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1. Teil 2 - S. 42

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
42 § 22. Afrika im allgemeinen. worden und ist es auch geblieben, nachdem die „Deutsche Handels- und Plantagen-Gesellschaft der Südsee" die Nachfolgerin desselben geworden ist. Das Klima ist mild und gesund, die Vegetation eine üppige. Baum- wolle, Kokospalmen, Kaffee, Zuckerrohr und Bananen sind die Haupt- Produkte; Kopra ist auch hier der wichtigste Ausfuhrgegenstand. Die 33 000 Bewohner (Polyrtesier) sind ein schöner, lichtbrauner, geistig begabter Menschenschlag; sie bekennen sich zum Christentum. Der Hafen Apia an der Nordküste der Insel Upolu(mit 1300 Einw., davon 300 Weiße) ist der Sitz des Gouverneurs und der wichtigste Platz für den deutschen Handel. Afrika. §22. Afrika im allgemeinen. N. Kap Blanco 10/37. — S. Nadelkap 20/35. — 0. Kap Guardafui*) 51/12. — W. Kap Verde 342/15. 1. Größe, Gestalt und Grenzen. Afrika, fast 30 Mill. qkm groß (dreimal Europa), nur durch die schmale (noch dazu jetzt durch- stochene) Landenge von Suez an Asien gehängt, ist der abgeschlossenste Erd- teil der Alten und Neuen Welt. Es besteht aus einem s. sast gleichseitigen Dreieck und einem schief nach Nw. daraufgesetzten, ungleichseitigen Viereck. Der Äquator durchschneidet es fast in der Mitte, so daß volle 3/4 der heißen Zone angehören. Im N bespült es das Mittelmeer, im O. der Indische, im W. der Atlantische Ozean, im S. stoßen beide zusammen. 2. Wagerechte Gliederung. Die umgebenden Meere greifen fast gar nicht in den Erdteil ein; die einzigen bedeutenden Einbuchtungen sind im O. der Busen von Guinea und im N. die beiden Syrien. Daher fehlen Halbinseln fast ganz, da die Berbern im N. und die Somal- Halbinsel im O. kaum als solche zu bezeichnen sind. Auch Inseln von Bedeutung, außer Madagaskar im So., fehlen. Afrika ist darum der am wenigsten gegliederte Erdteil (1:47) und seit alten Zeiten bis zum heutigen Tage wenig zugänglich. 3. Senkrechte Gliederung und Bewässerung. Die Er- Hebung Afrikas entspricht der Gliederung; sie ist einförmig und bildet eine geschlossene Masse, ein gewaltiges Hoch-oder Tafelland, das in steilen *) So genannt wegen der Abweichung der Magnetnadel von der Ns.-Rich« tung. — „Hütet euch" nämlich vor den Stürmen.

2. Teil 2 - S. 49

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
§ 24. Der Sudan. 49 3. Kultur. Die Flußgebiete haben üppigen tropischen Pflanzen- wuchs, besonders Palmen, im Gebiet des Senegal und Gambia gedeiht die Gummi-Akazie, deren Harzausschwitzung das Klebgummi (gumrai arabicum) liefert. Es wird Getreide, Baumwolle und Indigo angebaut; die Erdnuß liefert nach der Provence in Frankreich feines Öl, das dem dortigen zugesetzt wird; die Kolanuß, welche von den Eingeborenen gekaut wird, ersetzt mit ihrem rosaroten Saft den Kaffee. Rind- und Pferdezucht wird getrieben, der Handel, z. B. mit dem Salz der Wüste, steht seit der Herrschaft des Islam in Blüte. Einige Negerstämme sind auch sehr geschickt in manchem Gewerbe. 4. Staatliche Verhältnisse, Bevölkerung und Städte. a) Das Küstengebiet des Südens bis Kap Palmas heißt Ober- guinea und zerfällt in die von den ersten Händlern so genannten Ab- schnitte: Sklaven-, Gold-, Elfenbein-, Pfeffer- und Sierra Leone-Küste. Hinter der sandigen Küstenlinie erstrecken sich weite Lagunen von geringer Tiefe, an welche sich tropisches Marschland anschließt. Die ganze Küste ist im Besitz der Europäer, welche zahlreiche Faktoreien (wichtigster Handelsgegenstand Palmöl) hier angelegt haben. Haupthandelsplatz ist das englische Lagos im unteren Nigergebiet. Etwa in der Mitte liegt das deutsche Gebiet von Togo. Landeinwärts liegen volkreiche, despotisch regierte Negerstaaten, welche den Islam nicht angenommen haben: das Reich der kriegerischen Aschanti und das Reich Dahome, das Frank- reich sich unterworfen hat. Am Kap Palmas wohnen die Kru-Neger, wichtig deshalb, weil sie allein von allen Stämmen zur Arbeit bei den Europäern sich verdingen. Nw. von diesem Kap liegt die Negerrepublik Liberia und die englische Kolonie Sierra-Leone mit der Hauptstadt Freetown, beide ursprünglich von menschenfreundlichen Amerikanern um 1820 für befreite Negersklaven der Vereinigten Staaten gegründet, aber ohne feste Ordnung. d) Senegambien, nw. von Oberguinea, ist vom Kap Verde bis zum Niger und Tfadsee in französischem Besitz; Hauptstadt St. Louis. An der Küste liegt Portugiesisch-Guinea und das englische Gambiagebiet. Der Boden ist außerordentlich fruchtbar, daher starke Ausfuhr in Gummi und Öl. c) Das Innere des Sudan wird von Negervölkern (Sudan heißt auf deutsch schwarz) bewohnt, welche Ackerbau und Viehzucht treiben. In das Nigergebiet sind aber im Mittelalter mohammedanische Fulbe (oder Felatah), von etwas hellerer Farbe, von N.her eingedrungen, Haben die Neger unterworfen und mehrere Staaten gegründet. Die hier wichtigste Stadt ist Timbuktu, von Frankreich in Besitz genommen, Daniel, Leitfaden. Ansg. f. Mafhmmt" Ii. Teil. 4

3. Teil 2 - S. 57

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
§ 29. Die deutschen Besitzungen in Afrika. 57 2. Bodenbeschasfenheit und Bewässerung. Da Deutsch- Oftafrika zu der mittelafrikanischen Hochfläche gehört, stellt das Binnen- land sich als ein breiter Hochrücken von 1200 — 2000 m Höhe dar, dem ein schmaler Küstenstreifen aus Korallenkalk und Sandstein vor- gelagert ist. Verggruppen und Gebirgszüge überragen das Hochland, so im N. das Ufambara-, im S. das Ufagara-Gebirge, von denen zahlreiche, wegen der Stromschnellen aber meist unschiffbare Flüsse dem Ozean zueilen. An Größe übertrifft alle der Rusidschi, welcher Mafia gegenüber ein breites Delta in das Meer hinausbaut. Der Rovuma kommt aus einem Sumpfe an der Oftseite des Njafsa-Sees, nähert sich demselben, biegt dann aber in die ö. Richtung ab, die er bis zu seiner Mündung beibehält. W. der Gebirge besteht eine Senke, durch einen Erdeinsturz hervor- gerufen. In dieser liegt im N. der breite, meerartige Mktoria-Njansa mit der großen Insel Ukerewe eingebettet, während der lange, schmale Tanganika-See die Westgrenze bezeichnet. An seinen Ufern ziehen sich ganze Wälder von Ölpalmen hin. Im S. ist der Njassa-See wie ein Fjord in das Gebirge eingerissen und rings von hohen Ufern um- geben; die Schiffahrt auf ihm ist wegen der Stürme sehr gefährlich. Aus der Landschaft Dschagga, ö. des Viktoria-Sees, steigt der Doppelvulkan Kilimanfcharo empor. Der erloschene Krater (von 2 km Durchmesser) des älteren ö. Gipfels ist von Gletschereis umgeben, der jüngere w. Gipfel ist der 6000 m hohe Kibo. 3. Klima. Nur die Küste zeigt das ungesunde, erschlaffende Tropenklima mit den durch den So.-Passat veranlaßten reichlichen Niederschlägen, welche über die Randgebirge nicht in das Innere ge- langen. Dieses hat infolge seiner Höhenlage eine Durchschnitts- temperatur von 20»; auf heiße Tage folgen kühle Nächte. Im Winter herrscht besonders Trockenheit. 4. Kultur. Die Küste ist mit hohen Mangroven dicht bewachsen und zeigt die echte Tropenvegetation (Kokospalmen). Auf der Hochebene dehnen sich weite Savannen aus, in den Flußtälern dichte Urwälder. Angebaut wird Getreide, Gemüse, Kaffee, Zuckerrohr, Vanille, Tabak und Baumwolle. Zahlreich vertreten ist die afrikanische Tierwelt. Die wichtigsten Ausfuhrartikel sind: Elfenbein und Hörner, Kautschuk, Kopal, Gummi, Erdnüsse, Wachs, Kaffee und Tabak. Zur Einfuhr gelangen Baumwoll- und Eisenwaren. Doch ist der Transport aus dem Innern noch sehr schwierig und geschieht meist auf den Köpfen der Neger. Daher ist man bestrebt, Eisenbahnen anzulegen.

4. Teil 2 - S. 60

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
60 § 29. Die deutschen Besitzungen in Afrika. Hl* Deutsch-Kamerun. 1. Lage und Grenzen. Die N.-Grenze des deutschen Kamerun, das seinen Namen von einer weiten Bucht in der Mitte der Küste hat, be- ginnt am Rio bei Ney, zieht in nö. Richtung bis zum Tsad-See, dessen Südufer sie trifft, und begleitet ihn bis zur Mündung des Schari. Da- mit ist Deutschland der Zugang zu dem großen sudanischen Binnensee gewahrt. Die O.- und S.- Grenze stößt an französisches Gebiet. Das ganze Land umfaßt etwa 495 000 qkm, kommt also an Ausdehnung dem Deutschen Reiche fast gleich. 2. Bodengestaltung und Bewässerung. Hart am Meere erhebt sich der 4000 m hohe vulkanische Kamerun-Berg, bei den Einheimischen Mongo-ma-Loba, d. i. Götterberg, genannt, mehr ein ganzes Gebirge als ein Berg; die gesamte übrige Küste ist flach und viel- fach sumpfig. Sö. von dem Kamerun-Berge schneidet der einem Ahorn- blatte ähnliche Kamerunbusen tief in das Vorland ein. Zahlreiche Flüsse, den Busen mehr und mehr zubauend, münden hinein. Be- deutender sind diejenigen in Südkamerun, z. B. der Njong. Doch sind alle Flüsse nur so weit, als die 60 — 70 km breite Küstenebene reicht, schiffbar. Denn nach dem Innern zu folgt das mittelafrikanische Hoch- land, aus dem sie in zahlreichen Stromschnellen herabstürzen. Nach dem Benue zu steigt dies Hochland zum Bergland von Adamaua an. 3. Klima und Kultur. Das Klima des Küstenlandes ist tropisch heiß und feucht, daher für Europäer ungesund. Das Hochland ist kühler und darum gesunder, ebenso die höher gelegenen Teile des Kamerun-Berges. Während an der Küste, besonders im Übergang zum Hochland, dichter Urwald vorherrscht, Kakaobäume und Kokospalmen, Kaffee und Tabak angepflanzt werden, beginnen im innern Hochland die Savannen, auf denen Büffel- und Antilopenherden weiden. In den Wäldern finden sich die großen Affen, Schimpanse und Gorilla, sowie zahlreiche Elefanten und große Wildschweine. Obwohl der Plantagenbau von Jahr zu Jahr wächst, ist doch der Handel in dieser Kolonie über- wiegend. Die wichtigsten Ausfuhrerzeugnisse sind Palmkerne, Palmöl, Kautschuk, Kakao, Ebenholz, Rotholz und Elfenbein. Das Fehlen von Straßen und Lasttieren erschwert und verteuert den Verkehr und Handel sehr. 4. Bevölkerung und Ortschaften. Die Zahl der Bewohner von Kamerun schätzt man auf 3,5 Millionen (also auf 1 qkm 7). Sie gehören im S. meist zu den Bantu-Negern; nur im N. wohnen, den Bantu feindlich gesinnt, Sudan-Neger, die jenen erheblich überlegen sind.

5. Teil 1 = Grundstufe B - S. 37

1905 - Halle a.S. : Schroedel
Aus der Länderkunde der Erdteile. 37 Deutsche Faktorei am Kamerun. Togoland, die kleinste unter den deutschen Besitzungen, ist gut be- völkert und wichtig für den Handel mit Palmöl und Palmkernen. Kamerun, die wichtigste deutsche Besitzung in Westasrika, ist mit dem weiten Hinterlande so groß wie das Deutsche Reich und reicht bis zum Tsadsee. Unweit der Nordwestküste erhebt sich das Kamerüngebirge, das höchste Gebirge von Westafrika. An der Küste und um den schiffbaren Kamerünfluß liegt ein sumpfiges Niederungsgebiet mit üppiger tropischer Pflanzenwelt. Dann steigt das Land stufenförmig zu dem vielfach noch unbekannten innern Hochlande empor. — Die Bewohner gehören zu den Bautunegern, die ertragreichen Binnenhandel mit Palmöl treiben und ihre Äcker von Frauen und Sklaven bestellen lassen. Das Christentum hat bereits Eingang unter den Schwarzen gefunden. Am Kamerünfluß und an der Küste deutsche H andelsuied erlassuu g en, die immer mehr emporblühen. Der Sitz der Regierung ist Bn-ea. Ii. Mittelafrika. Mittelafrika umfaßt den n. tropischen Teil des südafrikanischen Hochlandsdreiecks. Das Hochland steigt stufenförmig zu einer von Fieberluft überlagerten Küsteuuiederung hinab. Der w. Teil der Hochfläche ist größten- teils erfüllt von dem riesigen Becken des Kongo. Er ist sehr wasserreich, mit vielen Stromschnellen und Wasserfällen und fließt durch Savannen und große Urwälder. Die undurchdringlichen Walddickichte mit ihren Baum- riefen, Schlingpflanzen und dem dichten Unterholz haben nur noch in Süd- amerika und Indien ihresgleichen. Die Ströme haben natürliche Wege durch diese Waldwildnisse gebahnt, und an ihren Ufern entlang erzwingt sich der

6. Deutsche Sozialgeschichte - S. 233

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Evangelisch-soziale Kongresse. Naumannsche Richtung. 233 Sozialdemokrat sein? Auf dem zweiten Kongresse erklärte ein Professor der Theologie ausdrücklich: „Die wirtschaftlichen Ziele, denen die Arbeiter unter Führung der Sozialdemokraten zustreben, im Namen der christlichen Kirche zu bekämpfen, ist unchristlich." Diese Äußerung entsprach den Anschauungen mancher Geistlichen, namentlich des Pfarrers Naumann. Er schlug sehr bestimmt einen demokratischen Ton an und stellte den Satz auf: „Die Sozialdemokratie ist einmal eine erlaubte Partei, also bars ihr auch ein Geistlicher angehören." Ihm schlossen sich viele evangelische Prediger in Mittelund Norddeutschland an (neben Naumann machte sich besonders Göhre bemerklich, der drei Monate als Fabrikarbeiter und Handwerksbursche lebte, um praktische Studien zu machen), traten für den Arbeiterstand thatkräftig ein und betonten nachdrücklich, das Evangelium müsse eine das ganze private und öffentliche Leben neu gestaltende Macht werden. Den Grundgedanken des Christentums sei der Sozialismus viel näher verwandt als der Kapitalismus. Deshalb könne jemand Sozialdemokrat und dabei recht wohl ein guter Christ sein. Können aber Geistliche im Amte zugleich sozialpolitische Parteiführer sein? Naumann verneinte die Frage nicht, sondern erklärte, das müsse dem Gewissen des einzelnen überlassen bleiben. Andere (unter ihnen Göhre) dachten aber anders, und die Geister unter den Geistlichen platzten bald scharf aufeinander. Das letzte Ziel eines Pfarrers — so ward nachdrücklich von Gegnern der Naumannschen Richtung hervorgehoben — ist und bleibt Verkündigung von Gottes Wort. Wirtschaftliche Forderungen dürfen nicht im Namen des Christentums gestellt werden, damit nicht das religiöse Interesse hinter die Fragen dieser Welt zurücktritt. Vom Sittlich-Religiösen führt unmittelbar keine Brücke zum Wirtschaftlichen. Der Geistliche muß die sozialen Nöte seiner Gemeinde praktisch erkunden und zum Herzen der Reichen wie der Armen gleichmäßig sich den Weg bah-

7. Deutsche Sozialgeschichte - S. 65

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Städtisches Leben im allgemeinen. 65 sich auch immer häufiger zum Bau von Siechenhäusern veranlaßt, besonders für Aussätzige. Buntbewegtes, reges Leben mit manchen grellen Widersprüchen (cm denen die Zeit überhaupt nicht arm war) herrschte in den bürgerlichen Kreisen. Infolge der von Italien ausgegangenen Anregung (s.s. 58 f.) ward auch die Kunst, vor allem die Baukunst, in den Dienst weltlicher Interessen gestellt: mächtige Rathäuser mit hohen Hallen erhoben sich, prächtige Brunnen wurden angelegt, namentlich in Nürnberg, wo Bischer herrliche Erzarbeiten und Dürer großartige Gemälde schuf. — An ruhiges Behagen aber war überhaupt nicht, am wenigsten in den Städten, zu denken. Hier gab es auch schon eine Frauenfrage. Denn der Überschuß der weiblichen Bevölkerung war ziemlich bedeutendem Nürnberg z.b. kamen in der Mitte des 15.Jahrhunderts auf 100 Männer 120 Frauen). Fast in allen Berufsarten, selbst in Wechsel- und Barbierstuben, waren deshalb Frauen thätig. — Ungestörtes Gedeihen war aber auch aus dem Grunde nicht zu finden, weil die alten Gegensätze zwischen Geschlechtern und Zünften (\. S. 49) sich wieder verschärften. Diese monopolisierten zwar die Arbeit, überwachten sie dafür aber auch sorgfältig und wußten das Ehrgefühl unter den Handwerkern zu wecken. Ihr Gewerbfleiß war gerade in diesen aufstrebenden, auf Behaglichkeit des Lebens bedachten Zeiten von bestem, künstlerischem Erfolge gekrönt und fand ein reiches Feld der Bethätigung, brachte aber nicht genug ein — und das ward wegen des allgemeinen Steigens der Lebensmittelpreise sehr schmerzlich empfunden. Die Handwerker, auch die außerhalb der Zünfte, stellten deshalb manche Forderungen und erschwerten dem Rate der Stadt das Leben sehr. Auch ein Proletariat machte sich immer mehr bemerkbar. Galten doch im Mittelalter die Bettler förmlich als Ge-werbtreibende! Weil die Werkheiligkeit stets sehr hoch geschätzt war, so dachte man im allgemeinen gar nicht daran, sie zur Arbeit anzuhalten, sondern in Bethätigung der Eigen-, nicht der Nächstenliebe Stutzer, Sozialgeschichte. 5

8. Deutsche Sozialgeschichte - S. 73

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Folgen des Bauernkrieges. Stand der Gebildeten. 73 3 Jahrhunderte leiden; erst in der neuesten Zeit wurde den sozialen Schäden in diesem Stande wahre innere Heilung gebracht. Träger der Bildung war einst das Volk im ganzen, und noch im 13. Jahrhundert wurden die schönsten Werke unserer Dichtung z. B. in Thüringen und Franken von allen Bauern verstanden. Tie gelehrte Bildung jedoch übermittelten bis zum 15. Jahrhundert die Geistlichen allein; Stifter und Klöster waren lange die einzigen Heimstätten des Unterrichts. Gegen Ende des Mittelalters aber lag das Schulwesen schrecklich darnieder: Lehrer und Schüler zogen wohl gemeinsam umher, bettelten und stahlen und bildeten eine förmliche Landplage. Da weckte nun die resormatorische Bewegung in fast allen Ständen den Bildungstrieb. Wissen ward eine Macht! Hatten einst Ritter im Waffenschmuck die Alpen überschritten, um Lombarden und Römer zu bekämpfen, so zog jetzt dieselbe Straße friedlich der Bürger, um in der Heimat des Humanismus (f. S. 59) am Quell der neuen Bildung zu schöpfen. Humanisten wie Erasmus und Reuchlin schmiedeten die wissenschaftlichen Waffen für die Reformatoren, diese aber — namentlich Luther und Melanchthon — wiesen nachdrücklich darauf hin, wie wichtig der Schulbesuch für das evangelische Kirchenwesen sei. Alle gebildeten Glieder der Kirche müßten durch Verständnis der heiligen Schrift zu selbständiger Erkenntnis der Heilswahrheit gelangen. Nun wurden, nachdem neue Universitäten schon früher gegründet waren, viele Stadtschulen eingerichtet, und dazu Klöster und eingezogenes Kirchengut verwendet. Auch dem Niedrigsten ward die Möglichkeit gegeben, sich Kenntnisse zu erwerben und in geistliche und weltliche Stellen zu gelangen. So bildete sich ein neuer Stand, der gelehrte, und vorwiegend gehörten ihm Bürgerliche an. In den deutschen Städten schlossen Humanismus und Reformation einen Bund; die Bürger errangen in Bezug auf geistige Bildung durchaus die erste Stelle unter den Ständen und wurden deshalb auch in angesehene Hofämter befördert. Der Landadel Stand der Gebildeten.

9. Deutsche Sozialgeschichte - S. 226

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
226 Neueste Zeit. Katholischsoziale Bewegung. Eine soziale Bewegung solcher Art regte sich zuerst in der katholischen Kirche. Bischof Ketteler von Mainz, der bedeutendste Prälat in Deutschland, veröffentlichte 1864 ein Buch „ Die Arbeiterfrage und das Christentum" und stimmte Lassalles Kritik (s. S. 178) im wesentlichen zu, wollte aber die Produktivassoziationen nicht mit Staatshilse, sondern durch Bethätigung der christlichen Liebe, Selbstzucht und Einsicht seitens der Unternehmer eingeführt wissen. 1873 ward in Aachen ein katholischer Arbeiterkongreß gehalten (zehnstündiger Marimalarbeitstag und paritätische Gewerbegerichte wurden besonders gefordert) und 1877 ein vollständiges sozialpolitisches Programm aufgestellt und in den Christlich -sozialen Blättern näher begründet. Dem Eingreifen des Staates war die Stimmung unter den Katholiken erst seit Beendigung des sog. Kulturkampfes günstiger, aufs entschiedenste aber ^nachdrücklicher als von evangelischer Seite) wurden alle wirtschaftlichen Forderungen der Sozialdemokratie bekämpft und deshalb — zuerst vom Domvikar Kolping in Köln (der selbst wandernder Geselle gewesen ivar) — viele Gesellenvereine gegründet, schon seit 1846. 1894 gab es 609 Vereine und 150 Häuser. Man wollte durch Pflege des religiösen Sinnes und durch Verbreitung gesunder Ansichten über die staatsbürgerlichen Pflichten einen tüchtigen, ehrenwerten Meisterstand heranbilden. Für die sittliche Hebung auch der wandernden Handwerker ward gesorgt. Auch Asyle, Spitäler, Vincenz-vereine u. a. wurden gestiftet. 1891 ward ein Volksverein für das katholische Deutschland gegründet. 1893 einigte sich die Centrumspartei über ein „katholisch-soziales" Programm und trat aufs nachdrücklichste für Arbeiterschutz, Genossenschaften und berufliche Organisationsfreiheit ein. An diesen Forderungen hat sie bisher stets festgehalten und die größte Rührigkeit entfaltet. Viel später trat die evangelische Kirche auf den Kampfplatz, und zwar faßte sie von vornherein die Staatshilse ins Auge. Vor-

10. Deutsche Sozialgeschichte - S. 228

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
228 Sechziger und siebziger Jahre. Huber und Todt. Diakonissenverein ins Leben rief und 1836 in Kaiserswerth bei Düsseldorf eine Diakonissenanstalt stiftete. Nach ihrem Vorbilde sind bereits über fünfzig gegründet und etwa 8000 Diakonissen aus ihnen hervorgegangen. Auch andere Blüten trieb der Segensbaum der inneren Mission, nämlich viele Herbergen zur Heimat, Asyle, Verpflegungsstationen und ähnliche Anstalten. Den Anstoß zur Weiterentwicklung des evangelisch-sozialen Gedankens gab der mit Wichern befreundete Universitätsprosessor Huber (vgl. <5.160). 1865 bezeichnete er als einziges Mittel, um den sozialen Nöten abzuhelfen, Arbeitergenossenschaften, erfüllt vorn Geiste christlicher Zucht und Bruderliebe. Huber übte aber keinen irgendwie bedeutenden Einfluß aus, blieb ein „Prediger in der Wüste", wie ihm Lassalle einmal schrieb. Den Anfang zu einer Organisation der Anhänger des evangelisch-sozialen Gedankens und damit zu unmittelbaren und lebhaften Sozialreformbestrebungen machte der vom Schriftsteller Rud. Meyer stark beeinflußte Superintendent Todt. 1877 stiftete er im Bunde mit dem Katheder-sozialisten (s. S. 212) Wagner und dem Hofprediger Stöcker den Centralverein für Sozialreform aus religiöser und konstitutionell -monarchischer Grundlage. Unpraktisch, aber streitbar, wie er war, hielt Todt fast alle Anklagen der Sozialdemokratie gegen die heutige Gesellschaftsordnung für berechtigt. Als einzige Grundlage und Ausgangspunkt aller evangelisch - sozialen Reformarbeit stellte er aber die Bibel hin, verglich einzelne Lehren des Neuen Testamentes mit denen der Sozialdemokratie und kam meist zum Schlüsse, daß sie sich „nicht entgegen" seien. Den sozialen Gehalt des Neuen Testamentes im allgemeinen stellte er nicht dar. Eine Richtung aufs Politische gab schon Todt der evangelischsozialen Bewegung. Eine Partei aber wollte sein Centralverein weder sein noch werden. Todt hielt jede unmittelbare Beteiligung der Geistlichen am sozialpolitischen Kampfe für unrichtig, vollends
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