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1. Teil 2 - S. 42

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
42 § 22. Afrika im allgemeinen. worden und ist es auch geblieben, nachdem die „Deutsche Handels- und Plantagen-Gesellschaft der Südsee" die Nachfolgerin desselben geworden ist. Das Klima ist mild und gesund, die Vegetation eine üppige. Baum- wolle, Kokospalmen, Kaffee, Zuckerrohr und Bananen sind die Haupt- Produkte; Kopra ist auch hier der wichtigste Ausfuhrgegenstand. Die 33 000 Bewohner (Polyrtesier) sind ein schöner, lichtbrauner, geistig begabter Menschenschlag; sie bekennen sich zum Christentum. Der Hafen Apia an der Nordküste der Insel Upolu(mit 1300 Einw., davon 300 Weiße) ist der Sitz des Gouverneurs und der wichtigste Platz für den deutschen Handel. Afrika. §22. Afrika im allgemeinen. N. Kap Blanco 10/37. — S. Nadelkap 20/35. — 0. Kap Guardafui*) 51/12. — W. Kap Verde 342/15. 1. Größe, Gestalt und Grenzen. Afrika, fast 30 Mill. qkm groß (dreimal Europa), nur durch die schmale (noch dazu jetzt durch- stochene) Landenge von Suez an Asien gehängt, ist der abgeschlossenste Erd- teil der Alten und Neuen Welt. Es besteht aus einem s. sast gleichseitigen Dreieck und einem schief nach Nw. daraufgesetzten, ungleichseitigen Viereck. Der Äquator durchschneidet es fast in der Mitte, so daß volle 3/4 der heißen Zone angehören. Im N bespült es das Mittelmeer, im O. der Indische, im W. der Atlantische Ozean, im S. stoßen beide zusammen. 2. Wagerechte Gliederung. Die umgebenden Meere greifen fast gar nicht in den Erdteil ein; die einzigen bedeutenden Einbuchtungen sind im O. der Busen von Guinea und im N. die beiden Syrien. Daher fehlen Halbinseln fast ganz, da die Berbern im N. und die Somal- Halbinsel im O. kaum als solche zu bezeichnen sind. Auch Inseln von Bedeutung, außer Madagaskar im So., fehlen. Afrika ist darum der am wenigsten gegliederte Erdteil (1:47) und seit alten Zeiten bis zum heutigen Tage wenig zugänglich. 3. Senkrechte Gliederung und Bewässerung. Die Er- Hebung Afrikas entspricht der Gliederung; sie ist einförmig und bildet eine geschlossene Masse, ein gewaltiges Hoch-oder Tafelland, das in steilen *) So genannt wegen der Abweichung der Magnetnadel von der Ns.-Rich« tung. — „Hütet euch" nämlich vor den Stürmen.

2. Teil 2 - S. 49

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
§ 24. Der Sudan. 49 3. Kultur. Die Flußgebiete haben üppigen tropischen Pflanzen- wuchs, besonders Palmen, im Gebiet des Senegal und Gambia gedeiht die Gummi-Akazie, deren Harzausschwitzung das Klebgummi (gumrai arabicum) liefert. Es wird Getreide, Baumwolle und Indigo angebaut; die Erdnuß liefert nach der Provence in Frankreich feines Öl, das dem dortigen zugesetzt wird; die Kolanuß, welche von den Eingeborenen gekaut wird, ersetzt mit ihrem rosaroten Saft den Kaffee. Rind- und Pferdezucht wird getrieben, der Handel, z. B. mit dem Salz der Wüste, steht seit der Herrschaft des Islam in Blüte. Einige Negerstämme sind auch sehr geschickt in manchem Gewerbe. 4. Staatliche Verhältnisse, Bevölkerung und Städte. a) Das Küstengebiet des Südens bis Kap Palmas heißt Ober- guinea und zerfällt in die von den ersten Händlern so genannten Ab- schnitte: Sklaven-, Gold-, Elfenbein-, Pfeffer- und Sierra Leone-Küste. Hinter der sandigen Küstenlinie erstrecken sich weite Lagunen von geringer Tiefe, an welche sich tropisches Marschland anschließt. Die ganze Küste ist im Besitz der Europäer, welche zahlreiche Faktoreien (wichtigster Handelsgegenstand Palmöl) hier angelegt haben. Haupthandelsplatz ist das englische Lagos im unteren Nigergebiet. Etwa in der Mitte liegt das deutsche Gebiet von Togo. Landeinwärts liegen volkreiche, despotisch regierte Negerstaaten, welche den Islam nicht angenommen haben: das Reich der kriegerischen Aschanti und das Reich Dahome, das Frank- reich sich unterworfen hat. Am Kap Palmas wohnen die Kru-Neger, wichtig deshalb, weil sie allein von allen Stämmen zur Arbeit bei den Europäern sich verdingen. Nw. von diesem Kap liegt die Negerrepublik Liberia und die englische Kolonie Sierra-Leone mit der Hauptstadt Freetown, beide ursprünglich von menschenfreundlichen Amerikanern um 1820 für befreite Negersklaven der Vereinigten Staaten gegründet, aber ohne feste Ordnung. d) Senegambien, nw. von Oberguinea, ist vom Kap Verde bis zum Niger und Tfadsee in französischem Besitz; Hauptstadt St. Louis. An der Küste liegt Portugiesisch-Guinea und das englische Gambiagebiet. Der Boden ist außerordentlich fruchtbar, daher starke Ausfuhr in Gummi und Öl. c) Das Innere des Sudan wird von Negervölkern (Sudan heißt auf deutsch schwarz) bewohnt, welche Ackerbau und Viehzucht treiben. In das Nigergebiet sind aber im Mittelalter mohammedanische Fulbe (oder Felatah), von etwas hellerer Farbe, von N.her eingedrungen, Haben die Neger unterworfen und mehrere Staaten gegründet. Die hier wichtigste Stadt ist Timbuktu, von Frankreich in Besitz genommen, Daniel, Leitfaden. Ansg. f. Mafhmmt" Ii. Teil. 4

3. Teil 2 - S. 57

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
§ 29. Die deutschen Besitzungen in Afrika. 57 2. Bodenbeschasfenheit und Bewässerung. Da Deutsch- Oftafrika zu der mittelafrikanischen Hochfläche gehört, stellt das Binnen- land sich als ein breiter Hochrücken von 1200 — 2000 m Höhe dar, dem ein schmaler Küstenstreifen aus Korallenkalk und Sandstein vor- gelagert ist. Verggruppen und Gebirgszüge überragen das Hochland, so im N. das Ufambara-, im S. das Ufagara-Gebirge, von denen zahlreiche, wegen der Stromschnellen aber meist unschiffbare Flüsse dem Ozean zueilen. An Größe übertrifft alle der Rusidschi, welcher Mafia gegenüber ein breites Delta in das Meer hinausbaut. Der Rovuma kommt aus einem Sumpfe an der Oftseite des Njafsa-Sees, nähert sich demselben, biegt dann aber in die ö. Richtung ab, die er bis zu seiner Mündung beibehält. W. der Gebirge besteht eine Senke, durch einen Erdeinsturz hervor- gerufen. In dieser liegt im N. der breite, meerartige Mktoria-Njansa mit der großen Insel Ukerewe eingebettet, während der lange, schmale Tanganika-See die Westgrenze bezeichnet. An seinen Ufern ziehen sich ganze Wälder von Ölpalmen hin. Im S. ist der Njassa-See wie ein Fjord in das Gebirge eingerissen und rings von hohen Ufern um- geben; die Schiffahrt auf ihm ist wegen der Stürme sehr gefährlich. Aus der Landschaft Dschagga, ö. des Viktoria-Sees, steigt der Doppelvulkan Kilimanfcharo empor. Der erloschene Krater (von 2 km Durchmesser) des älteren ö. Gipfels ist von Gletschereis umgeben, der jüngere w. Gipfel ist der 6000 m hohe Kibo. 3. Klima. Nur die Küste zeigt das ungesunde, erschlaffende Tropenklima mit den durch den So.-Passat veranlaßten reichlichen Niederschlägen, welche über die Randgebirge nicht in das Innere ge- langen. Dieses hat infolge seiner Höhenlage eine Durchschnitts- temperatur von 20»; auf heiße Tage folgen kühle Nächte. Im Winter herrscht besonders Trockenheit. 4. Kultur. Die Küste ist mit hohen Mangroven dicht bewachsen und zeigt die echte Tropenvegetation (Kokospalmen). Auf der Hochebene dehnen sich weite Savannen aus, in den Flußtälern dichte Urwälder. Angebaut wird Getreide, Gemüse, Kaffee, Zuckerrohr, Vanille, Tabak und Baumwolle. Zahlreich vertreten ist die afrikanische Tierwelt. Die wichtigsten Ausfuhrartikel sind: Elfenbein und Hörner, Kautschuk, Kopal, Gummi, Erdnüsse, Wachs, Kaffee und Tabak. Zur Einfuhr gelangen Baumwoll- und Eisenwaren. Doch ist der Transport aus dem Innern noch sehr schwierig und geschieht meist auf den Köpfen der Neger. Daher ist man bestrebt, Eisenbahnen anzulegen.

4. Teil 2 - S. 60

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
60 § 29. Die deutschen Besitzungen in Afrika. Hl* Deutsch-Kamerun. 1. Lage und Grenzen. Die N.-Grenze des deutschen Kamerun, das seinen Namen von einer weiten Bucht in der Mitte der Küste hat, be- ginnt am Rio bei Ney, zieht in nö. Richtung bis zum Tsad-See, dessen Südufer sie trifft, und begleitet ihn bis zur Mündung des Schari. Da- mit ist Deutschland der Zugang zu dem großen sudanischen Binnensee gewahrt. Die O.- und S.- Grenze stößt an französisches Gebiet. Das ganze Land umfaßt etwa 495 000 qkm, kommt also an Ausdehnung dem Deutschen Reiche fast gleich. 2. Bodengestaltung und Bewässerung. Hart am Meere erhebt sich der 4000 m hohe vulkanische Kamerun-Berg, bei den Einheimischen Mongo-ma-Loba, d. i. Götterberg, genannt, mehr ein ganzes Gebirge als ein Berg; die gesamte übrige Küste ist flach und viel- fach sumpfig. Sö. von dem Kamerun-Berge schneidet der einem Ahorn- blatte ähnliche Kamerunbusen tief in das Vorland ein. Zahlreiche Flüsse, den Busen mehr und mehr zubauend, münden hinein. Be- deutender sind diejenigen in Südkamerun, z. B. der Njong. Doch sind alle Flüsse nur so weit, als die 60 — 70 km breite Küstenebene reicht, schiffbar. Denn nach dem Innern zu folgt das mittelafrikanische Hoch- land, aus dem sie in zahlreichen Stromschnellen herabstürzen. Nach dem Benue zu steigt dies Hochland zum Bergland von Adamaua an. 3. Klima und Kultur. Das Klima des Küstenlandes ist tropisch heiß und feucht, daher für Europäer ungesund. Das Hochland ist kühler und darum gesunder, ebenso die höher gelegenen Teile des Kamerun-Berges. Während an der Küste, besonders im Übergang zum Hochland, dichter Urwald vorherrscht, Kakaobäume und Kokospalmen, Kaffee und Tabak angepflanzt werden, beginnen im innern Hochland die Savannen, auf denen Büffel- und Antilopenherden weiden. In den Wäldern finden sich die großen Affen, Schimpanse und Gorilla, sowie zahlreiche Elefanten und große Wildschweine. Obwohl der Plantagenbau von Jahr zu Jahr wächst, ist doch der Handel in dieser Kolonie über- wiegend. Die wichtigsten Ausfuhrerzeugnisse sind Palmkerne, Palmöl, Kautschuk, Kakao, Ebenholz, Rotholz und Elfenbein. Das Fehlen von Straßen und Lasttieren erschwert und verteuert den Verkehr und Handel sehr. 4. Bevölkerung und Ortschaften. Die Zahl der Bewohner von Kamerun schätzt man auf 3,5 Millionen (also auf 1 qkm 7). Sie gehören im S. meist zu den Bantu-Negern; nur im N. wohnen, den Bantu feindlich gesinnt, Sudan-Neger, die jenen erheblich überlegen sind.

5. Deutsche Geschichte - S. 207

1908 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Der Befreiungskrieg im Jahre 1813. 207 So bildeten sich denn Vereine, um die patriotische Gesinnung zu nhren und zu verbreiten, wie der sogenannte T u g e n d b u n d, der in Knigsberg zusammentrat. Es fehlte nicht an Denkern und Dichtern, welche diese Gesinnung strkten, belebten und in immer weitere Kreise trugen. Zwar von den Fürsten der deutschen Dichtkunst war der eine, Schiller, dessen letztes vollendetes Werk das Freiheitsdrama Tell" gewesen war, im ^ahre 1805 gestorben; Goethe aber, so deutsch er im tiefsten Grunde war, konnte sich fr den Gedanken einer Volkserhebung nicht erwrmen. Aber jetzt trat ein neues Geschlecht auf das Feld. Der Philosoph Fichte hat Nationale 1808 seine begeisternden Reden an die deutsche Nation" in Berlin gehalten; Denker, nicht minder unbekmmert um franzsische Spione, suchte der Theologe Schleiermacher durch seine Predigten den nationalen Geist zu krftigen; Friedrich Ludwig Jahn, der Schpfer der Turnkunst, schrieb sein Buch vom deutschen Volkstum". H e i n r i ch v o n K l e i st, der Dichter der Hermannsschlacht" und des Prinzen von Homburg", begleitete den sterreichischen Krieg von 1809 mit Vaterlandsliedern, aus denen ein flam-mender Patriotismus hervorloderte. Leider starb er zwei Jahre spter durch eigene Hand. Als nun im Jahre 1813 der glhend ersehnte Krieg sr die Freiheit losbrach, da lieen Theodor Krner, der als Ltzowscher Jager im August 1813, kaum zweiundzwanzig Jahre alt, bei Gadebusch in Mecklenburg den Heldentod starb, und Max von Schenkendorf, den man den deutschen Kaiserherold genannt hat, ihre Lieder ertnen- da dichtete F r i e d r i ch R ck e r t die geharnischten Sonette"; da erhob seine Stimme Ernst Moritz Arnjrt, der auf dem damals noch schwedischen Rgen geboren und 1812 der Begleiter des Freiherrn vom Stein in Rußland war, ein kerndeutscher Mann, der auch durch seine kleineren Prosaschriften, wie den Soldatenkatechismus" und die Schrift der Rhein, Teutschlands Strom, aber nicht Teutschlands Grenze" die arte Wirkung ausbte^ Der Befreiungskrieg im Jahre 1813. 217 Die preuische Erhebung. Solange Friedrich Wil-^siz. Helm Iii., rings von franzsischen Garnisonen umgeben, in Berlin weilte war er nicht frei in seinen Entschlssen. Erst als er im Januar 1813 sich nach Breslau begab, vermochte er die entscheidenden Schritte zu tun Verhandlungen mit Rußland anzuknpfen und Kriegsrstungen anzuordnen' Am 3. Februar erlie er an die gebildete Jugend, die bisher von der Dienst- der t>Mt Befreit gewesen mar, die Aufforderung zur Bildung freiwilliger

6. Teil 1 = Grundstufe B - S. 37

1905 - Halle a.S. : Schroedel
Aus der Länderkunde der Erdteile. 37 Deutsche Faktorei am Kamerun. Togoland, die kleinste unter den deutschen Besitzungen, ist gut be- völkert und wichtig für den Handel mit Palmöl und Palmkernen. Kamerun, die wichtigste deutsche Besitzung in Westasrika, ist mit dem weiten Hinterlande so groß wie das Deutsche Reich und reicht bis zum Tsadsee. Unweit der Nordwestküste erhebt sich das Kamerüngebirge, das höchste Gebirge von Westafrika. An der Küste und um den schiffbaren Kamerünfluß liegt ein sumpfiges Niederungsgebiet mit üppiger tropischer Pflanzenwelt. Dann steigt das Land stufenförmig zu dem vielfach noch unbekannten innern Hochlande empor. — Die Bewohner gehören zu den Bautunegern, die ertragreichen Binnenhandel mit Palmöl treiben und ihre Äcker von Frauen und Sklaven bestellen lassen. Das Christentum hat bereits Eingang unter den Schwarzen gefunden. Am Kamerünfluß und an der Küste deutsche H andelsuied erlassuu g en, die immer mehr emporblühen. Der Sitz der Regierung ist Bn-ea. Ii. Mittelafrika. Mittelafrika umfaßt den n. tropischen Teil des südafrikanischen Hochlandsdreiecks. Das Hochland steigt stufenförmig zu einer von Fieberluft überlagerten Küsteuuiederung hinab. Der w. Teil der Hochfläche ist größten- teils erfüllt von dem riesigen Becken des Kongo. Er ist sehr wasserreich, mit vielen Stromschnellen und Wasserfällen und fließt durch Savannen und große Urwälder. Die undurchdringlichen Walddickichte mit ihren Baum- riefen, Schlingpflanzen und dem dichten Unterholz haben nur noch in Süd- amerika und Indien ihresgleichen. Die Ströme haben natürliche Wege durch diese Waldwildnisse gebahnt, und an ihren Ufern entlang erzwingt sich der

7. Deutsche Sozialgeschichte - S. 74

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
74 Reforinationszeit. Einheitliche Schrift- sprache. des ausgehenden 16. Jahrhunderts dagegen gewann auf keine der mächtigen Strömungen im deutschen Leben bedeutenden Einfluß. Über die Reformation war er sehr mißvergnügt, da sie ihm die guten Versorgungsanstalten für die Kinder — Stifter, Klöster und Orden — arg geschmälert hatte; und nun sah er sich jetzt auch noch von den „Gebildeten" still oder laut verachtet! Einzelne Adlige wurden dadurch veranlaßt, den Studien obzuliegen: nur dann konnten auch sie hohe Stellungen an Fürstenhöfen bekleiden. Aus dem Bauernstande aber drang erst allmählich etwas neue Kraft in die Stuben der Gelehrten. Söhne von Landleuten wurden nämlich öfter Dorfschullehrer; deren Nachkommen widmeten sich dann wohl den Wissenschaften. Durch seine Bibelübersetzung und die übrigen, das ganze Volk erregenden Schriften hat Luther, wie Justus Jonas über seiner Leiche sagte, „die deutsche Sprache wieder recht Herfür gebracht, daß man wieder kann recht deutsch [ö. H. volkstümlich] reden und schreiben". Er scheute sich nicht, die Rede des „gemeinen" Mannes auf der Straße zu belauschen und „den Leuten aufs Maul zu sehen", hauchte dem üblichen Schrifthochdeutsch neuen, lebensfrischen Geist ein und legte den Grund zu einer einheitlichen Schriftsprache, damit aber auch zu einer allen Ständen gemeinsamen geistigen Bildung. Obgleich also die Reformation die Spaltung innerhalb des deutschen Volkes verschärfte, so hat sie andererseits doch auch den Gegensatz zwischen Nord und Süd gemildert und ein festes geistiges Band um alle Stände geschlungen.

8. Deutsche Sozialgeschichte - S. 260

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
260 Rückblick und Ausblick. Bedeutung des Mittelstandes. Aufgaben der Zukunft. genützt, besonders wenn die Klasse, die zuerst zur Gewalt griff, der weiteren Entwicklung nicht Herr bleiben konnte. Denn dann erfolgte naturgemäß eine Reaktion. Niemals aber ist es zu heftigen Klassenkämpfen gekommen, so lange der Staat nach dem Grundsätze „Jedem das Seine" soziale Gerechtigkeit übte und das Jnter-essengleichgewicht zwischen Individuum und Gesellschaft zu wahren verstand. Und auch dann sind die Klassenkämpse nicht ausgeartet, wenn die gebildeten und besitzenden Stände sich als geistige Führer der Massen bewährten und stets dessen eingedenk blieben, daß das Aufsteigen zu einer höheren Stufe der Entwicklung immer neue Ausgaben mit sich bringt und daß geistige und materielle Macht nicht nur Rechte verleiht, sondern auch sittliche Pflichten auferlegt, vor allem die: der Selbstsucht möglichst zu entsagen. Die erfreulichsten Züge weist die Sozialgeschichte da auf, wo ein kräftiger, nicht nur wirtschaftlich selbständiger, eines mäßigen, aber sicheren Besitzes sich erfreuender und zufriedener, sondern auch gebildeter Mittelstand vorhanden ist. Dieser Stand, dem Luther und Melanchthon, Spinoza und Kant, Herder und Fichte, Scharnhorst und Gneisenau, Gauß und Winckelmann, Borsig, Krupp, Stephan und viele andere große Männer der That und des Wissens entsprossen — dieser Stand bildet die wahre Grundlage des Staates und ist für das Wohl der Gesellschaft von der größten Bedeutung. Denn wo reift in der Regel die höchste geistige Blüte und beste sittliche Kraft? Auf dem Boden des mittleren Wohlstandes. Not sowohl wie Überfluß aber gefährden die gesunde Entwicklung. Unter dem Zeichen der „sozialen Frage" (es ist ein abkürzendes Schlagwort; s. S. 259) steht die Gegenwart, und immer weitere Wellenkreise zieht die soziale Bewegung. Zu sehr werden dabei oft die wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund gestellt: auch die geistig-sittliche Seite erheischt gebührende Berücksichtigung.

9. Deutsche Sozialgeschichte - S. 238

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
238 Neueste Zeit. halbjahre besuchten etwa 225 Personen, darunter viele Arbeiter, eine volkstümliche Vorlesung über Kulturgeschichte. Leipzig und München folgen dem Vorbilde Jenas. In München nahmen etwa 3400 Personen (darunter 18 Prozent Frauen) an den Volkshoch-schulkursen über Hygiene und Volkswirtschaft teil. Berlin bleibt noch zurück. Hier ward aber schon 1878 die Humboldt-Akademie gestiftet, auf der bis jetzt etwa 30000 Hörer aus dem Mittelstände an Vorlesungen aus den verschiedensten Wissensgebieten teilgenommen haben. Besonders erwähnt werden muß die Stiftung des Großkaufmannes Gehe in Dresden. Nach seiner Bestimmung werden aus den Zinsen von zwei Millionen Mark die Kosten für Vor-tragseyelen über Staats- und Rechtslehre, Verwaltung und Volkswirtschaft bestritten. Arbeiter und Handwerker nehmen aber nur wenig daran teil. An solchen und anderen Volksbildungsbestrebungen war von jeher in allererster Linie das Bürgertum beteiligt. Offenbar können sie dazu beitragen, die verschiedenen Gesellschaftsklassen einander zu nähern, namentlich die Kluft zwischen Gebildeten und Nichtgebildeten etwas zu verengern. Das ist aber gerade wegen der sozialen Zustände der Gegenwart sehr wichtig. Sie unbefangen zu schildern bietet die größte Schwierigkeit, weil wir im Wirbel der Gegensatze uns unmittelbar am sausenden Webstuhl der Zeit befinden und von menschlichen Vorurteilen erfüllt leicht falsch verallgemeinern. Will jedoch eine Darstellung, die vornehmlich die jüngste Zeit berücksichtigt, wirklich zu angemessenem Abschluß gelangen, so dars sie sich der Ausgabe, so mißlich sie ist, nicht entziehen, die sozialen Gegensätze der Gegenwart im Überblick zu schildern.

10. Deutsche Sozialgeschichte - S. VI

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
Vi manche ein!). Um so wichtiger ist es also, daß auf dem gelegten Grunde durch Selbstbelehrung weiter gebaut wird. Möglich ist das aber nur, wenn es geeignete, d. H. auch nicht zu umfangreiche, Hilfsmittel giebt, die besonders eben die neueste Zeit berücksichtigen. Ihren Leserkreis finden sie hoffentlich bei Nichtstudierenden und Studierenden. Von diesen hören über neunzig vom Hundert nie eine geschichtliche Vorlesung — so behauptete Ottokar Lorenz. Seitdem haben sich zwar viele sozialwissenschaftliche Vereinigungen auf-gethan, doch gehen über deren Wert die Ansichten sehr auseinander. Jedenfalls sind gerade heutzutage geschichtliche Kenntnisse im allgemeinen und sozialgeschichtliche im besonderen recht wichtig. Nur der kennt das Volksleben, der auch die Gliederung des Volkes nach ihren Voraussetzungen und Wirkungen versteht und neben den Thaten der wenigen Großen den breiten Unterbau der Gesellschaft möglichst unbefangen zu würdigen weiß. Durch amtliche Thätigkeit von jeher vielfach in Anspruch genommen habe ich dennoch mit größtem Interesse die sehr umfangreiche und vielseitige Litteratur zu Rate gezogen. Es wären manche Verfasser zu nennen, von Adler bis Ziegler. Ich glaube aber, nicht was ich gelesen, sondern wie ich es verstanden habe, zeigen zu sollen (auf die Litteraturangaben im Handwörterbuchs der Staatswissenschaften sowie in Gebhardts Handbuche der deutschen Geschichte sei jedoch ausdrücklich hingewiesen). Im Titel wolle man nur Streben nach Kürze erblicken. An einer befriedigenden Definition der „Gesellschaft" fehlt es noch immer. Das S. 6 Gesagte soll gemeinverständlich sein, und als gemeinverständlich muß sich das ganze Büchlein etwas an der Oberfläche hatten. Doch ist hoffentlich über die sicheren Grundlagen der Gesellschaft und damit auch des Staates etwas daraus zu lernen. Mai 1897. Der Verfasser.
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