Griechenland. Perikles.
34
v.c.e. Sinn für Kunst und Wissenschaft auf ihre höchste Stnfe.
Die Spannung in i t Sparta nimmt indessen beim Ueber-
gewichte des demokratischen Princips immer mehr eine
feindliche Richtung.
Pcriklcs, des Xanthippos Sohn, weiß sich durch Be-
günstigung des Volkes an die Spitze der demokratischen Partei
in Athen empor zu heben; der Einfluß des aristokratischen
Areiopagos wird geschmälert; die Bundeskasse von Delos
nach Athen verlegt; der Richtersold eingeführt; die Hafen-
maucrn vollendet, Bundesgenossen gedrückt rc. Vergeblicher
Zug nach Aegypten. Wiederholte Kämpfe gegen die mit
Sparta verbundenen Korinthier und Aegineten. Niederlage
457. der Athenäer.bei Tanagra; aber Siege des Myronides
und Tolmidas im Peloponnes wie in Böotien.
450. Kimon bewirkt einen fünfjährigen Waffenstillstand, stirbt
auf seinem Zuge gegen Cypern., — Kimonischer Frieden.
449. Ende des persischen Krieges. Allgemeine Rich-
tung auf den inneren Zwiespalt der um die Hege-
monie streitenden Machte.
Delphier von Sparta, Phokeer von Athen im heiligen
Kriege unterstützt. Tolmidas fällt gegen die böotischen Ari-
stokraten.
Perikles sucht vergebens den Frieden zu erhalten, ge-
445. winnt Euböa, und nachdem auch der neue Waffenstillstand
ohne Erfolg bleibt, zeigt er sich als unumschränkter Gebieter
des athenäischen Staates (höchste Blüthe der Künste und
Wissenschaften, — Propyläen, Parthenon rc.), bezwingt
Samos und Byzantion, unterstützt Korkyra im Kampfe
gegen Korinth und läßt das empörte Potidäa belagern.
Die Spartaner beschließen in einer Versammlung ihrer Ver-
bündeten den Krieg gegen die ihnen verhaßten Athcnäer, und
ihre drei Gesandtschaften werden in Athen mit ihren Forde-
rungen durch die Rede des Perikles abgewiesen. So rüsten
sich beide Theile zum unvermeidlichen Vertilgungskampfe.
Mit den vielfach vermehrten Gottheiten wächst auch die Zahl der
Tempel, der Feste und Opfer, und der äussere Glanz der Religions-
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Peloponnesischer Krieg. 55
Übung wird durch die immer mehr blühenden, bildenden Künste, auf's v.c.g.
Höchste gesteigert.
In den Wissenschaften erreicht die lyrische Poesie vorzüglich durch
Pin daros, die tragische durch Ae sch y los, durch Sophokles und
Euripides ihre höchste Blüthe (am Tage der Salaminischen Schlacht:
Aeschylos Mitkämpfer, Sophokles Siegestänzer, Euripides geboren).
Herodotos beginnt die eigentliche Geschichte; und in den Künsten
führt Pheidias die Bildhauerkunst zu ihrer Vollendung (sein olym-
pischer Zeus re.).
Iv. Vom pelopon ne fischen Kriege bis zu den dreißig
Tyrannen in Athen, von 431 bis 404 v. Ch. G.
Ol. 87,2 — 94,i:
* Kampf der aristokratischen Verfassungen gegen die
demokratischen, — Sparta's gegen Athen. Beide Th eile
werden in ihren Principien zur moralischen Entartung
geführt. Lange Zeit schwankt die Entscheidung, bis
Athen, alles Maas der Mäßigung überschreitend, schmach-
voll der Oligarchie unterliegt.
1. Von Platää'6 Gefahr bis zum Frieden des
Nikias, von 431. bis 422 v. Ch. G.
* Wechselndes Glück der Krieg führenden Parteien.
Athen siegreich durch seine Flotte, Sparta durch sein
L a n d h e e r. G e g e n se i t i g e L a n d e r v e r w ü st u n g e n.
Platää übt Rache an den in seine Mauern eingedrnn- 431,
genen Thebäern.
Sparta's d orisch-pelop onnesi sch e Symmachte
umfaßt: alle Peloponnesier (ausgenommen Argos-, die Achäer
und Eleier, weiche schwanken), die Megareer, Thebaer,
Phokcer, Leukadier, opuntischen Lokrcr rc. unter einem sparta-
nischen Oberfeldherrn (König); die Flotte unter einem Nau-
archen. Oligarchie Hauptbedingung der Verbündeten.
Athen's ionisch-attische Symmachie: ») zins-
pflichtige Bundesgenossen thcils auf den Inseln: Lemnos,
Skyros, Naros, Thasos, Euböa, Samos, den Kykladen,
Sporaden, Aegina rc., theils auf dem Festlande: an den
Westküsten Vorder-Asiens, am Pontos, dem thrakischen Cher-
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231
noß hierauf mit seinen Spartanern die letzte Abendmahl-
zeit, wobei sie traurig einander die Hände reichten und
sich dem Tod fürs Vaterland weihten. Noch bei Ster-
nenschimmer brachen sie mit Löwenwuth durch den Hohl-
weg in das feindliche Lager ein, und nachdem sie Wun-
der der Tapferkeit gethan, zogen sie sich wieder in bester
Ordnung in das Thal zurück. Jetzt aber von allen Sei-
ten angegriffen, mußten sie endlich der Uebermacht unter-
liegen. Einer der Letzten, welche fielen, war Lconidas.
Alle, bis auf (Linen, blieben auf der Wahlstatt, und die-
ser Einzige ward, als er nach Sparta kam, mit allge-
meiner Verachtung bestraft; während das Volk und die
Angehörigen der Gefallenen jubelten, legte sein Weib
Trauerkleider an, und seine Mutter wagte aus Schaam
über die Feigheit ihres Sohnes, nicht mehr, aus ihrem
Hause zu gehen. Serres drang nun zwar nach der Nie-
derlage des Leonidas vor, wurde aber dort von demselben
Heldengeiste, welcher diesen beseelte, empfangen, und mußte
am Ende auf einem ärmlichen Fischerkahn fast allein über
dieselbe Meerenge flüchten, über welche er im stolzen
Selbstgefühle seiner Macht ein Jahr zuvor eine Schiffbrücke
zum Uebergange für seine Hunderttausende geschlagen hatte.
198. Sokrates trinkt den Giftbecher.
Es scheint in dem Plane der göttlichen Aveltregierung
zu liegen, dass von Zeit zu Zeit weise und fromme Men-
schen auftreten müssen, welche besonders in die Augen fal-
lende widrige Schicksale und eine unwürdige und ungerechte
Behandlung von ihren Feinden erfahren, um nicht nur durch
ihr vorwurffreies und tugendhaftes Leben, sondern auch durch
ihre Seelengrösse und ihren standhaften Muth in Ertragung
des Unglücks ein nachahmenswerthes Beispiel zu geben, und
zu zeigen, welcher Erhabenheit die menschliche Natur fällig
sei. Unter allen gebildeten Völkern hat es solche Menschen
gegeben. Einen ganz vorzügliche« Platz nimmt Sokrates ein.
Sokrates war der Sohn eines Bildhauers zu Athen, und trieb
Anfangs das Gewerbe seines Vaters mit ausgezeichneter Ge-
schicklichkeit. Ein reicher und vornehmer Mann, der einst
seine Werkstatt besuchte, erkannte seine hervorstehenden
Fähigkeiten und machte ihm den Antrag, der Erzieher seiner
Söhne zu werden. Von nun an begann er, sich ganz dem
Berufe der Bildung hoffnungsvoller Jünglinge zu widmen,
doch machte er die Wissenschaft nicht zu einem Gewerbe,
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232
liess sich nicht für den Unterricht bezahlen, band sich nicht
bei seinen Belehrungen an Ort und Stunde, sondern bei je-
der schicklichen Gelegenheit, auf öffentlichen Spaziergängen,
in den "Werkstätten der Künstler und Handwerker und bei
den Volksversammlungen auf dein Markte liess er sich mit
denen, die eines bessern Unterrichts fähig waren, in lehr-
reiche Unterredungen ein, und gab sich nie das Ansehen eines
Lehrers, vielmehr gestand er freimüthig, dass er selbst nichts
wisse, sondern im Suchen der Weisheit begriffen sei. Beson-
ders gab er sich Mühe den Keim der Sittlichkeit und Tugend
in jungen unverdorbenen Gemüthern zu pflegen, worin er
ihnen selbst als musterhaftes Beispiel voranging. In hohem
Grade massig, enthaltsam und uneigennützig, verband er mit
diesen Tugenden ausserordentliche Milde des Charakters
Unerschrockenheit und unbestechliche Wahrheitsliebe. Dabei
entzog er sich keiner Pflicht, die ihm als Bürger des Vater-
landes oblag. Zu Anfange des peloponnesischen Krieges,
welchen Athen 27 Jahre lang mit Sparta um die Oberherr-
schaft in Griechenland führte, und der mit der völligen Un-
terwerfung Athens endigte, focht er als gemeiner Soldat mit
grosser Tapferkeit, und rettete mit eigener Lebensgefahr
mehreren seiner jüngern Freunde das Leben. Ohne sich zu '
bürgerlichen Ehrenstellen zu drängen, verwaltete er doch
der Reihe nach verschiedene obrigkeitliche Aemter, und
ward selbst zur Würde eines Archonten, der höchsten im
Staate, erhoben Auch hier blieb er seinen Grundsätzen treu,
und widersetzte sich mit aller Stärke uneigennütziger Tu-
gend jedem Beschlusse, der gegen Recht und Billigkeit war.
Die Unfälle seines Vaterlands ertrug er, wenn auch mit
tiefem Schmerze, doch mit dem standhaften Muthe, welchen
die Weisheit ihren Verehrern einflösst. Dennoch blieb er
von den Verfolgungen des > ei des und der Missgunst .nicht
frei, und musste ihnen am Ende unterliegen. Schon lange
zuvor hatte ein Dichter eine Komödie auf ihn verfertigt, wo-
rin er ihn als Verführer der Jugend darstellte, und ihn dem
Spotte und Gelächter der Menge Preis gab: durch den Glfich-
muth des Sokrates, welcher bei ihrer Aufführung selbs. ge-
genwärtig war, und sogar, damit ihn Jedermann sehen könne,
einen erhöhten Platz einnahm, blieb sie jedoch ohne die ge-
hoffte Wirkung. Selbst als Athen nach seiner Unterjochung
durch die Spartaner unter der Schreckensregierung der so-
genannten dreissig Tyrannen blutete, und viele der edelsten
Männer unter dem nichtswürdigsten Vorwände zum Tode
geführt wurden, wagte man es nicht, an den vom Volk hoch-
verehrten edlen Greis die Hände zu legen. Endlich gelang
es seinen Feinden aber doch, eine Anklage gegen ihn bei
dem obersten Gerichte anzubringen, deren Hauptinhalt darin
bestand, dass Sokrates die Jugend verführe und die Staats-
religion durch Einfühnidg neuer Gottheiten verderbe, und
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262
Erstes Kap. Bürgerlicher Zustand.
siasmus für die hie und da erscheinenden einzelnen Schönheiten. Wie
ließe sich von Griechen etwas Anderes gedenken? —Die Gesezgeber
fühlten ihre Ohnmacht gegen den Hang der Natur, und duldeten meist
den Verkehr mit Hetären, welcher in späteren Zeiten fast allgemein
ward. Der freiere Umgang mit Männern, und zwar mit den aus-
gezeichnetsten Männern, gab den Hetären (cs waren meist Skla-
vinnen oder Fremde; Bürgerinnen, wenn sie dieses Gcwerb ergriffen,
verloren das Bürgerrecht) einen hohen Grad von Bildung; ihr geist-
voller, gefälliger Umgang mochte selbst den Ernst des Philosophen
anfheitern, und an vielen wurde selbst die Schönheit der Seele (so
weit sie verträglich ist mit solchem Stande) nicht minder gerühmt,
als jene des Körpers. Auch wurde den berühmtesten ans ihnen —
zwar keine bürgerliche Achtung, aber — eine der Vergötterung sich
nähernde, leidenschaftliche Huldigung im Leben und im Tode gezollt.
Die Namen einer Lais, einer Phryne wurden über ganz Griechen-
land mit Entzücken genannt;' Dichter und Künstler verewigten sie.
Kein prächtigeres Monnment gab cs in Hellas, als jenes, welches
unfern Athen Harpalns seiner geliebten Pythionice errichtete;
Lamia beherrschte, selbst noch alternd, den stolzen Demetrius,
den Städtebezwinger; und früher war Aspasia Genossin von Pe-
rikles Macht und Ruhm. Die Zahl der Hetären war sehr groß.
2n Korinth zählte man tausend Priesterinnen der Venus. Allmätig
nahmen auch freie Mädchen und Matronen die Sitten der Hetären
an, aber nicht ihre Liebenswürdigkeit.
Einen grellen Kontrast mit den leidenschaftlichen Verehrern der
Schönheit bildeten die Weiberfeinde (Misogyne), deren es in Grie-
chenland in ansehnlicher Menge und znm Theit unter den ausgezeich-
netsten Männern gab. Euripides war Misogyn. Melancholisches
Temperament, Bizarrerie oder unglückliche Liebe waren die Quellen
dieser Krankheit.
Die väterliche Gewalt bei den Griechen, wie bei den meisten
alten Völkern, war groß. Das neugeborene Kind, wenn es gebrech-
lich schien, oder der Vater sich zu dürftig für dessen Erziehung hielt,
mochte dieser zum Tode oder zur Aussezung verdammen. Wer cs
im lezten Falle anfnahm, behielt cs als Sklave. Die Spartaner
tödteten regelmäßig die schwächlichen Kinder; in Theben und weni-
gen anderen Städten hielt das Gesez diese Barbarei hintan. Allent-
halben in Griechenland wurde über die Erziehung sorgfältig ge-
wacht. Der Grnndsaz war herrschend, daß der Heranwachsende für
den Staat müsse erzogen werden. Daher stand entweder, wie in A then,
hie häusliche Erziehung unter Aufsicht und Leitung der Magistrate,
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Extrahierte Personennamen: Ernst Athen_Harpalns Aspasia
260
Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft.
§. 10. Beredsainkeit.
Nicht minder, als durch die Dichtkunst glanzten die Griechen
durch Beredsainkeit hervor. Wenn jene in einer glücklichen Na-
turanlage und in der Harmonie der schönsten, klangvollsten aller
Sprachen eine mächtige Begünstigung fand: so war diese vorzugs-
weise die Frucht der freien Verfassung. Gleichwohl hob sich, bei
der Leidenschaft der Griechen für Poesie, die Prose nur langsam; selbst
Gescze wurden in Versen abgefaßt. Empedoklcs und Parmeni-
dcs trugen die Lehrsäze ihrer Philosophie in dichterischer Sprache vor.
Endlich bewirkten Pherccydes aus Scyros und Kadmns von Milet
die Aufnahme der ungebundenen Rede. Schriftsteller aller Art, be-
sonders Geschichtschreiber, vervollkommneten sie, und die lebendige
Beredsamkeit blühte auf in Volksversammlungen, Senaten und Ge-
richten. Auch die Redekunst gedieh, und verstärkte die Kraft der
natürlichen Suade. In Sicilien stiftete Korar von Syrakus die
erste Schule der Rhetorik; bald kamen ähnliche in Griechenland auf.
In diesen, wie in den philosophischen. Schulen herrschten aber nur
allzulang die Sophisten, welche mit ihrer spizfindigen und feilen
Kunst dem Verstand und Herzen schadeten. Gorgias vor den meisten
Anderen war berühmt in derselben, und erwarb sich großen Reichthum.
Die edlere Beredsamkeit siegte jedoch im Ganzen, und auch hier, wie
sonst allenthalben, hat der Ruhm Athens den der übrigen Griechen
überstrahlt. Kaum mögen neben den athenischen Rednern noch
andere genannt werden.
Wir haben der merkwürdigsten unter denselben — von Solon
und Pisistratus an durch alle Zeiten der Freiheit —, als eines
Thcmistokles, Perikles (des Donnernden), Alcibiades, Äschi-
nes, vor Allen aber des großen Demosthenes (*), theils in der
politischen Geschichte, theils in jener der Staatsverfassnng (S. 232)
gedacht. Auch Antiphon, Andocides, Lysias, Lykurgus, Dc-
m ades und viele Andere haben Ruhm erlangt; aber Mehrere schän-
deten denselben durch feile Gesinnung. Nicht also der ehrwürdige Iso-
krates, welchem jene zum Theil ihre Bildung verdankten. Isokra-
ste den Römern gefallen sollte, erheischte, konnte die Sitte anfkommen, die
Deklamation der Rolle davon zu trennen, und einem anderen Schauspieler
zu überlasten. Endlich machte die Vervollkommnung der Geberdensprache die
Deklamation ganz entbehrlich. Von dem Künstler Memphis wird behauptet,
daß er nicht nur leidenschaftliche Rollen, sondern sogar Lehrsäze einer abstrak-
ten Philosophie durch Mimik dargestellt habe! —
(*) Diesem herrlichen Manne hat Heeren (Ideen Iii. Thl. S. 411 f.)
ein würdiges Denkmal gesezt. Und auch Sich selbst. In der Auswahl der
Lieblingecharaktere spiegelt stch die eigene Seele des Schriftstellers.
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2151
Kriegswesen.
Die kleinsten Haufen waren von 10, dann von 100 Mann. Ans
diesen wurden größere von 1000 und von 10,000 gebildet. Die Be-
fehlshaber der lezteren (Chiliarchen und Myriarchen) ernannte
der Feldherr, die Feldherren der König.
Aber bei zunehmender Weichlichkeit verschmähten die Perser den
Kriegsdienst, und nahmen Miethtrnppen; meistens ans den nörd-
lichen und nordöstlichen Nomadenvölkern (sowohl dies- als jenseits
der Reichsgrenze), lieber jedoch von den Griechen. Die Kerntrup-
pcn der Perser waren bei den Feinden geworben.
Bei besonders wichtigen Kriegen wurden Aufgebote an alle Na-
tionen erlassen, die dem persischen Scepter huldigten. Alsdann ström-
ten unübersehbare Schaaren aus allen Theilen des Reiches herbei,
ein buntes Gemisch von Waffen und Kleidungen, Gesichtern und
Sitten. Solche Züge erforderten ungeheuere Vorbereitungen; sie waren
den Ländern verderblich, wodurch ihr Weg ging; aber — wie Lcrres
und der lezte Dar ins erfuhren — gegen mäßige, diöciplinirte Heere
vermochten sie Nichts.
§. li>. Griechisches. Makedonisches.
Dagegen zeigten die kleinen Schlachthaufen der Griechen eine
überlegene, moralische Kraft. Dieselben bestanden aus Bürgern
(in Athen war jeder Bürger vom achtzehnten bis zum sechszigsten
Jahre zu Kriegsdiensten verbunden; und in den übrigen Staaten
galten ähnliche Geseze), sonach aus Theilnehmern des Entschlusses
zum Kriege und seiner Folgen. Sie stritten also mit deutlichem Bc-
wußtseyn des Zweckes, fühlten ihr eigenes Interesse mit demselben
verknüpft, und wurden begeistert durch die Idee des Vaterlandes.
Auch hatten Erziehung, Beispiel und Kulturstand sie empfänglich
gemacht für die Antriebe des Ruhmes und die Furcht der Schande.
In den früheren Zeiten wurden sogar nur die vermöglicheren
Bürger zu den Fahnen berufen, weil diese das meiste Interesse an
der Vertheidigung des Staates hatten. In den Zeiten der Noth,
und später durchaus, nahm man es nicht mehr so genau. Selbst
blose Schuzverwandte, ja Sklaven, wurden bisweilen geworben. Bei
den Spartanern zogen die Heloten weit zahlreicher, als die
edlen Bürger in's Feld.
Eine große Veränderung in allen Verhältnissen bewirkte in Grie-
chenland der um die Zeiten des peloponnesischen Krieges anfgekom-
mene Gebrauch der Miethtrnppen. Lurnö und Weichlichkeit einer-
seits, dabei die Vermehrung einheimischer Kriege aus Herrschsucht
und gehässiger Leidenschaft, endlich die Einführung des Soldes
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T85: [König Alexander Reich Sohn Perser Tod Syrien Darius Cyrus Provinz]]
Z7
Zweites Kap. Geschichte der Griechen.
doppeln, die Marine der Athener durch Anlockung zur Desertion schwa-
chen, und ihre Finanzen durch gesteigerte Bezahlung erschöpfen zu
können. Diese Vorauslagen wurden durch den glücklichen Erfolg reich-
lich cingebracht. Lysander, nach Besiegung der Athener, mochte
ungcscheut Freund und Feind brandschazen. Es wetteiferten alle Städte
in Jomen, am Hcllespont, und wo er immer hinkam, welche ihm die
reichsten Gaben als Sühnopfer, Dankbczeigung oder geheime Beste-
chung darbrachten. Die neuen Regenten, die er allenthalben anstellte,
theilten mit ihm den Ertrag ihrer Erpressungen, und, wenn sie säu-
mig darin waren, so wurden sie durch die ihnen zur Seite gesezten
spartanischen Har mosten (Aufseher) nachdrücklich au ihre Verpflich-
tung erinnert (*). So flössen fortwährend die größten Summen nach
Sparta, und brachten daselbst eine unglaubliche Revolution in den
Gemüthern und ein gänzliches Verlassen aller alten Marimen hervor.
Die weiseren Bürger hatten solches geahnet; und deswegen — so lesen
wir —, als die von Lysander zusammengebrachten Schaze nach
Sparta kamen, wurde darüber gestritten, ob man ihnen nicht, den
lykurgischen Grundsazen gemäß, den Eingang versagen sollte. Nur
die Betrachtung, daß die Bedürfnisse des Staates jeztgold erheisch-
ten, brachte dessen Annahme zuwege (**). Aber nicht nur Bedürfnisse
des Staates, auch jene der Bürger waren geändert. Viele der-
selben waren auf den Zügen nach Jonien mit asiatischer Schwelgerei
bekannt geworden, und verschmähten jezt die lykurgischen Male;
Andere riß das Beispiel hin und der Reiz bisher ungewohnter Genüsse;
Alle überließen sich der Habsucht, die um so ungestümer erwachte, je
länger man sie zurückgehalten.
Hiezu kam, daß auch der Geist der Verfassung — ungeachtet
das Gerüste blieb — sich geändert hatte. Die Ephoren waren über-
mächtig und wahre Oligarchen geworden. Die Könige, so wie das
Volk und die Bundesgenossen, zitterten vor ihnen. Die beschränkte Dauer
ihres (einjährigen) Amtes trieb sie zu desto emsigerem Raube an. Sie
waren unersättlich: Alles, selbst das Leben der Bürger, verkauften sie,
(*) Diese Oligarchien wurden nachmals wieder in demokratische Regierun-
gen verwandelt: aber nicht das Interesse der Völker, sondern die Eifersucht
des Königs Pan sanias gegen Lysander bewirkte diesen Wechsel.
(**) Dieser unbestimmte Ausdruck mag als ein Vergleichsvorschlag gelten
zwischen Denjenigen, welche nach dem buchstäblichen Sinn der alten Schrift-
steller annehmen, Lysander's Gold sey, nicht nur aus Rücksicht der Staats-
bedürfniye, sondern auch ausschließlich für dieselben in Sparta eingelassen
worden, und den Anderen, welche mit Panw behaupten, daß diese ganze
Erzählung eine Fabel sey und Gold und Silber niemals in Sparta verbo-
ten gewesen. Der Geist der lykurgischen Geseze, wenn auch vielleicht nicht
ihr Buchstabe, stritt gewiß gegen Gold und Silber.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T22: [Athen Athener Sparta Solon Spartaner Staat Jahr Stadt Krieg Mann], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
38 Zweites Kap. Geschichte der Griechen.
(indem sie Geld statt Truppen von den Bundesgenossen nahmen, und
dafür die eigenen Bürger, doch um geringeren Sold, anwarben); und
ihr Beispiel autorisirte eine allgemeine schamlose Bestechlichkeit und selbst
gewaltsame Erpressung.
Vom spartanischen Charakter schien nichts zurückgeblieben zu seyn,
als die gefühllose Härte. Die angeblichen Befreier Griechenlands wur-
den dessen Tyrannen. Widersezlichkeit gegen ihren Befehl, oder auch
nur geäußerte Abneigung, galt für todeswürdiges Verbrechen. Acht
hundert Milesier ließ Lysander schlachten, weil sie sein Mißfallen auf
sich gezogen, und die von Sparta errichteten Dccemvirate in den
meisten Städten waren Schreckensregicrungen wie jene der Dreißig in
Athen.
Man weiß nicht, ob die Griechen in diesem Zeitpllnkte mehr Mitleid
oder mehr Verachtung verdienen. Denn allenthalben fanden die Spar-
taner eben so bereite Gebilfen, als geduldige Schlachtopfer ihrer Tyran-
nei; Leute, "die, wie Jsokrates (*) sagt, künftigen Bösewichtcrn
keine Möglichkeit, cs ihnen zuvorzuthun, übrig ließen, denen kein Fre-
vel zu groß, keine Schandthat zu ungeheuer war, und die, um ihr
Vaterland ungestraft mißhandeln zu können, sich nicht schämten, sogar
vor Heloten wie Sklaven zu kriechen." Dem bluttriefenden Ly fän-
de r, welchem Menschenrecht, Wort und Eid nur Spielzeug waren,
errichtete man Altäre, und Sokrates wurde getödtct.
§. 22. Neuer Perserkrieg. Agesilaus. Friede des Antalcidas.
Selbst der Waffen rühm der Griechen wird fezt befleckt, da sie
ihn meist in ungerechten, schändlichen Kriegen erwerben. Die Sieger
von Salamis und Platäa wurden persische Soldknechte, bald um
einen Empörer zu unterstüzen, bald um gegen ihre eigenen Brüder zu
fechten.
Eyrus, Statthalter in Kleinasien, hatte beschlossen, seinem recht-
mäßigen Könige und Bruder, Artarerres, Thron und Leben zu rau-
den (s. oben S. 24). Die Hoffnung des Gelingens hatte er vorzüglich
auf 13,000 griechische Söldner gebaut, deren Bedenklichkeiten, gegen
den König, mit welchem Friede bestand, zu streiten, durch Erhöhung des
Soldes beschwichtiget wurden. Die Ehre des Tages von Kunara
(3583. 400 v. Ehr.) erwarben diese Griechen, und niemals hatte sich
ihre Ueberlegenheit im Kampfe glänzender gezeigt. Taktik und sol-
datische Ehre wirkten hier, was bei Marathon die patriotische Be-
geisterung. Aber Eyrus war gefasten; und nun erfolgte jener uns
(*) 2m Panesprikos.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T37: [Athen Athener Flotte Perser Stadt Spartaner Schiff Heer Schlacht Sparta], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T15: [Athen Theben Sparta Griechenland Krieg Philipp Stadt Spartaner Athener König], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
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Zweites Kap. Geschichte der Griechen.
was immer für eine ihrer Gemeinden die erste wurde, nicht leicht, der
einheimischen Tyrannei entgehen. Aber es darf nicht unbemerkt bleiben,
daß, so lange Athen vorherrschte, Griechenland, ungeachtet mancher
einzelnen Bedrückung, dennoch im Ganzen glücklich und glorreich ge-
wesen, daß Athen das Herbe seiner Herrschaft durch Emporbringung
des Handels, der Künste und Wissenschaften versüßt und in seinem
Schooße solche Talente, solche Tugenden und so glänzende Charaktere
erzeugt hat, daß ihre Betrachtung uns meist mit dem Mißbrauche sei-
ner Macht versöhnt (*).
tz. 11. Perikles.
Unter diesen Charakteren zieht vorzüglich Perikles unsere Blicke
auf stch, einer der größten Männer, die jemals ein Gemeinwesen ge-
lenkt. Schon damals, als Cimon im Zenit seines Ruhmes war (um
3515. 468. v. Ehr.), fing der Einfluß des Perikles au; nach Aristi-
des Tode (3523) erhielt er die oberste Leitung der Geschäfte, und
behielt sie sein Lebenlang, so daß er durch vierzig Jahre, meist ohne
Thcilnehmer, über das unruhigste und unbeständigste Volk der Welt
die höchste Gewalt behauptete. Er besaß dieselbe nicht als Inhaber
obrigkeitlicher Würden — wie er denn niemals weder Archon, noch Mit-
glied des Areopags war —, sondern als Feldherr oder vielmehr als
simpler Demagog, durch die blose Ueberlegenheit seines Geistes
und die freiwillige Folgsamkeit seiner Mitbürger.
Wenn wir bedenken, wie schwer es in dem geist- und geschmack-
vollen und an großen Talenten so reichen Athen seyn mußte, sich auch
nur vorübergeheud auszuzeichnen; so werden wir den Mann be-
wundern, der ein volles Menschenalter hindurch alle Anderen gänz-
lich verdunkelte. Aber es waren auch bei Perikles die Vortheile
der Geburt, der Anlage und der Erziehung vereint anzutreffen. Den
Reichthum seines Geistes verdankte er den Lehren des Anara goras,
sich selbst aber die imponirende Würde des Charakters und die Kraft
der Rede, das erste Talent eines Volksführers. Die erstaunten Athe-
ner verglichen die Gewalt seines Ausdrucks mit jener des Donners,
nannten ihn den Olympier, und sagten von ihm, daß die göttliche
Suade mit allen ihren Grazien auf seinen Lippen throne.
Perikles, ungeachtet er aus einem der edelsten Geschlechter
stammte, begünstigte gleichwohl die demokratische Partei, wie es
gewöhnlich die nach Herrschaft strebenden Männer in Republiken thun,
weil das Volk (so lange wenigstens der erste Eindrllck dauert) seinen
„ . (*) Vgl. I. H. Frhr. v. Wessenberg, das
Zenalter des Perikles. Zürich, Orell. 1821.
Volksleben zu Athen im
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
TM Hauptwörter (100): [T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom]]
TM Hauptwörter (200): [T22: [Athen Athener Sparta Solon Spartaner Staat Jahr Stadt Krieg Mann], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T63: [Kaiser Macht Rom Zeit Volk Jahr Mann Staat Augustus Name], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk]]