachheit als Beschränktheit; man warf ihr vor, daß die „Jungfer d'esmiers", wie man Sophie Dorothea verächtlich nannte, von ihrer Mutter wenig besser als eine Bürgertochter erzogen sei, die nichts verstehe von den feinen Sitten, die für einen Fürstenhof sich schickten. Auf diese Weise erreichte die Kursürstin, was sie wollte. In der Seele ihres Sohnes entstand eine heftige Abneigung gegen die unschuldige Prinzessin, und es war in der That zu erwarten, daß er sich dem Willen seines Vaters ernstlich widersetzen werde.
Während dieser Zeit hatte sich Graf Platen nach
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Extrahierte Personennamen: Ernst Weyhe Sophie_Dorothea von_Weyhe Sophie_Dorothea
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Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Neuzeit
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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hatten, waren eben so ^schnell wieder entschwunden, als sie entstanden waren. <Lie ahnte es nicht, daß die Neigung des Prinzen einem Strohfeuer glich, welches freilich zeitweilig hell aufflackert, aber schnell wieder verlöscht, nichts zurücklassend, als ein Häuflein schwarzer Asche, die vom Winde zerstreut wird.
Nach einem Aufenthalt von etwa zwei Wochen begab sich der Kurfürst wieder mit seinem Sohne nach Hannover zurück, um einige Tage vor dem zur Hochzeit bestimmten Zeitpunkte abermals nach Celle zu kommen. Dem Scharfblick der Frau von Weyhe entging es nicht, daß die Erscheinung der Prinzessin nicht ohne Eindruck auf den Kurprinzen geblieben war, und auch der Kurfürstin konnte es nicht verborgen bleiben. Mit geheimem Ärger hörten sie es an, wie Georg Ludwig in warmen Worten von seiner Braut sprach, und am liebsten hätten sie durch Verunglimpfungen und spöttische Reden die keimende Liebe in seinem Herzen erstickt. Aber dazu war ja noch Zeit genug, weint die Prinzessin erst in Hannover war; sie kannten ja beide die schwache Seite des Prinzen, sie wußten, daß er einer dauernden Neigung sich kaum hingeben werde, und daß Sophie Dorothea schutzlos ihrem Groll gegenüberstand, wenn sie nun eingezogen war in die Hauptstadt als Gemahlin des Kurprinzen. Alsdann mußte und sollte der Schlag sie desto vernichtender treffen. Deshalb schwiegen sie vorläufig, und höchstens durch ein leichtes Achselzucken gaben sie ihrer Verachtung gegen die Prinzessin Ausdruck.
Inzwischen konnte der Kurprinz kaum die Zeit abwarten, wo er für immer mit der Braut verbunden werden sollte. Am Tage vor seiner Abreise nach Celle begab er sich selbst zu seiner Mutter, um sie zu bitten, doch durch ihre Gegenwart bei der Hochzeit zu zeigen, daß sie gewillt sei, in Frieden mit der Schwiegertochter zu lebeu. Jedoch alle seine Bitten waren vergeblich. Tie ließ es in ihren Worten deutlich durchblicken, daß sie es als eine Schmach empfand, in noch nähere Verbindung mit der Familie der verhaßten Französin zu
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Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Konfession (WdK): offen für alle
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Weg bekannt, diesem Schicksal zu entgehen, ohne die Gunst des Vaters zu verlieren?"
Gedankenvoll wiegte Frau vou Weyhe ihr schönes Haupt. „Wenn die Staatsraison es erheischt, wird für Sie, mein Prinz, wohl nichts anderes übrig bleiben, als in den Wunsch des Gebieters zu willigen", sagte sie zögernd. „Wenn die Kamisardin*) erst hier eingezogen ist, wird das Leben am Hose aber wohl ein anderes werden. Es kann ihr nicht lange unbekannt bleiben, daß ich nicht die freundlichsten Gesinnungen gegen sie gehegt habe, und sie wird sich an mir zu rächen suchen. Ich habe aber keine Lust, mich vor ihr zu beugen, und deshalb sage ich lieber dem Hofleben ade. Mir fällt ein, daß meine alte Mutter meiner Gegenwart bedarf; zu ihr will ich mich begeben, bis mein Gatte heimgekehrt ist aus dem Feldlager am Rhein. Dürfte ich Sie vielleicht bitten, bei Ihrer durchlauchtigsten Frau Mutter, der Kurfürstin, Ihren Einfluß geltend zu machen, daß sie mir den Urlaub nicht verweigert?"
„Wie, Valeska", antwortete der Kurprinz, „Sie wollten von hier fortgehen? Nein, das dürfen Sie nicht. Sie wissen, wie wert mir Ihre Freundschaft ist. Bleiben Sie hier und fürchten Sie nicht, daß irgend jemand Ihnen zu nahe tritt; ich werde es zu verhüten wissen. Oder zweifeln Sie an der Aufrichtigkeit meiner Gesinnung?"
„Nein, daran zweifele ich nicht", erwiderte die Frau von Weyhe, indem sie den Blick voll auf den Prinzen richtete; „wenigstens zweifele ich jetzt noch nicht daran. Aber daran zweifele ich, ob Sie später die Macht haben werden, mich zu schützen. Sophie Dorothea soll sehr schön sein — das sagen alle, die sie gesehen haben. Ist sie erst Ihre Gemahlin, so werden Sie bald ihr zu Füßen liegen und der alten Freundin vergessen; ich weiß, wie das zu gehen pflegt".
.Niemals, Valeska, niemals", rief der Prinz.
*) Kamisarden, s. v. w. Hugenotten.
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selben nicht entgegen sind; nur müßte man die Versöhnung an Bedingungen knüpfen, welche die Prinzessin in ihrer gekränkten Unschuld und in ihrem Eigensinn nicht annehmen wird. Sie wird sich jedenfalls weigern, zurückzukehren, und dann könnte man darauf dringen, daß eine förmliche Ehescheidung ausgesprochen wird. Von ihrem Vater hat sie keinen Schutz zu erwarten; derselbe ist zu erbost über die wegwerfenden, verächtlichen Ausdrücke, mit denen er in ihren Briefen bedacht wird".
Kurfürst Ernst August freute sich aufrichtig, als ihm Graf Platen den Ausfall des Gottesurteils mitteilte. Hatte er immer schon an der Schuld seiner Schwiegertochter gezweifelt, so schien ihm jetzt ihre Unschuld völlig erwiesen. Er berief deshalb alsbald seinen aus Berlin zurückgekehrten Sohn zu sich und stellte ihm eindringlich vor, wie es nicht nur die Klugheit, sondern auch die Ehre gebiete, die Prinzessin zurückzurufen nach Hannover. Kurprinz Georg Ludwig wagte es nicht, seinem Vater zu widersprechen; er erklärte sich damit einverstanden, daß Sophie Dorothea zurückkehre und ihre vorige Stellung wieder einnehme. Als Platen dieses erfuhr, gab er dem Kurfürsten den Rat, ja seinem Ansehen in dieser Sache nichts zu vergeben und den Schein zu meiden, als sei der Prinzessin Unrecht geschehen. Sei auch die eine, die schwerste Anklage entkrästigt, so bleibe eingestandenermaßen die andere bestehen, daß Sophie Dorothea heimlich das Schloß und das Land habe verlassen wollen. Es sei deshalb nötig, daß sie ihr Unrecht eingestehe und um Verzeihung bitte, und erst wenn sie das gethan, könne eine Rückkehr nach Hannover ernstlich in Erwägung gezogen werden. In gleicher Weise, wie Platen in Hannover den Kurfürsten, bearbeitete Bernstorff in Celle den Herzog, und es gelang den schlauen Männern, ihre Herren ganz und gar zu ihrer Ansicht zu bestimmen, und kurz darauf wurde Bernstorff nach Ahlden geschickt, um im Namen des Kurprinzen der Prinzessin Versöhnung anzubieten, wenn sie bereit sei, ihr Unrecht einzugestehen.
Als die Prinzessin die Botschaft ihres Gemahls ver-
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Extrahierte Ortsnamen: Berlin Hannover Hannover Hannover Celle
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Neuzeit
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
braunschweigische Gesandte am Hofe weile, geriet er in eine große Aufregung; mit einem Male wurde ihm, dem Knaben, klar, daß er sich einst von der Prinzessin trennen, daß er sie für immer verlieren müsse, und dieser Gedanke war ihm unerträglich. Jetzt gingen auch den Eltern die Augen auf; jetzt sahen sie, daß bereits eine tiefere Neigung in dem Herzen des jungen Grafen aufgekeimt war, und nun dachten sie daran, daß es die höchste Zeit sei, die beiden Jugendgespielen zu trennen wenn nicht noch Unglück entstehen sollte aus dieser Ver-^ biuduug.
Die Gräfin Königsmark beabsichtigte zuerst, mit ihren beiden Kindern Deutschland zu verlassen und sich nach Schweden zu ihren Verwandten zu begeben; doch gab sie diesen Plan bald auf. Der Hof von Schweden befand sich damals auf einem sehr gespannten Fuße mit den meisten deutschen Fürstenhäusern, und sie fürchtete wohl nicht ganz mit Unrecht, daß sie dort nicht eine allzufreundliche Aufnahme finden möchte. Auch glaubte sie, daß es- das beste Heilmittel für ihren Sohn sei, wenn er sich recht viel Zerstreuung schaffe; alsdann würde er am ersten die Prinzessin vergessen. Deshalb beschloß sie, ihn auf Reisen zu schicken — ein zu damaliger Zeit sehr beliebtes Bildungsmittel. Wer damals irgendwie Anspruch darauf machte, zu den Vornehmen und Gebildeten gezählt zu werden, mußte wenigstens einige Jahre in der Fremde zugebracht, mußte die großen Städte, besonders in Frankreich und in Italien, gesehen haben. Dorthin sollte sich auch, begleitet von einem Hofmeister und einigen Dienern, der junge Graf begeben, und dieser Plan wurde alsbald zur Ausführung gebracht. Später, nachdem er sich mehrere Jahre im Auslande aufgehalten, sollte der Graf Kriegsdienste nehmen im Heere des Kaisers oder eines deutschen Fürsten, und im Kriege gegen Türken und Franzosen es beweisen, daß er einem Geschlechte entstammte, bei welchem die Tapferkeit und Kriegstüchtigkeit gleichsam wie ein Vermächtnis vom Vater auf bett Sohn überging.
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Extrahierte Ortsnamen: Königsmark Deutschland Schweden Schweden Frankreich Italien